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Sächsischer Landes-Anzeiger : 14.12.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189212145
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18921214
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18921214
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-12
- Tag1892-12-14
- Monat1892-12
- Jahr1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 14.12.1892
- Autor
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t.'. rnann, Landgerichts-Präsident Just» Gymnasial-Oberlehrer vr. Krüger, Kaufmann B. Wagner und Mühlcnbesitzer Winkler. — Für Exporteure. Der hiesigen Handels- und Ge werbekammer ist ein Vcrzeichniß von in Großbritannien und Ir land, den Niederlanden, Schweden, Italien, Spanien, der Schweiz, Frankreich, Belgien, Rußland, Rumänien, Serbien, Bulgarien, Griechen land und Türkei, ferner in Asien, Afrika, Amerika und Australien domizilirenden Geschäftsfirmen zngegangcn, bei denen ein Eingehen auf geschäftliche Verbindungen Vorsicht erfordert. Interessenten er halten in dem Poststraße 32 belegenen Bureau der Kammer auf An frage Auskunf darüber, ob von ihnen näher bczeichncte Firmen in diesem Berzeichniß mit aufgcführt sind, um sich so vor etwaigem . Schaden wahren zu können. — Zur Wasserfrage. In der gestern abgchaltenen Raths- Plenarsitzung nahm das Kollegium Kciintuiß von dem Inhalte einer dem Rathe in Abschrift zugcgangenen Verfügung, welche die hiesige königl. Amtshauptmannschast in der Angelegenheit der Verunreinigung des Zwönitzflusscs an die Direktion der Papierfabrik zu Einsiedel erlassen hat. In dieser Verfügung erkennt die Vorgesetzte Behörde die vom Rathe in seiner Beschwerde aufgestellte Behauptung, daß das Zwönitzwasscr (und also auch unser Trinkwasser) durch cinfließcndc Absallwässer jenes industriellen Unternehmens verunreinigt werde, als begründet an und fordert unter Ertheilung gewisser Anordnungen die sofortige Abstellung dieser Uebclstände. Inzwischen sind aber doch immer wieder neue Verunreinigungen jenes Flußlaufcs beobachtet und zur Kenntniß der königlichen Amtshauptmannschast gebracht V worden. < — Der Unterstütznngsvereitt für Kausleute zu Chemnitz hat im Oktober d. I. laut Generalversammlungs-Beschluß bei der zu ständigen Behörde anzemeldet, daß er unter dem Namen „Kranken kasse für Kaufleute" gemäß der Novelle zum Krankenversicherungs- Gesetz vom 10. April 1892 eine eingeschriebene Hilfskasse errichtet hat; der Beitritt zu dieser Kasse befreit sonach vom Beitritt zu irgend einer Ortskrankenkasse. Die Leistungen dieser Kasse sind gegenüber der geringen Jahressteuer von nur 10 Mark für hiesige und 12 Mk. für auswärtige Mitglieder, ganz außerordentliche. Dieselben bestehen in Krankenuntcrstützung auf 13 Wochen und in besonderen Fällen auch länger; tägliches Krankengeld wird 2 Mark, Bcgräbnißgcld 150 Mk. gewährt. Ein besonderer Vortheil dieser Kasse ist auch nach darin zu erblicken, daß die Wahl des Arztes den Mitgliedern frei gestellt ist, also keiner Beschränkung unterliegt. Das Gesammtvermögen der Krankenkasse, Witwen- und Waisenkasse und Alterversorgungskasse be trägt gegenwärtig 270,000 Mark. Beitrittserklärungen zu diesem Vereine werden in der Geschäftsstelle Bernsbachstraße 2 II durch den Geschäftsführer Herrn Allwill Schilling zu jeder Zeit entgegen genommen. — Berel» für Chemnitzer Geschichte. Wir machen die