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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187408068
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18740806
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18740806
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1874
- Monat1874-08
- Tag1874-08-06
- Monat1874-08
- Jahr1874
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1874
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«rschedtt täglich früh 6>/> Uhr. Atöact«,, »»» LrprtM»» JohanniSgasse 33. Lcrantw. Rcdacteur /r. -üi:»rr. Sprechstunde d. Sirdaction vormiiiLgl »o» ii—N Uhr Nachmittag« »an «—L Uhr. Annahme der fllr die nächst- solaende Nummer bestimmten Inserate an Wochentagen bis 3 Uhr Nachmittags, an Tonn- »nd Festtagen früh bis '/,d Uhr. FtUate für Zusrrattnai»»-Hmt: Otto Klemm. Universitätsstr. 22, Louis Lüicke. Hainstr. 21, Part. KiWger.TagMM Anzeiger. Orgau str Politik, Localgeschichtk, Handels - und GeschaMakehr. Arrflsge 11,850 Ad»n»k«r»t»»«i» vierteljährlich 1 Thlr. IS Rar., incl. Vringerlohn 1 Thlr. 2vNgr. Jede einzelne^tummer 2'/, Agr. Belegexemplar 1 Rgr. Gebühren für Extrabeilagen ohne PostbesörLerung 11 Thlr. mit Postbesörderuug 14 Thlr. Zoseratr 4grspalteneBourgoiSzeile 1'/,Ngr. Größere L chriften laut unserem Preisverzrichnift. Urclame» unter d. «edactlouoslrtch dir Epaltzrile S Agr. Inserate sind stets an d. Lrpedltiou zu senden. 218. Donnerstag den 6. August. 1874. Da die Bauarbciten in der I. Bürgerschule Mr Knabe« erst am 12. dieses Monats beendet werden können und das Reinigen der einzelnen Räume einige Tage in Anspruch nimmt, so ist der Wiederbeginn des Unterrichtes in der gedachten Schule von uns bis auf de» 17 August ». e. verschoben worden. Leipzig, den 1. August 1874. Die Schulinspection. Der «Superintendent. Der Rath der Stadt Leipzig. I). Lechler. vr. Koch. Zilisch. Res. Bekanntmachung. Im Hose der I. Bürgerschule sollen Sonnabend den 8. d. MtS. von früh S Uhr au nachbcnannte gebrauchte Gegenstände, als: eine Anzahl thönerne Privetröhren nebst Trichter »nd Schüsseln, - - kleine Thure«, - - thönerne Wölbsteine (Hohlsteine), sowie G«H- und Schmiedeeisen, altes Holz rc. en Baarzahlung und unter den an Ort und Stelle bekannt zu machenden Bedingungen an die eistbietenden verkauft werden. Leipzig, den 4. August 1874. DeS RathS Baudeputation. Bitte für Breitenbrunn! Die Bewohner von Breitenbrnnn, welche von schwerem Brandunglück hcimgesucht worden sind, bedürfen dringend der Hülse. Wir dürfen hoffen, dag unsere Bitte für dieselben von unseren Mit bürgern wie in früheren Fällen so auch in diesem nicht »»gehört bleiben werde. Unsere Stiftungsbuchhalterei (Rathhaus, erste Etage) ist zur Annahme von Beiträgen an gewiesen. Leipzig, den 4. August 1874. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Koch. Cerutti. Bekanntmachung. Der am 1 August ». v. fällige dritte Termin der Grundsteuer ist nach der zum Gesetz vom 25. Juni d. I. erlassenen Ausführungsverordnung vom 29. desselben Monats mit Zwei Pfennigen ordentlicher Grundsteuer von jeder Steuereinheit zu entrichten, und werden die hiesigen Steuerpflichtigen hierdurch aufgefordert, ihre Steuer beträge nebst de« städtischen Gefällen an L,z?s von jeder Steuereinheit von diesem Tage ab bis späteste«- 14 Tage nach demselben an die Stadt-Steuer-Einnahme allhier— Georgenhalle, Eingang vom Ritterplatz, 1. Etage rechts — zu bezahlen, da nach