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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.09.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-09-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188509019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-09
- Tag1885-09-01
- Monat1885-09
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.09.1885
- Autor
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Erscheint täglich jrüh 6'/, Uhr. Nkdaclion und Lrpkdition JohanncSgasse 8. SprrMlnidrn der Uröaction: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag- 5—6 Uhr. Attl dt» NIl<t,-d> eu>,»t»»tlcr v!anm:r>»t» «»Id« S« tu «u«»aua midi »crvuu>tud. Aauah«? Vrr für Sie nächftk«l>eu»e Ru«mrr bestimmte» Inserate a» Wochentagen bis 3 Uhr Nachmittags, an Sonn- nnv Festtage» früh b»S ' ,S Uhr. 3« drn Filialen fiir Ins.-^nnahme: ktt« klemm, Univerfitätsstraße 1. LoniS Lösche, Katharineastr. 23, p. n»r bl« '/,S Uhr. Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage L»,I«v. zlionnemenlspreis viertel;. 4'/, Mlt. incl. Bringerlohn 5 Mt., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren iür Extrabeilagen sin Tageblatt-Format gesalzt) ohne Bostbetörderung 39 Mt. mit Poftvesordcrung 48 Mt. Inserate Ogeipaltene Petitzeile 20 Ps. Größere Sckriiren laut uni. Preisverzeichniß. Tabeilarächer u. Ziffcrniatz nach höherm Tarif. llrrlamen unter dem Redaciionsstrich die4gesvalh Zeile SO Ps.. vor den Familien Nachrichten die Ogeivallcne Zeile 40 Pi. Jaieraie sind Ilers an Die tirprottion zu jenden. — Rabatt wirb mm gegeben. Zahlung pruenumernn,«, oder durcp Post- uowuahine. 244. Dienstag den 1. September 1885. 78. Jahrgang. Jur gefälligen Achtung. Morgen Mittwoch, den S. September, wird aus Anlaß der Sedan-Feier unsere Expedition von IO Uhr ab geschlossen bleiben. LxpelUtlun <168 I^iprlxvr ^axedlattes. Amtlicher Tlieil. SeSrntliche Sitzung der Stadtverordneten Freitag, den 4. September I88S, Abends v'/, Uhr, im Saale der I. Bürgerschule. TageSorv nung: I Wahl von je einem Mitglied? in n daS Armendircctorium, d. die Deputation der Albrechts-Stiftung und c. den gemischten Schulausschuß an Stelle deS verstorbenen Herrn BiccbUrgermeisterS a. D. vr. Stephani. II. Bericht über die RathSvorlagen, betreffend: a. Verände rung der Beleuchtungsanlagen in der Dorotheenstraße; d. GaSröhrenlegung >n der Centralstraße und auf dem Dorotheenplatz; c. Herausnahme und Neulegung von GaSrvbren in der Magazingaffe; ä. Erlaß einer von Herrn Thiem« verwirkten Convcntionalstrase. III. Bericht deS VersaffungS- und Finanzausschusses über Er- richkung eine- 2. Nachtrages zur Sparcaffenordnung der Stadt Leipzig. IV. Bericht deS Finanzausschusses über: «. die Vorlage betreffend das Gesuch deS Herrn <I. de Liagre um Erlaß einer Grund- erwerbSsteucr und einesArmcncasscnbeilrages; b. Erhöhung deS jährlichen Beitrages an den Verein für die Geschichlc Leipzig; c. Beibehaltung der Fernsprecheinrichlung im Museum. Vekanntinllltznng. AuS Anlaß der Feier des Sedanlagc» werden am 2 Sep tember d. I. nur Anmeldungen von Todtgeburten und Sterbesällcn und zwar Vormittags von 8 bis 9 Uhr expedirt, und ist auch nur während dieser Zeit die in den Standcs- AmtS-Localitäten befindliche FriedhofScaffe geöffnet. Leipzig, den 31. August 1885. Das Königl. Sachs. Standesamt. Bekanntmachung. DaS Krankenversicherungsamt blctbl am 2. September c. geschloffen und sind die aus diesen Tag fallenden Einzahlungen der OrlSkrankencaffen VII bis XII am daraus folgenden Donnerstage zu leisten. Leipzig, am 3l. August 