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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.09.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-09-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188409027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-09
- Tag1884-09-02
- Monat1884-09
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.09.1884
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Erscheint täglich früh SV,Uhr. Led-rNo» md Lkpr-Mou JohanneSgaffe 83. D>rechftunde« der Kedarlion: Vormittag- 10—12 Uhr. Nachmittag» 8—6 Uhr. rÄM "* - ««ttch»« tz« fk, tzi« «Lchstfslge»»« Nummer örftimmten Juierate « W«chruta,r» dis S Utzr Nachmittag«, auSaau-uud Festtagen frßtz dt» V.» Uhr. 3« de« /ttialr» fitr 3»s.-Anu«h«e: vtt< «lemm. UuiverfitätSftraße 21. Lot» Lösche» Katharinenstraße 18, p. *»r »t« V.» Uhr. WpMer.TWMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschüstsverkehr. Auflage L8,«OV. Ädonnemeatspreis viertelt. 4'/, tncl. Briagerlohu 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Pf. Gebühre» für Extrabeilage» (in Tageblatt-Format gefalzt) «dtte Postbesörderung 39 Mt. »tt Postbesörderung 48 Mk. Inserate -gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut unserem PreiS- verzeichniß. Tabellarischer a. Ziffernlatz uach höherm Tarif. Lrrlamm unter dem Kedactionsstrich die Spaltzeile SO Ps. Inserate sind stets an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praoumusramlo oder durch Post- Nachnahme. 246. DienStag ven 2. September 1884. 78. Jahrgang. Zur gefälligen Veachtllvg. Heutr Dienstag, de» S. September, wird aus Anlaß der Sedan-Feier unsere Expedition von L0 Uhr ab geschlossen bleiben. LLpvältlov ävs L-elpLlxor l'Lseblsttss. Amtlicher Theil. Drliannimichmtg. Wir bringe« hierdurch zur öffentlichen Kenntniß, daß am Nationalfestlage Deutschland«, den 3. Teptember, Bor» «tttagS LO Uhr em Dank- «nd AestgotteSdienst in der Nicolaikirche stattfindrn wird. Kür die Mitglieder deS RetchSgerichtS «nd der NeichSanwaltsehaft, sowie der Königliche« Behörden und für die Herren Stadtverordneten werden bei diesem Gottesdienste, soweit thunlick», Plätze rescrvirt werten. Leipzig, den 27. August 1884. Die Lircheninsperlion für Leipzig. D«r Superintendent. Der Rath der St«, dt Leipzig. I V.: vr. Trouvlin. Archidiakonu» vr. Suppe. Wilisch, Ass. DaS Ranft'sche Gä siche« wird wegen Einführung der Wasserleitung in ein Privatgrundstück von Mittwoch, de« T. Septenider laufende« Jahre- ab aus circa S Tage für allen Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 29. August 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. I)r. Tröndlin. Kretschmer. Vekanntinalllims, die städtische Arbelt-nachweisung-anstalt betreffend. Daß Unterzeichnete Nrmendirectorium hat eS als recht störende Mängel empfunden, daß die bei der ArbeitSnach- weisungSanstalt bestellten Arbeiter bei dem Besteller de« Oesteren nicht eingetroffen sind, auch daß zu Zeiten außer gewöhnlicher Nachfrage nach Arbeitern die Anstalt nicht allemal in der Lage war, Arbeitskräfte den Bestellern zusenden zu können. Um diese Mängel thnnlichst zu beseitigen, richten wir an da» unsere Anstalt benutzende Publicum die höfliche Bitte: un« daS Nichterscheinen verlangter Arbeiter gefälligst mit- zutheilcn, um un« dadurch in den Stand zu setzen, gegen solche Arbeitsvcrweigerer entsprechend Vorgehen zu können. Nicht minder werden wir in allen den Fallen, wo die ver langten Arbeitskräfte von der Anstalt nicht gestellt werden können, die betreffenden Besteller durch Postkarte oder aus anderem Wege davon kurz benachrichtigen. Indem wir