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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.12.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-12-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188412243
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18841224
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18841224
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-12
- Tag1884-12-24
- Monat1884-12
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.12.1884
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Erscheint täglich früh «'/.Uhr. Letntlon und Lrprdition I,tzan,e»gast« SÄ. -Pktchlfunden der Nedaciton: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag» b—6 Uhr. tzt'A» ««»««»», ßch nUaUch»»-t«t »»Mich . dar für Ute nüchftf»l,e«»e R««»er ßeftt«mten Anserate an vachenta^n »ts S Utzr Nachmittags, au La«»-««» Arfttagen früd di«'/,» Uhr. 3n den Filialen für 3ns.-2innal,me: vtt« Nlemm, UniversiiStsstraße 21. Lauts Lüsche, Katharinmftraße 18, p. nnr dt» '/.!! Uhr. ttMM.TaMalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage L8,>7S0 Adonnnnentspreis viertelt- 4'/, MN. incl. Bringrrlohn 5 Mk., durch die Post bezöge» 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren zür Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) ahne Postbesörverung M Ml. Mit Postbesördecung 48 Mk. Inserate (-gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut uni. PaeiSvcrzeichaiß. Tabellarischer u. Zisternsatz nachchöherm Tarif. Urciamru unter dein RcdacttonSstrich die4aesva1t. Zeile 50 Pf., vor den Familie» Nachrichten die Sgcspaltene Zeile M Ps. Inicraie sind stets an die vchprttttion zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praenumeraiulo oder durch Post- ualtinahme., ' Z5S. Mittwoch oeg 24. December 1884. 78. Jahrgangs In gefälligen Mästung. Unsere Expedition ist morgen Donnerstag, d. LS. Deebr. Bormittags nnr bis » Uhr geöffnet. Lxpsältlon äes Livlprlxer Dr»fl,Dl)1nttO8. Amtlicher Theil. Neujahrs - Briefverkehr. Zur Förderung und Erleichterung Leö NeujahrSverkehrS ist ^ gestattet, Briefe, Postkarten und Drucksache», deren Be stellung ta Leipzig und in den Dvrortcn von Leipzig d«*ch vir Post am I. Januar k. I. früh gewünscht wird, üeeeitS »»« id«. December ab zur Cinlieierung zu bringen. Der Absender bat derartige Briese :c., weiche einzeln d««h Lüostlverthzetehen franktrr sein müsse», in einen Briefumschlag zu legen und diesen mit der Aufschrift zu versehen: fra»?1rte Steuiahrübriefe für de« Ort. U« da« Kaiserliche Postamt Nr. 1 ln Leipzig." Sslch« Umschläge (Packele) mit NeujahrSbries« können entmeder an den Nnnahmeschaltern der Stadtpostonstalt« «bgrgebeu oder, soweit es der Umfang gestattet, in die Brief kasten gelegt werden. Die sümmtlkchen de« Umschlägen »r. entnommenen Briese u. s. w. erhalten seitens deS Postamts l hier den Stempel v»m Si. December 8—7 Uhr Nachm,ttag«. Ausdrücklich wird bemerkt» daß die Einrichtung sich ledig lich «ns die i» Leipzig »erblribenben, be». nach de« Vsrmrte» »on Leipzig bestimmte» Briefe:c. erstreckt ES wird ersucht, von Vieser Einrichtung, weiche der störenden MasseneinliesernNg von Gtadtbriefen am Shlvcsterabend zu rt. Deeember 1884. De» Kaiserliche Ober - Vostbirector. Walter. vetaimimachani. Jede Beschädigung und Beränderung der zur Regulirnng h« Elster I. Strecke obere und mittlere Abtheilung her- geststlte» Bauten, Anlagen und Borrichtungen, insbesondere der Dämme, Ktnthbctt«, Fluthrinnen, Gräben