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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.07.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-07-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188507210
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850721
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850721
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-07
- Tag1885-07-21
- Monat1885-07
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.07.1885
- Autor
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WM Erscheint täglich früh S'/, Uhr. Aeßartion und LkpetMon Johauaesgasse 8. Sprkchliundkll der Lrdartt««: vormittag« 10-18 Uhr. Nachmittag« 5—6 Uhr. s«r »u «uOga«, n»,»1»nd««r ««IrrW, »u »>»« Aunahme »er für »ir «ichftk*>«e»-e Nummer bestimmten Inserate an Wochentage» b>» 8 Uhr Nachmittag«, an Komi- unv -esttagen früh bi« '/,-Uhr. 2v Leu Filialen für Ins.-Lnnah«e: ktt» stiem«, UniversiiitSstrahe 1. 1'ouis Lasche, kaiharineaftr. 23, p. nur bi« '/,8 Uhr. MiMgerTagtlilatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. NusiGge LS,L«». Äl»nne«en1,Prn« Viertels. 4'/, MN. tuet. Vrivgenohn 5 Mt. durch die Post be^ge» 6 Nt. Jede einzelne Nummer LOPs. Brlegexempiar 10 Pi. GebOdren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gefalzt) Ohne Voftbeiürderuag SO Mk. mit PoftbefSrderuag 48 MI. Inserate Sgespaltene Peützeile 20 Pf. Gr«Here Schriften laM m»i. Pre>«oer>entMh. Tabellarischer ». Ziffernsa» »ach Höhen» Tarif. Uertamrn nater dem Nedactio»«ftrich die4gef»ult. Zelle 50 Ps., vor den sfamtlirnnachrichkea di« «gespaltene Zeile 40 Pf. Inserate find iier« an dir i^rpeMti« zu senden. — Rabatt nnrü nicht gegeben. Zahlung praeunM-irimch» oder durch Post» Nachnahme. ^ 202. Dienstag den 21. Juli 1885. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vklmnnlmsihung. Dir nachstehende Verordnung der Königlichen Kreis hauplmannschasl Hierselbst bringen wir hierdurch den Betheiligtcn »lt dem Bemerken zur Kenntniß. baß wir jede Unterlassung der in dieser Verordnung vorgeschriebeaen Anzeige mir der in ebenderselben festgesetzten Geldbuße un- nachnchtlich ahnden werden. Leipzig, am 14. Juli 188K Der Rath der Stadt Leipzig vr. Georgi. Schecker. Verordnung, bas verhaften der Vorsteher »on »tnberbewahruaftalten. liiubrr,arten u»b «inbrrsptelschulcn bei be« Auftreten ansteltriiver Kr«»ktzeiteu tu diesen Anstalten betressenb. Mil Rücksicht daraus, daß Masern, Scharlach, Locken und Dchhtheril!« von Ainderbewahranstalten, Kmderaärleo und Kiader- spielschulen aut ebe« so leicht, wenn nicht noch leichter, wie von Volks, und andere. Schulen au» weiter verbreitet werdeu können, und e« daher angemessen erscheint, daß auch für die erstgenannten Anstalten vorbeugende Bestimmungen ge,rossen werden, wie sie für die Schule» de» dem Königlichen Ministerium de« Lultu« und »ffeutlichen Unterricht« durch die »on demselben im Einvernehmen mit dem Königliche» Ministerium de« Jnuern erlassene Verordnung dom 8. November 1882, da« Verhalle» der Schulbehörden bei dem Auftreten ansteckender Krankheit«, in den Schulen betreffend (Besetz, und Bcrordnuna-blati Seite 252), getroffen worden sind, Hot da« Königlich« Ministerium de« Innern Inhalt« einer unterm 13 /80. Juni I». n. — all Nr. SL2 II. bl. — an die unierzeichnete Königliche Kreithouptmaunschast aach Gehör de« Königlichen Lande«. Medicuiol.Eolleglum« erlassenen