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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.08.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188508262
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850826
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850826
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-08
- Tag1885-08-26
- Monat1885-08
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.08.1885
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Erscheint täglich früh SV, Uhr. llriactl«« «nid Expedition Iohan,»«qasse 8. Aprechltundt« der tirdactisu: Bormütag« 10—12 Uhr. Nachmittag« 5—8 Uhr. >>r >i>«,»d, ru>,rt»ilt>kr v!-nutrr!»t« «acht X »« »ir»»clum «»» »«»»»tu». A>«atz«e der sirr die n»»M«I»e«de Nnuunrr brstt««ten Anse rare »n SS,ch«n»,nr« dt« 8 Uhr Nachm,«»,«, n« G«uu- uud Feftta,«« srky dt«'/,» Utzr. 2» den Fili«le« für Ins.-^nnahme: ktto Klemm, UniversttitSstrahe 1. k«»i- Lösche, Kathartnrastr. 23, p. nur di« '/.» Utzr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage LV,L00. .Xdonnrmrntsprris Viertels. 4'/, Md. tvcl. Bringenohn 5 Mt., durch die Post bezogen 6 Ms Jede einzelne Nummer SO Pj. Belegexemplar 10 Pf. Gebüdren für Lxtrabeilaa»« (in lageblatt-Format gefalzt) «tzne Äostbeiürderuiig 39 Mt. Mit Postdesvrderung 48 MI. Inserate Sgespaltene Petitzrile 20 Pf. Grthere Schriften laut uni. Preisverzeichnis, labellanlcher u. stisterniatz nach höherm larif. Uerlamrn »uter dem Redactlon-strich dle4gefvalt. gelle 50 Pf., vor den Familien Nachrichten die tigespaltene geile 40 Pf. Jnierate find stet« an die Vrprditian zu jeuoen. — Rabatt wird nicht gegeben, gahluug prnaouiuernlliio ober dura» Post, aawnahi»-. 238. Mittwoch den 26. August 1885. 79. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekannlmachitn-. Da« 7. Stück des diesjährigen Geittz- und Verordnung«, blatte- für da- Königreich Sachien ist bei unS eingegangen und wird bi- »um Lv. September diese« Jahre« aus dem Ratbhau-saale zur Einsichtnahme öffentlich auSvängen. Dasselbe enthält: Nr. SO. Verordnung, die Vornahme von Ergänzung«, wählen für vir H. Kammer der Siänbevrrsamm- lung betreffend; vom 1. August 1885. , LI. Verordnung, die Bestellung von Kommissaren für di«Ergänzung-wahlen zur ll.KammerderSlänke- Versammlung betreffend; vom 3. August 1885. » 32. Verordnung, die Besugniß zur Waagenaichung betreffend; vom 5. August 1885. Leipzig, den 24. August 188». Der Rath der Gtadt Leipzig. vr. Georgi. Arumbi'egel. Veklmntmachung. Die Pffasterardeiten bei der Trottoirlegung am Neubau der ll. Bürgerschule aus der Vorkstraße sollen an einen Unter nehmer in Accord verdungen werden. Di« Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, Rathbau«, ll. Etage. Zimmer Nr. l4, au- und können daselbst eingesehen, resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: »Vflastrrarbrtte« «a der H. Bürgerschule" versehen ebendaselbst und zwar bis zum 5. September dieses Jahre«, Nachmittag« S Uhr, einzurrichen. Leipzig, am 21. August 188». Dr« Rath« der Stadt Leipzig Stra-enbau-Deputatton. pclmnnlmachnug. Die Anlieferung von I,21»«,U00 Schleußensteinen tu den im Jahre 1888 auszuführenden städtischen Sckleußen- dauten soll au einen oder mehrere Unternehmer in Accord vergeben wrrd«. Die Bedingungen für dies« Lieferung liegen in unserer Tiesbau-Berwaltung, Rathhau« ll. Etage Zimmer Nr. 14. au« und können von dort entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: Lieferung von Schleu-rnsteinrn im Jahre 1881k" versehen ebendaselbst und zwar bis zum S. September bS. I«. Nachmittags » Uhr einzureichen. Leipzig, am 21. August 188». De« Rath« der Stadt Leipzig Stragrubau-Deputation. Bekanntmachung. Die Herstellung de« mit eisernem Oberbau zu versehenden öffentlichen Aborte- für den Südplatz soll an einen Unter nehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen sllr dies« Arbeit liegen in unserer Tiesvau-Verwaltung, Ralhhau», ll. Etage, Zimmer Nr. l4. aus und können daselbst eingesehen, resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Abort am Südplatz" versehen ebendaselbst und zwar di« zum 8. September ds«. I«., Nachmittag» 5 Uhr, ein- zureichen. Leipzig, am 20. August 1885. De« Rath« der Stadt Leipzig Stra-eabau > Deputation. Generalversammlung der OrtSkraakeneaffe XVIII (Kellner.) Do»»«r«tag den S. September I88S Vtalhmittag« öi Uhr Stadthau-, 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 105. Tage-ordnung: 1) Vorlage de« Statut- zur Errichtung eine« Localder- bande« für Leipzig und Umgegend; -M 2) Mittheilungen Uber den Vermögen-bestand der Taffe; 3) Ergänzung-wahl zum Vorstande. Leipzig, am 24. August 188». Der Vorsitzende Trietschler. Hotz-Auktion. Boa deu aas dem Nau«tz«fer Forstreviere aufbereiteteu HSl- zern sollen TonuerSta«, den S. September diese» Jahre«, von vormittag« S Utzr an 16 8w harte Breaaknllpvel. 132 . weiche- Brennreisig, 11« wllhdrt. Harn« > ^ , 97 - welche« / SS km harte Stöcke und Späue 139 - - Siockscheite und 53 - » Stockspäne — Versammlung aus und der Albrecht«haioer Übergang — in den Abthellungen 4, 23. 30. 3«, 89, 42, 43 uud 47. ln den Abtheilungeu 9 und IS Alle« »nd Listbahn Brennkuüppel, Brennreisig, in de» Abtheiinnge» 9» 1». 16, 42. 46. 49. »1. »4 aud 5», r«»»er»ta,. tzrn I«. September tztese« Jahre«, »on v-rmittaa« V Utzr an 52 fichtene Stämm«, 12—21 om stark «nd 18—19 w laug, km eichen» Nntzscheite : LL «"-»schein. « harte » weiche » hotte« - weiche« 75« vllhdt. weiche« 92 km eichene Stücke »ad Späne — Versammln«« im sogenannten Schlangenwinkel ans der Ihrenaer Allee — meistbietend gegeu sofortige, im Gasttz«fe »ur Statzt Leipzig in N«»»tz«s pi bewirtend« verlang uud unter de, vorher b«ta»nt zu «achrndrn Bedingungen verfteigett werden. A-ntgl. Forstrentamt Warzen «ntz Königl. Forstrevier- Verwaltung Naunhof, den 22. Augnft 188». vachman». Leathold. 5 46 222 24 99 50 13 Aufforderung zur beschleunigten vr» «ntz Entlad«», her «isrntzatznmtzge». Aus Grund un« zugegaugtner Miltheilungen über den steigenden Verkehr und den dadurch bedingten starken Bedarf an offene» Güter- wagen srdrn wir nn» veranlaßt, un« an die Betbelligien mit der Aufforderung zu wenden, in ihrem eigenen Interesse sür intlgltchsl raiche und regrlniähige Be- und Lntladunq der Wage» Sorg» »u tragen, da sonst bei fortdauernder BerkehrSsteigerung, wie sie ersahrungSmäh g um diese Jahreszeit einzutreten pflegt, wieder eine allgemeine Verkürzung der Ladeiristea zu besürchtea sein würd«. Leipzig, den 24. August 188». Die Handelskammer. Vr. WatzSmuth, Bors. vr. Grns»l, S. Nichtamtlicher Theil. Der Altkatholicismus in Löhmen. * Die Proclamiruna deS päpstlichen UnsichlbarkeilS-DogmaS hat bekanntlich seiner Zeit eine große Bewegung in der ge- sammken christlichen Welt bervorgeruse». Auch in vielen katholischen Kreisen Deutschland- und Oesterreichs verhielt man sich gegen jene« neue Dogma ablehnend. Wiewohl die eigentlichen Römlinge vor jeder Opposition warnten unk zur dünden Unterwerfung unter dir Alleinherrschaft de« unfehl baren Papste- rielhen. Die Bewegung war aber einmal unler einem ansehnlichen Theile der Katholiken in Fluß gc- rathen, welche sowohl in öffentlichen Versammlungen al« auch in der Presse erklärten, daß sic dir neue Stellung deS Papste«, die jene« Dogma geschaffen, nicht anzuerkennrn vermögen. I» Folge dieser Erklärung traten viele Katholiken au« der römischen Kircke au» und bildeten unter der Bezeichnung „Altkatdvliken" eigene religiöse Gemeinden, denen alsbald, wenigstens in Dculschland, die staatliche Anerkennung folgte. I» Oesterreich stieß inbeß letztere noch auf mancherlei Hinder nisse, waS leicht erklärlich ist, wenn man weiß, daß dort, trotz der liberale» Außenseite mancher politische» Einrichtungen, drr Hobe katholische Klerus in den maßgebenden Regirrung«- kreisen immer noch einen großen Einfluß besitzt. Auch in Böhmen fand die altkatholische Beweg«?:«) uttler der liberalen deuttchen Bevölkerung großen Anhang, wie sehr auch dagegen, besonder« seiten« keS czechischen Klerus, von der Kanzel und i» össenllichen Bersammlungen geeifert wurde. Die Trennung vieler Deutschböhmen von Rom in Folge ihre« Anschlusses an den AllkalholiciSmu- hat aber nicht allein eine» liberal-religiöse», sondern auch einen bedeutsamen deutscbnationale» Ebarakter, ei» Moment, welche« in dem in Böhmen zwischen Germanismus und SlawiSmuS wogenden Kamps« nicht unterschätzt werden darf. Auf diese deutscknalwnale Bedeutung der altkatholische» Bewegung Böhmen« wird auch in einer Broschüre aufmerksam gemacht, die vor einigen Tagen in WarnSdvrs der dortige altkatholische Pfarrer A. Notel hat erscheinen lasse». Wir erfahren au« dieser Schrift, baß bisher in Bödmen allerdings nur eine altkatholische Gemeinde, die in Warnsdorf, besteht, welche Stabt sich überhaupt durch eine sehr rege Belhei» ligung an der deutschnationale» Bewegung hervorthut. Die altkatholische Gemeinde WarnStorf« begreift aber nahe zu den dritten Theil der aus sechzehntausenv Seelen geschätzten Einwohnerzahl der Stadt und ist durch fort währende Beitritte in stetem WachSthum begriffen. Nach einer Ministerial-Verordnung gehören zur allkalholiscben Gemeinde Warnsdorf auch alle jene im Lande zerstreut lebenden Allkatbolikcn, welche nicht nähere Beziehungen zur altkatholischen Gemeinde in Wien oder Rieb in Oberölierreich habe». Sie wurde bereit« kurz nach der Proctamirung der päpstlichen Unfehlbarkeit und Allgewalt, und zwar am lk. März 1872, in einer großen Volksversammlung gegründet und halte Anfang« mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, da zu ihrem Fortbestand die gesetzliche Grundlage fehlte; denn obgleich die Aushebung de» EoncordaleS unter Anderem auch damit begründet worden war» baß durch die neuen Dogmen der römische Papst ein ganz anderer grwordrn und nicht mehr jener sei, mit dem e« geschloffen worden war, erklärte die Regierung die Allkalholiken, welche jene Lehren verwarfen, dock sür eine neu» ReligionSgenoffenschast. Nach mancherlei Schwierigkeiten, welche noch von den Römlingen in Oesterreich erhoben wurden, erschien am 24. Mai 1874 endlich da« Gesetz bezüglich der Bildung neuer Religion«- genoffei,schäften, woraus sofort die altkatholische Gemeinde in Warnsdorf zusamnientrat und ihre Gemeindeverfaffung der Regierung einreichte. Am 18. Oktober 1877 erschien eine Verordnung deS Cuttu«ministerium«, wodurch die „altkatbo- lische Kirche in Oesterreich" gesetzlich anerkannt und allen anderen in Oesterreich bestehenden ReligionSgenoffenschasten gleich gestellt wurde. Zugleich wurde auch die Gemeinde in WarnSvors und da- Statut behördlich genehmigt. Seitdem erfreuen sich die Altkatholikrn gesetzlich geregelter Zustände, sind aber in Betreff der Erhaltung ihres kirchlichen Gemein wesen« bis jetzt noch ganz auf ihre eigenen Kräfte angewiesen. So erbaute sich dir altkatholische Gemeinde in WarnSvors au» Beiträgen ihrer Mitglieder und unterstützt durch einige Freunde der Reform ein schöne«, geräumige« Gotteshaus und bestreitet den nicht unbeträchtlichen JahreSauswand für Besoldung der Angestellten und andere Bedürfnisse durch Umlagen aus ihre Mitglieder. In den übrigen Tbeilen de» nördlichen Böhmen leben noch viele altkatbolische Familien und einzelne Personen diese- Bekenntnisse» zerstreut. Besonder» zahlreich sind dieselben in brr Umgebung WarnSvors«, in den Ortschaften Niedergrund. Rumdurg, Sckönlinde und Ehrenberg vorhanden. In MristerS- dors, im Amtsbezirk Tetschen, bestebt gleichfalls eine sestge- gliederte zahlreiche altkatholische Gemeinschaft, die von An fang an treu zu den Ihrigen bält; dasselbe gilt von der Geineiosckast in Krima aus dem Erzgebirge, die aber nicht so zahlreich ist. da ihrem Anwachsen die weite Entfernung von der Muttrrgemeinde große Hinberniffe in den Weg legt. Auch in der ülbegegend, in Aussig und läng« de« Erzgebirge- Hin leben sedr zahlreiche Anbanger noch au« der Zeit der siebziger Jahre her, wo sich eine sechzehn Ortschaften um fassende Gemeinde gebildet hatte, die aber, unlrr der Ungunst! der Zeiten leidend, mit dem Ableben ihre« wackeren Seel sorger« Cassiaa Spitaler wieder zerfiel und sich bisher nicht wieder sammeln konnte. Wie wir der iotereffante« Schrift de« altkatholische» 1 Pfarrer« Nittel weiter entnehmen, hat sich in nenrster Zeit die altkatholische Bewegung besonder- lebhaft im Jsergebirge entwickelt, von tüchtigen Männern geleitet, zieht sic dort immer weitere Kreise und zählt ihre Mitglieder in den Ort schaften Tiesenbach. Tannwald, Sckiuniburg. Polaun, Przicko- witz, Desscndors, JolesSthal, Maxdors, Antoniewatd. Wiesen- thal, Hennersdorf. Scklag und Gablonz a. N. Innerlich so weit erstarkt, daß sie eine eigene von WarnSvors unabhängige Gemeinde bilden kann, hat sie hierzu bereit- die nötbigcn Einleitungen getroffen und da sie bereits einen eigenen Seel- orger besitzt, so ist voraussichtlich ihre Eonstiluirung nur noch eine Frage der Zeit. Die Römling« scheinen sich also gründlich getäuscht zu haben, wenn sie annahmrn, die altkatbolische Bewegung werde alsbald im Sande verlausen, wodurch die „Abtrünnigen" von selbst in den Sckwoß der römlsch-katboliscben Kirche und unter die Alleinherrschaft de« unfehlbaren PapslcS zurück- kehren würden In Böhmen wenigsten« ist von einer solchen „Umkehr", wie wir au« der Schrift de« genannten altkatholische» Pfarrer« in WarnSvors entnebmen, durchaus nickt» zu ver spüren. Eine solche »Umkehr" stände auch geradezu in direktem Widerspruche zu der deutschnationalen Bewegung Böhme»«, die sich mit dem geistlichen Rom und dem unfehl baren Papste gewiß nichl verträgt. Leipzig, 26. August 1885. * Man schreibt un« au« Berlin: „Die ab und zu aus. tauchenden Gerüchte Uber die parlamentarischen Dis positionen sür den nächsten Winker sind selbstverständlich verfrüht. Es ist allerdings angebracht, einmal wieder dir Frage einer zweckmäßigeren Zeiteintbeilung anzuregcn. In der letzten Saison hat die ReickSrcgierunq m»t dem Reich«, tage eine säst vollständige Rücksichtslosigkeit gegenüber dem gleichzeitige» Tagen anderer parlamentarischer Versammlungen durchzufübren versucht. Vom Januar bi- in den Mai hinein haben Reichstag und preußischer Landtag nahezu ununterbrochen nebeneinander gesessen- waS man früher sür unmöglich gehalten, schien über alles Erwarten günstig gelungen zu sein. Aber eS schien doch nur so. That- säcklich haben sich alle die Unzuträglichkeiten, die man von früberem kürzeren Zusanimentagen her kannte, in vergrößertem Maßstabe herauSgrstellt. Der Reichstag bat allerding« „gearbeitet wie nie"; er hat die weitaus größte Zahl von Plenarsitzungen aufzuweisen gehabt, deren sich eine einzelne Session jemals rühmen konnte; auch die Zahl der Eommissioii-sitzunaen war erstaunlich groß. Aber da« Ergebniß all dieser Müden war dock ein reckt gering fügiges. Wir wollen nicht behaupten, baß der szegenmärtige Reichstag an absoluter LelsiuugSsäkigkeit hinter seinen Vorgängern zurückstehe, aber daß die Qualität seiner Arbeit durch baS andauernde gleichzeitige Tagen de« Landtag- berab- aedrückt worben ist. wird Niemand, der die Dinge in der Nähe beobachtet hat, bestreiten können. Es ist ja auch nickt ander- zu erwarten. Wie die Dinge in Deutschland einmal liegen, ist eS nicht nur natürlich, sondern auch erwünscht, daß eine Anzahl gerade der bedeutenderen Parlamentaricr dem Reichstage und der Volksvertretung ihres HeiinathlanveS zu gleich angehört. Wir glauben nicht, daß sich eine Aenderung diese« Verhältnisse« durch ein beständige- Nebeneinander lagen erzwingen ließe. Wa« aber mit Sicherheit die Folge ist. daS ist, daß die parlamentarischen Geschäfte mit weniger Umsicht und Nachdruck geführt werden, al« wenn sich die leitenden Persönlichkeiten der verschiedenen Parteien denselben im Reichstag ober Landtag allein au-schließlich und mit ganzer Kraft widmen können. ES ist dann, wie wir soeben gesehen haben, nicht zu vermeiden, daß sich die Sessionen gar sehr in die Länge ziehen. Und da« sollt« man im Reichstage am ersten zu verbüken suchen I Wären in der letzten Session nicht die sehr concreten Interessen de- Zolltarif« im Spiele gewesen, der Reichstag wäre in seinem letzten Drittel au« der chronischen Beschluß- unsähigkeit gar nicht herausgekommen. Man kann eben in Deutschland einer derart eingerichteten Volksvertretung nicht zumukhen, die Hälfte de« Jahre- und darüber hinaus in Berlin zuzubringen. Kurze Sessionen sind da« Eorrelal der Diätenlosigkeit. ES wäre daher dringend zu wünschen, daß eine Wiederholung de« Nebeneinandertagen«, wie im letzten Winter, demnächst vermieten würde. In diesem Jahre kommt noch dazu, daß außer dem preußischen und den sonst alljähr lich zusammenlretenven Landtagen auch noch in Bayern und Baden Sessionen stattfinden. Die letzteren beginnen früh- zeitig im Herbst. Da dürfte eS wohl baS Zweckmäßigste sein, wenn auch der preußische Landtag etwa Anfang November berufen würbe. Eine besonder- arbeitsreiche Session wirb demselben zunächst wohl nickt zugedacht sein. Man wird an. nehmen dürfen, daß er bi« Ende Februar seine Geschäfte er ledigen könnte. AlSdann würde drr Reichstag etwa Mitte Februar zusammentreten können und sür die wichtigen Auf gaben. die seiner warten, den Rest der parlamentarisch-« Jahreszeit allein zur Verfügung haben. Ist aber ein Zu- sammcntagen auch diesmal unvermeidlich, so sollte man wenigsten» abseitig bestrebt sein, e« aus da- möglichst geringste Maß zu beschränken." * Die „Kölnische Zeitung" hat aus die Bemerkung der ultramontanen Presse, ihre Ausführungen über „ultra montane Vaterlandsliebe" litten an ehrwürdigem Alter, auch grünere Ruthen bereit: „Am 7. Mai 1875, bei Berathnng de« OrdenSgrsetze«, wurde im preußischen Ab- geordnetenhause daran erinnert, wie ein in die ullramontane Politik eingrweihtrr Mann, der Hosrath vr. Buß, Professor de« Kirchenrecht» zu Freiburg i. Br. und — sür seine lite rarischen Anstrengungen zu Gunsten der „Giauben-einheit" — Ehrenbürger in Tirol, nach dem unblutigen Zusammenstoß bei Bronzell sich äußert«: ,.E« ist dieser friedliche Aus gang der Differenz mit Preußen «in großer Schlag sür di« katholisch« Kircke. Steht unser Radetzki einmal in Berlin, so ist die Burg de- Protestanti-mu» gefallen. . . . DaS Kaiserreich muß wieder errichtet werden, und diese Schirmvogtei, mit den Bajonnetten von 70 Millionen hinter sich, wirv die dreifache Krone deS Papste» wieder zur Gesetzgeberin Europa- machen. Für diesmal ist Schwarzenberg zu schwach gewesen, seinen großen Gedanken durchzusühren. Tie Kircke wird mit ihren Mauerbrechern die Burg de- Protestanti-mu« langsam zerbröckeln müssen. Wir werden in den vorgeschobenen norddeutschen Distrikten die zerstreuten Katholiken sammeln und mit Geldmitteln unterstützen, damit sie Pionniere nach vorwärts werden. Mit einem Netz von katholischen Vereinen werden wir den alt- protesiaotischen Herd in Preußen von Osten und Westen um klammern. durch möglichst viele Klöster diesen Klammern Halt geben, so den Protestanti-mu- erdrücken, die katholischen Provinzen, die der Kirche zum Hohn der Mark Brandenburg zugetheill worden sind, befreien und die Hohenzollern, unschädlich machen". * Dem Vernehmen nach hat da- LandeScomit» deS national liberalen WahlvereinS sür Nassau, welche- infolge der Abwesenheit der Mehrzahl seiner Mit glieder verhindert gewesen war, zu den überraschend schnell verlaufene» Vorgängen bei der Ersatzwahl im ersten naffau- scken Reichstagswahlkreise Stellung zu nehmen, in einer am 22 August stattgehabten Sitzung cuistiminig beschlösse»: .mit Rücksicht aus die bei der gedachten Wahl ausS Neue ge machten Ersabrungen den Parteigenossen in allen nassauiscken ReickStagS-undLanbtagS-Wablkreiscn a us daSDringendste zu empfehlen, unter keinen Umstände» Wahlbündnisse mit der dcutschsreisinnigen Partei einzugehe» oder auch nur anzustrcben/ * In der Frage der SonntagSarbeit ist bekanntlich von der socialdemokratischen Partei eine Gegrn- Untersuckung veranstaltet worden, deren Ausführung daS Rohleder'schr Bureau in München übernommen hat. Dasselbe bat nun an die bei ihm angemeideten Fachvcreine Frage bogen entsandt, soll aber dabei nur ein geringe« Entgegen kommen finden, indem sich bi« jetzt von ca. 470 Vereinen kaum SO bereit erklärt haben, die ihnen übertragene Arbeit zu erledigen. Wie kürzlich gemeldet wurde, hat auch die Regierung ihr« Fragebogen die SonntagSarbeit betreffend den Fachvrreinrn unterbreitet, und bleibt nunmehr abzu- warten, ob sie damit «in günstigere- Resultat erzielen wird. * Mohsin Khan, drr außerordentliche Botschafter de« Schab« von Persien, ist mit einem Handschreiben desselben an den Kaiser bereit- am Sonntag Vormittag au« Teheran in Berlin angekommen und hat sür die Dauer seine» Aufenthalte« in Berlin mit seinen Begleitern, den General- Eonsuin Mirza Mahomed Kban, Havji Mirza Hussein Khan und Hadji Mirza Räzi Khan, sowie dem Oberst Mirza Hassan Khan, welcher als Dolmetscher sungirt, und seinen Dienern im Hotel de Rome Wohnung genommen. * Die Panslawisten inOesterreich brechen anläßlich der Kaiserzusammrnkunft in Kremsier in ungezügelten Jubel auS. EA kann sich eben in Oesterreich heute kein noch so friedliche« Errigniß vollziehen, ohne daß e« die nationalen Leidenschaften aus« Heftigste erregte. Die natürlichsten Vor aussetzungen werden umgestürzt, wenn man nur der nationalen Begehrlichkeit srvhnen, sie ins Ungemessene steigern kann. Je friedlicher sich die Beziehungen Rußland- zu Oesterreich ge stalten, desto geringere Bedeutung gewinnen die panslawistischen Bestrebungen; gilt e« dock als Dogma der russischen, wieder österreichischen Panslawisten, daß der Weg nach Konstantinopel über Wien gehe, daß also ein slawische« Oesterreich der russi schen Patronanz anheimsallc. Die freundschaftliche Begegnung dcS Zaren und des Monarchen von Oesterreich sollte doch, wie natürlich, alle panslawistischen Hoffnungen auSschließen; man sollte meinen, daß die österreichischen Panslawisten wenig stens schon darum keinen Grund zu frohlocken hätten, weil die österreichischen Polen, also slawische Stammesbrüder in Oester reich. die Reise de« Zaren nach Kremsier durchaus nicht sympatbisch begrüßen. Aber diese Zweitbeilung der slawischen Well in Oesterreich wird im Freudentaumel übersehen, denn die Herrscher der beiden »siawlschen Monarchien" verbrüdern sich. Man vergißt auf eine kurze Spanne Zeit die dem PanslawiSmuS freilich unbequeme Thatsache, daß da« deutsch- österreichische Bündniß die feste FrievenSgrundlagc in Europa bildet, daß eS da« Vorrecht besitzt, viel älter zu sein, al« die jetzige Annäherung Rußlands an Oesterreich, man vergißt endlich, daß. wenn man schon über die Deutschen Oesterreichs zur Tagesordnung übergeht, dennoch den Magyaren die Staatsklugheit gebietet, am deutsch-österreichischen Bündniß vor Allem festzuhalten. Allein diese nüchternen Erwägungen sollen während der Festtage zu Kremsier nicht zu Worte kommen. Der Traum von den beiden verbündeten slawischen Monarchien ist zu schön, al» daß ihn nicht die Majorität der österreichischen Slawen, Ezechoslawen, Slowaken, Kroaten und Slowenen träumen sollte. * Der kühne Bürgermeister von Prag, oder —um da« verhaßte deutsche Wort „Bürgermeister" zu vermeiden — der Prima ter der Hauptstadt beS Königreichs Böhmen, vr. Ezerny, wird seil seiner Ansprache an den Erzbischof Grasen Sckönborn al» der Hüter der Wenzelskrone, al« nationaler HcroS gefeiert. Der Prager Stadtrath ehrte ihn in besonderer Weise und eine mächtige, fieberhafte Erregung gehl durch da« ganze czechoslawische Volk in Böhmen. Mähren und Schlesien, die von der Presse unermüdlich genährt wirv. Am Heftigsten wird der Kamps von dem Hauptcrgan der Jungczechen. „Narodny Listy", geführt. Der Monarch sei verpflichtet, seine Schuld einzulösen, die Länder der Wenzels krone feien kein Bestandlbeil der Gesammtmonarchie. sondern nur durch einen Vertrag an Oeflerreick gebunden. Böhmen, Mähren und Schlesien bilden ein unabhängige« Ganze. Co unverblümt wurde von den Czechen diSber noch nie gesprochen. Jndeß fährt man auf czechiscker Seite fort, die famose Gleich berechtigung auch praktisch durchzusühren. Die altberübmlc deutsche Universität zu Prag soll nach Kräften in ihrer Wirk samkeit geschädigt werden. Man verbittert systematisch die Existenz deutscher Lehrkräfte und schont auch den gesetzlich garantirten Besitzstand der deutschen Lima mater nicht. So wurden laut einer Verfügung de« Unterrichtsministeriums die Räume der zweiten medicinischen Klinik der deutschen Univer sität der czechischen Klinik zugewiescn. Nun besitzt die deutsche Universität statt eine wohleingerichtete Klinik ein armselige«, einer Universität absolut unwürdige« Flickwerk von einer Klinik. Dir böhmische Sparkasse, bisher ein deutsches, blühende« und wirthschastlich einflußreiche« Institut, da« von seinem Reinertrag vorzugsweise deutsch« Institutionen zu unterstützen pflegt, wird nunmehr ein leidenschaftlich um strittene« Kampsobject feiten« der Ezechen zu Prag. Die böhmische Spärcosse ist eine deutsche Burg, die in die czechisirte Gegenwart Prag« hereinreicht. Diese deutsche Burg soll fallen, wie da« LandeSmuseum, wie die Handelskammer, wie drr Gewerbrverein u. s. w. allmälig i nelen. Im Namen der .Gleichberechtigung" wird ein I starker Terrori-mu» aus den bisher deutschen Direktion«. I rath auSgeübt; man verlangt, daß dieser Direction-roth sich durch Ezrchen cvoptirr; gelingt «- den Ezechen, ihr« Forderung
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