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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.09.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188409088
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840908
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840908
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-09
- Tag1884-09-08
- Monat1884-09
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.09.1884
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Erfth-ütt täglich früh S'/.UHr. »e»«N<n und Expedition IohauneSgaffe 33. HPrechftuudtu -rr Nedactioil: Lormittag» 10—12 Uhr. Nachmittag« 5—6 Uhr. ««Uch«« der für Ute »ächftf»l,e«u« R»««er »eftf«»te« Inserate a» Wochentag« tzt» 3 Utzr Nachmittags, >» Tan»-«»» Festta,« früh »t»'/,» Utzr. 3« de« Filialen fiir Zns.-Annahme: vtta Klemm, UnivrrsttStSstrabe 31, Lauts Lßsche» Kalharinenstraße 18, p. u«r »t» '/.3 Utzr. ttMigtrTagelilall Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. 252. Montag ven 8. September 1884. Auflage LS,«OV. Ädoiwementsprei» oiertelj. 4V, incl. Briagerloha b LN., durch die Post brrogeu 6 LN. Jede einzelne Nummer 20 Vt- Belegexemplar 10 Pf. chebüdre» für Extrabeilage« (ia Tageblatt-Format gesalzt) stznc Posidesorderung M LN. »tt Postbesörderuag 48 LN. Inserate 6gespaltemPetitzeile 30Pf. Grotzerr Schrift« laut uusrrrm Preis» verzeichniß. T abellarischer u. Ziffernjatz nach höhere» Tarif. Ueclaue« unterem Ledartiouastrich die Spaltzeile 50 Pf. Inserate find stets an die Exprtzlttau za sende». — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung xrnmmmernniio oder durch Post. Nachnahme. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Die Herstellung von Granit-TrottoirS in der Goethe» Gtro-e soll an «inen Unternehmer in Accord verdungen verdeu. Die Bedingungen und Zeichnung« für diese Arbeit« liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, Rathhau», 2. Etage, Zimmer Nr. 14, au» und können daselbst eingesehm rtsp. entnommm wird«. Bezügliche Offert« sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Trottotrlegung 1» -er Goethe-TtraHe" versehen ebendaselb>t und zwar bi» zum 18. -leset Monats Vlachnnttag» S Uhr einzureichen. Leipzig, am 4. September 1884. DrS Rath» -er Stadt Leipzig Straßenbau-Deputation. Der Preis der in der hiesigen Gasanstalt I producirten, au» westfälischen Kohlen gewonnenen Cook», welche sich z« allen gewerblichen Feuerungen ganz besonder- eignen und deren comnnssionSweiser Verkauf Herrn Louis Meister hier übertragen ist, beträgt von» heutigen Tage an für jeden Hektoliter loco Gasanstalt 80 Pfennige und ein» schließlich deS FuhrlohnS bis an da» Hau» 95 Pfennige. Leipzig, den 8. September 1884. Des Rath» Deputation z» den Gasanstalte». Auktion. von dem Unterzeichneten Srmeuamt« soll« tm Stadthanse allhier (Eingang Mahlgasse Nr. 7) TonnerSta», den 11. September ». vormittags »on - Utzr a« «t»e Partte gettagene Kleidungsstücke, einige Möbel, Hau«, und Küchengerälhe, Taschenuhren. Betten u. bergt, m. meistbietend gegen sofortige Baarzahlung versteigert werde». Leipzig, den 6. September 1884. La« Ar«e««mt. Ludwig-Wolf. Junghühnel. Der im hiesigen Vcorgenhaus« dettnirt gewesene Schneider Krauz Emil vüna« ans Leipzig ist vo» dem ihm -m 11. vor. MtS. gestatteten AnSgauge nicht zurückgekehrt und trekdl sich jed«- fallS liederlich umher. Wir bitten, ihn im BetretnngSsalle sestzunehm« rad un» Nach, zu geben. npzig, am 8. September 1884. La» Poltzetamt »er Stadt Leipzig. Bretschneider. S. Li« Gemerbekammer zu Leipzig hat beschlossen, zur theil. weis« Deckung ihres BerwaltuagSaufwandeS für daS lausende Jahr ans jede Mark des für da» Einkommen in Spalte ä d«S Einkom- meustener-TatasterS (Einkommen aus Handel und Gewerbe) eutsal- lendrn SteuerbetrageS eine« Zuschlag »o« 1 Pftttuig erheb« zu lasten. Dieser Zuschlag, welcher mit dem anf d« 80. b. MtS. fallenden Hebetermin der staatlichen Einkommensteuer erhob« werden soll, ist vo» den zur Gemerbekammer wahlberechtigten Bewerbtretbeaden d«S Kammerbezirkes (Stadt Leipzig. Zwenkau, Laucha, Markranstädt und die zur König!. AmtShauptmannschast Leipzig gehörenden Land- gemeinden), deren bezüglicher Einkommen 600 ^l übersteigt, zu entrichten. Leipzig, den 1. September 1884. Die Gemerbekammer. D. A. Oehler, Bors. Herzog, Gecr. Nichtamtlicher Theil. Zu den Wahlen. »ar ist der Wahltag noch nicht bekannt gemacht, aber di« Vorbereitungen zu dm Reichstagswahlen werden bereit» von der Eentraistelle au» getroffen, e» ist also an der Zeit, auf da», woraus e» ankommt, die Aufmerksamkeit zu richten und sich ein klare» Bild der Sachlage zu machen. Da» Eentrum hat un» durch die Aniberger Katholikenversammlung in dem Streben, zur volle« Klarbeit durchzudringen, wesentlich unterstützt, Windt- horst und Genossen haben dafür gesorgt, daß fortan jeder weiß, wa» von dieser Partei zu erwarten ist, worauf sie eigentlich hinau» will. Für sie ist die sociale Frage nur die Handhabe, um die Herrschaft der Kirche an die Stelle der Staatsgewalt zu setzen. Die Kirche allein vermag nach der Ansicht de» Eentrum- die sociale Frage zu lösen. Der Staat«, sociali-mu» bedeutet nach Grube die Einsargung der persön- lichen Freiheit, während die Kirche die persönliche Freiheit hochhält. Die Arbeiter haben also da« Heil der Zukunft nicht vom Staat, sondern von der Kirche zu erwarten und haben die Führung ihrer Sache dieser anheimzustellen. Um der Kirche aber bei ihrer socialistischen Agitation volle Frei- heit zu gewähren, ist die Beseitigung de» Eulturkampse« nvtbig, denn erst nach Erreichung diese» Ziele» ist die Kirche vollständig Herrscherin auf ihrem Gebiete und zugleich aber auch die Beherrscherin de» Staates. Mit einem solchen Programm ist dir Bündnißfähigkeit bo» Eentrum« für die konservative Partei ausgehoben, da» Tisch- tuch zwischen beiden Parteien ist zerschnitten und damit ist auch der Punct de» konservativen Programm», welcher di« Beseitigung de» Eulturkamps« fordert, nicht mehr haltbar. Einer Partei, welche die Rückgewährung von Rechten mit der Bekämpfung der Staatsgewalt beantwortet, welche die Macht der Kirche an die Stelle der Macht de» Staate» setzen will, dürfen die von ihr so ungestüm geforderten Rechte nicht gewährt werden, darüber können die bisherigen Bunde», genossen de» Eentrum». die Dculschcenservativen, nicht im Zweifel sein. Da» coiiservativ-klerckale Bündniß war schon seit langer Zeit brüchig geworden, nach der Aniberger Katholikenvrrsamnilung ist e» schlechthin unmöglich. Die Eentrum-männer hüten sich aber wohl, die Eon» sequenz ihre» Verhalten» in dieser Versammlung zu zicbe» und den (konservativen den Scheidcbries zu überreichen, den Fehdehandschuh werf« sie vielmehr den Nationalliberaleo zu. iveil sie diese