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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188508064
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850806
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850806
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-08
- Tag1885-08-06
- Monat1885-08
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1885
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Erscheint täglich früh S'/, Uhr. Nrdaclion und LrVkdMou JohanneSgasse 3. Sprechstunden der Nedaclion: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. r„ di int,ade emgejandler «»a-tcript« tu «rd»ci,»i> Nicht »«»mdUch. «„nähme der für die nSchftsolgende Nummer besttinmte» Inserate an Wochrnrageii h,s !i Uhr Nachmittags, an San»- und Festtagen früh dt» ',,'3 Uhr. In den /Uialrn für Ins.-iXnnalimc: Otto Klemm, Universitätsstraße 1. Louis Lüsche, Katharinyistr. 23, p. nnr dtS '/.» Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage IttlOV. .>l>ü!i»tmen1spreis viertel). 4'l, Klß. mcl. Ärinqeriohn 5 Mk, durch die Post br,ogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Pf. Gebübren lür Extrabeilagen iin TageelaN-Formal gefalzt) «üuc Pvübttördrrung 3!« Mk. mit Poslbeiorderung 48 Mk. Inserate 6gcjpallc»c Pctitzeile 26 . Größere Sckristen laut unf. Piei-vcr;c-iu x. labellarijcher u. Zifferiil'atz nach höher:» T.:ru. llleclamen unter dem Redaclionsstrich die4geioalt. Zeile 50 Ps., vor den Familien Nachrichten die Ogefpaltene Zeile 40 Pf. Inierale find stets an Sie trypeSition zu jeaven. — Radall wird Nicht gegeben. Zahlung praeuumcrLilll» oder durch Pest, aacvnaduie. 218. Donnerstag den 6. August 1885. 79. Jahrgang. M Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Laut Angabe de» am 8. Mai 1864 hier geborenen Tischler- Karl Friedrich» Rudolf Portmann ist besten von unS im Jahre 1883 unlrr Nr. 666 ausgestellte- Arbeitsbuch in hiesiger Skart abhanden gekommen. Etwaige Wahrilehmimgen über den Berbieib gedachten Buches bitten wir hier cmzeiaen, bez. dasselbe im AusfindungS- salle anher Obstmarkt 3, 2. Elage eiiilicfcrn zu wollen. Leipzig, den 31. Juli 1885. Der Rath der Ttadt Leipzig. vr. Tröndlin. Reichel. In Gemäßbeil deZ tz. 1 der Instruction für die A»S- fiihrung von Wasterrobrleilungen und Wasteranlagen in Privat grundstücken vom 1. Juli 1880 machen wir hierdurch bekannt, dag der Klempnermeistcr Herr Paul Petzold, W>»d- mühlensiraße Nr. 12, zur UeberuHiiine solcher Ardeilen bei un» sich angemeldet und den Belitz der hierzu «rsorderlichen Borrichtungen uachgewicien bat. Leipzig, den 3. Auaust 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. I),'. Tröndlin. Woij iotsram. erneuert wird die am 13. Mai lsd. I». erlasten; Bekanntmachung, den Aufenthalt der Wirthschafterin Minna Agnes Verw. Uhlig auS Merseburg betreffend. Leipzig, den 1. August 1855. Der Rath der Stadt Leipzig. Armenamt. Dr. Tröndlin. Schilde. Auktion. Im Anciionrlocale dr» hiesigen Königlichen Amtsgericht« sollen TicnStaa. de» 11 August 188-, von Bormiltag» 1V Uhr an verschiedene Pfänder, als: 1 altdcuilcher Kaminofen, 1 Lederwalk- maschine, 1 V:sitenkarlenpresse, 1 Pianino, verschiedene Bücher, 1 Partie Schuhe, Stiesel und Stiefelette», sowie ein« Anzahl M ubleS öffentlich gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, den 4. August >885. Ter Gerichtsvollzieher beim königliche» Amtsgericht -aseltst Skichtamtlicher Theil. Zur Parteilage. i. * Je mebr der Hochsommer vorrückt und je mehr es an politischem Skoff mnngelt, je weniger praktische Politik ge trieben wird niiv je weniger aktuelle Fragen