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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.08.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188408155
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840815
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840815
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-08
- Tag1884-08-15
- Monat1884-08
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.08.1884
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Erscheint täglich früh 6'/,Uhr. «edartioil und Lrpkdition JohauaeSgasse 33. Sprrchkundrn der Nrdaction: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag» 5—6 Uhr. tu» »I« Ntlcka-d» rmgttaadter Manuicri»« »»che üch »>« Rltaclwa nicht »«rdurttich. Annatzme »er für sie nSchsttolgen»e Nummer bestimmte» Inserate an Wochentagen bis 3 Ubr Nachmittags, an Lonn- «uv Festtage« s» iih bi»Uhr. In den Filialen für Ins.-^nnahme: Otto klemm» Universilätsstraße 21» Louis Lösche, Katharinenstraße 18, mir bis '/,S Uhr. dgrr.TMblaü Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- nnd Geschäftsverkehr. Auflage LS,«00. Abonnementspreis oiertelj. 4^/, Mk. incl. Brmgerloha b Mk.. durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Lelegeremplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» (in Tageblatt-Format gesalzt) ohne Postbesörderung 30 Mt. »tt PostbesSrderung 48 Dtk. Inserate staespaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere «christen laut unserem PretS- verzeichnib. Tabellarischer u. Ziffernsatz nach Höhen» Tarif. Krriamrn unter dem Uedaetionsstrich die Spaltzeile 50 Ps. Inserate sind stets an die IKypedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pnwuuwerumlo oder durch Pvst- aachnahuie. L28. Freitag den 15. August 1884. 78. Jahrgang. Amtlicher The«. Vekaimtma-img, die Nückzahlung der städtischen Anleihe vom Jahre 1888 betreffend. Unter Beiuanahme aus unsere, die 4'/» V, städtische An leihe vom Iayre 1868 betreffende Bekanntmachung dom l l. März 1869 (vgl. Nr. 78 beS Leipziger Tageblattes und Nr. 62 der Leipziger Zeitung vom Jahre 1869) kündigen wir hiermit unter Zustimmung der Stadtverordneten und mit Genebmigung der Königlichen Ministerien d«S Innern und der Finanzen den noch nicht getilgten Betrag dieser Anleihe für dr« »1. December 1884. Die Rückzahlung erfolgt nach dem Nennwerth der Schuld scheine gegen Rückgabe der letzteren, der dazu gehörigen ZiuS- leisten unv der »och nicht fälligen ZinSscheine ber unserer Stavlkasse (RathhauS, I. Etage Nr. 3). Vom demselben Tage ab findet eine weitere Verzinsung de- Hauptstamme- nicht mehr statt. Gleichzeitig stellen wir denjenigen Inhabern von Schuld scheinen der vorstehend gekündigten Anleihe vom Jahre 1868, welche dieselben gegen Schuldscheine der neuen städtischen 1 "/, Anleihe von 15 Millionen Mark (vgl. Bekanntmachung vom 15. Mai 1884, Leipziger Zeitung Nr. 116 und Leipziger Nachrichten Nr. 138) umzutauschcn wünschen, den entsprechen den Betrag in AppointS der letzteren bis zu dem 31. De cember d. I. ul pnri zur Verfügung. Der Umtausch wird ebenfalls hei unserer Stadtkasse be wirkt und kann bereit- früher, und zwar vom 1. September k. I. an erfolgen. In diesem Falle haben die Inhaber der umzutauschenden l868er Anleihescheine den am 31. December d. I. fälligen Zin-coupon ihrer Scheine zurückzubehalten. dagegen die ein- getauschlen Scheine der 4 Anleihe von 1884 sämmt Zins lasten und ZinSscheinen, abzüglich de» ebenfalls am 3l. De cember d. 2. fälligen Coupons in Empfang zu nehmen. Leipzig, den 14. 