Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.09.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188509137
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850913
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850913
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-09
- Tag1885-09-13
- Monat1885-09
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.09.1885
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Zur Aufklärung. Ein Flugblatt deS FackwereinS für Metallarbeiter, an die Einwobner von Leipzig „Stadt und Land" gerichtet, unterschrieben von einem meiner früheren Former, behandelt die Differenz. welche zwischen mir und meinen Formern entstanden ist und die Entlastung meiner und vieler in anderen hiesige» Gießereien lbätig gewesener Former zur Folae batte. Obgleich das Blatt „ungeschminkle Wabrhcit" verspricht, umgebt es den Kern der Sache und sucht die Bcranlastung zu einem Formersirike durch Aeußerullgen und Behauptungen zu rcchlfcrligen, die thcilö neben sächlich. tbcils unbegründet sind. Thalsache ist, daß nur bei einem Former, an einem Modelle der Akkordsatz von 15.8» aus 12.48 .F ermäßigt wurde und daß der be treffende Former meinem Direktor erklärte, sich dieser Preisermäßigung fügen zu wollen, sonderbarer Weise aber nicht meine übrigen Former. Diese wurden durch eine Deputation dagegen bei meinem Direktor vor stellig und erliielten von diesem den Bescheid, daß ich an dem beabsich tigten Abzüge sesthielle, aber keine weitere PreiSreduclion be absichtigt habe. Durch diese Erklärung war jede Befürchtung seitens der Former, daß eine allgemeine PreiSreduclion bcvorstchc und jede Bcranlastung zu einer Arbeitsniederlegung ausgeschlossen, und koch wird immer wieder behauptet, cS sei eine allgemeine Lohnrckuction von 2» Procent beab sichtigt. Das Flugblatt rechnet jetzt heraus, daß der betreffende Former zur Herstellung der einen Modcllfvrm 27 Stunden, also mehr als 2 Tage gebraucht habe, cs verschweigt aber, daß der Mann in dieser Zeit außer dem noch ein anderes Modell geformt hat, wofür er 1.47 bezahlt erhalten hat. Daß jede Formerarbeit, welche Ausschuß wird, nicht bezahlt wird, ist allgemeiner Gebrauch; jede Fabrik beliebiger Branche bezahlt überhaupt Stückarbeit nur dann, wenn sic brauchbar ist. Der betreffende Former hat bei dem in Frage kommenden Modelle seit längeren Iabren nur ein einziges Mal Ausschuß gemacht und hat seine Arbeit damals, trotzdem daS Geschäft keine Verpflichtung hatte, nach der darauf verwendeten Zeit im Tagelobn bezahlt erhallen. Daß sich bei diesem, in Gießereien hergebrachten und unumgänglich nöthigen Abkommen die Former nicht schlecht stehen, beweist die Hohe der von nur am 2lt. August für zwei Wochen gezahlten Lohne, die Be träge bis 72 und einen Turchsckmittssatz von 27 4l pro Woche ergeben. Tie Behauptung dcö Flugblattes, daß an dem betreffenden Modelle seil Jahren keine Aenderungen zu Gunsten der schnelleren Fertig stellung gemacht worden seien, zwingt mich zu einer sachlichen Erläuterung der hierauf bezüglichen Einrichtungen. Das streitige Modell zur Calanderwand war anfangs nur in einem Stücke vorhanden, nach welchem rechts- und linksseitige Wände gegossen werden mußte». Bei jedesmaligem Wechsel mußten die Arbeitsleistcn loS- geschlagen und wieder angenagelt werden, wodurch dem Former Zeit verlust entstand, der jetzt in Wegfall gekommen ist. Zu dem Formkasten waren früher wegen Verbreiterung des Modelleö Holzthcile gemacht worden, welche der Former anklammern mußte. Die neuen rechts- und linksseitigen Modelle sind viel stärker gehalten, so daß beim Formen schwere Hämmer zum Einstampsen