zu erörtern sind, desto mehr begegnen wir in der Unterhaltung und in der Presse „parlciphilosophischen" Betrachtungen. Je näher cS zu den Mahlen gehl, ui» so mehr lasten die Blätter die ein zelnen Parteien Revue passtren. I» langen Artikeln bemühen sich die Organe der össentliche» Meinung, den spätere» öffent lichen Rednern vorqreisend. ihrem Publicum auseinander z» sehen, dag »ur die Partei, welche daS betreffende Blatt gerade vertritt, etwa» geleistet, daß alle anderen Parteien lediglich ein Füllhorn von Versprechungen geboten, aber nichts gehalten haben. Tie logische Folge sei unabweisbar; nur im Anschluß an die betreffende Partei liege daS Heil, die Entscheidung für eine andere Richtung bringe dem politischen Ganzen, dem Staate, dem Reiche, dem Daterlande nicht allein keinen Bor theil, sondern drohe ernstlich Gefahr. Seit einigen Wochen nun begegnen wir in den Blättern der verschiedensten Färbung, von der feudalen „Kreuzzritung" bis zum demokratisch-radicalen „RcichSsreund", ebenso wie in der „Post" und der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" Erörterungen über das Verhalten der nationalliberalen Partei. Wir brauchen nicht zu sagen, daß auch die ultra- montanen Blätter, die „Germania" voran, un- in ihr Herz geschlagen haben in ihrer Weise, und alle diese Blätter werden nicht müde, unS zu verwarnen, unS gute Rathschlägt zu geben, Lehren zu ertheilen, unS bald zu loben, bald zu schelten — lediglich natürlich im Interesse der National- liberalen. Die Auffassung dieser unserer uns so Wohl bcrathenden Freunde, welche un» mit einem Male von allen Seiten er wachsen, ist kurz uuv leicht zu charakteristren. Alle diese AuSeinaiiderschungen gipfeln in dem einen Satze: Die Nalionalliberalen wissen nicht, waS eigentlich „national- liberal" ist, und was auS den nalionalliberalen Grundsätzen zu folgern ist; denn, so sagt kurzweg die „Krcuzzeitung". wenn die Nalionalliberalen wirklich nalionalliberal sind, so müsten sie sich einfach uns anschlicßcn und unterordncn, d. b. in der conservaliven Parlci aufgehen oder gar feudal-reac- lionair werden. Der „Reich-freund", die „Berliner Zeitung" und tutti guanti behauplen: Die „richtigen" Nationalliberalcn können gar nickt anders al- „dcutschsreistnnig" sein; folgen sie nicht unserer Fahne, sagt Herr Bau»,back, dann sind sie nickt nationalliberal, dann dürfen sie sich auch nickt so nennen Mit Bcrlauö, verehrte „Krcuzzeitung" und lieber „ReickS- sreund' ! Zunächst sei unS gestattet, daran zu erinnern, daß die nalionail,berate Parlci i'eil Jahren von Euch und Euren Freunde» nicht nur todt gesagt, sondern daß ibr auch wieder holt in aller Form der Tod altestirt wurde. Also wenn wir todt sind, möchten wir dock bitten, u»S ruhen zu lasten; die Forderung dcS „cks mortui» uil visi dene" zu stellen, vcr zichlcn wir gern. Doch daS nur nebenbei. Man erkennt wenn auch nicht mit Worten, so doch durch die schlagendste» Thatsachen, auf der Gegenseite an, daß man sich sehr „geirrt", daß die »ationalliberale Partei nickt nur lebt, und ihr Dasein den Gegner» in reckt fühlbarer Weise merklich macht, sondern auch, daß diese Partei eine reckt respektable Größe ist, mit der die Gegner — und um so mehr, je näher die preußische Neuwahlen bcranrücken — zu rechnen gezwungen sind. Aber daß die nationalliberale Partei lebt und wirkt verdankt sie eben ihrer Principientreue, welche es ihr un> möglich macht, sich selbst zu opfern unv aufzugeben in eine der Parteien, welche rechts oder links vor ihr stehen. Würde sie einmal dem Rathe der uneigennützigen Ravicalen von rechts oder link» gefolgt