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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.12.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-12-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188412297
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18841229
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18841229
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-12
- Tag1884-12-29
- Monat1884-12
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.12.1884
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Erscheint täglich früh 6-/,Uhr. Ltöarttsa «ptz Lrprditi«» Johanne-gaffe 33. -prechkvndrn -er Lröartinu Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag- 5—K Uhr. tilvu MN»«»« n»jrl»nt>«r M»l>»>crt»t, macht Ich vu ttttan,«» mchl »«»»»llch. «ni»a»«e Vrr für die nü«ftf»I,e»»e Nummer de,tim,»teil An fern le «» Wochentagen bis 3 Uhr Nachmittag«, an Sonn- und Festtagen früh bis'/,» lltzr. In -en Filialen für Ius.-Änn«h«: Otto Klemm, Universitätsstraße 21, Vonis Lösche, Kätdarinensttaße 18, p. nur b,s '/,S Uhr. rWMr.TaMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd GeschWverkehr. «nslag» LS,?»» Ädonaementn»rtia viertelt. 4V, turl. Brinoerlohu b Mt., dorch die Post bazoge» L Mk. Jede einzeln, Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Pi- Gebühren für Extrabeilag«» (in Tageblatt-Format gesalzt) ohne Poftbeförderung 39 Mk. Mit Poftbeförderung 48 Mi. Inserate Sgespaltöär'Petitzeile LS Pf. Ar-gere Schriften laut uns. Pre'.ever^ichntß. Tabellarischer o. Piffernsatz nach höherna Tarif. tieclamkll mNer dem Nedacttonsstrich dieügespakt. geile50Pf., vor den Familiennachrtchte» die 6g«spaitene Zeile 40 Pf. Inserate sind stets au die Expedition »» sende». — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung peneouiL'-rarxio oder durch Post- Nachnahme. 3K1.' Montag oeu 29. December 1884. 78. Jahrgangs Amtlicher Theil. Neujahrs - Briesderkehr. Zur Förderung und Erleichterung de- Neujahr-verkehr tst e« gestattet. Brüse. Postkarten und Drucksachen, deren Be. stellung in Leipjtq und in von Vororte« »o» Letpzig durch die Post a,n S. Januar k. I. sril- gewünscht wird, bereits von, 21t. December ab zur Euiiieserung zu bringen. Der Absenker dal derartige Briese rc., welche etnzeln durch Pvstwerthzeichen frausttrt sein «lissen, in einen Briesunijchlag zu legen und diesen mit der Aufschrift zu rerseken: „Hierin frankirte NeujahrSbriefe für de» Ort. An da« Kaiserliche Postamt Nr. 1 in Leipzig." Solche Umschläge (Pachte) mit Ncufahr<driefen können entweder an den Aimahmesckaltern der Stadkpostanstalten abgegeben oder, soweit e« der Umfang gestaltet, in di« Brief kasten gelegt werden. Die säiniiillichen den Umschläge» rc. entnommenen Briefe u. s. w. erhalten seiten» des Postamt« 1 hier den Stempel vom 3l. December 6—7 Uhr Nachmittag«. Ausdrücklich wird bemerkt, dag die Einrichtung sich ledig lich aus die in Leipzig verbleibende«, bez. «ach den Vororten von Leipzig bestimmten Briese rc. erstreckt. Es wirb ersucht, von dieser Einrichtung, welche der störenden Masseneinliesrrung von Stadtbriesen am Shlvesterabend zu steuern bezweckt und der ordnungsmäßigen Abwickelung de« gesteigerten Bricfverkehr« beim Jahreswechsel überhaupt zu gut kommt, eine» möglichst umfangreichen Gebranch z» machen. Leipzig, 23. December 1884. Der Kaiserliche Ober-Posk-trertor. Walter. Ver-tigerung von VanplStzen nn der Visums-, David- und »oscheleslrnje. Die der Stadtgemeinde gehörigen S Bartplütz« de- ;ur Vebannng in geschloffener Häuserreihe be stimmten Daublockv III an der BiSmarckstraße zwischen der David- und Moschclesstraße sollen z«» Verkaufe versteigert werden. Dieselben enthalten nach dem betr. Parcelli rung-plan Bauplatz k. an der Ecke der BiSmarck- und Davidstraße excl. der abgerundeten Ecke . 