Mitglieder und Freunde des Vereins für Chemnitzer Geschichte hier durch nochmals auf die heute — Dienstag — Abends 8 Uhr im Börscnsaale stattfindcndc Versammlung, bestehend aus Miscellenabend und Commers zur Feier des zwanzigjährigen Stiftungsfestes, auf merksam. —L. Eine Znsammenknnft des dentschsozialen (anti semitische»») Wahlvereltts fand gestern, Montag, Abend im Mittel zimmer des Hotel de Saxe statt. Diese vom Vorsitzenden, Herrn Schellenberger, einbcrufene und geleitete Versammlung war trotz ' -der Nähe unseres Weihnachtsfestcs außergewöhnlich zahlreich (von über 100 Personen) besucht, welcher Umstand den Herrn Vorsitzenden veranlaßte, nach seiner Begrüßungsrede noch seinen Dank auszusprechen und der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß der Verein auch ferner zum Wohle des Volkes und insbesondere zum Heile des Handwerkes wachsen und gedeihen möge. Daraus sprach Herr Emil Berthold- Altchemnitz in höchst sachlicher Weise über den Prozeß Ahlwardt und über die im Arnswalde-Friedebcrger Rcichstagswahlkreise erzielte Wahl AhlwardtS. Der Herr Redner erörterte insbesondere auch die Art und Weise der Führung und Leitung des Prozesses seitens des Landgcrichtspräsidenten Brausewetter und verlas einen von der „Deutschen Zeitung" über diese Angelegenheit veröffentlichten Artikel. Nachdem der Vortragende in herzlichen Worten die Bcthciligte» noch aufgefordert hatte, treu zum Antisemitismus und zu Kaiser und Reich zu stehe«, schloß er unter brausendem Applaus seine höchst interessanten, fesselnden Ausführungen. Herr Bachmann brachte einen Artikel der Frcitagsnummcr der „Dresdner Nachrichten" zu Gehör und forderte mit beredten Worten zum Beitritt bez. zur Unterstützung des Vereins „Jugcndbund" aus. Ein von Herrn Schmalz vorgclesenes Gedicht „Stoßseufzer einer christlichen Seele in St. Blasien" erregte die allgemeine Heiterkeit der Anwesenden. In echt germanisch fröhlicher Weise wurde die anregende Abend- Versammlung geschlossen. —i—. Einen riesigen Rosinenstollen hat Herr Joh. Lenk (Dresdner Bäckerei, Langestraße 12) in seinem Schaufenster aus gestellt. Derselbe ist 2,10 in lang und repräscutirt das stattliche Gewicht von 30 Pfund. Daß es nicht allzulcicht ist, einen solchen Niesenstollen zu backen, dürfte allen Denen verständlich sein, die etwas vom Bäckcrgewerbe verstehen. —* Unfall. Am 10. d. M. Abends in der 7. Stunde wurde eine Frau auf dem Louiscuplatz von einem zwcispännigcn Flcischcr- wagen umgerisscu und an der rechten Seite leicht verletzt. ,Die Frau, welche sehr schwerhörig ist, soll direkt in die Pferde des in ruhigem Trabe fahrenden Geschirrs hincingelaufen sein. Den Geschirrsührer traf an dem Unfall keine Schuld. —* Ei»» Ladendieb ist gestern fcstgcnommen worden, welcher in letzter Zeit in mehreren Läden thcils die Ladcnkassc bestohlen, thcils Maaren entwendet hat. In seiner Wohnung wurden eine An zahl der gestohlenen Maaren, Hosenträger, Cigarrenctuis, Lcdcrtäsch- chcn vorgcfundcn. —* Gestohlen wurden am 6. d. M. 8 Flaschen Rothwein, ein grün aiigcstrichener, mit Lehne versehener Handschlittcn, ferner ein Reißzeug mit Instrumenten von Messing in schwarzem Etui; am 4. d. M. ein goldenes Armband von Rosetten zusammenhängend, ferner vor 3 Wochen ein schwarzer Kammgaruanzug, eine Hose von dunkelblauem Stoff, ein goldener Herrenring mit durchsichtigem Stein, cine goldene Busennadel, 2 goldene Damenkettchen, die eine mit Quaste und Medaillon, die andere mit goldenem Kreuzchen und einer kleinen goldenen Kugel versehe». — Am 10. d. M. wurde einer in der Grcnzstraßc wohnhaften Frau ans einer verschlossenen, in der Wohnstube stehenden Kommode, welche aufgcsprengt worden war, 58 Mark gestohlen. Strafkammer Verhandlungei» — Chemnitz. Rausvoldc. In eiucr Angnsluaclit dieses Jahres brachte der im Jahre 1868 geborene Stellmacher Oswald AlbcrtFröhucr a»S Königswalde bei Annaberg aus drr Dorisiraße in Oclsnip den- 16 Jahre alten Berg mann Otto Heinrich Lippold daselbst bei Gelegenheit eines Streites mit seinem Taschenmesser einen Stich in die linke Wange bei, zu deren Heilung der Arzt i» Anspruch genommen werde» »Hißte. Hierüber war ei» Freund »Nd Altersgenosse des Gestochene», der Maurer Karl Richard Müller, so entrüstet, daß er dem Messerhelden einen wuchtigen Schlag mit einem Zamisleckc» versetzte, der Früh »er nicht geringe Schmerzen verursachte. Am 4» September Abends gegen 10 Uhr trafen Lippold und Müller, i» der«» Begleitung sich der ebenfalls 18 Jahr« alte Bergmann Ernst Louis Börner befand, »ilt Fröhnee auf der Dorfstrab» tu OelSnItz zusammen, wobei alle Drei über diese» hergefallen seien und ihn gemeinschaftlich g schlagen und thättich mißhandelt haben solle», was indessen nur Hinsicht!, der Beteiligung Müllers und Börners erwieset, werde» konnte. Sämmtlichc Angellagte» sind bisher noch völlig iinbescholtcu. Auf Grund der Beweisaufnahme wurde Fröhner als der eigentliche Anfänger zu 4 Monate», M ü lle r und B ö r n e r zu je 1 Monat Gesängniß vcrurtheilt, Lippold dagegen sreigesproche». Nngetrener Kaffenverwalter. Der im Aster von Kl Jahren stehende, »och völlig unbescholtene Strumpswirker Julius Fridolin Elauß aus JahnSdors b. Stollberg war seit dem Jahr« 1891 als Be vollniächtiglcr mit der Erhebung der Beiträge für die JiivaliditLtS- und Altersversicherung, bczw. mit der Führung der betreffenden Kassengeschäfte daselbst beauftragt. Bei einer seitens der fönigl. AmlShanptmannschaft am 12- Juli d. I. »»erwartet vorgeiiouimeiien Revision stellte sich nnn ein Defizit von über 392 Mark heraus, welches sich später noch »m 127 Mark erhöhte. Wege» Untreue und llnterschlagmig wurde Claus; zn 6 Monaten Gesä »g » iß vcrurtheilt. 12. 12. Stehler und Hehler. Am 4. November d. I. eignete sich der 23 Jahre alte, bereits bestrafte Maler und Handarbeiter August Friedrich Kogel aus Wengelsdorf bei Weißenfels, zuletzt hier wohn hast, i» Neustadt bei Chemnitz cine silberne Chlindcrnhr widerrechtlich an, welche er am Tage darauf bei einem hiesige» Althändler gegen Fußbekleidung lnntanschtc. Bei dieser Gelegenheit entwendete er dem Geschäftsinhaber ei» Paar Damenschnhc im Werthe von 4 Mk. 50 Pf.» welche der im gleichen Alter stehende Haudarbciter Julius Max Kersten ans Borna, letzt in Chemnitz wohnhaft, unter Kenntnis; von dem »»redlichen Erwerbe derselbe» weiter verkaufte, woraus Beide den Erlös theilten. Ter insolge dessen als Hehler mit angeklagte Kerstcu wurde zu 2 Woche» Gesäugniß ver- urthcilt, welche indessen als bereits verbüßt erachtet wurde», während die Strafkammer gegen Kogel wegen RücksallSdiebstahl in zwei Fälle» unter An rechnung von 1 Mv»»t Ilutersnchmigshast aus 5 Monate Gcfäiigniß und " Jahre Ehreiirechtsverlnst erkannte. Zwei Gleichgestunte. Die im Jahre 1866 geborene und schon mehr- ach bestrafte Kellnerin Jda Marie Löwe ans Dittersdorf bei Zschopau und die 2 Jahre jüngere, »och unbescholtene Schneiden» Clara Johanne Uhde ans Eilenbiirg machten sich der in§ 38l, Absatz 6 des N.