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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.12.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-12-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188412135
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18841213
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18841213
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-12
- Tag1884-12-13
- Monat1884-12
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.12.1884
- Autor
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Grfchstrrt täglich früh «'/.Uhr. Redaktion und Trpeditioe Ioha»«rsgasse 33. Sprechstunden der Redartion: vormittag« 10—IS Uhr. Nachmittag» 5 6 Uhr. """-SLLSM LLA—- « U»»atz«e »er für »»« «LchftfR-»»»« N«««er »efttmmt«, Juserute a« Sochratage« »i» » Uhr «achmMaa». an Mm«- an» -esttg»en früh -t-'/,» Uhr. 3» den Filiale» für Jus.-Aunatz«: vtt» Klemm, UotversitätSstraße S1, L»»i- L-sche, Kathanneuftraße 18» P. nnr »t« '/,« Uhr. tiorigcr.TagMait Anzeiger. Organ fSr Politik, Localgeschichte, Handels - «nd GeschMverkchr. ^ 348. Tounabeud den 13. December 1884. Anflag« LS,VSO ^donnemrulsprei» viertelt. 4'/, MN. iml. vrinarrloho b Mt., durch dl« Post bezog«« 6 Mk. Jede einzelne Rümmer SO Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilage» (ln Tageblatt. Format gesalzt) ahne Postbejörderuag LS Mk. »it Poftbesürderung 48 ML Inserate «gespaltene Petitzrile SO Pf. Gröbere Schriften laut uns. Preisverzeichnis,. Tabellarischer u. Ziffernsatz nach höherm Taus. Rerläme» unter dem RedactionSstrich die4gespalt. geile KO Pf., vor den Familien Nachrichten die (-gespaltene geile 40 Pf. Inserate sind stets an die Expedition zu seudeu. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnsvnwernnsto oder durch Post» »achnahme. 78. Jahrgang. Zur gefälligen Veachlung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 14t. December Bormittags nur bis Uhr geöffnet. LxpvUltloa Ü68 Isvlprlxer LagvdlLtte«. fr«t- Amtlicher Theil. Luffordenmo «» dt« ,»r Wemeindekranke«verficher«»G »tllig geirrte»»» Persoue« ,»e Aahl»»g der Beitrag«, beziehentlich E»pf»»g»«»tz»»e der Mitgliedbücher. Nachdem die Mctglievdücher für die zur Gemeinde» kranken Versicherung frrimtlltg getretenen Personen an», gefertigt sind, werden letztere aufgesordert, di« nach tztz. 6 m»d V de« Regulativs für die Gcmeindekrankenversicherung zu entrichtenden Beiträge an der (lasse. Weststrabe 77, zu benchtlgeu and hierbei die MitgUedbücher m Empfang zu nehmen. v»ra»«z»hl»»ge» sind zulässig, jedoch «r wen» sie aus Beitrag«peru>den von je 2 Wochen erfolge». Leipzig, de» 12. December 1884. Der Nath der Stadt Leipzig. <KraakenversicherungSa«t.) Winter. Vekanntmachunz, de» verka»f vo« Solz» «»d K»hle»»arste« »» Private bete. Diejenigen unserer Mitbürger, welche Arme mit Hvlz- und kohlenmarke» zu unterstützen beabsichtigen, können solche käuflich bei unserem Armenamte erhalten. Dieselben lauten auf einen Korb Holz. »/,«Cubikmeter haltend, bez. aus einen halben Hektoliter Pech-Stück» Kohlen und können Ber- werlhung finden bei den aus der Rückseite aukgedruckten Lieferanten bez. bei deren Ambulanren. Der Prä- dieser Anweisungen beträgt SV das Stück. Leipzig, den 23. November 