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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.09.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-09-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188509107
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850910
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850910
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-09
- Tag1885-09-10
- Monat1885-09
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.09.1885
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4944 Nachtrag Mm polnischen Tagesbericht. * lieber die Schulnoth in Böhmen schreibt die .Teplitzer Zeitung" vom 8. September: Einen charakteristischen Beitrag zur Schilderung der Zustände in Böhmen I»ide» die Mittheilungen über die Schulverhältnisse in Schütte» Hofen, die im Lause de- August an uns gelangt sind. Die deuliche Schule in Schüttenhofen ist im Zeiträume von zehn Zähren von einer eiuclassigen zu einer dreiclassigen herangewachsen, zählte im abgelausencn Schuljahre 270 Kinder und soll nunmehr, dem dringenden Bedürsiiisje entsprechend, um eine vierte Classc er weitert werden. Die Vertreter der czechischen Partei in Schüitenhoscn arbeiten nun mit allen erdenklichen Mitteln dahin, diese deuliche Schule, welche in ihrer gegenwärtigen Gestalt, dem wachsenden Bedürfnisse kaum mehr entsprechen kann, in ihrem Bestände zu gefährden. Der Bürgermeister, die Gemeiiidc- räthe, >a selbst Beamte und Polizeiorgane bearbeiten deutsche Familien, um dieselbe» davon abzuhalten» daß sie ihre Kinder in die beuische Schule schicken. Der Bürgermeister liest die Eltern deutscher Kinder in das Gemeindeamt kommen, um sie für den Fall, dast sie seiner Abmahnung nicht gehorchen sollten, mit einer ganzen Re,bc willkürlicher Maßregeln zu bedrohen. Er stellte ihnen süns GalLe» Straft sür jede- Kind, da- die deutsche Schule besucht, in Aussicht, erklärte, daß die Hausherren der widerspenstigen Eltern fünfzig Guldeu zahlen müßten, daß Allen, welche ihre Kinder nicht au- der deutschen Schule wegnehmeu, die Gewerbe-Con- cession entzogen und im Bedarfsfälle kein Armuthszeugniß aus gestellt werden Würde. Außerdem gehen Polizeiorgane von Haus zu Haus, um im Austrage de- Bürgermeisters diese Drohungen cinzuschärfen. Jüngst wurden auch bereits mehreren Parteien, deren Kinder die deutsche Schule besuchen, die Wohnungen gekündigt. In der Zündhölzchensabrik eines gewissen Scheinest wurde vcilünoct, baß alle Arbeiter, welche ihre Kinder nicht aus der Liste der deutschen Schule haben streichen lassen, demnächst entlassen werden solle». Solche Thaliachen bedürfen wahrhastig keines Com- nil »kars. Die brutalste nationale Gehässigkeit und die gewaltsame Euischiäiikung der persönlichen Freiheit liegen offen zu Tage. Ueber- d e,. lassen solche Millheilungen über die Functionen czechjschcr S' 'dlrüter es sehr begreiflich erscheinen, daß die letzteren weder Zeit, Ni l, Au'-nerkiamkeit, »och Lust haben, sür die öffentliche Ruhe und Ordnung zu sorgen. * Der Münchner „Allgemeinen Zeitung" wirb auS Sk- Petersburg, 4. September, geschrieben: Die „russische" Politik der herrschenden tlerikal-conserva- tivc» Koalition seien gegenwärtig in dcr Russisicirung der Ostjce-Provinzen, wie sich dieselbe neuerlich kundgiebt, ihre gnvalliaiii errungene» äußeren Triumphe. Ohne die Frage ernstlich, nii! staalsmäniiücher Einsicht zu erwägen, ob damit in der Thal dem blühende» Lnndstiich selbst, wie dem Reiche Nutzen lknd Vortheil gcvrachl wird, beeilt man sich, in den O'tsec-Provinzcn mit Allem auizuraumen, was sich im Lause von Jahrhunderten historisch und gedeihlich entwickelt hak, um nun mit Gewalt andere Principien und fremde Ordnung auizu-wingen, die aus eigenem national-russischem Boden aus schwaniem Grunde ruht. Dadurch wird die Vertrags- Verletzung vollends besiegelt, welche sich das mächtige Rußland den schwachen Ostsee-Pcovinzen gegenüber hat zu Schulden kommeo lassen. Mit großer Ueberstürzung, ohne »och über die geeignete« Kräfte zu vcrsstgen. wird das Russische eingesührl: in Sen Verwaltungs behörden, in der Polizei (lo schon sür Riga und Dorpat angeordnet), theil weise in den Schulen; demnächst kommen wohl auch die städtischen Communalverwalliin,,cn an die Reihe, und dann da- höhere Schul tveseu. So jordert schon heute die „Nowoje Wrrmja" die Regierung aus, mit der Vernichtung der deutschen Universität Dorpat den Anfang zu machen, dieses „GiftbaumS" im baltischen Gebiet, wie sich da- genannte Blatt ausdrückt, indem eS schreibt: „Solange eine Macht erhalten bleibt, welche die besten Vertreter der Eüh -n und Letten dem deutschen Glauben assimilirt und bau» mit Hüte dieser Proselyte» deutsche Anschauungen und Sitten in die Massen trägt, werden alle Bemühungen ernstlicher Gegenwehr