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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.08.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188408228
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840822
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840822
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-08
- Tag1884-08-22
- Monat1884-08
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.08.1884
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Erscheint täglich früh S'/.UHr. Letertlru »t Lr»etM<« J»ha»»e««asie SS. HPrrchßmlte« der Ltdartiou Lonnittag« 10—IS Uhr. Nachmittag L—S Uhr. 7-<t « der fkr »tt ^tch»s«l^»»e R«»»er heM«»te> L«ser«t, a, «achntta,e» N« » Uhr Nachmittag, a» To»-»hfrttz »t«'/,» Uhr. 3» de» /ittalt» str 3ns.-A»nah«e: Otto Ul«»«, Universitättstraße 21, L»»t- Lösch«, Kathariaeustratz« 18, p. »« St« '/^ Uhr. 'tilyigkrTagMalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgefchichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage LS,000. Ädonnrmrntspreis oiertclj. 4'/, MK. incl. Briugerlohu S Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) ohne PostbesSrderung 3!) Mk. Mit Postbesvrderung 48 Mk. Inserate 6gespaltenePetitzeile SO Pf. Größere Schriften laut unserem Preis- verzcichniß. Tabellarischer o. Zisiernsatz nach hSherm Tarif. Neclamen unter dem Urdartionsslrich die Spaltzeile SO Pf, Inserate sind stets an die Vrpeditton zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pr»eo»i"^rnn<Ia oder durch P'st- nachnahme. ^- 235. Amtlicher Theil. Vrtimttmchml-. Nachdem wir die Brrrmeffuag der Etadtjlor Leipzig n«d deren Umgebung beschlossen haben, bringen wir dieses mit dem Bemerken zur allgemeinen Kennt«iß. daß dem von un» mit Auftrag versehenen und legitimirten VcrmessungS- persouale da« Betrete« der Grundstücke zu Der- «efs»«gsi»eckei» unweigerlich zu gestatte«, dem ge nannten Personale auch auf Verlangen die Flur und Grt»atgre«ze« «achz»w«tfe», sowie jede sonst etwa «Sthtge A«<k»aft darüber zu erthetkea ist Die eigenmächtige Weguah«e oder Derletzaag der ««»gesteckten Signal«, Absteckpfähle «. s. w wird hiermrt bei Strafe verboten. Leipzig, am S. Juli 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi.Cichoriu«. Die Durchfahrt durch da» Grundstück au der Sletste Rr. 8 wird wegen Asphaltirung vom 22. laufenden Monat« auf die Dauer der Arbeiten für alle« unbefugte»» Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den IS. August 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Kretschmer. Vtklmntmachimg. Die Steiuuietzarbeitea an dem Neubau der 2. Bür gerschule sollen vergeben werden. Die Lnschlagssormulare und Bedingungen sind bei Herrn Hofbaumeister Brückwald, Nürnberger Straße 44, zu erhalten. Die Gebote sind ver siegelt und mit der Aufschrift ,, Stetu«etzarbette» 2. Bürgerschule" bi» 5. September d. I. Nachmittag« 5 Uhr auf dem Bauamte, Rathhau«, II. Etage, Zimmer Nr. 5. abzugeben. Leipzig, den 21. August 1884. Die Baudeputatta» de» Rath». Vekaulltmachssg. ««ma»en». de» 2S diese« Monat« varmtttag« 1» »h, sollen im Niederlage. Rcvision-bureau de« Unterzeichneten Haupt zollamt« nett« ea. »5 Kil«»r. »der SS 30« St»« e»1 tür kische Cigaretten m 223 Karte»« partienweise öffentlich an den meistbietenden verkauft werden. Würden vom GesammterlöS die ans der Waare ruhenden Lin- gongSycsälle nnd sonstige Unkosten gedeckt werden können, erfolgt der definitive Zuschlag sofort; andrrnsall« blribt zu demselben die Ge- nehmigung