dadurch zu isoliren hoffen. Sie rechnen dabei aus dir Macht der Gewohnbeit, welche den Ccnlervativen den Liberali-mu» als da» Schlimmste und Haffen«werthrste er scheinen läßt. Dieser Macht der Gewohnheit sieben aber Thatsache» gegenüber, welche sich nicht ignoriren lasten. Die Nalionalliberalen wollen den bestehenden Staat erhalten und unterstützen de-halb den StaatSsocialiSmuS, durch welchen die Umsturzpartei in ihren berechtigten Forderungen zusriedcn- aestellt wird. Zur Erreichung diese» Zieles können und wüsten Conservative und Nationalliberale Zusammenwirken. Aus da» Eentrum ist dabei nicht zu rechnen, weil e« den Staats- socialiSmu» verwirft und den Sociali-muS der Kirche an besten Stelle setzt, weil diese angeblich die persönliche Freiheit aufrecht erhält im Gegensatz zum Staat-sociali»inu-, welcher sie einsargen soll. Dieses Schlagwort: „Hochhaltung der persönlichen Freiheit" baut dem Centrum die Brücke zu der dcutschsreisinnige» Partei und diese Partei wird sichnachden bisherigen Erfahrungen keinen Augenblick besinnen, in die vargebotene Hand einzuschlagen Wahlbündnisse mit dem Centrum sind sür dic Deutschsrcisinmgen zu einer Zeit um so werlhvollrr geworden, in welcher sie den Boden mehr und mehr unter den Füßen verlieren. Die Deutschfreisinnigen haben unter Führung Richter's in der verflossenen Session des Reichstags und des preußischen Land- tage- ihre Bereitwilligkeit, den Eulturkamps zu beendigen, wiederholt zu erkennen gegeben und sie werden durch das Ergebniß der Amberger Versammlung keineswegs an der Ein lösung ihres Versprechens behindert," im Gcgenlhcil haben sie doppelte und dreifache Gründe, die angetragene Bundes- genostenschast de» Eentrum» mit offenen Armen zu bc- grüßen, denn die neuen Bundesgenossen sind zugleich Gegner de» StaatSsocialiSmuS und Todfeinde der Nationallideralen, endlich Freunde der persönlichen Freiheit und Widersacher neuer Steuern. Im Laufe der Session könnte sich noch ein fernerer wichtiger EinigungSpunct hiuzugesrllen und das wäre die Ablehnung einer erneuten Feststellung deS Präsenzstandc- der Armee auf eine längere Reihe von Jahren. Ein Haupt- vrogrammpunct der Deutschfreisinnigen lautet bekanntlich: Feststellung de» PräseuzstandeS deS HeercS in jeder LegiSlalur- periode, also Bewilligung höchstens aus drei Jahre. Die Be dingungen de- ultramontan-veulschsreisinnigen Bündnisse» sind demnach für beide Tbeile so günstig wie möglich und diese« Bündniß wird seine Kraft bei den Wahlen aus» Beste be währ«. Da» Bündniß zwischen Eentrum und Deutschsrcisinnigen bat nur einen wunden Punct und da» sind die liberalen Grundsätze und die darauf basirende Vergangenheit der liberalen Partei. Die Verschmelzung der Fortschrittspartei mit den Scccessionistcn ist selbst noch jungen Datum», am 5. September war sie erst ein halbe« Jahr alt, und diese Zeit dürfte kaum hinreichen, um den neu« Bund unauflös lich zu machen. Der richtige Fortschritt-Mann kennt freilich kein Bedenken und kein Schwanken, wo e» gilt. Parteizwecke zu erreichen, aber da» liberale Gewissen der neu hmzu- gekommenen Parteigenossen könnte doch vielleicht »och rer Erwägung zugänglich sein, daß ein so unnatürliches Bünd- niß wie da» zwischen Eentrum und Vertretern de» liberalen Gedanken» dock kein aufrichtiges oder auch nur zu lässige» sei. Tie Frage könnte auftauchen, ob denn bloße Parteirücksichten schwer genug wiegen, um alt bewährte Grundsätze umstoßen zu könne,,. Schon einmal kam die kaum vollzogene Verschmelzung in Gefahr, in ihre Be- standtheile aufgelöst zu werden, al» die Beantwortung der Frage nöthig wurde, ob da» Socialistengcsetz verlängert werden solle oder nickt. Bei der Abstimmung löste sich der Zusammenhang innerhalb der Deulschsreisinnigen, und eine selche Auflösung könnte angesichts der Zumuthung, ein Bünd- niß mit dem Eentrum zu schließen, sich noch unvermeidlicher und erregter gestalten. DaS Bündniß zwischen Ullramontancn und Conservative» war schon ein unnaiürlickeS Gebilde, seine Nnhaltbarkcit ist heute erwiesen, ein Bündniß mit liberalen Elementen ist noch weniger für die Dauer denkbar. Windthorst sagt: .Die Nationalliberalen wollen auf unser« Kosten Eompromisse schließen, wir müsse» sie de-halb unbarm herzig bekämpfen, wie sie un» bekämpfen. Unter keinen Um ständen dürfen wir für einen Nationalliberalen eintreten. Wenn wir unverdrossen arbeiten, wenn wir den National- liberalen, die un» mit Füßen treten wollen, da- Eoncept ver derben, wenn wir unsere Pflicht thun, dann ist der Sieg nicht fern." Und diesen Appell schließt Windthorst mit dem Aus druck der Hoffnung, daß die Ultramontanen in Süddeulsch- lanv noch 5 bi- 6 Sitze gewinnen werden. In Süddeutsch- land zieht nämlich da» demokratische Beiwerk de- ultramon tanen Programms am meisten und deshalb ist auch in der Amberger Versammlung der Nachdruck auf die Gewähr leistung der persönlichen, d. h. der politischen Freiheit gelegt worden. Die Nationalliberalea suchen sich ihre Bundesgenossen auf gesunderer Basis, al« die Ultramontanen und die Deutsch sreisinnigen. Sie wollen dem Heidelberger Programm gemäß daS Bestehende erhalten und dazu nicht verzweifelte Mittel anwenden wie die PreiSgrbung der wohlerworbenen Rechte an dir Kirche, ein Mittel, dessen Erfolg außerdem »ehr al« zweifelhaft ist. Eie wollen auf der gewonnenen Grundlage weiter arbeiten und der freien Entfaltung der Kräfte unter dem Schutze einer starken Regierung auch ferner die Wege offen halten. WaS wir von der allzu schrankenlosen Be- thätigung der persönlichen Freiheit zu erwarten haben, daS hat da» Jahr >848 gezeigt. Wir unterscheiden u„S von den Deutsch- freisinnigen dadurch. Vaß wir unS nicht ausschließlich aus Selbst hilfe verlassen, sondern daß wir auch noch zur Neberwinduiig der schwierigen socialen Probleme Slaatohilse für »öthig eracht«, wir glauben aber anvererseitS, daß eS auch Scbutz- wehren gegen die schrankenlose Bcthäliaung der sogenannten Freiheit der Kirche bedürfe und deshalb wolle» wir an den Errungenschaften des EulturkampfeS so lange fcsthalten, bi» Hie Kirche ihre über da» zulässige Maß hinaus»,ebenden An sprüche selbst aufgiebt und sich den bestehenden Verhältnissen anbrquemt. Diese Ansichten und Ucberzeugungen werden von »er großen Menge der verständigen und maßvoll denkende» Wähler in Stadl und Land, die liberal gesonnen sind, im idealen Sinne de- Worte» getbeilt und deshalb vertrauen wir fest aus den Sieg uuferer guten Sache. * Leipzig, 8. September 1884. * Ein« interessante Beleuchtung derEolonial- sra ae liegt un- in einer soeben veröfsentlichlen Schrift von A. Patzig über „Deutsche Eolonialunternehmungen und Postdampfer-Subvention" vor. Ter Verfasser stellt, wie er im Eingang« erklärt, die kulturelle Seite der colonialen