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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.06.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-06-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188206281
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18820628
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18820628
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1882
- Monat1882-06
- Tag1882-06-28
- Monat1882-06
- Jahr1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.06.1882
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Erscheint täglich früh S'/, Uhr. Ledarlion und Lrvrditi»» Johamu«gafft 83. SPrrlhftnndrn -er tirdntti«!»: BormittaqS 10—12 Uhr. Nachmittag- b—6 Uhr. di« »ted«rt>»» n»r-r M-nuicttv», »»-< fich »ich! »«rsmdlich. cipMtr — e Anmchme »er für »te ,Schftf«>,e»U« Nummer »«stimmten Inserate an rü«chenta,e« »iS L Uhr Nachmitta»», a» Sann- nn» -efttagen früh bi» '<,» Uhr. 2n den Filialen siir Ins.-^nuahmn Ltt« klemm, UniverlitLtsstrabe 21, L»nt» Lösche, kaihanueiislrage 18, p. nur bi» ),S Uhr. Auzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage L7^l00. Adonnnnentsvrris viertelj. 4'/» Klk. inet. Bnngerlobn S Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne iUummer 25 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren iür Extrabeilage» ahne Poftbejürdcrung 89 Mt. «l» Poftbeiörderung 48 Mt. Inserate Sgespaltenr Petitzeile L0 Pf. Gröbere Schriften laut unserem PretS- verzeuimib. Tabellarischer Say nach höherem Tarif. kertamen unter den Krüartionolkrich die Svaltzeile 50 Pf. Imerate sind stets an die Erpettttt«« za seaden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praemimeran'io oder durch Post» Nachnahme. ^-178. Mittwoch dm 28. Juni 1882. 76. Jahrgang. Jur gefälligen Beachtung. Um bei Ausgabe der Legitimationskarten zum Abholen des Tageblattes beim Quartalwechsel den Andrang möglichst zu beschränken, haben wir die Einrichtung getroffen, daß Karte und Rechnung bereits von heute an in Empfang genommen werden können. LxpeMlo» (168 I^elpMer laxodl altes. Amtlicher Theil. Hohauction. Mittwock, den 12. Juli sollen von Stach- «ittagS 8 Uhr an im Forstreviere Connewitz, Abth. 29 a und 3l ca. 8V0 Saufen klein gemachtes Stockhol; unter den im Termine öffentlich auShangenken Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Ort und Stelle meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: ans dem Holzschlage in der Coune- witzer Linie unterhalb der schwarzen Brücke. Leipzig, am 28. Juni 1882. DeS Rath» fforstdcpntation. Aufforderung. E0 soll demnächst mit der Eröffnung von Verkaufsstellen für Sparmarkeu der Sparcasse zu Leipzig vorgegangen werden. Wir ersuchen zu diesem Zwecke Inhaber von offenen VerkausSaeschLften, welche geneigt Pud. den unentgeltlichen Verkauf solcher Sparmarken ä lO für die städtische Spar- caffe zu Ubernebmen, sich schriftlich bei der Verwaltung unserer Sparcasse — Nordstraße 87 — melden zu wollen und de» Weiteren sich gewärtig zu halten. Leipzig, den 28. Juni 1882. DeS Rat-S Deputation für Leihhaus ». Sparcaffe. Anzeige. Die öffentlichen Prüfungen der Hebammenschülerinnen werden Donnerstag den 29. und Freitag den 30. Juni, jedesmal von 3 — 5 Uhr im Hvrsaale de- Tricr'schen Institutes stattfinden. Prof. De. Credh. Gestohlen wurden allhier erstatteter Anzeige