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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.09.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188409201
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840920
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840920
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-09
- Tag1884-09-20
- Monat1884-09
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.09.1884
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Erscheint täglich früh -'/.Uhr. Le-acti«» un- LrprdMou JohanneSgaffe 33. Sprechstun-e» -er Ue-arli«»: vormittag« 10—18 Uhr. Nachmittag« 0—3 Uhr. "L'LLLL'V.rÄLL-"" ^ ««»ar»e »er f»r »ie »tchftf,l,e«tz« Nummer »eMmmten Inserate au Wachentage» »t« » Uhr Nachmittag», au e»«»»n>» Kesttagen früh bi»'/,» Uhr. In -en Filiale» fiir Ins.-Ännahmn Dtt» Riem«, llniverstiättstroßt 21. L*»t» Lischt, Kalharineostraß« 18, p. nur »t» '/.» Uhr. ^- 264. Anzeizer. Organ für Politik, Localgeschichte, ßandels- und Geschäftsverkehr. Sonnabeud ven 2V. September 1884. Auflage I8,v«v. ^bannementspreig oiertelj. 4'/, Mk. iacl. Bringerlohn b Mk.. durch die Post b«»ogca 6 Mt. Ich» einzelne Nummer 80 Ps. Brltgttemr'lar 10 Pi. Gebthre» für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format grialjl) ohne Postbesürderung 38 Mt. »il Postbesürderung 48 Mk. Inserate -gespaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schrillen laut unserem Preis- vcrze'chnih. Tabellarischer u. Zlsiernsatz „ach HSHerm Tarif. Leetame« vnter dem Nedarlion-strich die Epaltzcile »0 Ps. Inserate Pech stets an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praevomeramlo oder durch Post, »achnahiur. 78. Jahrgang. Zur gchlligkk Achtung. Unsere Expedition ist morgen Tonntag, den 21. September Bormittags nnr bis j-S Uhr geöffnet. LxpvÄltlon 668 I^e1p«l§6r l'nxsdlLttes. Amtlicher Theil. Im Monat August 1884 erlangten da« hiesige Bürger recht: Verttzalh, vrnno Lrnst Richard, Lehrer an der Kunstakademie; Richter, Gotthelf Neinhold, Lehrer; khütznert, Kranz Julius, Maschiaenmeister; Krankenhäuser, Georg, Productenhündler; Gebert, Johann Friedrich August, Weichenstellers Hedge, Arthur O«car, Polizeiamtlreferendar; vasmauu, Lrnst Lorenz. Postschaffner: Jastratu, Heim Lewin Hermann, Kaufmann; Kiusl, Johann Baptist, Lafetier; Meinte, Friedrich August Oswald, Kartograph; MiUlrr, Johann Anton Hermann. Ansschrriber a. d. Staatsb.; Rrubetkrr, Heinrich Ludwig, Kansmann und Agent; Nicht«. Johann Gotthrls. Postschaffner; Gchkearl, Larl August, Restauralenr; kchmibt, Larl Franz, Hausmeister am Köuigl. Gymnasium; SchmiuK, Emil Martin Ltto, Holzbildhauer; Ruck, Ernst Wilhelm, Postsecretair; Lhümmker, Larl Ernst, Tiätar; Tietsch, August Moritz. Rrstauratrnr; Tischler, Joseph, Drechsler; vaael, Daniel Johanne« Max, Architekt und gepr. Manrerm.; Wahner. Gustav Earl, Buchbinder; Wttthud«, Gaorg Richard, Lehrer; Wahlleie«, Adam Eduard. Schriftsetzer; Wallblack, Johann Larl Angust Tbeodor, Töpfer. Vekauntmachung. Auf Antrag der Erbe» de» verstorbenen Hausbesitzer« und Handel«, manne« Friedrich Wilhelm Nonntcky in Reudnitz soll da« ln Reudnitz io der Niebeckstraße unter Nr. 18 gelegene Han«grondstück nebst Zubehör Fol. 618 de» Grund- und Hnpolhekcnboch« für Reudnitz, weiche« am 88. Juni d. I. ort-g richtlich auf ir.svo gewürdert worden ist, freiwillig versteigert werden. ^ 2er ^27. Geht,«der ». I.. Varmittag» 1t Uhr al» Bietnnastrrmtn. der an hiesiger