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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.07.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-07-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188407211
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840721
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840721
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-07
- Tag1884-07-21
- Monat1884-07
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.07.1884
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Erscheint täglich früh SV.UHr. Letarlio» und LrpedUio» Johanneigaffe 33. SPrechKundrn der Krdaction: Lormittags 10—12 Uhr. Nachmittag« 3—6 Uhr. A»»aH»e »er f»r dt« »LchM«lge»d« N»««er ßeftt««te» Anse rate a» W«che»t«»en dt« S lldr Nachmittag», a» va««- und Kefttagru früh di«'/,» Uhr. In de» FUluleu für Ins.-Annahme: Ott« Riem«, Universtiätsstraßr S1, Laut« Lösche, Katharinenstraße 18, p. «ur dt» '/.» Uhr. ripMtr.TilgMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- and Geschäftsverkehr. ^-r«3. Montag veu 21. Juli 1884. Auslage 18,60--. 2lbonun»ent«prei» oiertelj. 4'/, incl. Bringerloh« 3 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer NO Ps. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage« (in Tageblatt-Format gefalzt) «h«r Postbesördernng M Mt. Mit PostdesSrderuag <8 Mk. Inserate 6gespaltene Petitzeile SO Pf. Größere Schriften laut aaferr« Preis- verzeichniß. Tabellarischer «. Ziffernsatz nach hdherm Tarif. Kerltuurn unter de« Nedartt«»ßrich di« EpaltzrUr 30 Ps. Inserate find stet« au die SrPedtti«, zu feudeu. — Rabatt wird nicht gegebe». Zahlnug praannmaranä» «der durch Post. Nachnahme. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekannlmachung. Obwohl di« aus dem Festplatze für daS VIH. Deutsche Bundesschießea errichteten Kuqelsänge so hergestrllt worden sind, wie die« nach den bei früheren derartigen Festen gemachten Ersabrungen am zweckmäßigsten erschienen, so steht man sich doch zur Brrhütung jeder irgenv möglichen Gefahr für da« Publicum veranlaßt, folgende Anordnungen zu treffen: ' Während derjenigen Stunden, zu welchen auf dem Fesi- platz geschossen wird. d. h. am Sonntag den 20. Juli von 3 Uhr Nachmittags bi« 8 Uhr Abend- und an den folgende» Lage» bi« einschließlich Sonntag den 27. Juli von Morgens 7 Uhr bi- Abends 8 Uhr. bleibt der SrhleuGtaer Weg von der sog. Kniipvelbrneke an der Moltkestraße dis zur Wege-Kre»;nng t« dlonnen- holz sowie der von der Kettenbrücke bi« zum Schleußiger Weg entlang dem Flutbcanal führende Pronrenadenweg 1« -Tonneubolze für sämmtlichen Verkehr gesperrt. Auch ist während derselben Stunden der Besuch der süd liche» Schrebergärten verboten Die von Schteuyig oder durch die Linie von Connewitz kommenden oder dahin fahrenden Fuhrwerke habe» den Fahr weg durch daS Nonnenholz nach bez. von der Plagmitzer Straße einzuschlagen; Fußgänger können den von der Wege- Kreuzung >m Nonnenholze direct nach dem Kettenstege zu- sührenden Promenadenweg benutzen. Den Weitungen der ausgestellten Sicherheit-Posten ist allenthalben Folge zu leisten. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bi» z« SO oder entsprechender Haststrase geahndet. Leipzig, am IS. Juli 1884. Der S»ath «. daS Polizetamt der Stadt Leipzig. vr. Georgs. erledigt hat sich dt« Von uu» am 7. vorigen Monat» erlassene, den Hand- arbesier Td««d«r Naßert veuedffk Huste betreffende Bekannt, machuna. Leipzig. «m 18. Juli 1884. La« Pult,eiamt der Ttavt Leipzig. Bretschncider. Die Lieferung von Kartoffeln und Mohrrübe« soll an den Min bestfordernden vergeben werden. Bedingungen liegen zur Ein sicht und Unterschrift a»S. Verschlossene Offerten mit dem Vermerk: „Kartoffel« re. sind bis r». ». «, varmitta«« 1» Uhr auher obzugebeu. Leipzig, am IS. Juli 1884. Köatgl. Garuisanlazareth. Nichtamtlicher Theil. Leipzig, 21. Juli 1884. * Die Unfallversicherung trifft, insoweit sie die Arbeiter vor den wirthschastlichen Folgen der durch Unfälle bewirkten Schädigung an Leib und Leben sichern soll, nur die eine Seite der Sache. Die vorbeugenden Maßregeln be halten ihre Bedeutung auch in dem Fall, wenn für die Milderung der Folgen des Unfall» in weitestgehender Weise gesorgt »st. Mit der Unfallversicherung muß die Unfall verhütung wirksam Hand in Hand gehen. Bekanntlich ist vor dem Einlritt in die Gesetzgebung über die erstgedachlc Materie der Gcdanke einer besonderen gesetzlichen Fürsorge für die Bcrhiilung der Unfälle praktisch in Angriff genommen und über die ersten Stadien der Bearbeitung hinaus ge fördert worden. Jene gesetzgeberischen Pläne, welche auch im liberalen Lager ihre Befürwortung fanden, suchten den Schutz der Arbeiter ausschließlich in erweiterten Befug nissen der Polizei. Allein e» ist klar, daß auf diesem Wege eine allseitig befriedigende Lösung schwerlich sich würde finden lassen. Man würde vor die Alternative der Gefahr eine» dauernden Kriegszustandes zwischen den Unter nehmern und den Organen der Polizei aus der einen und einer mehr formellen alS wirksamen Handhabung der polizei lichen Functionen auf der anderen Seite gestellt: der Schutz der Arbeiter würde dadurch eben so wenig völlig bewirkt, wie die Entwickelung der Industrie vor Störungen bewahrt werden. Nach beiden Richtungen liegt eine ungleich größere Garantie für die Durchführung ausreichender Scbutzmaß- rcgcln, wenn die Controle in die Hand der Betheiligten selbst gelegt wird. Die Unternehmer, deren Beiträge von der Zahl und dem Umfange der Unfälle abhängen. haben ein dringendes materielles Interesse, nicht zu dulden, daß von Mitgliedern der Berns-genossenschaft die Schutzmaßregeln vernachlässigt werden. Dasselbe gilt natürlich von den Arbeitern, deren Leben und Gesundheit in Frage ist. Zu gleich werden beide auS der praktischen Kcnntniß deS Erwerbs leben» die Grenzen einzuhalten wissen, welche die wirthschast- lichen Bedingungen deS EnverbSzweigcS der unfallvorbeugenvcn Thäligkcit ziehen. Gerate darin, daß da« Unfallversicherung-- gesrtz den BernfSgenossenschasten und ihren au» Arbeitgebern und Arbeitern zusammengesetzten Borständen die weitest gehenden Aufgaben und Befugnisse beilegt, liegt ein ungleich wirksameres System der Unfallverhülung, als in rinem lediglich ans polizeilichem Zwang ausgcbauten. Man wird in der Annahme »icht irren, daß die Ucberzeugung von der Ungangbarkeit deS nach dieser Niä'tiina eingeschlagenen Weges und von der Nolbwendigkeil, die Unsallverhütung in die Hand der zunächst Belheiligte» selbst zu legen, entscheidend für die Inangriffnahme der Unfallversicherung aus der Grundlage einer öffentlichen rechtlichen Organisation der Belheiligte», welche zugleich Träger der Fürsorge für die Unsallverhütung werden könnte, gewesen ist. * Die DiScussion über den nationalliberalen Parteitag in Elberselv will in der gegnerischen Presse noch immer nicht zur Ruhe kommen, »och immer sprechen die deutschsreisinnigrn Richter ihr vernichtende» .Schuldig' über die Redner jene- Tages und die ultramonlanen Preßbeflissencn prüfen die AuSsübrungrn derselben auf ihren culturkämpferi- fche« Gehalt. Der wahrhaft glänzende verlaus, den die Elberfelder Versammlung nahm, hat ersichtlicher Weise bei unfern