der königlichen Zoll- und Steuer-Dircctton Vorbehalten. Leipzig, am IS. August 1884. ll-nigltche» Haupt-3»ll-A»t. I. B.: . Lompert. Wohnungsvermietliung. In dem UniversitätSgrundstück«. Ritterstraße Nr. 12, s. Stock, wird zum 1. Octabcr d. I. eine «eine Gehnung, au» Borsaal mit Küche, Stube, Kammer und Bodenkammer bestehend, miethfrei und soll von da ab anderweit vermiethet werden. Hierans Reflectirende werden ersucht, sich deshalb mit dem Unt- verfität»>Rentamte in Vernehmung zu sehen. Leipzig, am 21. August 1884. kaiderfit»t«.>mt«»l. «ras. Nichtamtlicher Theil. Frankreich un- China. Die neuesten Nachrichten au« China lauten kriegerisch. Dem Reuter'schen Bureau zu Folge sind die chinesischen Be vollmächtigten. welche die Unterhandlungen führten, nach Peking zurückberusen und die KriegSpartei drängt mit aller Macht auf den Krieg mit Frankreich. Man sicht hieran», daß di« neulichen Meldungen der „Time»", nach welchen die Kriegserklärung China« bereit« zur Thatsache gestempelt wurde, doch nicht so ganz gruudlo« waren; der Ausbruch de« Kriege« zwischen Frankreich und China ist wirklich in gefahrdrohende Nähe gerückt. Testern sollte noch »ine letzte Unterredung zwischen Li-Fong-Pao und Ferry stattfinLen, in welcher die französische Negierung ihre unabänderliche» Entschlüsse mittheilen wollte. Tiefe bestehen darin, daß Frankreich an der EntschävigungSsorderunq von 80 Millionen scsthält und den Vorschlag macht, diese Summe durch Zoll «Hebung einzuriehen. Hin Falle der Weigerung der chinesischen Regierung, dieser Forderung zu entsprechen, soll Conrbet den Befehl erhalten, da» Arsenal von Foutschou und andere Puncte wegzunehmen. Die Abreise der chinesischen Bevollmäch tigten au« Shanghai läßt einen friedlichen AuSgang der Krisi« kaum noch erwarten, die nordamerikanische Ver mittelung ist von Frankreich zurückzewiesen worden, also ist auch von etwaigen anderweiten Vermittlungsversuchen kein Erfolg zu erwarten, und die Dinge werbe« somit ihren Tang gehen. Dieser Umschwung der öffentlichen Meinung China« zu Gunsten de« Kriege« ist nicht von gestern aus heute eingetrrtro, sondern ließ sich scbon seit Monaten der- folgen, wenngleich die Hoffnung bererdtigt erschien, daß schließlich doch die FriedeuSpartei in China den Sieg da vontragen werde. In neuester Zeit sind aber Ereig nisse rmgetreten, welche die Chinesen in ihrem Wider stand« gegen die französischen Forderungen bestärkt haben. Bo» entscheidender Bedeutung nach dieser Richtung hin waren die Vorgänge in der französischen Kammer bei Gelegenheit der Berathung über den Credit für die Toatln-Expedition. Al- da« Bombardement von Keelnng erwähnt wurde, gab sich auf Seiten der Opposition eine lebhafte Bewegung kund und bei der Abstimmung zeigt« sich, daß 152 Abgeordnete die geforderte Summe ablehnten. Noch ungünstiger war da« Eegebnih der Abstimmung über die von Sadi-Carnot und Proust bean tragte Tagesordnung, welche da» Vertrauen ausspricht. daß die Regierung den Vertrag von Tientsin mit Festigkeit durch» führen werde. Tie erste Abstimmung kam überhaupt nicht zn Freitag ven 22. August 1884. 