AmtSgerich,«stelle, PeterSstein- weg Rr. Sv parterre, Bureau Nr. 103, abgehalten werden soll, nn- deraumt worden, wa« unter Bezugnahme aus den am GerichtSbrekte und im Schloßkeller zu Reudnitz auSHLngeudeu Anschlag hiermit bekannt gemacht wird. Leipzig, den b. September 1884. KSntgl. Amtsgericht» Abth. V. Schenkel. Dcimnnliimchiing. auSgestattete Ertzedientenftell« Pt» t. November oder auch früher zu besetzen. Bewerber wollen ihre Gesuche nebst Zeugnissen bi» »NM 2». »» Mt». anher etureicheu. Neustadt bei Leipzig, am 18. September 1884. Der Gcmeinderath. Dietrich, Gem.-Vorst. kabrik-verkauk. Fnwl t» hiefigem Orte nebra einander gelegene Fabrikgebäude sind durch den nnierzetchneten Stadtrath zu verknusen. Die Gebäude liege» an der projecttrten Eisenbahn Wilischlhal-EhrensrirderSdors und «erde» mit dieser durch Zweigglets» verbunden. In den Ge- Rinden befinden sich vier Arbeitsstile von 864, 820, 120 nnd 120 Quadratmeter» Flächeninhalt, außerdem 82 andere graste Zimmer and Kammern. Zu dem Etablissement gehöre» noch Stallung, Scheune und 22 Acker Feld, Wiese »nd Wald. Die Grundstücke werden zusammen oder getheilt verkauft. Zu den Fabriken gehört eine starke anhaltend« Wasserkraft, zwei Wasserräder von 11, de- ziehentltch b Metern Höhe. Die Arbeitslöhne im hiesigen Orte stad niedrig. Shreafriedersborf, de» 17. September 1884. Der Etabtrath. Bürgermeister Rüder. Sine SWumarenfabrik, verbunden mit LngroSgclchäft Schmalkalder Artikel» soll nebst Wohnhaus, NrbengebSnden, Garten, 3'l, Acker Wiesen, Wald und Feld in dem aus den SV. vctaber 1884 Nachmittag» S Uhr an Ort und Stelle anbcraumte» ZwongSvcrsteigerungStermin der- kauft werden. Da« Etablissement liegt bei ASbach, eine Stund« von Schmalkalden, in gesunder romantischer Grqrnd. Arbeitskräfte find benagend vorhanden, Löhne billig. Da« Werk eignet sich auch zu ltder anderen Anlage und hat beständige starke Wasserkraft^ Nähere Auskunft ertheilt der EoucurSverwalter H. Merkel in Schmalkalden. Schmalkalden, am IS. September 1884 »öntgltche« A«t»,ertch11. äez. Schnchardt. Aasgefertigt Schmalkalden, am 16. September 1884. (L. 8.) Bergftraestrr, Gerichtlschreiber. Nichtamtlicher Theil. Vas Lrgebniß der vreikaiserbege-mwg. Die Tage von Skierniewicze sind vorüber, Kaiser Wilhelm ist nach der Rückkehr nach seiner Residenz schon am folaenden Tag zu den Manövern abgerrist und Kaiser Franz Joses hat sich von Schönbrunn, wo er Mittwoch Nacht einaetroff«, war, gleichfalls am Donner-tag wieder aus die Reise begeben, um der Eröffnung der Arlbergbahn beirnwohnen. Da« Zu sammensein der drei Kaiser war in jeder Beziehung von Anfang bi« zu Ende so herzlich und freundschaftlich, dag sich schon daran« die volle ttebereinstimmung über die gemeinsamen Ziele ergiebt; außerdem aber liegt noch eine halbamtliche Aeußerung vor, welche unter de» obwaltenden Umständen besonders in« Gewicht fällt. Da« „Icurnal veSt.PüterSbourg" erklärt, daß an die Stelle der isolirlen Aktion die Grund sätze der Einigkeit, der Versöhnung und der Beruhigung treten, nach welchen fortan alle gegenwärtigen und zukünftigen Fragen behandelt werke» solle». Der Friede sei vollkommen nnd wirksam gesichert für die betheiligten Mächte wie für da« übrige Europa. Eine richtige Würdigung der Tbatsack>en werde die politische, sociale und ökonomische Situation Europas günstig beeinflussen und die Unsicherheit von heute auf morgen beseitigen. Die Sicherheit beruhe nicht auf abstrakten und zufälligen Theorien, sondern