2uni 1834. Der Rath der Stadt Leipzig. L)r. Georgi. Hentschel. Vckamitniachnng. Tie Herstellung der TrottoirS in der Grimmaifche« Straße soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, RathhauS, 2. Et., Zimmer Nr. 14 aus und können daselbst eingesehea resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Trottoirlegung tu der Grimmaischeu Straße" verieben ebendaselbst und zwar bis zum ilS. laufenden MonatS Nachmittag» S Uhr cinzureichen. Leipzig, am 6. August 1881. DeS RathS der Stadt Leipzig Straßenbau-Deputation. Manntumchung. Die Herstellung Ser Schleusten III. Classe in den Straßen aus der östlichen und nördlichen Seite des Platze- L de- nörd lichen Bebauungsplanes soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiesbau-Verwaltung, RathhauS, II. Etage, Zimmer Nr. 14, aus und können daselbst eingefehen resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Schleußen aus Platz L" versehen ebendaselbst und zwar bis zum 27. laufenden MonatS Nachmittags S Uhr einzureichen. Leipzig, am 11. August 1884. DeS Rath» der Stadt Leipzig Straßenbau-Deputation. Bekanntmachung! Der vom ffleischerplatz nach de« Naundörfchen führende Pleißensteg wird wegen UmbaaeS für di« Dauer der Arbeiten vom 18. laufenden Monat» ab sür allen Verkehr gesperrt. Leipzig, am 2. August 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. ' ' Kretsi I)r. Trvndlin. kretschmer. Am 17. vorigen MonatS. Vormittags 11 Uhr, wurde im Rosen- tbale unweit der Friedciiseiche der Leichnam eine« seiner Periönlich- keit nach unbekannten Manne« erhängt aufgesundea und nachmals polizeilich aufgehoben. Wir bitten um lchleunige Benachrichtigung, fall« Jemand über ln« Periöalichkeit des Entleibten Ausschluß zu geben im Staude sein sollte. Leipzig» am 11. August 1884. Das Polizei»»« der Ltadt Leipzig. I. Junck, Pol.-Rath. H. Beschreibung des Leichnams: Alter: ungefähr 40 Jahre; Größe: 1.75 n>: Haare: blond: Angen: grau; Zähne: vollständig. Besondere Kennzeichen: am linken Unterschenkel ein« mit verband versehene Wunde. Bekleidet war der Todte mit dunkelgrauem Rock, dunkelbrauner ose und Weste, einer braunen Stoffmütze und einem weißen vrhemdchen. Ja den Taschen befand sich rin rrsthes baumwollene- Taschentuch, neben dem Todien lag ein Stock mit gebogenem Griff. Aufgebot. Der vr. Adolph Blankenborn zu Karlsruhe hat das Aufgebot der K Antheilsscheine über die in den Stammbüchern der Deutschen Reichübank sür ihn eingelragenen NeichSIankantheile Nr. 23160, 25496, 26243, 27123, 29938 u„d 37868, je über 3000 lautend, beantragt. Die Inhaber der Urkunden werden ausgesordcrt. spätesten« in dem aus de« 6. vetoder I88S. vormittags 11 Uhr. vor dem Unterzeichneten Gerichte Jüdeimraß« 58, Saal 2l, anbe- räumten Ausgebotstermine >drc Rechte anzumclben und die Urkunden vorzolrgen, widrigenfalls die KrastloSerklärung der Urkunden er folgen wird. Berlin, den 25. Juli 1884. »-«tgltche« Amtsgericht, I. Adthetlung S4. Loclismilittl des r-nlzl. Amtsgerichts. Lonnabend» den IS. August l. I»., von 10 Uhr vormittag« an. ^ gelangen eine Partie Möbel. 