zufolge: 1) Ein schwarzer niedriger Hut (Glanzhut), aus einer Remise tm Grundstück Nr. 2 der Fregestraße, vom 14. bis 15. dsr. Mt».; 2) ein Portemonnaie von schwarzem Leder, mit Stahlbügel, enthaltend a 48 in einem Thaler, zwei Markstücken und kleiner Münze, sowie einen kleinen defekten goldenen Ring mtt rolhem Stein und einen kleinen Schlüssel, mittelst Taschcndteb- stahls, in der Dresdner Straße, am 17. dss. MtS. Abends: 3) eine silberne Spindeluhr, aus der Vorderseite zum Aufziehen eingerichtet und auf dem Werke die Nr. 1869 riugekritzelt, nebst kurzer Talmikette, einem Betrunkenen angeblich in dem Restaura- ttonslocale Südstrabe 68 au- der Westentasche, in der Nacht vom 17. bi- 18. dss. Mts.; 4) zwei Trilljackcn, eine blauwollrne Untersacke» ein bla», gedrucktes Taschentuch und eine Schmiege, au- einem Neubau a» der Marschnerstraße, vom 17. bi- 19. ds-. MtS.; 5) eine Partie Kohlrabi» etwa 1 Schock, und eine OuantttLt Lalatftauden, aus einer Gartenabtheilung im Grundstück Nr. 29 am Flobvlatz, vom 18. bis 19. dss. MtS.; 6) «in Jaquet von blauem Tuch, mtt braunem Futter und am Kragen die Auszeichnung für Droschkenkutscher, an» einem Pferdrstall in Nr. 4 der Freaestraße, in derselben Zeit; 7) eia Paar Hosen von schwarzem graugcstrelften Stoff, mit grauem Futter und schwarzen knöpfen, nebst einem Paar bunt gestreiften Hosenträgern. auS einer Schlasstube tu Nr. 28 der Hohen Straße, am 19. dss. Mts. früh; 8) drei Flaschen Rothwein, mittelst Einbruchs au» einer kellerabtheilung in Nr. 13 der Dusourstraße, an demselben Tage Abends; S) ein runde» goldene- Mebaiston, ans einer Seite etwa- ein gedrückt, an» einer Arbeitsbude tm Grundstück Nr. 3 der Berliner Straße, am 20. dss. MtS. Mittags; 10) eine ungerüucherte Salamiwnrft, ca. 1 Kilo schwer, und zwei Stücke geräuchertes Schweinefleisch, etwa 6 Kilo Gesammt gewicht, au- einer Kammer in Nr. 6 der Münzgasse, am uümlichen Tage Nachmittag»; 11) ein weißer Frauenrack, einer dergleichen von grauem Lüstre, ein schwarzes Shawltnch, ein ebensolche» von blauer Farbe, rin graues Vorskt mit rotber Einfassung, ein grün und weiße« Tuch, zwei blaugedruckte Schürzen, gez. l-. U. 3. bez. 4. ein Paar Manschetten, drei Servietten von weißem Damast rin« roth» und ichwarzgemusterte Tischdecke, eine ebensolche Som Modendecke, eine weiß« gehäkelte dergleichen und ein kleiner Rest schwarzer Riv», au» einer Wohnung in Nr. 3 de< Geldhahn gäßchenS, im Lause der letztvergangenen 5 Monate; 12) zehn Stück Mkssuigmnttern von verschiedenen Größen, an- einem Neubau an der Liebigftraße, in der Zeit vom 12. bi- 21. dss. MtS.; 13) ein schwerer goldener Siegelring mit hellfarbigem Stein »nd Äraviruna an den Setten, aus einem Geschäft-locale in Nr. 1b der Albertstraße, vom 18. bis 21. dis. MtS.; 14) rin« silberne bhlinderntzr mtt Secund« (ohne Sekunden Zeiger) und geriester Rückseite, nebst Mcssiiigkapsrl» au« einem Schlaflocale in Nr. 2 der Fregestraße» >» der Nacht vom SO. zum 21. d<S. Mt«.; 1b) ein Portemonnaie von braunem Leder, mit gelbem Bügel und einem Inhalte von ca. L Mark kleiner Münze, sowie einem goldenen Trauring, einem hannoverschen Groschen and drei Bad« billetS für da« Sophienbad, einem Schlafenden in dem RestaurationS- locolr Schloßgasse 13 b au- der veinkleidtasche, am 21. ds«. MtS Nachmittag-; 16) »ine goldene Vroche, ovale verschlungene Fayon, und ein Paar lederne Stiefeletten mit Gummitiniatz, au« einer Schla kammer in Nr. 60 am Brühl, am gleichen Tage; 17) zwei Taseltücher von Damast, in dem einen die Leiden geschichte Christi eingewebt, — vier dergleichen Serviette« öl. ?. ,ez„ vier weibleinene vrttüberzüge. gcz. »l. 13. 