700.79 PN B <r. - S BiSmarckstraße . . . . »56.25 » B N. B B - . . . , «5« 25 » S i. B - . . . , 1582.7 l B - v. - B - . . 656.25 B O V. B - ^ » » «5». 25 B B V. » F Ecke der BiSmarck» «d MoscheleSstraße excl. der abgerundeten Ecke . » » 700.79 B B 8. B - Tavidstraße . . . . . 1163 88 B - X S - MoscheleSstraße. . . . 1170.48 B Den Bersteigerungstermin haben wir ans Donnerstag, de« 8. Ja«««r 1888, Vormittags SO Uhr, im Saale der Alten Waage, Katharinenstraße Nr. 29. 2. Etage, anberaumt, zu welcher Stunde besten Eröffnung pluictlich stattfinven, sodann aber die Versteigerung bezüglich eines jeden der einzeln nach einander in obiger Reihenfolge auSgebotenen 9 Bauplätze geschlossen werden wird, wenn daraus nach dreimaligem Au-ruse kein Weitere- Gebot mehr erfolgt. Die BersteigerungSbedingungen ««bst Pareellirnng-Plan liegen aus dem RathhauSsaäle S. Etage zur Einsicht nahme auS und es sind davon Exemplare «»»»daselbst in der Sporteleaffe S, Zimmer Nr. 8, für 1 ^ik 20 zu erhallen. Leipzig, den 28. November 1884. Der Rath der Stabt Leipzig. I)r. Georgi. Centtti. NutzholMctisn. Freitag, den 2. Januar S88S sollen «ms dem diessäbrigen Mittelwaldschl.ge in Abtheilung Ile und 14a de- Durgauer Forstreviers, am Leutzsch - Wahren» Fahrweg und den Militairschießständen 37 Eicken- 58 Buchen» 77 Rüstern- 27 Linden» 8 Eichen. N«tzN»tz«, 40 Ahorn« 8 MaSholder» 50 Ellern- und 8 Aspen sowie 26 Slück Schirrhülzer, nnt« den öffentlich auShängenven Bcbingunqen und der üblichen Anzablung an den Meistbietenden verkauft werden. Zusammenkunft: früh 9 Uhr aus obigem Schlage, an der Leutzsch-Wahrcner Brücke. Leipzig, am 24. December 1844. DeS RathS Forstdeputatio«. Nichtamtlicher Theil. vie liberale Partei in Belgien. * Die Nachrichten über den Stand der liberalen Sache in Belgien lauten schon seit Wochen wenig günstig. Bekanntlich haben cS nur die Zerwürfnisse innerhalb de- l,beraten Lager« verschuldet, daß im verflostenen Sommer, gelegentlich der Kaiiimcrwahlen, die Ultramontanen sich sammeln und gegen die Liberalen einen erfolgreichen Hand streich au-sühren konnten, besten Folge der Rücktritt de« Ministeriums Frerö-Orban war, welche« sofort durch ein klerikale- Cabinct ersetzt wurde. Seither ist die politische Parteibewequng in Belgien al- eine bochgehcnde zu bezeichnen. Sowohl in Brüstet al- auch i» verschiedenen Provinzstädten platzten die Gegensätze beftig auseinander. Es kam zu einer ganzen Reihe nachdrücklicher Pro.rstc und Kundgebungen gegen de» Bestand und das Re gierung-programm de« ultramontanen Cabinet-, ja eS fehlte auch nicht au Straßenaufläusen und allerlei Au-schreitungen, wie solche gewöhnlich in einem Lande vorzukommcn pflegen, wo die Politischen Leidenschaften durch besondere Ereignisse angesaSt werden. Diese Kämpfe wurde« auch in der später »öffneten kämm» fortgesetzt. Bisher hatten sie ab», wenn man die gegenwärtig« Lage Belgien« objectiv beurtheilen will, keinen onderlichen Erfolg. So beschäftigt sich seit mehr al« vier Wochen die liberale Minderheit der Kamm» nur mit Inter- sellationen, ein allerdings