Solches bekannt geben, richten wir an unsere Milbürger gleichzeitig von Neuem die Bitte, von unserer ArbeitSnachweisungSanstalt auch fernerhin recht ausgiebigen Gebrauch machen zu wollen. Leipzig, den so. August 1884. Da» Slrmendtreetortn«. Ludwig-Wolf. Jagdverpachtuns. Montaa. den 8. September d. ». Nachmittags 2 Uhr, soll auf Beschluß der hiesigen Jaadgeuoffcnschast im Gasthof« zu Großmtltitz die Jagdnutzung de» das!gen FlurbezirkeS, ca. 467 Acker enthaltend, auf 6 hintereinander solgende Jahre, und zwar vom 1. September 1884 bis mit 31. August 1890, öffentlich meistbietend, jedoch mit Vorbehalt der Auswahl unter den Licitanten aus Grund der im Termine bekannt zu machenden Bedingungen ver pachtet werden. Großmiltitz, den 24. August 1884. G. Kabisch, Iagdvorstand. einer SiebstMs - Vekamitmachung Gestohlen wurden ollhier erstatteter Anzeige zufolge: 1) Ein weißleinene« MannShemd, gez. X. L. 2, a«S Schlafstube in Skr. b der Grrberstraße, am 24. vor. Mt».; 2) ein v<rte»««»ate von schwarzem Leder, mit gelbem Bügel, enthaltend 27 ^l, ln einer Doppelkrone, einem Fünfmarkstücke und div. kleiner Münze, mittelst TaschrndtebstahlS auf dem Wege von der UlrichSgaffe nach der Hospitalstrabe, am 28. vor. MtS. Mittag«: S) eine silberne Ctzlinderuhr mit Secnnde und geriester Rück- seile mit wappenShnlichcm Schildchen, nebst kurzer Lalmikette, daran rin ovale« goldene« Medaillon, auf einer Seite blau emaillirt, aus der anderen mit Perlen besetzt, eine Damen-Photographie ent haltend. auS einer Wohnung in Nr. 56 am Brühl, am gleichen Lage Nachmittag-: 4) ein schwarzer Alpaeca-Negenschir«, a«S einem Restaw ration-locale in Nr. 21 der Großen Fleffchrrgaffe, ln der Zeit vom 22. bi« 29. vor. MtS.; b) ein schwarzledcrneS Portemonnaie mit einem In Halle von 7 50 -zZ. in einem Fünfmarkscheine, zwei Markstücken und kleiner Münze, ferner drei Pfandscheine, au» einer PiLce in Nr. 1 der Turnerstrabe, in der Nach» vom 28. zum 29. vor. Mt».; K) acht Flasche» Weiß wein mit der Etikette „Vaudovdoimor", mittelst Einbruchs aus einer Kellerabtheilung in Nr. 43 der Rord- ftrab«, am 2b. vor. MtS^ 7) eine brannlederne Brieftasche, enthaltend zwei Aünsmark- fcheine und eine Rechnung aus Schwabe lautend, auaeblich mittelst TaschendtedftahIS im RestaurationSloeale in Nr. 5 der Grim maischen Straße, am 30. vor. Ml«. Mittag»; 8) ein Handkoffer von braunem Leder, enthaltend ei« Gtnt» darin diverse chwnrchffche Instrumente, ferner zwei Stni« z» Taschenuhren, ei» Vöertzemd. ein Nachthemd, drei Paar Strümpfe» drei -ragen, einige Taschentücher und Kilo Thoeolade, au« einem Wartesaai im Thüringer Bahnhof, am nämlichen Tage Abend«; 9) ein -opfkiffe» mit rotheni Inlett, nebst weißem Nkbrrrug, auS einem Kinderwagen, welcher im Hofraum des Grundstücks Nr. 9 der PetrrSftraßr aestaide» hat. am 31. vor. Mt«. Abend«. Ltwatge Wahrnehmungen über de» Verblieb der gestohlenen Smhen oder deu lhtter sind »gesäumt bei unserer Lriminab »hchNI»>q zur Anzeige ,u bringe» Leipzig, MN 1. September 1884. Sa« Poltzet-Nmt der Stadt Leipzia. Vretschneider, Hohlfeld Vkkamilmachimg. DaS Befahre« de- Wege- zwischen den» ehe- «altgen Frankfnrter Thore and de»» neuen Schützenhanf« während der Zeit von S Uhr RachneittagS a« 2 September d. I. wird hiermit für Fuhrwerk jeder Art untersagt n»v wird derFahr- verkcbr während dieser Zeit aus de» Weg vom «enen Schützenhaufe nach dem Kuhthurme verwiesen Zuwiderhandlungen werdeu mil Geldstrafe bt» zu 30 Mark gcabndct. Leipzig, den 27. August 1884. Der Rath Da- Polireiamt der Stadt Leipzig. der Stadt Leipzig, vr. Tröndlin. I. V.: Junck, Pol.