Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.11.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-11-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188411154
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18841115
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18841115
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-11
- Tag1884-11-15
- Monat1884-11
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.11.1884
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Erschet«t tä-lich früh S»/,Uhr. Letz«ti,, Lr»rStti« IohanurSgafie 83. -Pkechkuu-ra -er LOattio»: Vormittag« 10—12 Uhr. Nachmittag« 5—S Uhr. »tidü «X,»» «ni^»»tzler «---icrwu «O »« «w*»»» m«, »«»>—W». NMM Anuastme »er stk hl« »stchstf«<»i»sti Rümmer hefktmmke, S»!»"*» « »»chrntageu di» I klh'cRachmMn»«. a« Bon»- uud Festtagen frsttz dt» '/,V >»». 2, den Filialen fiir Ins.-Anaah«: Lite Me««. Universtiätsstrabe 21. Leuts Ltsche. Kalharinenstraße 18, p. u»r »i« '/.L Utzr. Anzeiger. Organ fSr Politik, Loralgeschichte, Handels- »nd GeMftsverkehr. A«flage LS,600 LdBinnnentonrkis oiertelj. 4'/, ML intt. Brmaerlahn 5 Mk.. durch di« Post beton«» K Mk. Zeh« ernzetne Nummer SO Ps. velr^xemplar 10 Pt- Debthren tür Extrabeilage» sin TagMaU-Format gesalztl ' a»,e «ostbesSrdcrnng W Mk. mtit Pastdejörderung 48 Ltk. Znlrrale eaeipallenUtitjeile 20 Ps. Größere Schristr» laut an,«»« Kreis» verzrichaiß. ^ .. TabellarischerMerujah nach hvhcrm Paris. Lrrltune» »n ler Se» tledartisnoßrich dt« Svnltzeile 50 Pf. Iuferate sind stets an die Expeditt«« HU sende». — Si,,balt wird naht gegrp«». Lahlnug ptamurmtnmuio oder durch Post- ^8 32«. Somrabend de» 15. November 1884. 78. Jahrgang. Zur gefälligen Venchtung. Unsere Expeditton ist morgen Sonntag» den 1«. November Bormittags nnr bis 's,» Uhr geöffnet. LxpeÄlllon lies I-elprl^er laxedlnttes. Amtlicher Thetl. Bekanntmachung. Unter Bezugnahme aus die Verordnung de» Königlichen Ministerium de- Innern zu Dresden vom 24. Octvber er. fordeen wir die de« Hufbefchlaa t« hiesiger Gtmdt a»O»iste«de« Schmiede, welche sich einer der in tz. 1 der zur Ausführung des Gesetzes vom IS. April 1884. die gewerbmäßige Ausübung des Husbescklage» betreffend, unter de« 17. April desselben Jahres erlassenen Verordnung gedachten Prüfungen unterworfen haben, hierdurch auf. un- schleunigst anzn,eigen, ob sie al« geprüfte Hnfbeschlagmeister Dtylchm erheelten habe« oder von der landstch«- dtsche« Oammisston in der Oberlausitz prikmttrt worden sind, damit Name und Wohnort öffentlich bekannt gemacht werden können. Di« betreffenden Unterlagen sind im Stadthaus», Obst» mar» Nr. 3. II. Etage, Zimmer Nr. 115 eiuzureichen. Leipzig, den 4. November 1884. Der Math der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Eichoriu». Vrkinntmtchun-. Ans chrnud von tz. 47 ullü. 7 der zum Bolk-schulgasetz erlassenen Ausführungsverordnung vom 25. August 1814 macbru wir hierdurch öffentlich bekannt, dag die.dltttvea» d««a »»« Mindern z« öffentliche» theatralische» B»rstev»nize» oder lkoncerte», wen» mcht hierM im einzelnen Fall- die Ortsbehörde nach vorgäagigem Gutheitze» de» Schulvorstand«- besondere Erlau buch erthclll hat» ver« hOtr» tsi und dag wir Zuwiderhandlungen gegen diese» V«bot »rt Geldstrafen bi« zu 50 eventuell Hast ahud werde». Leipzig» a« 11. November 1884. Der Math der Stadt Leipzig. vr. Georgs Lehuert. Der Preis der in der hlesigen Gasanstalt I. producirten, au» westfälischen Kohlen gewonnenen Coak«, Welche sich ,» alle« gewerbliche« Feuerungea gaaz besonder» eig«ea und deren commissionsweiser Verkauf Herrn Lo«i» Meister hier übertragen ist, beträgt vom hentigen Tage a« für jeden Hektoliter loco Gasanstalt I. l -4k und einschließlich de» Fubrlohn» bis an daS Haus 1 15 -s. Leipzig, den 15. November 1884. De» Rath» Deputation zu de« Gasanstalte«. Bekanntmachung. Di« Dachdecker», Mlemvner- und Eiseuarbrtte» an dem Neubau ver II. Bürgerschule sollen vergeben werden. Die AnschlagSsormulare und Bedingungen sind bei Herrn Hofbanmeister Brückwald, Nürnberger Straße 44, zu erhalten. Die Gebote sind versiegelt und mit der Aufschrift „II. Bürgerschule" versehen bis Montag, de» 17. Mo» »amber, Machmittag» ö Uhr aus dem Bauamte, RatbdauS, 2. Etage Nr. 5 abzugeben. Leipzig, den 7. November 1884. Die Daudeputatio« de» Rath». Der am 18. September 1857 tn Benndorf geboren« Handarbeiter Friedrich Wilhelm Thur« hat seine Familie hier hilflos verlassen und muß letztere deshalb unterstützt werden. Di« geehrten Polizeibehörden werden ersucht, über den etwaigen Aufenthalt des Benannten Nachricht anher gelaageu lasten zu wollen. Connewitz, de-13. November 1884. Der Grmetodedorftaud. En len stein. Lsncnrsverfahren. Heber da» Vermögen des Hammerwerkbesitzers Tust«» Her«, «MM «o Roßdorf, in Firma Friedrich Herr««««. Jeßnitz tu Anhalt, wird heate, a« 1». Navember 1884. vormittag« 11 „r, da« LoncurSverlahreu eröffnet. Der Rechtsanwalt Franz MedicnS in Destau wird z»m Concur«. verwalt» ernannt. HerzogltchrS Amtsgericht zu IetzKttz. (gez.) Kran old. Die Richtigkeit der Abschrh (I» 8.) Wirbach, v-ream ' BerichtSschrriber. jetzt da» Nichtamtlicher Thetl. Der F«ll von ühartum. D» Fall von Khartum und der Tod Gordon'S scheinen ,t nicht mehr zu bezweifelnde Thatsachcn zu fein. Schon «aal», als die Meldung au» Kairo kam, baß der Khrdive an die Königin Victoria und den Prinzen von Wale« die Nachricht vom Falle Khartums telegraphttte, warj sicherlich da» Schicksal Khartums und seine» helvenmülhigen Ver» theidigrr« bereits entschieden. Die Ableagnnngen der eng lischen Negierung scheinen nnr zu beweisen, daß Gladstone sich scheut, die Wahrheit bekannt werden zu lasten. Und er hat auch all« Ursache, so traurige Ereignisse zu derheim- liche», die sich zu furchtbaren Anklagen gegen di« englisch« PolitS in Egypten gestalten. Wahrscheinlich ist da Ent- lcheidnng schon im September gefall« und al» die Siege Gordon» über di« Anhänger de» Mahdi verkündet wurden» weilte er vermuthlich nicht mehr unter den Lehmden. An der ganzen Sache da» Wunderbarste ist, gestanden wurde, um da«, wa» sich in Khartum vollzogen hatte, um so leichter geheim halten zu köaneu. Die Rück» eroderuag Berber- und Ehendv« scheinen ebenso dreiste Er findungen zu sein wie die Depeschen über die fortgesetzte Sicherheit KharlumS gegen die Angriffe de« Mahdi. Wenn der französische Premierminister amtlich davon Mittheilung macht, daß der General Gordon auf der Fahrt von Kharlum nach Berber erschaff« worden ist. so hat er dazu gewiß triftig« Grunve, aus