und Rasen- anlckgen, sowie da< Gehen. Fahren und Reiten aus den Dämmen und Nt den Fluthbetten oder Fluthrinnen außerhalb der dazu besonders bestimmten Wege wird mit Geldstrafe bi< zu t50 oder Haftftrase bi« zu 14 Tagen geahndet, s»««t nicht durch die in den allgemeinen Strafgesetzen ent- »ltenen Strafbestimmung« für die in Frage kommenden Zuwiderhandlungen eine da« vorstehend erwähnte höchste Strafmaß Übersteigende Strafe angedroht ist. Die eingauglbezrichnete Regulirung umsaßt die Niederung der bei Leipzig sich vereinigend« Wafferläusr von den regel mäßig« Flußstreck« der Pleiße beim früher« Rödelwaffer- ahaanae und der Elster von der Rödelwafferwündunq bei VÜtgim» abwärts bi« an dir Fluthbrücke der Thüringisch« Eisenbahn bet Mvckrrn. LechpÜ' am 19. December 1844. Der Rath -er Stadt Leipzig. vr. Georgs. G Für Unterlassung de« ZusendmS von Daiiksagebries«, die rr Wtlh. Kleinfchmtvt sein« Freund« und Bekannt« .Irr die ihm bewiesene Tbeilnahme schuldet, sind unS von demstlben heute dreißig Mark zur vertheilung an hiesige Arme übergeben worden. Leipzig, den 23. December 1884. Das Armen - Direetori»m. Stadtrath Ludwig-Woif. Let»mttmich«ni. Nachdem durch Vereinbarung die Chemische Fabrik Eutritzsch sich verpflichtet hat, da« m hiesiger Stadt gefallene — auch krankheitshalber gctödtete — Vieh, welches mcht von da» Besitzern selbst zu anderen, al» dem Ubdeckereigewerbe eiGM« gewerblichen, sowie zu landwirthschaftlich« Zweck« vmmendet wird, bez. nach d« darüber bestehend« gesund- heitS« oder veterinärpolizeilichcn Vorschriften verwendet werden darf, Mittelst eines jederzeit bereit zu haltenden Geschirres nnch der Fabrik abzuholen und dort unter Beobachtnirg der bestehmden gesundheitS- und vetcrinärpolizeilichen Vorschrift« zu verarbeit«, bringen wir diese? mit dem Bemerken zur allgemein« Kenntniß. daß die gedachte Fabrik Anschluß an dlk Fernsprech BermittelnnaS-Anstalt hat und daß Meldung« wegen Abholung von gefallenem Vieh sowohl direct durch die Fernsprech-vermittelüngS-Anstalt geschehen können, al« auch bei «nsrret RathSwache und nicht minder bei dm Polizei- bqtrkSwachrn zur weiteren Vermittelung entgegen genommen iNrVrn. Leipzig am 12. December 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. . ör. Georgs. Eichorius. Lm 8. dieses Monat« ist von drei jungen, anscheinend dem Ardeiprstand« angehörig« Leuten lm diesigen Rosenthale mit einem Teschtngeme-ee unbefugt geschost« be». gejagt worden und haben dieselbe», dobei betroffen, unter Zurüalaffung der Schußwaffe die Flucht ergriffen. Wer über die Kontravenienten oder den Eigenthtimer de« Teschin«, daß hier «r Anstcht ausliegt, Angaben zu machen i« Stande ist möge sich bei dem unterzeichne!« Amte melden. Leipzig, am 20. December 1884. La« Polizei-Amt »er Stadt Lei,Pa Aretschneidcr. W. Nichtamtlicher Theil. ver Leipziger Auarchistenproceß. Der Proceß geg« die Anarchisten ReinSdorf und Genossen, - " ' -rksi Zenofsrn. >er Lei', l5. De- welcker die öffentliche Aufmerksamkeit seit geraumer insbesondere seil dem Beginn der Verhandlung am lü ccmber beschäftigt hat, ist nun zu Ende. daS Urtheil ist ae- prock'e». ES lautet auf Toke-strase geg« den Anstifter NeinSdors und gegen die beiden Personen, welche die AuS- üdrung übernonnn« hatten, Knchler und Rupsch, auf zehn jährige Zuchthausstrafe gegen Holzbauer wegen Tbeilnahme und Vo»Ichnbteist»»g und ans die gleiche Strafe gegen Bach mann, den Verüber teS Verbrechens in der Willenis«*sch« Nestauration