14 und Ib, bez. X. IV. 8, sechs ebensolche Betttücher, gez. >l. ?. 4, 8, 8, 9, 11 und 12, lieben dergleichen Kopskissenüverzüge U. k., bez. X. 4V. gez.» sechs Handtücher. 2. tt. gez., zwei weiße Gardine», acht weißleincn« FranrnhcuiSrn. gez. X. IV. 7. 5. 9, 15. 16. 17, IS »nd 22, und zwei Paar wcißlcinenc Franriihosc« aus rincr Wohnung in Nr. IS der Loroliaenstraße, in der Zeit vom IX vor. bi- 22. ds«. MtS.; 18> rin Portemonnaie von braunem Leder mit gelbe« Bügel, enthaltend ISO und einige Pfennige, in einem Handerttnark- cheine, drei Doppclkronen und Pfennigen, sowie süns kleine < ichlüssrl und ein Braunschwciacr LotterielooS, aus der Hausflur in Nr. ü3 de- Grimmaischen Steinwegs, am gleiche Tage Nachm.; 19) eine weiße Bettdecke (Waffeldecke) mit Fransen, an- einer Wohnung tn Nr. 11 der Löhrstraße, am 24. d. M. früh; 20) ein alter kupferner Kessel, mittelst Nachschlüssel» and einer kellerabtheilung in Nr. 20 der Wcststraße, an demselben Lage Nachmittag«: 21) ein schwarzledernes Portemonnaie, enthaltend ca. H >l in kleiner Münze, sowie sechs kleine Schlüssel an einem Ringe, mittelst Taschrndiebstahla im Johannisthal, am gleichen Tage Abend»; 22) ein Paar rindSledernc Halbstiefeln, an» einem Restauration», locale tn Nr. 4 der Elisenstraße, am 25. d. MtS. Vorm; 23) ein Fraucnjaqurt von schwarzem Kaschmir, mit einer Reihe Knöpfen, Acrmel und Taschen mit Perlen und Seide besetzt» auS dem Tanzsaal in der Centralhalle, am nämlichen Tage Abends. Etwaig« Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Sachen oder de» Thäter sind ungesäumt bei unserer Lriminal» Abtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 26. Juni 1882. La» Polizei-klmt der Stadt Leipzia. Richter. vr. Nieuholdt. Bekanntmachung. Am 13. vor. Mir. hat hier ein Handarbeuer au« Liehertwolkwitz von einem Unbekannten den Auftrag erhalten, eine Anzahl Meß- kistcn auf einem Handwagen nach dem Bairischen Bahnhose zu ahren und ist, da der Unbekannte das Fuhrlohn nicht zu bezahlen vermocht hat, damals mit Genehmigung desselben im Besitze deS Wagen« verblieben. Da sich nun der Unbekannte nicht wieder um den Wagen (einen tarken, zweirädrigen, schwarz angestrichencn Handwagen mit starken EiienbeschlSgen und 1 Meter hohen Rädern) bekümmert hat, so dürste anzunehmen sein, daß der Wagen demselben nicht gehört hct, ondern jedenfalls irgendwo gestohlen worden ist. Sollte Jemandem ein Wagen, wie der beschriebene, abhanden gekommen oder sollte Jemand über den Eigenthümer dr» Wagen- eine Auskunft zu geben im Stande sein, so wird derselbe ersucht, sich ungesäumt bet unserer Lriminal-Abtheilung zu melden. Leipzig, am 23. Juni 1882. Ta» Polizei-Amt der Stadt Leidtt«. Ri ch t e r. Anctlon. Freitag, den 80. Juni L88S, 10 Uhr vormittaU» ollen im Grundstück« Nr. 1, 4. Etage am Tbeaterplatz allbler, 1 Parti« Möbel, daruntir: 3 SophaS, 1 Schreibpnlt von Nuß- bäum, 3 Lleiderschränke, 1 Waschtisch mit Marmorplatte, Rohrstühlc, einige Oelaemäldc, ü Teppiche, 2 Spiegel, 1 Regulator, sowie ferner ilberne Etz» und Kaffeelöffel, 1 Galdschmuck