1885. DaS Kran?enverficherunqSamt der Stadt Leipzig. Winter. Sedan-Z-eier. Tie hiesigen Handelsfirmen »nd Stewerbtreibrnden «erden ersucht, durch Schlich»»« ihrer VeschästSlorale am S. Lepiembcr d. I. zur Feier des NationalsestrS helzutragen. Leipzig, den 27. August 1885. Tie Handelskammer. Die titewerbekammer. vr. Wachsmuth, Bors. D. A. Oehler, Bors. vr. Gensel, Secr. Herzog, Sccr. Bekanntmachung. Am 2. September d. IS , dem deutschen Nationalfesttage, bleibt die Börse geschloffen. Leipzig, den 22. August 1885. Der Börsenvorstand. Königliches HymnaKnm. Zur Feier des Scdansestes Mittwoch den 2. September früh 9 Uhr ActnS (Festredner Pros. vr. Bernhardt) und Schauturnen, wozu im Namen des Lehrerkollegiums ergebenst einladet Leipzig, am 31. August 1885. Richard Richter, Rector. Städtische Realschule. Der Schulart»» am Ledanseste wird Vormittags 9 Uhr be. ginnen. Herr Oberlehrer Lange hat die Festrede übernommen. Alle Gönner und Freunde der Schule werden hierdurch zu dieser Feier ergebenst cingcladen. Der Direktor. Sedanseier der Ttzomasschute. Zu dem am 2.' September Vormittag- '/,S Uhr stattfindenden Schulactus beehre ich mich hierdurch ergebenst einzuladcn. Leipzig, am 31. August 1885. vr. Jungman«. Bekanntmachllllk Wegen Neupflasterung wirv die Marienstra-e aus der Strecke vo» der Sckützenstraße bis zur Kreuzung mit der Salomonstraß? und einschließlich der Kreuzung von DonncrStaq, drn 8 September d. I. ab bis aus Wettere« für allen unbefugten Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 29. August 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georg«. Hennig. Bekanntmachung. Nachdem wir beschlossen haben, den Termin deS Inkraft tretens des von »nS unterni 9 Juni d. I. bekannt gemachten Regulativs, die Beleuehtnng der Treppen und Höfe in bewohnten tdebauden betreffend, um 1 Monat hmauSzuichieben, bringen wir hierdurch zur öffentlichen Kennt- niß, dah dasselbe nunmehr am 1. Oktober 1885 in Kraft treten wird. Leipzig, den 29. August 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Georgi. Hennig. Bekanntmachung. Die diesjährigen Zinsen der Areae'schen Stiftung zur Belohnung treuer und völlig unbescholtener Dienstboten, welche mindestens 20 Jahre hindurch bei ein oder zwei Herrschaften hiesiger Stadt gedient haben, sind am heutigen Tage mit je 56 .<? 50 an Johanne Vrfurt auS Frankenbausen i. Thür., Golllieb Hermann Horn au» Püchau, Friederike Kupfer auS Allenhain, Amalie Menzel au« Belgern a/Elbe, Caroline Wilhelmine Röber auS Brandts, Johanne Schiebt au» Gleina (Lausitz) und Auguste Laura Schumann auS Lausigk auSgezahlt worden. Leipzig, den 29. August 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Krumvtegel. Erledigt hat sich die unterm 21. lfd. MtS. erlassene Bekanntmachung, den Steindrucker Heinrich August Alfred Hüttner betreffend. Leipzig, den 28. Auqust >885. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armenamt.) — Winter. Dolge. Viebüahls - Bekanntmachung. Gestohlen wurden alldier erstatteter Anzeige zufolge: 1) ein Loiiimcrüberzteher von schwarzem glatten Stoff mit verdeckter Batterie, überiponncne» Knövien und schwarzem Futter, an- einer Wohnung in Nr. 44 der Moltkcstraße, im Lause dir. MtS.; 2) eine braunlederne, innen mit Stickerei versehene Brieftasche, enthaltend einen FunfjigmarkschelN, ans einem Gastiocal in Nr. 20 de- Peterssteinweges, am 20. dis. MiS.: 3) ein Paar ziemlich neue Herrenitirfelrttr«, mit Gummiein. lätzen und hohen Absätzen, an der äußeren Seite je mit süns schwarzen Knöpfen besetzt, an- einer Stube