2 Nähmaschine«. vettmäschr. Federbetten, Herren- und Damenkleidungsftücke. eine Wand uhr. »»et Taschenuhren. Ha»«- nnd Küche«,erättze und noch mehrere andere Gegenstände zur Versteigerung. ^ Fortsetzung Nachmittag» 8 Uhr. Leipzig, 13. August 1881. Vteltz. Gerichtsvollzieher. Nichtamtlicher Theil. Jur PrWenlemvahl in den vereinigten Staaten von Nordamerika. * New-Uork, 1. August. Der Gouverneur Eleveland ist nun seiten» de- demokratischen Nalional-ComitS- von der ihm in Chicago zu Theil gewordenen Ehr, officiell in Kenntniß gesetzt worden. Da- Comitö, gefolgt von einem Schwarm von Politikern, hatte sich zu dem Zweck nach der New-?)orker Staat-Hauptstadt Albany begeben, und die dortige demo kratische Bevölkerung, die sich nicht wenig enlhusiaSmirt zeigte, feierte den Tag durch Veranstaltung zweier Natisication-- Verfammlungen. Der ganze Vorgang der formellen Ankündigung von Cleveland'S Nomination zum Präsidentschaft--Kandidaten hatte ein einfache-, aber ernste- Gepräge, und die Reden, die bei der Gelegenheit gehalten wurden, waren von gleicher Be schaffenheit. General William F. VilaS von Wisconsin, der aus dem National-Convent alS Vorsitzer sungirte. hielt die Ansprache an den Gouverneur und überreichte demselben die schriftliche Benachrichtigung de- ComitSS. In seiner Ansprache sagte er u. A.: „Die nationale Demokratie sucht für da» Präsidenten- Amt einen Mann, nicht etwa um seinen Eigenschaften An erkennung zu zollen, noch um ihn sür sein« Thaten zu be lohnen, sondern in der gerechten Erwartung, daß er sich alS der treue Diener deS Volke- und dessen Vertrauen würdig erweisen wird." In Gouverneur Cleveland'S Antwort darauf War nur eine Kraftstelle. Die unabhängigen und die Wühler im Allgemeinen sollten sich frei machen von Partei-Tyrannei, meinteer. Sonst bewegte sich seine Rede in Gemeinplätzen, höflichen Wendungen und Dankesworten. Dafür sandte der gewissermaßen zum „Großvater der demokratischen Partei" gewordene Samuel 2. Tilden von seinem Landsitz am Hudson ein Schreiben mit Worten, die auf die Demokraten magnetisch und auf die unabhängigen Republikaner wie brillirende Hoffnungsstrahlen zu wirken scheinen. Mr. Tilden betrachtet laut diesem Schreiben die Nomination von Clevcland und HendrickS al» ausgezeichnet; er glaubt, daß die Demokratie diese Männer erwählen, und daß die« ein wesentlicher Sieg s» substLntlal rictor?) in Sachen einer guten Verwaltung sem wird. Auch Mr. HendrickS ist formell von seiner Nomination benachrichtigt worden, unv zwar durch dasselbe ComilS mit General VilaS an der Spitze. Mr. HendrickS gab in seiner Antwort zu erkennen, daß die Bice-Präsiventfchaft, welche in gewöhnlichen Zeitläuften nicht viel zu bedeuten habe, dennoch zu einer sehr wichtigen Stellung werden könne, wenn wie jetzt, da im Senat beide Parteien sich an Stärke fast gleichkommen, bei ihr die Entscheidung in wichtigen Fragen liege. Wie da» Interesse am Wahlkampf zunimmt, so wird natur» cmiiß von Tag zu Tag auch die Zahl der Anhänger jede- ZräsidentschaftS-Candidaten größer — Ben Buttler und den .Heiligen Hanne»" nicht ausgenommen. Dem in Boston und New-Uork gegebenen Beispiel sind nun auch die unabhängigen Republikaner Philadelphia- gefolgt, indem dieselben ebenfalls eine feste Organisation schufen, „um die Niederlage von Blaine und Logan zu vervollständigen". AuS Städten de» Westen» kommen gleiche Berichte über den Abfall der unabhängigen Republikaner von Blaine und Logan. Nach Allem, waS man hört und sieht, muß man aber sagen, daß die Stimmung gegen Blaine-Logan in stetem Wachsen begriffen und daß vre Republikaner dieselbe nicht aufzuhalten wissen. Den erschlafften Führern der alten , Rational Labor arty" gebt» wie den Binschgauern. sie wollten nach der onventionsstadt Chicago wallfahrten gehen, kamen aber nicht weit. Jedenfalls fehlte e« in der Parteicaffe au dem nötbigen Kleingeld zu der Reife und so wurde die projeetirte „National-Convention" dieser Partei aus da» Jahr 1488 verschoben und nur eine Sitzung de» Partei-ComitLS abgeballen. Gegen 30—40 Delegaten, meist an» Michigan, nahmen bieran Theil. Da» Comit« betonte von Neuem, daß es wie die „unabhängige Arbeiter-Partei deS Staate» New-Vork" der Platsorm der demokratischen Partei jenes Staates vom Jahre 1882 festhalte, „wonach die Arbeit frei, gesund sein und Jedem gereckte Entschädigung zusichern solle' Dem „großen Reform-Gouverneur de» Staate» New- ?)ork" wurde sür seine im Interesse der Arbeiter vollbrachten Werke hohe» Lob gezollt, trotzdem wurden schließlich Reso lutionen gefaßt, in denen ausgesprochen wird, daß e» nicht Sache der Arbeiter sei, Caudidaten sür da» Präsidenten, und da» Vicepräsidenten-Amt in Vorschlag zu bringen und daß deshalb allen Mitgliedern freie Wahl gelaffen werde. Erläuternd sei hier noch hinzugesügt, daß di« „National Labor Party" die älteste Arbeiterpartei de» Lande« ist. Die „Greenback Labor Party", heute unsere stärkste und einfluß reichste Arbeiterpartei, rst au« ihr entstanden. Ben Butler dürste über diese» FiaSco der „nationalen Arbeiter-Partei" nicht geringe Freude an den Tag legen. Bon der Wahrheit de« Sprichwortes: „Wie man m den Wald hineinschreit, schreit» auch wieder heraus", können sich die Republikaner und Demokraten jetzt hundertfach üter- zcngrn. Wird von der einen Seite eine Anklage gegen einen Canvidatcn laut, gleich schallt wie ein Echo ein« Anklage gegen einen Caadidaten der Gegenpartei zurück. IanicS G Blaine hat freilich von de« alten Beschuldigungen, er babe seine Stellung im Congreß durch Begünstigung gewisser Eisenbahn-Unternehmen im persönlichen Interesse auSgciintzt. nock nichts wegzuwasche», noch durch Gegcna.iklagen zu eilt krästen vermocht. Er ist und bleibt drr „tätowirle Manu" während die gegen Cleveland geschleuderten Anschul digungcn, wie z. D die, er sei ein „Mouopolissensrcund". rin Libertin" und habe „13 uneheliche Kinder" herumlaufen, sich al» gegenstandslos erweisen. Thomas A. HendrickS dagegen, Cleveland'S Compagnon auf dem demokratischen Ticket, hat an dem sür ihn bisher so unglücklich verlaufenen Streite mit dem Marine-Minister Ehandler noch nicht genug. Fort und fort schimpft er in Reden und Briefen über die Republikaner, und man kann sich schließlich nicht verwundern, wenn diese ihn dafür gebörig .heimleuchten". Die „New-Bork Tribüne" wie» zufolge dieser Ausfälle auf da» Factum hin, daß HendrickS vor dem Kriege ein Feind der Neger gewesen sei, und da- Blatt «achtete dieS sür einen genügenden Grund zu der Erklärung, baß kein Freund der Negerrace sür ihn stimmen könne. Die demokratischen Blätter vermögen diese früheren Ge- sinnungSsünden ihre» Vice-PräsidentschastScandidaten nicht in Abrede zu stellen, doch wissen sic sich mit dem Hinweis aus da- gleiche Factum auS der LebenSgeschichte de« republikanischen Vice-Präsiventschastöcandidaten zu Helsen. Im Jahre 1853, also schon vor 30 Jahren, habe John A. Logan die StaatS- gcsetzgebung von Illinois zur Verschärfung der ohnedies bereits barbarischen Sclavengesctze. der sog. „dlsclc lurvr", veranlaßt, auch habe er damals den Anstoß zur Verhinderung der Einwanderung