in Elberfeld. Die übrigen drei AngeklaPmt. Rheinbach. Gohng« und Töllner, sind freigesprochen, Welt ihnen nickt nackzuweisen war, daß sie den Zweck dtzt Neise deS Rnpkch kaniile», zu welcher sie Geld hcrgnbcn. DaS Urtheil entspricht Ver Auffassung, welche sich im Lauf« H«S ProresseS im Publicum über die Sachlage gebildet hatte. Wenn etwa Zweifel in Bezug aus die Rolle aufgetaucht wäre», welche Nupsch dabei gespielt hatte, so mußten diese angesKhtS der Thatsache schw nd«, daß ja dieser Mensch lein Bedank« getragen hatte, nach dem Mißlingen des Hauplauschiaartzt^ie Fcsiballe durch Dynamit zu zerstören und dadurch zcch' Menschenleben in Gefahr zu bring« Der Gcrcchtig also Genüge geschehen; uns bleibt die Ausgabe, die deS Proccsses zu zieh«. E« ist ein anß> rordentlich triibeö und unheilvollr- ung« di« anarchistisch« Blätte» aus den Arbeiterstand zu üben vermögen. Sie senk« d« Keim de? Hasse? szegen alle Besitzenden in die Gemüther der Artzkücr und verbreiten bei ihn« die Vorstellung, daß alles El»O in der Welt nur durch die Besitzenden verschuldet werde. WSie ollen die arm« Arbeiter auSbeut« «nd sich von dem E«age ihrer Arbeit mäste». DaS müsse anders werden, alles Ehzen- thliin an Grund und Bode», au Capital und Werkzeugen müsse init Beschlag belcgt und zum Nutz« der Gesamint- heit verwendet werden. Militair und Polizei brauche man nicht, daS würde» die Bürger des ZuknnltSstaateS Uttrs allein besorg«. Dann werde der Arbeiter Herr.iß u«d in Freuden leben könne» und zwei Stunden Arbeit würden «reichen, um den nöthiaen Lebensunterhalt zu gewinnen, ir sind in der Lahe, dieses Programm als durchaus richtig d mit dem übereinstimmend erklären z» können. sich die Angeklagten -so» dem ZukunstSstaal rntivorsen hatten, denn NeiiiSdorf hat dasselbe mit klare» Worte» vor den Zuhörern entwickelt. Unter Strömen von Blut und aus den Trümmern weithin sich erstreckender Brandstätte» soll daS Staatswesen der Zukunft ausgerichtet werden. Der Anfang dazu war am 28. September >883 gemacht, an jenem Tage sollte eine großartige Demoiistralion in Scene gesetzt werden. RcinSdors meint. eS sei schon etwas z» er reichen, wenn nur 50 beherzte Leute seiner Art zn diesem Zweck zusammcnwirkte». Sein Einfluß ans seine Umgebung war groß, er tvußte geeignete Werkzeuge zur AuSsühruug seiner Pläne zu finden, aber eS waren ihrer doch nur wenige. Da« würde anders geworden sein, wenn erst irgend welcher Hanplschlag gelungen wäre. Aber die Sache mißlang und snr eine neue ähnliche Unternehmung fehlte eS an der ent sprechend« Gelegenheit. Wer weiß jedoch, was geschehe» wäre, wenn nicht ReinSdorf verhaftet und der Plan ver- rathe» worben wäre; ei» Mensch von so entsetzlicher Ent» scklosscnheit würde nicht eher geruht haben, ni« bis er ge schicktere Helfer gefunden hätte, und deshalb können wir von Glück sag«, daß er vorher unschädlich gemacht wurde. Ist denn aber damit der Gedanke des Anarchismus aus der Welt geschasst? Ist e« nicht leider offenkundig, daß eS eine große Anzahl Person« gicbt, die sich zu ihm bekennen? Be kanntlich ist zerstören leichter als ausbaue» und daher steht u befürchten, daß die anarchistische Lehre noch manchen ihrer jünger aufs Schaffst bring« wird. DaS allein kann nicht zum Ziele führ«, e» ist nothwendig. den Anhängern der Lehre die UnauSsührbarkeit ihrer Ideen klar zu machen. Die Anarchisten wollen selbst kein Eigenthum erwerben, denn sonst wären sie ja nur die Nachfolger der Bourgeois, in deren