in Nr. 19 der Winter gartenstraße. am 23. dss. Mt-.; 4) drei Paa wollene, braune und dnnkelblaue MannSsackcn. zwi Paar baü »wollene, braune Frauenitrünipsk, ein Paar gra». wollene oergl. und sieben Stück verschiedenfarbige Taschentücher, darunter ein braunseidenes kindertascheniuch, sämmllich „6. O.", O.", „O." uiid .,1V." gezeichnet, aus dem Hofraume de- Grund stücks Elisenstraße Nr. 2. am 24. dss. Mts.; 5) ein Tommernbrrrieher von glattem, ziemlich schwarzem Stoff, mit schwarzem Wollatlasfutter, zwei inneren Brusttaschen, Seüentaichen und Billettäschche», au- einem Gastlocal in Nr. 1 der Schützcnstraße. am 24 dss. Ml«.; 6) elf Stück weistleinene Arauenhkmden, „IV. 8." 7, 8, 9, 10, 11, 12 gezeichnet und ..IV. 8." 7. 9, 10, 11, 12 gestickt, drei Stück Daniaft-Tischtücher, „IV. 8." 4. 5, 6 qez., ein weißleinener Bcti- überzng, eine blauleincne Arancnschnrze, ein buntgeblümte« bauniwolleiiks Kopftuch und ca. 17 Ellen '/« breite weiße Lei»- wanS, a»s einer Bodenkammer in Nr. 22 der Kreuzstraße, am 24. dss. Mts.; 7) ein Jacket von dunkelbraunem, blau- und schwarzmelirtem Stoff, mit einer Reihe schwarzer Steinnußknöpse und schwarzem Wollatlasfutter, aus einem Gastlocal »i Nr. 43 der Querstraße, vom 24. bis 26. dis Mts.; 8) vier Stück Nchgcweihc in graue« Papier eingepackt, auS einem Geicbästslocal in Nr. 12 der Katharinenslraße, am 27 dis. MtS.; 9) ein Portemonnaie mit Klapve und gelbem Schlößchen, ent haltend ra. 47 .Sk, in einer Doppclkrone, einer Krone, einem Füns- markichein und div. Münze, au« einer Schlafstube in Nr. 23 der Burgstraße, am 27. dss. MtS.; 10) ein Jacket von dunkelbraun melirtem Stoff, mit einer Reihe schwarzer Steinnußknöpse, schwarzem Futter und Borden- einsassung, eine Hose und eine Weste von gleichem Stoff, au« einer Wohnung in Nr. 37 der Sternwartenstraße, am 29. ds«. Mts.: 11) eine Hose von hellblauem Stoff und ein Geldbetrag von 1ö Mark in drei Tdalern und einem Markstück, au« einer Wohnung in Nr. 31 der Reichsstraße, am 29. dis. Mts.; 12) ein Taillenroik und eine Weste von schwarzem geriesten Stoff, eine Hose von schwarz-roth- und weiß schmalgestreistem Stoff, eine dreisträngigc Haarkette mit Goldbeschiag, ein goldenes schwarz- emaillirtes Medaillon und verschiedene aus den Namen „ckulius Orunert" lautende LegitimatianSpapirre, an- einer Wohnung in Nr. 22 der Koklenstraße, am .30. ds-, Mts.; 13) »in Hose und eine Weste von schwarzem, mit rothen und grünen Fäden durchwirsten Stoff, aus einer Wohnung in Nr. 74 am Brühl, vom 28. bis .30. dsS. MtS.; Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstände oder den Thäter sind ungesäumt bei unserer Triminal- Abtheilnng zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 31. August 1885. Das Polizei-Amt der Trabt Leipzig. Br et sch ncid er. vr. S. Bekanntmachung. Der diesjährige zweite Noß- und Viehmarkt in Volkmarsdorf-Leipzig findet Dienstag, den 8. September dieses Jahre» statt. Der «emeinderath daselbst. Lehmann. Wgl. Nichtamtlicher Theil. Herr von Schönerer in Böhmen. * In unserem Nachbarland?, wo der nationale Kampf zwischen Deutsche» »nv Czechen niemals ruht, kommt natur gemäß auch die Agitation im Lager beider Parteien nicht zum Stillstände. Da vergebt kaum eine Woche, ja kaum ei» Tag, ohne irgenv ein neues politische« Ercigniß. So meldet man wieder seit einigen Tagen, daß im Lause deS September in mehreren böhmischen Landstädten deutsche Parteitage ab- qehalten werden sollen, zu denen auch der bekannte Führer der radikal rentichnationalcii Partei in Oesterreich, Herr von Schönerer, sein Erscheinen mit mehreren Gesinnungsgenossen zngesagt babe. Die zur Feststellung deS Parteiprogramms ausgeschriebene Vorversammiung hat auch bereits in Kaadrn unter massenbasler Betbeiligung in bester Ordnung statt- gesunden. Herr von Schönerer war dazu mit seinen beiden Parteifreunden Polder und Kraulinann erschienen und ward mit stürmischem Beifall zum Vorsitzenden gewählt. Diese Borversammlung war umso bemerkenswertster, weil daraus hervorging, daß die radikal keulschnationale Partei auch unter den Deutschen Böhmens immer größere Kreise zu ziehen beginnt. Wie wir dem Kvmotauer »Deutschen VolkSblatt" ent nehmen, hielt Herr v. Schönerer eine säst zweistündige, höchst beifällig ausgenommcne Rebe, in der er daS Programm der Partei zu entwickeln versuchte. Dasselbe gipfelte in der For derung. die Deutschen Oesterreich» müßten sich vor Allem ganz und gar von jeder Verbindung nut dem SemitismuS lossagen, wenn sie auf nationalem Gebiete etwas erreichen wollten. .Oesterreich", sagte unter Anderem Herr v. Schönerer wörtlich", ist bekanntlich ganz und gar in den Händen der Semiten. auS denen eS befreit werden muß, wenn eS nicht völlig zu Grunde gehen will." Diese Befreiung müsse den ersten Programmpunct der deutschnationale» Partei Oesterreichs bilden, ja wer für diese Befreiung nicht mit allem Nachdrucke einlreke, sei nicht würdig, ein Deutscher zu heiße».— DieserSleUc derRcde Schönerer's folgte ein mimitenlangerBeisall der Versammlung, in den sich indeß einige Zischlaute mischten. Darüber entstand große Aufregung und unter dem Rufe: „Hinaus mit den Juden!" wurden mehrere Personen vor die Thür gesetzt. Nachdem die Ruhe wieberhergestellt war, führte Schönerer seine Anschauungen über die Wirthschasls- politik zu Ende, die in Oesterreich drskalb so im Argen liege, weil sie dort ausschließlich von Rothschild und den übrigen semitischen Grogcapitalisten zum Nachtheile der Völker Oesterreich» bestimmt und ausgenutzt werde. Nack Schönerer sprach Herr Polzer und warnte besonders die dcutschböhmische Bevölkerung, sich von gewissen Abge ordneten ins Schlepptau nehmen zu lassen. Wenn sich auch dieselben den Anschein gäben, Männer der sogenannten .schärferen Tonart" zu sein, so träten dennoch schon Anzeichen zu Tage, daß sie im nächste» Reichsrathc zu der Opportuni- täkSpartei überlaufen dürsten. In dem deutschen Club deS österreichischen Abgeordnetenhauses, schloß Polzer, dürsten nur Dei'.lschc sitzen; Semiten müßten von ihm unbedingt auS- g »hlosien werden. Diese Acußerung hat in einigen deutsch- böhmischen Blättern gemäßigter Richtung großen Anstoß «gl. Dieselben fragen unter Anderem: ,,WaS hat denn ' V^-I'erer sammt seinem ganze» Anhang jemals für die -Ärunöi.ng eoieS deutschen CiubS ge'han? Er war uns blieb im Parlamente jederzeit ein Wilder, ein Gegner aller DiScipli» und nationaler Geschlossenheit. Auch heute erklärt er noch, einem deutschen Club nicht beitreten zu wollen, wenn dieser letztere nicht die Judenverfolgung auf sein Programin seht. Und so Etwas pilgert in unser deutsches Böhmen, nimmt die Ehre der deulschen Clubbildung, die von unseren Abgeordneten auSging, sür sich i» Anspruch, wagt eS, die Vertrauensmänner des Volkes zu verdächtigen, und wird nicht aufgesordert, die Versammlung zu verlassen." Ucberhaupt hat diese Vorversammlung zu den deutsch- böhmischen Parteitagen in manchen deutschen Blättern ded Landes großen Lärm erregt, einen Lärm, der leider nur allzu benllich beweist, daß die Einheit und daS geschloffene Vor gehen der Deutschen Böhmens »och Vieles zu wünschen übrig lasten. Die Czechen jubeln natürlich über diese Spaltung iiii deutschen Lager, die gerade gegenwärtig wieder reckt offen kundig hervortritt. So spricht sich beispielsweise gegen die Vorversammiung in Kaaden ein deutsches, oder minresteils in deutscher Sprache erscheinendes Prager Blatt in folgender Weise aus: „Unsere mackeren deutschen LandStcute sind noch immer zu höflich. Es wird noch einiger Schulung durch Harle Opposition unv nocheinigerIahrenationaler Erziehung bedürfe», um ihnen allerorten zene deutsche Geradheit einzuimpsen, welche allen politischen Glücksrittern kurzweg die Thür weist. Da reist gegenwärtig in der stillen politischen Zeit, in der nickt alle Wachen aufgezogen sind. Herr Schönerer als politischer Schmuggler im Lande umher, und siehe da: eS giebt gut deutsch und freiheitlich gesinnte Orte, in denen der windige Phrasenspeculant seine Kundschaft findet. Herr von Schönerer ist ein ganz schlauer Mann. Er hat weder den Muth, noch den Freimulb, einen offenen Krieg gegen die deutschen Vertreter des Landes zu führen. Auch ist ihm hier und dort schon derart heimgelcucktet worden, daß ihm die Lust, Stirn an Stirn unseren bewährten Führern entgcgen- zutrcten, längst vergangen ist. Nun wirbt er da und dort ganz in der Stille ein Häuflein Separatisten, läßt sich in Conventikeln huldigen, hall halb geheime Versammlungen ab. von denen nur zufällig ctwaö in die Oesfentlichkeit dringt, unv hofft so einen Samen auöznstreuen, der zur rechten Zeit ausgehen wird." Nun, wir sind gerade auch keine Anhänger der radikalen Theorien deS Herrn v. Schönerer, aber mit dem eben an geführten Tone jene» deutschen Prager Blattes können wir >i»S schon aus dein Grunde nickt einverstanden erklären, weil sein gehässiges Wesen wahrlich nicht dazu beitragen wird, die Einigung der verschiedenen Parteien unter den Deutschen Böhmens herbeizufübren. UcberkicS ist eine solche taktlose Polemik nur dazu a»gelban, den Czecbcn keine Hobe Meinung von der Widerstantsäbigkeil der deutschen Opposition bcizn- bringcn, dig ;a ciiigcstaiidciierniaßen in so viele, sich gegenseitig heftig befehdende Fraktionen zerfällt. Um schließlich nochmals aus die Versammlung in Kaaden zurückzukomme», mag auch die Rede de« Herrn Krauiman» gegen die Corrupticn der österreichischen TageSpresse erwähnt werden. Während diese Rede in Kaaden mit stürmischem Beifall ausgenommen wurde, stößl sie in der Prager deutschen Presse gleichfalls aus Widerspruch. So schreibt ein deutsches Prager Blatl wörtlich: „UnS liegt eS so fern als möglich, in Abrede stellen zu wollen, daß ei» Tbeil unserer Presse cor- rumpirt ist. Wir haben über diese- Thema weitläufig und mit jener vollen Unbefangenheit gesprochen, zu der »nS unsere bescheidene, aber über jeden Berdackt erhabene Stellung be rechtigt. Auch an Vorschlägen zur Gesundung haben wir eS im Interesse der Partei urid der Cullnr. welche eine gute Presse nickt entbehren können, für unseren Theil nicht fehlen lasten. Aber iff denn hente wirklich schon jeder DercinS- schwätzer berechtigt, die Presse in Bausch und Bogen zu begeifern und in abgedroschenen Phrasen einen Stand zu verunglimpfen. der Hunderle von ebrcnbastcn, fähigen und verdienstvollen Vertretern in sich schließt? Ist eS jedem Wiener Bezirksberger, der seinen ganzen Phrasenvorralh aus den schlechtesten Artikeln der schlechteste» Zeitungen schöpft, bereit- gestattet, in unserem deulschen Bobinen Verdächtigungen gegen eine treue Presse ausznitoße» ? Ist eS ihm wirllick vergönnt, einen empfänglichen Boden sür grundlose Pauschalverleum dungen zu finden? Gerade bei uns im deutschen Böhmen bat man keinen Grund, über die Corrnpiion der Presse zu klagen. Sieht man von einigen osstciöse» Blättern ab. die obuedies nur eine dunkle Verbreitung finden, so darf man wohl sagen: der Deutsche in Böhmen hat ein Recht, ans die Charaklertücktigkeit seiner Presse stolz zu sein. Von dem führenden politischen Tageblatt? Prags, der »Bobeinia", bis zum kleinsten deutschen Lankblättchcii herunter nehmen die deutschen Blätter BöbmenS c»ie Stellung ei», an die sich der Verdacht der Corrnption bisher nickt kcrangewagt bat." Nach diesen Aeiißerunge» zu schließen, dürste» die ange kündigte» deulschen Parteitage in Böbnicn jedenfalls viel Staub auswirl'eln und, waö noch schlimmer ist, keinen be friedigende» Einblick in die Geschlossenheit der deutschen Opposition thun lassen. Leipzig, 1. September 1885. * Der Berliner Cvrresvondent der „Daily News" will erfahren haben, daß die ReichSregierung bemnächst auch die östwärts von den Carolinen gelegene „berrenlose" Gruppe der Marschall-Iiiseln unter deutsches Protektorat stellen werde. Im Allgemeinen zeichnen sich englische Mit theilungen über deutsche Colonialunlernehmuiige» nicht durch besonvere Zuverlässigkeit aus, im vorliegenden Falle dürste der Gewährsmann der „Dailv News" wohl insormirt sein, denn aus den Marschall-Iiiseln bestudet sich eiu größere Zahl deutscher Handelestatione», und eine der Inseln, Ialmt, ist sogar Kchlenstativn und Sitz eines deutschen konsularischen Vertreters. Die britische Regierung würde, dem Londoner Blatte zufolge, gegen die Hissung der deutschen Flagge ans den Marschall-Inscln nicht Protest erbeben, da dieselben gleich den Carolinen, in demjenigen Theile der Südsee liegen, in weichem bei den jüngsten deutsch-engiischen Berbandlungen über die Abgren zung der beiderseitigen Interessensphären im Südsee-Archipel der deutsche Einfluß als der prüvalirende und maßgebende anerkannt worden ist. Die Spanier können daber auch ziemtich sicher sein, daß England ibre balllose,, Ansprüche »i der Carolinen-Angelegenheit nicht uiilersi>,tz>>i wird. Ihre Inter essen werden sie ohne Zweifel noch am besten wahren, wenn sie sich möglichst bald zu einem gütliche» Arrangement ver stehe». bei welchem ihnen zur Beschivicktigung de« castilianischeu Stolzes deulschcrieitS wohl einige sormaie Conccssloncn ge- macht werden dürsten. Bebarren sic dagegen bei ihrem ungeberdigen Berbalten, bei dem lauten Pochen aus ein vo« Niemandem anerkanntes, von Dculschland und England vor einem Tccennium sogar ausdrücklich angefocktencs „Recht", so riSkiren sie in Bezug aus die Carolinen ein vn dangus- Spiel unter den alleruligüiistigsieu Chancen. * Der Köniq von Spanien soll nach der „Frankfurter Zeitung" einen Brief an den deutschen Kronprinzen geschrieben haben, worin gebeten wird, Se. kaiserl. Hoheit möge seine Bemühungen mit denen des Königs vereinigen, »»» den bekannten Zwischenfall auS der Welt zu schaffen, damit die guten Beziehungen beider Länder, die er, der König, erhalten zu sehen wünsche, nicht gestört würden. * Den „Hamburger Nachrichten" geben weitere Mitthci- lungen über das Projekt eines Norb-Ostsee-Canals zu, denen wir Folgendes eiitnebmen: Da- Profil des Nord-Ostiec Canal« ist so prosectirt, daß auch die größten Hondels-Dainpsichiffe Len Canal mit 5.3 Knoten Ge schwindigkeit vaisirc» könnten, indem sic sonst bei der Fahrt durch den Canal kein-n solch ,i Zeitgewinn machen würden, der sie zur Wahl dieses Weges bestimmen könnte. Man nimmt an, daß die jährliche