verfassung-mäßiges Mittel, zu dem aber nur die Minoritäten, in der Regel ohne besonderen Erfolg, Zuflucht nehmen. Von allen vorgebrachten Interpellationen ist jedenfalls die de« früheren liberalen CabinetschesS. Fröre-Orkan, die bemerken-wertheste. Er erklärte rund herau-, daß die Klerikalen die Absicht verfolgen, Belgien dem Papst« zu überliefern, der mit seiner leitenden Politik die Bischöfe beauftrage. Man versuche in Belgien eine Tl)«o- kratie zu errichten, in der nur die Satzungen de« Syllabu« gelten sollen; man führt die öffentliche Meinung irre, man verwirrt die Geist» und ruft die schlimmsten Leidenschaften wach; man versvricht dem Volk« die Verminderung de- MililairbubgetS, wiewohl man weiß, daß dies unmöglich ist, ja man leugnet sogar da- Deficit, welches thalsächlich besteht. In diesen verwerflichen Absichten, Agitationen und Ver sprechungen besteht VaS Programm der klerikalen Regierung. Diese hat eS bereits dahin gebracht, daß die Behörden des Lande- offen die Gesetze verletzen dürfen. TicKlerikalen find nicht zufrieden, daß die religiöse» Genossenschaften den allgemeinen Gesetzen unterworfen sind, soiidern sie suchen unter allerlei Borwänden, sei es direct oder indirekt, den Klerus an die Stelle des obersten Gerichtshöfe« zu setzen. Die geistlichen Führer dieser Partei wollen sich an den Betten der Sterhcnden niedersetzcn, um in ihrem Testamente bedacht zu wnden. Schon im Beginne diese- Jahrhundert« wurden im Interesse der religiösen Freiheit die Friedhöfe säcularisirt. Aber der katholische Klerus hat niemals ausaehört, gegen diesen humanen Grundsatz zu wüthen; » will Diejenigen, di« » in seinem wahnsinnigen Haffe verdammt, bi« in da« Grab beschimpfen. Da« liberal« belgisch« Schulgesetz war gerecht j e« lutsprach den Ein richtungen, welche bei civilifirten Völkern bestehen. Oder glaubt man etwa, daß e« der Papst d» Mühe Werth ge funden hätte, die neutrale Schule zu verdamme«, wenn sie nicht überall bestände? D» Zahl nach, ries Fröre» Orda» den klerikalen Kammermilgliedcrn zu, haben Sie zwar hier die materielle Macht, aber die moralische fehlt Ihnen gänzlich. Ministerien und Kammermehrheiten muffen mit der modernen Zeit, dies» ersten Großmacht, rechnen, welche in entschieden gebieterischer Weise alle Regienmgrn, Kammern und Versammlungen beherrscht und da- mächtigste Fortschritt-mittel, die Presse, lenkt. Da« ist in kurzen Worten die öffentliche Meinung. Daran« geht hervor, daß selbst eine kleine, durch letztere gestutzte Minder« heit eine thatsächliche Macht ist, während eine noch so große, ab» von der öffentlichen Meinung nicht getragene Mehrheit keinerlei Lebenskraft oder Zukunft besitzt. Die materielle Stimmenzabl hat mit dem wahren Fortschritt nicht- zu thun und wird ihn niemals verhindern können: da- beweisen unzählige Beispiele der Geschichte aller Staaten und Völker. Mil einem Worte: Regierungen können heutzutage nur be stehen. wenn sie von der öffentlichen Meinung unterstützt werden. Gegen diese zutreffenden, einschneidenden Ausführungen und Hinweise Fräre-Orban's ist natürlich nichts einzuwendcn, aber eS wäre auch zu wünsche», daß die ganze liberale Partei Belgien- auf Grund eine« klaren, einheitlichen Pro gramm- gegen ihre klerikalen Widersacher Front macke, wodurch diese in kürzest» Zeit zum Rückzuge gezwungen werden müßten. Leider scheint es ab» im liberalen Lager bezüglich eine- klaren, einheitlichen Programms und gemeinsamen