1884. Da» Armen-Directoriuae. Lu d w i g - Wolf. Dolge. vermiethunr in »er NeWaSc im Wnensche» Petze. In obiger Fleischballe soll die »nethsrei werdende Ab theüa»a Ar. 2» von» 2». dtese» Monat» aa gegen ernmonatliche Kündigung Dienstag, den L«. diese» Moaat» Vormittag» LI Uhr aus dem Rathhause, l. Etage, Zimmer Nr. 16, an den Meistbietenden anderweit vermtethet werden Ebendaselbst auf dem großen Saal« liegen die Ber miethungs- und Bersteigerungsbedingungen schon vor dem Termine zur Einsichtnahme aus. Leipzig, den 6. December 1884. Der Rath der Stabt Letpz^ vr. Georgi. -tvß. Lönigliches Symnakum. Osteraufnahme. Anmeldungen zur Osteraufnahme werden augenommen (im Gym nasium, Parthenstraße I, I.) Tonner-tag de» 8., streit«» de« k. a»d Lo»«abend den 10. Ja«»», »<» 1» bi« L Uhr. ES »ird gebeten, die letzte Ernsnr deS Schüler« für die An» meldtmg «itzubriugen. Leipzig, am 3. December 1884. Richard Richter» Rector. Velumnlmachmz. ErbthrilungShalber soll das dem Kausmann Ti«0U Rehe, Lohn, der Friederike verw. Löwe«het« geb. Hirsch, Rosalie und vru»o Geschwister Lölvenhci«, sämmtlich in Leipzig, gehörige Fol. 152 des Grund- uad Hypothekeubuch«, Fol. 167 des Katasters vou Gera sud KlurbuchSnr. 227 als Wohnhäuser, BadehauS, vraahaud »nd Los mit eioem Flächengchalre vo» 6.15 Ar eingetragene, a» der Krummen Gasse Nr. 1 und Weidaischc Gasse Nr. 32 gelegene Haus grundstück, bestehend auS: bewohnbarem Haupt- und Nebengebäude, Ganggebäudc und Brauhaus nebst Hof an der Krummen Gasse, sowie Wohn- und Hintergebäude mit AuSgaog auf die Weidaische Gaffe, woraus an Reallasten 4 70 ^ Rente jährlich an fürstlich« Landreutenbant l» Gera haste», einschließlich des gesammte» BrauhauSinventar«. wovon et» Berzeichniß am AmtSbrete aushängt, sowie dreier Aktien de« Brau vereins zu Gera, an Unterzeichneter Amtsgerichtsstelle Freitag, den IS. Tccember 1884, vormittag» 1L Uhr, öffentlich zur freiwilligen Versteigerung gebracht werden. Unter Hinweisung aus den nebst deo Erstehungsbedingung«» an hiesiger AmtSgcrichtsstelle auShängeuden Anschlag und die vor na« ergangenen Acten wird dies mit dein Bemerken, daß Barkauf«, berechtigte sich bei Verlust ihres Rechtes über dessen Ausübung »och vor dem Zuschläge zu erklären haben, hierdurch bekannt gemacht. Gera, deu 26. November 1884. Fürstlich RcutzischeS «»tSgericht, Abteilung für freiwillige Gerichtsbarkeit. Rickter. SestliMche Ladung. , Der Ersahreservist 1. Claffe — Bäcker — Heinrich Walde«»» Geifert au« Bodenbach in Böhmen bei Pirna, zuletzt in Eam- bnrg wohnhaft, wird beschuldigt, al« Erlayreiervist erster Llaffe ousgewandert zu sein, ohne von der bevorsteheudea Auswanderung der Militairbedürd» Anzeige erstattet zu haben, — Uebertretung gegen K. 360 Nr. 3 de« Strafgesetzbuch«. Derselbe wird auf Mittwoch, de» 18. Februar 188» vormittag» » Uhr var da« Herzoatiche Schöffengericht zu Cambura geladen. Bet »nentichuldigtem Ausbleiben wird derselbe ans Grund der »ach 8- 472 der Ttrasproceßordnmig von dem königlichen Landwehr- be,irk«4lo»mando zu Meiningen ausgestellte» Erklärung »erurthcilt werbe». Laacharg» den S. Decenebee 1884. Der Herzogliche AM»«malt. Sei». Nichtamtlicher Theil. Die Lerufmlg in Strafsachen. Die Verhandlungen de« RrichStages