bloße Gerückte hin pfleg« derartige wichtige Mittüeilnngen nickt gemacht zu werde« Ti« Erklärungen des UnlersiaatSsecretairS Fitzmanric« in der UnterhanSsitzung vom 13. November sind nickt geeignet, die Mittbeilnng Frrrv's zu entkräften, es gehl daraus nur da» seit Monaten beobachtete Streben bervor, die Wahrheit nickt au de. Tag kommen zu lassen. Der sranzösisck« Eousol io Kairo hat sich für verpflichtet gehalten, da«, wa» Baring erfahren hatte und für aut befand, e» zu verschweige», seiner Regierung zu telearaphiren. Natürlich hat der englische Generalkonsul seine Regierung von dem Geschehenen ebenfalls benachrichtigt, das ist aber nach der Auffassung der englischen Regierung nur ein unbestätigtes Gerückt, ivahrfckeinlick nur die Wiederholung dcS frühere» GcrücktS. In der Regel pflegt man die zweite gleicke Nachricht eine Bestätigung der früheren zu nennen. DaS paßt Gladstone aber nickt in den Kram und in Folge dessen taust er Bestätigung einer unglücklichen Nachricht in Wiederholung eines früheren Gerüchts um. Der Bote auS Khartum, der in Merawi anzekommeu ist, hat cffeubar nichts gemeldet, was mit dem Falle KbartumS und der Ermordung Gordon'S in Widerspruck stände. Daß Gordon vor dem Falle KhartumS ein siegreickrS Geseckt gegen de« Mahdi bei Omderman bestanden bat. war längst bekannt, und wenn der Bote hinzufügt, daß Khartum von allen Seilen von Aufständischen emgescklossen war, als er seine Reise antrat, so ist damit der Beweis geliefert, daß durch daS siegreiche Gefecht keine Aenverung in der Gesammtlage berbeigesührt worden ist. Bald nach jenem Gefecht ist tue Katastrophe vermuthlich eingetreten. Die Schilderung, welche der „BoSphore Egyptien" von dem Verlaufe der Dinge in Khartum entwirft — wir haben dieselb« unfern L^rn gestern «itgetheilt — stimmt voll- kommen mit dem überein, wa» seil längerer Zeit gerüchtweise verlautete. Die Entseruung deS Obersten Stewart war kein freiwillige und erfolgte gleichzeitig mit der Gprdon'S. Nicht Berber wurde von Gordon erobert, sonder» die Mahbitcn bohrten die meisten Boote Gordon'S in den Grund. Stewart gelang eS, Berber zu passiren, Gordon mußte umkehren und Wurde in Shendy vom Mahdi gefangen, »ach der neueren Mittheilung niedergemacht zu derselben Zeit, als Stewart daS Geschick in Merawi ereilte. Jetzt ist die volle Bestäti gung dieser Trauerkunde in Kairo eingetroffen, trotzdem sckeut sich die englische Regierung nicht, von uubcstätigten Gerüchten zu sprechen, nur in der Absicht, den Sturm, welcher sich iu der öffentlichen Meinung Englands und der ganzen Welt zu sammen ziebt, zü beschwören. .Heute ist daS nickt mehr möglich, Niemand zzveifelt beute mehr an der Wahrheit der Nachricht, welche Ferry amtlich veröffentlichte. Wenn aber der Fall Khartums und der Tod Gordon'S in der ganzen Well bekannt sind, so muß natürlich auch General Wolseley längst davon unterrichtet sein, dessen ungeachtet setzt er aber den zum Entsatz Khartums begonnenen Zug fort. Seine Ankunft in Dongola wurde schon vor euuger Zeit gemeldet und ebenso, daß er dem Mudir van Dongola den Michaels- und GeorgSorden überreichte. Dieser Satrap hat fick freilich um die englische Regierung große Verdienste erworben, denn er hat lange Zeit hindurch die Fabel aufrecht erhalten, daß Gordon sich in Khartum wohl befinde und daß dort durchaus keine dringende Gefahr be stehe. Zwar ist die Rolle, welche der Mudir in dieser Tragödie gespielt bat, trotz der Ordensverleihung noch nicht binreichend aufgeklärt, jedenfalls aber hat der General Wolseley für klug erachtet, sich die Freundschaft de» Mudir ru sichern, von dem eS einst hieß, daß er vom Mahdi zum Emir ernannt sei. Die Expedition de» General» Wolseley erscheint jetzt in einem ganz anderen Licht, al» zur Zeit seiner Ankunft in Kairo. Damals konnte dem Märchen Glauben geschenkt werden, daß Wolseley den Entsatz Khartum- at» Ziel ver folge. -beute ist e« klar, daß England von der Notbwendigkeit überzeugt ist, dem weiteren Vordringen dcS Mahdi eine Grenze zu setzen. Der ganze Lauf des NilS von Berber bi» nach Khartum befindet sich iu der Gewalt de» Mahdi und nach anderen Nachrichten, deren Zuverlässigkeit heute nicht mehr zu bezweifeln ist. herrscht auch der Mahdi ans dem Gebiete, welche« zwischen Ebartum und Massauah liegt. Alle Stämme, welche von Kassala bi» zum Rothen Meere wohnen, haben sich für den Mahdi erklärt und dadurch O-man Digma zum Herrn der Küste LeS Rothen Meere» gemacht. Nicht nur die HaddcudoaS, sondern auch die Barkah», die Beni AmehrS, die HabbaS und die Macha sind von Egypten abgesallen, die Stadt Keren im BogoSlande wurde durch einen Handstreich genommen, und die Gefahr ist dringend, »aß dieEngländer da« Gebiet «m Rothen Meer von Suakim bi» Massauah »benso einbüßen, wie ihnen durch die Sieae de« Mahdz der Sudan verloren gegangen ist. General WoGrley findet demgemäß die Lage ganz anders und weit schlimmer, al- zu der^Zeit der Expedition des General- Graham. Außer dem Mahdi wird er auch Osman Digma zu bekämpfen daben und e» ist mehr al« »weiselhast, daß er mit seinen 40VV Engländern den Ungeheuern Mafien ge wachsen sein wird, welche der Mahdi gegen ihn in» Feld führt. Wäre e» dem General Wolseley wirklich nur darum zu thun gewesen. Gordon zu befreien, so müßte er jetzt, nachdem der Fall KhartunS allgemein bekannt geworden ist, den Rück zug antreten. Davon ist aber gar nicht die Rede. eS wird vielmehr vom englischen Parlament und von der englischen Presse die Ausrichtung einer regelmäßigen Regierung in Khartum gefordert, dazu kommt die Absicht der englfichen Negierimg, die Küste de» Rothen Meere» England zu sichern. Da» sind zwei Ausgaben von höchster Schwierigkeit in einem Augenblicke, wo da» ganz« weite Gebiet, welche- zwischen dem Nil und dem Rothen Meere von Berber bi» Khartum eiuerseil« und Suakim und Massauah andererseits liegt, dem Commando de« Mahdi gehorcht. Der einzige Bund«»» genösse, aus welchen England vertraut, der König Johanne« von Abyssinien, hat bisher noch wenig Lust gezeigt, im Kampf« zwischen dm Engländern und dem Mahdi Partei Iohan «greisen, »nd daß die Dazwischenkunst de« König» »anneS ihre großen Schwierigkeiten gehabt haben würde, beweist eben jetzt der Abfall der »on der Küste des Rothen Meere« bi» Kassala wohnenden wohamm«dänischen Stämme, welche noch vor Kurzem zn Egypten hielten. Die engtische Regierung ist seil langer Heit Über de» Stand der Dinge am Nil üud am Rothen Meere genau unterrichtet, aber sie hütet sich wobi, irgend etwa« darüber in di« Orffentluhkeit dringen zu lassen. Sie hat jetzt di« Folgen diese« Versteck» spiett zu tragen, der Kall KbartumS ist auch trotz der Geheimnißkrämerei Gladstone'» bekannt geworden «,d jetzt wir» man den Zauderer mit Reckt für da» tranrige Schicksal de» Helden von Khartum verankworlich macken. Ein recht zeitiger energischer Schritt hätte die Katastrophe verhindern kvuneu, aber die Selbstsucht der englischen Politik ließ die rechtzeitige Hilf- nicht zu Wenn Wolseley uicht außer» aewöbulickeS Glück hat. kann er leicht am Sudau da» Ziel seiner militairischen Laufbahn finden, ohne daß dadurch di« Lage England- in Egypten verbessert wird. * Leipzig, 15. November 1884. » Die Blätter de« Centrum«, voran die „Ger. mania", geben sich die krampfhafteste Mühe, da« Wahl» ergebniß vom 28. Octvber al« eine schwere Niederlage de« Reichskanzler« darzustellen. Die conservativ-national» liberale Mebrhelt ist allerdings nickt zu Stande gekommen, aber viel fehlt daran wahrlich nickt und noch eine solche „Niederlage" und das Ziel wird erreicht sein. Schon jetzt werden die conservativeii Parteien und die Nationalliberalen zusammen mehr al« l70 Stimmen im Reichstag besitzen und ledensalls eine ganz ankere Stellung einnehmen al» im ver» stoffenen Reichstag. Zn der praktischen Gesetzgebungsarbeit wird man in vielen Fällen auch auf Unterstützung seiten» ver gemäßigteren Elemente der teutscbfreisinuigen Partei rechnen können und so wird sich häufig genug eine Mehrheit auch gegen den Widerspruch de« Eeatrum« bilden. In dem Maße wie in der verflossenen Legislaturperiode ist Herr Wiudthorft jedenfalls nicht mehr die beherrschende Macht im Parlament, daher der Acrger im ultramon tanen Lager und die äußersten Anstrengungen, die schroffe Opposition zu verstärken. Recht bemcrken-werth ist in den Betrachtungen der EentrumSpreffe der Gesichtspunkt, da» Wahlresultat mit seinem starken Aawacksen der .sorzaldemokratischen Stimmrnzadl bedeute iuShesoudere eine schwere Niederlage der Socialpolitik de« Reichskanzler«. Merk würdig. sonst spielte sich da« Eentrum immer al« die festeste Stütze eben dieser Socialpolitik auf und tbat sich auf seine Verdienste um da« Zustandekommen dieser Gesetzgebung gegen über den, „mancheftcrlichen Liberalismus" nicht wenig zu Gute : wie oft haben wir gehört, eiae energische active Socialpolitik sei ohne die Hilfe des Eentrum» nickt möglich gewesen, und »un sucht die ultramontane Presse mühsam eine schwere svcialpolitiscke Niederlage zu drduciren, die durch««» uicht vorbanden ist, und freut sich hämisch über den angebliche» Mißerfolg einer Gesetzgebung, an der da» Eentrum in hervor ragendem Maß« theilgenommen und sich dieser Theiluahme bisher immer stolz gerühmt hat. DaS heißt doch, sich über die Niederlage der eigenen Sache freuen. Man kommt bei solchen Betrachtungen aus die Vermuthung, e» sei ein starker socialpolitischcr Umschwung im Centrum zu erwarten. Auch über das angebliche klägliche FiaSco de» SocialistengesetzeS jubeln die klerikalen Blätter laut auf. Sie scheinen eS be reit» vergessen zu haben, daß in diesem Frühjahr die Mehr heit der CentrumSpartei für da» Gesetz gestimmt und daß Herr Windthorst daS Zustandekommen desselben in offen kundigster Weise gewünjckt und betrieben hat. Wir warten ab, ob nickt im