Vorgehens bedenklich genug zu stehen. Die Zersplitterung der liberalen Partei, die gelegentlich der Kamnierwahlcn den Ultramon tanen zum Siege verholfen hat, scheint noch lange nicht ausgeglichen, ja alle in der Iüngstzeit auS Brüssel cin- gelangten Nachrichten sprechen davon, daß die Spaltung zwischen den gemäßigten und radikal angehauchten Liberalen eine fast unheilbare geworden ist. Statt sich zu einem gemeinsamen Angriff gegen die klerikale Regierung zu sammeln, ist die große, sein» Zeit in Belgien so mächtige „Association lidöräle" vollständig in die Brüche gegangen. Das ist daS Werk de- radikalen linken Flügel- der liberalen Partei, der, durch die französisch »republikanische Propaganda und allerlei extreme Elemente beeinflußt, die Führung der oppositionellen Bewegung an sich gerissen hat. Bisher sind schon über 1200 Mitglied» an- der .^Association liberale" ausgetreten, die sämmtlich al- Radikale bezeichnet werden könne». Diese beabsichtigen einen neuen Verein unter der Leitung Ianson'«, Haumann'S und Fnon'S zu bilden, zu welchem Zwecke durch riesige Placate und heftige Flugschriften in Brüssel, sowie in ganz Belgien agitirt wird. Wie es in dem Programm heißt, beabsichtigt der neue Verein sich Haupt sächlich gegen die „angeblich liberal gesinnte Gelbherrschast' zu wenden, welch« die StaatScaffe in allen denkbare» Formen geplündert hätte. Den hohen Finanzkreisen und Groß- industriellen wird geradezu vorgcworfen, daß sie, unter der Leitung Bischof-Heim'» und Graur', das Monopol der Cassen- verwaltungrn an sich gerissen, und Millionen zu ihren Gunsten verschwinden ließen. In nicht minder heftig» Weise wird von den Radikalen, die an- der „Association Udöralo" ausgetreten, gegen den Brüsseler Stadtrath porgegangen. dessen Liberali-muS in den schwärzesten Farben verdächtigt wird. Da wird in dem Pro gramm LeS „neuen liberalen Verein«" unter Anderem an» geführt, daß der Brüssel» Stadrrath bereit« fünfzehn An» lehen gemacht und die Ausgaben der Stadt aus 31,153,054 Franc- getrieben babe, wodurch ein jährliche« Deficit von vier Millionen entstanden sei. Die klerikale Regierung und ihre Anhäng» reiben sich natürlich zu dieser trostlosen Zersplitterung dn liberalen Partei vergnügt die Hände und vertrauen, mindesten- vor läufig, auf vie Richtigkeit de- Satze«: „viricko »t iiuparn!" Leipzig, SS. December 1884. * Die Tage festlicher Stille werden manchem Patrioten Gclegenbeit gegeben haben, über den noch immer ganz Teutschlant dnrchbrausenden EntrüstungSsturi» ruhig nachzudenken. ES sind gemischte Gefühle, die den objektiven Beurtheiler «fülle». Hochersreulichst die überwäl- tigende Kundgebung des Vertrauen- und der Dankbarkeit gegenüver unserm großen Staats mann e. -km mögen Alle, di« innerhalb und außerbalb unser» Grenzen mit offener oder geheim» Freude bereit« da- Ende nnsere- jungen Reiche- herausdämmern sehen, die Thorheit ihre- Hoffen- und Harren- begreifen. Der deutsche Michel hat auch nach 1870 da-Schlafen noch nicht verlernt; aber r- bedarf nur eines kräftigen Stoße- an der rechten Stelle, und » »hebt sich mit dem Zorne de« Löwen. Das ist da« wahrhaft Tröstliche in der Bewegung dieser Tage. Tief betrübend aber ist. daß diese Bewegung fick richtet, sich richten muß gegen den Reichstag. Nur der augenblicklichen Mehrheit desselben freilich gilt La« Mißtrauensvotum; aber, wer nicht vom FractionsegoiSmn- verblendet ist, muß erkennen, daß durch derartige