über die Anträg« der Abgeordneten Munckcl nnd Reicheiisperger auf Wiederein« ühruna der Berufung in Strafsachen haben einen tiefen Anblick in die Unvollkommenheit unseres RechtSlebenS ge währt. Welche unauSsüllbare Kluft gähnt zwischen den An» ichtea der Juristen. Der eine findet, daß sich die Berufung mit de« Grundsatz der Mündlichkeit nicht verträgt, aus einen anderen hat die zweite Berhanblung stet» einen verblaßten Eindruck aemacht. Dagegen sagt der Abgeordnete Reichs» gerichlSraty v. Grävenitz: „Bei der Unvollkommenheit de« ersten Verfahren» kommt gerade das Princip der Mündlichkeit nicht zur vollen Geltung, und eben die Unvollkommenheit de- mündlichen Verfahren- macht die Berufung nöthig. Di« Klage über unzureichende Berücksichtigung der BcweiSanträge ist ein« ganz allgemeine, und daß sie begründet ist, haben wir in unserer Thätigkeit am Reichsgericht voll erkannt.* Wir glauben. daß Herr v. Grävenitz die Meinung der großen Mehrheit in dieser Frage vertritt und daß deshalb auch der BundeSrath sich der Notbwendigkcit, die Berufung in Straf sachen wieder einzusühren, nicht verschließen wird. Wo» liegt denn überhaupt der Einrichtung eine» Instanzenzuge- zu Grunde? Doch nur daS Strei>en, die allen menschlichen Dingen anhaftende Unvollkommenheit auf da» erreichbare Matz zurückzusühren. Hat in einem Eivilproceß der erste dichter geirrt, so wird durch di« zweite Instanz die Möglich- keit einer Berichtigung geboten, und die dritte Instanz ent scheidet dann je nach der Lage de« Falle», ob ein Formfehler oder ein RechtSirrthum vorliegt, oder ob die Entscheidung in revision-fähigen Sacken materiell anfechtbar ist. Diese An schauung ist so tief in da» RechtSleven de» Volke» «iu- gedrungen, daß man kaum begreift, wie diese» Princip durch die Einführung de- neuen BcrsabrenS ,m Jahre 1S7S umgestoßen werden konnte. Wa» nn Eivilproceß nöthig ist. ist im Strasproeeß noch viel weniger entbehrlich, und deshalb bat sich im Lause der letzten fünf Jahre eine Unsicher heit in Bezug aus die Handhabung der Strafrechtspflege eut- wickelt, welche dringend der Abhilfe bedarf. ES ist vor- gckommen, daß wegen eine- und desselben Drlict», besonder» m Preßprocesse», d»e verschiedensten Urtheil« ergangen sind. Während da» eine Ricktercollegium den Angeklagten frei» sprach, habe» andere zu schweren Gesängnißstrasen verurtheilt/ und e» gab kein Mittel, um die Ungleichmäßigkeit dieser Rechtssprüche auszugleichen. Der Eine ging frei au», der Andere mußte in» Gcfängniß wandern, weil die Anrufung eine- höheren Gerichts gesetzlich nickt zulässig war. Ein Hauptzweck deS Instanzenzugcö ist die Herbeiführung einer gleichmäßigen Rechtsprechung. Die Urtbeile des höchsten Ge richtshofes haben die Kraft eine» Präjudizes, aber wenn ein Gcrickt so urlheilt, ein andere» so, ohne daß von berufener Stelle ein Schiedsspruch auSgeht, welche» von beiden richtiger geurlheilt hat, dann entsteht ein Zustand, welcher von Rechts sicherheit sehr weit entfernt ist. Bei verwickelten Sachen kommt eS häufig vor, daß im Lause der Verhandlung plötzlich ein ganz neue» Licht aus bis dahin dunkle Partien des ProccsseS geworfen wird, dadurch wird eine Beweisaufnahme nach der entgegengesetzten Richtung nöthig, daS