nächsten Jahr für eine iveiter« Verlängerung de» SocialistengesetzeS wiederum die Hälfte de» Ceutrums stimmen wird. Welches Maß von Bettrauen kann aber eine '-Partei beanspruchen, die sich über die angeblichen Mißerfolge ihrer eigenen Tkaten so hämisch freut und ihre eigenen Leistungen so abfällig kritisirt? * lieber die genaue Parteistellung der nationalgesinntcn, im Gegensatz zu der Bolkspartei gewählten württem- bergischen Reichstagsabgeordneten, d. h. ihren An schluß an die deutsche Reick-Partei oder die Nationalliberalen, bestanden vielfach Zweifel. Ein wohlunterrichteter Stutt garter Correspondent der „Kölnischen Zeitung" theilt mit, daß die Herren von Neurath, Stälin, von Ow und von Wöllworlh, die schon dem vorigen Reick-tag angehörteu und sich der deutschen ReickSpartei angeschloffen batten, auch jetzt bei dieser Partei ihren Platz nehmen, daß aber die vier neu- gewählten Abgeordneten von Fischer, veiel, Seemann und Lenz der nationalliberalen Partei beitreten werden. * Die national.polnischen Hehsanatiker habe« ihr Naturell auch bei der letzten Wahleampagne in de» Provinzen Posen und Westpreußen nicht verleugnet, sondern eS offen proclamirt, daß der Wähler polnischer Zunge sein Votum nur nach natlvnal-poinischen Zielen zu lenken habe. Dann werde eS auch an der Zeit sein, an die Bertheidiguna der verschiedenen Stande»-. Berufs- und Privatinterrffea zu denken. Heute brauche man sich um alle dies«: Interessen nicht zu streiten, ja mau dürfe eS nicht einmal; denn ein solcher Streit könnte die Polen nur in Parteien spalten, und eine solch- Spaltung würde nur ihren politischen Feinden zu gute kommen. Heute sei den Pole» also der Kamps nur erleichtert. Gpeciell der .Goniec DietkopolSkl". da» Hauptorgan für die öffentliche Eonspira- tion für die Wiederherstellung Polen-, erklärt: „Wir kämpfen nur um ein, und zwar um das heiligste Gut, nämlich um die politisch« Existenz". — Trotzdem konnte die „Gcrmsnia" den katholischen Wählern deutscher Nationalität zumutben, daß sie in den Kreisen, wo polnische Eanditaturen ausgestellt waren, unter Verleugnung ihrer vaterländische» Gesinnung für Mandatsbewerber stimmen sollten, welche dir Zertrüm merung der Ostmark de» Reiche» und dir Unterjochung de» dortigen Deulschthums an die Spitze ihres Programm» stellen. * Seiten» Rußland» ist nunmehr Herr Von Kapnist an Stelle dcS erkrankten Botschafter» Fürste» Orloff al« Bevollmächtigter für die westasrikanisch« Eonserenz ernanut werden. * Einen, Petersburger Blatt« -»folge sind die Beziehungen der russischen Regierung zur E»ri« «verding» wieder recht gespannte geworden. Die jüngst i» Vatioov erfolgte Annahme einer angeblich von Unirten «mterschriedeven Petition mit Klagen über Bedrückungen von Seiten der russischen Regierung hat zu einem diplomatischen Schristwechsel Anlaß gegeben, in welchem die rvssische« Dip»l»mate» den Ministern de» päpstliche» Stuhle» wohl oder Übel in Erinnerung bringen mußten, daß e» sich nicht schicke, sich i» di« Angelegenheit«! eine» andere« Staate» zu mische». * Ueber die schweizer BiSthumSfrage. welche länger« Zeit hinter die Dahlbewegung für dem Rationalrath zurück- etrcteu war, liegt wieder eiue Nachricht vor. Einem Berner selegramm msolge genehmigen die zrnu BiSthum Basel gehörenden Stände da» zwischen der» Abgeordneten des BundeSrath» und deu Delegirte» de» Papstes abgeschlossene Uebereinkommen, betreffend die Verwaltung des Bisthumv Basel, und ervärru den,Domprobst Fiala als den ihnen genehmen Bischof. Bern bleibt dem BiSthum Basel vor läufig fern, gestattet aber dem Bischof Fiala die Ausübung seiner amtlichen Obliegenheiten. * Die italienische Deputirtenkammer ist zum 27. d, M. eiuberuse« uud wird sich dieselbe zunächst mit der Eisenbahnvorlage zu beschäftigen baden. Sehr ein- gohende Berücksichtigung erheischt die witthschaflliche S>tr»atioii de» Lande», welch« sich ia Folge der Nachweheu der Eholrra uud stellenweis ungünstiger Ernteresullate wenig befriedigend gestaltet hat uud tegiSlalorische Reformen dringend erbeischl. — AuS Triest kommt di« Meldung von der Beseitigung eiue» Conslict», welcher seit mehreren Wochen zwischen der italienischen Regierung umd der Republik Argentinien schwebte. Die Behörden der letzteren hatten nämlich dem nach 26tägiger Ueberscchrt an« Genua in BuenoS-AyreS angelangten Dampfer .Nordamerika" des Rheder» Bruzzo da« Anlegen im Hafew der genannten Stadt verweigert und nicht einmal geslattrh. daß die an Bord befindlichen Personen sich der von den Umständen etwa noch geboteuen Quarantaine ,», Gebiete der Republik unterziehe». Die drakonische und durch sanitäre Borcnken keinesfalls ge rechtfertigte Maßregel — da die Eliot- ra in Genua äußerst milde ausgetreten und der Gesundheitszustand an Bord des Schiffe» stet» vortrefflich gewesen war — ries im italienischen Ministerium de» Aeußern eine sehr unangenehme Ucber- raschuog hervor und hatte einen »iochduircklichcii Protest des Herr» Mancini zur Folge. In Berilcküch tigung desselben hat nun die argentinische Regierung da» beaii.'tandcle Schiss frei- gegeben und damit einer weiteren Verschärfung deS Eonslictcö vorgebeugt. * lieber einen in Tripolis vorgekonr,neuen Zwischenfall, bei welchem italienisch« Ttaatöangc »vrige die passive Rolle spielten, berichtet die „Agenzia Ste-fani". daß sich an, 8. d. M. eine ZaptichSpatrouillc dew Eingang in die italienische Schule erzwang, den Schullssencr, welchen sie hinauSzerrte, um ihn zu verhafte». mMnndelte, denselben aber später sreiließ. Der italienische Eonsul brachte sofort auf Weisung de» Minister» deS Auswärtigen. Mancini, bei der Regierung eine energische Beschwerde vor. Die letztere theilte dem Consul mit. daß der Corpoval eingckerkerl sei und die übrigen Schuldigen den Gerichten übcrantwcrtrt worden. * Die Eröffnung der parlament-arischen Saison in Belgien hat nicht sobald stattges»nv>-n. als auch schon jede Partei sich zum Kampfe rüstet. Berotts bat der Libera lismus den Anfang gemacht, indem sein «»'erkannter Führer, der ehemalige Premierminister Herr Frörr-Orban, ferne Ab sicht angekündigt hat, am nächsten Dienst ag die Regierung betreff» ihrer allgemeinen Politik zu inte, pellircn. Wenn daS Ministerium BernaertS etwa beabsichtigt haben sollte, sich als ein reine» cvbmel ci'süniro, zu gerirni, so wird ibin eine solche Taktik durch da» Vorgehen des Chefs der liberalen Opposition jedcusall« uicht erleichtert, da es bei Entwickelung der allgemeinen leitenden Grundsätze seiner Politik nicht um hin kan», den cffeueu principiellen