-Rath. Wilisch. «ff. Nichtamtlicher Theil. Zum Sedantage. Vierzehn Jahre sind heute verflossen seit dem Tage» au welchem daS französische Kaiserreich bei Sedan znsammenbrach und einer neuen Zeit die Bahn frei ließ, in welcher der Friede über Europa seine schützenden Flügel ausbreitete. „DaS Kaiserreich ist der Friede", hatte Napoleon III. dem von ihm beherrschten Frankreich als Wahlspruch angcheftet, aber die nachfolgenden Thaten straften diesen Wahlspruch Lügen. In der Krim, in Italien, in Mexiko und zuletzt bei Weißenburg und Wörth, bei Straßburg und Metz, endlich bei Sedan traten die Beweise zu Tage, daß die Leidenschaften der Fran zosen nur so lange gegen ein monarchisches Regiment im Zaume zu halten waren, als KriegSruhm für den Mangel an politischer Freiheit Ersatz bot. Al» die Probe aus die Festigkeit der napoleonischen Herrschaft anstatt de« L '*b«rS den Sieg de« Feindes über die kaiserlichen Adler brachte, fiel die Herrschaft in Trümmer und in Frankreich kam a ifs Neue der Geist zu Geltung, welcher im Jahre 1789 da« Königthum befestigt hatte. Deutschland hat im Gegensatz zu Frankreich nach Wiederherstellung de» deutschen Reiche» in seiner alten Macht und Herrlichkeit nach klebe ttviudung der Zwietracht, welche seine Kraft Jahrhunderte lang gelähmt hatte, sein ganzes Streben darauf gerichtet, den Weltfrieden auf fester Grund lage aufzuricbten und für unabsehbare Zeit zu befestigen. DaS deutsche Reich hat niemals daS Verlangen gehabt, seine Nachbarn in dem ruhigen Gennffe ihres Daseins zu stören oder die wicdergcwonnene Macht zu ihrem Schaden auS- zubcuten, daS deutsche Volk hat im vollsten Einvcrständiß mit seiner Regierung viclniehr nur dahin getrachtet, Kriege zu verhindern und zwischen den europäische» Mächten einen Bund zu stiften, welcher die Abwehr gegen jeden Friedens bruch, möge er kommen, von welcher Seite er wolle, zum Ziele hatte. So ist eS denn gelungen, an die Stelle von un aufhörlichen Kämpfen, von Zwist und Hader einen Zustand zu setzen, welcher die Bedingungen eine« langen und dauern den Friedens erfüllt und die Großmächte zu einander in solche Beziehungen gebracht hat, daß sie nur auf die Ent wickelung ihrer Wohlfahrt ihr Augenmerk richten, statt, wie in früheren Zeiten, auS den Schwächen und Fehlern der übrigen Mächte für sich Vortheile zu erstreben. Al» die festeste Grundlage für die Herstellung eine» dauernden Friedens hat sich daS deutsch-österreichische Bündniß bewährt. Um diesen Bund haben sich nach und nach alle Mächte gruppirt, welche den Werth de» Frieden» zu würdigen missen. Nachdem Italien sich den beiden verbündeten Mächten zu- gcsellt hat, ist auch Rußland inne geworden, daß seine In teressen auf friedlichem Wege weit besser und dauernder ge wahrt werden können, als durch den Krieg. Die zielbewußle und weitblickende Politik de» leitenden deutschen Staats mannes hat e» dahin gebracht, daß alle Versuche, eine Ber einigung von Mächten gegen da» deutsche Reich zu Stande zu bringen, gescheitert sind und daß jetzt sogar von derjenigen Seite die überlegene Staatökunst de« Fürsten BiSmarck an erkannt wird, welche ihm bisher stet» feindlich gegcnübcrstand. Der Sedantag, welchen wir heute feiern, hat vor allen vorangegangenen den schwer wiegenden Vorzug voraus, daß er unter Anzeichen gefeiert wird, welche eine Annäherung Frankreichs an Deutschland erkennen lassen, und daß sich, wenn nicht Alle» trügt, daraus die vollständig« Aussöhnung der beiden Todfeinde von ehedem entwickeln wird. Ver gleichen wir mit der heutigen Feier die de» vergangenen Jahre«, so ergiebt sich, daß eine so tiefgehend« Ver änderung der Beziehungen zwischen Deutschland und Frank reich stattgefunden hat, wie sie kaum für möglich gehalten wurde. Im vorigen Jahre wurden im September di« Manöver bei Hombnrg abgehalten, welchen de, König von Spanien beiwohnte; am 28. September wnrde da< Denkmal auf dem Niederwald enthüllt und unmittelbar daraus spielten sich die skandalösen Auftritte in Pari» ab, deren Zielscheibe der .NlanenkSnig" Alfonso war. Heute ist di« französische Regierung beflissen, das Einvrrständniß Deutschlands für die Haltung Frankreich« in Angelegenheiten von großer Trag weite zu erlangen, sich über Maßnahmen zu verständigen, welche gegen China und in Egypten beabsichtigt sind und welche ohne Zustimmung TeulschlanvS nicht mit Erfolg auS- gesührt werden können. Auch Frankreich ist inne geworden, daß r« besser ist, mit Deutschland in Frieden zu leben, al« gegen diese Macht vergebliche Rachepläne zu schmieden. Mag Frankreich auch nach AbzugScanälen für seinen Uebersiuß an Blut und Leidenschaft suchen, wir werden ihm darin nicht binderlich sein. WaS wir verlangen und woran wir unter alle» Umständen scsthalten müssen, ist, daß die Ruhe Europa» ungestört bleibt und daß Frankreich aus die Wiederbelebung von Fragen verzichtet, welche niemals zu seinem Gunsten entschieden werden können. Der Tag von Sedan hat für Deutschland lediglich eine historische Bedeutung, er ist ein Nuhmestag und der Tag, von welchem wir die Wiederherstellung der deutschen Macht und Einheit datiren. DaS sind sehr wichtige und bedeutungs volle Anlässe zur dauernden und immer wiederkehrenden Feier dieses SchlachttageS und deshalb ist auch die Stadt Leipzig stets den übrigen Städten Deutschlands vorangc- gangen in der würdigen und glänzenden Feier von Deutsch lands jüngstem Ehren- und RubmeStage. Hat doch gerade Leipzig den Beruf, diesen Tag hochzuhalten, weil vor den Mauern unserer Stadt schon einmal, ein halbes Jahrhundert zuvor, die Fesseln gebrochen wurden, welche der französische Eroberer Napoleon I. Deutschland angelegt hatte. Sein Nachfolger Napoleon Hl. hatte unserem Vaterland« ein gleiches Schicksal zugedacht, aber Deutschland war nicht mehr daS Deutschland von 1806, dessen Zerklüftung und Zerrissenbeit dem energischen Führer der französischen Armee keinen Widerstand entgegen zu setzen vermochte, eS war unter Führung Preußens zu einer Macht emporgewachsen, an welcher jeder Angreifer zu Schanden werden mußte. Auch Napoleon III. hatte un» im Jahre 1870 ein Jena zugedacht, aber Weißenburg und Wörth, Metz und Sedan belehrten ihn darüber, daß sich die Zeiten inzwischen von Grund auS gcäudert hatten. DaS wa« bei Leipzig 1813 im blutigen Ringen gewonnen wurde, haben die Nachkommen der deutschen Kämpfer 57 Jahre später ans den Schlacht feldern in Elsaß und Lothringen mit eiserner Kraft bestätigt uav festgehältrn, Deutschland war nicht mehr da» Land, welchem Frankreich seine Herrschaft aufzwingen, dessen Söhne e» nach Rußland mit sich führen und der Kälte, dem Hunger und jeder anderen Form deS Verderben» prciSgeben konnte. Deutschland war erstarkt und fühlt die Kraft in seinen Armen, sich gegen eine Welt von Feinden zu wehren. Die wohl be rechtigte Freude und Genugthuung über diese Veränderung der deutschen Verhältnisse ist e», welche un» am Tage von Sedan zu festlicher Stimmung begeistert und welche andauern wird, so lange Deutsche auf ihre Nationalität und ihr Vaterland Werth legen. * Leipzig, 2. September 1884. * Neb-r Zeit undOrt der Kaiserzusammenkunft wird zunächst noch osflciell tiefes Schweigen beobachtet. Desto lebhafter sind die Eombinationen der Blätter, welche bald Warschau, bald