Beweismatcrial ist aber nickt so schnell und in dem Umfange zu beschaffen, wie e» zur klaren Erkennung de» Sachverhalt- nöthig ist. Außerdem ist auch die Verlbeivigung nickt in der Lage, alle für den Angeklagten günstigen Umstände mit der erforderlichen Sicherheit i»S Auge zu fassen und zu seinen Gunsten auSzubeuleii. Trotzdem wird da» Unheil ge fällt und der Beweis ist nicht so erschöpfend geführt worden, wie e» im Interesse de» Angeklagten geboten war. Dazu dient die zweite Instanz, um daS Versäumte nachzuholen und nach der gewonnenen anderweitcii Kcniitniß und Ueberzeugung den Fall aufs Neue zu erwägen und zu beurlheilrn. ES ist im Lause der Verhandlungen noch eine ander« sehr wichtige Angelegenheit zur Sprache gekommen. Der Ab geordnete Rintelen sprach sich dabin aus, daß auch gegen SchwurgcrichtSerkenntnisse da» Rechtsmittel der Berufung nr Verfügung stehen soll. DaS Schwurgericht habe oft in Fälle» zu entscheiden, die selbst für juristisch Gebildete große Schwierigkeiten habe», ebenso liege die Sache bei der Prüfung der Schulvsragc. Unsere- Erachtens ist eS eine Jncou- seque»:. bei einer Kategorie von Strafsachen die Berufung zuzulassen und sie bei einer andern aus zuschließe». Gerade diese Inkonsequenz hat zu dem Irrthuiu geführt, daß der Grunosatz der Mündlichkeit de» Verfahrens mit der Berufung unvereinbar sei. AlS Beweis für die Richtigkeit dieser Meinung hat man sich auf die Schwurgerichte berufen, gegen deren Urtheile e» bekanntlich keine Berufung gicbt. Auch in dieser Be ziehung ist die öffentliche Meinung in einer heilsamen Aenve- rung begriffen, man sängt an einzusehen, daß gerade bei Zu ziehung de« Laienelements Irrthumer noch leichter möglich find al» bei der UrlbeilSfindung durch Sachverständige, und neigt deSbalb der Ansicht zu, daß die Berufung gegen Schwur gerichtserkenntnisse ebenso nothwendiq ist wie in anderen Strafsachen. Man hat bisher die Thätigkeit der Schwur gerichte einseitig nur von dem Gesichtspunkte ausgefaßt, daß der durch keinerlei wissenschaftliche Bedenken in seiner Unbe fangenheit beirrte Mann aus dem Volke durch die unmittelbar au» dem Leben geschöpfte Auffassung der Sachlage die theo retische Bcurtheilung, welche der Richter übt, ergänzen und berichtigen soll. Dabei hat man aber übersebcn, daß der milden Formen der Rechtspflege nicht vertraute Mann gerade wegen dieser Unkenntniß verhindert sein kann, den Fall richtig zu beurtheilen. ES liegt hier die Versuchung nahe, die Schwur gerichte überhaupt abzuschafsen; aber eS scheint» daß di« Wahrheit in der Mitte liegt und daß man mit der Fehlbar- keit der Gescbwornen mehr rechnen müsse, al» daS bi» jetzt geschehen ist. Die Anfechtung eines Schwurgericktöerkenntnlffes wegen Nichtigkeit reicht nicht au-, um die Rechtssicherheit auf den erreichbaren Grad zu bringen, die unrichtige Aus sassung des Falles durch die Geschwornen wird dadurch nicht ausgeglichen. Der Abgeordnete vr. Hartmann, mit welchem wir im Puncte der Berufungsinstanz nickt übereinstimmen, bat einen andern sehr wichtigen Punct unserer Rechtspflege gestreift und daS ist die Stellung der Staatsanwattschast in der Herr Vr daß aber auch nickt der einmal Staatsanwalt Gewordene die» nun immer bleiben müsse. Herrn