78. Jahrgang. Stand« und bei der zweiten standen 80 Deputirte den 173 Anhängern der Regierung gegenüber. Eine so geringe Zahl von Deputirten bei einer so wichtigen Abstimmung war überhaupt unerhört und da« Bebürsniß nach Erholung bietet dafür kerne hinreichende Erklärung. Die Vertreter Frankreichs wußten, daß e« sich um die denkoar wichtigste Angelegenhei! bandelt« und daß die Regierung lahm gelegt wurde in ihrer Action gegen China, wenn der Credit und vir Tagesordnung nicht mit großer Mehrbeit angenommen wurden. In Frankreich ist r« sogar Sitte, daß in solchen Fällen Ein stimmigkeit herrscht und daß die Opposition dann sich der Ab stimmung enthält, um dem Patrioti-mu« Genüge zu leisten. Davon war in den entscheidenden Sitzungen vom l 5. undl 6. August nicht» zu merkeu, im Gegentheil trat die Opposition orit einem Freimuth auf. welcher den anwesenden Vertreter China- stutzig machen und ihm zeigen mußte» daß der Krieg gegen China in Frankreich durchaus nicht so populär ist, daß ihm da« ganze Volk zujauchzt. Kein Wunder, daß unter solchen Umständen der Krieg«. Partei in China der Kamm schwillt, und daß die Gegner Ve« einst so mächtigen Li-Hung-Chang mehr und mcbr Boden gewinnen. E« ist ihnen bereit» gelungen, dem Vicekönig von Petschili ein Bein zu stellen und rhn de« Amt-mißbrauch- an zuklagen. Die Kaiserin-Mutter mag ihm persönlich noch so sehr gewogen sein, so hat sie doch mit den Verhältnissen zu rechnen und diese sind der Art, daß die KriegSpartei nicht ohne Gefahr vor den Kops gestoßen werden darf. Da ist vor Allem der ehemalige Gesandte in Pari-, Marqui« Tseng, der feit seiner Rückkehr au» Europa seinen ganzen Einfluß ausbietet, um den Krieg gegen Frankreich zur Thatsache werden zn lasten. Tseng ist ein feiner und einsichtsvoller Beobachter und Kenner der französischen Verhältnisse, wie seine Briefe zeigen, und wenn dieser den Krieg gegen Frank reich Predigt, trotz der militairischcn Jnscriorität China«, so weiß er ganz genau, warum er da« thut. Der Krieg mit China ist für Frankreich ohne alle Frage eine sehr ernste Sacke. Er erfordert eine große Truppenzahl, die nur mit bedeutenden Kosten und unter uiannigsachen Schwierigkeiten an den Ort ihrer Bestiminung gefübrt werden können. Es kommt hinzu, daß die Cholera in Südfrankreich noch immer nicht erloschen ist und daß in Italien sich bedenkliche Zeichen ihrer Verbreitung zeigen. Endlich ist der Kriegden mit Asien iu Handelsverbindungen siebenden europäischen Mächten keine», weg« gleichgillig oder gar willkommen, sie sehen vielmehr in der Ausbreitung de- französischen Einflüsse« in den chinesischen Gewässern eine directe Schädigung ihrer Nächstliegenden Interessen, allen Mächten voran England. Da- sind lauter schwerwiegende Gründe, welche Frankreich den Entschluß. gen China kriegerisch vorzngehen, wesentlich erschweren. Tseng kennt alle diese Dinge au« eigener Wahrnehmung und deshalb schllrt er zum Kriege, nebenbei mag ihn auch noch der ersvnliche Wunsch burckgiiilicn, die in Frankreich «„gebüßte Stellung durch doppelten Einfluß bei Leitung der Geschicke China- in der Heiinath auszugleichen. Der Erfolg aller dieser aus den Krieg hinarbeitenden Kräfte dürste kaum noch abzuwenden sein; China weiß zwar, daß cS Frankreich in militairischer Beziehung nicht gewachsen ist, aber cS ist sich andererseits bewußt, daß es Frankreich große Verlegenheiten bereiten und ihm den enkgiltigen Sieg über China sehr schwer machen kann. Vielleicht macht sich die KriegSpartei auch Hoffnung auf englische Hilfe. Da« würde nun allerdings ein schwerer Rechenfehler sein, venu England hat genug mit sich selbst zu thu», al» zn den selbstverschuldeten Verwickelungen noch eine neue hinznzufügeu. Immerhin wird England seine Macht zur See zu Gunsten China« verwenden können, wenn auch nicht direct, so voch mittelbar, um Frank reich Steine in den Weg zu wälzen. Im Jahre 