von freien Negern in jenen Staat gegeben. Selbstverständlich denkt man über diese Dinge, die einer vergangenen Zeit angehören, unter den heutigen Zuständen ganz ander», und ebenso dürften die Eandidaten HendrickS und Logan über die Neqersrage sich längst zu besseren An sichten bekehrt haben. Der Streit über ihre Meinung von „anno VunnemalS" wäre also eigentlich müßig, leider gehören aber solche Fehden zu dem Handwerk unserer Politiker. Nur die „irischenPatrioten" erscheinen dem „plumed ght" wie Retter in der Noth. Sie versprechen (ich von der Erwählung BlaineS eine „Jingo"«, d. h. Krieg-Politik gegen England. Hier in New-Aork haben sie schon in einem der schönsten Versammlungslokale, in Chickering Hall, eine Versammlung abgehalten, die freilich keinen sehr würdigen Verlauf nahm. Es war mehr eine Kundgebung gegen Eng land. al» gegen Cleveland. Gleich die erste Rede, die ein Geistlicher Namens Pepper von Wooster, Ohio, hielt, legte hierfür Zcugniß ab. „Von England", schrie er mit blasser Wuth, „wird eine Macht unterstützt, die in jedem irischen Herze» einen Feind finden wird. Freihandel hat noch jede» Land ruiuirt, iu welche« England diese» System eingeführt hat. Portugal, Indien und Irland sind dadurch an den Bettelstab gebracht worden. Bor 40 Jahren hat man un» bedeutet, für da» demokratische Ticket zu stimmen, weil wir Irländer sind. Jetzt werden wir für da» republikanisch« Ticket stimmen, weil wir Irländer sind". In diesem Ton« erging sich Pepper noch eine ganze Weile und andere Redner machten eS nicht besser. Von einem dieser ^geschworenen Feinde" England» wurden die Cleveland- Blätter, sowie die „Abtrünnigen und Pharisäer" durch die Hechel gezogen; jeder Name, den er nannte, wurde durch Zischen begleitet. So sank der Abend und erst zu sehr später Stunde trennten sich die begeisterten irischen Patrioten. Ohne Zweifel versprechen sich dieselben von einer Präsident schaft Blauie-Logan zu viel. Sollte dieser Fall wirklich cin- treten, so wird der „Mann von Maine" sich doch sicherlich hüten, wegen der Handvoll irländischer Hitzköpfe mit dein mächtigen England Streitigkeiten zu beginnen. Den famosen „irischen Patrioten" wird mithin „aus die eine oder andere Weise" eine Enttäuschung nicht erspart bleiben. Leipzig, 15. August 1884. * ES ist verbürgte Thalsache, daß schon im vorigen Jahre zu Salzburg eine Ernenrrung der Begegnung Kalnoky'S mit Fürst BiSm arck für dieses Jahr verabredet war. Don den Dispositionen BiSmarck'S hing e» ab, ob der Besuch auf österreichischem Boden oder in Form eine» Besuches an Bis marck'» Aufenthaltsort stattfinden sollte Nun ist Gras Kalnvky nach Barzin gereist. Der Besuch erregt in diplomatischen und publicistischcu Kreisen Wiens Sensation und säst allgemeine Befriedigung. Die Diplomatie mißt den Versicherungen, daß kein concrctcr Rcifezweck vorhanden sei, Glauben bei, giebt aber der Ueberzeugung Ausdruck, daß auch ohne solchen dem Besuche ein« große Bevcutung zukomme, da zweifellos von den schwebenden Fragen, zumal von Egypten und der Abwehr der socialrevolutionairei' Propaganda die Rede sein dürfte und die Haltung de» ver>.t»>en Deutschland» und Oesterreich-Ungarn- in den meisten Dingen entscheidend ist. — Die „Neue Frei« Presse", da» leitende Wiener Blatt, schreibt zur Sache: Die Ischler Kaiserbegegnung soll ein Nachspiel durch elue Zusummeukuuft unsere« Minister« des Auswärtigen mit dem deutschen Reichskanzler