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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.08.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-08-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188408293
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840829
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840829
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-08
- Tag1884-08-29
- Monat1884-08
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.08.1884
- Autor
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Erscheint täglich früh S'/.UHr. Leö«ti«» «üd Lr-e-itio« Ivhamiesgaffe 83. -prechkundrn der Krdaclion: Bonnittag- 10—18 Uhr. Nachmittag« b—6 Uhr. klilti» stüs^a», tm^staudler M-nuicr^t, »»chi pch der für die »Lchktf»>-r«de «»««er trfttmmtrn Jttserate an «acheutagen »i« 8 Uhr «achiuittag», au Sann- und Festtage« früh bi»'/,» Uhr. 3« de« Filialen fiir Ins.-Änuahme: vtta sie««, UmversilStsstraße 21, Lvttts Lösche» Katharinenstraße 18, p. «nr »iS ',.8 Uhr. nmigcr.Tagcblatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. ^ 242. Amtlicher Theil. Vrklmnlmachukg. Da- X. Stück drs kieS>ährigen ReichsgesetzblattrS ist bei un« einaegangen und wird bi- zun» >8. Eepteurber dieses Jahres aus dem RathhauSsaaie zur Einsichtnahme öffentlich anshüngen. Daffelbe enthält: Nr. 1562. Uebereinkunst zwischen Deutschland und Belgien, betreffend den Schutz an Werken der Literatur und Kunst. Vom 12. December 1883. Nr. 1S6S. Uebereinkunst zwischen Deutschland und Belgien. betreffend den Schuh der gewerblichen Muster und Modeste. Vom 12. December 1883. Leipzig, am 25. August 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Krumdiegel. DekanntMchnilg. Wegen Neupflastcrung wird die <5olo«nadenstraHe auf der Strecke von der Durchsabrt am Dorolbcenplatze dis zur Alexanderstraße vom Mittwoch, den 3. September dieses Jahres an auf die Dauer der Pflaslerarbciten, soweit diese es erforderlich machen, für allen unbefugten Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 28. August 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Kretschmer. Vekailntmaihuilg.- Die Entschädigung für die am d. Jahres allhier am Böttcher-, Gewand-, Goldhalmgäßcken, an der Grimmaiscben, Katdarinenstraße. am Kupsergaßcke», an der Magazingaffe, am Markt, Nenmarkt, an der Nicolaistraße, am PcterSkircbhof, an der Reichs-, Nitterstraße, am Salz-, Schuhmachcrgäßchcn und an der Ibnversstätsstraße einquarlicrt »«wescnen Truppen vom königlich ri. ostpreuHischeu Jnsanterte-Regiment Nr. 4>i ist emgegungen uitb kan» in den nächsten Tage» bei nuferem Quartier-Amte, Stadthaus, 2- Etage, Zimuter Nr. 107 erhoben werden. Der den Quartierzeltei Borwcisend« gilt zur Empsang- nahme berechtigt. Leipzig, am 26. August 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. L. Vckanntmachung. In Folge eines Rou, drucks mus, die Fahrbahn de» Naundörfchens anfgegraben werden, »nv es wirv daffelbe daber aus. die Dauer dieser Arbeit für allen «nbesugte» Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 27. August 1884. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Kretschmer Vckaniltnmchilug^ Die Ringstraße längs des FleischerplatzeS wegen Einlegung von Pserbedahngteisen aus die Tauer wird Tauer der Arbeite» für allen unbefugten Fährverkehr gesperrt und letzterer für diese Zeit aus t»e entlang der Hänser am Fleischerplatzc hinsührenve Fahrstraße verwiesen. Leipzig, dm 23. Auaust 188 t. Der Ruth der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Kretschmer. Auctiou. Soimabenb, den 8« Angnst 1884, 10 Nbr Vormittag sollen tm Brundftück« Sterawartenftraße Nr. 53 allhier die zu einem Nachlasse gehörigen Grg-nftände, als: Möbel, Belten, Wäsche, Kleidungsstücke und div. andere- Haus- und Wirthschast-gerälhe, öffentlich an den Meistbietenden gegen sosomge Baarzahluug ver- steigert werden. Leipzig, den 27. August 1884. Thierbach. Gerichtsvollzieher. ileilskift^äl Die Einlegung einer Schleußt, bestehend auS Tbonrodren und an- Mauer, in die Leipziger-, Albert- und Wiesenftraße toll an einen Unternehmer in Accord gegebrn werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diele Arbeiten liegen in unterem Bmieindeamte, woielbst auch Blauquets zu entnehmen sind, zur Smsicht au«. Bezügliche Offerten sind ver siegelt und mit der Aunckrift: „Schleuste Ver Leipziger Strafte" versehe» ebendaselbst und zwar vis »UM 8. September d. I. Nachmittags k Uhr einzureichen. Eulritzich, am 28. August 1884. Der Stemetnve-Nath. Thomas. Nichtamtlicher Theil. Die Dreikaiser-Zusammenkunst. Nach einer u»S aus Wien zngegangenen Privatmelduug, welche seitdem vo» mehreren andere» Seiten ihre Bestätigung erhalle» hat. ist die Zusammenkunft der Kaiser Wilhelm und Franz Äosef mit Alexander III. in den ersten Tagen des September nunmehr fest beschlossen, die bezüglichen Unter handlungen sind dnrch Specialgcsanvte geführt worden »nv scheinen jetzt zum Abschluß gediehen z» sei». Daß die Sache selbst, wie die vorbereitenden Schrille niit dem tiefsten Ge heimnisse umgeben sind, hat seinen leider nur allzu bekannten Grund in den Gefahren, welche die russische Umsturzpartei fort und fort dem russischen Kaiserhaus? bereitet. So war denn auch der Tag der Abreise Kaiser Alexander'- zu den Manövern in Warschau bis zuletzt uuhekauut, nur so viel wußte wan. daß »ür den 28. August eine große Cavallerie- Rcvue bei Skierinewice, für de» 2!>. August eine Truppen- Rcvuc bei KonSkie und für den 3i). August eine solche der in Lazienki und in der Umgebung Warschau» liegenden Eavalleric angcsetzt war. Man »abm an, daß Kaiser Alexander bei diesen Revuen zugegen sein werde und wurde durch die Eickerdeit-maßregeln, welche in den letzte» Tagen iu Warschau in Kraft gefetzt worden sind, in dieser Annahme bestärkt. Eine schärfere Polizeiaufsicht gegen alle verdächtigen Per Auflage LS,«VS. H»ouunurnt»prris oiertelj. 4'/, Mk. incl. Bringerlohn 5 ML, d»rch die Post bezogen 6 Mk. ' Jede einzelne Nummer 20 Vs- Belegeremplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gefalzt) «tztt« Postbesörderung M ML Mit Postbesörderung 4L ML Inserat« -gespaltene Petitzeile 20 Pf. Brößerr Schriften laut unserem Prris- verzerchniß. rabellarischer n. Ziffernsatz nach höherm Tarif. Lrliamrn unter dem Nrdactioussiriltj die Spaltzcile 50 Ps. Inserate sind stet- an die Erpevttion zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnenumenmäo oder dura, Post- Nachnahme. Ar eitag ven 29. August 1884. 