1809, als Frankreich und England sich verbanden, um China zu dcinüthigen, lag die Sache wesenllich ander«, damals hatte China überhaupt noch keinen Begriff von europäischer Kriegs kunst; die Chinesen pachten aus die Ausdehnung ihres Reiche« und die Kopfzahl ihrer Bevölkerung, al« sie sich gegen die verbündeten Mächte England und Frankreich iu den Kämpf stürzten. beule weiß China den Abstand ru ermessen, welcher die chinesische Armee und Flotte von der französischen trennt, und trotzdem schreckt e» vor dem Kriege mit dieser Macht nicht zurück; der Verlauf wird freilich auch dem von 1859 und 1860 nicht gleichen, aber doch zuletzt für China ein schleckte« Ende nehmen. Während Gras Kalnokv in Darzin war, hat sich die neueste Phase dcS französisch-chinesischen Conflicle« entwickelt. Natür lich ist ein französisch-chinesischer Krieg ein politische- Ereigniß von großer Tragweite, so daß e« bei Beurthcilung der politischen Gesanuntlage nicht außer Ansatz gelassen werden konnte. Di« Ausrcckthaitung de« Frieden« ist der aus gesprochene Zweck de- mitteleuropäischen Bunde«, aber dieser Bund hat keinen Berus, überseeische Streitigkeiten, in welche europäische Machte verw'ckelt sind, zu schlichten od«r zu ver hindern, am allerwenigsten, wen» eine Macht dabei ii» Spiele ist, anderen Demüthigunqden friedliebenden Mächten im Interesse de- Frieden? gelegen ist. Die Eifersucht zwischen Frankreich und England tritt ebenso scharf >» Egypten unv Madagaskar hervor, wie in China, und ein Erfolg, den Frankreich aus einem dieser drei Puncte davonträgt, ist zu gleich ein Mißerfolg EnglanvS. Da« ist der GesichtSpunct, welcher bei allen Kriegen, welche sich gegenwärtig in Asien und Afrika abs^ielei,, der maßgebende ist, und vorzugsweise von diesem Gesichlspuncte a»S dürfen wir aus die weitere Entwickelung de- Drama« in Ostasien gespannt sein. * Leipzig, 22. August 1884. * Da« BerlinerIrsuitenblatt di« .Germ auia", welcke« wohl fühlt, wie nah« e« mit seinen leeren Drohungen der Ge fahr gekommen ist, sich lächerlich zu macken, versucht jetzt in einem langatbmigen Artikel glaubbast zu machen, daß der preußische Staat Veranlassung habe, seinen Zorn zu fürchten. Mit der parlamentarischen Unentbehrlichkeit de« Centrom« wagt e« dabei nicht zu kommen, da außer der »Kreuz zeitung" Niemand mebr an dieselbe glaubt. Die preußische Negierung wird nach ihren Erfahrungen am besten wißen, wie hoch die Unterstützung de« Herrn Win dt borst zn stehen kommt und wa» sie werth ist; und selbst die Social- resorm zieht nicht mehr, nachdem aller Welt — bis aus die .Kreuzzeitung" — klar geworden ist. woraus die ultramom tan« Srcialpolitik versteckter Weise hinsteuert. Man sängt im Centrnm augenscheinlich an, sich enlbehrlich zu sülchen Darum erklärt die .Germania", daß cS für die kirchenpolitische Haltung der Regierung gar nicht in erster Linie auf die Stellung der Regierung in den Parlamenten ankommc; die erste Rücksicht für die Regierung sei vielmehr „die Pflicht, die religiöse» Faktoren im Volksleben nicht zu schädige» und daber dies« religiösen Ausgaben der Kirche frei zu überlasten". An zweiter Stelle folge dann .die Rücksicht aus die Stimmung von 10 Millionen preußischer und 18 Millionen deutscher Katholiken, und einigermaßen doch auch die Rücksicht aus die Stimmung der Katlwlikcn in der ganzen Well. Denn auch unsere auswärtige Politik sei wiederholt durch den Culturkamps behindert worden". DaS heißt aus gut deutsch: Wir können nicht mit Sicherheit daraus rechnen, daß die Regierung es noch weiter für nöthig erachtet, unsere parlamentarische Unterstützung durch kirchenpolitische Zugeständnisse zu erkaufen, darum erinnern wir sie daran, daß sie diese Zugeständnisse mit Rücksicht auf die Stimmung der katholischen Bevölkerung und deS katholischen Auslandes machen muß. Daß diese .Stimmung" vom LleruS der internationalen römischen Kirche gemacht wird, versteht sich dabei von selbst. Damit ja Niemand in Zweifel bleiben kann, wie eS gemeint ist, ergeht sich das demagogische CcntrumSblatt in vielsagenden Andeutungen. Wir hören wieder, daß die katholische Kircke dem Eindringen der Socialdemokratic einen wirksamen Damm entgegensetze, daß bei mangelndem Entgegenkommen des Staates leicht sich in der katholischen Bevölkerung der Standpunkt sestsetzen könne, „diesem StaatSwesen und seinen Leitern nur mit kalter Pflichterfüllung, nicht aber mit Liebe und Verehrung gegen- übertreten zu können". Wir hören das alte Wort von der Interessengemeinschaft von „Thron und Altar"' — „und wenn allensall» bei vielen Katholiken allmälig der Glaube an ein Königthum von Gotte« Gnaden und an einen Ge horsam um de« Gewissen« willen gegen die geord neten Gewalten verloren ginge" — so und ähnlich deutet die „Germania" die vom Staate »u gewärtiacnden Möglichkeiten an. Daß sie in einem folgenden Artikel sich die Mühe nimmt, die Feindseligkeit de« UltramontaniSmu« gegen daü Kaiseritz»», der Hohcnzollern hinwrgzndisputiren, hängt damit innig zusammen. Ob c« ihr aber gelingen wird, an irgend einer Stelle den Glauben zu erwecken, daß da» „protestantische Kaiserthum" seine Stütze bei den Jesuiten zu suchen habe, da« wird man nach bekannten historischen Tbat- sachen bezweifeln dürfen. Auch in dieser näberen Erläuterung sind "die wüthenden Drohungen de« CentrumSblatteS mebr komisch al« furchtbar. Selbst in den wohldiSciplinirtcn katho- tischen BevölkerungSkreiscn verfangen rie Hetzereien der CaplanSpresse nachgerade nicht mehr recht, und trotz aller möglichen Anstrengungen wird der Kleru» in der Verhetzung des Volkes gegen den Staat und seine Leiter und in der Aufstachelung zum Ungehorsam gegen die geordneten Gewalten seine bisherigen Leistungen schwerlich zu übertrcffen verniögen. Die Ankündigung, daß die letzten Dinge schlimmer sein werden als die ersten, wird sich nicht leicht wahr machen lasten. WaS daS Ausland anlangt, so läßt sich wohl an dem guten Willen der römischen Hierarchie, durch internationale Zettelungcn ihre Zwecke zu erreichen, nickt zweifeln. Sie hat diese» Willen za auch mit größerem oder minderem Erfolge genugsam an den Tag gelegt. DaS Ge schäft wird aber jetzt immer schwieriger, und ein Blick auf die Rolle der römischen Kirche in den einzelnen Staaten Europa- läßt unö auch in dieser Beziehung die drobcnden Geberdeir der ultramontanen Presse mit heiterem Eleick- inuthe betrachten. Auch obne die von der Kirche ver langte „Freiheit" zu herrschen, wird der Staat im Stande sein, die „religiösen Facloren im Volksleben" vor Sckävigung zu bewahren, vielleicht noch bester, und den Nationalliberalen liegt nichts ferner, als die von der .Ger mania" ihnen zngeschriebene Absickt, den Staat daran zu bindern. Wir sind sogar der Ansicht, die religiös-sittlichen Faktoren im Volksleben — wir betonen die' von der .Ter- mania" bei Seite gelassenen sittlichen — zu schützen und :u fördern, ist eine der hauptsächlichsten, wenn nicht die wichtigste Ausgabe deS Staate-, und zwar eine Ausgabe, die er