Bestrebungen Deutschland» mehr in ven Vorder grund, al» e» bi-her geschehen ist. Die nationale und com- merzielle Seite kommt indessen zu ihrem vollen Rechte. Die Sckrist hält sich bei aller Wärme, mit welcher sie den Ge danken der deutschen Eolonisation vertritt, von Uebertreibung und Phantasterei glücklich fern, und die Gesicht-puncte, welche sie namentlich für die Wirkung-weise de» Verein-Wesen» aus dem in Rede siebenden Gebiete ausstellt, sind eben de-halb entschieden beachtenSwerth. Man wird dem Verfasser nament lich darin beistimmcn müssen, daß mit größter Vorsicht solche Schritte zu vermeiden sind, welche fernere, unabsehbare Schrille zur nothwendigen Eonseguenz haben, und daß ferner Alle», wa» geschieht, au» der eigenen Initiative de» Einzelnen oder der Gesellschaft heran» geschehen muß. „Mit preußischen Geheiinräthen soll und wird nicht colonisirt werden." Wir beben au» der Schrift einige Ausführungen von Interesse hervor. Die deutschsreisinnige Partei erklärt, sie stehe ganz auf dem Boden de» vom Reick-kanzler entwickelten colonialpolilischen Programm», welche» sie allerdings im aller- engsten Sinne intcrprekirt. Demgegenüber weist die vor liegende Schrift darauf hin, daß in diesem Programm doch mehr steckt, al» Diejenigen zugeben, welche nur .Eolonial- fchwiiidel" und .Schützenseststimmung" in der deutschen Colo- nialbcwegung erkennen wollen. Denn Fürst BiSmarck hat durchaus nicht lediglich den alten Unternehmungsgeist der Hanseaten neu beleben wollen, er hat da» deutsche Volk und die Hanseaten vielmehr unter «inen Hut gebracht, dergestalt, daß in Zukunft z. B. eine binnenländische Sectio» des deutschen EolonialvereinS nicht aus den Argwohn und die Mißgunst der Hanseaten stößt, wenn sie au- ihrer Kraft heraus ein Eolonial-Unternchmen aufareist; daß andererseits aber auch daS ganze Volk mit allen seinen Sympathien und allen seinen materiellen Interessen hinter dem Hanseaten heracht, wenn dieser einen Landbesitz Uber See erwirbt, eben weil der Hanseate gelernt hat, nicht mehr ausschließlich für sich und seine Handel-Zwecke, sondern »m Hinblick aus die allgemeine Wohlfahrt seiner deutsche» Mitbürger Colonial besitz anzustrebeu. Den Zusammenhang zwischen der Dampfersudvention und der Colonialpolitik, welchen di« deutschfreisinnige Partei au» nahe liegen den Gründen in Abrede stellt, weist die Broschüre treffend nach. „Fürst BiSmarck schlägt vor, daß auf der großen Heerstraße aller Eolonialpolitik, nämlich nach Süden und Südosten, eine eigene direkte und regelmäßige Post- d unterfahrt eingerichtet werde. Um kein« Zweifel übrig zu lassen, spricht er öffentlich die froh« Zuversicht au», dag nun der dculsche Unternehmungsgeist der Postflagge folgen möge, und verspricht laut und klar einer jeden gesunden Eolonialunternehmung den Sutz- und Freibrief de» Reiche». Er legt eS so nahe, al» er e» von feinem Standpuncte au» nur irgend thun kann, daß dir HandelSunternehmcr nur zu ibm kommen möchten: die Royal Charter, der Freibrief de nen« Reiche» deutscher Nation, sei ihnen gern zur Ver fügung gestellt. Schaffen wir nur erst die neue Lime auf der großen Heerstraße. Die Zweiglinim (z. B. an der ganzen Westküste von Afrika) werden sich schon von selbst ergeben, werden übrigen» auch billiger herzustellen sein". Möchte die große Frage, welche ia Deutschland eine so lebhafte Be wegung hervorgerusen