78. Jahrgang. sonen, wie sie in neuester Zeit in Warschau geübt wird, ist nickt leicht denkbar, Personen, welche irgend etwa» gegen den Kaiser Alexander im Schilde führen, müßten init ungewöhn licher Schlauheit begabt sein, wenn sie der Wachsamkeit der SicherheitSorgane entgehen wollten. In dieser Beziehung ist Alle» geschehen, waS nach menschlicher Voraussicht möglich ist: Verdächtige sind auSgewiesen, Fremde werden in den Gast- bösen controlirt und überwacht und Packetc dürfen nur bei Tage von einem Ort zum anderen getragen werden. Außer dem ist der Herd der vorhandenen Verschwörung schon seit Monaten entdeckt und die dort zusammenlaufenden Fäden in den Händen der Polizei, also dürste jede unmittelbare Ge fahr für den Kaiser beseitigt sein, wenn er sich jetzt nach Warschau begiebt. Der Ort der Zusammenkunft wird selbstverständlich so ge wählt sein, daß er von den drei Tbeilnehmern der Zusammen kunft annähernd aus gleich leichte Weise erreicht werden kann. Man hatte Krakau für di« Zusammenkunft der Kaiser Alexander und Franz Joses genannt, eS wäre möglich, daß sich auch Kaiser Wilhelm dorthin begäbe, doch ist nicht aus geschloffen, daß noch ein bequemerer Ort für Kaiser Wilhelm gewählt wird, etwa Breslau. Da« sind zwar nur Vcr- mutlmngen, aber immerhin nahe liegende Vermutbungc». Daß es sich bei der Dreikaiserzusammenkunst um sehr wichtige, tief einschneidende Fragen handeln wird, crgiebt sich aus Ver gegenwärtigen äußerst geipanuten Lage, welche aus eine vollständige Verschiebung der europäische» Politik hin leitet. Von Bündnissen gegen eine oder mehrere bestimmte Mächte, wie sie geschloffen zu werden pflegen, wenn große Kriege beversteden. kann bei dieser Zusammenkunft nicht die Rede sein, wa- allein in Frage komme» kann, ist die Stellung nähme zu dieser oder jener schwebenden Verwickelung. Nach Aufregung lüsterne Naturen malen sich das Schreck bild eines großen Krieges aus. welcher von den Verbündeten gegen England geplant wird. Das würde wahrhaftig nicht der Mühe lohnen, denn was England als Gegner Werth ist, daS hat Egypten und der Sudan im letzten Jahre vollaus kennen gelehrt, daven können auch die Russen ein Stückchen erzählen aus der Zeit, als sie Merw und die Achal-Trkc-Oa'e besetzten. Als Freunde wiegen sie fast noch leichter, wie die Ekinesen zu bezeuge» vermögen, welche zur Zeit ibrer höchsten Notb. also während der Beschießung FoulschonS n. cd die französische Flotte, eiuzia und allein durch ihnen günstige Berichte in der englische» Presse unterstützt wurden; ob ihre Flotte dabei verloren ging und ihr bestes Arsenal zerstört wurde, war für ihre englischen Freunde gteicbgiltig, England pflegt seinen Verbündete» schon seit langer Zeit ausschließlich moralische Dienste zu leisten. Diese müssen folglich auch den Ehinesen genügcn. Allerdings wird bei der bevorstehenden Dreikaiserbegegnung die Slellungnahme zu England ein Hauptthema bilde», weil die Zukunft Egyptens den Angelpunct der europäischen Politik bildet. In Kairo laufen die Interessen Rußlands und Frank reichs zusammen gegen die Englands, welche denen seiner beiden Phantasie-Verbündeten widerstreite». Mit dem Bom bardement Alexandriens bat Gladstone Rußland aus die Seile Deutschlands unk Oeslerreich-IIngarnS getrieben und sich Frankreich gleichfalls zum Feinde gemacht. Um die Coali» tion vollständig zu machen, dal Gladstone der deutschen Colonialpvlitik Stönie in den Weg gewälzt und damit daS Zeichen gegeben, däß durch gemeinsame Maßregeln des mittel europäischen Friedcusbuiides die Art an Englands Welt Herrschaft gelegt wird. Dieser Augenblick eines