nur erfüllen kann, wenn er den kirchlick-consessionellen Factoren — welcke die „Germania" mit den religiös-sitt lichen zu verwechseln scheint, — wo sie sich verdrängen und seine Tbätigkcit hindern, in den naturgemäßen und heilsamen Schranken znrückbält. Daß der Staat seine elbischen Ans- gaben an die Kirche abzutreten und seine Bürger einer berrscksüchtigen Klerisei auSzuliescrn habe, mit diesem An sprüche wird die „Germania" im Staate Preußen ebenso wenig Glück haben, wie mit der Behauptung, daß der Thron Friedrich- de» Großen in den Jesuiten seine Stützen finde. * In Marienbura sagte Herr Nickert, er habe stets die Parole .Fort mit ViSniarck" für eine verkehrte erklärt; seiner Auffassung nach wüste dahin gestrebt werden, .daß der große Staatsmann durch den Willen de- deutschen Volkes genöthigt werde, wieder in die Bahnen cinzulenkcn, welche die innere deutsche Politik nach 1800 »nd 1870 cinscklng". Ganz ohne jeden Zweifel hat damit Herr Nickert seiner wahren Neberzeugung Ausdruck gegeben. Wir wollen nicht an einzelnen tbatsächlicken Beweisen unsere Zweifel begründen, daß Herr Richter und seine näheren Freunde über di« Parole .Fort mit BiSmarck" stets ebenso geurtbeilt haben. Aber wir möchten doch wohl wissen, wie Herr Rickcrt sich seine Partei denkt, wenn eS ibm gelingt, das Einlenken in die Bahnen der Politik nach 1860 und 1870 hcrbeiznfübrcn; denn jene Bahnen sind unter der sorldanernden Opposition der jetzigen Parteigenossen deS Herrn Rickert bcickntte» worden. Wie dieselben darüber dachten, da« charaktcrisirt sich trefflich in einem Pamphlet a»S jener Zeit gegen die »ationalliberale Partei, welche- ein denkschsreisinnigeS Partciblatt soeben wieder auSgräbt. Nur zwei Sätze seien daran- citirt: .Ihre (per nationallibcralcn Partei- beiden einzigen durchschlagenden Charaktcrzüge sind die Charakterlosigkeit und die persönliche willen- und überzcugungSlosc Hingabe a» den Reichskanzler." .Nach dem freiwilligen oder unsreiwillige» Rücktritt deS Kanzler« wird da« deutscli« Reich auch nicht nur eine einzige Stufe von den, Platze licrnbsleigcn, den eS sich durch eigene Kraft unter den Völkern erworben hat." Herr Nickert war damals nicht nur Mitglied der nnticnalliberalen Partei, sondern er hatte auch hervorragende Verdienste ui» die in dieser giftigen Weise angegriffene Politik. Eine Erinnerung daran dürste wobl genüge», ibn zn überzeugen, daß er in der Gesellschaft, in die er sich jetzt begeben hat. die Rückkehr zu jener Politik niininermehr herbeisühren wird. * Als Schiedsrichter bei den diesjährigen großen Herbslübnngcn deS VH. und VIII. NrincccorpS gegen einander sollen, wie die .Post" vernimmt, nach den Aller höchsten OrtS getroffenen Bestimmungen snngircn Se. kaöeil. unv königl. Hoheit der Kronprinz dcS deutschen Rüche' »nd von Preußen, der General der Infanterie von Birhler, EI i de- Iugenieur-CorpS und der Pionniere und General- Inspecteur der Festungen, der General-Lieutenant von Ve ' Rhetz. General-Inspecleur der Artillerie, per General-L enlen- t v. Scheliha, Inspecteur der 4. Felc-Artillene-I»sp.ctio». t r Generalmajor von Hänisch, Director dcS Allgemeinen Krög:- DeparlementS im Knegsministerinm, und der Generalniij r von Arnim, Inspecteur der Jäger und Schützen. Bei e , daS Amt des Ober-TchiedSrichlcrs versehenden Kro»pr>nze:. kaiserl. und königl. Hoheit, werden der Chef und kie Ossicioe keS Stabe- der 4. Arinee-Jnspection die Geschäfte al- Gencralstabs-Ossiciere vcrseben, während für die üörig