vr. Hartmann ist e» gehe» dürfe. sondern daß « erst ais ^ bei- dür! deu Wechsel von Richtern und B/amten der -- aat« »»waltschakt in der Ausübung der Thätigkeit als össentlicher LÄer wird auch in d.eser eine größere Unbefangenheit und ObjecNvität in der Auffassung de» vorliegenden Falle« e - mäalickt Ein össentlicher Ankläger, der dem Angetiagien gegenüber auch al« Richter sungirt hat, wird ^ immer au, einen höhereu Standpuoct zu stellen vermögen als Staatsanwalt, der stet« al» solcher amtirt hat. Der StaatSsecretair Scbelling hat auch die Erwägung «»derer Reformen der Strafrechtspflege, abgesehen von der Berufungsinstanz, in Aussicht gestellt. ES liegt nahe, die hier^twäbnten Dinge damit ^ bnnaen^ Daß unser, Rechtspflege. b-sonderS di. Strafrechtspflege, scbr verbesserunoSsähig und bedürstig ist, da« lehrt da» tägliche Leben nnd da» haben auch di« letzten RcichStagSverhandlungen bewies«,. E» soll damit unserer Rechtspflege kein Borwurf a«»a«t werde«, fi- ist so gut. °lS sie >>ach n>mschl,cher Unvollkommenheit unter den gegenwärtigen Verhältnissen sein kann, aber unser Eulturlebrn schreitet fort und stellt dritte andere Ansprüche an die Rechtspflege, wie sie noch vor «ne« Menschrnalter gestellt wurden und gestellt werden konnten. Wir wollen ja auck Schutz gegen die Verurtheilung Unschuldiger, und unser« Zeit strebt dahin, ihnen» wenn pe dennoch trotz aller Sorgfalt in diese traurige Lage gekommen sind, »emgsten« Entichävigunq und öffentliche Genugtuung ü, «währen. Di« Liederemjührung der Verusnng m Stras- kckä«. gleichviel ob eS sich um Urtheile von Ricktercollegien «er Schwurgericht«, handelt, sowie die Reform der Staats anwaltschaft sind die Materim. deren Inangriffnahme besonders dringend erscheint. Diese Reformen können der Natur der Sache nach uickt plötzlich und gewaltsam, sonder» nur schritt weise und nach reiflicher Prüfung eintreten; vorläufig genügt e«, wenn sich die Ueberzeugung von der Notwendigkeit der Reformen Bahn bricht. Daß dies geschieht, davon haben di« letzte» ReichSlagSverhandlungen ein erfreuliche« Zengnlß abgelegt. Leipzig, 13. December 1884. * In der Sitzung dcSBundeSrathe« vom DonnerSlag wurde» der Gesetzentwnrs über die Ausdehnung der Unfall- und Krankenversicherung in zweiter Lesung und der Bericht ver Ausschüsse für Eisenbahn«,. Post- und Telegraphenwescn. für Justiz» und Rechnungswesen, Über den Entwurf eine» PostsparcassengesetzeS in erster Lesung angenommen. * Der GäbrunaSproceß im link-liberalen Lager hat wieder «ine interessante Erscheinung an die Orsfeiitlichkcit getrieben, die Gründung einer norddeutschen demokratischen Partei. E» wird ein (von uns schon erwähnter) Ausruf veröffentlicht, welcher zur Sammlung und Organisation der demokratischen Elemente >m Volk aufforvert und die Grundzüge eine» Programm« ans stellt, dessen nähere Festsetzung einem allgemeinen Parteitag Vorbehalten bleiben soll. Die Veranstalter der neuen Parte»- gründuna sind einige Abgeordnete oder frühere Abgeordnete, welch« die „Fusion" nickt mitgemacht oder ihren Anschluß widerrufen hatten, wie Lenzmann, Philips, Wcndt, Kämpsser, Richtrr-Mühlradlitz. Das Programm fetzt sich aus de» bi» zur Uebersättigung bekannten öden Schlagwörtern der Demokratie