Vorgänge die Achtung des Volkes vor der Institution des ReichstagS alS solcher erschüttert werden muß. Soll man deswegen die Bewegung verurtheilen, ihr entgegen treten? DaS würde, abgesehen davon, daß e« fruchtlos wäre, selbst von den wärmsten Freunden de- konstitutionellen System« ein Fehler sein. Sie können nur wünschen, daß die ReichStag-mehrheit sofort und entschieden umkchre aus dem falschen Wege. Dazu Wäre aber ohne die gewaltige VolkSkundgcbung keine Hoff nung gewesen. Das Centrum mag dieser Kundgebung viel- leicht spotten: die „deutschsreisinnige" Partei kann e« nicht, ohne sich selbit auszugebe». Man sage nicht, diejenigen Mlt- zlied» der Letzteren, welche in Erkenntniß de- begangenen Fehlers in der dritten Lesung für den neuen Direktor zu stimmen entschlossen seien, könnten Lurch die »Enl- lüstuna-meetingS" nun »st recht halsstarrig gemacht werden! Ohne die mächtige Erregung der Volksseele würden sie über haupt nicht zur Erkenntniß gekommen sein. Und diese Er kenntniß. wenn sie vorbanden ist, kann sich nicht beschränken auf die unrichtige Stellungnahme in ein» einzelnen An gelegenheit; sie muß nothwendig die ganze irrige Bahn um affen, welche die „deutschsreisinnige" Partei eingeschlagen hat. Wr jene Männer namentlich, die sich erst im letzten Frühjahr unter die Fahne de« Radikalismus begeben haben, kann jetzt kein Zweifel mehr sei», nicht allein, wie tief die Klusl zwischen chnen und gerade demjenigen Lheile der Bevölkerung, au« welchem sie einst ihre beste Kraft gezogen, geworben ist, sondern auch, wie schwer sie die Zukunst unser» con- stitutionellen Entwicklung gefährdet haben. Noch ist e« Zeit für sie zur Umkehr. Warten wir, wie pe sich entscheiden werden. * Mangels bester« Entschuldigungen müssen die Spar samkeitsrücksichten die Kosten der Lertheidigung für die Ablehnung der vielbernfeuen Directorstelle tragen. Dem gegenüber ist an die gleichzeitige Forderung do« Diäten für die Abgeordneten oft genug erinnert worden; fpecicll der klerikalen Hälfte jener ablehnenden Majorität sei aber auch in Erinnerung gebracht, daß sie im selben Augenblick, wo sie die nolhwendigcn Mittel für die gute Führung der Geschäfte der auswärtigen Politik ablehnte, eS mit den SparsamkcitS- rücksickten sehr wohl zu vereinigen wußte, GehallSverbesse- rungen für die katholischen Militairgeistlichen zu sordern. * Klerikale Blätter versichern, daß die Centrum-partei auch in dritter Lesung für die Ablehnung deö Di- rectorpostenS im Auswärtigen Amt stimmen werde. DaS wird Niemanden Wunder nehmen; daS Ccntrum ist ja gänzlich abgehärtet gegen nationale Empfindungen und patrio tische Aufwallungen. Dagegen stellt da« seccessionistische ,.Reichsblatt" in -lutsicht, daß da« Resultat der Abstimmung in dritter Lesung ein anderes sein, d. h. daß ein Theil der deutschfreisinnigen Partei umschwenken werde. Unter den zahlreichen Mitgliedern der freisinnigen Partei, die in der zweiten Lesung fehlten, seien gerade Diejenigen gewesen, die auch in zweit» Losung schon zur Bewilligung bereit waren. Warum haben sie denn ab» gefehlt, und zwar größtcntheilS ohne Entschuldigung? Und warum sind die Führer, von denen ein mäßigender Einfluß aus die alte Fortschrittspartei erwartet wurde» bei kritische» Entscheidungen so oft ab wesend? * Die bereit- telegraphisch signalisirte Note der .Nord deutschen Allgemeinen Zeitung", den Reichs kanzler betreffend, hat folgenden Wortlaut: Die irrthümliche Nachricht, daß