gegen die allmäligc Berdcutlchung der baltischen Gebiete vollkommen unnütz sein. ES Hilst nichts, die Blätter eines colossalen GistbanmS abznschaeiden, wenn der Stamm heil ist und die Wurzeln irei aus dem ent sprechenden Boden ihre Nahrung ziehen Deshalb werden alle administrativen Anordnungen über die Einführung der russischen Sprach« ei» todter Buchstabe bleiben oder werdeu uur bis zur Er nennung anderer, weniger energischer Gouverneure befolgt werden, so lange nicht der Hauptquell beseitigt wird, welcher jeden gebildete» baltischen Russen zwingt, die russische Sprache zu vernachlässigen und dle deutsche Sprach, für etwas Geheiligtes zu halte», weil sie die Mittel giebt. an de» höchsten Gütern allgemein europäischer Eivtlisatioa Antheil zu nehmen." Die Zeilen sind derart, daß diese rohe Predigt der Vernichtung einer um Rußland (nicht bloS um die baltischen Provinzen) hochverdienten Bildung- siätte leider wohl auf fruchtbaren Boden fallen könnte und ohne Zweifel auch in da- volle Programm der Russisicirung gehört, cbwohl man im Augenblick damit noch nicht hrrvorzutrelen wagt. Des Senators Mauafsela gefährliches Wirken und Jutriguiren, dem nuu nicbr mehr die in dieser Beziehung dümpseode Macht des Grasen Tolstoi gegenüber steht, zeigt sich letzt tu eklatantester Weise. Ver> schlimmen wurde aoch der Groll gegen die Ostseeprovinzen durch allerlei Berichte über deu Widerslaud, den die baltischen lutherischen Geistlichen und der baltische lutherische Adel gegen die Lonversionen der Esthen und Lette» zur griechisch-orthodoxen Kirche geleistet haben sollen — hierdurch traf mau den wundesten Punct der gegenwärtigen Regierung, und damit war da» Schicksal des baltischen DeutschthumS entschieden. Mau must jedoch hoffe», daß e- kräftig genug sein wird, dem Sturm zu widerstehen und, bei uuveräuderter loyaler Hingabe an da» russische Herrscherhaus, kraft seiner höheren Cultur trotz aller üusteren Triumphe der Gegner seine innere Individualität zu be> wahren, ü * Ein bezeichnende» Schlaglicht auf die in Egypten herrschenden Zustände wirst folgende, vom 5. datirte Nach richt au» Harro: „Während beute Staatsgelder im Betrage von 4000 Pfd. Sterl. vom Bahnhose in Assiut nach der Stadt befördert wurden, ward die EScorte von einer Räuber bauve angegriffen, der e» nach kurzem Kampfe mit den Sol baten gelang, sich de» ganzen Gelbe» zu bemächtigen und damit da» Weite zu suchen. Mehrere Mitglieder der Eöcortc wurden verwundet." Plauchut über die Carolinen. —»- Den bereit» mitgetheilten Auszügen auS dem Aufsätze Plauchut'», der auf den Philippinen längere Zeit sich ansge- Hallen bat, möchte» wir »och einige weitere Excerpte hiazusügen Die Notizen über die Earolineninsel Kap datiren von diesem Jahre. Mau verdankt sie dem Lapitain de- spanischcn Kreuzer» „VeloSco", der im Februar 1885 im Hasen Tamil der Ioftl Uap Anker warf. Der genannte Hase» ist noch Ost-Nord-Ost und Süd- Lud-West offen, gegen Stürme geschützt durch die Felsen Tamil und Rull. Freilich ziehen sich durch den Hafen zahlreiche ausgedehnte Untiefen hin. Der russische Lapitain Kotzebue kam schon 1817 hierher, zwei Jahre später Capitai» de Freycinet mit der „Uranie", bann folgte Duvcrrey 1824 mit der Corvette .La Loquille", wieder ein paar Jibre später der Weltumftqler Damont d'Urvtlle mit dem „Astiolabe", endlich der Russe (d. h. geborene Deutsche) Lütke 162« mit dem „Scniavine". Dumont d'Urvtlle hat seiue Weltum jcgclungen selbst beschrieben und illustrirt. Lütke schützt die Earoliuea ohue die drei größeren Inseln Ualam. Sanopi und Kong aus 200 Mellen lang und 200 Meter breit. Aus die Quadratmcile kommen nicht weniger tcnn 500 Ein wohucr. Die CocoSpalmen allein könne» aber auf je 1000 Quadrat, meter Fläche llOOO Bewohner ernähren. Ter Barometerstand aus Dop ist in der Regenzeit 764—761 Marimum, 761—759 Minimum. Tie Eingeborenen spricht vr. Don Luis Cirera, der Schiffsarzt de» „Vclasco", der malaiischen Rare zu. Bald ist deren Haar glatt herabsalleud, bald gewellt, aber auch gekräuselt von einem glanz- losen Schwarz. lang und üppig, der Bart dürftig, die Stirn hoch, leicht nach vorn geneigt. Die Haut zeig« kunstvolle Tätowirungen. DaS Gesicht erscheint ebrnto breit als lang, die Backenknochen wenig hervortretenv, der Mund groß, die Lippen dick, die Augen groß und schwarz, die Nase wenig markirt, aber nicht eingedrückt. Die Sclave» tragen keine Kämme im Haar» da» ist ihr Er kennungszeichen. Der „BelaSco" segelte von Dap nach den PakaoS, der weiter westlich gelegenen Inselgruppe, die auch zweihundert Eilande zäblt. In Koror ging der Spanier vor Anker. Die Temperatur war vier höher als in Dap. Der Basalt tritt überall zu Tage und bildet Grotten. Es wird in dem Bericht von Stalaktiten und Stalagmiten in Letzteren gesvrochen. Der Anblick