Verordaaag Folgende« befunden: Die Vorsteher von Kinderbewahranstalten, Kindergärten und Kmderspteljchule» habe« jeden zu ihrer Kenntniß gelangenden Fall der Erkrankung oder de« Tode« au Maser», Scharlach, Pocken und Diphiheriti«, der sich an Kindern, welch« die betreffende Anstalt besuchen, und in den Familien dieser Kinder ereignet, oder in den Häuser«, in welchen Kinder, dir die Anstalt besuchen, wohnen, oder in dem Hause, in dem sich die Anstalt befindet, vorkommt, iugleichen jeden drrartigen Erkrankung«, oder Todesfall innerhalb ihrer eigenen Familie» Unverzüglich der Ort-behSrd« — Stadtrath, Bürgermeister, Gemeindcvorsiand, Gntsoarstehrr — anzuzeige». Unterlassungen dieser Anzeige find mit einer Geldbuße von 10 » zu ahnden. Die OrlSbehärden haben die ihnen »»gegangenen Anzeige» der AnstaltSvorsirher unverzüglich dem Bezirksarzte mitzutheile» und im Einvernehmen mit demselben die nach Befinden vorzukchreode »eit- wellige Schließung, beziehentlich die DeSinfection der Anstalt, sowie die etwa nüihig werdend« zeitweilige Ausschließung gesunder Kinder, in deren Familien die genannten Krankheiten ausgetreten find, von dem Besuche der Anstalt zu verfügen, auch Vorkehrung zu treffen, daß Kinder, die von den genannten Krankheiten befallen gewesen sind, erst nach völliger, von einem legitimirten Arzie zu bescheinigender Genesung, auch wenn hierüber ein ärztliche« Zeugniß nicht vorgelegt «erden kann, bei Scharlach, Pocken und Diphiheriti« erst noch sech», bei Masern erst nach vier Wochen vom Tage der Erkrankung an zum Besuche der betreffende» Anstalt wieder zuaclassen werden. Dem vorstehenden entsprechend sind die Vorsteher aller schon bestehenden Kmderbewahraastaltea, Kindergärten und Kindcrspiel- schulen, beziehentlich die Begründer neuer solcher Anstalten bei der Begründung derselben vou den OrtSbehörden z» bedeuten. Leipzig, am l.^uli 1885. K»«i,Itche Kret«Pauptmaunschast. Graf zu Münster. Schulze. Vekanntmachuns. Der GrL»»aaren«arkt de« -rtcolaikirchhokrs, der ftticolat- und Ritterstrafte wird vom KS. kaufea-e» Mouat» ad wegen Abbruch« der Predigrrhäuser aus dem Nicolaikirchbose und ASphaltirung der Grlmmaisckrn Strah« »ach dem gsleischerplatze verlegt und dort gleichzeitig mit dem Gurkenmarkte adgehalten werden, wageqen der aus diesem Platze in der letzten Zeit stattgesundenc Abstinarlr aus den freie» Platz v»r die ll BLrgerschake verwiesen wird. Leipzig, den 20. Juli 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Trvndlin. Krelschmer. II. 4. Die Lieferung und Verlegung von Granitplatten und dergleichen Schwellen in einem Theile der Straße, welche auf dem Areale de« früheren faulen Graben» hinter der Gerber» straße angelegt wird, soll «ur «inen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau »Verwaltung, RathhauS, II. Etage, Zimmer Nr. 14, au« und tönneu daselbst eiugesehen, resp entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „LrottoirS in die Strafte auf de« Areale deS frü heren faulen Grabens hinter der Gerberstrafte" versehen ebendaselbst und zwar bil zum 28. Juli 1885, Nach mittag« 5 Uhr, einzureichen. Leipzig, am 17. Juli 1885. DeS RathS der Stadt Leipzig Strafteahan-Devutattoa. Vekaililtmachung. Tie Herstellung einer gepflasterten Fahrbahn in der neu- anzulegenden Straße, welche an Stelle de« früheren faulen Grabens hinter der Gerberstraße beschlossen