benutzt werden können und die Bcr- brciterungsthcile sind jetzt von Eisen und festgcschraubt. Dies alles mag zeigen, daß meine Behauptung, daß die Einrichtung der Modelle jetzt eine schnellere Fertigstellung ermögliche, gerechtfertigt ist. Am 1. September ging mir seitens des Fachvercins für Metall arbeiter ein Schreiben zu, dessen Inhalt ich vollständig wiedergebe. Metallarbeiter Fachverein, Leipzig und Umgegend. Leipzig, den 1. September 1885. Geehrter Herr? In Bezug aus den in Ihrer Fabrik stattfindendcn Strike der Former, erlaubt sich Unterzeichneter diese Zeilen a» Sie zu richten, um vielleicht dadurch eine gütliche Einigung in dieser Angelegenheit zu erzielen. Durch unsere Organisation hier in Leipzig, durch die Organisation der Metallarbeiter Deutschlands in andere» Städten sind mir in den Stand ge'ctzt, uns etwaige Lohnreductionen, von denen wir denken, daß solche ungerechtfertigter Weise vorgenoininc» werden, nicht gesallen zu lasten. In Ihrer Fabrik ist nun diesbezüglich ein solcher Fall einqetreten. Nach den am Sonnabend und Montag stattgclabten Mitglieder versammlungen erkennen wir das Arbcitsniederlegen Ihrer Former als riäüig gehandelt an und haben deren Sache zu der unseren gemacht. Fast sämmtliche Former von Leipzig und Umgegend sind Mitglieder des Fachvercins. Selbige haben sämmtlich versprochen, die von Ihne» vcr- sendete» Modelle nicht zu formen, lieber M Städte Deutschlands sind von der Arbeitseinstellung unterrichtet, um den Zuzug fern zu halten, ev. zu unterstützen. Ferner soll am 2. d. MtS. eine Formerversamm lung und am 3. d. Mts. eine ösientlichc Versammlung der Metallarbeiter im Saale der Tonhalle stattfinden, um diese Angelegenheit darin zu behandeln. Wir richten deshalb an Sie die Bitte, doch diese Sache nicht soweit gehen zu lassen, sondern die Lolmreduction des ciiicn Arbeiters wieder zurückzunchmcn vnd so diese Angelegenheit aus einfache ruhige Weise zu erledigen. Wir bitten ferner uns umgehend Antwort zuthcil werden zu lasten, ob Sie auf dem eben angesührien Wege diese Sache friedlich zu lösen. Von Ihrer Antwort hangt es ab, ob die Veriammlungen über haupt staltfinden. denn nehmen Sic die Lohuredliction zurück, machen wir diese Versammlungen bestimmt rückgängig, andernfalls am Mittwoch früh die Plakate diesbezüglich kleben. Ja der Hoffnung, daß diese Angelegenheit gütlich geregelt wird, zeichnet Achtungsvoll der Flichverein der Metallarbeiter von Leipzig und Umgegend i. A. gez. K. ^okuiiue«. Etwaige Zuschrift ist zu senden „An den Fachvercin der Metall arbeiter, Leipzig, Schloßgasse 11". T. D. Selbstverständlich konnte ich eine Berechtigung deS Fachvercins, sich in meine geschäftlichen Angelegenheiten zu nusche» und nieine Anordnungen zu beurlbeile», uicht anerkennen, unterließ deshalb die Beaiilworlung dieses Briefes und so fand dann die öffentliche Bersainmlung statt. Am Sonntage, den 6. September, erschien in ineincr Wohnung eine Deputation von 3 meiner Former unter Führung eines Abgesandten deS Fachvereins. Letzterer war der Sprecher und lhat sehr verwundert, alS der mitanwesende Former, bei dem der Abzug gemacht worden war, aus mein Befrage» erklärte, daß er vor Nieterlegung der Arbeit meine», Direktor gegenüber ausdrücklich geäußert habe, daß er das Modell für den ermäßigte» Preis formen wolle und daß ihm ebenfalls vor der Arbeitsniederlegung von Herrn Dircclor Hvcfer gesagt worden sei, daß keine wcilcre PreiSreduclion beabsichtigt sei. Sollten die Leiter des Fachvereins wirklich de» bauptbetheiligten Former nicht um den wahren Sachverhalt gefragt haben, als sie die Sache zu der ihrige» machten, als sie die öffentliche