ei» Besuch des Herrn Reichs- kanzlerS in Pari- »u erwarten sei, ist ohne Zweisel au» der Thal- sache entstanden, daß ärztlicher Nach der Fürstin Bismarck «neu Winterausenthalr im Süden und dem Fürsten eia längeres Verweilen außerhalb des Bereiche- der Geschäfte, der lansendc» Telegraphie und der Geselligkeit enipsohlcn hat. Jedoch war sür die Fürstin nicht Nizza, sondern Eüditnlieo in Aussicht genommen, sür den Reickiskanzler ohne Rücksicht aui klimatische Lage irgend ein entlegener und geschäftliche Beziehungen auSschließendcr Ort, sei es Madeira oder Egypten, sei eS TisltS oder Drontheim. Beide ärztliche Vorschläge, wenn sie befolgt würden, impltcirten keine Reise nach Frankreich, uud ist daher eine solche in den hiesigen Austastungen niemals besprochen worden. Es ist also auch nicht nöthig, Bermuthungen darüber aus- zustellen, welche» Empfang der Reichskanzler bei einem Besuche in Pari« zu erwarten hätte» nnd zu berechnen, welche» Gewicht aus einer Seite dir Ritterlichkeit de« sranzistscheu Lharakter« einem ehrlichen Gegner gegenüber »ad aus der anderen Seite eine künstliche Erregung seindlichcr Minoritäten in di« Waagschalen legen könnten. Die Be- ziehungen beider Länder und beider Regierungen zu einander sind derart, daß ciusfallende nnd übelwollenden Deutungen auSgesepte Schrille zu ihrer Erkaltung und Befestigung nicht ersordcrüch sind; die beiderseitigen Botschafter erfreuen sich de- Vertrauens der beiden Regierungen, zwischen denen sie zu vermitteln haben, und wenn dennoch der Fall eintrite, daß die Leiter der deutschen und der sranzösischen Politik eiuer persönlichen Besprechung bedürft», so würde sich eine solche erreichen lassen, auch ohne daS Auis.heu und die Parietvorwände herbetzusühren, welch« sich an einen Besuch de- Reichskanzler« tu Pari» knüpfe» könnten. . * . * Da- Peinliche Aussehen und die nicht mißznverstehenden Commentare selbst in regierungSsreundlichen Blättern, welche die Vorgänge bei der Brünuer Handel-kammerwahi hervorgerufen hatten, haben die österreichische Regierung ver mocht, den Beschluß der Wablcommission umzustoßen und den «<LtQS «pro nnt« wieder herzustellen. Ein in Brünn einaetroffene- Telegramm de- Handel-Ministers an- nuuirt die stattgehabten Wahlen und ordnet sofortige Neuwahlen an. Als Grund der Annullirung wird an- gegeben, daß die Wähler nicht rechtzeitig von der Austastung der Regierung über da» passive Wahlrecht in Kcnntniß gesetzt waren. Die Regierung hält also an der von dem Wahlcommistar in Brünn vertretenen Auffassung fest, daß das passive Wahlrecht zur Handelskammer mit dem activcn znsammcnsalle; nachdem die essiciell „Wiener Abendposl" jenen langathmigrn Artikel gebracht hat, in welchem da- Verfahren in Brünn al- voll kommen gerechtfertigt nachgewiesen werden sollte, war ein vorbehaltlos» Rückzug ausgeschlossen. Den Deutschen wird es nunmehr sich» nicht schwer fallen, eine den Anfor derungen der Negierung entsprechende Canvitatentlste auszu- siellen und durchzubringen; denn der m Böhme» allerdings übermächtige Einfluß der Czechen hat eS noch nicht vermocht, auch in Mähren, wo Handel und Gewerbe fast ganz in deutschen Händen find, festen Fuß ru fassen. Nachhaltig wirken wird aber auch jetzt noch das Gefühl dcS Befremdens darüber, daß die Regierung durch ihr Schweigen über die von ihr al« die correcle angenommene Interpretation des Wahlgesetzes jene czechische Ueberrumpelong ermöglicht hat. Dem Anschein nach will man in den Wiener RcgierungS- kreisen den Statthalter Grasen Schönborn für Liefe Unter lassung verantwortlich machen. Im ossiciösen Wiener „Frembenblatt" wird wenigsten« angedentet, daß dieser eS war, der „e- für gut befunden, die an ihn herabgelaugte Instruction der Commission und den Candidaten gegenüber at« ein Geheimniß sorgsam zu bewahren." * Die von Wolff» Bureau in Kürze signalisieren Depeschen - Veröffentlichungen de- englischen „Foreign-Ofsice" find al« ein Versuch de« Letztere» zu betrachten, das Verhalten der britischen Regierung gegenüver der deutschen Colonialpolitik in den Augen de- eigenen Publicum« zu rechtfertigen. Eine Depesche Lord Derby'« be ginnt niit der Versicherung, daß die englische Regierung bis vor Kurzem nicht geglaubt habe, baß Deutschland iraend welche Annexionen beabsichtige, wie jetzt aus Plessen- Note hervorgeht. Lord Derby sagt, er glaubte stet-, daß die Gründung von Colouien oder von politischen Protecloraten nicht di« Absicht der deutschen nationalen Politik fei. Hiermit will der Lord seine erste Antwort entschuldige»» daß England keine SouderainetätSrechte jenseits de- Oremje- sluffe« beanspruche, noch zu beanspruchen gedenke. Erst al« Fürst BiSmarck neuerlich drängend anfragt«. eHvlgten dann die bekannte Antwort Derby'- und Repnk de« Reichskanzlers. In einer langen Depesche entschuldigt Gran- ville Derby'« Schweigen. Derselbe sagt, er wußte nicht, daß Deutschland dränge und er bedauere, daß Münster nicht »fahren habe, daß die englische Regierung sich mit dieser Angelegenheit beschäftige und hierüber nnt der Regierung der Capcoloaie «rrespondire. Da- Urtheil der englischen Journale gehl dahin, daß die englische Darstellung die Sache nur noch ärger mache uud keine Rechtfertigung der eug- liscken Regierung enthalte. DaS englische Blaubuch recht fertige im Gegentheile die Action des Fürsten Bis marck, welcher zur Wahrung der deutschen Interessen gar nicht ander- Vorgehen konnte. Die Londoner Jour nale spreche» fern» ihre Befürchtung au-, daß in der australischen Angelegenheit da« englische Cabinet abermals den Kürzern ziehen werde. Wa« letzteren Punct betrifft, so ist die Protestaction der australischen Colonien zur Zeit »och weit von Einstimmigkeit entfernt nnd äußert fick bi- jHt nur in Kundgebungen de- Mißbehagen- an die Adresse de- Mutterlandes. Anscheinend rascher geht England in seinen südafrikanischen Besitzungen vor. deren Zahl durch die von der „Times" signalisirte Hissung der englischen Flagge in San Lucia einen nicht unwichtigen Zuwachs erhallen haben soll. * AuS Abome-Callavi (im Königreich Dahome), im November wird d» „Kölnischen Zeitung" geschrieben: Das rücksichtslose Vorgehen englischer Lolonialbeamte» hat an zwei Punkten der kclavenküste ernstlich« Unruhen bervor- geruse»: es hat bei Lome die deutschen, bei Porto Novo die franzö- siiche» Kauften«« in Aufregung und Entrüstung versetzt, lieber dir Thüligkrit jener Hansjas genannten »nd unisormirten Räub«- horden, welche England in seiner Goldküstencolonic unterhUt, habe ich bereits an anderer Stelle berichtet. Ein Nein» Trupp dieser HanssaS ist seit der vom D>strictScommtssar Firminger begangenen Grenzverletzung noch immer eine Viertelstunde über die Grenz« hinaus auf deutschem Schutzgebiet ftationitt. Nicht genug damit, hat aber am 16. November eine Abtheilung HanssaS einen Streisziig weit ins deutsche Schutzgebiet btnein unternommen, um auS dem Inner» von Agotiine kommend« Händler, Männer uud Weiber, welcl^ Oel »ach Lome gebracht hatten, abzusangen und auszuranben. Em Mann und eine Krau der Agotime wurdrn geiödtet, mehrere erheblich derwundet. Bon den Haaffas sollen zwei ihren Wunden erlegen sein. Die Agotime konnten sich nicht halten, da sic nur unzulänglich bewaffnet waren, und büßten ihre ganze Habe ei«. DaS schlimmste bei der Sache ist. daß unter der eigenen Bevölkerung im westlichen Theil dcS deutschen Schutzgebietes Unruhen nuSzubrechen drohen, weil die Eingcbornen von den Deutschen getäuscht zu sein glauben nnd bezweifeln, daß die Deutschen im Stande sein würden, sie vor den Ucbcrgrifien und Räubereien der schwarze» Engländer zu schützen. So gut die Eingebornen sich sonst überall an dieser Küste mit den deutschen Kausleulen stehen, denen sic ein weit größeres Bertranrn als den Angehörigen anderer Nationen entgegenbringeu, so sind doch neuerdings sogar Drohungen gegen di« Deutschen laut geworden, weil dieselben mit den HanssaS unter einer Decke lägen und unter dem Borwnnde. die Eingeborenen schützen zu wollen, da- Land au die Engländer verkauft hätten. Die denifchen kausleute befinde« sich in einer schwierigen Lage und eS ist dringend z» wünschen, daß sobald alS möglich den Uebrrgriffei, der Engländer ei» Ziel gesetzt und durch das Erscheinen einiger Lrie,iS>chiffc das Vertrauen der E,ngeborm» in die Giltigkeit des von Deutschland gewährten Schuhes wieder ge- kräftigt werde. Lonsul Randad hat sich aus die erste Nachricht von den Ereignissen bet Lome von Klein-Popo aus dorthin begeben. Weit ichlftnmer alS bei Lome ist es bei Ketenu hergeqangea, wo fich englische und französische Interessen gegcnüberstehen. Frankreich besitzt seit 1852 eine Schutzherrschast über daS Königreich Porto Novo und hat neuerdings in die etwa 50,000 Ein- wohner zählende Hauptstadt Porto Novo eine kleine Besatzung gelegt. Porto Novo liegt jenseits der Lagune aui dem Fest lande: gleichzeitig mit der Herrschaft über Porto Novo hat aber Frankreich auch die Scbutzherrlichkeit über den dazu gchärigea. zwischen Meer und Lagune gelegenen Küstenstreisen erworben. Dies hinderte die Engländer nicht, sich jenen Küstenstreisen von Ketenu im September 1879 abermals (von dem sogenannte» König Seton von Ketenu) abireten zu lassen, und später, al« die Franzosen Miene zur Besetzung machten, auch einige Haussas dorthin zu werfen. Tie Franzosen haben sich da« bisher ruhig gefallen lasse«: derLomman- dank von Porto Novo war zu schwalb, um mit seinen paar Soldaten etwas auszurichten, und hat sich begnügt, über die Üebergriffe der Engländer nach Haute zu berichlen Die englischen Tolouialbeamtrn begannen wohl zu fürchten, daß man in London ihr Vorgehen nicht billigen werde, und stachelten durch Geld und andere Mittel die Eingebornen von Ketenu zu thatsächlichem Vorgehen gegen die Franzosen auf. Der Agent eine» französischen KausmannShaufeS wurde gefangen genommen «nd erst »ach ernstlichen Mißhandlungen wieder freigelasfen. Auch sperrten die Einwohner von Ketenu, die ein halbe« Sceräubervolk sind, unter Mithilfe englischer Haussao alle fahrbaren Wege durch jene seeartige Tcnham-Logune, au deren Nordnser Porto Novo liegt. Der Verkehr zwiteben Porto Novo uud den französische» Faclorcicn »» Lüdostcn von Dahome ist völlig unterbrochen, mehrere Canocsührer, die turchzudringen versuchten,
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