großartigen Umschwunges in der Entwickelung der europäische» Politik im Zusammenhangs mit der Zukunft Asiens und Afrikas hat auch auf Frankreich seinen tieswirkenden Eiiistnß geübt. In diesem Lande zeigt sich gegenwärtig eine Gährung, wie sie noch vor einem Halden Jahre, ja noch vor sechs Wochen für ganz „»möglich gehalten wurde. Man erinnere sich nur der Vorgänge beim Feste der Republik, als die deutsche Fahne vor dem Hotel Continental beschimpft wurde, und inan wird versieben, welche ungeheuere Kluft die öffentliche Meinung Frankreichs heute überschritten hat. Die französische Regierung war sich freilich schon am 14. Juli bewußt, daß sie dieser Ausschreitung nickt ihren Namen leihen könne, sie beeilte sich, unaufgefordert, jede Ge meiuschaft mit den patriotischen Heißspornen Dcroulöde'S ab- zulehnen und der Sturm ging ohne weitere Folgen vorüber. Aber zwischen damals und heute liegt die Erweiterung deS Zerwürfnisses mit China und daS Scheiter» der Londoner Conserenz und diese beiden Angelegenheiten haben eine Ent sremdung von England und eine Annäherung an Deutschland für Frankreich berveigcführt. wie sie wohl von den Franzosen selbst niemals im Ernst erwogen worden ist. Am 26. August hat sich der französische Botschafter am deutsche» Kaiserhose, Baron Eourccl, nach Darzin begeben, nachdem er kurz zuvor aus Paris zurückgekehrt war. Tie Beriimlhuug liegt nahe, daß seine Anwesenheit in Paris der chinesischen Angelegenheit gewidmet war; es mußte für die srauzösischc Regierung von Wichtigkeit sei», zu erfahren, welche Sielluug Deutschland einem Kriege zwischen Frankreich und China gegenüber einnehme» würde. Diese Angelegenheit ist nnzwciseldasl erörtert worden, es kam aber die Drcikaiser- zusammenkunst, welche damals bereits im Princip entschieden war, hinzu, »nd cs ist sicherlich kein Zufall, daß seit dem Pariser Besuche des BaronS v. Eourcel in Paris von einer französisch-deutschen Allianz gesprochen wird. Wenn Frank reich seine wahren Interessen und nickt seine Leidenschaften zu Worte kommen läßt, so wird es mit Leichtigkeit erkennen, daß Deutschland der Entfaltung seiner reiche» Kräfte und seiner Wohlfahrt gewiß nicht die geringsten Hindernisse bereiten wirv. Deutschland- Strebe» ist seit dem Frankfurter Fried-n nur dar aus gerichtet gewesen, die Feindschaft Frankreichs allmälig zu beruhigen und in aufrichtige Freundschaft zu verwandeln. ES ist über dieses Thema schon so viel Papier beschrieben und bedruckt worden, daß eS überflüssig ist, darüber heute noch ein Wort zu verlieren, aber es ist noch nie zuvor die Gelegenheit so günstig üyv der Zeitpunkt vielleicht so geeignet gewesen, um durch die deutsch-französische Rechnung einen dicken Strick zu macken und ein neues Conto zu beginnen. Fcrry hat die Eigenschaften eines Staatsmannes, und deshalb ist auch die Möglichkeit' nicht ausgeschlossen, daß er sich aus den unbefangenen Standpunkt enrporgeschwnngen hat, den er cinnehmc» mußte, nm die wahre Sachlage voruriheil- srci zu prüfen und zu brintheilen. Wenn die Unter rcduiig. welche Baron Courcel mit dein Fürste» Bismarck in Varzin gehabt hat. den Erfolg hatte, daß die Feindschaft zwischen Frankreich und Deulschlanv begraben ist, um einer kräftigen Entfaltung der beiderseitigen Interessengemeinschaft "statz zu macken, so ist damit daS beste Eraebnrß der Drei- aiser-Zusammenkunft