Besitz sie eintreten würden, nachdem sie die ursprüng lichen Besitzer daran- vertrieben Hab«. Wenn der neue Zustand, in welchem alles Eigenthum der Gesammtbeit zu kommt, während dir Einzelnen nur Nießbraucher sind, >nS Leben treten und Dauer haben soll, dann ist eS doch noth wendig, daß er gesetzlich geregelt wird und dazu ist das Vorhandensein einer Obrigkeit, welche das Ganze leitet, unerläßlich. Der Landbau wird mit Maschinen betrieb«, sagt ReinSdorf, die Maschinen müssen also vorher gebaut werden und dazu sind Maschinenfabriken nöthig. In diesen soll Jeder nur etwa zwei Stunden täglich arbeiten, die Arbeiter müßt« daher «»ander ablösen unk daS müßte mit größter Regelmäßigkeit geschehen, damit der Betrieb keine Unterbrechung erleidet, denn sonst würde daS für den Bedarf Erforderliche nicht fertig gestellt werden können. Nun sind icdoch im anarchistischen Zukunftsstaate alle Menschen Brüder, und der Grundsatz der allgemein« Gleichheit würde die Aufrechthaltung einer ffabrikordnung nur schwer gestatt«. Genie« brauchen wir nicht, sagt ReinSdorf, und doch stellt er sich den anarchistischen ZukunftSstaat als kenienige» Zustand vor, in welchem Jeder zur vollen Ent wickelung seiner Fähigkeit« gelangen kann. Das Genie ist allerdings in diesem Staat ein lästiges Ding, denn daS gebt bekanntlich seine eigenen Wege und leistet vor all« Dingen bedeutend mehr als der Durchschnittsmensch. ReinSdorf ist sich darüber nicht vollständig klar geworden, was er mit seiner Gegnerschaft gegen da« Genie eigentlich sagen will; aber die Folge der Gleichheit ist allerding-, daß man im GleichbeitSstaat nur Durchschnittsmensch« gebrauch« kann weil besondere Fähigkeiten nicht zur Anerkennung gelange» Jever arbeitet nicht für sich und seine Familie, sondern für die Gesammtheit, und eS wird überhaupt nur so viel ge arbeitet, at« unumgänglich nöthig ist Hier liegt ein unlös barer Widerspruck in dem anarchistisch« System. Aus der einen Seite soll Jeder in die Möglichkeit versetzt werden, seine Fähigkeiten zur voll« Entwickelung zu bringen, auf der andern Sette aber sott er dadurch, wenn er daS erreicht, keinen Vor zug vor seinen Mitmenschen besitzen. Ueberhaupt muß der Zukunftsstaat von einer grauenvoll« Eintönigkeit und Langweiligkeit sein. Tugenden finden keine Würdigung, denn der Faule hat den gleichen Anspruch wie der Fleißige, der Tüchtig« wie der Unbrauchbare. Di« Behörden und die Volksvertretung« Hab« nur darüber zu wachen, daß Niemand vor den Uebrigen einen Vvrtheil hat, denn so wie daS eintritt. dann hört der anarchistische Staat aus, .dann ist Jemand da, der von den Andern vernichtet werden muß. An die Stelle de« Kamps»* um die Herrschaft und um« Dasein tritt der Kamps um die Ausrechthailung der Gleich heit, und da- ist, wie wohl auch die Anarchisten einsehcn werden, rin absolut mnnöglick'er Kamps- Ohne Sieg ist kein Kampf denkbar und der Sieger erlangt durch den Sieg die Herrschaft über den Besiegt«. Mag er diese Herr- chast auch in noch so schonender Weise geltend machen, so wird er sie dennoch ausnben. Reinsdorf braucht ja nur an sich selb» zu denken. Beansprucht er etwa nicht die Herr- chafl über seine Umgebung? Die Kilchler und Nupsch sind in seinen Augen nichts als seine Werkzeuge, er hat die Zügel in der Hand und lenkt sie nach seinem Willen. Diese Oöcrberrschast deS Befähigt« über den Unsäbig« zeigt sich in allen LebenSverhältniff« und sie muß sich auch im anarchistischen Staate bewähren. Der Unsinn LeS ganz« ZukunststraumeS ist so handgreiflich, daß man nicht begreift, wir eS Leute geben kann, die an seine Verwirklichung glauben können. DaS ist auch nicht der Fall, kein Mensch glaubt daran, aber um eine schleckte Lage zu verbenern, dazu erscheint jede- Mittel reckt. Die Anarchisten befinden sich in diesem Falle, sie wollen die Annehinlichkeiken deS Lebens genießen, welche nur der Besitz ermöglicht, und deshalb strebe» sie nach Besitz. Ist dieser Wunsch erfüllt, dann ade ZnkunflS- staak, dann erscheint auch wohl ihnen der gegenwärtige Zustand als der bessere. * Leipzig. ig, 24. December 1884. * Da- Centralwahlcomite der nationallibe ralen Partei hat eine Zuschrift an die Partei genossen erlaff«. worin denselben folgende Betrachtung« ,a»S Herz gelegt werden: Nachdem die Wahlbewegung nunmehr zum Abschluß gelangt und die gewählten Mitglieder unserer Partei zur parianieniarüchen Ar beit versammelt sind, halten wir es für unsere Pflicht, den Partei genossen, welche aller Orlen für die gemeinsame Lache mit ebenso viel Energie als Umsicht Ihäiig gewesen sind, den wärmsten Dank Namens der Gesammtpartei auszusprechen. Wenn auch unser Erfolg, vorzüglich bei den Stichwahlen, durch Koalitionen der bedenklichsten Art von Seiten der Gegaer geschmälert worden ist, so bleibt doch die Thatsache bestehen, daß im erst« Wahlgang« sür national- liberale Kandidaten fast eine Million Wähler gestimmt und daß in zahlreiche» Wahlkreisen die Gegner nur mit einer s.'hr geringfügigen Mehrheit gesiegt haben. Ein solches Resultat muß zu neuen "'nstreugin gen ermutbigen und anlporne», und die Wahrnehmung, n> >ch allgei- Anklang in weiten Theil« de- deutschen BatcclandS die neu erstarkte naitonalliberale Parteibewegung gefunden hat, ist der beste Beweis dafür, daß die in der Heidelberger Erklärung und auf dein Berliner Parteitage gekennzeichneten Bestrebungen und Ziele de» Kernpunct riner gesunden nationa!« und liberalen Politik bilden. Ueberall ist das Nationalgesühl mit neuer Stärke erwacht. In immer weitere Kreise des Bnrgenhnms in Stadt und Land dringt die Erkenntnis, von der Schädlichkeit einer Partcirichtuiig, welche sich in einer negativen Kritik gesägt, persönliche Gegensätze in den Vordergrund drängt, positive Tckwpfnnge» ablehnt und io den inneren ÄnSban des deutschen Reiches erschwer!. Die unserem Volke in der Gegenwart gestellten großen Ausgabe» — als da sind: die Versöhnung der arbeitende» Klassen durch die vorurtheilslose Prüsung ihrer Interesse» und d e wohlwollende Befriedigung ihrer gerechten Forderungen, die Hebung des deutschen Exports und unserer Schissiahrt durch zweck- entsprechende Maßregeln, insbesondere die Herstellung regelmäßiger überseeischer Vcrkehrsvcrbindungen, die Sicherung und Ausdehnung unserer Absatzgebiete durch eine verständige Coloiiialpolilik, die Kräftigung der Mittelklassen durch eine gerechtere Vertheilung der Steuern und eine bessere Regelung deS Kreditwesens, die Unterstützung des Giwerbc- und Handwerkerstandes durch Förderung cvlporativer Verbände, durch Begründung von Fachschulen und anderen heilsamen Einrichtungen, insbesondere die eingehende Prüfung der ans ihrer kritischen Lage sich ergebenden Ansprüche der Landwirthichnst — können ohne ein dauerndes Zusammenwirken oller patriotisch ge sinnten Männer unseres Volkes mcht gelöst werde». Für diese hochwichtigen Ziele, sowie sür die bewährten politischen Grundsätze, denen die naiionalliberale Partei jederzeit treu geblieben, gilt es jetzt zur neue» Arbeit frische Kräsic zu sammeln. Vor Allem handelt eS sich daruni, die durch den Wahlkampf in Fluß gekommene Partei- beweguna nicht inS Stocken gerathen zu lassen und de» neneiirsachten Eiter unserer Freunde wach zu erhalten. In allen Wahlkreisen, ob wir daselbst in der Mehrheit oder Minderheit sind, müssen pelitische Vereinigungen, wo sie noch »ich! bestehen, gegründet, wo sic aber schon vorhanden, bejeftigt und gestärkt werden. Wen» nur irgend möglich muß sich in jedem größeren Ort eines Wahlkreises ein national- liberaler Verein bilden, jedenfalls mnß aber in allen Orten deS Kreise» eine genügende Anzahl von Vertrauensmännern gewonnen werden. Wir sind weil davon entfernt, dir Organisationen innerhalb unserer Partei, wie sie sich in den verschiedenen Gegenden Deutschlands nach der« Eigenart entwickelt und bewährt haben, nach einer Schablone umändern zu wollen, wir glauben aber, daß hierbei Richtpunkte in Betracht kommen, welche sich an der Hand der Erfahrung als gemeinsame bezeichnen lasse». Zu diesen rechnen wir in erster Linie die Sammlung und Organisirung der Partei- genossen in Vereinen auch in der Zeit vor den Wahlen, damit Jahr aus Jahr ein das Interesse an der Partei lebendig erhalten und ein ständiger Wirkungskreis für die Förderung der Parteibestrebnngcn geschaffen werde. Es ist eine unleugbare Tlmtsache, daß die Versuche, solche Bereinigungen erst unmittelbar vor den Wahlen zu begründen, fast immer zn spät kommen und höchstens kaibe Erfolge erzielen Im politischen Kamp ist der Einzelne machtlos, nur feste, dauernde Vereinigungen, da- baben die setzten Wahlkämpfe aufs Nene bewiesen, sichern de» ent scheidenden Emfluß. Im Anschluß h eran fordern wir unsere Partei genossen dringend aus, die gebildete und patriotische Jugend der Nation nicht zu vernachlässigen, jüngeren Kräften de» nülhigen Spiel raum zu gewähren und sie zur eifrigen Mitwirkung auszurusen Ferner muß das Volk durch die Presse und daS lebendige Wort vbne Unterbrechung über die Tagesirogen aufgeklärt werden. Die durch die feindlichen Agitationen entstandenen Vorurlhcilc und Ab- Neigungen müssen mit itfeduld und Ausdauer bekämpst werden. In klarer und verständlicher Weise sind die großen nationalen Ziele unserer Partei darzulegen, und kein Zweifel darf darüber bestehe» daß wir entschlossen sind, kein Grundrecht des deutsche» Volkes ver kümmern zu lassen, die freiheitlichen Errnngenschastcn zu wahren und vor Allem die verfassungsmäßige bürgerliche und religiöse Gleichberechtigung nller Konfessionen in vollem Maße aufrecht zu halten. Namentlich mnß der klein« Presse, welche zu den breiten Schichten der Bevölkerung spricht, rtne besondere Aufmerksamkeit ge schenkt werden. * Aus Witten, 2l. December, schreibt man der „Nord deutschen Allgemeinen Zeitung": Hier sind gestern Abend eine zahlreich besuchte Massenveriamm l»ng statt, um zunächst eine Adresse an den Fürsten Reich« kanzler in Sachen der Abstimmung des Reichstags am 15. Tecemder zu berathcn. Herr Bürgermeister Bürkner leitete die Versammlung mit einer wirksamen Rede ein und wurde daraus die Adresse ange nommen, welche mit den Worten schließt: „Wir Bürget aller Stände der Stadt Witten und Bewohner cineS den Ultramontancu ent rissen«, Wahlkreises ergreifen die Gelegenheit, uni Ew. Durchlaucht iti versichern, daß die Vorgänge in dieser traurigen ReichstagSsitzung >ic allgemeine Verehrung, welche wir Eurer Durktitaiicht stets be wahrt habe», nur