sein, dann hätte man ihr längst daS Todtenlied singen möge». Aber wie zu Hora;' Zeiten erscheint un- auch heule noch die goldene Mitlelstraßc prciscnSwerlh und so wenig es unseren Gegner passen mag: eine ualionallibrrale Partei wird eS der Tendenz nach gebe», o lange es ein deutsche» Reich geben wird, wenn auch vielleicht der Name sich im Lause der Zeit verändern mag. und die Nationalliberalcn werden immer bleiben ut sunt. Tenn die nationalliberale Partei in Dculschland ist zur * Zartei geworden, indem sie weile und cinflnßreichc Kreise der Bevölkerung al- Anhänger und Vcrtbecviger keö von ihnen a>S leben-säbig und ihren Interessen entsprechend ancrkanuien i ZrogrammS gewonnen hat. Der ursprünglich jehr lheoreliscke und idealistische Zug de- Liberalismus hat diesen koch, sehr zu seinem Börthen und zum Glück für unsere politische Ent wickelung, nie zu dog»,arischer Lerhärtung gesübrt, und wie weit ab von alle» liberalen constilnlionellcii „Systemen" die Bcrsastung deS Norddeutschen Bunde- und später die NeicbS- versastniig lag. so haben die Nalionalliberalen nickt »»r kein Bedenken getragen sie anzunekmen, sonder» auch wesentlich mitacwirkl, um dieselbe thunlichst in ihrem Sinne zu verbessern. Soweit die Nationalliberalcn überhaupt Vertreter einer Doctrui sind, steifen sie sich nicht darauf, rin ein- für allemal 'est abgeschlossene- „System" z» vertreten, sondern vielmehr die jeiveil- berrschenden lheorekiscken Ansichten über de» Staat und staatliche Dinge, freilich inchl i» dem Sinne, daß sic der haltlose» sogenannten öffentlichen Meinung folgten unv ihr Staat-ideal den fluchtigen Regungen des Tage» entleihen; eS ist vielmehr die nationalliberale Dvelrin in Wahr feit Inhalt und Ausdruck der nationalen poli- iscken Durchschnittsbildung geworden. Der Nationalliberalismus ist die politische Denk- und Empfindung-weise dcS gebildeten Mittelstände-, welcher seine Stellung zum Staat nicht von besonderen Interessen oder historischen Ueberlieserungen a»S. sondern von seinem allerdings tausendfach abgesiusten Wissen und Denken über den Staat nimmt und sich für be rechtigt und verpflichtet hält, in Gemäßheit desselben in die SlaatSpraxiS einzugreifeu. Die politische Partei der Nativ ncilliberalcn deckt sich freilich nicht völlig mit dem bürgerlichen Mittelstand. Viele dieses Stande- finden sich auch unter den anderen Parteien, und ebenso hat die nationallibcrale Partei auch zahlreiche Anhänger unter dem Adel n»d in den bäuer liche» Kreisen. Aber der entscheidende Kern der national- liberalen Partei, auS welchem sie ihre unzerstörbare Kraft zieht, ist und bleibt der gebildete bürgerliche Mittelstand. E» ist ein großer Fortschritt von dem graue», theoretischen ZiberaliSmu» früherer Tage bis zu den Nalionalliberalen, wie wir sie seit Gründung dcS dculsckc» Reiches kenne». Der Fortschritt liegt vor Allem in der Auffassung der Staats gewalt und ihres Verhältnisses zu der individuellen Freiheit der Einzelnen. Der inhaltsleere rakivncilistische Begriff deS bloßen RecklSstaaleS ist selbstverständlich von einer in daS praktische Leben eingreifenden politische» Partei bei ihrem dein niemals ernstlich eiiizuhaltcn. Indessen der frühere Liberalismus war dock während langer Zeiten in einer e»l- 'chievenrn Vorliebe für die individuelle Freiheit besangen, welche ihn bei manchmal unvermeidlichen Evllisionen zwischen hr und der Staatsgewalt im Zweifel für sie unv gegen jene Partei nehmen ließ. DaS ist ander-, d. h. bester geworden Die »ationalliberale Partei ist eine entschiedene Mittelpartei, welche Autorität und Majorität zugleich anerkennt, den Staat nicht alS ein nothwcndigeS Nebel betrachtet und ihm deshalb Nachlwächlerdienste zuweist, aber dabei doch der Freibett der Persönlichkeit die notkwendigcn Bürgschaften nicht versagt. DaS ist national, das ist liberal, daS ist national liberal. , Leipzig, 6. August 1885. * Einem Artikel dcS Pariser „TempS", welcher unter der Gestalt einer inilitairtecbnischrn Studie über die Noth- wendigkeit schleuniger Vermehrung der französischen Eavaiierie- garnisonen läng- der Oft grenze in bedenklichster Weise zu Gunsten des RcvanchezedankenS kemonstrirle, ist seilenS der öffentlichen Meinung unseres Vaterlandes gebührende Beachtung zu Theil geworden. Mit einem ebenso scharfen alS charak terislischcn Ausdruck deS diesseitigen nationalen Empfindens ist, wie unsere Leser bcreilS wisse», die „Norddeutsche Allgemeine ^ tung" hervorgelreten, deren Abfertigung dcS „Temps von allen patriotischen Deutschen Wort für Wort unter schrieben unv hoffentlich zur Reinigung der politischen Atmo sphäre beitragen wird. Zweifellos ist die ungeheure Mehrheit dcS französischen BolkeS gegenwärtig von ent- schiedensler Abneigung wider KricgSaoenteuer beseelt. Ob dem. waS da» Berhältniß zu Deutschland anlangt, auch dann noch so sein würde, wenn der Krieg den Franzose» ii» Lichte eine» wahrscheinlichen Gewinnstes sich darstellte, kommt für den Augenblick nickt in Betracht. Die Nation will keinen Krieg, wendet aber gleichwohl ihre Sympctthicn den Umtrieben der „Palriotcnliga" DeroulSdc'S und allen analogen Be strebungen zu, deren logischer »»d auch beabsichtigter Schluß act unabänderlich die Entfesselung der Revauche-Krieg-sune bildet. In letztere Kategorie gekört auch der berüchtigte „DempS"-Artikel. gegen welchen sich die Verwarnung der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" kehrt. Nach frühere» bei ähnlichen Anlässen gemachle» Erfahrungen ist kaum daran zu zweifeln, daß man in Paris auch diesmal wieder den Er staunte», den Harmlosen spielen wird, der nicht begreift, wie der schwerfällige deutsche Michel den Inhalt eines Zeitungs artikel-, wofür jedwede osficielle Bcranlworlung abgclchnt wird, zu einer Haupt- und SlaalSaclion aufbauschen möge. ES wäre aber wirklich rathsamer slir unsere tran-vogcsischen Nachbarn, sie unterließen endlich solche Ausflüchte, die weder hüben noch drüben ernst genommen werden. Gerade die jeiiigen Schickten der französischen Gesellschaft, auS denen der „TempS" seine Leser recrutirt, besitze» hinlängliche UrlbcilS lähigkeil. um die svmptomatiscke Tragweite 'richtig schätzen zu können, die dem E,»schwenken ihre- politischen Vertretung», ergan» in die Reihen de» Revanche-Kneg-apostel» unter allen Umständen beiwohnt. Sie können sich daher nicht wundern, daß Deutschland auS dem demonstrativen Gebühren de» „TempS" ungleich weitergehende Schlußfolgerungen zieht, als au» den mehr grotesken denn ernster Beachtung werthen Extravaganzen eine» Derouläde und Genosten, unv seine politische VerhaltungSlinie entsprechend einrichtet. * Zur kirche»politischen Lage wird dem „Hamburger Corre^ondent" an» Rom, 3l. Jult, geschrieben: Mit der Wiederbeletzuag der Kölner Diücese ist der Einst», Windthorst's auf Immer zu Grabe getragen worden, vielleicht ahnt ein Geist aber noch nicht „die fürchterlichste der Entdeckungen, »nd rasen wird er, wenn er sie gemacht". Mehrere seiner Parteigenosse,: baden eine Romlabrt unternommen in der Absicht, den, veiligen Baler und de» Fürsten der Kirche die Gründe au-leinanderzuietzen, die eS wünjchenSwertb machen, daß daS durch den Papst verwaltete K itbeder der W chrbeit und