in Etui und verschiedene andere HauS- und WirthschaftSgeräthe öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, den 27. Juni 1882. Ter Gerichtsvollzieher de» König!. Amtsgericht». Thierbachs Bekanntmachung. Kündigung sämmtlichcr Hallrscher 4'/,"-, Stadt-Vdligationen vom Jahre 1867. In Ausübung de- uns durch das Allerhöchste Privilegium vom 2. August 1867 eingeräumten Recht- kündigen wir hierdurch sämmtliche aus Grund dieses Privilegiums auSgegebene, bisher nicht zur Nusloosung gelangte Obligationen der Stadt Halle a.S. vom 2. August 18Ü7^u^Rückzahlun^am und bemerken gleichzeitig, daß die Verzinsung derselbe» mit diesem Tage ihr End« erreicht. Die Rückzahlung de» Capital» sowie der am 1. Oktober er. fälligen Zinsen dieser Obligationen, über welche rin Coupon nicht existirt, geschieht durch folgend« hiesige Bankhäuser: 1) lltülo'oeker »»nbrerein ron LnUied, Llwpk Sb 2) 8. k l-«kw»on, 3) keiadoick Kteokaer »nd 4) Telaing, Xrodoick, llelorick Sb Oo. gegen Rückgabe der Obligationen, welchen ein arithmetisches Nummern-Berzeichniß und die zugehörige» TalonS bcizufügcn sind. Halle a. S., am 26. Juni 1882. Der Magistrat. Stande. Nichtamtlicher Theil. Negierung und Opposition in Serbien. Seit der Fürst von Serbienzum Könige erhoben worden ist. bemüht sich der jugendliche Monarch, auch mit königlicher Würde auszutretcn. Dieses Bestreben zeigt Milan I. nicht nur, wenn es sich darum handelt, sein Land nach außen hin zu verirrten, sondern auch bei der Umgestaltung und Ver besserung der inneren Angelegenbeitcn desselben. Man batte sich gewöhnt, nach der Beendigung des russisch » türkischen Krieges die Lage in Serbien als befriedigend anzusehcn; Nie mand glaubte, daß das nunmehr von der Türkei unabhängige Fürstenthum ernsten Verwickelungen entgegen gehen könne. DieS ist nun heute dennoch der Fall. Eine schon von langer Hand vorbereitete Ministerkrise» eine merkwürdige Verkettung von Umständen haben eS dahin gebracht, daß niit dem jetzigen serbischen Cabinet der Einfluß deS benachbarten österreichisch-ungarischen .Kaiserstaates im Lande auf dem Spiele steht, daß die Bekämpfung deS Ministerium- Pirocanac ihre Spitze direct gegen Oesterreich kehrt. Man darf sich daher wohl darüber freuen, daß der Monarch von Serbien daß König Milan, indem er die gute Nachbarschaft mit Oester reich ansrecht zu erhalten gesonnen, mit seiner Person in die Schranken für daS jetzige Cabinet getreten ist und daß er dessen Entlassung nicht annehmcn will. Man muß sich bei der Bcurtbeilnng diese» Entschlüsse» vergegenwärtigen, daß daS jetzige Ministerium da» erste Ca- bmet in Serbien ist. welche» den Muth hatte, zu bekennen, daß e» Per österreichischen Politik zugcthan ist. Früberhin galt es in Serbien für Uebcriiesernng, für ein Gebot der „nationalen" Politik, den österreichischen Einfluß nach jeder Richtung bin zu bekämpfen; denn man hakte sich nun einmal eingebildet, daß Oesterreich Serbien und seinen Bestrebungen nicht freund sein könne. Die größte Rolle dabei spielte da» Verhältnis; Rußlands zu Oesterreich. Man glaubte in Bel grad stet» Rußland einen Gefalle» zu erweisen, je feindseliger mau gegen Oesterreich austrat; obwohl man mit Rußland sehr übie Erfahrungen gemacht batte »nd von diesem nur gar zu oft im Stiche gelassen worden war. Auch jetzt spitzt sich die Sache immer mebr dahin in: z