erhalten, und der Erstere soll, „c> gärst Bismarck Heuer kein öfter reichliches Bad besuchen wird, nach Vurzt» reisen, um dort mit dem gewaltigen StaatSma.me, dnrlp dessen Hand« alle Fäden der europäischen Politik gleite,i, -ine längere tinterrrdung zu pflegen. Da- ist beiläufig der Kern der einanb». widersprechenden Nachrichten, die seit achiundvierzig Stunden !u den Blättern umlausen. In Berlin glaubt man fest an die Entrrvue der beiden Mattster; liberale und konservative Zeitungen erklären sie al« bestimmt in Aussicht stehend. Derselben Meinung find die Wiener Osficiösen: die Pefier widersprechen, enseits der Leitha scheint mau e« für überflüssig zu halten, daß ÜSmarck Heuer mit dem Grafen Kalnokq verkehre, nachdem drr ungarische Minister - Präsident in Ischl den deutschen Kaiser gcsorochen yat. Es spielt etwa« wie ungarische Eifersucht aus da» gemeinsame Ministerium deS Aeußern in da- Dementi herein, welche« dl» „Bodavester Lorrespondenz" drr Nachricht von eine» Begegnung Kolnoky'S mit Bismarck entgegenietzt. Die Art, in der man in Pest den Widerspruch begründet, gefällt an» afleedmg« anSnrhmend, und wir denken, sie müsse nicht nur in Deutlch - Oesterreich, sondern überall iu der Monarchie lebhafte Freude Hervorrufen. Die ungarischen Osficiösen erklären eine Unter redung zwischen Kalnvky nnd BiSmarck für überflüssig, an- der gleichen Ursache, aus welcher sie bestreiten, daß die Anwesenheit TiSza's «u Jtchl mit der Verlängerung deS denlsch-österreichischen Bündnisse« in Zusammenhang gebracht werden dürfe. Sie druten an, dieic Verlängerung sei bereit« im vorigen Jahre erfolgt, nnd zwar sür geraume Zeit. Wenn da« wahr ist, desto besser. Das Bündniß mit DeiUichlanv ist ein wahrer Herzenslrost, und wenn wir durch die Betrachtung unserer inneren Politik melancholisch geworden sind, so richtet un- der Gedanke wieder auf, daß die innigste Freundichost siese Monarchie mit dem mächtigen deiiikch-n Reiche verbindet nnd oaS Unglück eine« aberiiiaiigen Zusammenstoß!'» mit Blutsverwandten un« nicht einmal im Traume schrecken kann. So oft inan un< die Versicherung wiederbvlt. baß dir Allianz mit Deutschland fest und danerbalt lei. n ir bören sie mit immer neuem Interesse, an dem die pr.ikttsche politisch« Erwägung nicht weniger Antheil hat als da« deutsche Bewußtsein. Haben Bismarck und Gras Kalnvky schon im vorigen Jahre über die Verlängerung de« Bündnisse« verhandelt — und manche Anzeichen der letzte» Zeit sprechen dafür, daß dies der Fall ist — so brauchen sie allerdings Heuer nicht deshalb zuiammenzu- konnnen. Aber eS scheint trotzdem festzustehen, daß die Begegnung stattfinden wird; e» müssen daher andere Gründe sein, welche eine Besprechung zwischen den beiden Ministern wünscheiiSwerth erscheinen lasse». Wenn wir die allgemeine politische Lage betrachten, so entdecken wir Fragen genug, die eine Verständigung der deutschen mit der österreichischen Regierung erheischen. Wir können unmöglich errathe», welcher specielle Anlaß den Grasen Kalnokh bewegt, nach Barzin zu reisen, aber wir dürfen annehmen, daß dl« Gespräche der zwei Staats- Männer sich nicht bloS um einen einzigen Punct drehen, sondern die euro päischen Verhältnisse überhanpt betreffen werden. An Stoff wird es ihnen nicht sehlcn, denn io wenig That'Schliche« sich auch seit einigen Monate» ereignet hat, die Geschickte stehl darum nicht still. Sie arbeitet nur gegenwärtig nicht tm großen