hat. noch in weiterem Umfange der- jenigen unbefangenen Erörterung unterworfen werden, die sie verdient und deren sie bedarf! * Die „Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger" versendet ihren Iahre-bericht, welcher Zeugniß ablegt von der erfolgreichen Wirksamkeit diese» uuter dem Protektorat de» Kaiser» stehenden gemeinnützigen Unter nehmen», sowie von dem zunehmenden Interesse, welche- ihm allerorts im Reiche zugewandt wird. Die Zahl der von der Gesellschaft errichteten Rettungsstationen beläuft sich jetzt auf 88 (41 an der Nordsee und 47 an der Ostsee). Durch die selben sind im vergangenen Jahre in 14 Fällen 88 Personen gerettet morden. Die Gesammtzahl der Personen, welche der Gesellschaft die Rettung ibre» Leben» verdanken, belief sich bi» Ende März 1884 auf 1482. * Eine durch einige Blätter gehende Notiz, daß von der kaiserlichen Admiralität Vorbereitungen zur Organi, sation eine» neuen Küstentorpedoschutze» getroffen werden, hinkt den Ereignissen etwa« nach. Schon im Früh- jahre ist, wie die .Bosfische Zeitung- au»führt, seiten« de» Kaiser« eine Veränderung m Beziehung aus die Küsten- verlheidigung dahin beschloss«, daß in Zukunft der Marine nicht mehr die Vertheivigung der beiden Reich-kriegöhäsen allein, sondern auch die maritime Vertheidigung der von Preußen ressortirenden, an der See gelegenen Festungen und befestigten Küstrnfort» zufallen soll. Es stellte sich, al» man den Anforderungen eine» eventuellen künftigen Küstenkriege» näher trat, heraus, daß e» für .Heer wie Flotte rälhlich sei. eine organisalorisch geregelte Betheiligung an der maritimen Bertbeivigung aller Kü'lenbrsestigungcn vorzusehen. Seiten« der Festungen mußte bisher danach getrachtet werde», die Hafeneinfahrten so bald al« möglich und so sicher al» möglich mit Seeminen durch eigene Truppentheile sperren zu lassen. Für die Marine halte dieser Zustand insofern Bedenken, al» sie ei» starkes Interesse daran haben muß. die ihr iin Noth- salle als Zufluchtsstätte dienende» Häfen so lange al« möglich offen gehalten und demnächst die Hafensperren so angelegt zu sehen, daß sie dem Ein- und AuSlause ihrer eigenen Schiffe so wenig al» möglich hinderlich werde». Sin ausgedehnter Gebrauch von Torpedobooten und Torpedobatterien wird in Zukunst die Interessen der Marine an allen Tbeilen der Küste mehr al- bi-ber zur Geltung bringen. In der Marincvorlage vom l l. März d. I. sind diese Verkältnisse bereit» zur Erörterung gelangt. E» wird dort bervor- gehoben, daß einzelne und gerade di« wichtigeren Theile unserer Küsten die Action der Torpedoboote begünstigen durch ihr flachere» Fahrwasser, bi» in welche» hinein die selben von größeren Fahrzeugen nicht verfolgt werden können und durch die mehrfachen AuSgSnge, welche bei möglicher innerer Eommunicalion überraschende» Vorbreche» und viel fache RiickzugSlinicn bieten. So z. B. die Küste zwischen Memel und Danzig, die Oder Mündungen, die Gewässer um Rügen, die Ostküste SckleSwig-Holstein» und vor Allem die Walten in der Nordsee. Für den Küstenkrieg und für di« Begleitung der Schlachtschiffe erachtet die Admiralität be kanntlich 150 Torpedoboote für erforderlich. Ende diese» Sommer» sollten davon 35 vorhanden sein, so daß noch 115 Torpedoboote zn beschaffen sein werden, wenn nicht noch mehr. Jede» Boot wird einschließlich der dazu gehörigen Torpedo» und Repolverkanonrn