die Feinde de- jetzigen CabinetS die Freunde, die An hänger desselben die Feinde Rußland» sind. Obwohl in den verschiedenen Gruppen der jetzigen Opposition viel radicalc und soeialistische Elemente vorhanden sind, welche ans Ruß- iand, als daS Bollwerk de? Despotismus, übel zu sprechen sind, so sind dennoch diese Fractionen einig mit den Freunden Rußland» in dem Haffe gegen Oesterreich. Der Sturmlans aus das Ministerium versprach Erfolg; denn eine Verkettung von Umständen führte eS dazu, daß es sich zum Schaden einer Stellung immer mebr >n Gegensatz zu den Freunden Rußlands stellte und dadurch den Schimpf ans sich lud, eine anlinalionale Politik zu treiben. Der erste Schritt aus dieser Bahn war die Entfernung de» Metropoliten Michael, eine- im russischen Solde stehenden Manne», de» eifrigsten Verfechters russischer Interessen in Serbien. Der zweite Schritt, der keim aller jetzigen Ver nickelungen, war die unglückliche Bontoup-Angelegenheit. Nach dem Zusammensturz der „Union Generale" fühlte wohl da» jetzige Cabinet die große Verantwortung, die eS mit dieser Asfaire zu tragen hat. Aus wiederholte Anfragen der Opposition verweigerte aber die Regierung stets die Antwort; ie hatte nicht den Muth, drr Skupschtina reinen Wein einzu schenken. Da trat infolge eine» parlamentarischen Streikes der Opposition daS Verlangen nach Neuwahlen hervor. Daß die Opposition diese wünscht, beweist, daß sie die Zuversicht batte, bei den Neuwahlen die Mehrbeit zu erlangen. Indessen hatte die Regierung die theilweisen Neuwahlen ausgeschrieben; sie hatte die Hoffnung, mit einem gewissen Drucke bei diesen Wahlen die Opposition auSzumerzen. In der Thal war die Beeinflussung der Wahlen von Seite der Negierung eine bisher in Serbien unerhörte. Auch die Rundreise deS König» Milan wurde von der Negierung dazu benützt, um die Wahlen zu beeinflussen. Aocr trotz aller angcwendeten Mittel konnte die Regierung nicht mehr als 6 Plätze der Opposition abgewinnen. Ter Eindruck der am 27. Mai erfolgten Wahlen war für daS Cabinet Pirocanac ein niederschmetternder: rS reichte sofort seine Entlastung ein. Indessen wurde dieselbe vom König nicht angenommen. Die wiedergewähtten Oppositionellen aber — nachdem sich die Verhandlungen mit der Regierungspartei, selbst unter schließticher Intervention deS König», zerschlagen haben wiederholten ihr früheres Spiel: sie legten inre Mandate wieder nieder und verlangten allgemeine Neuwahlen Indessen hat die Regierung nicht nur kcme allgemeinen Nachwahlen ausgeschrieben, sondern hat die theilweisen Neuwahlen mit der Beschränkung ausgeschrieben, daß die aus der Skupschtina ausgetretenen Oppositionellen nicht mehr wäblbar sind. Das hat die Erbitterung der Opposition aus das Höchste gesteigert: man zeiht die Regierung des offenen BersasiungS- bruche». Wie diese Neuwahlen auSfallcn werden, ist abzu warten. Zu befürchten ist, wie der „Allgemeinen Zeitung" auS Belgrad geschrieben wird, daß die Oppositionellen ziim dritten Male gewählt werden möchten. Für die Minder- heitScandidatcn (wo solche ausgestellt werden konnten, denn in den meisten Wahlkreisen wurden früher die Oppositionellen einstimmig gewählt) bestellt die Schwierigkeit, daß sie kein Wahlprotokoll erhalten konnten: denn die Wahlcommission besteht wieder ans Oppositionellen, und so müßten die Minder heitScandidatcn sich ibre We.hlprotokolle etwa von der politi schen Bcbörde auSstcllen lassen. Der Kamps in der Presse wurde noch erbitterter als der Wahlkamps. WaS sich die Regierungsblätter und die Organe der Opposition gegenseitig sagten, ist nicht wiederzugeben. „Hie Rußland, hie Oesterreich!" hieß eS. Ein Regierungs blatt sagte unlängst geradezu heran»: Rußland möge nicht glauben, daß Serhicn rin Taschkent sei und die Slavophileu m Moskau möchten aushören, in Serbien zu experimenttren. Am meisten aber erbitterte die Opposition da» Bestreben der Regierung. Oesterreich bei der Niederwerfung de» Ausstandes in den occupirten Geturten zu unterstützen. Cie berserkerte, weil aus Befehl deS Königs an der hoSnischen Grenze Waffen in Beschlag genommen wurden, wclcbe für die Austtändischen bestimmt waren, weil einige Freischärler verhaftet wurden — DaS war c», wa- da» Ministerium Pirocanac zu Verbrechern stempelte. Aber die Regierung nnd der König, welcher da» Mini sterium stützt, sin» fest. Trotzdem bietet die Opposition Alles auf, um in ihrem Sinn« ein Cabinct zu Stande zu bringen. Nicht allein in Belgrad, sondern in ganz Serbien arbeitet die radicale Agitation mit Hochdruck und schüchtert die Ge mäßigten mit allerlei Drohungen ein. In Uictiiza, dem Hauptquartier der Radikalen, hat eine Volksversammlung stattgefundcn, die sogar Drohungen gegen den König auSzu- stoßcn wagte. Ein gewisser Iansekowitsck, der in der Herzegowina gegen die Oesterreicher gefochten, benierkte unter Anderm, Serbien brauche einen kriegerischen Fürsten, nickt aber einen nichtSthuenden König. Mit solchen Mitteln kämpst der RadicaliSmuS im Lande; aber die Negierung traf ihre Maßregeln dagegen, indem sie der Kammer einen Gesetzen! wurs über die Beschränkung der Preßfreiheiten verlegte. Es gab eine stürmische Debatte, in welcher der Minister deS In nern, Garaschanin, in einer sehr wirksamen Rede die gcsäbr licken Folgen auseinander setzte, welche eine Verwerfung deS Gesetzentwürfe» durch die Skupschtina herbeisübren würde. Die Abstimmung ergab für die Vorlage eine überwiegende Majorität, da blo» sechs Deputirte argen den RcgicrungS- antrag stimmten. Der Telegraph aber hat unsere Leser gestern davon unterrichtet, daß König Milan das Gesetz an, Sonntag vollzogen hat. So gehen denn die Wogen in Serbien sehr hock. Tie Lage hat. wie in der erwähnten Correspondcnz der „Alt gemeinen Zeitung" au» Belgrad sehr treffend bemerkt wird eine ungebcure Aelmlichkcit mit jener vom Iabre 1858, als sich der russische und der österreichische Einfluß in Serbien gemessen haben nnd Oesterreich den dem österreichischen Ein flusse zugetbanen Fürsten Karageorgicvic mit allen Mitteln halten zu müssen glaubte. Damals war Oesterreich nahe daran, m Serbien zu intcrveniren und die Citabctle von Belgrad zu besitzen. Damals batte aber diese Citadclle eine türkische Besatzung, nnd die Pforte war trotz der Freund schaft mit Oesterreich und der Feindschaft gegen Rußland doch entschieden gegen eine österreichische Intervention. Gegen wärtig in die Eitadelle von Belgrad von vcn Trnpvcn des Königs Milan besitzt. Damals, im Iabre >858. ließ Oesterreich den Fürsten karageorgicvic fallen und eine siegreiche Revolution sübrte den alten MiloS aus den Tbron. Damals sübrte Rußland den Beweis, daß es in Serbien eine» Fürsten nickt geben könne, welcher sich