einen anderen Punct in Russisch-Polen, Breslau, oberschlesische Magnatcnsitze, einen Platz in Oester« reichisch-Scblcsien und dann wiederum Danzig als Scene deS bevorstehenden Ereignisses bezeichnen. AngesichlS der be stehenden Verhältnisse erachten wir eS für anqezeigt, die Frage nach dem Ort der Zusammenkunft nicht weiter berühren; als in hohem Grade wahrscheinlich darf eS indessen betrachtet werden, daß die Zusammenkunft im Laufe dieser Woche statt- finden wird. * Bi» vor Kurzem waren die Straßenschilder in der Stadt Posen alle zweisprachig: deutsch und polnisch. Angesicht» der Dbatsache, daß fast zwei Drittel der Bewohner Posens Deutsche sind und die Polen zum großen Theil auch deutsch verstehen, beseitigte man vor wenigen Wochen die polnischen Straßenbczeichnungen. so daß jetzt die Straßenschilder aus schließlich deutsche Namen tragen. Die polnischen Blätter sind durch diese Aenderung in Harnisch gebracht worden, da ihrer Meinung nach Posen eine überwiegend polnische Stadt sei und der Gemeinde eine deutsche Physiognomie durch deutsche Straßennamen ausgeprägt werde. Ein Blatt schlägt sogar vor, die polnischen Hausbesitzer möchten an ihren Häusern Täfel chen mit dem polnischen Straßennamen befestigen, damit der Stadt Posen das polnische Aussehen bewahrt werde. Zu diesem Vorschläge macht daS „Pos. Tageblatt" die sehr rich tige Bemerkung, daß durch Befolgung desselben gerade da« Gegenlbeil erreicht werden würde: Jedermann würde dann zur Anschauung gebracht werden, wie wenig polnische HauS- oesitzer die große Provinzial-Hauptstadt Posen hat. * Die officivse Wiener „MontagSrevue" bespricht die Eolonialpolitik ViSmarck'S und sagt: „Dieselbe ist ein sebr erkennbarer Ausdruck feiner Friedenshoffnungen. Bismarck hält offenbar die Begründung eines dauernden, jede Bedrohung deS überseeischen deutschen Besitze» ausschließenden Freund schaftsverhältnisse» zu Frankreich für nicht unmög lich. Gerade in der Abwehr de» einseitigen, rücksichtslosen Vorgehen« England» könnt« ein einigende» Moment gefunden werden. Der Besuch de« französischen Botschafter» Eoureel in varzi« mag in London als ein Wink betrachtet werden, baß du bisherige Gpeculation aus eine unversöhnliche Feindschaft zwischen Frankreich »nd Deutschland immer mehr an Halt verliert. Damit aber verschiebt sich die politisch« Sitnattou für England, welche« sich stark genug alauben konnte, ein« vereinzelt« Milbewerbung um die handelspolitische Vorherrschaft von Seiten Frankreich» allein oder von Deutschland allein in gewissen Schranken zu erhalte«. Aber eine Einigung dieser beiden Reiche zu dem Zwecke, die englischen Privilegien ru brechen, wäre eine That- sache, welcher seihst die ganze Macht England» schwerlich Stand zu halten vermöchte. Diese Einigung scheint sich vor» zubereilen. Sie ist wesentlich die Frucht jener rücksichtslosen, «nmaßlichen, über alle fremden Interessen hinweagreifenden Politik, welche daS Ministerium Gladstone insbesondere in überseeischen Fragen seit seinem Regierungsantritt befolgt". * In Böhmen zeitigt jetzt die Politik der .Versöhnung" ibre schönsten Früchte. Tic Iunaczechen lassen fass keinen Tag vergehen, an welchem sie nicht für die Lex Kviczala, nach welcher eS den czechischen Eltern verwehrt werden soll, ibre Kinder in deutsche Schulen zu schicken oder gegen die Deutschen und den deutschen Schulverein agitirten. Am 2t. August fand eine czechische Volksversammlung auf dein Ganger Berge bei Kuttenberg statt» bei welcher der frühere ReichsrathSabgeordnetc CelakowSky den deutschen Schulderem auss Heftigste anariff. Es dürfe nicht geduldet