verbürgt. Wenn Deutschland mit Oesterreich-Ungarn im Verein mit Rußland und Frankreich zusammciiwirken, um den Weltfrieden zu befestigen, dann ist der Grund für eine Zeit gelegt, wie sie sich die kommende Generation nicht segensreicher wünschen kann. * Leipzig, 29. August 1884. * AuS Wien wird von vertranenswerther Seite gemeldet: „DerKniser-Begegnungwerden auch diedrei Minister des Auswärtigen beiwohnen." * In den Angriffen der „freisinnigen" Presse auf die Nationalliberalen ist in letzter Zeit ein be sonderes Gewicht aus die Entstehung der Heidelberger Erklärung gelegt worden. Die Absicht geht dahin, nach zuweisen. daß jenes Vergeben der National liberalen nickt etwa eine Folge der Verschmelzung von Fortschritt und Secessionisten, sondern vielmehr die äußerliche Manifestation einer von langer Hand vorbereiteten gouvernementalen Schwenkung der Nationalliberalen gewesen fei, einer Schwenkung, welche ihrerseits jene Fusion mit Notdwenvigkeit hätte Her vorrufen müssen. Rund heraus gesagt: Man möchte ein Complot, wenn nickt der ganzen, so dock eines TheilS der national liberale» Partei mit dem Fürsten Bismarck construiren. gegen welches dann alle wahrhaft liberalen Elemente unterschieds los zusammengcsaßt werden müßten. Glücklicherweise liegen unS die Dinge noch nahe genug, um den wirklichen Sachver halt sestzustellen. lieber die Vorgeschichte der fortschriltlich- secessiomsiischen Vereinigung zu streiten, kommt nns nicht in den Sinn; unS genügt die Thatsacbe. daß die Vereinigung vollzogen ist und daß in dem gemeinsamen Verband« der alle Geist der Fortschrittspartei, oder concreler gesprochen: Herr Eugen Richter unverkennbar daS Uebergemickt hat. Von der Bewegung >m nationalliberalen Lager aber erlauben wir uns, aus unscrm Eigenen eine zuverlässigere Kcnnlniß zu besitzen, als wir sie bei unseren Gegnern voraussctzen dürfen. ES ist richtig: der Heidelberger Tag ist schon geplant worden, ehe die Welt von der FusionS-Uederrascdung eine Ahnung haben konnte. Wir glauben sogar annchmen zu können, daß von de» Urhebern der Heidelberger Versammlung noch im Februar kein einziger das Zusammensein der Herren vo» Stauffenberg, Bamberger und Rickert mit Herrn Richter in eincr einzigen Fraktion für möglich gehalten haben würde. DaS mußte man in der Thal erst schwarz auf weiß sehen, um eS zu glauben. Nun, man hat sich aus unserer Seite überhaupt um die Thätigkcil und die Bedeutung der ehemaligen .Liberalen Vereinigung" rechl wenig gekümmert in jenem Augenblicke. Der Keim zu der Heidelberger Ver sammlung ist bereits im Sommer v I. gelegt, damals, als Herr Eugen Richter bei Gelegenheit der Ersatzwahl in Landau-Neustadt dem Nationalliberalismu» den Kamps aus Leben und Tod ankündigle oder, besser gesagt, ihm den Todes stoß versetzen zu können glaubte. In jenen heißen Tagen wurde der eiste Entschluß gefaßt, die gemäßigt-liberalen Ele mente, zunächst SüdwesiveutschlandS, zu neuem lhatkrästiqen Vorgehen zusammenzusaffen. Nur die Rücksicht aus den Zu sammentritt deS Reichstags ist der Grund gewesen, daß ber Plan erst im März d. I. zur Ausführung kam. AuS dieser höchst einfachen Geschichte des Heidelberger TageS erhellt zu gleich, was es niit der angeblichen gouveruemcutalen An regung oder Beeinflussung desselben aus sich hat. Wir sind nickt von Denen, welche» bei dem Worte „gouvernemental" gleich eine