der Inseln wird mit den schönsten Farben geschildert. „Die Fruchtbarkeit nud der Bodenreichlhum ist überall so groß, daß die Inseln, vom Meere aus gesehen, al« ebeusovtele mit Blumen gestillte Körbchen erscheinen." Die Bevölkerung ist ausfallend dünn. Auf die 200 Inseln kommen kaum 1200 Menschen. Die Raee ist die der Polynesier, Heller in der Farbe, ausgedildclcr iu der Form, reinlicher, ardeit- amer, gelehriger und gastsreundltcher, als die aus den Carolinen im engeren Suine. Ein englisches Schiff, das 1783 hier scheiterte, genoß die wohltduendstc Gastfreundschaft seitens der Eingeborenen, und al« die Schiffbrüchigen endlich obgeholt wurde», kamen ihre Gostsreundr und drückten Jedem voll ihueu beim Abschiede Geschenke iu die Hand. Aus den PolaoS sind keine Handelshäuser etablirt, was um so mehr Wunder nimmt, als die Eingeborenen dem Verkehre mehr zu« neigen, als die Carolineninsulaner. Nur mit Missionaren wollen auch die PalacS-Jnsulaner nichts zu tdun haben. Pater Cantova (Ende de» vorige» Jahrhunderts) mußte seine Bekehrungsversuche mit dem Leben bezahlen. Im Archiv von Manila dcwihrt man die von ihm eingeschickleu Briese und Berichte ans, ebenso die der anderen JesuitenpalreS Victor Walter und Collins. Der Name der Laroliuen ist erst 200 Jahre alt und wurde von dem spanischen Seefahrer Francesco LeScano einer der größere» Inseln, die er entdeckte, zu Ehren König Ear.'s ll. von Spanien, gegeben. War dies vielleicht die Intel ?)ap? Man weiß es nicht. Die Marianen benannte derselbe Spanier nach Marianne von Oesterreich, zweiter Gemahlin Philipp s IV., Mutter Cart'S ll. XXXIX. Haupt-Versammlung de» Evangelischen Vereins dcr Wustav-Adols-Ltiftnitg am v„ 1v. Lcptcmbcr L88ä zu Eisenach. I. " Eisenach, 8. September. Eisenach, ein rechter LicblingSort der Vereine, Coaferenzen, Versammlungen, deren wohl alljährlich mehr als eine hier tagen und feiern, hat in diesem Jahre dem Evangelischen Verein der Gustav-Adolf-Slislung seiue Thore und Kirchen, seine Häuser und Herzen ausgelhan. Kommt dieser Verein recht fröhlichen Herzens gerade hierher, so sind es in erster Linie nicht die Naturreize und Naturherrlichkeite», mit denen diese Gegend o überaus reich gesegnet ist, sonder» es sind geschichtliche und vor Allem resorniationsgeschichtliche Erinnerungen, die idn besonders ziehen nno diese Siätte ihm heilig und theuer machen. In Eisenach dasLulhrrhaus, in welchem Lulder als Swülcr, vielleicht auch die Aimve Cotta gewohnt, hier die Straßen und Gassen, in denen Luther'« lieblich Lied er klungen, hier die Schule, in dcr er gelernt und als ein fleißiger, eitriger Schüler Probe» seines gewaltigen Geiste« gegeben, daß der Reetor der Schule den Hut vor ihm abgenommen. Und mit Eisenach unzerireiinlich verbunden die Wartburg! Nicht b!os die Sagendichtung hat sie init ihren reichsten Kränzen umschlungen: „nicht blvs spiegelt sich in ihr die Btülhczeil des Milte,alters i» Waffen- Viel und Minnedienst, in AndachtSgluth und Sangeskunst: sie ist qleichiam eine lebendige Episode aus dem großen Drama der deutschen Cultur- und Bol.'sentwickelung; der sturmzerwühlte Baum religiöser und politischer Freiheit wurzelt auf ihrem Bode», und die schönsten Ideale der Neuzeit habe» hier ihr Auserstehnngsscst gestiert". Dem evangelischen Christen ist die Wartburg vor Allem das PatmoS, aus dem dcr größte uuo letzte Held der Burg als Junker Jörg ge lebt in der stillen Klause, aus der sich in GollcS Wort cm Quell des Lebens ergossen in die evangelischen Lande. — Unter solchen Eindrücken und Erinnerungen ziehen die Arbeiter und Freunde des Gnstav-Adols-Bereius in Eisenach ein; zu den gewaltigen Grüßen der Vergangenheit gesellen sich lieblich freundliche der Gegenwart. Die Stadt hat ein außerordentlich schmuckes Festgewand angelegt. Gärten und Wälder haben kaum, wie wir hören, allen Ansprüchen und Wünschen der Bewohner Eisenachs genügen können. Tannen, Guirlandcn, Kränze, Fahnen und Flaggen in übergroßer Zahl rufen den Fremden ein herzliche» Willkommen zu. Besonders sinnig ist LaS Nicolatlhor geschmückt, durch welches der Weg vom Bahnhof nach der Stadt führt. Es zeigt in grünem Laubgewinde von vielen Wappeu umgeben die Buchstaben 0 und ll. darunter mitten >m Blumenschmuck die Loosung des Vereins: „Lasset uns Gutes thuu an Jedermann, allermeist aber au des Glaubens Genossen". Im Bahnhofsgebäude ist sür die Dauer der Versammlung ein Anmelde-Burean geöffnet; der Zndrang zu demselben war heute bei Ankunft der einzelnen Züge außerordentlich groß. Der Ccnlral- vorsland, dessen Mitglieder bereits gestern und heule zu Beratdungen zusammcngetreteu, hat sein Geschäftszimmer im Hotel Rautenkranz. — Tie Begrüßung der Deputirleu und Gäste fand heute Nachmit tag 3 Uhr im Saale der Clemda statt. Im Namen deS hiesigen HauplvereinS sprach Herr ArchidiakonuS Kieler, betonend, welch große Freude eS dem von ihm vertretenen Hanptvercin sei, die Versammlung gerade in der Stadt Lulher's, am Fuße der Wartburg, begrüßen zu können, einen Verein, in dem der Geist Lulher's seine eigenthümlichste Gestalt gefunden, denn in diesem Verein erhebt sich der Protest wider die römische Satzung. Dieser Verein hat die Ehre der protcstanlischcn Kirche zu wahren verstanden. Wir sehen in diesem Verein ein allgemeines ökumeni sches evangelisches Concil, einen Beweis dafür, daß die Kirche der Reformation eine geistige Macht in dcr Gegenwart ist und bleiben wird. Mit dem Wunsch, daß aus dieser, der 3S. Jahresversammlung des HauptvereinS der Segen und die Gnade Gotte» ruhen möge, schloß der Redner. Nachdem hieraus Herr Bürgermeister Psefser die Versammlung im Namen der Stadt Eisenach begrüßt und ein Begrüßiingstelegramm des jetzt in Gastein weilenden Oberbürgermeisters vr. Eucken zur Vorlesung gekommen, antwortete Herr Consistorialrath Proseffor D. Fricke mit der nachfolgenden begeisternden Rede, die aus die Versammlung einen ganz gewaltige» Eindruck machte, die wir drum auch hier im Wortlaut initthetlen: Hochgeehrte Fcftgcnosjen I Einen dreifachen Gruß haben wir also empfangen, einmal von dem Vertreter deS hiesigen HauptvereinS, dem Herrn ArchidiakonuS Kieser, aus warmem Herzen kommend und zum Herzen gesprochen; von dem geehrten Herrn Bürgermeister, der sich« nicht hat nehinen lasten, uns selbst am Bahnhof zu empfangen, trotzdem jetzt die ganze Arbeit aus ihm liegt, und von dem durch Krankheit in der Ferne sestgehaltenen Oberbürgermeister der Stadt Mit inniger Bewegung trete ich aber auch, abgesehen von dem Gruße, den ich empfangen, aus diesen Boden, nicht bloß wegen dcr großen resorniatorischcn Erinnerungen, welche immer wieder auklingen werden in diesen Tage» und deren Töne ja eben vorhin angeschlagen wurden, sondern wegen mancher persönlichen Erjuaeruagen über viele Jahre zurück. Zwar der erwähnte» Hauptversammlung hier vor 25 Jahren habe ich noch nicht beigewohnt, obwohl ich schon bei dcr Gründung deS Bustav-Adols-BereiuS als Student io dcr Aula der Universität Leipzig mich habe eiatragen lassen oder selbst eingetragen habe in die Mitglieder-Reihe des Gnstav-Adols-Bireins und seit dem Jahre 1842 unentwegt begeistertes Mitglied dieses Vereins geblieben bin; aber damals und selbst noch ein Jahr vorher war ja die Zeit auss Gewaltigste bewegt. Bor 36 Jahren habe ich schon einmal in dieieni Saale gesprochen, ein sehr Unberufener. In dem südlichen Deutschland war der LolkSaufstand allsgebrochen und die Soldaten, die beordert waren, hier in Eisenach einquartirt zu werde», ver weigerten den Gehorsam. Sie erfüllten tobend damals auch diesen Saal. Da sprang ich, ein junger Mann, der seinen Zorn nicht zurückhalten konnte, auf eine» Tisch und hielt ihnen ihre Schande, ein Unberufener, vor, die Schande, die sie dem ganzen deutschen Heere brachten. Sie haben schwer nachher gebüßt, aber das Herr- lichste und Glorreichste ist gerade durch die Discipün des deutichen HeereS erreicht woroen seitdem. Und was die Discipliu auch aus kirchlichem Gedieie bedeuten will, das zeigt unS täglich zur Nach ahmung in unserer Weift die katholische Kirche, da» hat uns wieder jetzt die katholische Generalversammlung in Münster gezeigt. Nun heute sind wir zu einem Werke des Friedens, ja ge wiß jenes jesajanilchen Friedens: „Wie lieblich sind die Boten de» Friedens, die Frieden verkündigen", versammelt zum höchsten Frieden, der gedacht werden kann, znm geistlichen. Wir dürfen eS ja sagen, wie es vorhin betont worden ist. wir hasten, und haben eS getban von jeher, deu Frieden hoch in unserer evangelischen Kirche; wir suchen zusammenzuschließen die verschiedenen wahrhast evangelischen Denominationen und Richtungen zur gemein samen Abwehr für unsere bedrängten Glaubensgenossen gegen Rom, gegen da- Rom, welches mit leinen Jesuiten so schwere Wunden durch Jahrhunderte unserer Kirche geschlagen hat, gegen da» Rom. welches keinen seiner Grundsätze, insbesondere nicht den der, wenn es irgend geht, gewaltsamen Unterdrückung dcr sogenannten Ketzerei znrückgenommen, vielmehr ihn bestätigt und ihn bekräftigt durch Encyklika und SyllabuS; gegen da- Rom, welches eben jetzt au» maßender denn je gegen den Rechtsstaat» dessen Wurzeln evangelisch sind »nd gegen unsere theure evangelische Kirche selbst das Haupt zu erheben sucht. Wir sind der einzige evangelische Verein, der die verschiedenen Richtungen bet Hochachtung auch vor dem entschiedensten kon fessionellen Gewissen zu vereinen sucht für die Hilfe unserer be drängten Glaubensgenossen in katholischer Umgebung, und wir sind der wohlbegründcien Ueberzeugung, daß dieser Geist de- Frieden» Geist ,st von unseres Luther - Geist und Bein ist von unseres Luldcc'ü Bei». Zwar die uneutwegte Aggressive, mit welcher Luther gestanden hat Rom gegenüber, se»n ganze» Leben hindurch, ist nicht gegründet tu dem Wesen unsere» Verteidigung«- und nnserr» Frieden-Werkes, wir wollen nicht erobern, wir wollen wahren, was unser st. Aber der schwächliche Geist, der sich furchtet vor Rom und der prciSgiebt, wat unser ist, war weder Lulher's Geist, aoch ist er uuserer Art. Wer liebäugelt mit Rom, soll nicht sage», daß er eia Evaa- gelischer sei. „Die Stätte, die ein edler Mensch betrat, sie ist geweiht." Aber hier ist mehr als diese«, hier ist die zweite Heimath einer neuen Weltgeschichte, die zweite Heimath neben Wittenberg der protestantischen Zeit. Und wenn jetzt vor einigen Tagen Windthorst in Münster gesagt hat, Rom und Papst regiert die Welt, so tagen wir umgekehrt, der pro testantische Glaube, die prolestaattsche Wissenschaft, die protestan tische Gesittung regiert dir Welt, uicht Rom und uicht der Papst. So lei denn Luther'« geweihter, starker, srcudiger Geist der Geist auch dieser festlichen Tage. Wir kommen aus Wiesbaden» au» dem Süden unseres Vater- lande-, und voll Dank in »aftrer Seele aoch sür da» schöne Fest, das wir dort im vorigen Jahre feiern dursten; aber wenn wir immer dankbar gewesen sind sür gastliche Ausnahme, so siad wir eS hier gedoppelt, wo wir schon aus dem Wege fast waren, aus dem Boden de» Kampfes und der Zerrissenheit tagen zu sollen mit unserem Werke de« Friedens, und hier nun eine Herberge gesunden haben aus dem Boden des Friedens. Möge denn unseres Herrn Geleit in alle» diesen Tagen sich spüren lasten und möge auch diele Stadt, da mau zusammenkommt und über die Maßen beansprucht zu werden pflegt vou Versamm lungen, ein kleiner Segen doch aus der Höhe Gotte» zurückbleibea, wenn wir scheiden, der Stadt, die eben jetzt vor wenigeu Tagen ihr schönes Sedansest gcseiert hat. Und der etnmüihige, thateasreodige Protestant««»» ist RomS Sedan! Ter erste FestgotteSdtenst wurde heute Nachmittag S Uhr in der Kirche zu St. Georg gehalten. Da» Gotteshaus vermochte die Festtheilnehmer und Gemciudeglteder kaum alle zu fassen. Die Predigt hielt Herr Kirchenrath Fürtsch aus Buttstädt über Phil. L. 1, D. 27—30: „Luther'S Gruß von der Wartburg an deu Gustav-Adols-Verein. Stehe fest, Gustav-Adols-Verein 1. auf hoher Wart« über aller engherzigen Gleichgiltigkeit eine Burg evangelischer Treue I 2) aus hoher Warte über aller kirchlichen Zerrissenheit eine Burg evangelischer Einheit! 3) aus hoher Wart« über allen Ge- fahren der Zeit eine Burg evangelische» Glauben»". Mit vollster Aufmerksamkeit lauschte die Menge der Geist und Herz der Hörer gewaltig packenden, von evangelischem Geist und der Liebe zum Gustav-Adols-Werk ganz durchwehten Predigt. Der Gottesdienst wurde noch getiodeu durch eine Motette des Kirchenchores: „Dcr Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln" von H. Thurnau. In der AbcndS 7 Uhr im Saale der Clemda abgehaltenen Ver sammlung der Deputirten wurden mehr interne Vercinsange- legcnticiten» wie die vorzunehmenden Eentralvorstandswahlen ,c., heiprochen. Zum BerjammlungS - Vorsitzenden wurde Proseffor O. Fricke, zum Stellvertreter desselben dcr Vorsitzende des hiesigen Hailptvereins ArchidiakonuS Kieser gewählt, als Ausschuß zur Berichterstattung über die Centralcassenrechnung sür 1883—84 Stadtrath Re uß aus Frankjurt a. O., Fabrikant Schmöle und Pastor Regula aus Osnabrück. Der Antrag des Central-BorstandeS aus Erldeitung der Eyrenmitglieoschast des Cential-Lorstoudes an die Herren Pastor em. vr. Howard in Leipzig und v. Voigdt, Prediger a. D. in Tombrowkcn, Ostpreußen, wurde einstimmig an genommen. Ein anderes Mitglied des Ccnlralvorstande», dem am heutigen Abend auch die Ehrenmitgliedschait ertdeilt werden sollte, Herr Bi.> dürgermeister a.D. vr.Stephani- Leipzig, ist inzwischen durch deu Tod abqerusen. In bewegten Worten gedachte der Vorsitzende de« Heimgegangenen und seiner ganz besonderen Verdienste um deu Gustav-Adols-Verein. Mit seltenem Organisationstalent, mit einer nie ermüdenden Hingabe, mit jener eisernen Arbeitskraft, die er in allen seinen Stellungen und Aemleru bewiesen, hat er die Form der Arbeit deS Gustav-Atols-BereiuS so ausgestaltet, daß sie sich völlig bewährt. Und, was die Hauptsache, die- Alle» quoll auS inniger Liebe zum Gustav-Adols-Werke. Wie sehr ihm die» Werk ant Herz gewachten, har noch recht deutlich die letzte Sitzung de» Central- Vorstandes gezeigt, der der Heimgegangene betgewohnt» wo er unter Thränen sein Ausscheiden auS dem Vorstand erklärt. Sei» Au- denken wird unter allen Gustav-Adolf - Freunden in Segen bleiben, aber auch einen äußere» Ausdruck soll e- finden durch emeo öffent lichen Nachrus. »nd romantisch gelegen« Städte, daß