-Str.-G.-B- gedachte» Ucbertrctilng schuldig. Am 18. Oktober d. I. befanden sich beide würdige Genossiune» gelegentlich eines Tanzvergnügens im Gastbause zu chöna» und hier führte die Löwe insofern eine» frechen Schwindel aus, daß sie die GarderobicrSsra» unter falsche» Vorspiegelungen zur Herausgabe eines angeblich einer Freundin gehörende» fremde» Jackets vermochte, womit Beide verschwanden. Dieses Jackct, welches einen Werth von lö Ml. hatte, versetzte die Uhde bei einer Kellnerin in Waldheim für ein Darlchn von " Mk., obgleich sie wußte, daß es nur auf strafbare Weise in den Besitz der Löwe gelangt war. Tie Löwe wurde wegen Betrugs nud Uebertretimg mit 6 Wochen GcsSiiguiß »nd 3 Woche» Haft, welch letztere als ver büßt erachtet wurde», die Uhde wegen Hehlerei »nd Uebertrctnng mit Woche Gesäugniß und 1 Woche Haft bestraft, dieser aber beide Strafen als bereit» durch die UiUersuchnngsbaft verbüßt i» Anrechnung ge bracht, so daß sie sofort entlasse» werde» lonntc. Ci» gemeitigesährlichee Mensch. Als solcher stellt sich der »och in »gciidlichem Alter stehende, trotzdem aber schon einmal wegen Eigeulhnms- vcrgehcn bestrafte Dienstknecht Max Bernhard Müller aus Nieder- roßa» dar. In der Zeit vom Dezember v. I. bis in den Oktober d. I. wurde» i» der näheren und ferneren Umgebung von Msttweida, in Ninge- tbal, Kricbslcin, Meinsdorf, HermSdvrs u. s. w. cine Reihe von Einbrnchs- diebstähleu thcils verübt, Ibeils doch versucht, bei welche» cS sich in der Haupt- ache um nächtliche Besuche bei Materialwaarenhändler», Gasthoss- und Guts- icsitzcrn handelte Als Urheber derselbe», die sich meist als schwere Diebstähle darsiellc», wurde Müller ermittelt und in Berücksichtigung seiner Vorstrafe und de» bewiesene» Raffinements zn 1 Jahr 3 Monate» Gesang »iß veuirtheilt, l Monat der Strafe jedoch als bereits verbüßt erachtet. Zwei Ungeverdige. Die beiden Dieustknechle Friedrich Rcuschel aus Zinnberg in Bayern und Hermann Paul Pcstcr ans Thierbach bei Peuig, 26 bez. 24 Jahre alt und noch völlig »»bescholten, machte» ihrem damaligen Dienstherr» gegenüber eine ihnen znstehendcLohnfordermig in der Weise geltend, daß sie ihrem Arbeitgeber im Falle der Weigerung mit Schlägen »nd Zertrümmerung der ganzen Wirthschasl drohten, jedoch ohne denselben einznschüchler». Als der Brigadier ans erstattete Anzeige die Festnahme der Beide» angeordnet hatte, setzte Reuschel dem dainit beauftragten Gendarmen Widerstand entgegen und scylng so heftig um sich, daß sein Transport n»r durch Binden zn ermögliche» war. I» Anbetracht der in Bezug ans den Dienstherr» obwaltenden eigcnthümlichen Verhältnisse nud ihrer bisherigen Unbescholtenheit billigte der Gerichtshof indeß beide» Angeklagten mildernde Umstände z» und belegte Nenschel mit 20 Mark Geld- ev. 4 Tagen Gesängnißstrase, Pester, als den Mindcrschuldigcn, »nt 10 Mark Geld- cp. 2 Tagen Gefäugnißstrase. Ein amerikanischer Krösns. Aus New-Iork wird geschrieben: Wie viele Verwünschungen wohl dem steinreichen Jay Gould, der dieser Tuge in Newyork vom Leben und seinen Millionen Abschied nahm, ins Grab gefolgt sein mögen l Es war das böse Prinzip, der Gott der Finsterniß im freien Wettbewerbe Amerikas; saß, einer giftgeschwollcnen Spinne gleich, in der Mitte seines