Gänsehaut überläufl: die Nationalliberalen sind, um mit Miguel zu reden, stets servil genug gewesen, es offen zu bekenne», daß sie ihrer innersten Neigung nach lieber mit der Regierung als gegen dieselbe geben. Ueber diese allgemeine Wahrheit hinaus aber ist in der Heidelberger Kundgebung und in Allem, wa- mit ihr zusammenhängt, kein Atom vor handen. Die- Alle- festgestellt, ist also außer Ziveisel, daß die Heidelberger Versammlung sowohl ohne die Fusion wie ohne die „freundlichen Worte deS Herrn Reichskanzlers" in der Debatte über die Laster-Resolution, aus welche Herr Richter die Neubelebung der nationalliberalen Partei zurückführt» er folgt sein würde. Aber das ändert nicht- an der unumstöß lichen Thatsache, daß durch die Fusion di« Bedeutung des Heidelberger TageS eine ganz andere geworden ist. Was ursprünglich nur als Anregung der Parteithätigkeit aus engerem Gebiete geplant war. ist zum Weckruf für den geinäßigten Liberalismus ganz Deutschlands geworden. Unter den norddeutschen Nationalliberalen herrschte, trotz aller un liebsamen Erfahrungen, noch immer das Gesühl einer gewissen Gemeinsamkeit mit den ehemaligen Freunden von der Secession; die Fusion hat daS mit Einem Schlage durchaus verändert. Es bedurfte nicht erst künstlicher Machinationen von Bismarck'scher oder sonstiger Seite: mit dem Abmarsch der .Liberalen Bereinigung" in die Arme des Herrn Richter war die Frage gestellt: Soll der Liberalismus in Deutschland fortan lein oppositionellen Radikalismus verfallen, oder soll er aus jener Bahn positiven Schaffen« erhallen werben, die allein ihm und dem ConstitutionaliSmus die Zukunft sickern kann? Diese Frage ist eS, um die sich der Streit heute dreht, und es wird unfern Gegnern trotz all' ihrer Märchen von der nationalliberalen Schwenkung nicht gelingen, sie zu verdunkeln. * Der bisherige ReichStagsabqeordnel« für Gardelegen Salzwedel, Herr vr. Fr. Kapp, wird bei der bevor stehenden ReichStagswahl eine Candidatur nicht wieder an nehmen, wie au« folgendem Schreiben hervorgeht: Lharlottrnbrunn ln Schlesien, 12. August 1884. Sehr geehrter Herr! Aul Ihre ges. «ulforderung vom 1V. d. M.. auch für die nächste Wahlperiode in unserem Kreist «nieder als Abgeordneter für den Neichstag zu randtdiren, bin ich leider gezwungen, zu erklären, daß mein «iesunddeitszustand mir eine solch« Thätigkcil zur Zeit nicht gestattet. Ich bedaure lebhaft, daß ich Ihrem und der dortigen BerlrauenSmänner mir so ehreuvollcni Vertrauen in einem für unser polilijches «nd wirthschaftliche» Leben so vcrhäugnißvollen Momente nicht entsprechen kann und bitte Sie deshalb, von meiner Person ln diesem Herbste ganz abseheu zu wollen. Ich möchte aber diele Melegeiiheit nicht vorübergehen lassen, ohne Ihnen uud atze» «esinining-genoffen in Salzwedel und Mardelegen für Ihre mir stet« bewiesene freundliche Besinnung und Ihr stet« bethätigte« verstLnd. mßvolles Entgegenkommen meinen tiefgefühlten herzlichen Dank aus- jiiivrechen. Ick Irrte mit den angenehmsten Ecinncrungcu von meiner bisherige» Tl ätigkeit zurück und grüße Sie Alle m» freundschasilicher Hochachtung als Ihr ergebenster Friedrich kapp. Herrn Friedman» Ealomon Bardelegcn. * Wir haben bereit- gemeldet, daß sich auch die Klisten- irecke südlich des Kamerungebietes bis Batanga hin in deutschen Händen befände. Generalkonsul Nack- tigal habe die deutsche Flagge in Malimba, Klei»- Batanga »nd Groß-Batanga ausgehißt. — Malimba liegt an dem südlichsten der vielen Flußarme des Kain er« »- Flusses, Ouaqua genannt, so daß dieses ganze Flußgebiet von Bimbia bi« Malimba von dem von Deutschland er worbenen Theil eingeschlossen ist. Klein-Batanga »uv Groß - Batanga sind Handelsstationen an der Küste südlich von Malimba. In Malimba und Klei»-Bata».