Schiiisbewegmig in dem Nord-Lstiee-Canale ca. 5 526,000 Registertons betragen werde. Ter Seeweg zwischen der Nordsee und der Ostsee, d. b. zwischen allen südlicher als die geographische Breite von Hüll gelegenen Punclen einerseits unv einem in der Mitte zwischen Wiiow auf Rügen und Torp an der südichwedische» Küste belegenen Puncte in der Ostiee andererseits wird durch den neuen Canal, gegenüber der Uiiisahrung von Skagen, um eine Cntserniing abgekürzt, die nach genauen Messungen zu mindesten« 237 Seemeile» anzunehmen ist, entgegen der An- nähme Dahlstrüm's, der nur 200, und der Annahme des preu- ßischen Handelsministeriums, welches schon 1866 die Frage be- handelle und aus 274 Seemeilen bercchn-te. Durch diese Abkürzung ersparen aus jeder Fahrt die Schisse nnier Segel mindestens drei Tage, die Dampiichisse rund 22 Slmide». wobei sür Ictziere eine Geschwindigkeit von 8.25 Knoten in Sec u--, 5.3 jinoie» im Canal angenommen und sür das Paisiren des Canals, einschließlich alle» Aufenthalies bei der Ein- »nd Au-sahrt ein Zeiiraum von im Ganzen 13 Stunde» gerechnet ist. Die Schisse müssen aber diese» Bortheil haben, sollen sie den Nord-Lst!ee-Canal aussuchen und be nutzen. Dann aber muß da« ganze Raun.verhäitniß dieien An- iprüchen angepaßt sein. Z» diesem Ende ist das Qucrprofil deS Canals sechs Mal so groß gewühlt, wie der Querschnitt deS ein- getanchtcn Theiles eines großen HandelSdampicrs; e« ist daS ein Verhältnis,, welches ungefähr aus dem Querprosile des allen Eidercanalcs im Vergleiche zu den vor 100 Jahren gebräuch lichen Kaussahrlciichisscn zu Grunde liegt. Wir wolle» hier gleich bemerken, baß, wenn statt einer größeren Breite neben geringerer Tiefe sür den Nord-Lstiee-Canal die größere Tiefe von 8'/, Meiern gewäblt ist, dies keineswegs eine Vcrtheuerung be- wirkt, sondern im Gcgentheil eine Criparniß mit sich bringt, weil die cntiprechend geringere Breite weniger Grunverwerb und Erd. arbeiten beanipruchi. Selbstredend würde daS Paisire» deS Canal» durch die Nacht eine Unterbrechung nicht erleiden dürfe». Zu diesem Zwecke ist die Cinrichlung cmcr besonderen elektrischen Beleuchtung gevlant, iür welche die Kosten au! 87,500 .Sil pro Jabr veranschlagt sind. Man nimmt den durchschnittlichen Jahre«, verkehr an Dampi'chisfen zu 7842, an Segelschiffen zu 21,741 an; der auf den Nordostsce-Canal entfallende sichere Antdcil de« Verkehr tst mit ' , anzunehmcn, also mit 4705 Damvüwiffen und 13,045 Segelschiffen. Hiervon paisiren des NaebiS 32 Proc. Dampiichisse und 15 Pcoc. Segelschiffe, so daß bei 280 SchiffiahrtSlagen vr» Nach» durchichniiilich 7 Segelschiffe und 6 Dampsichiffe den Lanal paisiren würden. * Der „Nbeinisch-Westsälischen Zeitung" wird au« Berlin gemeldet, daß sich Prinz Wilhelm, nachdem er Ende Sep tember einer Einladung VeS Kronprinzen von Oesterreich- Ungarn zur Jagd gefolgt sein wird, zu seinem Oheim, dem Prinzen vo» Wales, nach England begeben werde. * » * Immer mächtiger wächst der „Deutsche Schul verein" in Wien an. Schon im Mai d. I. wurde die 1000. Ortsgruppe in Klosterneuburg bei Wie» errichtet; inzwischen sind weitere 50 Ortsgruppen ins Leben gerufen worden; damit hat jedoch der deutsch-nationale Verein noch nicht sein WackSthum abgeschlossen; cs werden vielmehr jede neue Woche noch drei bis vier Ortsgruppen conftituirt. Die Zahl der Mitglieder ist aus weit über t00,000 gestiegen. Die Einnahme» betrugen im Jahre 1881 160,000 fl.. 1882 210,000 fl.. 1883 256,VOO fl.. 1884 wahrscheinlich über
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