zusammen, volle Geltung de« Volkswillen«, Ministerverantwortlichkeit gegenüber dem Parlament, all gemeine» gleiche« directe» Wahlrecht auch für die Einzel: staaten und Commune». alljährliche Feststellung ber FrirdenSpräsenzstärke. Abkürzung der Militairdienslzeit. all« gemeine Abrüstung. Aushebung >aller militairischen Privilegien, darunter auch de» Institut« der Einjäbrigsreiwilligen, Auf- Hebung aller polizeilichen Ausnahmegesetze, Einführung der Schwurgerichte für politische vergeben. Befreiung der Lebens- ^dürfnisse von Steuern, progressive Einkommensteuer mit Selbfieinschätzuna. vollkommene Trennung der Kirche vom Staat, der Schule von der Kirche :c. Daß diese abgedroschenen Phrasen i« Volke noch viel Zugkraft haben, wird man be zweifeln dürfen. Am allerwenigsten dürste die Spekulation gelingen, der Socialdemokratie auf diefe Weise drn Boden ab,«grabe« und die abtrünnig gewordenen Arbeitermaffen dem bürgerlichen Radicali-mu- wieder zuzufübren. Da» Evangelium von der Umwälzung unserer gesummten socialen und wirthschastlichen Ordnung wird sich doch wirksamer er- wels««al-die Politischen Freiheilsphrasen der bürgerlichen Demo- kratie. Dw neue Parteigründung richtet ihre Spitze offenbar gegen di« „Fusion*. Gegen die deutlchsreisinnige Partei wird der Vorwurf erhoben, sie schäme sich der Ehrenbezeichnung demokratisch u»v dränge immer weiter nach rechts, wogegen endlich ein Damm aufaerichtet werden müsse. Es muthct un» seltsam an, einer Parte,, die unter Eugen Richter'« Leitung steht, vorwerfeu zu hören, sie dränge immer maßloser nach der konservativen Seite. ES ist die alte Erfahrung, ein Radikaler wird immer von einem noch Radikaleren ubcrtrumpsk, schon Horen wir »daß auch die deiitschfreisinnigc Partei au» .Halben*. .Mollusken*, „verkappten Rcactioiiairen* »nd wie sonst d,e üblichen Schmeichelnamen für die Nationalliberalen lauten, bestehe. In da» lockere Gefüge dieser Vereinigung wird die neue Partei ohne Zweifel einen weiteren Keil treiben. Lie ehemaligen Secessionisten müssen jetzt von allen Seiten börcn. daß sie unzuverlässige Charaktere, zweiselhaste Liberale. Lompromißmenscken, Lirbäugler nach recht« seic», daß ihr demokratischen Partei, um .dem RechtSdrängm der Deutsch- srcisinnigen* Einhalt zu thun. » Die nationalliberale Fraktion de- Reichstags hielt Mittwoch Abend im .Kaiserhof* ihr ossiciellc« Partei- sestmahl ab, welche- bei zablreicher Theilnahme von Ab geordneten und Gästen in schönster Harmonie verlies, gewürzt durch eine große Reihe von Trinksprüchen Tie Reihe der selben eröffnet« Abg. Marquardsen mit einem Hock auf de» Kaiser. eS folgte eine Ansprache de» Abg. von Be „da, welcher auf die jüngste Entwickelung der Partei binwic» und ihre Ausgaben in der Gegenwart beleuchtete. Abg. Struck mann mahnte, anknüpsenv an die Gründung des national liberalen Verein» zu Berlin, zu rastloser Arbeit in, Interesse der Partei und trank auf da» Wohl der kampferprobten alten Führer. Abg. v Bernuth sprach der Presse seine Anerkennung siir die in> Wahlkampf geleisteten Dienste au». Den Dank der Presse stattete Herr SckmitS (.Köln. Ztg.") ab. dem Vaterland« sein Hoch darbringend. Zablreiche andere Toaste, aus den Fürsten BiSmarck, die im Wahlkamps unterlegenen