>a existirt ein lebhafter Handel in Palmöl, Palinkerneu und Elfenbein. Batanga ist der bedeutendste Elfen bein-Markt an dieser KUstenstreckr. — Fast die Hälfte deS unter dem Namen Gabun-Bein in den Handel kommenden Elfenbein« wird in Batanga an den Markt gebracht u»o von dort a»S verladen. — Die Entsendung der gedeckten Eorvette „BiSmarck", Welche sich am I. Oclober nach der westasrikanischen Küste begeben wird, scheint erst beschlossen worden zu sein, nachdem die amtliche Meldung von der Entfaltung ver deutschen Flagge durch Cvrvetten- Capitain Herbig (nicht Schering, wie fast alle Blatter meldeten) von der „Leipzig" und durch den General- consul vr. Nachtigal eingctroffen war» während die Ein richtung einer Station in Westasrika eine längst beschlossene Socke war. Eö erhellt die« bereit« au« der Marine-Dent- schrist vom 11. März d. I. Die Namen deS ersten für diese Station bestimmten Schiffe« und seine« Commandanten beweisen aber, daß der politischen Mission der Eorvette BiSmarck" eine besondere Bedeutung beigelegt werden muß. Man würde dem Capitain BatoiS, der augenblicklich Com- mandant de« Flaggschiffs de« UebungSgcschwaderS, der Panzcrfregatte .Baden" ist. schwerlich nach den höchst an strengenden Hebungen dieses Sommer« sofort ein Bord- commando für eine auswärtige Station gegeben haben, wenn er sich nicht bereit« an der afrikanischen Küste einige Er fahrung gesammelt und den Namen eine« entschlossenen und burchareisenden Osficiers gemacht hätte. Es werden solche Vorkehrungen getroffen, daß nvthigensall« die deutschen See- streitkräste auf der westasrikanischen Station sofort verstärkt werden können Wie bereit« mitgetheill, werden die Cor- vetten „Sophie" und „Olga", sowie die Brigg „Undine" Anfangs Oclober in da« Mittelmeer gehen und von dort können sie in verhältnißmäßig kurzer Frist nach der Bai vo» Biafra dirigirt werden. * Au- Caracas in Südamerika schreibt man der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" über ein kleine« Malbeur, welche- der Barth^scheu .Nation" dort bei dem Versuch begegnet ist. einen dort ansässigen Deutschen zum Abonnement zu veranlasse» und denselben als ihren Agenten zu acquirireu. Der Betreffende hat ans die Offerten der .Nation" mit einem sehr drastischen, aber zugleich charakteristischen Brief folgenden Inhalts geantwortet: „Laracas, S. Lugnst 1884. Admtoistrattoa der „Nation" Berlin. Mit letzter Post empstng ich eine Probenummrr der „Nation" nebst einem Circular; auS der Nummer ersehe ich mit Erstaune», daß Sie mich der Ehr« gewürdigt habe», uuler den Agent«» der Zeitung zu figuriren, ohne auch nur tm Beringstrn bei mir angefraat zu habe». Ick möchte Sie daher dringend bitten, meinen Name» so schnell wie möglich aus besagter Zeitung verschwinden zu lassen, denn meine politischen Ansichten sind ganz andere, als die der Herren Mitarbeiter der „Nation", außerdem dürfte e» wohl schwer hatten, wenigsten- unter den Deutschen von Westindiea und Südamerika