gegen die Gckbote Rußland» aus- ehnt. Wird Rußland auch gegenwärtig diesen Beweis zu ühren im Stande sein? Wird König Mflan sich entschließen Hirnen, die Hilfe Oesterreich-llngarnS in Anspruch zu nehmen und die Citadelle von Belgrad cen österreichischer! Truppen anbietrn? Wird Österreich-Ungarn, fall? die Wogen in Serbien zn doch gehen sollten nnd König Milan nickt Herr der Lage bleiben könnte — sich zur Emniischung in Serbien entschließen wollen und damit dieOrientfrage wieder ansrollcn? Wir wünschen eS nicht; wir hoffen, daß die Festigkeit deS König» und die Einsicht der Negierung die behebenden Schwierigkeiten besiegen werben. Die Lage aber ist kritisch, daS können wir nicht leugnen, und darum sehen wir mit größter Spannung der weiteren Entwickelung der Dinge in Serbien entgegen. Leipzig, 28. Juni 1882. Die bevorstehenden Neuwahlen zum preußischen Landtage legen die Frag« nahe: wie setzte sich da» preußische Abgeordnetenhaus in den drei letzten Gesetzgebungs- Perioden zusammen? DaS HauS, welches bckannitich am Schlüsse seiner Arbeiten von dem Fürsten BiSinarck wir einer ehr ungnädigen, zum Mindesten ungünstigen Censur belegt vurdc nnd knapp dein Schicksal der Auslösung entging, bc- tand in seiner letzten Session 14. Gesetzgebung- Periode au» nicht weniger al» l09 Conscrvativm und 49 Frciconservativen, dazu 96 CentrnmSmitgliedcrn, denen sich von liberaler Seite nur 84 Ncitionallibcrale, 37 Fortschrittler und etwa 20 Seeessionisten gegenüberstelltcn. Die beiden konservativen Fractionen hatten also sowohl mit dem Ccntrum als mit den Nationalliberalcn eine ansekiilicke Mehrheit nnd die Regierung wußte sich je nach ihren Zwecken dieser wechselnden Mehr heiten zu bedienen. E» ist gegenüber diesen Zahlen von In teresse. sich einmal die Stärke der Parteien in den voran- gegangencn Gesetzgebung-Perioden zu vergegenwärtigen. -In der 13. Gesetzgebung-Periode zählte da» Abgeordnetenhaus 174 Nationalliberalc, 67 Fortschrittler, 87 CentrumSmitglirder, 32 Frciconscrvativc, 26 Ncuconservativc. 9 Conscrvative, Mitglieder aller konservativen Fractionen zusammen also nur 67. Ganz ähnlich war die Zusammensetzung der 12. Legislaturperiode: 172 Nationalliberale, 72 Fort- chrittler, 86 CentrumSmitglirder, 34 Frrieonsrrvative, 24 Neuconsirvative, 3 Conscrvative. zusammen 6t Conscr- vative. I» den beiden, der jetzigen vorangegangenen GesitzgebungSpecioden bildeten also die damals nur ciuS zwei Fractionen bestehenden Liberalen eine Mehrheit von über 240 Mitgliedern, während die konservativen Parteien nur einige 60 Mitglieder zählten. DaS Centrnm hat sowohl im Reichstage al» im preußischen Landtage seinen festen, crbcblichcn Aendermigen vorläufig nickt cmSgesctzten Be stand von einigen 80 bis 90 Mitgliedern, und noch wird man nicht hoffen dürfen, daß in nächster Zeit die Reihen dieser Partei sich bedeutend lickten werden. Die Thatsache aber, daß die Conscrvativcn in der letzten GesetzgebnngSperivde nm fast bundert Mitglieder stärker waren als in de» veiden vorangegangenen und Dem entsprechend die liberalen Parteien um 100 Mitglieder schwächer, verdient sehr in Erinnerung gebracht zu werden. Cie lehrt, daß im Gegensatz zn der Zusammensetzung de» gegenwärtigen Abge ordnetenhauses, zu welchem die Wahlen unter für die Cön- servaliven ganz »ngewöbnlich günstigen Umständen stattsanden, die