Gewebes, mit deni er die Märkte und die Industrien der Vereinigten Staaten von Nordamerika umgab, und was auch immer in seine Maschen gerieth, wurde erbarmungslos ausgebeutct. Freund und Feind, Alle mußten bluten, mußten ihre Schätze hcrgeben, um seine Millionen zu schwellen. Geld und immer wieder Geld war sein ausschließliches Ziel; denn der reichste Mann in der Union wollte er werden, und wenn von einem Gewissen bei ihm die Rede sein kann, so war der einzige Gewisscnsbiß, mit dem er starb, wohl der, daß ihn die Vanderbilts und die Asbcs in Glücksgütcrn übcrtroffc». Sein Vermögen beläuft sich auf 75—100 Millionen Dollars, und wer weiß, ob er nicht bei längerem Leben wirklich der Hauptkrösus geworden wäre, denn während des ver gangenen Jahres stieg sein Gewinn auf durchschnittlich 430 000 Pfund Sterling im Monat! Vor Jahren schwebten Gerüchte über seinen Bankbruch in der Luft; um sie zu entkräften, lud er seine Geschäfts freunde zu sich ein und breitete vor ihren Augen Wcrthpapicre im Betrage von 50 Mill. Dollars aus! Für diesen Millioucnscgen das Geschick irgendwie zu versöhnen, wie es die Vanderbilt's durch Ausstattung einer Eisenbahn gcihan, fiel ihm nicht ein. „Zum Teufel mit dem Gemeinwohl" rief er einst einer Ortsabordmiug zu, die ihm einen Eisenbahuplan aus Rücksicht auf das Gemeinwohl empfahl, „ich baue keine Eisenbahnen zum Beste» des Publikums!" In seiner Seele halte auch kein anderes Interesse Platz. Auf seiner europäischen Reise kam er nach Amsterdam und betrat auch die Gcmäldegallerie, stahl sich aber bald, der unnützen Zeitvergeudung müde, nach der Börse weg und hatte bald schon 20,000 L. Spekulationsgewinn in der Tasche. Daß er seine Gegner zu vernichten suchte, wird ihm bei dem harten Börscnkampfe Niemand verdenken. Ein reicher Kalifornier kündigte einst der Welt an, er wolle Jay Gould sprengen. „Er ist nach dem Osten wohl in einem Salonwagen gekommen," war Goukd's Bemerkung, als er von dem Unterfangen hörte, „gut, ehe ich ge sprengt bin, wird er in einem Gepäckwagen zurnckkchrcn," und letzteres ward fast buchstäblich zur Wahrheit. Aber Gould schonte nicht ein mal seine Freunde und Geschäftsthcilhabcr. Einen seiner Geschäfts freunde trieb er zum Sclbstniorde, einen anderen, der ihn zur Zeit durch ein Darlehen aus der größten Finanzschwicrigkeit ge rettet, machte er zum Bettler, indem er ihn zu einem Unternehmen überredete, welches diesem seinen letzten Cent kostete. Zweimal entging er mit knapper Noth dem Gclynchtwcrden; das erste Mal, als er die Aktionäre der Eric-Bahn ruimrt, und später, als der New-Iorker Pöbel sich gegen seine Umtriebe zu Gunsten der Wahl Blaincs zum Präsidenten erhob und sein Zeitungsbureau stürmte; er rettete sich auf seine Jacht und segelte davon. Seitdem ließ er sein Haus von Geheimpolizisten umstellen, und wenn er, was selten war, öffentlich erschien, umgab er sich mit herkulisch gebauten Leibwächtern. Den Lebensgenüssen stand er fremd gegenüber; er rauchte nicht, er trau! nicht; klein, engbrüstig, mit einem Habichtsgcsicht, verehrte er nur einen Gott, das Geld. Der botanische Garten, den er aus seinem Landsitze am Hudson anlegen ließ, soll dm besten der Welt an Reich« Halligkeit nicht nächstehen; eine» Interesses an Botanik aber hat ihn deshalb Niemand für fähig gehalten. Seine GeschSft-method« war ebenso einfach wie rücksichtslos und wirkungsvoll, er kaufte Papiere/ die er durch seine