Weisheit nicht mehr von diesem Politiker ccii flußi werde. Die Herren kommen freilich etwa-spät, den» wie ich bereits irüder berichtet bade, ist Leo Xlll. der immerwährenden Hetzereien überdrüssig geworden und hat Windthorst's Freunde», den Ieiuite» und den intransigenten C.ird'näle» zum Acrgcr, vier versoi nl ch gesinnte italienische Prälaten dem heiligen Collegium kinverlfibt. Noch ei» paar solcher Caidinaifchübe, »ad cs ist mit ihrer Uebermacht zu Ende! Sie hatten sicher daraus gerechnet, daß die Monsignori Theodoli und Mackst, welche ie:t langer Zeit auf den Plirvur warten und die intransigente Partei verstärkt hätte», in da- Collegium gewählt würden. Sie werden freilich dem Pontifex voraussichtlich »och ferner daS Leben schwer mache», und wenn er ihnen »och länger den Gehorsaiu verweigert, darf er sich aus die llerscbliniiuste» Liage geiaht machen. Der Woitlaut der Alloeution, welche der Papst am verflossenen Montag an die Lardinäle richteie, ist ein anderer und stärker betonter gewesen als der, welchen die klerikalen Blätter mitgetheilt habe». Leo Xlll. hat das Concept wesentlich abgeändert, ehe es dem Drucke übergeben wurde. * Ter von der Direction der Seewarte herauS- gegebene sünfle Jahresbericht über die Einrichtung und den Betrieb jene-, in der Welt der Wissenschaft zu hohem Ansehen gelangleu JnstiluIeS verbrcilet sich dcö Näheren über die Ausgaben, die der Anstalt im Jahre 1882 zugcsallcu und über de» Fortgang, welchen die in den Bereich der wisten- chaskliche» Forschung und der praktischen Thatigkeil fallenden Arbeiten desselben in dem genannten Zeitraum genommen haben. AuS den Mittheilungen vcr Tircclion geht hervor, daß die Organisation und Absendung der verschiedenen Expeditionen der internationalen Polarsorschung ein hervor- ragendes Moment in den Annalen der Scewarte für daS genannte Jahr gebildet habe. Verschiedene mit den Arbeiten der Pvlarcomnnssion im Zusammenhänge stehende Verrichtungen. Versuche und Beobachtungen gaben mehr- ach die Anregung zu neue» Forschung- - Methoden. Mehrere Mitglieder der Südexpedition bereiteren sich vor dem Abgang aus die Station in dem Institut auf die wissenschaftlichen Aufgaben vor, die zu dem Kreis de» ihnen voraezrichneten Pensum» gehörten. Der LehrcursuS der See wärts umsaßt gegenwärtig außer der höheren Mathematik noch Jnstrunicntenkuiide, die Lehre von den Compasten au Bord der Panzerschiffe, die Betrachtung der naukisch-asiro- nomischcn OrlöbeslimmiingS-Mclhovcii, die Lehre der Meteo rologie und der Physik de- Meere-. — Die Tireclion der preußischen Gewckrcommission hat sich vor längerer Zeit schon mit der Seewarte in Verbindung gesetzt zur Erörterung der Frage, in welcher Wei'e es möglich sei, die bei den Sckicß- verfuchrn mil Gewehren sich ergcoenden Unregelmäßigkeiten in de» Resultaten sestzustellen. Der Tireclor der Anstalt bat daraus in mehreren Arbeiten nachgcwiesen, aus welche Weise sich ei» Erfolg dieser Utttersnchung erzielen laste, und hat seine Ansicht dahin zusanimengcsaßt, daß die Beobachlunge» an einem mit s-lbst regittrircnvcn ineteorologjschen Instrumenten anSgestatteten Observatorium vorgenommen werden müßten. AuS den Spccialberichten über die Thätigkeit der einzelnen Ablheilungcu ist die fernere Entwickelung, welche die marilimen »lelcoiologischtii Arbeiten nach den verschiedenen Richtungen bin genominen, z» erseben. In diesem Theil werden die rucblbringendcn Ergebniste aiisgesührt, welche die aus die Anwendung der Lehre vom Magnetismus in der Navigation bezüglichen Studien zu Tage gefördert, »nd werden auch die Beobachtungen über den