Bildung einer liberalen »nd die Beseitigung einer con- scrvativ-klerikalen Mehrheit keineswegs bloS ein schöner from mer Wunsch, sondern eine recht nabeliegende Möglichkeit ist. Daß die Wahlen, wie wir vor einiger Zeit bereits ge meldet haben, in die Zeit vom lO. bis 18. Oktober fallen werden, wird jetzt auch von den "fficiöscn Blättern bestätigt. DaS Näbrrrückrn diese» Termine» muß die Mahnung ein- schärsen, ungesäumt vie Vorbereitungen in die Hand zn nck- mc». LocalcomitöS zu bilden, Eandidaten anszusicllen nnd die anderen einleitenden Schritte zu thun, um ein möglichst günstiges Wahlergebnis; zu sickern. Bei den ReichSkagöwablen im vorigen Jahre ist in dieser Hinsicht von den preußischen Parteigenoffen in manchen Wahlkreisen nicht alle» Erforderliche sriibzcNig und thatkrästig genug betrieben worden. An manchen Orten ließ man andere Parteien einen großen Borsprung gewinnen, bis vollendete Thalsachcn Vorlagen, gegen welche die National liberalcn schwer mehr ankäinpsin konnten, denen sie sich viel mehr widerstrebend fügen mußten. Um so mebr freuen wir nnS, daß wir an vielen Orten schon jetzt eine eifrige vor bereitende Tkätigkeit unter den preußischen Nationalliberalen bemerken. Trotzdem ist immer von Neuem die Mahnung am Platze, die Wahlvorbereitungen von langer Hand zu treffen und sich nicht ans die letzten Wochen zu verlassen. ES muß rechtzeitig gehandelt werden. Fürst Bismarck hat in einer seiner jüngsten RcickS- tcigSrcden mit bcinerkenSwerther Bestimmtheit erklärt, nie mals werde er zusttmmcn, daß die Städte sich durch Ver brauchs-Ab gaben auS vcr sinaiizicllcn Nothlage befreie»; die Entlastung müsse eine allgemeine, für Stadl und Land gleichmäßige sein. Bedenkt man, daß Herr v. Bennigsen TagS daraus gerade die Erlanbniß zur Auflegung von Ver brauchssteuern als eines der Mittet bczeichnctc, wie den Ge meinden geholfen werden könne, so wirb die Entschicdenbcit der Absage an den nationalliberalen Fülirer »m so bezeich nender. Der Kanzler weist eine Milderung de» behaupteten Steuerdrucks im Einzelnen zurück, weil eine theilwcisc Be friedigung der Bedürfnisse da» Interesse der Bevölkerung an der Durchführung der ganzen Steuerreform verringern müßte. DaS unstaatSmäiiiiische „Ganz oder gar nickt" be herrscht min einmat den Gang der gegenwärtigen Politik; und während die Kübnhcit phantastischer Pläne sich bei der Regierung fiiidcl, ist die maßhaltciidc Bcscnnciibeit mehr unv mehr daS Kennzeichen der viclgcschinäbtcn Liberalen ge worren. Fürst BiSinarck selbst aber setzt sich durch die Verwerfung der BerzehrungS-Abgabcn in den Gemeinden in Widerspruch zu seine» srüberen Grundsätzen und sogar zn Maßnahmen der Regierung au» iüngstcr Zeit. Es ist noch nickt allzu lange bcr, seil der Kanzler im preußischen Herrenhanse bei der Beratbnng deS Steuererlasses die Ansicht auSsxrach, das; die Schtacktfleuer »rch nickt von der Tagesordnung abgcsetzt sei, und daß sie die gesetzgebenden Gewalten früher oder später ivicder zn beschäftigen haben werde. Ein tragische» Schicksal hat öS gefügt, das; Ludwig B»Hustedt, der Architekt, der an» dcr ersten ReichStags- ban Eoncnrrenz als Sieger hcrvorgcgangen und jetzt so gänzlich unterlegen ist, zwei Tage nach dieser schwer zn ver windenden Zttriickwcisnng die Nachricht von den» Untergang
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