ii Schiedsrichter seitens des Chef- des General- der Armee die nötbige Zahl an Generalstabs-Ossicicren bestimmt werde» soll. * AuS Emden wird gemeldet, daß da- Kanonenboot .Cyclop" am vorigen Sonnabend daselbst vor Anker ge gangen und alsbald den Hasen wieder verlaßen bat. um seinen Dienst zum Sckutzc der deutschen Nordseesischer gegen englische Uebcrgrifse wieder auszuncbinen. ES scheint darnach nicht, als ob eS Len Bemülmiigen des .Cyclvp" bis jetzt ge lungen wäre, eine von den FischcrsmackS, welche den ncu- lichen Naubanfall gegen den deutschen HandclSkutter .Diederich" verübten, dingfest zu macken. Nachdem übrigen- der Thal- bcstand selbst jetzt aus gerichtlichem Wege sestgestcllt worden ist, dürste» der weiteren Verfolgung der Angelegenheit for melle Hinderniffe nicht mehr im Wege stehen. * Da« leitende Wiener Blatt, die .Neue Freie Presse", widmet dem Feste der Siebenbürger Sachsen vie folgenden Worte: Eye Ungarn sich anschlckt, da- tausendjährige Fest der Magyaren- Einwandcrung zn begehen, feiert im fernen Siebenbürgen da« alte Lachsenvolk den siebenkundertjäliri gen Bestand seiner Ansiedelungen an der östlichen Grenze europSi» scher Cultur. Mögen die Historiker von Fach darüber streiten, ob daS Jahr, in welche« die erste Ansiedelung füllt, mit Sicherheit scsigestellt werden kann, so viel geht nn» den urkundlichen Zeugnissen mit Aewisiheit hervor, daß sieben volle Jahrhunderte vor« übergezogen sind, seit deutsch« Männer, dem Nnse des ungari schen Ü'Snig- Äeza II. Folge leistend, ihre Heimat am Küstenstriche südwestlich von den R!)ein>nündiingen verlaßen und daS ihnen an- gewiesene Land „jenseits de« Walde«" in Besitz genommen haben, eine Einöde, welche sie trotz der Stürme, die im Verlause der Jahrhunderte an ilmen vorüberbranstei», in einen blühenden Garten zii verwandeln verstanden. Seit jenen Tagen dcS König« au« dem Arpadenhause haben die Sachsen in Siebenbürgen treu die Pflicht erfüllt, die sie aus sich genommen, al« sie, ihre heimische Sprache, ihr alte« Recht und die Gesittung des Westen« mit sich bringend, iu dem Lande am Alt sich nicderlicfien, das ihnen eine neue Hcimath werden sollte. ,,.4ä retinonilam eoronam" wurden sic berufen, wie da« Siegel de« Sachs-nbodenS bezeugt, welche« ihnen der goldene Freibrief de« König« Andrea« II. bewilligt; sie haben ibre Mi'sion erfüllt, sie waren stet« eine verläßliche Stütze der ungarischen Krone, sic haben das ihrer Hut anvcrtrante Land dem ungarischen Staate crhaltea, und in den Jahrhunderte lange» Kämpsen gcgcn fremde Eroberer nnd einheimische Iliiirpatorcn standen sic stets an jener Seite, welche für da- gute Recht eintrat. So hat der Sachsen- stainin stet« seine Eigenart und sei» Äolksihui» bewahrt, und mit der Treue gegen sich selbst »bien seine Söhne jederzeit unverbrüch liche Treue gegen das Vaterland, m>t welchem ihr ganzes Dasein aus da« Engste verknüvit ist. Darum ist das Ccnteiinarinm in Herrn annstad t nicht nur eine nationale Feier der Sachsen, sondern auch ein Fell der Loyalität. Wenn das Sachienvolk dem Zeitpunkte eine weibevo-te Erinn-rung widmet, in welchem ein ungariicher König au sime Vorfahren den Ruf ergehen ließ, ungarisches Land als ihr Eigeuthnm in Besitz zu nehmen; wenn cS aus eine siei>e»l»iudertj,ihrige Vergangenheit mit Stolz zurückblickt, welche es als ein Glied des ungarisch m Staates aus ungarischem Bode» verlebt bat. dann kann nur die Bö-willigkeit de» Sachsen vorwerscn, das; es nicht die Angehörigkeit a» den »ngarilchen