Werth der Elemente dcS Erd magnetismus zusammcngestcllt. Die genannten Berichte ver breiten sich ebenso über die Fortschritte aus dein Gebiet der WittcruiigSkunde, sowie über di« Wcttertrtegraphie, die Wetter Prognosen, die an die praktische Schifffahrt erlheilten Sturm warnungen, die Thätigkeit de» Chronoineter-PrüfuiigSinsiituteS, endlich über die literarischen Arbeiten und den Wissenschaft lichen Verkehr der Scewarte im Jahre 1883. * Verschiedene Gerüchte, wonach Sr. kaiserlichen Hoheit dem Kronprinzen bei feinem Aufenthalte in der Schweiz ein Unfall zugestoßen sein sollte, wurden bereit» als völlig unbegründet bezeichnet. lieber die Art dcS vermeintlichen Unfalls schreibt da- Luzerner„Vaterland": „AinFreitag Morgen verbreitete ein mit dem Gotthardzuge angekommener deutscher Reisender im Centralbabnhose von Basel die Nachricht, daß ans den deutschen Kronprinzen in Andcrmatt ein Attentat v-riibt worden sei. Diese Nachricht faßte sofort in der Stadt und auf dem badiscben Babnhof festen Fuß und ries Be kürzung hervor. Nach telegraphisch eingezogenen Erkundigungen erwies sich aber die Sache als eine Verleumdung, weöhalb der betreffende Reisende polizeilich verfolgt wird. Die „Schweizer Grenzposi- erwähnt daS Gerückt ebenfalls und setzt hinzu, in Basel sei außerdem da- Gerückt verbreitet gewesen, auch gegen den Großherzog von Baden, der Sonnabend Nackt in Schopsheim eingetroffen, sei ein Attentat mit blutigem AuS gang verübt worden. * Der Nieberösterreichiscbe Bauernbund hat schon vor den ReichSratbSwahlen ein Programm entwickelt, da», so widersprechende Wünsche und Forderungen eS auch in sich vereinigte, doch dem Gedanken der in Fluß gerathenen agrarischen Bewegung entsprach. Dieses Programm wird nun, durch eine Reihe neuer Puncte erweitert, neuerlich in einer Zuschrift an scimmtliche Landgemeinden Niederösterrcich» mit dem Beifügen publicirt, daß dir darin enthaltenen Forde rungen deS Bauernstandes in der nächsten ReichSrathssefsion dnrchgescyt werden sollten. Die Agitation für diese- Programm soll sofort beginnen. Ter Bauernbund kündigt an, daß demnächst schon zur ausführlichen Begründung diese« Programm- in den meisten größeren Ortschaften Nicderösterreichs Bauern Versammlungen werden einberusen werden. Die 22 Wünsche deS Bauernbundes lauten: 1. Erwirkung des direclen Wahlrechtes mit Ständevertretung und Classeneintheilung, so daß jeder Stand sich selbst zu organisirc» und Vertreter nur a»S seiner Mitte zu wählen hat; 2. billige Ablösung der Grundbuchsctuild durch den Staat; 3. Schaffung eines billigen Credit- für den Bauernstand und den kleinen Handwerker; 4. Ent lastung der minder bemittelten Bevölkeruvgselasten, insbesondere von den indirekten Steuern, Herabminderung der Verzehrungssteuer, der Stempel und Gebühren, Einführung einer progressiv steigenden Elasten- und Einkommensteuer: 5. Hcrabminderung de- Nrinee- staude» in Friedcn-zcilen: 6. Schutzzoll gegen Ungarn, Anschluß an den Zollverein und Schutz gegen die Einfuhr aller die heimische Industrie und daS Gewerbe schädigenden Producle des Auslände-; 7. Errichtung von Fach- und Fortbildmigslchulen aus dem Lande «nd Gleichstellung der Lehrergehalte aus dem Lande mit jenen den Städten; 8 E: Weiterung der Gemeinde.Autonomie; Pcichränkuna dcS Grestgrundbesitzes. Auslassung der Fidei kommisse und Regelung d,S Srrvitunvesens zu Gunsten der Nutz nießer: 10. Emsührnng von Lohn- und Prei-satzungen, Feststellung eines den Cnlturkoste» entsprechenden Körnerpreiies; 11. Ber- taailichimg dc» Verkehrs- und Aiscciiranzwesens: 12. Herbeiführung einer billigere» und