auf der praktischen Nebcrcinstimmung der Interessen, welche «ine dauernde Einigung berbeiführen müsse. Ein solche« Ergebniß der Zusammenkunft wäre von un schätzbarem Werthe für die Zukunft der Völker Europa«, in bereu Interesse ja nicht« so sehr liegt al- ein dauernder, grgen alle Wechseisällr sicher gestellter Friede, durch welchen die Unsicherheit von heute auf morgen beseitigt wird. Ja in der Thal» da» war da« Hauptmerkmal der Beziehungen zwischen den verschiedenen Mächten Europa«, die fortwährende Unsicherheit, ob der Friede bestehen bleiben oder der Krieg an seine Stelle treten werde. Die Aufgabe der Diplomatie schien keine andere zu sein, al« den Vortheil der einen Macht auf Kosten der andern zu erreichen, und wenn da« nicht auf friedlichem Wege geschehen konnte, die Ent scheidung durch einen Krieg herbeiznstihren. Ein Blick auf da« letzte Menschrnalter weist eine ganze Reihe von Beispielen für diese leidige Praxi« aus, und die Nachwirkungen der jüngsten Kriege haben Europa bi« auf den heutigen Tag nicht zur Ruhe kommen taffen. In diesem höchst beklagenSwerthe» Zustande soll jetzt eine Aenderung ein- treten, die drei Hauptmächte Europas, Deutschland, Oesterreich- Ungarn und Rußland, haben sich vereinigt, um nicht nur selbst unter einander Frieden zu halte», sondern auch da« übrige Europa mit den Segnungen te« Frieden« zu beglücken. Moltke hatte einmal da« große Wort ausgesprochen, Deutsch land sei stark genug, um dem übrigen Europa Frieden zu gebieten. Gaur so stark war Deutschland damals nech nicht, denn sonst würde e« den russisch-türkischen Krieg verhindert habe», aber unmittelbar nach diese», Kriege hat Tentschland mit Erfolg sich bemüht, da- Moltke'sche Wort zur Wahrheit zu machen. Da« deutsch- österreichische Bündniß vom IS. Oktober 1879 war der Anfang der große» Frirden-ära, welche fortan Uber Europa ihr Füllhorn auSlecrcn wird, und um diese» Bündniß al« ken FriedcnSkcriz haben sich seitdem Italien und Rußland all Theiliirbnier an dkmsetben grnppirl. Der Eintritt Rußland» in den europäischen Friedcn-drrnd hat die voll« Verwirklichung de« Moltke'sche» Worte» erst ermöglicht, denn Deutschland im Bunde mit Oesterreich- Ungarn, Rußland nnd Italirn ist in der Thal stark genug, um den Frieden in Europa aufrecht zu erhalten. WaS könnte Frankrcich gegen eine so große Uebermacht auSricbten? ES ist grnöthigt, sich seiges Rächegedankc» zu entschlagen und sich an der friedlichen Arbeit Europa« zu bethciligen. Die An zeichen, daß diese Einsicht i» Frankreich Boden gewonnen hat, lagen schon vor der Begegnung in Skierniewicze vor, der Besuch de« Baron Evurcel in Varzin war unzweifelhaft wenigstens lbeilweise die Folge der Verabredung der drei Kaiser, in Skierniewicze ZnsainiNeNzulreffen, uni dort die bereit» vorhandrne Ueberenisiimmung über die Behandlung der wichtigsten internationale» Fragen persönlich von Mund zu Mund zu bestätig» und zu besiegeln Dadurch, daß Frankreich die Thatsache dieser lleberein- stimmung der drei Hauvkmäclite,Europa« qnxrkennt, ist bereit» die erste große moralische Eroberung des neugescblossenen Bunte» sichergestellt, und e« kann nicht fehlen, daß England sich der Macht der Thalsache gleicherweise fügen wird. Vor läufig hat England SichrrheitSmaßregel» ergriffen, um sich gegen etwaige Angriffe de« neuen Bunde« zu wehren, die Ernennung Lord Tufferin« an Stelle Lord Ripon« zum Vicrkvnig von Indien und die Sendung Wolsetey's und Neritz- b> ook's nach Egmtten sind nur unter dirsem Gesichtspunkte a»s- zusaffe». Aber England irrt, wenn e» glaubt, daß in Skiernie wicze die Vernichtung seiner weltbeherrschenden Stellung be schlossen worden ist. diese Stellunawird vielmehr lediglich durch daS Vorhandensein de« FrzedenSbundxS auf seine berechtigten Grenzen eingeschränkt werdrn. Wenn Deutschland, Oester» rrich-Ungarn und Rußland sich zu einer gemeinsamen For derung an England vereinigen, so wird diese Macht nicht umhin können, derselben nachzukommen. Nicht al« ob e« im Bereiche der Möglichkeit läge, daß der Friedens bund Unbillige- oder gar Ungerechte« von England ver langen könnt«, nein, England wird nur verhindert wer den, den Frieden Europa« durch einseitige Besitzergreifungen fremden Eigenthum« zu stören. Die rgyptische Frage »st beispielsweise eine europäische Frage, welche England nicht nach seinem Gutdünken lösen kann, nnd eine Eelonial- politik, welche da« ganze Asien und Afrika, soweit e« »och nicht in den Besitz eiiroväischer Mächte übergegange» ist, einfach für englische« Eigenthum erklärt, ist ebenfalls eine nicht zu duldende Anmaßung. In diesem Sinne richtet sich die Spitze der Dreikaiservegegnung allerding« gegen England, aber nicht um England Unrecht zu thun, sondern um diese Macht zu nöthigen, innerhalb der Grenzen de« Völkerrecht« zu Verharren. Da« sind ganz neue und bisher wohl kaum für möglich gehaltene Verhältnisse, und deshalb ist e« schwer, sogleich einen wichen idealen Zustand praktisch durchzuführrn. Hat doch Rußland noch bi» in di« neueste Zeit hinein durch seine asiatisch« Politik di« Befürchtung erweckt, daß e« auf einen Kamps mit England um di« Herrschaft in Aken langsam, aber sicher hiuarbeit«. Da« ist freilich kein europäischer Kamps, aber er würde zwischen europäischen Mächte» gekämpft werde«, und Da« ist e«, wa« der neue FriedenSbund verhindern will «nd muß. wenn er feine«Zweck entsprechen soll. Die Internsten der Hauptmächte Europa« berühren sich schon jetzt vielsach in fremden Welttheilen. «ud diese Eolltfioneu werde« sich in Zuknnft »och vermehre«. Hat doch Deutschland seine Flagge neben der englischen in Westafrtka aufaepflaint und steht doch ein gteichrr Act t» Australien bevor. Wenn hierbei englisch« und deutsch« Interessen in Widerstreit geratben. so entsteht daran« wiederum ei« europäischer Zwist, obwohl da« Object desselben in anderen Welttheilen liegt. Die Grenze ist da nicht leicht zu ziehen, und e« wird auch noch geraumer Zeit bedürfen, um sie endgiliig festzuftellen. Aber vorläufig »st schon sehr viel gewonnen durch die feste Willensäußerung, den Frieden in Europa ausrecht zu erbalten, »nd diese Willens äußerung wird unzweifelhaft ibre Wirkung thun. Die Rückwirkungen, welche sich hieraus aus die gesammten politischen, socialen und wirthschaftlichcn Verhältnisse Europa- ergeben müssen, sind so groß, so ungeheuer, daß man Be denken trägt, sie sich vollständig anSzumalen. E» sind daß Entwickelungen von so außerordentlicher Tragweite, daß schon schüchterne Andeutungen genügen, »m sie al« solche zu kenn zeichnen. Da- »Journal de El. PätrrSbourss" beschränkt sich auf den Ausspruch, daß eine richtige Würdigung der Tbat« sacken die politische, sociale und ökonomische Situation Europa günstig beeinflusse,, werde und die Unsicherheit von beute aus morgen beseitigen. Dieser Ausspruch eröffnet einen so weiten Ausblick, daß er nicht in wenigen flüchtigen Zeilen erörtert werden kann, wir versparen da« auf