beseitigen und stärken konnten, und daß, wie wir sicher hoffen, die zahlreichen Kundgebungen dieser Verehrung kw. Durchlaucht überzeuge» werden, daß jeder wahre Patriot die jetzige, ihrer gegenseitig würdige Verbrüderung Ihrer Feinde richtig larirt. Wir verharren tt." — Darauf wurde die ersreuliche Dhat- che der Sammlung von Gel derb besprochen, die dem Fürsten Reichskanzler sür den betr. Posten im Auswärtigen Amt zur Ver- sügung gestellt werde» sollen. Es wurde jedoch seitens des Herrn Fabrikbesitzer Th. Müllensiefen darauf hingewiese», daß der Reichskanzler diese Summe zu dem bezeichnet« Zweck anzunehm« nicht in der Lage sei. Was er aber annehmen könne, das ei ein nationales Ehrengeschenk zu seinem 70. Ge burtstage und gleichzeitigen üOjährigen Dieustjubiläum. Lrauscndcr Beifall I) Herr I>r. Beniner befürwortet diesen Bor- chlag und empfiehlt die Wahl einer Commission. Beide Herren vereinig« sodann ihren Antrag und eS wird folgende Resolution gefaßt: „Versammlung beauftragt eia« aus d« Herren Müllensiefen, Bürgermeister Bürkner, Rentner I. H. Haarmann, Or. Beniner, Fabrikbesitzer Ad. Kiutmann und Albert FeldauS bestehende Coni- mission, sofort geeignete Schritte zu thun, durch Verbindung zunächst inst anderen Städten und mit der Presse zum Erlaß eines an alle nationalen Elemente des deutschen Reiches zu richtenden Ausrufs behufs Sammlung eines Fonds, welcher dem Fürst« Reichs kanzler a» seinem 70. Geburtstage zur freien Verwendung in aus wärtige» Angelegenheiten des deutschen Reiches, wenn möglich zur Beichnsfung eines neuen Kriegsschiffes übergeben wird." Tie Kommission wird heute zu ihrer erste» Sitzung zusammen trete». * Wir hob« schon dm Eifer der „Germania" hervor, die Ablehnung der zweiten Directorstelle im Aus wärtigen Amt zu vcrtheidiaen; sie wird aber noch von der ebenfalls klerikalen „Kölnischen BolkSzeitung" über- Irosfe», welche in einein Artikel über diese Angelegenheit bemerkt: „Man kann kühn sag«: ein demonstrativer Abstrich an der königliche» Cwilliste hätte keinen größeren Skandal ver ursachen könne»; lebhaft wurde man wieder an daS Wort vom HauSmeiertbum und an die schmeichelhaste Bezeichnung der Deutschen als eine „Nation von Hausknechten" erinnert — Tank oem ScrvilismuS, welchen die ergebenen Diener deS Füistcn BiSmarck entwickelten."— Schmachvoll in der Thatk * Der „Kölnischen Zeitung" wird aus Berlin, 19. Dc- remb-r, geschrieben: In der Irtzien Sitzung des Staatsministeriums, welche Fürst Btsniarck persönlich leitete, ist auch die Frage der Auslösung des Reichstags besprochen worden. Fürst Bismarck selbst soll der ausschlaggebend- Widerrather der Auflösung gewesen sein; ein mal, weil die bisherigen Beschlüsse de« Reichstages, welche die Aus lösung rechtfertigen, noch nickt «dgiltig seien, sondern noch der dritieu Lesung harr«, die möglicherweise, ja sehr wahrscheinlicher- weise ein anderes Ergebuiß bringen wird als oie ersten Lesung«. Sodann war eS dem Reichskanzler offenbar nickt erwünscht, daß eine ihn doch tn erster Reihe nur persönlich ver letzende Maßnahme der ReichslagSmehrheit zur Grundlage einer Auslösung gemacht werde. Der ultramonta» - demokratischen Mehrheit stehen »vck Prob« ihrer Leistungsfähigkeit bevor, die rein politischer Natur sind, bei denen Zu- oder Abneigung geg« den Fürsten Bismurck pcriönlick nicht in Frage komuie», und bei diesen Probe» wird sich dann entscheiden, ob bei der jetzigen Reichstags- Mehrheit das Reich gefährdet ist oder nicht. So ties auch die Er bitterung i» der B-völkerung über die bisherige» Leistungen der ultrainoiilan-dkmokratische» Verbrüderung ist, welche der sehr ge zwungene Spott der ultramontanen Blätter nicht zu dämpfen geeignet ist, so wird man es doch richtig finden, daß dem Lande die Auf regungen von Neuwahlen nicht eher ausgebürdet werden, als bis das Maß wirklich voll geworden, bis sich unwiderleglich gezeigt hat, daß nicht nur die Gesundheit des Reichskanzlers, sondern die des Reichcs in Frage sicht. * Ter Vorstand deS Görlitz-Laub aner national liberalen Wahlvereins hat am 2t. dS. MtS. eine lelegraplsische Arreste an den Fürsten BiSmarck abgesandt, in welcher tcm Gesüßte deS Unwillens »nd der Entrüstung über den ReichStagSbeschlnß vom 15. d». MtS. Ausdruck gegeben wird. Der Vorstand bezeichnet diesen Beschluß als einen Act seltner Undankbarkeit und spricht die Uebcrzeustung ans, daß der Kern des deutschen Volkes nickt hinter diesem B-schlusse steße. Von cvnservalivcr Seite wird im genannten Wahlkreise jetzt eine Adresse zur Masscnunterzeichnung aus- gclegt werden. * In den letzt« Tag« haben zwei Nachwahlen, in Danzig und Saga«, stattgesunden, die beide mit dem Siege der deutschfreisinnigen Eandidat«, dort deS Herrn Schrater, hier des Herrn von Forckenbeck endigt«. Die beiden Wahlkreise hatten auch bei den Hauptwahien deutsck- sreistnnig gewählt, sie war« auch in der vorig« Legislatur periode dcntschsrcisinnig vertreten; das Resultat bat daher durchaus nichts UeberrasckendeS. Auf einen beachtenSwerthen Punkt aber möchten wir Hinweisen, nämlich auf die Haltung der CentrumSwäblcr. Die CentrumSpartei bat in Danzig den consrrvativen Candivat« von Ernsthausen unterstützt, i» Saga» Wahtentbaltnng beschloss«, weil Herr von Forcken beck Mitglied deS geistlichen Gerichtshofs und in ultra- montanen Augen ein Cutturkämpser ist. Wie erklärt sich aber der Widerspruch, i» dem einen Fall für dc» conservativen Candidatcn zn stimmen, in dem andern sich der Wahl zu enthalten? Sehr einfach. I» Danzig konnte daS Centn»» getrost sür den consrrvativen Candidatcn stimmen, weil die Wahl deS Deutschsreisiunig« mit Hilfe der Socialdcinokrat« unter allen Umständen gesichert war; in Sagan aber hätte daS Cintreten sür den konservativen Candidatcn sicher dessen Sieg berbcigesnbrt. So hat daS Centrnm wenigstens indirect Herrn von Forckenbeck wählen Helsen. Die Vcrstärknng der deulschsreisinnig-ullramontancn Mehrheit ist eben ver Gesichtspunkt, der beim Centrum immer ausschließlicher den AuSichtag giebt. WaS sagt die „Kreuzzeitulig" zu dieser werthvvllcn Art der Unterstützung? * Aiiitliche Meldungen, welche auf dem Auswärtigen Amte und auf der Admiralität eingegangen sind» be stätige». wie wir beule im Zusammenhänge wiederholen, die Nnckrickt, baß kaiserliche Kriegsschiffe an verschiedenen Pnncten Neu-Guineas und deS Nenl>r>ta»»ischcn Archipel« die Flügge gehißt haben, um aus den im Sommer diese« Jahre« von den betbeiligte» NeichSaiigekörig« anSgesprochrnen Wunsch die dortigen deutschen Niederlassung« und HandclSstationen unter den Schutz dc- Reiches zu stellen. » * » * Die „Allgemeine Zeitung" widmet dem kürzlich ver storbenen französischen General Fleury den folgenden ?! a ch rns: Nach und nach treten auch die letzten Schictsalsgesüyrl« des dritten Napoleon ro>» irdiich« Schauplatz, welche lan:e Jahre hin durch mit demselben Freud und Leid eines wcchselvollcn Lebens ge-
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