Eandidaten, die Frauen u. s. w. schlossen sich an. * Unter den vielfachen Commentaren. welche die Reden de» Reich-kanzlerS im Reichstage über das sogenannte ExpatriirungSßesetz feite»» der polnischen Presse ge funden haben, verdient ein Artikel des „Orendownik": „WaS will der Fürst BiSmarck?" besonderes Interesse. Die Zeitung steht in einem ausgesprochenen Gegensatz zu dem FedockomSki'fchen Blatte „Kuryer Poznans!»" und nennt sich mit Vorliebe da« Organ der Bürgerpartei. Um so bemerken-« werther ist folgende» Zugeständnis in dem gedachten Artikel: „Die Deutschen haben Recht, wenn sie den Einfluß der polnischen Geistlichkett aus die polnisch-nationalen Angelegenheiten so hoch an schlagen, daß sie sich dadurch beunruhigt fühlen. ES <st wahr, daß e« bel un« keinen Zweig der nationalen Thätigkeit giebt, an welchem die polnischen Priester nicht zugleich mit den weltlichen Bürgern lebhaften Antheil nehme». S« »st ferner wahr, daß manche nationale Arbeiten fast ausschließlich von Priestern besorgt werden. Auch ist «S leider wahr, daß in manchen Gegenden, wenn der Priester nicht die Hand an« Werk legt, die polni'che Sacht verloren sei« würde, weil weit »nd breit Niemand ist, der sich mit dieser Sache befassen wollte oder kSnate. E« kommt die« nicht nur daher, daß die Priester al» Diener de» Altar» bei dem Volke große» Ansehen und ver trauen besitzen, sondern auch daher, daß in der polnischen Gesel- schast, ln welcher brr Mittelstand noch sehr schwach entwickelt ist, die Priester hauptsächlich de» gebildeten Mittelstand vertreten." * Die Commission der afrikanischen Consereuz hat auch in ihrer jüngsten Sitzung (Mittwoch) die Berathuug der noch scknvebcnden Frage« uicht zu Ende führen können. Zunächst handelte «- sich um die definitiv« Fassung de- von Enaland vorgelchlaqenen Amendement« in Betreff der Be schwerden von Privaten gegen die Agenten der internationalen Commission. Herr s. Lambermont, welcher mit der Redac tion diese« im Princip angenommen«, Vorschlages betraut war. hatte demselben eine Fassung gegeben, durch welche der selbe seinem Geiste nach völlig verändert wurde. Die Com mission hat diese Fassung verworfen und den ursprünglichen englischen Antrag fast unverändert angenommen. Hierauf ging die Commission zur Berathung de» Neutralität-artikel- über. ES hatten Deutschland, England und Belgien ihre respectiven Anträge in einen gemeinsamen Antrag ver schmolzen, ver auch die Zustimmung der Commission findet. Hieran schloß sich aber die Berathung über den viel weiter gehenden amerikanischen Antrag wegen vollständiger Neutralisiruna de» ganzen Gebiete« de« Congo-Becken- an. Dieser Antrag wurde in der Commission vom franzö sischen Botschafter, Baron Courcel. sehr energisch besämpft. Herr v. Courcel machte auf daS Unpraktische de» amerika nischen Vorschläge- aufmerksam. Tie Mächte können die Neutralität eine« Gebiete» nur unter der Bedingung au»- sprechen, daß sie auch die Garantie für diese Neutralität übernehmen. Eine solche Verpflichtung liege aber außerhalb der Traditionen und Absichten der amerikanischen Regierung. Wie soll man ferner im Falle eine» Krieges zweier euro päischen Mächte zwischen ihrem europäischen und ihrem afrika nischen Besitz