einen späteren Artikel, nur so viel sei heute gesagt, daß unser gesammlc« staatliche« und sociale« Dasein eine andere Gestalt annehmen wird und muß. wenn da« Programm von Skiernie wicze sich al- durchführbar erweist und nicht etwa ebenso Schifsbruch leidet, wie die FriedcuScongresse. welche bisher seit emer Reihe von Jahren alljährlich staltgesunden habe». Wir wünsche» und hoffen, daß die Abmachungen von Skicr- niewicze nicht Theorie bleiben, sondern praktisch zur Geltung komme» werden. Diese Hoffnung wird durch die Thatsache unterstützt, daß Fürst BiSmarck der eigentliche Urheber der Dreikaiserzusammenkmist war. Ein so bewährter praktischer Staatsmann steckt sich nur Ziele, die erreichbar sind, und darum legen wir der Drcikaiserzusammenkunst eine ungeheure Tragweite bei. * Leipzig, 20. September 1884. * Der Abg. Oechelhäuser hat ein Sendschreiben an die liberalen Wähler de« zweiten Anhaltischen Neich-tag-wahlkreise» gerichtet, worin er ausS Ein« gehendste seine Stellung zu den gesetzgeberischen Ausgabe» sowohl der abgclausenen al» der bevorstehenden LegiStatur- prriode darlegt. Wir entnehmen diesen Ausführungen einige Betrachtungen Uber die heutige Stellung der national- liberalen Partei und ihr Verhältnis zu der deutschfrei- siiliiigen Partei. Herr Oechelhäuser sagt: „Dru äußeren Anstoß zur Sammluag und Wiederbelebung un- serer Partei gab di« zu Ansang der letzten Session vollzogene Be» schmelzung der liberalen Vereinigung mit der Fortschritt-Partei. D>e Unbestimmtheit in der Stellung der Tecessionisten zu un«, den alten Bcrbündeten, halt« mit der Erreichung dieser zweiten und letzien Etappe ihre« LinkSrinfchwenkenS unter die Fahne de« Herrn Eugen RMrr sür . beide Theile ein Ende. Der Traum de« Hrrrn von Ltaiissenbrrg, daß die Secession den Kern zur Bereinigung aller liberalen Parteien bilden solle und werde, ist ansgeiräumi un» wenn er sich damql« dahin geäußert hat: „soll» die Secession diesen Ersola nicht habe, so sei ste ein großer politischer Fehler gewesen", so liegt tu der Thai jetzt der „große politische Fehler" klar zu Tage. Al» solchen habe ich ihn von Ansang an bezeichnet; schief« Bahnen beiritt man nicht unbestraft. Der numerische Erfolg jenes Eintritts der Sreessionisten in die Fortschrittspartei war allerding« zunächst die Bildung einer dem Cenlrum fast an Stärke gleichtommenden Fraktion, der schon der Name de« Herrn Eugen Richter den Stempel brr Oppositionspartei ausdriickie und deren Reden und Abstimmungen sich durchweg aus dem Boden der alten Fortschrittspartei gehalten haben. Ob die eiserne ParteidiSciplin de« Herrn Eugen Richter hinreichen wird, die neue Partei in dieser Stärke zusammenzuhaften, mag an und >üe sich bczweiselt werden, und ihr Auseinandergehen in wichtigen Fragen, z. B. dem Krankencassengesetz (sür da« immerhin ein Theil der Secessionsten stimmtet, dem Socialistengesrtz nnd dem Actiengesetz, in der Beurtheilung der Dampser- subvention-vorlaae (man vergleiche die Reden von Bani- beiger »nd Skauffeiihrrg) u. s. w., spricht gerade nicht sür die lange Dauer dieser Bereinigung. Doch diese Frage ist gegenwärtig eine müßige, da die Neuwahl«» vor der Thür stehen und die Wähler selbst ihr Bott»» abgeben werden, ob die Bildung einer großen Oppositionspartei aus solchen Grundlagen ihren politischen Ansichten entspricht, oder ob sie sich der gemäßigten liberalen Richtung, die w r vertreten, zuwenden wollen. Die« ist die Bedeutung der gegen wärtige» Bewegung und de« leider so heftig entbrannten Kompje- zwischen der extremen und der gemäßigten liberalen Richtung. Mit dem Augenblick, wo die Secelsionisten zum Fortschritt übergingen, crwachte nicht blo« tu den Abgeordneten de« Reichstag« und der Landtage, sondern im ganzen Bolle, soweit r« dem gemäßigten Liberalismus huldigt, da« Bewußtsein von der Noihwendig- keit, mit verstärkten Kräften sür unsere Grundsätze rinzu- treten. Die Programme und Reden von Heidelberg, Neustadt und Berlin wären Wirkung«!»