Börsenkniffe entwerthet, zu Schleuderpreisen auf/ trieb sie künstlich in die Höhe und lud sie dann bei dem Publikum um den zehnfachen Betrag ab. Und dieser GeneralSgeldmensch, der schließlich über ein Eisenbahnnetz von 1300 Meilen gebot, war ursprünglich der Sohn eines armen Farmers, hütete die ward Schmiedelehrking, Geoinetergehilse und Holzhändler, und mit zwanzig Jahren Hauptaktionär einer kleinen Bank in Pensylvanien. In letzterer Eigenschaft scheint er seinen Berns, Geld auf werthlose Eisenbahnpapiere zu leihen, entdeckt zu haben. In New-Iork soll er mit einer patentirten Mausefalle eigener Er findung debutirt haben; vielleicht auch hat man ihn nachträglich diese Legende angedicht, als er dem amerikanischen Publikum seine großen Finanzmausefallen stellte. Seine eigentliche Bahn beginnt im Jahre 1872, als er zum Vorsitzenden der Eriebahn erwählt wurde. Po sitives hat er nicht geschaffen. Die 25 Privatdrähtc, die von seinem Hause nach den verschiedensten Richtungen hin liefen, dienten nur dem einen Zwecke, sein eigenes Vermögen auf den Trümmern hoff nungsvoller Industrien in die Höhe zu schrauben, ohne daß seine Habgier jemals gesättigt worden wäre. Jedenfalls wirv er im vierten Kreise von Dantes Hölle, wo die Verschwender und Geizhälse Lasten wälzen, mit lautestem Jubel empfangen werden, passen doch auf ihn vortrefflich die Worte von dem „kurzen Wahn der Güter, die zu so viel Streit entflammen" und dem „gesummtem Golde unterm Monde, das nicht eine dieser Seelen zu befriedigen vermag". Jay Gould ist 56 Jahre alt geworden. Daß sein Sohn George in die Fußstapscn des Vaters treten werde, ist kaum denkbar. Ein Jay Gould ist nicht zweimal denkbar, und dann würde sich die Hcimath der triumphiren- den Demokratie schwerlich noch einmal einen solchen finanziellen Blut sauger gefallen lassen. Sltis Rah ,md Fer». — Kleine Mittheilunge». Ein junger, vor einiger Zeit wegen Krankheit aus seinem Regiment geschiedener Offizier und ein junges Mädchen haben in einem Berliner Gasthofc durch Gift ihrem Leben ein Ende gemacht. Unglückliches Liebesverhältniß ist die Ur sache. — In Kiel hat man den Bankier Carvw, den Thcilhaber der verkrachten Hamburger Bankfirma Carow und Bartels, erhängt vorgcfundcn. — Wölfe haben sich in den Alpen in Oberitalien ge zeigt und vier Kiender zerrissen. —In Wien erschoß sich der Oberst Baron Wcigclsberg, angeblich wegen Zurücksetzung beim Avancement. — Eine Moltkc-Anekdote« Wie der große Schlachtenlenkcr einmal, von all' seiner Strategie verlassen, hilflos umzingelt wurde, davon erzählt man der „Tägl. Rundsch." aus Altenburg folgende Geschichte: Zwei Mal hat ihn die kleine Residenz, wo eine seiner Nichten in einem Stifte lebte, beherbergt. Bei seinem ersten Aufent halt in der Stadt sitzt Moltke eines Tages auf einer Bank der den großen Teich umgebenden Promenade. Es war in den späteren Vormittagsstunden; die Jugend strömte aus den Schulen nach den häuslichen Penaten zurück. Schon hatten einige Rotten der jugend lichen Tornisterträger einen unbeabsichtigten Desitirmarsch vor dem Feldmarschall ausgcführt, ohne den langen, hagere», bartlosen Mann auf der Bank im dunklen bürgerlichen Anzuge weiter zu beachten. Endlich aber wirft doch einer der Krausköpfc trotz der lebhaften Unterhaltung, in die er verflochten ist, einen Blick nach dem Manne aus der Bank. Betroffen bleibt er, den Nachbar am Acrmel fassend, stehen. „Du, da