Gegnern von recht» und link- einen äußerst unbehaglichen Eindruck bervorgerusen, man will den kräftigen Aufschwung, welcher sich innrrhalb der nationalliberalen Partei vollzieht, nickt zugestehen und glaubt ihn mit heftigen Angriffen und Schmähungen au» der Welt schaffen zu können. Waren dock von jeher, wenn e» galt, die nalionalliberale Partei zu ver unglimpfen. alle sonstigen Gegensätze verbissen und auch unsere früheren Freunde tragen jetzt nach Möglichkeit dazu bei, diesen Bund gemischten CboruS zu verstärken: da sieht man die „Volks, zeitung" mit der „Germania" um die Wette arbeiten und der Stöcker'sche „Reichsbole" reicht dem Richter'schen „ReichSsreunb" freudig lächelnd die Hand. Wenn man eine Blumcnlese au» diesen Preßproducten zusammenstellrn und einem völlig Unbelbeiligten vorlegen würde, er gelangte zweifellos zu dem Resultat, daß eine Sache, aus welche man einen so gemein samen Ansturm zu richten für nöthig hält, nock einen ziemlich festen Untergrund besitzen muß. DaS Unqiialificirleste a» Ausfällen leistet aber in ihrem jüngsten Leitartikel die „Ber liner Zeitung", welche unter einer wenig geistvollen An häufung von Eitaten die nalionalliberale Partei einfach aus speist. Männer wie Miquöl, Bennigsen und Gneist wirft sie zu den Tobten, zu den Schatten, und ruft dann am Schluß mit dem ganzen Dünkel des unfehlbaren Demagogen aus: „nur der echl freisinnigen Partei gehört die Zukunft". Diese Rokomontaben wären geeignet, humoristisch zu wirken, wenn da» ästhetische Unbebagcn bei derartige» Slilübunaen über haupt eine ähnliche Empfindung auskommen ließe. Allzu sicher scheint man aus „echt freisinniger" Seite der Zukunft auch nock nickt zu sein, man würde sonst »icht zu Mitteln greisen, welche kaum bei kein tiefsten Grad politischer Bildung zu verfangen vermögen. So beschwört die ,L. C." daS Gespenst de» Tabakmonopol» wieder heraus und fragt dabei emphatisch: „Wird die nationalliberale Parket sich 1884,83 ebenso ablehnend zu dem Tabakinonopot ver halten wie 1878/7S?" Run, an der Haltung der Nationa- liberalen gegenüber dem Tabakmonopol dürste doch selbst der deutschsreisinnigste Splitterrichter nichlS auszusetzen haben. Nachdem Fürst BiSmarck am 22. Februar 1878 offen bekannt Halle, daß er dem Tabakmonopal zostrebe, faßte die national- liberale Partei in ihrer FractionSsitzung de» Beschluß, sich im Voran» gegen di« Einführung drS Tabakmonopols zu erklären unv in der Reich-lag-sitzung vom IO. Mai desselben Jahre» sagl;,Herr von Bennigsen, ein Versuch !zur Ein führung deö Ronopol» wäre geradezu unverantwortlich. Al» sodann im Jahde 1880 die Frage gelegentlich de« Antrag« Richter wieder auftauchte, stimmte d,e nalionalliberale Partei geschlossen für die von ihrem Mitglied« vr. Buhl mit beantragte mokivirte Tagesordnung, wonoch, „in Erwägung, daß über die künftige Besteuerung de» Tabak« bei der B.'iakhulig deS TabakstcuergesetzeS m der letzten Session de» Reichstag« ein volles Eiuverslänvniß zwischen den ver bündeten Regierungen unv dem Reichstag herdeigeführt ist, erwartet werden müsse, daß dieses, durch Verkündigung de» Gesetzes vom lk. Juli 187S erst neuerdings beurkuntele Ein- verslänkniß nicht wieder durch einen Antrag aus Einsührung deS TabakmonopolS in Frage gestellt werde. In der Sitzung vom 17. Marz 188t sprechen die nationalliberalen Abgg. Buhl und Blum gegen die Bestrebungen der Straßburger Tabak- inanusactur, n, welcher sie eine Tendenz zur Einführung deS Monopols sahen. AlSdann im Frühjahr >882 der Gesetz- cnlwurs deS TabakmonopolS an den Reichstag gelangle, stimmte die nationallibcrale Partei dagegen. In dem nalionalliberale» Parteiprogrmm vom 29. Mai 1881 heißt eS: „Gegen taS Project deS TabakmonopolS hat di« Partei auS wirthschastlichen wie politischen Gründen entschieden Widerspruch erhoben"; diese- Programm ist aber ausnahms los aus allen nationalliberalen Parteitagen von Neuem sanctionirt worden. Au» welchem Grünte setzt nun die „L. C." Zweifel in die künftige Haltung der nationalliberalen Partei gegenüber dem Tabakmonopol? Könnte man dann nicht mit besserem Reckte den parlamentarischen Freunden der „L. C." jeden „deutschen Freisinn" absprechen, nachdem sie bei der Abstimmung über da» Socialistengesetz ihr kaum veröffentlichtes Programm so schmählich im Stich gelassen? * Auf Einladung de« Amtsrichter» Mackegrang in Ton» dern waren am 11. Juli d. I. in Tonvern 140—130 Vertrauensmänner der nationalliberalen Partei zu» sammengetreten, um sich über Ausstellung eine» Eantidalen im 4. Schleswig»Holsteinschen Wahlkreise für die nächste RcichStagSwahl zu einigen. Tie Verhandlung ward eingeleitet durch einen Vortrag de» Amtsrichter« Mackegrang, dem fol gender Gedankengang zu Grunde lag: Anknttpfend an den Berliner Parteitag, welchem Redner als Delegirter bei- gewobnt, ward auSgcsübrt, daß die nationalliberale Partei unabhängig von oben wie nach unten, sestcntschlossen, die verfassungsmäßigen Rechte des Volkes zu wahren, nicht die Dienerin der Regierung, sondern die freie Förderin einer friedlichen und kräftigen Entwicklung de» deutschen Reiche- fein wolle; deshalb bekenne sie sich einmütbig zur Unterstützung der socialpoliliscken Reformen de» Reichskanzler-, vorbehaltlich ihrer freien Würdigung. Wie sie einerseits allen reaktionären Ge lüsten entgcgentrete, mache sie andererseits Front gegen da» raffi- nirleBcinängeln und Bemäkeln alle» dessen, wnS vonderRcichs- rcgicrung vorgcschlagen werde. Diesesystemakische Opposition um jeden Preis habe bereit- dahin geführt, daß m der Leidenschaft des ParteikampseS die Ziele unv Interessen der Parteien, die Persönlichkeit »nd der Ehrgeiz der Führer Höker gestellt werde als daS Wohl und die Würde deS Vaterlandes. Ver gessen schienen bereits die schönen und stolzen Worte, welche doch schon vor Aufrichtung de» deutschen Reiche- der Kanzler im Zollparlamcnt l868 den süddeutschen Particularisten al» sie vor Frankreich warnten, zugerusen: „Und bedenken Sie, daß ein Appell an die Furcht in deutschen Herzen niemals ein Ecko findet!" Denn man lese, daß ein im Urbrigen hochverdienter Vertreter deutscher Nation die eben so würdige wie vorsichtige Colonisalionspolilik unsere» Reichskanzler» zu bekämpsrn gewagt habe unter Hinweis aus die etwa zu befürchtenden „Nasenstüber" seiten» anderer Nationen. Redner glaube in, Sinne dieser Ver sammlung zu sprechen, wen» er erkläre: „Wir Deut schen wollen die Rücksicht aus da» Ausland bei der Bcrathung deutscher Fragen im Parla» ment ausgeschlossen wissen, wir fürchten un« nickt vor „Nasenstübern", mögen sie von Frank reich oder England kommen! Tank verdiene der ReickSkanzlcr in-hesontere für seine so schneidige Depesche an den deutschen Consul der Capstadt, wodurch der übrigen» durch Artikrl S der ReichSvrrfassung verbürgte Anspruch jede« Deutschen aus Schutz de» Reiches dem AuSlande gegen über ebenso thatkrästig al« zweckentsprechend gewährleistet sei. Diese durchau« würdige Politik sei zugleich die friedfertigste; renn nicht etwa unserer schönen Augen wegen ständen die Feinde ringsum Gewehr bei Fuß, sondern weil wir von ihnen gefürchtet und respectirt würden. Di« Achtung Anderer aber bewahre nur, wer sich selbst achte, und hierzu könne unmöglich di« Zerrissenheit unsere« öffentlichen Lebens beitragen. Sollte die Gehässigkeit, mit welcher unsere Parteien sich bekämpften, z. B. ganz ohne Einfluß darauf fein, daß augenblicklich in den dänisch redenden Theilen Nordschleswig» da» dänische Nationalbewußtsein wieder zu erstarken scheine, daß bei den dänisch Gesinnten eine Ge reiztheit gegen daS Deutschthum zu Tage trete, wie sie sonst nur im Kriege oder unmittelbar vor einem Kriege bemerkt worden sei? die» wäre um so weniger anzuuehmen, a>» wir hier an den äußersten Nordmarken deutscher Nation wüßten, daß die hiesigen dänischen Zeitungen da» Rüstzeug zu ihrem Kampfe gegen deutsche« Wesen nicht zum geringsten Theil« aus den sich leidenschasllich, ohne Rücksicht auf die National-Würde, be stehenden deutsche» Parteiblättern entnehmen. Hierin müsse Wandel geschafft werden! Auf die Dauer sei der Zustand unerträglich, daß die Majorität unsere» Reichstag» Führern folge, von denen aber der eine bei all seinem Thun nach Rom schaue, während der andere derart mit dem Reichs kanzler zerfallen sei, baß schon feine Person für gleichbedeutend mit Feindseligkeit gegen den Fürsten BiSmarck gehalten werde. Unter solchen Verhältnissen leide die Freiheit sowohl al« da» Vaterland. Darum müsse, wer es ernst meine mit Beiden, au- allen Kräften dahin streben, vaß wieder die nationalliberale Partei die au-schtag- gebende werde, deren Devise stets gewesen: Hier Kaiser und Reich! Hier Freiheit und Recht! Hier gut deutsch aller wege! Zu dieser zu stehen sei eine Ehre, unter ihr zu kämpfen für da- Vaterland ein bleibender Ruhm. Wen» mit diesen Gesinnungen jeder Anwesende sich ganz dnrchdringe, für sie jeder in seinem Kreise nach seinen Gaben Freunde zu werben suche, werde am Tage der Wahlen der Sieg nicht fehlen. Zum Candidaten wurde nach längerer Berathung proclamirt der langjährige Landtagsabgeordnete des Kreise- Tondern, Amt-rickler Franke au« Berlin, welcher sich unter obwalten den Umständen zur Uebernahme dieser Eand^atur bereit erNärt hatte. Nach einem dreifachen begeisterte» Hoch aus den Kaiser wurde die Versammlung geschloffen. « ^ » * AuS Toblach im Pusterthal. 17. Just, schreibt man der „Vofsiscken Zeitung": Trotz aller ossiciellen Frieden-Versicherungen scheinen die Oester- reicher den Jtalianissimi nicht recht zu trauen. Dafür sprechen die in neuester Zeit von der österreichischen Milltairverwaliung zur Sicherung der Tyroler Brenz« gegen Italien hin begonnenen Festungsbauten. Wenn man in da» durch seine Dolomiten mit Recht berühmte Ampezzaner Thal vom Hotel Toblach au« hinein- säbrt, so gewahrt man heute dicht vor dem bekannten Sommersrilch- ort Landro unmittelbar im Angesicht de» malerischen, glelsche» bedeckten Monte Lristallo die Anfänge eine- FestungsbaucS, der die nach Italien in da» ehemalige Venetianische Gebiet führende Straße gegen Süden hin schützen soll. Und der Platz ist sür ein solche» Fort sehr günstig gewählt; denn der Monte Lristallo schließt die Straße gegen Süden hin beinahe ab, so daß Dem, der von Norden her kommt, der Weg sinnlich versperrt erscheint, und da zu beiden Seiten de- Gletscherberge« andere schroffe Felswände ousragen und somit der Straße »ar ei» schmaler Raum zu Füße» de» Dolomiten bleibt, so vermag rin armirte« Fort gerade an der Stelle, wo man den Bau eine« solchen begonnen hat. das Vordringen einer feindlichen HeereSmacht mit Leichtigkeit zu verhindern. Wie ernst «< der österreichischen Krieg-Verwaltung mit dergleichen gegen Italien gerichteten Schutzmaßregeln ist, daS beweist ein zweiter äh», lich-r FestungSbau, der in dem weiter nach Osten hin parallel mit dem vorigen sich in da- Stromgebiet der Piave hin er- streckenden Sexten-Thal begonnen ist. Wenn man von der Station Ianuhra, der nächsten von Toblach nach Oste» hin grleaeue», »ach Süden blickt, so gewahrt man dort ein Thal, da« an seiner rechten Seite von dem langbin- gestreckien kahlen Halmbrrge eingeengt wird und an dessen linker Thalhöh« der schorsgezackte Dolomit Haunold ansragt. Wenige Stunde» von Janichen südwärt» überschreitet die durch da» Eexlcn- Thal führende Straße die italienische Grenze, und vor derselben wird von der österreichischen Regierung auch hier eine neue Festung erbaut. Wen» man erwägt, daß bisher an diese beiden Neubauten nicht gedacht wurde, und daß außerdem die am Eingang de- Pusterlhals in da« Lisackthol aelegene Franzeasseste neuerding« wesentlich ver stärkt ist, und daß ferner anch der die Straße am Siilfser-Joch deckende» FranzenShöh« größere Aufmerksamkeit zugewandt wird, so wird man wohl zu dem Schluffe berechtigt sein, daß alle dies« Per- schanzunge» und Berbarricadirungea gegen die italienische Grenze, zu denen sich die österreichische Regierung veranlaßt sicht, nicht gerade von einer vertraneuövollen Stimmung gegen da- Nachbarland Zeugniß geben." * Seit längerer Zeit schon wurden in schweizerischen Blättern lebhafte Klagen laut wegen der Belästigungen deS italienisch-schweizerischen GrenzvcrlehrS durch übermäßig rigorose» Auftreten der italienischen Zoll beamten. Italien antwortete darauf sciuerseiis mit Be schwerden über die laxe Grenzbewackung deS schweizerischen Gebiet«, welche den Schmuggel begünstige und somit den fis kalischen Interessen Italien» erheblichen Schaden znsüge. In der Verfolgung der Schmuggler sollen dann die italienischen Zollbeamten und Grenzwächter zu wiederholten Malen auf schweizerische» Gebiet übcrgetretcn sein. Wenn schon alle diese Vorkommnisse da- wechselseitige Vcrbältniß beiter Länder wenig günstig beeinflußten, so'scheint sich der Stand der Dinge bei dem Auftreten der Cholera in Südsrankreick noch erheblich verschlimmert zu haben. Bekanntlich sind von der italienischen Regierung ungemein scharfe AbsperrungS- maßregeln gegen sämmtliche Provenienzen auS Frankreich angeordnet worden. Dabei hat man c» in Nom aber nickt bewenden lassen, sonvern hat auch läng» der Schweizer Grenze einen RbsperrungScordon gezogen, weicher den Verkehr außerordentlichen Beschränkungen unlerwirsk. Wo böhcre Interessen aus dein Spiele stehen, müssen niedere sich be scheiden. Nun behauptet die Schweiz aber. Italiens AbsperrungStaklik an der eidgenössischen Grenze »ebnie die Cholera blc» zum Vorwände, sei aber in Wirklichkeit mir ein Manöver zollpclitischer Tendenz, darauf be rechnet, die Schweiz mürbe z» mache», damit sie sich den italienischen Wünschen wegen Abschlüsse« eine» ZollcartellS künftig gejügiger zeige. Wie dem auch sein möge, der Berner BiindeSralh hat die Sache ernst genug ausgesaßk, um den auf Urlaub von seinem Posten abwesenden schweizerischen Ge sandten in Rom zur ungesäumten Rückkehr zu veranlassen, und hat ihm eine in scharfen Ausdrücken gehaltene Note mit aus den Weg gegeben, welch« von der italienischen Regierung Aufklärungen über ihr Verhallen fordert. Der Gesandte. Herr Bavier, dürste in Rom keinen ganz leichten Stand baden, da di« Mittel, deren er sich zur Erreichung seiner Zwecke bedienen kann, wesentlich moralischer Natur sind und alle» davon abhängt, ob da» römische Cabinet sich den Dar legungen de» Herrn Bavier zugänglich erweisen will oder nicht. * Heber die Vorgänge auf der Place de la Concorde zu Pari-, die sich anläßlich der Kundgebungen vorder Statue der StadtStraßdurg abspielten, erhält der „Schwäbische Merkur" von dem betheiligten deutschen Gelehrten nach stehenden Bericht: * Pari». 16. Juli. Au» französischen Berichten üb« da- Nationalist vom 14. Juli ist vielleicht in einige deulsche Blätter die Schilderung eines Vorfalls aus der Place de la Concorde gekommen, wonach ein Deulscher wegen herausfordernden Benehmens, wegen de« RusS: 4 b», l» kinuool de- Versuchs, aus dir sranzüsiiche Fahne zu spucken »c. sich die gerechte Verfolgung de» zur Frier vor der Statue der Stadt Straßburg versammelten Volks »gezogen habe. Zur Klarstellung der Sache möge folgende Vorstellung de« Vorgangs dienen, welche deswegen Niemand außer mir geben kann, weil ich der Deutsche bin, der aus die gröblichste »nd schmählichste Weise ohne allen Anlaß insnltlrt worden ist. Ich hatte gehört, auch Lag» zuvor gelesen» daß am 14. Juli die Statue der Stadt Straßburg mu Lrancrkränzen bedeckt sei, nnd begab mich daher nach der Revue der Sqülerbatailloa« vor dem döral <i« l» rille gegen 11 Uhr aus die Place de la Loncord«, wo die Statue steht. Ls tras sich gerat»«, daß eben di« Abgesandten der verschiedene» Elsässer Vereine ,hre kolossalen Kränze vor der Statue niederlegten; in scicrlichem Aufzug, da- Haupt vor der Statue entblößt, brachte mau die Kränze, welche znm Theil revanchehrtzend« Auischriften trugen, wie qnanck on rern», »der I» revancde. Nachdem noch ein rir« la k'rano«, rira l» patrial gernfrn worden war, zogen die Deputirtcn wieder «eg. Um die geschmückte Statne besser zu sehe» (ich bin sehr kur-sichtig), trat ich näher zu, verweilte mich eine» Augenblick »nd schickte mich an. weazug«hen. Ta rnst mir eia Mensch, den ich noch ui« gesehen, etwa« laut nach wie: roll« un 4tl«m»nck; ich bemerkt« auch, daß er eia» höhnische Geberde gegen müh macht«. Etwas Derartiges, wozu ich nicht den geringfteu Anlaß geaebeo hatte, war mir voch zu auffallend, Ich wende mich um, da si»at d« Mann mich laut: St«-rou» an ä>e- maaä? Ich kan» mir reine» andere» Grund denken für dies, sein« Bermnthunä, daß ich ein Deutscher fei, att meine Kleidung, welch« nach Iäger'schem System ist und mir scha« öfter« bet» Gang dnrch die Straßen van Part« den Lus: nu «Uawanckl eingetragen hat. Jene Frage übrigen» beantwortete ich natürlich «tt oni. Um stehende hörte» e«, der Man» «greift mich am An» »nd fragt mich in ausgeregtem Ton, wo« ich da «alle? Antwort: o'eH »na placo publigu«! d. h. ich habe so gut da« Recht hier zu steht», wie jeder Andere. Aber schon dringen fanatische FranzosengestaÜen auf mich ein, ich fühle Stöße, der Mann, der mich »»erst insnltlrt hatte» murmelt in gebrochenem Deutsch: komm, Frnlnd» weg von hier! Die Bewegung unter der Menge wird immer größer, «in Geschrei entsteht, eia Man» stößt mich mit seinem dicke» Stock ins Kreuz, andere »ollen mir den Weggang verwehre», nur einige wenige Herren zeigen mir. wo ich am leichtesten durch da» Gedränge entkommen könnte. Boa der Polizei bemerkte ich nichts, rin gnrckien <le I» xair, au den ich mich wendetc» wachte keine Bewegung, «m mich zu schützen. Ich wagte einen Sprung über die steinerne Bollu- strade, welche die plaoo cka I» Ooneorä« von der Straße scheidet; freilich standen aus der Straße schon wieder Leut«, welch« mich mit Hohn «nd Drohungen empfingen. Eine Dame hat mir sagar ins Gesicht gespuckt — Alle« blo«, weil lch eia Deutscher bi», sonst lag ja gar nicht« vor! Ich eilte in die Rue Royale nnd bemerkte zum Glück vor einem öffentlichen Gebäude, es war da» Ministerium der Marine, ein« Schildwache; diesen stellte ich schnell vor, um was «S sich handle, und fand hier endlich, was in Deutschland im ersten Augenblick jeder Fremd« finden würde, Schutz vor den Schmähungen eine- aufgeregten, rohen Pöbels. Der Soldat schloß mit Hilfe anderer Leute, die au dem Eingang standen, die Thür in den Hof de« Ministerium», mir aber zeigte ein« Frau den Ausweg aus der Rückseite de» Hofs. Wer weiß, was geschehen wäre, wenn die Schildwache mich abgewiesen hättet Ich bürge für jede Einzelheit dieser Schilderung mit meinem Namen. Heute werde ich der deutschen Geiandtichast von dem Vorfall berichten, nachdem mich die lügenhaften Darstellungen der französischen Blätter belehrt haben, daß man in Pari« den Vorgang nicht einmal al- Racheact eines ausgeregten rohen Pöbels bedauert (womit ich mich Aasang» auch begnügte), sondern «ine glorreiche Verfolgung eine« Deutsche» daraus macht. Die ganze Geschichte ist ein neuer Beweis von der unsinnigen, kindischen Wuth, mit welcher Alles, woS deutsch heißt, in Frankreich verfolgt wird. Mit voller Hochachtung vr. ptul. Paul Wurster, eanck. ttwol., Bruderhans Reutlingen (auf der Heimkehr von einer wisjenschastlichen Reise aus England)." Mujlk. Sommerfest des akademischen Gesangverein- „Arion." Leipzig, LO. Juli. Zwar keine Delphine aber eine stattliche Schaar von Freunden und Gönnern der Gesangskuust hatte gestern Abend „Arion" nach dem Krystallpalafi gelockt, der in roih-colp. grünen Farben prangie. Man harrte der edlen, frischen nnd fröhlichen Weisen, dir man schon so ost von den Lippe« der jugendkräsiigen Mnsensöhne vernommen Hai. Weisen, die mächtig ins Hrr- klingen, v weil sie auS dem inneren Seelenleben hervorftröme». Und doch schwand der Zug der Erwartung nicht an» dem Antlitz der Menge, als der LhoruS seine ersten Liedergaben gespendet. Dir Erwartung aber galt Sr. Majestät dem ollgeliebten König Albert, der Seine hohe Gegenwart dem Verein gnädigst zugesagt hatte. Gegen '/»8 Uhr erschien der hochvrrrhrte Monarch, geiüdn von de« Herren Rector Magnificns Pros. Heinz e «nd Gehrimrath Prof. Müller, dem Ehrcnvorfiand des „Arion^, und begleitet von den Herren Oberbürgermeister vr. Georgi, Polizeidirector Brrt- schneider, Benerallieutenant von Montbö und andere» hohen Ojsicieren. Nachdem Se. Majestät ous de» zu diese» Zweck er- richteten Throne Platz genommen und die „Arioaru" rin enth- usiastisches Hoch angestimmt hatten, fiel dos gelammte Publicum begeistert in die Sachscnbymne ein. Se. Majestät geruht« aller- gnädigst dem Loneert bis -um Schluß beizumohne» >md sprach dem derzeitigen wackeren Dirigenten des Verein«, Herr» Richard Müller, in huldvollster Weis« Seine Anerkennung aus. Das Concert begann mit einer Lomposiiion von de« Wiener Tondichter Weinwnrm, „O -age nicht", «ännerchar «it Hseaor- begleitung, in welcher die Frühlingssehnincht in reizende» Accvrden geschildert ist. Die Sänger wurden dem Lharakter des Liedes in volsim Maße gerecht, und besonders der Refrain des Liedes „Der Frubling ist da, der Frühling ist da" erklang mit jubelnder G«. wißbeit. „0 zage nicht" hätten wir freilich auch den Hornbläsern zuriisen mögen, die die Töne ihren Instrumenten recht zaghaft und in Folge dessen unrein abzwangen. Am diese Introdnetion folgte« drei Mäiinerquartette, diesümmtlichNovitäien bildeten. Sie sind inögesammt ansprechend und vor allem völlig ungekünstelt componirt, ohne jedoch einen besonder« originellen Zug ausweisen zu können. Die Sänger trafen sowohl den innigen, gesühlvollen Ton, der die Gesänge „Ihr Auge" von John und „Waldeinsamkeit" von Reicher! charakterisier, als anch
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