gegen eine Viertel-Million Mark kosten. Auch feste Torpedobatterien sollen, wie seiner Zeit von un» mitgetheilt worden, an diejeuiaen Stell« der schmalen Fahrwasser. Hafeneinfahrten nnd Flußläuse gelegt werden, welche der Feind» wenn er die Einfahrt erzwing« will, passiren muß. In der Ostsee sollen Torpedodatterl« mit im Ganzen 51 Torpedo» angelegt werden. Größere Bestellungen auf Torpedoboote werden erst nach dem Abschluß der diesjährigen Beobachtungen der Torpedo-LersuchSvivisiou zu erwarten sein. Da da» Commando die Resultate dieser Versuche selbstverständlich streng geheim hält, so kann man leicht ermessen, welch« Werth die Angabe der Blätter Uber die Brauchbarkeit und Zweckmäßigkeit der einzelnen Boote haben. * Zn da» Bild, welche» die Katholikeuversamm- luug ia Amberg von den Bestrebungen der ultramontanen Partei geliefert hat, ist von Herrn Windthorst noch in letzter Stunde eine neue Farbe gesetzt werden. ES ist ei» echt Windthorst'scher Gedanke, da» katholische Bayern al» Vormacht und Mandatar de» UltramontaniSmu» in Deutschland dem „protestantischen Kaiserthum" «nt- geczenzusetzen. Ob es dem UltramontanlSmu» jemals gelingen wird, den zweitgrößten Staat zu seinem Werkzeuge zu machen und auf diesem Wege den Leben-nerv der deutschen Einheit zu verletzen, muß dem zukünftigen Geschicke der deutschen Nation anhcimgcstellt bleiben; da» Nationalgefllhl in Bayern ist denn doch Gott sei Dank zu stark, um sich durch da- Ver sprechen de» Centrumsführer», Bayern» partikulare Interesse» zu vertheidigen, erschüttern zu lassen. Der Plan wird scheitern, aber er lehrt wieder einmal recht eindringlich, wie nöthig eS ist. den ultramontanen „Freunden" de» Reiche» auf dw Finger zu sehen. * Der ultramontane Aba. Bachem hat eine Schrift .Über den preußischen Eulturkamps" veröffentlicht, welche al» ein danken-werther Beitrag zur Charakteristik der gegenwärtigen Bewegung im deutschen UltramonlaniSmu» betrachtet werden muß. Wir haben in Ambcrg — zwax nicht zum ersten Male, aber mit größerer Deutlichkeit, al» bisher — gehört, daß die „preiißische Staat«idee" (t. h. im weiteren Sinne nicht« Anderes, al» die Idee de» modernen Staat« überhaupt) mit tm ultramontanen Interessen nicht verträglich ist und deshalb bekämpft werden soll. Da» ist in der Thal der Angelpunkt, vm dm sich jede politische und nicht politische Bethätigung de« Ultra montaniSmu«. in Preußen und Deutschland zumal, bewegt, und in welchem für dies« Richtung, wie alle» Andere, so auch die Sorialpoiitik mit de« Eulturkampse zusammen bängt. Die« wurde in Lmberg so au-gedrückt: „Die sociale Frage und der Eulturkamps stehen im engsten Zusammen hang«; beide Erscheinungen sind auf derselben Wurzel ge wachsen." Diese Wurzel ist ebm die „preußische Staats- ivee". Herr Bachem sagt damit in voller Uebereinstimmuna: „Wenn man näher zusieht, so wird man finden, daß die Wurzeln der neuerlich in Preußen proclamirt« socialen Politik mit dm staat-kirchlich« Traditionen der preußischen Kirchenpolitik im tiefsten Grunde identisch sind." Der „Kreuz zeitung" empfehlen wir diesen Satz al» Maßstab der Sympa thien, welche da» Centrum der „in Preußen proclamirt« sccialm Politik", d. h. der Politik der kaiserlichen Botschaft» entgegenbringt. In der ganz« katholische» Presse und in de» Auslassungen der Parteirevner figurirt Preußen neuerdings al« der „Hegel - Rodberlu» - BiSmarck'sche AllinachtSstaat", und auch Herr Bachem nennt e» .da» klassische Land de» den StaatSbegriff zur Staatsallmacht überspannenden Hegelianis mus". Herr Bachem aber ist ehrlich genug, einzugestcben, daß der Philosoph Hegel nicht den preußischen Staat geschaffen hat und für seine Natur nicht verantwortlich gemacht werden kann. Er erklärt zunächst, daß „och .der starre Militairgeist" hinzukam, um .da» klassische Land der StaatSallmacht zu vollenden". Dann aber giebt er rundweg zu, daß Hegel den preußischen Staat und seine Eigenart schon fertig vorsand. .Seit der Reformation, sagt er, hat die Entwickelung der StaatSnatur in Preußen zur Omnipotenz nur eine einzige Unterbrechung erlitten, unter Friedrich Wilhelm IV." „Wenn die brandenburg-preußischen Regenten nach den in ihren politischen Testamenten und in sonstigen Staats akten niedergelegten Anschauungen verfahren hätten, so würde d»e letzte Consequenz die gewaltsame Aus rottung deS KatvoliciSmuS gewesen sem" Daß sie e» nicht thatcn, lag in äußeren Umständen begründet. Herr Bachem führt diesen Gedanken näher aus, und eS erhellt, daß eS nicht der Staat Hegel » oder Rodberlu»' oder de» Fürsten BiSmarck ist, den die Ultramontanen bekämpfen» sondern einfach und klar: Der Staat der Hohenzollern. Zum Glück sieht Herr Bachem ein, daß dieser Staat seine Natur niemals ausgeben wird, und darum erklärt er schließlich eine Versöhnung, einen Frieden mit ihm für unmöglich. * Der .ReichSsreund", da» Organ de- Abgeordneten Eugen Richter, de- Fübrer» der deutsch-freisinnigen Partei, veröffentlicht folgende» interessante Bulletin: Reiseplan de« Abg. Eugen Richter. Für Mitglieder der WablcomitS» und Wahlcandidaten, welche den Abg. Eugen Richter gelegenilich seiner Reise zu sprechen wünschen, diene znr Nachricht: Eugen Richter verläßt Sonnabend den 6. September früh 7 Ubr 26 Minuten Berlin und trifft über Stendal und Hannover um 2 Uhr 16 Minuten in Herford und um 3 Uhr 13 Minute» in Lage »i^ Dortrag in Lage (Fürstenthum Lippe) um 5 Uhr Nachmittag». Rückfahrt von Lage 8 Uhr 2 Minuten über Herford, Düsseldorf nach Elberield. Sonntag den 7. September Bormittag» Parteitag i» Elberfeld, Nachmittag« 3 Uhr Bortrag daselbst auf dem IohanuiSoera. Montag den 8. September Reise über K»ln nach Alzey. Ankunft daselbst 1 Uhr 53 Minuten. Bortrag dalelbst um 8 Uhr. Abfahrt von Alzey 6 Ubr 58 Minuten über Franksurt ». M. »ach Berlin (Ankunft daselbst am Dienttag den 9. September.) Reise am 13. September von Berlin Morgen» 8 Utzr 38 Minuten direct nach Insterburg. — Sonntag Abend von Inster burg nach stönig-bcrg, Montag früh 9 Uhr 16 Miaut« vo» Ksnig»- berg nach Berlin. Briese sind ,u adressire» nach Elberfeld an Herr» Recht«, anwalt Schmitz 11.. nach Alzey an Herrn L. Lheyson, nach Inster- bürg an Herrn Otto Mahnke, Verleger der „Ostdeutschen Volk«, »eitung"; tm Uebrigen an Lentralbüreau Berlin K»«lggr»tzer Straße 25. * Jahr für Iabr schwillt die national-polnische Be wegung in den östlichen Provinzen Preußen» immer mehr an. Namentlich wird >n Pos« und Wcstpreußen von Seilen der pclniscken Patricke» alle» getban, um da-National- gesubl in den breiten Volk«schichten zu wecken, zu beleb« und zu stärken. Die zablreicken polnisch« Vereine, die sich heule schon über die ganze Prc>.,:.z Posen erstrecken, vermehren sich
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