sitzt Moltke!" Mit einem Schlage richten sich Aller Augen auf den Fremden. „Moltke!" flüstert es aufgeregt in der Runde und erstaunt und neugierig zugleich starrt das Völkchen den Fcldinarschall an. Allmälig lösen sich auch die Hütchen und Mützen von den Blondköpfen. „Seht, da vorn ist 'was!" Und die Nach folgenden stürmen im Laufschritt heran. Dichter wird die Schaar, welche die Bank umsteht, und immer dichter. „Ist cr's? Oder ist er's nicht?" Dem Marschall wird die Lage doch einigermaßen unbehaglich. Er sinnt aus Rückzug. Ueber das Wie ist er sich im Augenblick klar. Nur über das Wohin, über die Richtung ist er sich nicht sicher. Halt! Dorthin! Jene kleinen Häuser werden die ge wünschte Deckung gewähren. Auf der uns zngcwcndcten Rückseite hinein, vorn heraus, und man ist geborgen. Gedacht, gcthan! Der Feldmarschall tritt den Rückzug an. Allein seine jugendlichen Be wunderer dränge» auf das Lebhafteste »ach. Und schon erblickt man ihren Reihen auch manchen Erwachsenen. Bald jedoch ist die m . schützende Deckung erreicht. Durch ein Hinterpförtchen schlüpft der Stratege in eines der fraglichen Häuschen. In das Heim eines Tischlers ist er gcrathen. Im Flur gicbt er sich und seine augen blickliche Lage dem ehrsamen Meister zu erkennen. Wer ist glücklicher, als dieser. Blitzschnell ist die Kappe vom Kopfe geflogen. Schon aber dringen die verfolgenden Tirnillcurs von der Rückseite hitzig in's Haus. Der Marschall reicht dem biederen Tischler die Hand. Durch den forderen Eingang des Häuschens tritt er auf die Straße und —> glaubt sich geborgen. Hilf Himmel! Er ist umfaßt, von zwei Seiten Umgänge»! Vom einen und vom andern Ende der Straße her ergießt sich zugleich der Strom seiner Bewunderer. Und auch im Rücken' drängen die Verfolger — diese liebenswürdigen Schwereiinöther! —- immer furchtbarer heran. Ein Entrinnen ist unmöglich. Der Marschall ergiebt sich in sein Schicksal. Gelassen wandelt er, um drängt, umjubclt, seinem Absteigequartier, dem „Wettiner Hof" zu. Wie ein Lauffeuer verbreiteten sich die Nachricht von Moltke's An wesenheit in der Stadt. Die Bevölkerung ist wie alarmirt. Und am Abend bereitete das Bürgerschützcnkorps, die Krieger- und Militär vereine, die Sänger, die Turner und überhaupt die ganze Stadt dem Feldmarschall eine glänzende Huldigung. — Abfällige Kritik. Der altmecklenburgische Justizrath F. war anerkannt ein vorzüglicher Skatspieler. Oesters kam er im Klub mit Herren zusammen, deren Spiel ihn sehr wenig erbaute. Wie er nun wieder einmal mit zwei Herren beim Skat sitzt, tritt ein Vierter zu ihnen heran mit der Frage: „Was spiele» denn die Herren?" Darauf der Alte: „Ick spcel Skat. Wat de Herren dohn, dat weet ick nich." Diahtimchiichten und letzte Meldm»Ken. Chemnitz, den 13. Dezember. Goslar. Znu» Landtags-Abgeordnete»» für de»» GoSlarer Wahlkreis »vnrde Fabrikant Horn ans Goslar »Nit 122 Stimmen gewählt. München. Der Ansfichtsrath der Bayrlschcn Landes, bank bcfchlotz auf Antrag der Direktion, der für die nächste Zeit einzubernfenden Generalverfammlnng die LiqnidatitM der Gesellschaft zn unterbreiten. Angsbnrg. Die Aktiengesellschaft „Süddeutsche Trikottvaarenfabrlk AugSvnrg hat sich „tit Mark 300,OOV konstitnirt, welche hauptsächlich die Münchener Bank übernommen hat. Wien. Die Fraktion dev Polen »ehllte jede- BiiW i««Ü mit V(„ Änstotfchechen ab.
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