Versammlung an- ordncten und leiteten V Diese Erklärung des Formers, welche der Arbeitsniederlegung jeden rechtlichen Boden entzieht, geschah im Beisein meiner zwei Schwiegersöhne und meiner zwei ersten Beamten. Der Ab gesandte des FackvereinS sah fick gezwungen, zuzugcben, daß sei» Verein nicht richtig unterrichtet sei, verlangte aber trotzdem von mir, ich sollte die PieiSrcductio» bei dem einen Stücke znrückncbinen, ich sollte erklären, keine weitere PreiSreduclion zu beabsichtigen und sollte »leine an die anderen Gießereien zum Formen übergebenen Modelle zurückzicben. Ich lehnte das erste und dritte Verlangen ab. sicherte nochmals zu, daß keine weiteren Lohnreductionen beabsichtigt seien und versprach, ein gehend prüfen zu wollen, ob der reducirtc Aecvrdsatz vielleicht etwas zu erhöhen sei. So wie es bekannt wurde, daß in einer Formerversammlung be schlossen worden sei. daß in keiner Gießerei Modelle für mich geformt werden dürste», wurde niir unaufgefordert seitens eines meiner Herren College» angeboten, Modelle in feiner Gießerei für mich formen lasten zu wollen und andererseits ersuchte ich andere Herren, für mich formen und gießen zu lasten. In allen Gießereien, welche Modelle von mir erhalten batten, ver weigerte». eine einzige ausgenommen, die Former die Ausführung und stellten die Arbeit ein. Wenn es soweit gekommen ist. daß der Arbeitnehmer, oder gar ein außerhalb des Geschäfts stehender Verein dem Arbeitgeber Vorschriften machen darf, für wen er Arbeiten anzunehmcn hat. dann ist cs wahrlich Zeit, vereint Front zu machen gegen derartige Bestrebungen und dem Publicum über Diejenigen Aufklärung zu geben, welche ans Sonder- zwccken Unfrieden zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu säen suchen. Infolge der Arbeitsverweigerungen mehrten sich täglich die Ent lastungen der Former, infolge dessen eine größere Zahl Gießereien still steht, so daß schon Maschinensabrikanten wegen Mangel an Gußlheilen ihre Arbeitskräfte verringern mußten. Vom ersten Tage der Arbeitsniederlegung an bewachen die feiernden Former alle nach den gesperrten Fabriken führenden Straßen, um arbeit suchende fremde Former zurück zu halten und Anlrclcndc zum Ausgeben der Arbeit zu veranlasten. Als ich kürzlich in Magdeburg 14 Former engagiren ließ, waren die dortigen Ardcncrkrcisc schon von Leipzig aus unterrichtet worden. Die Angeworbenen wurden bei der Abfahrt insultirl, so daß sich polizeilicher Schutz nötbig machle. Die Leute sind früh 4 Uhr hier nüchtern a»gc- koiniiien, wurden im Verlause deS Vormittags von den hier feiernden Formern überredet, mit Bier traklirt, mit Reisegeld auSgestallet und Abends zum Bahnhöfe geleitet. Wie sie »ach Magdeburg zurück- gckvmmen sind, werken ihre hiesigen College» ai» besten wissen. Gegen den Schluß hm verspricht das Flugblatt, daß der gesetzliche Weg nicht verlaßen werden solle, weist aber gleich danach drohend aus die Folgen hin, welche daraus entstehen könnten, baß man sie mehr und mehr vom gesetzlichen Wege drängen würde. Nu» frage ich jeden Un parteiischen und jeden denkenden urtheilssreien Arbeiter, was ist die Veranlastniig ru diesen ernsten Worte», waS der Grund zu diesem bedauerlichen Eonflicte? Ist cS eine berechtigte Preisreduction bei einem einzigen Arbeiter, der damit einverstanden ist und trotz dcö Abzuges in den letzten zwei Wochen noch 88 85 verdient bat, oder ist eS eine lang geplante Arbeitseinstellung, zu welcher die nichtigste Bcranlassung vom Zaun gebrochen wurde!? Leipzig, Anger-Crottendorf, den 11. September 1885. L»r1 Lr»uss. Gedruckt bei G. Pol» io Leipzig.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite