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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.11.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-11-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188411218
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18841121
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18841121
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-11
- Tag1884-11-21
- Monat1884-11
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.11.1884
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Erscheint täglich früh 6'/,Uhr. Ledaction und Lryrdition Johanue-qasse 33. SPrrchliundrn drr Krdactiou: Vormittag- 1V—I2 Uhr. Nachmittag« 5—6 Uhr. sttiSi« Nttä»ab, Mai,uicei»te »acht Ich dl» St«r»lt>»» »tchl »crduldUch. A»»«H«e der für die nichstf«l,e«de N»u»«er deftiwmtea Inserate a» tSachentagen di» S Udr Nachmittag«, a» vaau- und Aesttagen früh bi»Uhr. 2» den Filialen für Zns.-Annahme: vtta Klem«. UniversiiätSstraße 21. Lauts Lüsche, Kalharineaslraße 18, p. «nr bi« '/,L Uhr. rwMtr.TMblatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgefchichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage L8,««v Ahaune»ent,drn» viertelj. 4'/, MN. tucl. vringerlohn b Mt., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzi) ahne Postbelörderong 3» Mk. »tt Pastdesörderung 48 Mt. Inserate Sgejpaltene Petitzeile 20 Ps. Gr-Here Schriften laut unj. PreiSverzcichuiß. Tabellarifcher u. Zifferniatz nach HSHenn Tarif. Krrlamen unter dem Redaction-strich die4gelvall. Zeile 50 Ps., vor den Familien Nachrichten die Sgespaliene Zeile 40 Pf. Iulerote siud stet« an dir ErpeSition zu jruden. — Rabatt wird n cht gegeben. Zahlung pr»enu>nenu>6o oder dura, Pest, »achuahine. ^ 32«. Freitag den 21. November 1884. > R > > 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vrlianntmachung. Nus Grund von tz. 47 alin. 7 der zum Volksschulgesetz erlassenen AuSsührungsvcrortnung von, 25. August >874 macken wir bierkurch öffentlich dekaiint, daß die Derwen- d»»g von Kindern zu öffentliche« theatralischen Vorflelluaqen oder Concerteu, wenn nickt hierzu im einzelne» Falle dir OrtSbcbörve nack vorgängigem Gulheißen d«S Schulvoritande» besondere Erlaubniß ertbeilt hak, ver hör»« ist »nd dag wir Zuwiderhandlungen gegen dieses verbot mit Geldstrafen bis zu 50 .6. eventuell Haft ahnden Verde». Leipzig, am 11. November 1884. Der Rath der Ttadr Leipzig. vr. Georgi. Lehnert. Da« am 28. März 1884 von der Unterzeichneten Behörde für Auguste Marie Friederike Reichet au« Mrtsrburg ausgestellte Dienstbuch ist vor läugerer Zelt in hiesiger Stadt verloren gegangen uud im Ausfindung-falle anher abzuliesern. Leipzig, am 17. November 1884. La» Psiizeiamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. 8it2unA <168 Lixtlieksn Ver!rk8- ^erein8 iler 8tal1t Mautug» Leu 1. veeemder ckdeockn S Bdr, Im 8»»1« Ler kl raten kilrgeraekale. Pageaoräuung: I) kscbnuog^tbleguox 6« vaaseukilbrer, U»ck keataleUnng 6er ZIitgiie6«rbeitrtl«e. t 2) ^Vaki 6er Ver«m»benm>ell. 6er l)eis»irtea n»6 6erea 8tsli- veetreter rum l^reisvereivsitusreh»»,, ferner 6er Vereine»us«ii>Il»>e »ml rMeier 1lit<Iie6er ^um gemischten «iL'Iliscdeu Xu»i,cku« tllr «Vaotiiehe Oe«uii6Iicii->püeee. >8. 8eiiiu»s 6cs IVulllact«, 7 I7br: alle etwa nach Eintritt Laaer 8tuo6e aieh < jnLn6eo6ea ilit^Uellsr »ü»6 von 6«r -1b- atjuiniilng au^e^hioassn. Vr. klva». Nichtamtlicher Theil. Die westafrikauisihe Lonferenz Die Ziele der Berliner Conscrenz sind nunmehr klar gelegt. England hat daS Programm derselben im Ganzen angenom men. macht aber den Vorbehalt, daß eS ihm als dem Haupt- uud alleinigen Eigenthümcr teS unteren Lause- de- Nigers überlassen bleibe, die von der Conserenz für den Handel und di« Schifffahrt aus dem Niger sestgestellten Grundsätze ohne Rücksicht aus einen internationale» UeberwachungSauSschuß selbstständig in Anwendung zu bringen. Damit würde das Nigerbeckcn der Zuständigkeit der Conscrenz entzogen werden, es oleibt daher abzuwarten, in welcher Weise diese- Hinder- uiß hinwegqeräumt werken kann. Die zweite Macht, welche gegen da» Conserenzprogramin Einwendungen erhebt, ist Por tugal. Dieser Colonialstaat macht ElgentbuinSaasprückie aus da» Congobecken geltend, welche 400 Jahre znrückdatiren und durch Nichtgebrauch längst verjährt sind. Mit diesen An sprüchen wird die Conserenz leichter fertig werden, weil unter ihren Mitgliedern Eniverständniß darüber herrscht, daß sie unberechtigt sind. Tie dritte Schwierigkeit bildet die Fest stellung der Grenze de- von Frankreich beanspruchten Gebiete- am Congo und de- Gebiete-, welche» der internationalen afrikanischen Gesellschaft gebört. In der zweiten Sitzung der Conserenz ist eine Commission, bestehend au» Deutschland, Frankreich. England, den Bereinigten Staaten, Spanien, Belgien und Portugal erwählt worden, welche die Grenzen der verschiedenen Gebiete am Congo seststellen und die Ansprüche der dort concurrirenven Parteien sormuliren wird. Die Commission wird die technischen Beiräthe hinzuziehrn und die Sachverständigen Horen, deren Aeußerungen sie für wünschenSwerth hält. Den Borsitz führt der französische Botschafter Baron Courcel und man hofft, daß die Arbeiten der Commission in 8 Tagen beendet sein werden. Frankreich hatte sich'bemüht, die Grenzf«,ge. soweit sie da« sraiilösische und da- der internationalen afrikanischen Gesellschaft gehörige Gebiet betrifft, vor dem Zusammentritt zu erledigen, da- ist aber nicht gelungen, die Vertreter drr Gesellschaft, Strauch und Steven-, haben sich mit der fran zösischen Regierung nickt zu einigen vermocht, und de-balb sollte die Einigung erst nach ver Conserenz versucht werden. Hierin ist durch d>e Beschlüsse der Conserenz in ihrer zweiten Sitzung eine Aenderung hcrbeigeführt worden, die Grenzsrage wird durch die Conscrenz selbst erledigt werden. E» ist klar, daß die Grenzfrage die größte Schwierigkeit bildet, sie kann nur gelöst werden, wenn die Betheiligtcn einander entgegen komme» und sich gegenseitig Zugeständnisse macken. Da- zu erzielen, ist die Aufgabe de- Baron Courcel; gelingt ihm da« nicht, so wird die Entscheidung von der Commission in die Conserenz selbst verlegt. Zu den Sachverständigen, welche di« Commission Ver nehmen wird, gebört in erster Linie Stanley. Der berühmt« Afrikareisend« hat seinen Stanvpunct am 17. November in einer Rede dargelegt, welche er im deutschen Colonialverein in Berlin gehalten bat. Darin sagte er: Die Afrikanische Gesellschaft will Jedem die Hand bieten, welcher sich an den «Vilisatorischen Unternebmungen betberligen will, besonder» ater den Deutschen. Wir wollen da- Land al» eine Art von internationalem freien Handel-park bewohnen, in dem ein Jeder für sein Wohl und für da- der Gefammtbeit arbeiten kann, ohne genötbigk zu fein, sich durch Zahlung eine« Trink geld«» von geldgierigen Beamten erst die Erlaubniß dazu ein- zubolen. Die internationale Gesellschaft will freien Zutritt gewähren. Portugal aber will da- nicht. Stanley fertigt die portugiesischen Ansprüche in seiner drastischen Weise sehr wirk sam ab: „Wir gestehen," läßt er die Portugiesen sagen, „daß wir nicht- für den Congo gethan baden, aber einer unserer Beamten bat vor 400 Jahren einmal die Mündung de« Congo gesehen und de-balb gehört der ganM Fluß uii«." Wenn die Conserenz über dre portugiesische» Ansprüche dasselbe Urtheil fällt, so ist die Abweisung derselben «nzweiseihast. Die Aeußerungen Stanley'« gehen aber auch drr Hoffnung Roum, daß die Grenzsrage zwischen Frankreich »nd der Afrikanische, Gesellschaft au»gletchbar sei» wird. Da Stanley Jedem, der sich an den civilisatorischen Aufgaben der Gesell schaft betheiligen will, die Hand zum Willkommen reicht, so bleibt cS ja den Franzosen unbenommen, auch ihrerseits dieser Einladung Folge zu leisten und dann ist ja auch ihr Zweck erreicht. Tie Souveranelät über da» Gebiet der Gesellschaft müßte freilich dieser verbleiben und die Sorge für Ausreckt- crbaltung der Ordnung. Hier kommt wieder der alte Streit zum Vorschein, welcher schon vor einem Jahre zwischen Brazza und Stanley auSgedrochen war und der sich nur bei einigem guten Willen Frankreichs schlickten läßt. Dieser gute Wille darf ja wohl heute bei Frankreich al- vorhanden angenommen werken. Abgesehen von dem Grenzstreit, ist die Eröffnung Stanley'S von größter Wichtigkeit, daß da- Land der Äsrikanischen Gesellschaft nickt nur für den Handel, sondern auch für den Ackerbau die günstigsten Aussichten eröffnet und daß auch dc>» Klima für Europäer, welche im Genuß von Spirituosen Maß kalten, sehr wohl ertragen werden kann. E« stimmt da» zum Tbeil mit dem überein, wa» Woermann darüber gesagt hat, nur scheint Stanley in seiner Auffassung von der Woer- mann'S in kem Puncte abzuwcichen. daß er da- Land auch für geeignet hält, von deutschen Lantwirthcn bebaut zu werden, ohne daß diese den Einflüssen de-Klima» unterliegen. Stanley hat diesen wichtigen Punct nur gestreift, e» wäre de»halb wünschenSwerth. daß er sich darüber noch eingehender auS- spräcke. damit man daran- ersehen kann, ob da» Gebiet der Afrikanischen Gesellschaft auch der Colonisirung durch deutsche Landwjrtke Chancen bietet. Die Arbeiten der Conserenz sind vorläufig auf drei Worden angenommen, nach dem, wa» bisher geschehen ist. dürste Vieser Zeitraum aber kaum au-reicken. Wenn die Commission ihre Ausgabe in acht Tagen gelöst hat. wa» auch rin zu kurz bemessener Zeitraum zu sein scheint, dann wird die Angelegenheit erst im Plenum der Conserenz zur Sprache kommen und da» kann leicht zwei auch drei Sitzungen in Anspruch nehmeu. Erst wenn die Grenzsrage erledigt ist und die Ansprüche der einzelnen Colonialstaatcn sormulirl sind, kann darüber Ent scheidung getroffen werben. Damit ist erst die Einleitung zu den Verhandlungen Uber den Handel und die Schifffahrt aus dem Congo gegeben. Wie weit sich diese Verhandlungen au»- delmen werden, läßt sich noch nicht übersehen, möglicherweise sinket die Einigung darüber schnell und leicht statt. Dann kommt der zweite Hauptpunkt: Die Gcbiet-frag« in BeM aus da- Nigerbecken. Hier kommen die englischen AnsprM«. in Betracht, welche weit schwerer wiegen, al- die portugiesischen aus da» Eongobecken. weil die Engländer im faktischen B.ffitz eine- TheileS de« Nigerbecken- sind. Freilich tritt daneben die keuksche Concurrenz auf, welche offenbar weit umfang, reicher und begründeter ist, al» die Engländer zugestchen wollen. Da aber Malet den Vorbehalt England- in Bezug aus da» Nigerbeckcn gleich in der ersten Sitzung gemacht hat, so läßt sich vorau-sehen, daß e» daran barlnäckig sesthalten wird. Malet hat in diesem Puncte die öffentliche Meinung der Mehrheit de« englischen Volke- auf seiner Seite und deshalb wird dieser Puncl große Schwierig keiten machen. Malet hat in seiner Erklärung die Form der Entscheidung schon vorweg genommen; er setzt voran-, daß die Conserenz sich über die Einsetzung einer internationalen Commission einigen wird, welche die Ausführung der Conferenz- beschlüffe im Congo- und Nigrrbeckcn zu überwachen hat. Einer solchen Commission will sich England nur im Congo- becken fügen, im Nigerbecken will England selbst die Strom- und Handel-Polizei au-üden. Da» hätte gar nicht- auf sich, wenn man annebuien könnte, daß England die Conserenz- beschlüsse auch in» Nigerbeckcn loyal au-sühren werde, aber in dieser Hinsicht erheben sich begründete Zweifel. Die dritte Hauptaufgabe der Conserenz ist die Feststellung ver Grundsätze für die Besitzergreifung herrenloser Gebiete. Auch dieser Punkt erscheint aus den ersten Blick leichter zu erledigen, al« er sich in Wahrheit herau-stellcn bürste. E» kommea dabei die bi»herigen Gewohnheiten England- in Be tracht, welche e» nicht ohne Widerstand aufgeben wird. All gemein al» giltig anerkannte Formen an die Stelle der Will kür zu setzen, wird England immerhin Ueberwindung kosten, und nur die Ueberzeuguna, baß e« keiue Aussicht hat, den bisherigen Zustand ausrecht zu erhalten, wird ihm di« Zu stimmung zu den Conserenzvorschlägen abnvthigen. Man erkennt au- den vorstehenden Andeutungen, daß die Arbeiten der Conserenz leicht ebenso viele Monate dauern können, al- man bi»her Wochen für au«reichend erachtet hat. Da» internationale Reckt, welche- die Conserenz schaffen soll, ist so neu, greift so tief und radikal iu alte Gewohnheiten und augemaßte Sonderrechte rin, daß eine schnelle Erledigung der gestellten Ausgaben nicht erhofft werden kann. Al- Aus weg würde sich darbieten, daß die Fragen, über welch« nickt eine schnelle Einigung bertngeführt werden kann, der zu künftigen Lösung Vorbehalten bleiben, da» würde aber einem Mißerfolge der Conserenz gleich kommen und ein solcher ist nach der diplomatischen verzangenheit de» Fürsten BiSmarck nicht anzunrbmen. Eine diplomatische Ausgabe, welche sich der Reichskanzler stellt, muß in dieser over jener Form gelöst werben, sonst tritt er überhaupt nicht an ihre Au»- sührnng heran. Dieser Grundsatz wird sich auch bei der westafrikaaischen Conserenz al- stichhaltig erweisen. * Leipzig, 21. November 1884. * 9m .freisinnigen" Lager herrscht Jubel darüber, daß dir Niederlage nicht ganz so schlimm geworden, wie man sie sich unwittelvar nach dem 28. Oktober gedacht hatte. Die freier blickenden Köpfe der Partei selbst werben sich da- durch schwerlich täuschen lasten. Man redet diel von der Bedeutung der Berliner Wahlen; uns will scheinen, daß ein« andere Erscheinung noch mehr Beachtung verdient. Da» ist da- vollständige Fia«co der „dentschsreisinnigen" Partei in Süvdeutschland. Unmittelbar nach der Ver schmelzung von Fortschrittspartei und Seressionisten haben wir die Ueberzeuguna au»gesproch«n, daß diese Partei ihrem ganzen Wesen nach in Süvdentschland niemal« Boden gewinnen könne. An Anstrengnngen haben e« die Dentschsreisinnigen in Süddratschlond wahrlich nicht fehlen lasten. Sckon im vorigen 9abre. bei Gelegenheit der Nach wahl im pfälzischen Wahlkreise Reuftadt-Landan, hat Herr Lugen Ricklrr mit aller Gewalt einen entscheidenden Schlag versucht. In diesen, Frübjahr wurde dann mit den Partei tagen von Frankfurt, Kaiser-lauter» und Nürnberg, ans welchen die Herren Richter. Rickert und Hänel da« neue Evangelium verküodeten, der Bormarsch aus der gaazen Linie begonnen. Und wa« ist der Erfolg diese« großen Feld zugeS? In ganz Bayern. Württemberg. Baden und Hessen zuiammengcnommcn. besitzt die .sicisinnige" Partei volle sechs Mandate — drr Rest von elf, die ihr am Schluß de- letzten Reichstag» in diesen Staaken noch verblieben wäre»! Und unter diesen — wenn man von Hof absiehl — keinen einzigen nur au» eigener Kraft, sondern einen (Erla»gen-Fürtk) durch die Hülse der Socialtemokralie, vier (Alzev- Bingen, Fricvberg. Lörack-Mnllheim und Balingen-NoN- weil) von CentrumSgnaden! In allen diesen Wahlkreise» hat Stichwahl zwischen .Dentschsreisinnigen- und National liberalen startgesunden. Uoberall hat sick dabei ein sehr be deutende- Anwachsen der letzteren ergeben, und eS besteht kaum ein Zweifel darüber, daß e» die .freisinnige" Partei lediglich den persönlichen Beziehungen der betreffenden Caiididaten — Bamberger. Pflüger »nv Schwarz — zu verdanken hat, wenn sie diesmal überhaupt noch in die Stickwabl gekommen ist. Auch von Erlangen - Fürlb, dem Wahlkreise von Staufsenbcrg'S, wirv man wohl dasselbe sagen können. Wenn die „Deutschsrcisinnigen" dicser Ergcbwsse ihre- ErvberunaSzugc- gegenüber einen Trost darin suchen, daß wenigstens durch da- Eindringen der VvlkSpartei in Kaiserslautern in die .alte Hochburg de- NaticiiallibcralirninS", die Pfalz, Bresche gelegt sei, so sind sie darum nicht zu beneiden. Denn gerade der Wahlkreis Kaiserslautern ist keineswegs immer nalionalliberal gewesen, sondern hat einstmals der Fortschrittspartei gekört, so daß, wenn er jetzt der VolkSpartei anbeimgcfallen ist. die „frei sinnige" Partei darin vcrnünitigerweise nur einen Fingerzeig erblicken kann, daß für sie in Sütdeu'schlanv kein Boden ist. Die Niederlage Iegel'S in An-bach-Schwabach gegen den Bolk-parleiler Kröber wirv wohl m dieser Hinsicht auch nicht ohne ausklärende Wirkung sein. * Trotz de- Dierzig-Millionen-Deficit-, welche» der neue ReickSctat aufweist, verlautet nicht da- Geringste über neue Steuervorlagc», welche für den Reichstag in Vorbereitung seien. ES wird belichtet, der Reichskanzler habe nach den vielfachen Zurückweisungen, die er mit simen Steuerprojecten erfahren, daraus verzichtet, neue Vorschläge zu macken und überlaste eS dem Reichstag, wie er Vas Reich au» der gegenwärtigen Finanzkleinme zu befreien gedenke. Für den nächsten Etat wird nun freilich, sofern e« nicht ge- Unat, die Ausgaben herabznmindcrn oder die Einnahmen büher anzusetzro, nicht» al» die Ausnahme einer Anleihe oder die Erhöhung der Matrimlarbeiträge übrig bleibe». Indessen ka>m mit solche« Rolhbehelsen unmöglich auf die Dauer gewirkhschostet werden. Die Beschaffenheit de« neuen Etat» enthält die dringende Mahnung, die Frage der Steuerreform unverzüglich wieder in Fluß zu bringen und sie, losgelöst von den üblichen wahlagitatocismen Rücksichten, unbcsangen und wohlwollend zu behanteln. Die Schuld, baß die Steuerreform nicht vom Fleck kommt, liegt nicht minder auf Seiten der Regierung alS re- Reichstag-. Selbst von entschieden liberaler Seite ist oft genug aus Sleuerquellen bingewiescn worden, welche unter Zustimmung einer großen Mehrheit der Volksvertretung ergiebiger gemacht werden könnten, ohne daß die Regierung diese Winke bisher beobachtet bat. Wir wollen hoffen, daß die bevorstehenden Budget- berathnngen endlich die Verständigung über diese dringende Frage fördern werken. * Viele Reick«tag»abgeoronete waren bereit» am Mittwoch eingetrofse», so daß mit ziemlicher Sicherheit morgen ein beschlußsäbigeS Hau- zu erwarten ist. Die Präsidcn- tenwakl wirv voraussichtlich am Freitag stattfindcn. DaS Präsidium wird ohne Zweifel denselben Parteien ziisallc», wie in der vergangenen Session; den Conservativc», de», Centrum und den Deutschireisinnigen. Die beiden letztere» werden ihre früheren Mitglieder, die Herren von Francken- stein und Hosfmann, wieder präsentire». Al- muthmaß- lichcr konservativer Präsident wird noch immer in erster Linie Herr von Wedell-Pie-dorf