werden, sagte derselbe, daß die Arbeitgeber die von ihnen abhängigen Leute zwingen, ihre Kinder in deutsche Schulen zu schicken und zu entnationalistren. Wie daS Strafgesetz heute den ReligiouS« zwang al» Verbrechen erscheinen läßt, so soll auck nicht ge duldet werden, daß Jemand ganze Familien znm Uebertrille zu einer anderen Nationalität zwinge. Der deutsche Schul- vercin sei nur zu dem Zwecke gegründet worden, um durch Errichtung deutscher Schulen in slawischen Gemeinden den EntnationalisirungS-Zwcck zu fördern. Die deutsch-nationalen Führer bezweckten nur die Vernichtung deS czechischen Volkes. Weiter klagte der Redner, daß eS hente Czechen gebe, die sich nicht entblvden.der czechischen SprachegegenüberihreMißacbtung kund zugeben und die deutsche Sprache zu fördern. Diese Epidemie habe von den Städten auS bereits in den Dörfern Eingang gefunden, von wo ganze Hausen von Mädchen in deutsche Gegenden geschickt werden, um gebildet zu werden. Ein evangelischer Pfarrer, Mache! au« Kolm, bezeichnet- da» Vor gehen de» deutschen Schulderem« al» „inhuman" unv „bar barisch", woraus au» der versammelten Menge die Rufe er tönten: „Schmach!" und „Pereat deutscher Schulverein!" Schließlich wurde eine Resolution angenommen, in welcher daraus hingewiesen wurde, daß infolge der THLtigkeit deS deutschen Schulverein» czechische Kinder geistig verkrüppelt und zu Sccialisten herangebildct werden, weshalb die czechischen ReichSrathS- und Landtagsabaeordneten aufzufordern seien, dahin zu wirken, daß Kviczala*» Antrag zum Gesetz erhoben werde. Eine zweite czechische Demonstration fand an dem selben Tage aus dem Zizka-Berge anläßlich der Uebergabe eines Grundstückes zur Gründung eine» Zizka-DenkmaleS statt. Hier führte der Jungczeche Gregr daS groß« Wort. Selbstverständlich sind die von den Jungczechen gegen den deutschen Schulverein erhobenen Anklagen völlig grundlos. Der deutsche Schulverein ist niemals seinen Grundsätzen un treu geworden und hat nur dort, in den deutschen Sprach inseln und an der Sprachgrenze, Schulen und Kindergärten errichtet, wo e» galt, deutsche Gemeinden vor der Ezechiftrung zu schützen. In den meisten dom deutschen Schulvereine unterhaltenen over unterstützten Schulen giebt e» nur deutsche Kinder; nur in einigen Anstalten sind Kinder slawischer Muttersprache — aber erst auf dringendes Ansuchen der Eltern — ausgenommen worden, doch beträgt ihre Zahl nicht mehr als zehn Procent der Gesammtschülerzahl. Sollte übrigens der Antrag Kviczala'S zum Gesetz erhoben werden, so könnten die Deutschen Böhmens ganz zufrieden sein. Wenn die czechiscben Kinder nur in czechischen und die veutschcu Kinder nur in deutscben Sckulen Unterricht genießen dürsten, so würde mancbe czechische Privatschule im deutschen Böhmen, die mir durch Heranziehung deutscher Kinder erst lebensfähig cworden ist und heute von 50—60 Proc. deutscher Kinder csncht wird, bald eingehen müssen. Für viele deutsche Städte wäre daS entschieden eiu großer Gewinn. Interessant bleibt — angesichts der czechischen Demonstrationen gegen da» Deutschtbum — immer die Thalsache, daß die czechischen Führer fast ohne Ausnahme deutsche Bildung genossen haben und ihre Kinder wiederum auch iu deutschen Schulen unter richten und erziehen lassen. * Zur Zweit Heilung Böhmen« schreibt der Wiener „Deutschen Wochenschrift" ein hervorragender Parteigenosse: Tie Vorschläge de» Abgeordneten Victor Ruß znr Regelung de» Sprachen streite- in Böhmen werden letzt auch in den eigentlich hierzu berufenen Organen, in den deutsch-böhmischen Blättern, einer Prüfung unterzogen. Wir gestehen, daß wir geradezu