ist, soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Tic Bedingungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau Verwaltung, Rathhau«, ll. Etage, Zimmer Nr. 14 au« und können daselbst rnigesehen, resp. entnommen werden B »Ugliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift „Pflasterung der Straft« auf dem Areal deS frühere» faule« GrabenS" versehen ebendaselbst und zwar bi» zum 28. Juli d. I Nachmittag« 5 Ubr einzureichen Leipzig, am S. Juli 1885. DeS RathS der Stadt Leipzig Ttrafte»ba>.Deputatioa. Bon Montag, den 20. dies. Mon., an wird bis au Weitere« in der Sedanstrafte auf deren Strecke westlich der Walvstraße bi« zu der Straße „An der alten Elster und in der Straße „Aa der alte« Elster" auf deren Strecke zwischen der Sedan- und Fregeslraße, ferner 1a -er Strafte IV aus deren Strecke zwischen der Wettiner« und Sedanstraße Bauschutt. Erde und sonstige«, zu Straßen herstellungen sich eignende« Füllmaterial gegen Schutlmarken zu AO Psenuige pro Fuhre angenommen. Geströhde, Holz. Mist, Asche. Scherben u. s. W. darf nicht angesahren werden. Leipzig, den 17. Juli 1885. Der Rath -er Stadt Leipzig. Vr. Gevrgi. G Vitbstahls-Vekannlmachims» Gestohlen wurde» alldier erüatteier Anzeige zusaige: 1) ein Unterbett mit rolh. und weißgestreistem Inlett, au« einer Wohnung in Nr. 54 der Gerberstraße, iunerhalb der letztvcr» gangenen drei Wochen; 2) ca. 150 kleine und SO große Verl«aue« in Form achteckiger Sterne, in der Milte mit den Buchstaben v. k in k. 8. und eine rößere Anzahl Pnrkrait«, au« zwei Vereintlocalei, ia Nr. IS der ^inlergartenstraße, seil 2. dss. Ml».; 3) eiue kleine Spieldose in gelbpolirtem Gehäuse, 4 Stücke pielend, au« einer Wohnung in Nr. 16 der Bahnhofstraße, vom 5. bi« 6. ds«. Mi«.; 4) ein goldener Lameurin«, au« zwei Reisen bestehend, mit der Nachbildung eine« Vergißmeinnicht und ein goldener La«e»« ikgelrin« mii aelblichbraunem Siel», au« einer Piece tu Nr. 73 »er Sternwartensiraße, vom 8. bi« 13. ds«. Mt«.; 5) 85 Mark, in einem Zwanzigmarkstück, süns Zwei- und füns Einmarkstücken, eine goldene Uhrkette, au« langen mii Ringen ver bundenen Gliedern bestehend, mit einem ovalen goldenen Medaillon» eine Schreibmappe mit zwei Photographien und dtv. Schreib- Utensilien und zwei Paar Waschke-erhan-schuhe. aus einer Schlaf- kammer in Nr. 7 der Kaiser Wilhelmstraße, vom 12. bi« 14. ds«. Mt«.; 6) eio fterrnsackrt von dunkelblauem Stoff mit ühwarzem Zuller und einer Reih« schwarzen tzornknäpfen, eine Hose von demselben Stoff mit weiß- und rotbgestreistem Futter und gelben Kaöpsea, au« einer Wohnung in Nr. 50 der Nürnberger Straße, am l». ds«. Ml«.; 7) ein Anzug, bestehend au« Zacket» Hose «nd Weste von braun-, rolh- uud blaumelirtem Sioff, au« etaer Wohnuug t» Nr. 26 der Petersstraße, am 15. ds«. Mi«.; 8) eine silberne Cylin-ernhr ohne Goldrand, mit Vecuuden- eiger, glatter Rückseite »ad den Reparaiurnummer» 1802 und lS097 nebst Kapsel, mittelst Taschendiebstahl« ia emem BergnüguagS- local am Windmühleuweg, am 16. ds«. Mt«.; S) eiue alte flache silberne Lylin-cruhr mit geriefter Rückseite und abgenutztem Goldrand (da« Zifferblatt ist an der Zahl 1 deseci), nebst kurzer Talmikette mit daranhüagendem Uhrschlüssel, aus dem Garderoben»»», de« Fischerinaungtbade« »m Schleußiger Wege, am 17. ds«. Mt«.; 10) ein blaugestrichener »weiräderiger Handwagen mit ziemlich hohen Rädern; an der »ordern, sowie aa der hintern Seite