nie» dt« Herze» aller de» ,l« Eästc erschienenen Tollegen wurm entgegenscdlügen. Nachdem noch daraus hingeiviesc», daß, überall wo sich Teu'ckie. sei eS zur ernsten Arbeit, sei es zum srohen Feste, juiamniknslndeii, eS Pflicht der selbe» sei. des Vaterlandes und des Landessürsten zu gedenken, wurde vou der Versammlung die Absendung folgender Depesche beschlossen: Gr. Maj. König Albert von Sachsen. Die zum Coagreß versamme.len Telcgiiteü de» Verbände» deutscher Köche bringen Sr. Majestät aus diesem Wege die ehrerbietigste Huldigung dar. Der Verband deatscher Köche. Nach einem mit großer Begeisterung auSgebrnchte» Hoch aus Kaiser und Reich toastete Herr Kurl h-Berlin, Vorsitzender des Verbände«, auf den Leipziger Verein, während Herr Neumeyer-Leipzig mit der Aliisordcruug an die hiesigen College» sich wendend, Alles ousbieten zu wollen, um den Gästen angenehme Stunden zu bereiten, den Gästen ein Hoch brachte. Hieran schloß sich ein Toast des Herrn Koaradaus Herrn Kurth, als den geistige» Later des Verbandes, wa» dieser mit einem Hoch aus die Kinder und Enkel erwiderte. Herr Hos- küchenmeister Schmidt au« München gedachte de« Züricher Vereins, dessen Vertreter er ist und toastete aus diesen und aus die College» in der Schweiz. Herr Konrad veranstaltete hieraus da» Exercilium eines Salamanders za Ehren de» gelammten BundeSauSschuffe«. Nachdem noch Herr Kurth-Berlin einen glücklichen Verlaus der Be- ralhungen gewünscht und Herr Dährmaan- Berlin Herr» Konrad für die außerordentliche Sorgfalt, mit welcher er die Vorbereitungen znm Tongreß getroffen, Namen- der Gäste gedankt, wurde vou der Versammlung da- Lied: „Deutschland, Deutschland über Alle»" ge meinschaftlich gesungen und hiermit der ossicftlle Theil de» LommerseS geschloffen. Doch blieben die Festgeuosseo noch längere Zeit «nler der Flagge der sreiwaltendeu Fidelita» vereinigt. Generalversammlung des Babelsberger Stenographen-Vereins. * Leipzig, 9. September. Gestern Abend sank tm BereinS- locale in der Centralhalle die Generalversammlung des hiesigen Gabelsbergcr Stenographen-Bercins statt. Bor Eintritt in die Tagesordnung theilte Herr Lehrer Röhn mit, daß von den vier Preisen, welche die Ratzschstlstung in Dresden alljährlich sür ihr bekannt gewordene hervorragende Schiilcrlcistuugea aus dem Gebiete der GabelSberger'schen Stenographie zu erthcilen hat, nach Leipzig auch dies Jahr wieder 2 Preise tm Betrage von je 30 au Schüler von ihm gelangt seien. Weiter erinnerte der genannte Herr daran, daß zur Zeit in unserer Stadt 7 Vereine für Babels berger'sche Stcnograhphie bestehen. Herr Buchhändler Zehl, erster Veretlisvorstehcr, machte aus eia neues Zeitungsunternehmen des Herrn Christ iu Dresden, EigentbümerS der „Expedition Sabels berger", auf die „Stenographenwelt" aufmerksam. Daraus ging Herr Zehl zur Tagesordnung über und erstattete zunächst den üblichen Jahresbericht. Aus demselben ging her> vor, daß der Verein auch da» 39. VereinSjatzr als eiu Jahr fleißiger Tdätigkeit aus dem Gebiete der Kunst und ruhiger, gedeihlicher Ent wickelung bezeichnen kann. Wir erwähnen auS dem Jahresberichte weiter, daß der Verein wie üblich zwei erfreulich besuchte und von recht besricdigendcn Erfolgen begleitete Ansängcrcurft sür Herren abgcdalten dat, im lausenden Sommerhalbjahre auch einen Damen- cursuS. Außer den 3 Vorstandssitzungen fanden 43 BereinSsitzungeu statt (1 Gencralverianimlnnq. 7 ordentliche, 5 meist mit Wissenschaft lichen verbunden, 38 wissenschaftliche Sitzungen und 2 Sitzungen zn CurSeröffitnngen), welche von zusammen 1410, die einzelnen aber durchschnittlich von nahe an 33 Personen besucht waren. Der Verein zählte zu Anfang des Vereinsjahres 157 ordentliche Mitglieder. Da einem Abgang von 20 ein Zugang an solchen von 36 entgegcnsteht, so trat der Verein sein 40. Lebensjahr demnach mit einem Bestaube von 173 ordentlichen Mitgliedern an. Die Ehren- und correjpon dircnden Mitglieder eingerechnet zählt der Verein «eit über 200 Mitglieder. Herr Cassirer Bohnert erstattete hieraus den Cassenberscht. in- dem er den gedruckt vorliegenden Auszug der vorjätingra Lassen buchsührunq erläuterte. Zu erwähnen ist hierbei, daß der Verein sür das Denkmal Babelsberger'», weliyes dem Meister 1889 in München errichtet werden soll, eineu Betrag von über 1400 ge sammelt har und verwaltet. Auch am gestrige» Abend wurdea 50 ^l aus der Lereinscasse sür den Fonds bewilligt. Die Ver> mögenSverhältniffc des Vereins sind verhältiiißmäßig günstige zu nennen. Nach Bericht der Revisoren über deu musterhaften Zustand der Cassenduchsühruug wurde dem Cassirer einstimmig Entlastung ausgesprochen. Nach einem kurzen Bericht de» 1. Bibliothekar», Herrn Rein hardt. über Benutzung der Bibliothek wurde zur Wahl des Vereins Vorstandes geschritten. Da nur der eine der bisherigen Biblio thekare, Herr Müllrr, eine Wiederwahl ablehnte, jo besteht nach dem Ausfall der gestrigen Wahl der Vorstand aus folgenden Herren: 1. Vorsteher Herr Bucyhändler Zehl, 2. Vorsteher Herr Lehrer Röhn, 1. Schristsübrer Herr Lehrer Steinkops. 2. Schriftführer Herr Secretair Meißner, Bibliothekare die Herren Fabrikant Rein Hardt und Buchhändler Winzer uad Cassirer Herr Kaufmann E. Bohnert. Nach Wahl des Unterrichts- und VergnüqungöauSschusse» theilte Herr Zehl mit, daß das Stiftungssest des Vereins wahrscheinlich Sonnabend, den 3. Lctober (in den Raumen der Centralhalle) statt finden werde, und berichtete sodann über seine Ttzätigkeit >m Inter esse der stenographischen Sache, welche er infolge eines kürzlich ver öffentlichten Zeitungsartikels unternommen habe. Nachdem der Verein da? Verfahren je nes Herrn Vorstehers gebilligt, beschloß man, von jedem weiteren Schritte in dieser Angelegenheit abzuiehen. In ziemlich vorgerückter Stunde wurde die recht zahlreich besuchte 39. ordentliche Geaeralversammluug geschloffcu. Zweiter Detegirtentag des Verbandes deutscher Röche. n. * Leipzig. 9. September. Der gestrige erste VerdandlungStag wurde mit einem ErvssnungScommers, welcher eden'all« in dem prachtvoll decorirten SitzungSjaale stattsano, geschlossen. Herr Konrad leitete denselben mit einer Ansprache eiu, in welcher er betonte, daß eS sich gezieme, der gemeinschaftlichen ernsten Arbeit auch einige Stunden der Gemüthlichkeit und de« Frohsinn» folgen zn lassen und begrüßte hieraus die von auswärt« erschienenen College» Namens des Leipziger Vereins mit herzlichen Worten, wobei er hervorhob, daß zwar Leipzig al» Stadt und in Bezug aus seiue Lage den Gästen nicht so viel za bieten vermöge, wie andere große Leipzia. 9. September. Am heutigen zweite» Lage der Dekegtrten-Bersammlung hatten die Anwesenden über eine Reihe weitgehender und sür die Gcsammtinteressen der deutschen Köche wichtiger Anträge zu verhandeln uad Beschluß zu fasse». WaS von den eiuzelnru Vereinen in verschiedenen Städten gewünscht und er- sehnt wurde, was sür das allgemeine Beste sich als wüascheuSwerth gezeigt und erwiesen hatte — darüber wollten «nd sollte» dir Ke» treter in Rede und Gegenrede in diesen Tage» der Leipziger Ver sammlung ihre Meinung äußern und ihr Votum abgeben. Und in dieser Hinsicht wird der zweite Delegtrtentag de« Verband«! deutscher Köche sür alle Zeiten von der größten Wichtigkeit sei». Der Interessentenkreis, der hierbei in Betracht kommt, ist keineswegs rin kleiner; denn heute schon vereinigt der Verband 8 Kochverein« mit «>07 Mitgliedern in sich, und eS ist begründete Hoffnung vorhanden, daß sich derselbe noch weit mehr vergrößern nud aoSdehuen wird. Nachdem heute Morgen 9'/, Uhr Herr Kurth-Berlia die Ver sammlung eröffnet und die neuerdings eiugegaugeueu Telegramme, sowie die Präienzliste verlesen hatte, schritt man zur Berathuug de« Antrags des Vereins Berliner Köche, betreffend: Errichtung einer AlterSveriorgungS- und Wittweucasse; Herr Brnasaut- Verlia als Referent erwähnte einleitend, daß wir «S hier mit eiuem „roßen Unternehmen zu thun haben, welche» erst nach Jahren Früchte tragen wird. Den Mitgliedern der zu schaffende«, speciell für Köche bestimmte» Tasse soll für da» Alter etae auskömmliche Existenz gesichert werden. Wie wünschenSwerth eine solche Versorgung sei, gehe unter Anderem aus zwei Fällen dervor, welche die Notvlage invalider Köche illustriren und die vom Reserenten deshalb erzählt wurden. Schließlich theilte Herr Brunsaut au» den vom Verbands- aiisschub ausgearbettete» Statuten dos Wesentlichste, auch sür weitere Kreise Interessante mit. Danach sollen die Lasten den Namen: Jnvolidencasse und Wittweucasse deS Verbände» deutscher Köche" führen, ihr Sitz soll in Berlin sein. Der Beitrag, welcher alljährlich vom Vorstand festgesetzt wird, soll sür dal erste Jabr aus 80 moaatlich iür die Jnvalideucasie und 40 ^ pro Monat sür die Wittweucasse sestaesetzt werden. WaS die Verwaltung anlangt, so hat der Central- Vorstand ftinea Sitz in Berlin, wählend die Filialen ihren eigenen VerwallungSvorstaud haben. Die Carenzzeit ist für beide Cossen aus 5 Jahre sestgestellt worden. Bezünlich der Jnvalideueaffe erhält Derjenige, welcher alle» seinen Berpflichiungen nachgekommen ist. bei einer Britragszeit von b bi» 15 Jahren 4.50 -si, von 1b bis 25 Jahren 7 >l, von über 25 Jadren 9 wöchentlich. Die Wittweucasse zahlt der Wiitwe rine» Mitgliedes, welche» mindest! »s ü Jahre zur Laste beigcsteaert hat, monatlich postnumerando 20 Gleichzeitig legte der Referent eine speciell« Berechnung sür diese Laste bei. Um die Errichtung einer solchen Lasse mit diesen von unS i» Vorstehendem kur» skizzirten Grundkagen entspann sich nun eine überaus lebhafte Debatte, an welcher sich