Staat ist, die sie festlich begehen. Ist es den» mit der Treue gegen den »ngarilchen Staat inch: vereinbar, wenn die Sachsen an dem Tage, da sic des Auszuges ihrer Ahnen ans den slandrijchen Landen gedenken,sich auch deriialivnnle» Gemeinicha sinnt deniVicrzig-Mchionen- votke erinnern, mit welchem Abstammung, Sprache unv Enltnr sie verbinden? In der Glanzperiode der Hobenstausen-Kaiser zogen die sächsischen Ansiedler in ihre serne neue Hcimath, wo ihnen durch „königliche Schenkung" der festeste BesibNIel aus ihr Land gewährt war; nur durch die Bewahrung ihres Voltsthnm«, durch den un unterbrochenen Zusammenhang mit brr überlegenen westlichen Cultur vermochten sie die ihnen übertragene Ausgabe d'.irchzu'üarcii und der vorgeschrittenen Gesittung eine Stätte im äuhcrstrn Osten Europas z» bereiten. Und diese nationale und Lulturgcmeinschast, welche die Sachsen liebevoll gepflegt haben in den Tagen deS politischen Nieder ganges der deutschen Nation, sollten sie nicht heute Hochhalten, da Deutschland seine politische Wiedergeburt gefeiert und da« deutsche Volk ein Machtsactor ersten Ranges in der modernen Welt geworden ist? Wie thöricht, mit derartigen lächerlich » Nörge leien und Verdächtigungen Missgünstig ei» Fest stören zn wollen, das doch nichts Anderes als ein loyales für Ungarn sein kann, denn nichts kettet Völker unzertrennlicher nnd fester aiicinandcr, als eine Jahrhunderte alte, in grmeinlchastlichcn Schicksalen verlebte Geschichte. Und wenn der Dichter deni ungarischen Volke znruft, das; es ans ungarischem Vode» leben und stc-ben müsse, daß eS aus der ganzen Welt für dieses Volk keinen andern Platz gebe, so gilt Gleiches nicht minder von dem sächsischen Volke in Siebenbürgen, das mit zärt licher Liebe an der Scholle hastet, die der Fleiß seiner Väter aus einer Wüste in ein wohnliches Land nmgestaltrt hat. In den täglichen Kämvsen de« politischen Leben« ereignet es sich oft genug, daß die kleinlichen Fehler der Streitenden den Vorder grund beherrschen, während die gegenseitigen großen Tugenden der selben in der Hitze des Getümmels unbemerkt bleiben. An den Sachsen »ehmen die Ungarn jetzt nur die Eigcnschast wahr, daß sic gegen das heutige Regime tu Opposition sind, daß sie eine gewisse chauvinistische Richtung mit Energie bekämpfen nnd daß ihnen im deutschen Reiche moralische Bundesgenossen erstanden sind, die aller dings durch übertriebenen Ecker »nd Unkenntniß ihren Schützlingen mehr schaden, als nützen. In dem Ilnmutbc und der Erregung, welche manche deutsche Broschüre über die Sackiicnsrage in Ungar» hervorgerusen bat. ü'aei sieht man dort häufig genug einen sclir wichtige» Umstand, den Charakter der sächsischen Opposition. Die Sachsen haben sich heute mit der Aushebung des Künigsboden? abgesunden: was sie austreben, ist nicht die Errichtung einer historisch-politischen Individualität. Sie verlangen keine Wojwodina, wie die Serben sie vor nicht allzu langer Zeit forderten, sic streben nicht die Wieder belebung eines abgestorbenen Staatsrechtcs an, wie die Ezechcn, sic wünschen keine Neubildung wie die Slowene» und am allerwenigsten träumen sie von einem deutschen Staate im Osten, wie d r Slawcn- i ftaak ini Süden die Phantasie der Kroat-n beherrscht. Ihr ganzer > Kamps ist aus die Erkaltung und de» Schlitz tdres nationalen Da- I ietns gerichtet, und darum wollen sie die deutsche Sprache in 1 Amt unv Schule dort sichern, wo Lachsen compact bc>-
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