Stple, nicht laut und aeräuickvoll, vielmebe gefällt sie sich tm kleinen Jntriguenstück. Aber sie sckiäst nicht, und wenn man auch nicht mit Ulrich von Hutten ousrufen kann: „Es ist eine Freude, zu leben!" so mag man doch mit ihm sagen: „Die Geister find wach ". Auch die diplomatischen, soweit sie ihren Beruf als eine Kunst und nicht als Salonhandwcrk treiben. ES gährt in dem alten Europa, Ueberraschungen können eintreten, die man heute noch nicht anzudciitcn wagt, und in all dem Schweben und Schwanken, das die neueste Phase der europäischen Politik trotz aller Friedens- aussicht und Frtedenszuversicht charakterisirt, bildet da« deutsch- österreichische Bündniß den Felsen, an dem die Wogen vergebens branden. Vielleicht werden sich Fürst BiSmarck nnd Gras Kalnvky zunächst über die egyvtische Frage unterhalten. Sie ist durch da- Scheitern der Eonferenz in ein völlig neues Stadium getreten, ohne daß sie ausgehürt hätte, eine europäische zu sein. Möglicherweise entzweien sich ihretwegen Frankreich und England. Man scheint zwar in Paris gegen Gladstone'S Behauptung, da« englisch-französische Ab kommen sei hinfällig, sür jetzt keinen Widerspruch erheben zu wolle», aber deshalb sind Frankreich« Anlprüche in Egypten nicht be- seitigt, die finanziellen Verhältnlffe de« Nil-Lande« nicht geordnet. I» kurzer Zeit schon kann wegen der egyptischen Gläubiger Frankreich nitt England in Zwist gerathen, denn unbezahlte Coupon« geben so wenig Ruhe wie vte nnbegrabencn Tobten deS Märchen«. Aus welcher Seite dann Deutschland und Oesterreich stehen würden, hat sich während der Consereuz gezeigt, und die näheren Verabredungen sür einen solchen Fall würden Stoff genug für die Gespräche der beiden Minister bilden. Uebrigen« biete» die SanitätSmaßregeln, welche Gras Münster vergeblich zweimal aus der Eonferenz zur Sprache bringen wollte, für sich alletu eine wichtige Angelegenheit, und eS ist wahrscheinlich, daß Oesterreich und Deutsch, lanv gemeinsame Schritte unternehmen werden, um Englaud zu etwa- nichr Rücksicht für die Gesundheit Europa« und etwa« weulger Zärtlichkeit für seine Handelsgeschäfte zu bewegen. Die egyplische Frage ist indeß keineswegs die einzige» Welche BiSmarck und Kalnoky crörlcru dürften. Die Pforte hat dafür ge sorgt, daß ihr gegenüber gemeinsame Schritte der Mächte erfolgt sind und noch weiter erfolgen werden. Die Aufhebung der fremden Postämter und die Mahomedanisirung deS internationalen SauitätS- rathe« sind von der europäische» Diplomatie keineswegs gleichgiltig bingenommen worden, gegen die letztere hat sie sogar energischen Protest erhoben; Oesterreich ist unmittelbar an beiden Fragen be- »heiligt und wird selbstverständlich im Einvernehmen mit Deutsch land Vorgehen. Aber nicht nach Egypten, nicht nach dem Oriente überhaupt brauchen die Minister der beiden Reiche zu schweifen, wenn sie sich zu einem Gedankenaustausche begegne». Näber liegen gemeinsame Verabredungen gegen die Anarchisten, die Veranlassung genug ge geben haben, sich eingehender, al« nach ihrem Gcschmacke sein dürste, mit ihnen zu beschäftige». Sind sie ohne Unterschied deS Vater- lande» und der Nationalität unter sich einig, so dürsten eS auch bald die Regierungen gegen sie sein. Erst jungst soll die Hamburger Polizei an Bord eines Schiffe« einen wichtigen Fang gemacht und ein Verzeichniß sämmllicher deutschen und österreichischen Anaichisteu ge sunden haben. Wir zwciseln zwar