einfacheren Rechtspflege, 2trieiiig»iig des Legali- irungS-Zwange« und Auslassung dr- Notariat-; 13. Erwirkung eines Heimstältengesctzr- und Errichtung von Ackerbaukammern zur Hebung der Land- und Forstwirthichatt; 14. Einschränkung der LtaalFausgabe»; 15. Bejremng eines SohueS in jeder Wirthschast von« Mttitasitieaste und Verbesserung der MannschastS- kost: 16. Hebung teS Fabrikarbeiterstandes; 17. Beschränkung der Großindustrie und des Großhandels, Beseitigung der Auswüchse im Agentenweien; 18. Ucbertragnng der StaatSliejerungen cm Ge- ossenschasten der Producenten; 19. Verstaatlichung des Geld- und Creditweicns; 20. Einführung einer genauen landwirthschaltlichen Statistik; 2l. Strengste Verbote gegen jede Versäischung von Lebens mitteln, Abschaffung der Kunstwei». und Äunstessig-Fabrikation; 22. Maßregeln zur Hebung des Kleingewerbes. * Vor einiger Zeit wurde von den siebenbiirczischen und rumänischen Blättern viel Aufhebens von einem ungarisck- u,närrischen Grenze»» flicl gemacht, bezüglich testen tie Bukarest«! Regierung aus Grund der Berichte ihrer Organe auch diplomatische Reclamation zu erheben Veran lassung hatte. Nach einer Darstellung im „Pestcr Lloyd" war indeß der eigentliche Sachverhalt folgender: „Am 2l. Juni halte eine rumänische Patrouille, ble sich widerrechtlich aus ungarischem Gebiete befand, daselbst eine, einem ungarischen Staatsbürger gehörige Heerde Schafe saisirt, welche TagS darauf von einem ungarischen Finanzwack-Nespicienten und trei Finanzwachmännern aus ungarischem Gebiete ven dieselbe bewachenden zwei rumänischen Soldaten wieder abgenommen wurde. Die beiden Dorobanzen wurden gleichfalls fort« geführt. Hierbei ist seiten» eine- dritte» rumänischen Sol daten, der sich in der Nahe ebenfalls auf ungarischem Ge biete befand, ein Schuß auf die ungarischen Finanzwach- männer abgeseuert worden, den dicke erwiderten, woraus jedoch der hcrbeigeeilte Finanzwach-Respicient seinen Leuten een weiteren Gebrauch cer Waffe streng untersagte. Die beiden rumänischen Soldaten wurden am nächsten Tage nach erfolgter Einvernehmung wieder entlasten. Die rumänische Regierung bat denn auch die Richtigkeit dieses von der ungarischen Regierung erhobenen Sachverhalts zugegeben und die Berichte ihrer eigenen Organe al» übertrieben und ent stellt anerkannt. Die Asfaire ist damit in gegenseitig be friedigender Weise auSgctragen worden." * Einen Beitrag zur Charakteristik deS griechischen Parlamentarismus liefert folgende Erzählung, welche der Athener Berichterstatter der „Politischen Correspondenz" mitlbeilt. Derselbe schreibt: „Wäbrend der jüngsten Bc- ralhungen der Kammer gab eS auch stürmische, ja scandalöse Ccciien, die. wenn sie sich öfter ereignen würden, ganz geeignet wären, daS Parlament in den Augen deS Volkes herabzusetzcn. Eine solche Scene ereignete sich bei der Bcralhung dcS GesetzciitivurfeS über die Abänderung der Verzehrungssteuer aus Wci». Es war 10 Uhr Abends, alS derselbe zur Verhandlung gelangen und durchgepeitscht werden sollte. Ter oppositionelle Deputirte Herr EutaxiaS beantragte die Verschiebung der Berathung auf den nächsten Morgen. Zu solcher Stunde, sagte er, und nachdem die Kammer einen ganzen Tag hindurch bei einer Temperatur von 33 Grad CclsiuS gearbeitet, könne man eine so wichtige Vorlage unmöglich beratbcn. Tie Deputirten seien nicht in der Lage, weiter fortzutagcn. Da entgegnete KoriziS von der Majorität: „Sie sind nicht in der Lage, zu bcrathcn; wenn Sie betrunken sind, so gehen Sie und kotzen Sie sich auS." AlS Herr EutaxiaS mit einer Gcberde voll Verachtung erwiderte, daß nur