mit Spannung aus das Urthcil derselbe» warteten. Denn jetzt mußte eS sich zeigen, ob e- denn wahr sei. daß die nordböhmischen Berserker in Helle Fehde mit dem konservativen rechten Flügel der deutsch- liberalen Partei gerathen nnd, über denselben grollend, zur Tages ordnung übergegangen seien. Die Vorschläge des Abgeordneten Ruß gipfeln in der Scheidung Böhmen- in zwei Gebiete, da- eine, in welchem die deutsche Staatssprache die ansjchlicßlich landesübliche ist und au-lchlicßlich deutsch anitirt werden soll, und das andere, in welchem vorwiegend da- Ezechische landesüblich «st und wo das Deutsche blos in seiner Eigenschaft als Staatssprache ergänzend ein- tritt; ferner in der gesetzlichen Feststellung der Doopelsprachigkelt von Prag uud seiner nächsten Umgebung, und oll' das enthält nur d>S äußerste Minimum dessen, was die Deutsche» fordern dürfen, und diese- selbst überaus vorsichtig, vr. Ruß streift das äußerste Begehren nach einer vollständigen Trennung des Landtage- und der Etaltdalterei nicht mit einem Worte, so daß man befürchten Warne, seine Ideen würden eine vollständige Ablehnung seitens der ent schiede» Nationalen erfahren. DaS ist nicht geschehe», und damit ist der Beweis praftiich erbracht, daß ein vrinciptcller Gegensatz zwischen den einzelnen Faktoren der Partei nicht besteht. Und e; darf auch kein solcher angeblicher Widerstreit aufkommeii, da die Deulschbühmen im Kampfe gegen die abtrünnigen Gesellen genug zu »hun haben. Die „Leitmcritz-r Zeitung", welche mit der Warns- dorser „Abwehr" den am weitesten links stehende» Flügel der nationalen Partei Nordböhmens in umsichtiger Weise vertritt, verhält sich zwar gegen die Schrift des Abgeordneten Ruß sehr kühl »ad beklagt sich, daß sie den Wünschen der Deutschböhmen nicht voll ständig Rechnung trägt, aber sie erhebt gegen den einen, und zwar den wichtigsten Theil derselben, welcher die Regelung des staatlichen Verwaltung-, und IustlzdiensteS behandelt, keine Einwen dung; sie bekämpft blo- die von ihm vorgefchlagcnen Grundsätze der sprachlichen Ordnung der autonomen Verwaltung Böhmens. Un leugbar aber ist da« erstgenannte Gebiet» welches den gelammten Kreis der staatlichen Machtvollkommenheit betrifft, bei Weitem da- wichtigste Kampsobject, Jeder Deutsche in Oesterreich wird diese Lbatsache mit Genugthuung begrüßen. Auch über den autonomen Dienst wird sich leicht eine Einigung erzielen lassen. In der Dhat deckt die „Leitmeritzcr Zeitung" hier eine Lücke der Vorschläge vr.Ruß' ans. Die selben besagen im Wesentlichen: die Wahl der Amtssprache einer Ge meinde findet durch die Entscheidung von vier Fünftheilen der real- steuerpslichtigen Gemeindcmitglieder statt; stellt sich keine Biersünftel- Mehrheit heran«, so gilt dte Gemeind« als zweisprachig; derjenige «erwaltnngSbezlrk gilt al« zweisprachig, tu welchcm zweisprachige Gemeinden gelegen find. Auf die Einwendnng der .,Leitmerttzer Zeitung", daß eine Viersünftelinehrheii willkürlich sei, legt da« Blatt ohnedies selbst ein geringere» Gewicht: denn schließlich ließe sich gegen eine Zweidrittel, oder Dreiviertelmehrheit noch mehr vorbringe«, und jede Ziffer enthält schließlich etwas Jrrattonrlle«; wichtiger aber ist folgende Bemerkung: „Hat vr. Ruß denn hiebei nicht an seinen ehemaligen Reichs- roths-Wablbezirk Leitmeritz gedarbt'? Im hiesigen Bezirke liegen einige nicht blos zweisprachige, sondern rein czechische Gemeinden, »nd doch ist es bisher noch n-lbt einmal den Czechen eingefallen, zu verlangen, daß die Lettmeritzer Bezirkevertrctung zweisprachig amtire! ,1
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