genannt. * lieber da» allgemeine, gleiche, geheime und unmittelbare Stimmrecht schreibt die nationalliberalc .Kölnische Zeitung": D>c Grundlage der Verfassung de« neuen deutschen Reiche« bildet da» allgemeine Wahlrecht. Jeder Deuliche im Besitz der bürgerlichen Rechie, sofern er nicht öffentliche Armeiiunterstützung bezieht oder unter VormundichasI steht, ist nach vollendciei» 25. Lebensjahre wahlberechkigt uns wählbar. Da« Wahlrecht ist gleich, e» ist geheim und unmittelbar (direct). Zur Dahl eine« Abgeord neten ist die volle Stimmenmchroeit für ihn erforderlich; wird diese im ersten Vahlgange nicht erreicht, so ist «n einer Stichwahl zwischen den beiden in der ersten Wahl am meisten begünstigien Caudidaicn zu eniicheiden. Die soeben beendeten Dahlen hatten nicht weniger al« 98 Stich wahlen erforderlich gemacht, bei welchen dem beim ersten Mahlgang zu Tage getretenen ktimmenverhälinisse gegenüber geradezu eine Fäl- schling der eigentlichen PariewerliLltniffe sich ergab, da infolge ganz unnatürlicher Wahlbündnisse häufig genug solche» Landidalen da« Mandat zufiel, die im erste» Wahlgange kaum die Hülste der aus ihren Ltichwahlgegaer gefallene» Stimme» erhalten Hollen. Die Stich wahlen ergänzen und kläreu da« Wahlerg-b, ist nicht, sie verrücken und verzerren e«. Bei den Wahlen am 28. Lctoder erhielten nach »uverlässiger Schätzung Glimme,,: ilrnir»,» und Welfen 1,392.867, Deutichconicrvative 884 743, Deulichireisiaiiige 983.293, Nalivnal- liberale 979,430, Reichspartei 331,474, Socialdemokraten 526,241, Volk«partei 72.915. Nach diesem Siimmeiivcrhältniß hätte unter genauer Berlicksichtiguag der übrigen hier nicht ausgezählten kleineren Parteien der Anlpruch aus Mandate zwischen den genannten Par- teien sich also vertheilt: Lentrum und Welfen 98, Deutschconser- vative 62, Deutschsreisinnige 69, Nationalliberalc 69. Reich-Partei 23. Soelaldemokraten 37. Bolttpartei 5. In Wirklichkeit aber zählen tm neuen R«ich«tag: Lentrum und Welfen 109. Dcu»chconsen>aliv« 77, Deuischsrelsiniiige 66. Nationalliberale 54, Reichspartei 27, Social- demokratrn 24, Bolkoparlei 7. Sind sonach die Stichwahlen vom Parteistondpuncte au« gänzlich »ngrrecht, so siud sie «omentiich in erregter Zelt verbitternd und die politische Moral verschlechternd. Wa« soll man dazu lagen, daß die Katholiken von ihren Einpeitschern zur Wahl eine« Bam- beraer, Gouuemann, Langerhan« getrieben wurden, daß die Denlich- srrlsinnlgr» i« Hannover lieber einem Welsen al« einem National- liberale» »tun Mandat verhallen, daß die Socialdemokraken den ansgesvrscheue» Manchestermäonern ln Lübeck. Bingen, Berlin den Vorzug gaben »or den entschiedensten Anhängern der Socialresorm? Dies« Wahr»rh«ungen nun. daß die Stichwahlen in ihrem Er- gebuiß die Stimmung der Wähler »ich« verdeutliche», sondern ver- dunkeln und dir velltischc Moral verderben, hat namentlich die-mal m den Blätter» der verschiedensten Vaneicn Erörterungen darüber hervorgenllk». ob mau nicht die ganze Einrichtung der Stichwahlen beseitigen solle. Wenn wir diele Frage nicht lo schnell bejahen, wie e« meist geschehe» ist. I« leitet «n» dabei nicht etwa eiu geringere« Maß »ou Be denke» gegen die Schäden drr Stichwahlen, sondern nur ela« gr-ßere Scheu vor Aenderung au den nun einmal de- stehende« Bestünmnngea der Verfassung, an denen man ohne äußerst« Roth nicht rütteln so». E» wird und muß die Erkenntniß komme» — wenigsten» braucht man heute noch daran nicht zu verzweifeln — daß d,c unsitiliäien Wahlbündnisse» welche iiaiiicuttich da« Cenirum und die Dcullchireisiunigen diesmal bei den Suchwahlen schlossen, lehr bald an der eigenen Partei sich rächen. Und wen» man da« Enderqebniß der Stichwahlen betrachte«, wird man finden, daß an der Hauplstimmunq de- Reich-iag«, die noch der Stellung der Parteien zum Reichskanzler am sichersten gemessen wird, nicht allzu- viel durch die Stichwahlen verschoben wurde. Hat da- Ccntrum mit den Welsen, Demokraten und Pole» um 15 Stimme» über Gerechtigkeit die klerikale Gegnerschaft verstärkt, so sind Lon- jervaiwe und Reich-Partei zu Gunsten der RegierungSfreuadschait uni volle 19 Stimmen über Gebühr bedacht worden, wojür die Nationalliberalen 15 Sitze zu wenig erhielten. Haben einmal alle Parteien erkannt, daß die Handhabung der Stichwahlen, wie cs eben geschehe», ichimpslich sei, io darf man erwarte», daß dem Uebel au« den Parleien heran« freiwillig abgeholjeu werde. Geht c« aber — und darüber werde» wir noch etwa- mehr Erfahrung abwarten müssen — mit dem jkstigen Wahlsystem nicht, so wird radikaler vorgegangen werden müssen. Stellt sich heran», daß da- allge meine und gleiche, unmittelbare Stimmrecht seinen Zweck, den wahren WikTeu der Bevölkerung zum AuS- druck zu bringen, nicht eroeicht, dann muß Hand an die Wurzel gelegt werden. Die Menschen sind eben nicht gleich, »och folgen sie lieber der Wahrheit alt der Lersührung: und wenn hier nicht allmälig Besserung wahrnehmbar wird, io muß Aenderung eintrete»; e« muß die Gleichwerihigkeit der Stimmen fallen, wenn die Borau-srtzung derselben nicht erreicht werden kann. Ja nähere Erörterungen, wie die Aenderung zu treffe» wäre, wollen wir heute nicht eintreten: die Stichwahlen sind da« kleine Bedenken a» unserem Rrichs-Wahlsystem; ihretwegen allein würden wir nicht rathea, die Axt anzulegen. * In Sachen der Freifahrtkarlen für die Reichs tag- - Abgeordneten liegt nachstehende- acteiimäßige- Material vor: Die Vergünstigung trat zum ersten Male eiu zur ersten Session der II. Legislaturperiode, die am 5. Februar l874 begann. Mit Bezug daraus erließ der Reichskanzler unterm 22. Dccember 1872 eine Bekanntmachung im „Reichs anzeiger" de« Inhalt«: „In Folge der vom Bunde-ratb« getroffenen Einleitungen werden die Herren Abgeordnete» zum Reichttage während der Dauer der Session, sowie 8 Tage vor Beginn und nach Schluß der letzteren aus sämmtlichen deuijchen Staat-- uud Privaleisenbahuen in be- liebiger Wagenelaffe uud nach alle» Richtungen »tt ihrem Gepäck bi« einschließlich 50 Psund frei bes-rdert werde». Dies« Beförderung erfolg« aus Grund einer vom Reich-Ianzleramt ansgestellten Legiti- mationSkarte, welche itdrm der Herren rechtzeitig »gestellt werde» wird." Gleich zu Beginn Ver Session, am 8. Fevruar 1874, ging dem Reichstage ein Nacktrag-elot zu für 1874 in Höhe von «4,000 zur Entschädigung der Privat-Eisrnbabne» für die Bewilligung ver freien Fahrt. Die Motive hierzu führen au»: ,Im Lause der letzten Session de» Reichstage» »st vo» verschie denen Seiten die Verallgemeinerung der in Bayer» und Württem berg bestehenden Einrichtung empfohlen worden, nach welcher in diesen Bundc-staaten die denselben angehörenden Herren Ab- geordneten zum Reichstage für die Dauer der Sitzung-Perioden aus den Eiienbabnen unentgeltlich bes-rdert werde«. Der Bunde«, ralh hat dieser Anregung Folge gegeben uud die erforderlichen Ein leitungen getroffen, um die emosohlene Einrichtung zu verwirkliche,». I» Folge derselbe» haben sowohl die im Besitze von Eisenbahnen befindlichen Bundesregierungen al- auch alle Prchateüenbahn- Berwallungen im deulichen Reiche sich bereit erklär«, die Herren ReichSlagS-Abgeordneten während den Sitzungsperioden, sowie 8 Tage vor Beginn und nach Schluß derselben aus den Eisenbahnen unentgeltlich zu befördern, und zwar mit Freigepäck bi» zu 50 Psund. Die Privateiienbadn-Berwaltungen haben dafür eine Aversional- Entschädigung aus Reich-sond» beansprucht, welche sie für die die«, malige Sitzungsperiode, Mangel» bestimmlerer Grundlagen, in der Weise erimitclt zu sehen wünschen, daß die Feststellung der Meilen- zahl, welche jeder Abgeordnete bei drr Reise von seinem Wohnorte »ach Berlin auf den Strecken der deutsche» Privaieiscnbahnen zu durchsohren hat, zu Grunde gelegt werde und die Berechnung unter Annahme von drei vollständigen Relsetvuren (drei Hin- and Rück reiien) nach der sich hieraus ergebenden Geiammtmeilenzahl mit 6 Sgr. pro Meile erfolge. Der Bnnde-rolh hat die Bewilligung dieser Pauichemichädigung vorbehaltlich der nachträgliä-cn Zustimmung de« Reichstag« zugeiagt. * Wie man der „Vossiscken Zeitung" au» Mecklen burg-Schwerin schreibt, sind die beiden, die Verzichtleistung de« Herzog- Paul Friedrich auf die Thronfolge betreffenden Schriftstücke, die von Enlerem darüber au-geitellke Urkunde und die Bestätigung de» Verzicht» seiten» de- Großherzogs, beide vo» Cannes. 24 Februar 1884 datirt, jetzt dem Lanttage „zur Kenntnißncchnie" zugegangen. I» der erstgenannlen Aclc erklärt der Herzog, daß er ans alle ibm zustekenven Erbfolge- rechte an dem Großkerzogtbum Mecklenburg für sich und seine Drscendcnz „freiwillig" verzichte. Jedoch sollen jene Rechte nack dem Au-sterbcn aller keiner nachgeborenen Brüder und ihrer Desce»denz unter drr Bedingung wieder in Krast treten, daß der zur Erbfolge Berechtigte „verpflichtet sei» soll, zur pro testantischen Kirche überzutreten, um sein Erbrecht au-üken zu können, widrigenfalls er seine-Erbrecht» verlustig bleibt". Die vom Großkerzvg in Form eine- Schreiben« an seinen Bruder, den Herzog Paul Friedrich, ausgestellte Urkunde wiederholt bei der Bestätigung den Inhalt der Vcrzickt- leittungSacle und fährt dann fort: .Dagegen gestalte ick Ew. Hobelt aus Ihre Bitte, daß Sie Ihre Kinder in der kalho- ilicheu Religion taufen und erziehe» lasten, jedoch mit der von Ew. Hoheit versprochene» Bedingung, ras derjenige Ihrer Tesccnkenz, der »ach obige» Voraussetzungen zur Erbfolge in dem Großk-rzoglbnm Mecklenburg bernse» würde, zur protestantischen K>rcke übertreten muß, widrigenfalls er seine» Erbrecht- verlustig bleibt." Schließlich wird den, Herzog die Zusicherung erlheilt, daß er die ihm als zweit geborenem Sohne de« letziverstorbenen GroßhcrzogS bausgesetz mäßig zustcbende höhere Apanage sowie de» iebcuSlänglichen Besitz der Villa Gustiva in LuvwigSIust behalten soll. Ter Landtag scheint nickt reckt zu wissen, wie er diese ibm zu- gegangene Mitkheilung. da sie ihm nur zur Kennlnißnahmc zugcsertigt ist. behandeln soll Vorläufig hat er den LcmbeS- arckivar beauftragt, darüber zu berichte», wa- bezüglich de« lankeSsürstlichen .HauSqeketzr» fick im ständischen Archiv oder in der Bibliothek der Stande befinde und die betreffenden Aktenstücke von Rostock, wo Archiv und Bibliothek der Stände sich befinden, nach Malchin rinzusenven. » * » » Schweizerische Blätter berichten über den weiteren Verlaus der Tessiner Asfaire nachträglich, daß der BundeSratb aus Grund seine- Beschlusses in der Ertrasitznng vom letzten Sonnabend Nachmittag die Tessiner Regierung aussorderte. die Versteigerung de» Enbertin'schen Grundstücke« al» null und nichtig zu erklären, wenn sie nicht ein« mili- tairische Occupation de» CantonS gewärtigen wolle Die Test,»er Regierung erklärte daraus, daß sie sich gegenüber der Gewalt unterwerfe, aber förmlichen Protest eiulege. Der Bnnde-rath forderte die Regierung auf, ihm einen Bericht
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