« verhallt, wenn sie nicht die Gefühle und Anschauungen weiter Kreise zur Geltung gebracht hätten. Wir glaubrn »n« nicht zu täuschen, daß ein stet« wachsender Dheil der liberalen Wähler mit der von der deuischsreisinnigen Partei vor- genommenen Berwersung der Krankenkassen- und Unfallversicherung«. Gesetze und ihrer Stellung zu den soctalpolttischrn Bestrebungen der Reich-reqierung überhaupt, mit ihrer Behandlung der Dampfer- subventionsvorlage, mit dem neuen Programm in der Militair- frage u. s. w. unzufrieden ist, und daß ihre allgemeine schroff- oppositionell» Haltung in der parlamentarischen Debatte, sowie speciell ihr Auftreten dem Fürsten Reichskanzler gegenüber im steigenden Maße Mißbilligung finden. Zn letzterer Beziehung lostet die Hauptschuld allerdings durchaus nicht ans der ganzen Partei, sondern hauptsächlich aus Einer bekannten Persönlichkeit, welche auch seit Jahren den Lonflict zwischen beiden liberalen Parteien unab lässig geschärft Hai. Die Wahlen werden ja entscheiden, ob die Auffassung richtig ist. daß gegenwärtig in den weiten Kreisen der Liberalen eine Rückströmuna zu Gunsten unserer gemäßigten und der Politik de- Reichskanzler« aus socialem Gebiete weit näher stehenden P-rrtei stallfindrt, oder ob wir un« täuschen." * Bei dem Suchen nach Reich-tag-candidaten kann man in zahlreichen Fällen den Wunsch höre», «in Mann mit „allbekanntem glänzendem Namen", ein Politiker ersten Range» möge sich ausstrllen lassen. Go natürlich dieser Wunsch ist, so liegt e< doch auf der Hand, daß in allen Parteien die wenigen Männer, die so weitgehenden Ansprüchen zu genügen im Stande wären, länast ihr« festen Wahlkreise besitze« und am allerwenigsten Lust -oben, ihr« lang besessenen Mandat« auszugeben, um einem unsicheren neuen nach- zujnqen. Wo e« sich nur um sog. Zählcandidatea bandelt, maa man ja «inen allbekannten Parteiführer ausstellen, in Fällen aber, in denen ernstliche Hoffnung auf Sieg vorhanden ist. wird e« sich nicht empfehlen, berühmte Poli tiker aufzustellen, deren Wahl anderwärts sicher oder im höchsten Grad« wahrscheinlich ist. Die Folge würbe voraus sichtlich nur dir sein, daß der Betreffend« hinterher ablebnt und dann der Wadikrei« aus« Neue vor einer Wahl mit allen ihren Zufälligkeiten und Aufregungen steht, wa» regel mäßig ein« begreifliche Verstimmung zu hinterlaffen pflegt. S« können nun einmal nicht alle SS6 Wahlkreise de« deutschen Reichs durch Männer allerersten Range« vertreten werden. * Im Fürstentblin, Rruß j. L. ist Eonsul Karl Weber in Berlin als nationaliideraler NeichSlagScandidat ausgestellt. Der bisberige Vertreter war der fortschrittliche Itr. Max Hirsch * Die maßlose dänische Agitation in Nord- schle-wig hat znr endlichen Folge gehabt, daß behördlicher seits mit aller gebotenen Strenge gegen die daselbst wohn haften dänischen Staatsangehörigen cingcschritte» wird. ES sind in letzter Zeit mehrfache AiiSwcisungkdccretc gegen dänische Nnterthane», welche diesseits