viel Abonnenten auf Ihr Blatt zu gewinnen, wenn besagte Herren, wie Bamberger, Richter,c.» so gegen die Deutschen im Auslande her- ziehen und sich gegen Dampscrsubventionen re. aussprechen. Diese Herren kramen stet- «hre Kathederweisheit am grünen Tische ans, lassen Sie mal sich die Sache genau draußen anschauen und sehen, wa- die überseeischen Deutschen dlrect oder indirekt für ihr Vaterland thun, dann würden Sie vielleicht nicht so viel B.... zusammensprrchen, wie e- jetzt geschieht. So viel steht fest, daß Bamberger, Richter u. La. mit all ihrer Weisheit den Deutschen im Ausland« dle Stellnag nie gegeben HStlen, die sie jetzt einnehmen. Schließlich nochmal« ans meine Bitte zurücktommend, meinen Namen au- der Liste Ihrer Agenten zu streichen, empfehle mich mit ausgezeichneter Hochachtung Alfred Rothe. ?. 8. Karnm Ihr Ltrrular zur Einladung aus Abonaemeni einer deutsche» Zeitung in französischer Sprach« geschrieben, ist mir nicht klar geworden. D.O. * Nach der .Kreuzzeitung" beabsichtigt der deutsche Colonialverein, in Anbetracht der wichtigen colonial politischen Ereignisse der jüngsten Zeit, eine außerordentliche Generalversammlung seiner jest wohl 6000 übersteigenden Mitglieder nack einer, wabrschein lich mitteldeutschen Stadt aus den 2t. September ein- zuberusen. Aus dieser Versammlung werde zunächst Ober- bürgermeister vr. Miguel als stellvertretender Vorsitzender die gegenwärtige Lage der deutschen Cotonialbcwegiing le leuchte», woraus dann Spccialerörternngen folge» sollcu, namentlich auch über Dampsersubvcntionen. Letztere sollen, um jede Einseitigkeit der Auffassung zu vermeiden, sowohl von volkSwirthschaftlichcr als kaufmännischer und nautischer Seite eingehend begutachtet werben. Man bosjt. daß Geheimralh Nasse au« Bonn die bezüglichen Verband- lungen cinleiten wird, und daß ihm als Referenten namhafte Großhändler, WirthschaftSpolitiker und Rheder al» Corrcse- rcnten sich aaschließen werden. . * . * Der Belgrader Berichterstatter der .Politischen Corre- spondenz" widmet den serbischen Zuständen au« Anlaß der am 22 begangenen Geburtstagsfeier deS Königs Milan Worte voller Anerkennung. „Nicht an letzter Stelle — schreibt der Lorrespo«d«nt — kommt dabct die Richtung in Betracht, welch« Se. Majestät der auswärtigen Politik gegeben hat. Durch die feste Begründung einer eugca Freundschaft mit Ocsterreich-Ungarn und, wa« daran- mit einer gewissen logischen Nothwendigteit sich ergeben mnßte, durch die An lehnung a» den großen mitteleuropäischen Friedensbnnd, wurd« es der Negierung möglich, ihre ganz« Fürsorge ausschließlich allen jenen Reformen zu widme», welche das fortschrittliche Princip, dem dos Labinr» Baralchanin in gleicher Weis« wie das Cabinet Pcratschaiioc huldigt, gebieteriich erhsischt. Rebe» der ge- diegrnen Organisation de« Öffentlichen Unterrichts, welch« ein bleibendes Verdienst des Herrn Stojaa Rovokovic bilde», erdietten die Justiz, die Verwaltung, sowie die ökonomische« Bcr- höltmffe de» Landes einc sehr wesentliche Entwickclung. Darüber ist auch die Wehrkraft de« Königreich« nicht vergessen worden. Die Fnunde und Feinde Serbien« werde» mit einer fast achtzigtauiend I Morn starken, gut geschulten vnd vorzüglich bcwcifsncten stehenden ' Armee zu rechnen haben. Die Tagrsprcsse war befugt, alle dies»
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