daran, daß die Liste so lang ist wie die, welche Leporello seinem Herrn ins Gedächtniß ruft, denn der Wahnsinn wirlt wohl zuweilen ansteckend, aber nicht aus Biele. Indes, würden wir u»S nicht darüber wundern, wenn das bewußte Bcrzcichiiiß unangenehme Folgen für Diejenigen hätte, deren Namen >S enlhäli. Die anarchistische Partei hat kürzlich so abschreckende Beweise ihres Dasein« gegeben, daß die Staat-männer sich wohl mit ihr beschäftigen könne», besonders wenn sie conservativ sind. Man sieht, wie leicht e« ist, sür die Verhandlungen zwischen Bismarck und Kalnoky ein ganzes Repertoire zniammenzustellen, wobei der Speculation und der Vermuthung ein weites Feld offen bleibt. Jedensalls aber wird die Begegnung der beiden Minister einen unbestreitbaren Kern haben, der schon im Voran« keinem Zweifel und keiner Beschränkung unterliegt. Sie wird ebenso wie die Monarchen^kntrevue in Jsckl überall als ein neuer Beivei« der unverbrüchlichen Freundschaft Deutschland« und Oesterreichs, be treuen und dauernden Bündnisses beider Reiche ausgesoßt werden. * Schon feit zwei Jahren sii d öekanntlicb mehrere höhere preußische Osfieiere verschieden»!. Waffengattungen interi mistisch in den Dienst der T.. :kci getreten, um deren Landheer möglichst reorganisiren zu Helsen. Der günstig! Erfolg, mit dem diel geschehen, hat den Sultan jetzt bewogen, sich mit der Bitte nuc Ueberlassung einiger Marine-Ossi- eiere o^n der deutsch«., Kriegsflotte ebenfalls »ach Berlin zn wenden Wenn aber mehrere Zeitungen bereits meldete», daß der Capitain zur See v. Hollen, Schwiegersohn deS früheren MarineministerS General» v. Slosch, sich jetzt nach Konflantinopcl begeben werde, um einen wichtig.» Posten im dortigen Marineministerium cmzuncbnicn, so beruht die» aus einem entschiedenen Irrlhum. Einerseits ist noch gar nicht fest entschieden, welche Ossicierc zn dieser Sendung abesmmandirt, und wann sie solche anlreten werten: andercr- leit» dürsten aber nur jüngere Ossicicre und nicht ein älterer Capitain zur See dazu auSgcwähit werden. Wünscht doch die Türkei ganz besonder», daß die dabin rommandirten deutschen Seeossteiere sowohl praktisch al» tbeoretisch im Dienst mit den Torpedo-Booten geübt sei« mvchlcn, um da« Tor pedo-Geschwader der türkischen Flotte organisiren zu Helsen. Deshalb werden wahrscheinlich einige Lieutenants von der Torpeko-Abthrilung diese wichtige Sendung erkalten. Für daS Ansehen, welche» sich die deutsche Kriegsflotte jetzt immer mehr auch im AuSlandc erwirbt, zeugt aber aufs Neue, daß, wie früher schon China, jetzt auch die Türkei die deutschen Seeossteiere als Lehrmeister nnd Reorganisatoren den eng- itschen, französischen und italienischen vorzieht. ^ Di- „Germania" ist aus lie Gewinnung neuer Wahlkreise für da« Centrnm bedacht und schlägt zu diesem Zwecke vor. unter Umständen protestantische CcntrumS- ..andidateil auszustcllen. DaS Centrum, meint sie. sei im Jahre 1870 nicht alS confessionel!« Partei intendirl worden, und e« sei der sehnlichste Wunsch or« Bischof« von Ketteler gewesen, „daß auch gläubige Protestanten zum Centrum wählen nnd al- Frarttou-ntttglieder dem Centrum angeboren möchten. DaS betrachtete er als da- beste Mittel zum re ligiösen Frieden in Deutschland." Gleichzeitig bringen nltramoittanc Blätter sehr zur reckten Stunde jenes Schreiben Pin« IX. vom Jahre l873 in Erinnerung, in welchem drr 'H
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