der LandrSgrcuze ihren AiisenthaltSort hatten, ertasten worden, und dürste cS bei diesen Maßregeln nicht sein Bewenden behalten, solange da» herausfordernde Gcbahren der Danomanen anhält. Dem Vernehmen nach soll jeder dänische Staatsangehörige, der in den Grenzdistricten dauernden Auscnthalk nimmt, in Zukunft im Besitz eine« dänischen StaalSangehörigkeitSscheiue» und eines von der betreffenden deutschen Gemeinde aiitgefertiglen Atteste« sein, in dem die Erlaubniß zum Aufenthalt in der Gemeinde ausdrücklich ertheilt ist. Mehreren Personen, welche nicht iin Besitz dieser Papiere waren, ist von der Behörde der Befehl ertheilt worden, dieselben binnen vier Wochen beizubringen, widrigenfalls ihre Ausweisung erfolgen würde. * Der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten hat. wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" mitlhcilt. Anlaß genommen, dem Berliner Polizei-Präsidium auszugeben, den städtischen Behörden von Berlin gegenüber mit Nach druck dahin zu wirke», daß die gegenwärtig in Angriff ge nommene» Llraßrnarbeiten am Spittelmarkt »nd in dem anstoßenden Theile der Leipziaerstraße, in der Jäger- und Oberwallstraße, sowie namenltich aus dem Potsdamer Platze schleunigst, und zwar unter Zuhilfenahme der Nacht zum Abschluß gebracht werden. * Ein schwelzerische« Blatt, die „Neue Züricher Zeitung", schreibt üvrr unseren Kaiser: „In schönem Lichte zeigt un» den Kaiser Wilhelm der Erlaß an den Fürsten BiSmarck, den uns heute der Telegraph skizzirt hat. Der Au-druck der Dankbarkeit, die der alte Fürst dem Diener bewahrt, welcher seinen Namen groß gemacht hat, ist menschlich rührend. ES ist ihm eine Beruhigung, daß er dem Manne, den er als ein besondere- Geschenk der Borsehung betrachtet, nach allen Seiten hin gerecht werden und jede Auszeichnung ertheilen kann. ES ist schon oft auf diese» schöne und den Fürste» wie den Minister ehrende verhältniß hingewiese» worden. Mag man die geistige Ueberlegenheit des preußischen Staatsmannes noch so hoch stellen, man ist sicher, in seiner Schätzung immer noch von dem Monarchen desselben übertrosfen zu werden. In dem braven Herzen des alten Soldaten scheint sür den Neid gegen fremde Größe kein Platz zu seia. Wie wider willig ertrug zeitlebens Ludwig Xlll. da« Ueberaewicht Rickelieu'S und wie oft suchte er durch geheime Intriguen dessen großes staalS» niSnniichcS Werk stille zu stellen. Und wie lohnte der Sonnenkönig Ludwig XIV. den Ministern und Feldherrn, welche di« wirthschast- lich« und kriegerische Größe seine- Reiches geschaffen! Wie erging eS Louvoi« und wie begegnete man am Hof« dem genialen Marschall von Luxemburg? Wilhelm I. hat seinen Minister in dem Maße erhöht, al« er selbst durch ihn erhöbt wurde. Schöner aber alt äußere Ehren, mit denen auch Ludwig XIV. nie kargt», ist da« Ber- traucn, von welchem der Monarch, wie eS schrillt, keine» Augenblick al'ging, und welche- sich in dem bekannten „Niemals", da- er an den Rand von BiSmarck*- Abschiedsgesuch schrieb, am schärfsten a»«- pragtc. Dem Lharakler de- Königs und Kaiser Wilhelm'- werden spätere Geschichtsschreiber persönliche Sympathien nicht versagen. Eine würdige Gestalt steht am Eingang« des neuen Reiche-. Der preußische Fürst hat den Segen de- Alter- erfahren, Läuterung »nd Weisheit." » * « * Nicht nur in Böhmen, sondern anch in Mähren wird seit Anfang September eine anhaltende Agitation zu Gunsten der kvleralL" vonSeiten der czcchischenParteigänger ent- sattct. DaS Beispiel der Iungczecbcnführer Grcgcr und EzelakowSky hat aus die slawischen Brüder in Mähren an steckend gewirkt. Unter Betheiligung von 1S00 Personen fand vor Kurzem in Karthau« bei Brünn ein czechiscber Tabor statt, auf welchem ein AdvocaturS-Eoncipient die heftigsten Angriffe gegen den deutschen Schniverein erhob und sodann für den Antrag Kwiczala auf da« Wärmste cintrat. Der Vergleich de- deutschen SckulvereinS mit einer Kupplerin, welchen Abg. Greger angrftellt hatte, begeisterte den jugendlichen Redner derart, daß er den deutschnationalen Verein al» einen Dieb bezeichnete, welcher den Czeckie» ibre Nationalität siebten wolle. Nachdem die versammelte Menge in die erforderliche gehobene Stimmung versetzt worden war. wurde die Aufforderung an die Anwesenden, sie möchten die czechische» K indcr vor der Er lernung der deutschen Sprache schützeu.seierlich mit einem Schwure unter Aufhebung der Hände beantwortet. Hieraus wurde eine Resolution einstimmig angenommen, die rzechiscben Land- tagS-Abgeordnetcn Mähren- auszusordern, mit aller Kraft dahin zu wirken, daß ein La»de»gesctz zum Schutze der czeckii- schen Nationalität in de» Schulen bei Fcsthattuug de- Grund satzes geschaffen werde, daß kein Kind in eine Schule aus genommen werde, deren Sprache eS nicht versiebt. Dieses tolle Treiben der mährische» Czechen hat bei aller Lächerlich keit einen ernsten Hintergrund. ES wird dadurch die Ver hetzung der Nationalitäten in einem Grade gesteigert, daß ci» einträchtiges Zusammenleben von Deutsche» und Slawen nunmehr auch in Mähren, wo biSber die beiden Nationen trotz aller Wühlereien der czeckischcn Führer doch im Großen und Ganzen miteinander «n Frieden lebten, kaum noch möglich sein wird. * In einer Überaus kläglichen Lage befinden sich die DolkS- schullehrer im Lande der GlanbenSeinheit, in Tirol. Noch heutzutage beträgt da« DurchschnittSgehalt eine? LobrerS in Deutschttrol 182 ff., in Welschtirol nur 161 fl., pro Tag also unHesähr SO Kreuzer. Die Nebeneinkin ste sind gleichfalls gering: so kann der Kirchcndienst in Deutsck'Iirol pro Jahr und Kops a»s S8 st., in Welschtirol aus l (eine») fl. ver anschlagt werden. In Dculschtirvl genießen die nieisien Lehrer, namentlich die an den einclaffigen Schulen, allerdings freie Wohnung und Freiholz; in Welschtirol kommt die- nur in seltenen Fällen vor. Tie Pcnsioi'Sverbältniffe sind ganz erbärmlich; da die Gemeinden den Ruhegehalt zu zahlen haben, so muffen die Lehrer häufig den Rechtsweg beschreitcn, »in die ihnen gesetzlich zukommende sebr niedrige Pension zu erhalten. Für LchrcrSwittwen beträgt dicPension im günstigsten Falle pro Tag 8 Kreuzer. Nur die Städte Innsbruck. Bozen. Trient und Roveredo haben die GehaltSfraae der Lehrer in einer entsprechen den Weise geordnet. Angesicht« solcher Thatsache» richteten l 166 Lehrer Tirol« eine Denkschrift an den Landtag, um eine Regelung der PensionSverbältniffe und die Gründung eine» Peiision-sond« »nd eine Besserstellung ihrer Lage über haupt zu erbitten. Auch diesmal sprach sich die LandtagS- majorität gegen die Wünsche der Tiroler Lehrer au« Dechant Valentinen« erklärte sogar, man könne so lange, als die Schule nicht den Klerikalen gehöre, dem Wunsche der Lehrer nicht willfahren, und Abgeordneter Kathrein fand den Mnth, die Psii bl des Lanke? zur Diirckssübrung der Reich-schulgesetze zu leugnen. Bei diesem Nolbstande bleibt nur daS Eine
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