ein Irrsinniger so sprechen könne, da ging der Sturm lo». Etwa 30 bis 40 Abgeordnete der Majorität stürzen sich auf ihren Erliegen EutaxiaS. bedrohen ihn mit ihren Stöcken und wollen ihn von der Tribüne kerabreißen. Da ergreift der also Bedrcbte die Sessel, um sich zur Wehre zu setzen, und cS entsteht eine förmliche Balgerei; man hörte deutlich die Stockhiebe! Erst nach längerer Zeit gelang eS dem Vorsitzenden, die Ruhe wieder bcrzustellen, worauf er dem Abgeordneten EutaxiaS den OrduuiigSrus ertheilte. Die Sitzung dauerte noch b,S '/«I Uhr »ach Mitternacht." * Wir geben nachstehend noch einen Beitrag zurDeutschcn- hetze. Die Pariser „Opinion" schickt einer novellistisch er zählten und offenbar auch so erfundenen besonderen Schand- that eine- deutschen Officiers auS dem KriegSjahre folgende allgemeine Betrachtungen über die Niederträchtigkeit deS deutschen Volke- voraus: „Nein, es giebt keine verächtlicheren Menschen, als die Deutschen, die 1870 wie ein Schwarm von Raben über unser liebes Vaterland hergesallcn sind! Möge man nicht versuchen zu behauplen, diese hätten den Krieg gesührt in derselben Art, wie jede- andere Volk an ihrer Stelle. Der Krieg soll darin bestehen, den Feind zu ent waffnen, ihn unschädlich zu machen, ja ihn zu tödten. Aber Krieg führen soll nicht bedeuten, den Feind zu plündern und zu brandschatzen, sobald sein Widerstand gebrochen ist. DaS gesittete Volt der Deutschen, das vordem einen Schinderhannes zu seinen größten Berühmtheiten zählte, ist sich gleich geblieben. Dieses Gezücht von hannoverschen Juden und arabischen Straßenräubern sagte sich selber, daß der Krieg das beste Mittel sei, sich aus Kosten der Besiegten zu bereichern. Der bekannte Lieblingsgrundsatz des Herrn v. Bismarck: „Macht geht vor Recht" rechtfertigt ja alle Gemeinheiten und Schändüchkeiten. Wenn diele Räuber es noch bei den uns gestohlenen Pendule» hätten bewenden lassen: wenn sie uns blo- geplündert und gebrandschatzt hätten überall, wo nur etwas zu rauben war; wenn sie sich damtt begnügt hätten, unsere Denkmäler zu zerstören, unscre Tempel zu verwüsten und unsere Krankenhäuser nicbeljubrennen: wenn sie, mit einem Wort gesagt, einen ehrlichen Krieg geführt hätten, so würde man jetzt sagen können: „So schwer Frankreich auch beimgcsucht worden ist, es ist reich genug, um seine Thorkeitc» uno Fehler zu bezahlen." Aber nicht genugdamit,daß ihre widerwärtigen S chaaren unsere Heiinath überschwemmt und sich an dem Herde unserer Familie» breit gemacht haben; sie batten cs aus noch mehr als unsere Ehre abgesehen, nämlich aus die Ehre unserer Töchter, unserer Mütter. Man möge »ur ja nicht einwendcn, daß es bei ihnen doch Unterschiede gebe, daß ein Bandit nicht wie der andere sei; sie haben alle denselben Naturtrieb, dieselben Laster, dieselben Leidenschaften; der Deutsche ist nicht nur unser Erbfeind, das wilde Thier, welches muthig sein Leben schützt und len Gefahren trotzt; er ist die Giftschlange, das Gewürm, dem man den Kops zertreten muß. Aber trotz alledem finden sich noch beute manche Franzosen, die lo unwürdig dieses Namens sind, daß sie Mitleid mit dem deatschen Bettlervolk haben und ihnen Brod reichen, während viele unserer ehr lichen Landsleute dessen für ihre Kinder bedürftig sind. Es ist eine Schande! Diese Elenden haben nur zu bald die Lehre vergessen, die sie > au» den von den Deutschen im Jahre 1870 verübten Verbrechen und Gewaltthate» gezogen haben. Möge der Himmel eS verhüten; aber ! sie könnten selber die ersten Opfer werden, wenn der Tag der Rach«
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