zahlreiche Redner betdei- ligtea. Herr Konrad-Leipzig empfiehlt die Annahme auf das Lebhafleste, doch rieth er davon ab, bas Statut heute zu berattien, was jedeusavS heute zu lauge Zeit in Anspruch nehmen wiiedc; Herr Fi st er-Leipzig spricht sich über das Statut aus, rätd aber, da dasselbe mchrsache nicht der Allgemeinheit dienende Vestiiiimiiiiacn, wie z. B. die fünfjährige Carenzzeit enthalte, von der Begründung einer AlterSversoraung sür deutsche Köche ad unter Hinweis aus die vorzüglich organtsirte Kaiser Wilhrlmjpende und die AlterSrentcn- bank. Herr Kurth-Berlia räth an, sich lieber heute schlüssig zu machea. Mehrfach griff in die Debatte in lebhafter Weise Herr Schorn, der Pächter de» historisch-berühmten und auch in der Gegenwart weltbekanuteu Gürzenich in Köln arr Rhein, ein; er beleuchtete die Angelegenheit erschöpfend unk war beserlt von dem Gedanken, daß nur tm Interesse der Kochkunst und ihrer Vertreter die Verhandlungen ihren Gone nehmen mögen. Die Zeit sür Begründung einer solchen Lasse sei gegenwärtig noch nicht da, die einzelnen Vereine sind noch zu jung, die Frucht bars nicht grün gebrochen werden. Herr Schmiö königl. Hosküchenmeister in München, plaidirte dafür, daß alle- Zwang ausgeschlossen, woraus Herr Brunfaut daraus h,»weist daß die Statuten Nicht» davon enthalten. Herr Sch lege!-Lechzt begrüßt de» Gedanken einer Altersversorgung «bcnsallS mit Freuden ist indessen nach allen Erwälpingen schließlich gegen eine solche Cisie Herr Neumeyrr-Lcipzig ist nicht im Princip dagegen, meint aber daß für die Jüngeren ein Fonds gegründet werden soll, da sür di Aelleren bereits ein solcher in Berlin bestehe. Herr Tehrmann Berlin lpricht sür sofortige Beschlußfassung, und so woqte der Kamo der Ansichten noch lange herüber und hinüber: schließlich wurde dk Antrag de» Herrn Schorn-Köln, den Beschluß iu dieser Angelegen heit erst während de- nächsten DelegirtentageS zu fassen, einstimmi angenommen. Noch ehe indessen eine Panse eintrat, verlaß Herr Konrad da von Sr. Majestät dem König Albert aus die gestrige Begrüß»» etugetroffe», Telegramm, welches solgeudeu Wortlaut hatte: „Den Delegirte» de» Verbandes deutscher Köche sagt G«. Majestä herzlichen Dank und Gruß. Generallteutenant von Larlowitz." Daraus bin erhob sich die Versammlung aus ehrender Anerkenn»,,- von ihren Plätzen und Herr Schorn-Köln bringt aus Se. Majestä. deu König Albert, den Beschützer von Kunst und Wissenschaft, dem auch in den Herzen der Rdeinlünder Svmpathiea entgegcnschlagen, ein begeistert ausgenommenes dreifaches Hoch aus. Der vom Verein Leipziger Köcye gestellte Antrag sPunct 8 der Tagesordnung), betreffend eine zu beschließende Conventiv» der Kochvereinr, dahingehend, „daß College», die von einem Verein aus- geschlossea wurden oder deren Ausnahme aus irgend einem Grunde verweigert werden mußte, iu keinen BerbandSvcrein auigrnommcn werden dürfen", fand nach einer Begründung von Seiten de» Referenten Herrn Konrad und mit den von Mitgliedern de» KochvercinS zu Berlin gestellten Unteranträgeo einstimmige Genehmigung. Punct 9 der Tagesordnung betraf die Erweiterung uad Be» mebrung de» BerbanLSausschuffeS. Dieser ebenfalls vom Verein Leipziger Köche gestellte Antrag fand nach einigen kurzen Worten der Herren Referenten Fist er »nd Huth, beide aus Leipzig, mit einer von anderer Seite vorgeschlageoeu» präcisirenden Aenderuag ebeasallS einstimmige Anuahme. WaS den vom Leipziger Verein ausgehenden Antrag, bet Dele- girtenversammlungen iämmtlicden BerbandSmttgliedern bcrothende Stimmen einjuräumca, anlangt, so wurde derielbe nach längerer Debatte, an der sich die Herren Kurth, Konrad. Dehr- mano» Schorn, Richter 1., Richter II., Neumeyer, Tust zum Theil wiederholt betheiligteu, schließlich mit 18 gegen 5 Stimmen abgelehnt. Ueber einen sehr wichtigen Gegenstand reftrirte Herr Schlegel- Leipzig, nämlich über da» Lehrling»«eien und dessen eventuelle Reaeluag. Mancherlei Uebelstände dat dasselbe in «ns-rer Zeit auch tu Bezug aus die Kochkunst und deren Vertreter im wejolge, so daß eine gründliche Reform geboten ericdeint. Mil trefflichen Worte» ging der Herr Redner gegen die heutigen Gepflogenheiten bei der Heranbildung o»n Lehrlinge» sür den Kochberuj vor; eS mangelt der Raum, kier de» Notieren daraus einzugehea. Mancherlei daraus bezügliche La» ichläge wurden im Verlause der ztemlich lebhafte» und streng lach- lichen DlScuisisn gemacht, bis endlich die versammelten beschlossen, daß der Verband sich mit dem Gastwirth- und Hotelbesitzer-Verein in Verbindung setze und denselben Mitthktluuge» von den heutigen ver- Handlungen mache. Ein weiterer vom Verein Leipziger Köche gestellter Antrag wurde zurückgezogen nud die weitere» Vertzandlauqcu ans morgen vertagt.
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