Gegensatz, der nun einmal zwischen liberaler und klerikaler StaatSauffaffuug herrscht, herauSzukehren. Und damit ist der Krieg zwischen Regierung und Opposition iu aller Form eröffnet. Vom streng constitu tionellen Standpuncte au» muß übrigens ver Schackzug Frbre-Orban'S al» durchaus correct anerkannt werden. Denn der Regierung»«Mechanismus ist einigermaßen bedenklich au» de« konstitutionellen Leime gegangen. DaS Land weiß Zwar, daß der König den weiland Ministern Woeste und Äacob» ihre Portefeuille abforderte, baß diese scnnmt Herrn Matou ihre Demission gaben und daß Herr BernaertS daS Eabinet reeonstruitte. alle» da» sind aber Atte der durch bi« Miuisterverautwortlichkeit gedeckten königlichen Initiative, denen der parlamentarische Eommentar bi« jetzt noch gänzlich mangelt. Und bezüglich dieser Hergänge wünschen nicht nur die Liberalen, sondern auch eine zahlreiche Fraktion der katholischen Partei von dem jetzige« Conseilches aufgeklärt zu werden. Nach Befriedigung de« parlamentarischen Doktri narismus kommen die praktischen Kragen an die Reibe. DaS Schulgesetz wird nicht ohne Anfechtnng von liberaler Seite bleiben; andererseit« hat der jetzig« Premier BernaertS einen aus die Einsangung der öffentlichen Meinung berechneten Coup im Sinne, indem er sich um die Finanzen des Lande» verdient machen will, dadurch, daß er mittelst durchgreifender Ersparungen da» Deficit in einen Ueberscknß verwandelt. Wo gespart werden soll, außer etwa am Mililairetat, ist da» Gebeimniß de» Herrn BernaertS — und dieser Umstand dürfte hinreicben. daS Hochbedenklicbe solcher Versprechungen, wie er sie öffentlich macht, avgenfällig darzulegen. * Uuser Correspondent schreibt un» au- Brüssel vom 12. November: Eia am Sonntag im „Moniteur" »erösfentlickte» Rundschreiben de» neuen Ministers de» Inner», Tboniffen, an die Gouverneure der Provinzen macht nicht wenig Aussehen. Durch da stell»« wird da« Ioftllu» der ,, Sencknrmo, «, Soorgevi,". der verkleideten Gendarmen, ossteiell elngerichttt and beglaubigt und den Mann- schäfte« eine Nickelmedaille mit entsprechender Jnlchrlst al» Legiti- maiian zneilhelll. Düse nea» Funttim, ist »ich« geeignet, der Gendarmerie erhöhte« Ansehen zu verleihen, nnd man frag« sich, wie daS KriegSminlsteriu« die Verwesung einer Truppe, welche non ieher, uud mit Recht, al« Llitecorp« de» belgischen Heere» galt, »n solchem Zweck gutheibeu kau». Wie bereit» früher gemeldet. wird die Angelegenheit Gegenstand einer Interpellation in der Kammer sein; ein liberale» Blatt schlägt vor, den neuen Geheimpollsisten der Negierung neben der Medaille riaen Rosenkranz als Erkennungs zeichen beizngeben. — Tie am gestrigen Tage erfolgte Eröffnung der beide» KSmmer» ist ohne ernfthasie Störungen vorüber- aeyauge,. Ltwa «60 Pecs«»«,, i, Schranke» gehalten durch ein sehr statte« Aufgebot Polizisten, empfingen vor dem Kammergebäude di« liberalen Abgeardaewa »lt Beifall, die klerikalen und namentlich die verflossene, Münster Woeste und Jacobs, mit Pfeifen. Becm Weggang — die Kammer vertagte sich zur Bildung des Bureau» aus Mittwoch 10 Uhr — wnrde» die Kundgebungen etwa- lebhafter: eine zahlreiche Volksmenge begleitete die von der Polizei umringte»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite