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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.10.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188510225
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18851022
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18851022
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1885
- Monat1885-10
- Tag1885-10-22
- Monat1885-10
- Jahr1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.10.1885
- Autor
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Vielte Leilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 295. Donnerstag den 22. October 1885. 79. Jahrgang. Die Adreßdrballe in Oesterreich. * Ani Montag wurde die Adreßdebatte im österreichischen Abgeordnetenhaus« fortgesetzt. Dieser Tag war reich an hoch- dramatischen Momente», und wir bedauern nur, die ganze Didcnjsion nicht wiedergebrn zu können. AuS allen Reden, au» allen leidenschaftlichen Ausbrüchen weht eS einem heiß an. aber e- ist nicht die belebende Wärme der schassenden Natur, sondern e» ist der heiße Odem der Wüste, der keinen Baum, keinen Strauch, keinen Quell duldet, der Alle» versengt und verbrennt, und so versengt und verbrennt auch die Dis kussion im österreichischen Abgeordnetenhaus« jede Hoffnung aus Versöhnung der Gegensätze, auf ein Einlenken der natio nalen Heißsporne aus beiden Seiten, vielleicht ist e« besser so, vielleicht kommt man an der maßgebende» Stelle in Wien doch noch zur Einsicht, daß r» nothwendig ist. nach beiden Seiten beruhigend zu wirken und nicht nur die czechische Nationalität auf Kosten der deutschen zu bevorzugen. Im Laufe der Debatte bemächtigte sich deS Grasen Taasfe. welcher sonst seine Bonhommie und gute Laune, sein cavaliereS Auftreten nie verliert, eine nervöse Erregung. Er wurde bleich, er begleitete seine Worte mit fast wilden Gestikulationen, sein« Äugen leuchteten, der Ton seiner Stimme verwandelte sich, al« ihn fast die Selbstbeherrschung verließ, in laute« Schreien, de, tiefe Baß. der ihm eigen ist. widerschlug sich unwillkürlich in den höchsten DiScant. Und auch die Ab geordneten befanden sich in größter Aufregung. Es war ein Klatschen und Zischen, Dazwischenreden, eine Aufregung, wie sie wohl selten »m Parlamente vorgekommen sein mag. Der Beginn der Sitzung ließ sich ziemlich ruhig an. Minister-Präsident Gras Taasfe beantwortete die beiden an ihn gerichteten Interpellationen, betreffend die nationalen Ausschreitungen in Böhmen, folgendermaßen: Di» tu jüngster Zeit »orgekommeueu A u »schrei tun ge n, an denen Angehörige beider Nationalitäten in Böhmen beiheiligt «naren und welche zumeist durch nationale Leidenschaft hervorgerusen worden sind, werden auch vou der Regierung ans da« Tiefste bedauert uud ans da« Schärfste mißbilligt. L» liegt in der Natur der Salbe und bedars wohl keiner näheren Nachmessung, daß e« de» zur Ansrechthaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung berufene» Behörden bei der größten Wachsamkeit uud Umsicht un> möglich ist, rinzelue Excesse vorherzuseheu und zu ihrer Verhütung Priventiv-Maßregelu zu treffen. — Wenn uun einerseits eine solche vorbeugende Aktion der RegieruagSorgave bei den jüngsten AuS- schrettungeo in Böhmen nicht immer eintreten konnte, so kann ich andererseits auf Grund der mir vorliegenden amtlichen Berichte und Nachweisongen mit aller Bestimmtheit erklären, daß so wohl die politischen Behörden al« die Gerichte und die Gendarmerie iu Böhme» überall, wo Ausschreitungen sorge- kommen sind, iu vollem Maße ihre Schuldigkeit gethau haben, daß die Unterdrückung der Excesse in kürzester Zeit bewirkt, die Ermitte- lung nnd Bestrafung der Schuldigen veranlaßt und Alles vorgekehrt nmrd«, um dir Wiederholung ähnlicher Vorkommnisse für die Zu- kunft zu verhiader». In dem Bewußtsein erfüllter Pflicht kau» daher di« Regierung die in der Interpellations-Frage der Adgeord- neten Pleuer, HeilSverg und Genossen gelegene Behauptung, daß sie eine Unterlassung der Gewährung eine« auSreicheaden Schutze« der Deutschen iu Bödmen zu rechtfertigen Hab«, mit oller Entschiedenheit uliückweisen. (Beifall rechts.) WaS die tu der Interpellation der «bg. Nie,er und Venosien sveßiell angeführten Orte betrifft, iu welchen gleichfalls Ausschreitungen vorkamen, glaube ich das That- sächlich« dieser Ausschreitung«!,, wiewohl dieselben in den öffentlichen Blätter» hi» und wiedrr in zu grellen Forbeu'geschildert worden sind, im Allgemeinen als bekannt vorou-setzen zu können, und bemerke nur, daß die io derJoterpellation berührten Vorfälle in Trau- lena» und Rrichenberg von verbälluißmäßig untergeordneter Bedeu tung waren und sich »u ersterem Orte auf einen Rausexeeß zwischeu Frlriksarbeiterinuen, in letzterem Orte auf tumultuarische Ansamm lungen belchräakten, wobei Fenster eingeworseo und einige Passanten thätiich insultirt wurden, WaS endlich die bedauerlichen Vorfälle in Köuiginhos betrifft, bemerke ich, daß ou< Anlaß derselben gegen 75 Personen, darunter auch gegen den Bürgermeister und zwei Mit glieder der Stadtvertretung (Rufe: Hört! Hört!), die gerichtliche An klage erhoben worden ist. Die Stadtvertretung daselbst ist wegen ihrer Haltung während und nach den erwähnte» Borsällen von der Statthalterei aus Grund der tu der Untersuchung erlangten Anhalts punkte ausgelöst worden. Graf Taasfe erwähnte noch, daß der NationalitStenhader in der Armee nicht Platz gegriffen, und versicherte, daß bei ferneren Ausschreitungen da» Gesetz strengsten- gehandhabt werden würde. Der zweite Hauptredner war der Abg. Krzepek, welcher vom deutschen Standpunkte au« die bäuerliche Frage er örterte, die wirthschastlichen Maßnahmen der Regierung als dem Bauernstände zuwiverlousend kritisirte und mit der Drohung, daß die Bauern au» dem ReichSrathe fortbleiben Würben, schloß. Der jungczechische Abgeordnete Gregr erzählte nun. das Material zu den Anklagen und zu den fulminanten Reden der Linken fei in Prag von einem eigenen Count» und einem eigenen Preßdureau gesammelt worveo. Die Wahr heit schein« in diesem Prager Preßcemitü eine vollständig überflüssige Sache zu sein. Bismarck nenne diese Kampser weise eine verlogene Agitation. (Lebhafter Beifall rechts, Ruse link«: Königinhosl) Gr fahr fort: Mau könnte mir freilich zurufen: .^königinhosl" Ich will die Excesse daselbst am wenigsten entschuldige» ; aber meine Meinung geht dahin, daß diese bedauerlichen Erscheinungen nur dnrch Provvcatioa der deutschen Bevölkern»- hervorgerusen worden sind. (Lauter Widerspruch uud Ruse link«: Da« ist die bekannte Methode!) Wenn e« wahr ist, wa« sogar io der Suklageschrijt deS Staatsanwaltes steht, daß die deutsche« Luruer »n Königin- hos die böhmische Bevölkerung iasulttrtea, Leute be spiee», Kinder ans offener Gaffe geohrfeigt, ja sogar einige Leute blutig geschlagen haben, dann frage ich Sie: Können Sie irgend eine Bevölkerung in der Welt finden, die das ruhig hinnehmen wird? (Zustimmung recht-.) Und wenn eS eine solche Bevölkerung gäbe, ist da« nicht eta Beweis dafür, daß ihr jeder Begriff von nationaler Ehre abhanden gekommen ist? Und wäre da« nicht rin Beweis von Feigheit und Indolenz, welche noch mehr zu bedauern wären oü die ganze Affaire? (Bravo! Bravo! recht«. Bewegung links.) Auch unsere deutschen Landsleute sind nicht ganz frei von Unthaten, welch« au« nationaler Erregung »ad »atioualem Haffe entstanden find. Di« Signatur gab dem Tage die Rede de« deutschen Abg. Knotz. Er machte zu Beginn seiner Rebe aus die Wider sprüche Gregr'- in der vorstehenden und der auf dem Berge Lipan gehaltenen Rebe aufmerksam, sührte die Excesse namentlich an nnd wandte sich dann gegen die parteiische Regierung de« Statthalter«, der den Czechen stet» als ein zweiter helfender Johann Nepomuck erscheine. Er fährt fort: Die Regierung gebe uns zum Statthalter einen bewährten Staatsmann, sie gebe ua« einen in der Leitung von StaatSgrschästen erprobten Eavalier oder einen in deutich-öfterreichilchen Traditionen auigewachsenea alten Soldaten. (Laute Rute recht«: Koller!) Und ein solcher Wechsel wird sofort eine Aeoderung der Verhältnisse herbei- sühce«. (Lebhafter Betsoll links.) Wen» es auch von Seite der Gegner negir» wird, so war dennoch im Jahre 1879 der nalionale Gegen!»« in der Ausgleichung begriffen (Widerspruch recht«, laute Zustimmung links), aber unter der MoSle der Versöhnung und Gleichberechtigung ist «S dieser Regierung ge lungen, de» Rassenhaß der Slaoen gegen die Deutsche» bi« zur höchster Potenz zn entstamme», Prätenstoaen der Gegner wochzv» rnsen, di» aus nicht« Anderes gerichtet sind, al« aus da« Verderben. »:e Vergewaltigung »der, wie kürzlich der Herr Abgeordnete Gregr ,n einer Rede lagt«, ans die Uederwali gung de« deutjch«, Volke«. (Laste Znftimmung link«. Ordnungsruf de« Präsident»».) . . . Gestatte» Sie mir. wen» ich va» de, Lons'gueaze» dieser Politik spreche, oof einen Geg-nstand z» kommen, welchen auch der Herr Mmister-HMideat i" feiner hentigen Interpellation«-Beant- tzal. ich meine die Z,stände in der Armer, ^ört! Groß« Bewegung.) ßer-Lräsideat hat behauptet, daß von irgend leibunge» tu der Armee gar nicht! verlouiet. und baß diese Frage in unserer Jnlerpeliatioa gänzlich unberechtigt sei. Ich werde Ihnen aber an der Hand positiver und wahrheits getreuer Thatlachen (Hörl! Hört! UnkS, Widerspruch recht»), die auch den Mitgliedern des Ministerium» genau bekannt sein werden, die abcr verschwiegen und verinicht werde» (Zustimmung links), die Bebanplung beweisen, daß der nationale Zwist, welcher seit dem Jahre 1879 entzündet worden ist, auch bereits in der Armee Wurzel gefaßt bat, (Hört! Hörl! links.) Schon am 39. Juli 1883 sand aus nationalen Gründen »in Ezceß zwilchen den Manuichastea de- slowischen Regiment« König Hum der» und d«S ungarischen Regiment- Baron DormuS statt. ES war nolhiv-iidig geworben, eine Abtheilung Jäger zu entsenden, um die Ruhe hcrbeizusühren. (Hört! Hört! lint«) Da« ereignete sich iu Prag. Wem ist serner nicht der Fall au« Leitmeritz bekannt? Im Monate August sand in Leitmeritz anläßlich eine« Manöver« die Einquartierung de« 36. Insaiiterie-RegimentS statt, welche» sich in Iungbunzlau ergänzt. Man hatte mehrfach Gelegenheit gehabt, sich über mancherlei schroffe« Aiisireteii leiten« der Soldaten zu beklagen, welch, deutsche Studenten im Borübergeden absichtlich mit den Fäusten oder dem Seitengewehr stießen. WaS geschah aber weiter? Die czechNchen Unterosstciere verkehrten ,» Leitmeritz ständig in der dortigen Lcieda. (Hört! Hör«! link«), und da wurde einmal ein Plan geschmiedet, eS inüss« «in Soldat deS 36. Jnsanterie-Regimeiit- einem deutschen Sin- deuten seine kappe herunierreißc», und eS wurde daraus auch eine Prämie gesetzt. Eine« Tage« ging uun ein Student der deutschen Ferial- Verbindung „Freia" in Leitmeritz über die Straße, als ihm plötzlich ein Soldat nacheilte und die Kappe herunterriß. Der Student eilte dem Soldaten nach, aber die »öthiqen Vorsichtsmaßregeln waren schon getroffen. Der Student sand sich plötzlich von zehn Soldaten umringt imb bedroht und so war eS möglich, daß der Soldat seine Heldenlhat, die errungene Beute, der Bejeda überbcachte. (Hört! Hört! links.) Dort wurde er ualürlich mit Jubel entpsangeu und seine Heldentha» anerkannt. Bekannt ist der Borsall zwischen dem 73. nnd dem 75. Jnfan- terie-Regimenie in Pilsen. Der Exccß, der zwischen diesen beiden Regimentern ftattsand, wirb allgemein und Memalisch i» Abrede gestellt. Aber alle diese Ableugnungen und Vertuschungen nützen absolut nicht«, wo concrcte Thulsachcn und Tausende von Augen- »engen sich von der Richtigkeit überzeugt haben. Es ist eine unleug bare Thallache, daß am 36. August, also zu einer Zeit, »n welcher der Kaiser in Pilsen war, zwischen den Soldaten de« 73. und 75. Infanterie-Regiment« Herzog von Württemberg und Creuneville — da« 73. rekrutirt sich au« Eger und da» 75. aus Neuhau- — eine blutige Rauferei stattfand, bei welcher dreißig deutsche Sol daten verwundet wurde». (Hörti Hört! links ) Die Veranlassung dieser Rauserei war eine ausschließlich natio nale. AIS nämlich die deutsche« Kameraden da- Local betraten, i» welchem die czechischeu Soldaten saßen und ausschließlich czechische Lieder sangen, forderte der deutsche Führer de- 73. Iniantcrie-Ne- gimentS, Namen« Painz, die anweseuden czechischeu Kameraden ans, deutsch zu sprechen, damit sie auch von den Kameraden verstanden werden. Die Folge dieser kameradschaftlichen Anssocterung war, daß von einem Infanteristen dem Führer ei» Biergla» an den Kops geworfen wurde (Hörti Hört! link«, große Bewegung), und daß man sodann über die übrigen deutschen Soldaten Hersiel und sie aus dem Wirthshause biuau-wars. Dabei wurden 30 deuijche Soldaten ver wundet (Hört! Hört! link«), von diesen sind 4 mit verbundene» Köpsen in da- Spital übersührt worden. Ich könnte die Name» ueiinea. (Ruse link«: Nennen Sie nur die Namen!) Es sind Cor- poral Hoffmann. Führer Painz. Kuhn und Becher. Wem ist eS nicht bekannt, daß bei Theresienstadt ebensall« vor einigen Monaten aus nationalem Antagonismus deuilche Sol daten von csechischen übersollcn und mißhandelt wurden? Eine be kannte Thallache ist e« ferner, daß bei den großen Manövern in Pilsen deutsche Truppenkörper iu czechische» Gegenden der grüßten Unfreundlichkeit begegneten (Hört! link«; Odo! recht«), daß man dort die ezechischcn Soldaten aus« Herzlichste begrüßle und brwirthete, während man den deutschen Soldaten sogar den Wasserten»! verweigerte und sich von ihnen da» Wasser be zahlen ließ. (Hört! Hört! links; Bewegung im ganzen Hause.) ES ist bekannt, in welcher Weis» die czech,scheu Soldaten de! Landwehr-Bataillons in Pilsen sich ihrem Commandanie» gegenüber benommen haben. De, Oberst diese» Bataillons, welcher der czechischeu Sprache nicht mächtig ist, belobte die au-gerücklen Truppen. Er brachte seine Anerkennung in deulschcr Sprache vor und erwähnte zum Schluffe, daß er eS bedauere, dies nicht auch in czechischer Sprache ihun zu können. Was war die Antwort der czechische« Soldaten? Tie standen in Reih und Glied und stimmten da» czechische Lied „fräs ckomsv muj" an. (Gelächter recht«,) Läßt eS sich abstreiten, daß bei niiliiairischen Uebungea in Gegenwart einiger Rcserve-Osfictere czechiiche Land- webrmänner im Cantonncment da« Hetzlied „N«j Slovan»" anftimmtcn, jenes Lied, dessen letzte Strophe heißt: „Und wären Deutsche auch so viel als Teuiel. Gott ist mit uns und unser Zorn wird sie alle zerschmettern"? (Große Bewegung links.) Daß die Siluaiion in der Armee nicht so glänzend steht, wie sie der Minister-Präsident geschildert hat, daß diese Armee trotz der Negirungen des Minister-Präsidenten von der nationalen Exaltation bereit- angefreffen ist. dafür sprich« am deutlichsten ein vertrauliches Rundschreiben des Kriegsministers. (Hört! Hört! link», Unruh« und Murren recht«.) Nach dem kürzlich erfloffenen vertraulichen Lircular de« Kriegsministers wurden die EorvScommandoS beauftrag», »« der Mannschaft aui da« eiudring- lichfte in Erinnerung zu bringen, daß die Soldaten, welcher Nationalität immer, Glieder der gesammtea Armee seien, daß nationale Zwistigkeiten zu vermeiden seien, daß die Lssiciere darüber z» wachen habe», daß nationale und voliiische Differenzen innerhalb der Mannschaft nicht auskommen. Wäre ein derartiger Erlaß, wie er vielleicht seit dem Bestände Oesterreichs nicht er- floffen ist, nothwendig gewesen, wenn nicht der natio nal« Zwist tn der Armee bereits vorhanden gewesen wäre? (Zustimmung link« ) In demselben Tirculair tverden auch die EorvScommandoS angewiesen, die Mannschaften zu belehren, daß die Staatssprache Oesterreichs die deuischr sei... Unsere Richter werdeu zu willkürliche» Werkzeugen der Negierung degra- Hirt... (OrdnuugSrus des Präsidenten^) Ich werde mir erlauben, für meine Behauptung tha »sächliche Beweis« auzusührrn. (Beifall links.) Ich will iiiit Rücksicht aus die Mahnung de« Präsidenten nicht behaupten, daß die Eonsiscationen etwa auf höheren Befehl erfolgen (Sehr gut! links), aber ich will Ihnen an praktischen Beispielen klarlegen, daß da« Loiisi-calioii«. wesen bei uns in eigeatbümlicher Weise betriebe» wird. Es ist außer- ordentlich selten bei «nS, daß irgend eine beantragte Consiscatioa ausgehobe« wird. Wenn wiüer Erwarten einmal der GerichiSbos einem derartige» Anträge sich nicht fügt, dann lehrt die allgemeine Erfahrung, daß der Beschwerde de« StaatSanwalteS vom Ober- LandeSgerichte stottgegeben wird. Neber den gegen einen derartigen Spruch des Obergerichte« eingebrochken Einipruch finde« bekanntlich die öffentliche Verhandlung bei demselben Gerichte statt; und e« ist ständig, daß derselbe Gerichtshof, welcher früher in geheimer Sitzung conftatirte, daß der beantragte Artikel keine strafbare Handlung be gründe, nachher in der öffentlichen Sitzung emer ganz anderen Ansicht geworden ist. (Hört! HSrtk Heiterkeit links.) Ich bitte, meine Herren, die Schlüsse zu ziehe» . . . Und gekrachten Sie den Klerus in Bödmen, Unser deutscher Klerus ist ja beinahe aus dem AuSsterbe-Etat; als eine Stelle in Trauten»» unlängst frei wurde, sand man keinen Katecheten, welcher der deutschen Sprache kundig war, um ihn an diese Stelle zn setzen. In deutschen Gegenden finden wir czechische Prediger, welche den Haß gegen das beuische Bolk predigen. Meine Herren! Wir stehen aus dem Standpunkte, aus dem na« der nationale Gedanke höher steht, als der confessionelle. (Lebhafter Beisall und Hände klatschen links.) Und wenn der dentsche Klerus un« gegenüber in seiner Herzlosigkeit noch weiter verharrt »ad wir in Deutichbühmen keine Geistlichen haben werden, die Herz nnd Gefühl für unser Bolksthum hoben, dann wird den Deutschen in Bübinen nicht« Anderes übrig bleiben, al« jener Confessio» Balet zu sagen (lebhafter Veilall links) und sich einer Coniession zuzuwendeu, die deuischr Seelsorger stellt, die «in warmes Herz für ihr BolkSIbum haben, (Beifall links.) Dann wird das deutsche Volk zum AltkatholicismuS oder vielleicht zum Protestantismus, di es er reinenSchöpjn » g de« deutsche »Geistes, schreiten. (Lebhastrr Beifall link», groß« Bewegung im Hause und aus de» Galerie».) . . . Aber für nn« in Deutschbühmen bedeutet die Autonomie onch dir Sanctionirung des böhmischen EkaatSrechte«, dir Bildung eine« selbstständige» WenzrlSretcbeS unter dem Schirme der goldenen WenzelSlrone. Dir Herstellung diese« Wenzel-reiche« und die Zer reißung de« einheitlichen Staate« bedeutet aber sür un« den Morgen stern der Lusstten patt de« gegen nn« jetzt angeweudcten Steinpflasters. ... Sie pochen ans da» vündniß mit dem mächtigen deutschen Reiche und glauben, gedeckt dnrch diese Allianz, die Deutsche» inner halb Oesterreichs den Slawen überliesern zu können. Sie verkennen ober den liesen Widerspruch, der zwischen unserer äußeren und dieser inneren Politik liegt. Die Bedrohung de- deutschen Volkes in Oester- reich findet unter den Deutschen aller Länder bereit- ein tieseS Ber- ständniß . . . So will ich denn schließen, und am Schluffe fallen mir die Worte de« ungarischen Staatsmannes und Dichter» Eötvös ein, der, al« er aus dem Todtendelte die Nachricht von der siegreichen Schlacht der Deutschen bei Wörth erfuhr, die Wort« sprach: „Nun bin ich zur Einsicht gelaugt und kau» sterben. Wenn es meinem Baterlaode nicht gegönnt sei» sollte, seine Selbstständigkeit zu erhalten, so habe ich jetzt nach Wörth wenigstens das Bewußtsein, daß meine Enkej Deutsche und nicht Ezeche» werden." Auch wir, meine Herren, sind der Ueberzeugung. Mag der Druck gegen uns noch größer werden, mögen die Fügungen de- Schicksal« kommen, wie sie wollen, mag dieieS alte deuijche Oesterreich, da- un» lieb und ibeuer war, zergliedert und i» Trümmer geschlagen werden. Eine Ueberzeugung haben wir: Auch wir werden Deutsche bleibe» und nie Czechen werde,»: denn lieber deutsch sterbe» al- czechisch verderben. (Stürmischer anhaltender Beisall und Händeklalichen links. Redner wird vielseitig beglückwünscht,) Minister-Präsident Gras Taasse (große Bewegung im Hause: die Abgeordneten drängen sich von recht» und links in dichten Schaare» um die Ministerbank): Ich werde mich heule nur aus wenige Worte beschränken. Ich halte mich sür verpflichtet, für Abwesende da« Wort zu ergreifen, die in einer, ich möchte sagen, unqualistcirbaren Weise angegriffen worden sind. (Lebhafter Beisall uud Händeklatschen recht«, Widerspruch links.) Ich werde, mich nicht in alle Detail- einlaffen. die von dem Vorredner erwähnt worden sind. Es ist von ibm angeführt worden, was au dieiem »ad jenem Orte geschehen ist. Nun, es wird sich noch Gelegenheit finden, an der Hand der Acten »nb aus Grund der gepflogenen Erhebungen fest- zustellen, was geschehen ist und was zu geschehen habe, und. um mich eine« vulgären Ausdruckes zn bedienen, ordentlich Buch zu führen über die blauen Flecke, die e» in Böhmen gegeben hat. (Bravo! Bravo! rechts-.) Der Abwesenden aber muß ich mich an- nehmen, und zwar zunächst des Herrn Statthalters von Böhmen (lebhafter Beisall recht«), dem Jedermann zugeben wird, daß er sich in einer äußerst schwierigen Stellung befindet. Es ist sogar a»S der sehr ovpositwnellen und sehr markanten Rede des Herrn Vorredners zu eriehe», wie sehr sich der Herr Statthalter bemüht hat, Ruhe uud Ordnung wiederherzustellen. Gras Taasse behauptet »unmebr, daß die Armee an gegriffen sei. d-- will jedoch die Linke nicht zugebcn, man bade nur aus schlimme Dinge aufmerksam gemacht. Graf Taasse bleibt bei seiner Meinung. Die Bewegung wird eine nnqebeure. Abg. Foregger rust: Da» sind ja kroatische Zustande! Endlich wird eS ruhiger und e» kann Prinz Liechtenstein seinen konservativ-klerikalen Stankpunct dar legen. von dem au» er die Politik de» Grasen Taasse sür gut hält. Mit einigen Erörterungen über die Berechtigung de» OrdnuugSrus», den der Präsident gegen Abg. Earneri am Svnuabend ausgesprochen, schloß die bewegte Sitzung. Nachtrag zum politischen Tagesbericht. * Ueber die Berwerthung. welche die Haltung eine» Thril» der deutschen klerikalen und freisinnigen Presse in der Karolinensrage in Spanien findet, schreibt man den „Hamburger Nachrichten- von deutscher Seite au» Madr.v: Die Zeiten, in welchen Deutsche in den Reihen der Feinde gegen ihr eigene» Vaterland die Waffen geführt haben, haben stets als Zeichen unserer tiefsten Erniedrigung gegolten und lediglich in der Zerstückelung de« Reiches und in der Zerrissenheit der Nation nicht eine Nechisertigung, aber doch sine Erklärung gesunden. Mit dem wiedererstandc»e» Deulschen Reich fällt diese Entschuldigung sorl; heute findet jeder Deutsche in demselben die freieste Gelege», heit zur Eiitlaltnng seiner Kräfte im Inland«, uud die Macht stellung deS Reiche« ist auch den Unternehmungen der deulschen Bürger im AuSlande sörderlich. Aber höher al- dos Vater land steht noch immer sür Viele die Partei und so müffcn wir mit Beschämung wahruehmen, wie um leidiger Parteüiitercsscn willen das Vaterland dem Ausland gegenüber bloßgestellt und be- iämvst wird, Scho» mehr als einmal ist in diesem Blatte daraus hingewiesen, wie die feindselige Haltung der ultramontanen und freisinnigen deulschen Presse in den spanischen Zeitungen den freudigsten Widerhall gesunden ha». Die Spanier hören nicht aus, dies« Bundesgenossenschast zu verwerthen. Die Presse jenseits der Pyrenäen beuutzt die Zustimmung, welche ihr von den deutschen Ultramonen und Radikale» zu Theil wird, als ein willkommene« Mittel, um die im Erlösche» begriffene deutschfeindliche Gesinnung im Volke wach zu erhalten und zu helleren Flammen anzusachen, Io neuester Zeit hat der in Madrid erscheinende „Globo" unter der höhnenden Ueberschrist „Teuiiche Philosophie" einen Artikel ver öffentlicht, in welchem hervorgehoben wird, daß die Ultramonlanen und Radikalen Deniichlands sich lediglich zn Partei- und Wahl zwecken gegen die Eolonialpolitik der Negierung verbündet haben und diese letztere deshalb in der Karolinensragc angreiscn. Zum Belege führt das Blatt lobend die Haltung der „Germania" an und qiebt in der Uebersctzung jeiicu berüchtigten Artikel der von Eugen Richter begründeten „Freisinnigen Zeitung" wieder, worin die ruhige Haltung des deulschen BolkeS in der Karolinenangelegenheit an der Abneigung gegen die Loioiiialpolitik erklärt und dabei in einer fingirten Lorrespoiidenz da« Vorgehen DeiilichlandS gegen Spanien mit hämischem und ätzendem Spotte heruntergesetzt uud verächtlich gemacht wird. Man glaube nicht, daß von solchen »»patriotischen Aenßerungen der deutschen Zeitungen in Spanien nur vereinzelt Act genommen wird. Jener Artikel deS „Globo" Hai in unzählige andere Organe Eingang gesunden nnd wird nach Möglichkeit verbreitet. Den Deulschen aber, die in Spanien leben ober mit Spanien in Ge- schästSverbindung stehe», gereichen solche uapatriotische Aenßerungen delilscher Zeitungen zum empfindlichen Nachlheil, denn man kann von dem Ausländer nicht verlangen, daß er sür eine Nation Achtung bat. deren eigene Angehörige, um ihrem Hasse gegen die bestehende Regierung genug zu thua, sich nicht scheuen, auf die Seite de- Feinde» zu treten. Auch jener Artikel de« „Globo" kann nicht umhin, seine deutschen ultramonlanen nnd radikalen Bundesgenossen, so vortheilhast ihm auch deren Hilfe ist, über seine Ansichten ouszuklären. Er nennt diese vereinigte Politik der Ultramonlanen und Radikalen „unerklär lich und unverständlich"; er erachtet diese sür Spanien voriheilhasie Politik eine« entgehen ven Studiums — der Versasser denkt vielleicht an pathologische Forschungen — für würdig und wünscht sich Glück, daß in Deutschland »och Leute vorhanden sind, welche um ihrer Parieizwecke willen die spanischen Rechte vertreten. Er ist ein alte« Sprichwort, daß wir vom Feinde lernen können vielleicht lernen die nttramontanen und radikalen Blätter Deutsch land« au« der Berwerthung, die ihre Haltung im Ausland erjütirt, den Parteihaß eindäminen. Bo» dem deutschen Volk aber läßt sich erwarten, daß e» in der Beuriheilnng einer solche» Haltung nicht hinter den Spaniern zurückstehen wird. * Der bulgarische Eorrespondent der „Politischen Ccrre- spondenz" schreibt dem genannten Blatte au» Philippopel, 14 October: In Bezug ans die alarmirenden Gerüchte, die hier von der bul- gansch-ier! ischcii Grenze eingelroffen sind, erfährt Ihr Eorrelpondent, daß Sie bulgarischen Bebörden, ohne hierzu Austrog. sei e« vom Fürsten Alexander oder von dem gegenwärtig hier befindlichen Minister präsidenten Karawelow, erhallen zu haben, »re, Bataillone regulärer Truvv-n nach der serbischen Grenz- rntsendet hnben. E« ist be greiflich. daß diele Maßregel kein-a guten Eindruck io Belgrad vervorgebrachi haben kan», omiowruiaer. da sie nnch hier nicht recht verständlich ist und al« eine verfehlte belrochtei wird. Man erwartet denn auch mit Spannung «asklärnng über diesen Vorfall, Im Allgemeinen ist daran ieftzuhaUrn, daß der Fürst Alexander immer bestreb» war, dir destea und frrnndichastlichsten Beziehungen mit Serbien z, „»erhalten „d sei« Ansichten in diesem Puncte i haben in diesem Augenblicke gewiß kein« Aendernng eriadren. Auch der MinistervrSsidei» Karawrlow betrachtet seit seinem Bruche mit Herrn K»ja»der die Beziehungen zu Serbien von einem anderen GesichtSpuncte au«, indem er einem sreuudschostlichen Verhältnisse mit diesem Staate den gebührenden Werth beimiß». Charakteristisch sür die Wendung der Anschauungen Karawelow's ist die plädliche Verhaftung de« Herrn Pas chic und seiner Genossen, die sich bis dahin der vollständigen Freiheit erfreut hatten. ES ist leicht möglich, daß die proviiorische Regierung, mit vr. Ztransky an der Stütze, nicht wehr lange in Function sein wird. Letzterer hat die Hoffnungen, die mau in seine Person gesetzt hat, nicht ersüllt; er erwiel sich vielmehr als parteilich und ungeeignet, die Sympathien der rumelischen Bevölkerung zu gewinne». Einem seitens der „Rowoje Wremja' verüffenltichten Tele- grainme znsolge sollen in der bulgarischen Regierung Uneinigkeiten auSgebrochen und die Beziehungen de« Fürsten zu Herr» Karawelow nicht mehr gute sein. Außerdem weiß das gedachte Journal zu melden, daß die HandeiSwelt von Bulgarien und spcciell von Sofia in Folge de- Stillstandes der Geichäst« und der allgemeinen wirth- chastlichen Zerrüttung sehr uuzusriedea sei und daß sich die Unzu- riedenheit über die in Folge der politischen Krise über Bulgarien -ereingebrochene schwierige Lage gegen Herren Karawelow wende, weshalb ein Ministerwechsel nahe bevorstebe. — Alle diese Mit- lheitungen entbehren jeder Begründung und rühren von Feinden der bulgarischen Unabhängigkeit her. Im Gegentheile kann ver- ichert werden, daß die Beziehungen de« Fürsten Alexander zu Karawelow nach wie vor die besten sind. Die Handelsthäligkeit ist in diesem Augenblicke eine lebhaftere al« jemals, was bei den zahl reichen TranSoctionen, zu denen die Mobilisirung und Equipiluug der Armee Beranlaffung gebe», begreiflich ist. In gleicher Weise wie die obenerwähnten Nachrichten sind auch die Meldungen über die Tdeuerung der Leben-mittel und den Ausschlag der Preise «Heils unwahr, theil» übertrieben. Mit Aus nähme de» Bieres, da- aus dem AuSlande bezogen wird, hat der Preis der Leben-mittel nicht nur nicht ausgeschlagen, sonder» ist in manchr» Artikeln sogar billiger geworden, was am besten daraus h-rvorgeht, daß auch die Gastliauspreise dieselben geblieben sind. Ein bemerkenswertbe- Sqinplom für unsere Zustände ist die Thatlache, daß sämmiliche Gerichte beinahe vollständig zu sunclionieen ausgebört haben, da seit dem 18, September im Flirstenihume und in Rumeliea säst gar keine Verbrechen verübt worden sind. Auch in Makedonien ist die Rüde eine vollständige und nach den dock einlangciiden Nachrichten kann man hoffen, daß die Orduunq i» dieser Provinz nicht gestört werden wird, selbst wenn di« dortige griechische Bevölkerung dicS versuche» wollte. * Ueber die Vergangenheit Veö neuen Großveziers, Kiamil Pascha, schreibt inan auS Konstantiuopel, daß er durch 12 Jahre al» Gouverneur in Behrut und Jerusalem snngirte, wo er ein vortreffliche» Andenken hinterließ. Später ver waltete er durch mehrere Jahre als Generalgouverncur die wichtige Provinz Aleppo. Nach seiner Berufung nach Kon- stantiuopel leitete er nach einander da» Ministerium sür össcnttiche» Unterricht und der Justiz, der frommen Stiftungen und wurde von dem letztgenannten Posten au» zu seinem jetzige» hohen Amte beruse». Durch längeren Aufenthalt in Frankreich und England hat sich Kiamil Pascha genaue Kcnntniß europäischer Verhältnisse verschafft und spricht fließend die Sprache dieser beiden Länder. Ebenso beherrscht er meisterlich da» Griechische und Arabische. Er gilt al» eia sehr besonnener, von lebhaftem RecktSgesühle erfüllter Poli tiker. der eS verstehen wird, seinerseits die Rechte seine» Souverain» zu wahren, anderseits übereilte Maßregeln, die gefährliche Complicationen zu schassen vermöchten, zu ver meiden. * Bei den Veränderungen, welche die gegenwärtige Ad ministration im diplomatischen und Consularbienst der Vereinigten Staaten von Nordamerika bi» jetzt vorzunehmen sür gut erachtet hat, ist da- deutsche Ele ment de« Lande» in gebührender Weise berücksichtigt worden, und zwar durch Anstellung folgender achtzehn Deutsch- Amerikaner in genanntem Dienste: John B. Stalls au» Ohio zum Gesandten in Italien; Cbristian M. Siebrrt au» Ncw-?)ork zum Legationüsecretair in Chili; Eduard H. Strobel aus Ncw-Hork zum LegationSsecretair in Spanien; Edmund Jucsicn auö Illinois zum Generalconsul in Wien- Friedrich Raine au» Maryland zum Generalconsul in Berlin; Jacob Müller au» Ohio zum Generalconsul in Franksurt a. M.; zu Consuln: Bcrthold Greencbaum au» California in Apia; Oscar Bischofs au« Kaufe»« in Sonneberg; Cha». W. Wagner au» Missouri in Toronto; Albert Loening au» New-?)ork in Bremen; Ferdinand F. DnfaiS aus Ncw-?)ork in Havre; Henry M, Keim au» Pennsylvania in Charlotketown; Edward Camphausen au» Pennsylvania in Neapel; Cha». Jona» au« Wisconsin in Prag; Peter Straub au» Tennessee in St. Gallen: W»>. W. Long au« Texa» in Hamburg; Joseph Falkenbach au» Ohio in Barmen und Otto E. Reimar au- New-Bork in Santiago de Cuba. Socialpolitisches. Die Arbeiterrolonie im Königreich Sachsen. s Dresden, 30. October. Nachdem der Vorstand de- Ver eins für Arbeitercolonien im Königreich Sachsen (Vor sitzender Graf Otto Vitzthum von Eckstäd») zum Beginne der Thätigkeit dieser segenverheißenden neuesten Institution ans dem Gebiete der Nächstenliebe bas Rittergut Schnecke «grün i. B. käuflich erworben, ist dasselbe bereits an, I. October von dem mit der örtlichen Verwaltung uud Beaufsichtigung der dort zu errich- tende» ersten Arbeitercolonie Sachsen« betrauten Coratorium (Vor sitzender AmISHauptmann Freiherr von Welck in Plauen i. B.) über nommen worden. Die zur Ausnahme von Eolonisten erforderlichen Vorbereitungen sind nunmehr soweit gediehen, baß noch im Monat November d. I. die Tolonie Schneckengrün eröffnet werden kann. Nun gilt es, die zur Förderung »nd Unterstützung deS Unter nehmen« bereit« zuqeiagten Gelder einzuzicbc» und bei Gemeinden, Bezirksversainmlungen und einzelnen Wohithätern weitere Mittel zu erbitten. Das Gut kostet 316,OM Mit Kauf- und Baukosten, Jnventar- beschassung und etwas BetriebScavital werden sich die Kosten der Colonie biS inr Eröffnung aus etwa 233,OM berechne». Hiervon werden an Wald und Waldboden sür 90,000 ./l an de» Forst- fiscu« verkault; e» bleiben mithin zu zahlen etwa 143,OM -St Da 101.000 als Hypotheken stehen bleiben können, so sind sür An- kaus und Errichtung alsbald etwa 42.000 zu beschaffen. Be träge ähnlicher Höhe sind sür Arbeitercolonien in anderen deutschen Ländern ohne Schwierigkeit bald ausgebracht worden. Gelingt eS, mehr als diese unbedingt «rsorderliche Summe aus- zubringen, so wird der Anstalt die Sorge verringert, 10t.OM zu 4V,N, zu verzinsen, all» jährlich etwa 4600 ^ aufzubringen. Nach den Ersahrungen, welche in den 13 in Demi-iland be stehenden Colonien gemacht wurden, wird über den Ertrag des Gute« hinan- noch »in Zii'chuß von etwa 40 sür jeden Tag ans jeden Eolonisten erforderlich, nlio bei IM Eolonisten ca. 14,600 Wenn auch nicht da- ganze Jahr gleichviel Eolonist-a zu unterhalten sind, jo emvsieh» es sich doch zunächst dieie» Ansatz zu Grunde zu legen. Die Colonie Tchneckengr»» würde also bei lOO Kolonisten jähr lich Alles in Allem etwa 19.000 X Zuschußbedari i» ihr Ausgabe- buoget einzujetzl» haben »nb der Verein m-is;>e bei dem Bim,mal- betrage vo» 3 -ül über 6000 Mitglieder zählen, bei durchschnittlich b Beitrag gegen 4000, dri 6 » nur etwa- über 3000. E» fragt fick nun: 1) rechtfertig« der angestrebtr Zweck die Aufwendung solcher Mittel? L) wird e- möglich sein, die so berechneten Mittel auszubringen? Die geschäftliche Beantwortung Ser ersten Frage lautet: nimmt dte Colonie bei einem durchschnittlichen Ausrnidalt van 3 Monaten jährlich 4M Mann aus, sv würden 4M Mann jährlich dort mit dem geringen Zuschuß von 40 < täglich arbeiten, beköstigt, bekleidet «nd zum größten Tdeil arbeitet itiiger entlassen werden. Dieselben Leut« würden aus der Straße durch die Gabeuslellen mit täglich 60 ernährt werden, ohne gearbeitet z» haben und bekleidet worbe» zu sei». Sie würden alle 100 x 385 x 60, da« heißt dem Lande 21,900 kosten, würden sie trotz der Gobenstellen betteln. so könnten st« wohl 3 täglich erbetteln «nd würden diesen Vettel- ertrag zum größten Tdeil vertrinken. Sie würden alSdanu dem Lande weitere 100x365x2 .^l — 72.MO ^1 jäbrlich kosten, dabei abcr initiier mehr venvabrlos-n. Mit dieser Summe könnte in drei Jahren da» Gut für die Colonie schuldenfrei erworben werden. Diesen Sätzen gegenüber muß da« Wort berechNg« sein, welche«
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