unterscheiden? Soll der englische Gouverneur am Niger ein verfolgte« englische« Kriegsschiff au« der Niger mündung auSweisen und e» dem Feinte entgegentreiben? Weiter wurde auSgesührt, Frankreich und Portugal besitzen in Afrika Gebiete, von denen einige zum Cougobecken, andere nicht dazu gehören. Soweit würden erster« durch die Neutralität gedeckt, andere nicht neutral sein. Die» waren im Allgemeinen di« von Frankreich und Portugal gemachten Emwürse. Belgien und Italien unterstützen den amerika nischen Antrag, auch Tcutschland steht demselben nickt un günstig gegenüber. England ist nicht dafür. Da man zu keiner Verständigung gelangen konnte, wurde die Sitzung aufgehoben und eine neue Sitzung auf Freilab anberaumt. In der Zwischenzeit will man versuchen, eine Formel zu finden, welche die allgemeine Zustimmung erhalten könnte. In der FreitagSsitzung der Commission werden die beiden Sckifs- sahrtSacte für Congo und Niger zur definitiven Annahme gelangen. Hiernach wird darin die Commission noch den letzten Paragraphen der Declaration über die Handelsfreiheit im Congo-Becken zu erledigen haben. Es handelt sich um die Ueberwachung der AusslibniiigSmaßrrgcln. Ter deutsche Entwurf hatte dieselbe bekanntlich der internationalen Schiff- fahrtScommission überweisen wollen. Frankreich und Portugal waren dem entgegen. Die Commission hat sich nun über eine Fassung geeinigt, wonach jene Urberwacbuiig seitens der internationalen Commission nur in den Gebieten statlfinden soll, welche keinem souveraincn Staate angebören, also nur in den jetzt noch den Eingeborenen gehörenden Gebieten. Ueber den dritten Pnnct des Conserenz-ProgrammS (künftige Annexirung herrenlosen Gebiete«) hat die deulsche Regierung einen Entwurf auSgearbcitet, welcher Montag wahrscheinlich den Mitgliedern der Consereuz mitgetheilt werden wird. * Der hessische Communallandtag lehnte in seiner jüngsten Sitzung di« Forderung der Regierung hinsichtlich der Gew er bekümmern ab, indem er, trotz deS Widerspruch» deS NegierungScommiffarS Polen, folgenden Antrag seine» HauptausschusseS annahm: Durch die im Regierungsbezirk Kassel bestehenden Vertretungen Hauptzweige der gewerblichen Thätigkeit: 1) der Handel«. R-chtSpflege. Herr Ilr Hartmann verlangt, daß Staat». Anschluß an die Fortschrittspartei den Ruin der letzteren anwalt nur werden dürfe, wer als Richter gearbeitet hat. Folge gehabt und den demokratischen Boden aus dem di-s-lb- ^ . demokratischen Boden, aus dem dieselbe ^ Lehrreicher ist da» Wort von der schiefen Ebene nie hervorgetreten, al« in dieser Bildung einer der kammrrn »u Kassel und Hanau für Handel und Industrie, 2) de« landwirthschastlichen Lentraloerein» für die Landwirlhlchast, 3) der Handels- und Bewerbevereine, sowie der Innungen und In» nungsverbändr für da- Handwerk» werden bereits diejenigen nunctIonen auSgeubt, welche in den dem Lomiminallaadtage zur veichlußsassing mitgrtheiltrn „Bestimmungen über die Gewerbe- kümmern" den einzeluen Abtheilungen zugewiesen sind. Das m Aussicht geuomwene neue Organ erscheint daher kür unseren Bezin nicht als Bedürsniß, cs würde vielmehr genügen, wenn zur Bildung eine» BereinigungSpuncte» und zur Erörterung und
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