befinden ich je zwei Gabelbäume, au« dem Rayou de« Thüringer Bahnhöfe«, am 17. ds«. MlS.; 11) ein Herrenjacket vou dunkelbraunem blaucarrirten Stoff, mii schwarzem Futter und einer Reihe schwarzen Stcinnußknöpsen; im Henkel befindet sich die Firma „L. Lreäler, I»eiprig", eine rundgeflochlene Haarkette mit Goldbeschläge und achteckigem Schieber und ein von grünen und weißen Perlen gestickte« Portemonnaie, enthaltend ein Zehnmarkstück, au« einer Wohnung iu Nr. 14 der Querstraße, am 18. ds§. Mi«.; 12) ein langer Tatlleurock von braun- »nd schwarzcarrirtem Sioff, mit schwarzem Fnlter und zwei Reihen Knipsen; im Henkel befindet sich die Firma „l-oüoru «, Volooüe, 1«ipichr", au« einer Wohnung in Rc. 11 de« ThomaSgäßchen, am 18. ds«. Ml«.; 13) eine silberne Etzlindernhr mit Goldrand uud Decunden- zeiger, iu sechs Steinen gehend (am kleinen Zeiger ist die Spitze ab gebrochen), uebst kurzer Talmitett« mü einem Lompaß als Berloque, au« dem Sarderoberaum der Schwimmanstalt aa der Schreberstraße, am 13. ds«. Mt«. Etwaige Wahrnehmungen über de» verblieb der gestohlenea Gegenstände oder de» Thäter find ungesäumt bei unserer Lrimiuai- Abtheilung zur Anzeige zu bringe». Leipzig, am 20. Inli 1885. Da« Polizei-Amt -er vtatzt Leipzig I. B.: Iunck, Polizei-Rath. K. Doppelspiel de« Herzog« keine Kenntniß gehabt, dann müsse sie jetzt ihre Hand von ihm abziehen und offen gegen ihn an treten, thun sie da« nicht, dann setzen sie sich der Benrtheilun Nichtamtlicher Theil. Die Nelfenpartei. Durch die Enthüllungen de« Grafen Görtz-Wrisberg in der braunschweigischen Landesversammlung über da« doppelte Spiel, welches der Herzog von Eumberland al« braun schweigischer Thronprütendent getrieben hat, und durch die Veröffentlichungen der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" über die Pläne der Welsrnfartei in Bezug aus Hannover hat da« Ansehen dieser Partei im deutschen Reich einen starken Stoß erhalten. Die Anhänglichkeit an eine angestammte Dynastie ist unter allen Umständen ehrenwerth, aber die Dynastie darf sich dieser Anhänglichkeit nicht unwürdig zeigen, indem sie sich zur Erreichung ihre« Zwecke« unlauterer Mittel bedient. Daß die Weisenpartei dem Sohne de« König« Georg V. auch in der Verbannung die Treue bewahrte, daran» wird ihr Nie mand einen berechtigten Vorwurf machen, aber auch die überzeugtesten Derlreler dieser Partei werden e« nicht billigen wollen, Laß der Herzog von Eumberland den Thron Braun« schweig« durch unlaulere Mittel zu erlangen trachtete. Der „Westfälische Merkur", ein Organ der ÜentrumSparkei. saßt sein Uriheil über die Haltung de« Herzog« in sclacnde Worle zusammen: „Wir können nicht leugnen, daß die Art de« Vor gehen«, soweit sie bi« jetzt bekannt ist, un» nicht gefällt. Ein offene«, mannhafte« vertreten der wirklichen oder ver meintlichen Rechte bleibt imposant auch im größten Unglück, aber diplomatische Kunstgriffe, wie sie in der Ver einbarung de« Ansprüche« auf Hannover mit der feierlichen Anerkennung der Reich-verfasiuna vorzuliegen scheinen, können nur dann imponire», wenn der Erfolg sie verschönt." Diese« Urtheil wiegt deshalb so schwer, weil da« Centrum die Sache de« Herzogs von Eumberland zu der seinigen gemacht hatte. Don den beiden Haupisührern de« Eentrum« ist Windt- horst der Sachwalter deS Herzogs und von Schoriemer-Alsi hat sich nach dem Tode de- Herzog« Wilhelm im Parlament in der herbsten Weise gegen dir Verleugnung de» Legitimitäl«- grundsahe« ausgesprochen, wie sie durch die Ausschließung de« Herzog» von Eumberland von der Thronfolge in Vraunscbweig begangen worden sei. In welchem Lichle erscheint jetzt die Unterstützung, welche da« Eentrum der Sache de« Herzog« hat angedeihen lasten? Haben die Führer der Partei von dem müssen aof- , ... . . lung au«, daß ihnen jedes, auch da« unsittlichste Mittel recht ist, um da» deutsche Reich in seiner Entwicklung zu stören. E« ist für die EentrumSpartei ein günstiger Zufall, daß die Briefgeschichlc während der Abwesenheit de« Reich-lage« und deS preußischen Landtage« bekannt geworden ist: die Führer erhalten dadurch Zeit und Gelegenheit, zu überlegen, wie sie über diesen unangenehmen Zwischenfall am besten hinwegkommen. E» ist ja zwar ein sogar vom Dichter an erkannter Unterschied zwischen dem Diebstahl einer Geldbörse und einer Krone, aber für einen legitimen Thronerben will e« sich unter keinen Umständen schicken, wenn er eine Krone, auf die er einen Rechtsanspruch geltend macht, erschleicht. In solchem Falle wartet man seine Zeit ab und schweigt oder man handelt entschlossen, wenn man hoffen kann, dadurch zum Ziele zu gelangen. Tie Welsenparlei kommt durch die bedenkliche Haltung de« Herzog- von Eumberland in die Lage, entweder den Kniff desselben äi« erlaubte» Äkittel anzuerkcnnen oder sich von ihm loSzusagen. Wahrscheinlich wird die Mehrzahl seiner Anhänger einen Mittelweg einschlagen und weder sein Thun öffentlich loben noch ihn verleugnen, aber die Sache hat nebenher auch noch eine andere Wirkung. ES ist ein mißliche« Ding, bei den Wahlen einem Eandidaten feine Stimme zu geben, der e« mit einem solchen Prätendenten hält, wie der Herzog von Eumberland. Mancher, der bisher treu zu seiner Partei gehalten hat, wird vermuthlich in Zukunft der Wahl fern bleiben, wenn er sich auch nicht sogleich entschließt, zu einer anderen Partei überzugehen. Die Sache der Welfen ist letzt anrüchig geworden und diese Thatsache wird auch ihre Wirkung aus die befreundeten Parteien nicht verfehlen. Die Kreuzzeikung-partei hat bereit- ihre Meinung dahin geäußert, daß die Sachlage durch da« Schreiben de« Herzog« an die Königin von England verändert sei uud daß man jetzt selbst »ine Entsagung de« Herzog« aufseineErbansprüchc in Hannover nicht mehr al« ausrichtig ansehen könne. Damit hat der Bund zwischen den Verfechtern de« legitimen Recht« und den Particuiaristea einen unheilbaren Riß erhalten, der sich bi« in die Reihen de» Eentrum« sortpflanzt. Die Particularisten unv da« Eentrum werden sich zwar sicherlich auch von diesem Schlage erholen, aber ganz ohne Folgen kann em so ungewöhnliche« Ereigniß nicht bleiben. Der ReichSgedanke befestigt sich sichtlich mehr und mehr, auch die Vertreter de« Parttculari«mu« in Mecklen burg und Bayern, welche offen für den Herzog von Cumber- lanb Partei ergriffen hatten, müssen sich jagen, daß sie mit dieser Kundgebung kein Glück gehabt haben. Den neuesten EntbÜllungcn gegenüber verharren sie schweigend und wagen nicht, mit Zustimmung-adressen hervorzutreten, was sie doch eigentlich thun müßten, wenn sie die Taktik de« Herzog« durch den Schild der Legitimität al- gedeckt erachtete». Am schlimmsten ist offenbar die Centrumspartei daran. Sie suhlt sich eine« bequemen Agitationsmittels beraubt unv muß schon, um den Schein zu wahren, die Haltung de« Herzog« vcrurthcilen. Thäte sie da« nicht, dann wäre fa der unumstößliche Beweis erbracht, daß die EentrumSpartci den Grundsatz der Heiligung de- Mittels durch den Zweck al« beu ihrige» anerkennt. DaS ist aber für eine Parte», die sich al- die vorkämpserin sür Religion und Sittlichkeit gegenüber dem Unglauben und der Unfittiichkeit geberdet, eine sehr miß liche Lage. E« kommt hinzu, daß die Wahlen zum preußi schen Landtage vor der Thür stehen. Wie sollen sich die Führer de« CentrumS dazu stellen? .Die Gegner haben drei mächtige Waffen gegen da« Eentrum in der Hand: den Brief de« Herzog« von Eumberland an die Kvnigin von England, den Tbe>lung«plan der mit dem Eentrum verbündeten Welfen unv den Erlaß de« Bischof« von Paderborn in Sache» der Vorbildung der Geistlichkeit. Die Mitglieder der Centrums partei mögen sich drehen und wenden wie sie wollen, gegen diese drei Waffen haben sie keine wirksamen BertheidigungS- mitlel. Alle katholischen Wähler, welche e» mit der deutschen Einheit und der Unantastbarkeit der Reich-Verfassung halten, müssen der Welfenpartei und Denen, weiche mit ihr einver standen sind, de» Rücken wenden, und können nur solchen Eandidaten ihre Stimmen geben, welche in diesem Puncte zu- sriedenstellende Erklärungen ablegen. Die „Germania" hat sich auch nach den Enthüllungen für denHerzog von Eumberland er klärt, vertritt aber damit nur einen Theil der katholischen Wähler. In Bezug auf den Erlaß de« Bischof« vou Paderborn ist zwar «ne Bewegung im Gange, welche auf eine Zurück- nähme als Ziel hinstrebt, nach der „Germania" »st die Zurücknahme bereits erfolgt; aber selbst wenn die Widersacher de« Bischos» ihren Zweck erreichen sollten, so ist doch dadurch die Thalsache nicht ungeschehen zu machen, daß ein Bischof in einer Principiensrage die Hand zum Ausgleich geboten hat. Der erzbischöfliche Stubl in Köln ist besetzt und wegen der Besetzung deS Erzbisthums Posen-Gnesen sind die Verhand lungen im Gange. Die CentrumSsührer werden bei Ab- sassung ihre« Wahlaufruf« die größte Vorsicht anwenden müssen, um ihre Mäkler in der bisherigen Stärke zusammenzuhaltcn. Der Bau der Partei kracht und ächzt in allen Fugen, die Bundesgenossen werden unsicher und auf die eigenen Leute ist kein rechter verlaß mehr. Weil sie an den Führern mehr und mehr irre werden, vielleicht erscheinen die Vertrelcr der Partei im nächsten preußischen Abgeordneten hause noch einmal annähernd in der früheren Stärke, aber da« darf al- sicher angenommen werden, daß die Macht der Gewobnheit damit ihre Wirkung erschöpft hat. Nach weitere» drei Jahren werben von der Centrnm«partei nur noch Trümmer vorhanden sein und die Welfenpartei wird gleichfalls ihren Halt verloren haben. * Leipzig, 21. Juli 1885. * Alle Nachrichten über eine bevorstehende Zusammen kunft der drei Kaiser und der leitenden Staatsmänner sind nach osficiöser Mittheilung nur mit Vorsicht auszunehme». Bisher steht allein fest, daß Kaiser Franz Joseph dem deutschen Kaiser in Gastrin einen Besuch machen wird, den der Letztere in Ischl zu erwidern gedenkt, vorausgesetzt, daß sein Gesund heitszustand diese Anstrengung gestatten wird. WaS die ver schiedene» Ankündigungen von einer nahe bevorstehenden Zu sammenkunft de« Fürsten BiSmarck mit dem Grasen Kalnoky anlangt, so beruhen sie vorläufig nur auf vermutbungcn. E« ist möglich, vielleicht sogar sehr wahrscheinlich, daß die beiden leitenden Staatsmänner. wie in srühern Jahren, so auch Viermal Zusammenkommen werden, um sich über die all gemeine Lage und besonder« über da» unerquickliche wirth- verhältniß zwischen Deutschland nnd Oester- reich-Ünaarn zu besprechen, da« ist aber auch Alle«, n»o« sich augenblicklich darüber sagen läßt. * Die jüngeren und älteren Paderborner Studien erlasse, welche der ullramontanen Presse jetzt ein Greuel sind, jeit der preußische Staat seine Vorsorge auch aus den Bildungsgang der Geistlichkeit erstreckt Hai, stehen, wie die „Kölnische Zeitung" schreibt, natürlich innerhalb ver katholischen Kirche keine-weaS vereinzelt da. So hatte der Cardinal v. Geissel, Erzbischof von Köln, angeordnet, daß kein junger Mann in da- Priesterseminar in Köln ausgenommen werben dürfe, der nicht sein Trirnnium auf einer StaatS- Universität (also vorzugsweise Bonn) zurückgelegt batte. Für diese- Triennium hat Herr von Geissel umjassende Vor schriften gegeben und den Sludirenden »ainenliich daS Hören philosophischer Vorlesungen zur Pflicht gemacht. Damals hat kein Hetzcaplan gegen diese Anordnungen seine mentorische Stimme erhoben und Herr v. Geissel stand bei PiuS IX. hoch in Ehren. Man sieht also auS den neuesten Vorgängen, wie viel anspruchsvoller und bildungSfeindlicker die jcsuilische Partei seitdem geworden ist. Erst >n den letzten Jahrzehnten ist denn auch in der katholischen Geistlichkeit ein engherzige«, fanatische» Geschlecht herangewachsc», über welches Niemand ernster denkt als die erfahrenen, »lilden und praktischen Naturen unserer älteren, nicht aus die RcichSseindschast gedrillten Geistlichkeit. * Die Autoren der anonymen ultramontanen Tendenz schrift „GesichtSlügen", welche angeblich eine Widerlegung landläufiger Entstellungen auf dem Gebiete der Geschichte be zweckt, in Wahrbeit aber ihrerseits der Geschichte Gewalt an- thut und systematisch daraus auSgeht, beim deutsche» Volke da« patriotische Gefühl zu untergraben und die Hohenzollern- Dynastie in den Augen der katholischen llnierihaneu zu ver dächtigen, sind bestem Vernehmen der „Schlesischen Zciiung" zufolge die Herren vr. Krcb«, Lanvlagüabgeordneter sür Aachen, vr. Majunke, der bekannte ebemalige Nedacieur der „Germania", und vr Holland. Letzterer bat angeblich in Münster einen Lchrstudl zu erhalten gesucht. Wie eifrig da« traurige Opu« in katholischen Kreisen verbreitet wird, geht au« dem Umstande hervor, baß dasselbe bereits in vierter Auflage voriiegt. * ES ist bereit« gemeldet worden, daß der jüngere Sohn de» Reichskanzler«, Gras Wilhelm BiSmarck, weicher sich vor Kurzem vermählt bat, nach der Rückkehr von seiner Hochzeitsreise da« LandralbSami in Hanau übernehmen wird. Der b,«herige Landrath, Freiherr von Broich, bat, der »Hessischen Morgrnzeitung" zufolge, letzthin vcn Bürger- meistern de« Kreise« gelegentlich einer Besprechung mit- getheilt, daß er in daS StaatSministerium berufen worven sei » » * Die Eyrill- und Mcthudseier in Welehrad in Mähren war von vornherein als ein große- slawisches VerbrüderungS- fest geplant. Die dortselbst epidemisch austretendl'» Krank heiten verhinderten jedoch bisher das erhoffte Zusaiiimen- strömen der Massen, unter deren Augen die Führer da« Bünvuiß aller Slawen der österreichisch-ungarischen Monarchie feierlich proclamiren wollten. Eine Saat der Wciehradfeier soll indeß baldigst zur Reise gelangen. Wie die Wiener „Deutsche Zeitung" meldet, wurde unler der Aegikc Rieger'S, de« Führer« der Attezechen. der letzthin über Olmüy die Pilgerfahrt an die geheiligte Stätte ver Slawen antrat, die Herau»gabe eine« großen Journal« beschlossen, welche« in allen slawischen Sprachen geschrieben sein und den Zweck verfolgen soll, „die bestehenden Differeazpuncte zwischen den Slawen zu beseitigen". Diese« Projecl begegnet indeß in den bethei- ligten Kreisen bereit- Widerspruch. Trotz der Versicherung eine« czechisch-klerikalen Blatte«, daß die Herausgabe dieses panslawistischen Blatte« von „hervorragende» Vertretern der verschiedenen slawischen Stämme" beschlossen sei, will man auf polnischer Seite sich mit dieser neuen Art, sür die Einig keit de- Slawcnthums Propaganda zu machen, nicht be freunden. Die Krakauer .Rcsörma" warnt die Polen vor der Theilnahme an dieser Zeitschrift und ihrer Mission, die Einigkeit aller Slawen herbeizusühren. Denn Diejenigen, süat das polnische Blatt bei, „von denen diese Losung auS- geyt, verstehen leider darunter die Vereinigung säinmtiicher Slawen unter der russischen Knute". Auch die polnischen Blätter in Posen Verhalten sich gegen das neue Project durchaus ablehnend. * Die im Juli d. I. erschienene Nr. 15 der „Mit theilungen" de« Wiener „deutschen Schnlvereins" zeigt abermals, daß der deutsch-nationale Verein sich immer noch eine« lebhaften WacbStbum» erfreut: am 15. Juni hatten sich bereits 102S Ortsgruppen constituirt; von diesen cnisallen auf Wien IS, aus Nieveröfterreich >40, aus Oberöstrrreich 61, aus Salzburg 8, Steiermark 94. .Kärnthen 41. Krain 6. Görz und Triest 3, Tirol und Vorarlberg >6, Böhmen 450, Mähren 144, Schlesien 44 und die Bukowina 3. Unter den seit 15. Februar zugewachscnen 74 Ortsgruppen sind 1 > Frauen- und Mävchen-Orlsgruppen und 17 Frauen-OriSgruppen. An Schulgrünvungen unv Unterstützungen werben seit Erscheinen der letzten Nummer 96 Fälle nachgewiesen, und zwar in Böhmen 50, Mähren 10, Schlesien uud Galizien 6, Steiermark 10, Kärnthen 4, Krain II, Tirol 2, Nicver- österrcich 2 und Bosnien I. An leiten ver Steile der Broschüre findet sich eine Reihe von interessanten Bcilrägen „zur Geschichte deS Deutschihum« in Oesterreich" auS der Feder de« vr. P. v. Hoffiuann-Wellenbof in Graz, wie auch Mittheilungen der VereinSleilung Uber die Verlegung der Hauptversammlung aus de» 27. September d. I. Ein Bericht über den erste» westböhmischen Orltgruppeutag zu Pilsen zeigt da« wachsende Bcrstänvniß sür die Bedeutung solcher spontaner Bereinigungen benachbarter Ortsgruppen. Der BersammluiiaS- und Festkalender weist eine außerordentliche Zahl von vereinSzusammenkllnstcll auS, und der Bericht der BibliothekScommission zählt neuerliche Büchcrspcnden von deutschen Verlegern und Audeven in der Zahl von 927 Bände» aus. DaS Derzeichniß der Ergebnisse der Orts gruppen im Jahre 1883 erscheint nunmehr abgeschlossen. In teressant ist noch die Mittheilung, daß sich m Montevideo und BuenoS-AyreS Vereinigungen von SchulvereinSmitgliedern in der Form von Ortsgruppen gebildet haben. * Marokko gefällt sich neuerding« darin, Gesandtschaften in die Welt hinau» zu senden, und man wetteifert >n Liebens würdigkeiten bei deren Empfang. In Paris scheinen eS sich die farbigen Herren noch immer gut gefalle,, zu lassen, an Abwechslung fehlt e« ihnen dort nicht. Der Präsident der
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