Ablauf der Frist die gesetzlichen Maßregeln gegen die Säumigen eintreten müssen. Leipzig, den 29. Juli 1874. , Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Koch. Taube. Lirchenconcert des „Arion". Leipzig, 4. August. In den festlichen Tagen, welche jetzt der „Arion" begeht, waren die für die künstlerische Bethätiqung deS Vereins bedeu tungsvollsten Momente jedenfalls die, in welchen das große Concert in der Thomaskirche stattsand. Wir freuen uns, den Verlauf dieses Concerts als einen denkwürdigen bezeichnen zu können, und einen so gelungenen, wie ihn sich der akademische Gesangverein zu seinem Jubelfeste nur wünschen kann. Mit der emsigsten Sorgfalt einstudirt, geglättet und schattirt bis in alle Einzelnheiten, in Bezug auf Tonreinheit aber fast durchweg makellos er schien daS Wesentlichste der Ausführung: die Männerchöre. Und unter solchen Umständen kam dann von selbst der überwiegende Einfluß einer festlich gehobenen Stimmung bei den Ausführenden zu musikalischer Geltung, so daß hier von einer wahrhaft künstlerischen That die Rede sein kann. Bei den Zuhörern, welche die große Kirche füllten, wird so für die Anfsührung der aufrich tigste Dank lebendig geworden sein, und wir sprechen diesen im Namen Aller zunächst dem Dirigenten, Herrn Richard Müller, dann seinem wackern Verein und allen Mitbetheiligten aus — unter dem Wunsche, daß der Verein auch fernerhin wachsen, blühen und gedeihen möge. Sollen wir neben dem schönen Gesammtein- druck, wie ihn das Concert hinterließ, auf dessen Einzelnheiten eingehen, so stellt sich uns hierbei Dreierlei in den Vordergrund. Zuerst die von Frl. Marie Gutzschbach mit warmer Hingabe und im Ton frommer Innigkeit ge sungene Arie aus dem Oratorium: „der Messias" von G. F. Händel: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt." Dann ein „Salvum lue regem", für Män nerchor mit Begleitung von Streichinstrumenten und Orgel, componirt von W. Tschirch, welches durch Frische der Empfindung und urwüchsig kräf tige Verwendung der gewählten Mittel eine mächtige, in ihrer Art durchaus befriedigende und »nseres Erachtens musikalisch bedeutsame Wirkung erzielt. Freilich herrscht in dieser Eomposition nicht sowohl die Stimmung des Gebets, wie sie in den Textworten liegt, al» vielmehr die frohe Ueberzeugung: der König steht unter Gottes allmächtigem Schutz, — eine Ueberzeugung, der in den trinuiphirendsten Tönen Ausdruck gegeben wird. (Aehnlich ist es in dem Offerkorium aus dem Requiem von Cherubini, der dritten Nummer des Concerts, welches, im Sinne der katholischen Kirchenmusik entworfen, sei nen Eindruck als werthvolle- Musikstück immer hin auch ohne Berücksichtigung der Worte aus üben würde — im Gegensatz etwa zu den ver wandten Sätzen aus Werken von Berlioz, Lißt u. A., in denen die Einheit der im Text und »n der Musik liegenden Stimmung so vollständig gewahrt ist und weit sinnreicher hervortritt.) Als Drittes nennen wir eine Legende: Die Flucht der heiligen Familie, von Earl Rein ecke. Wundervoll instrumentirt, mit seltenem Glück erfunden und bis zum Ende durchgeführt, reiz voll in den Eombinationen der beiden Factoren (Männerchor und Orchester), kurz und voller Aus druck in der Form ist unS diese Eomposition beim ersten Hören lieb geworden, und es sei hier noch ausdrücklich hervorgehoben, wie vortrefflich ihre Ausführung durch den „Arion" und daS Ge- wandhausorchestcr gestern war. Diese« Orchester hat vor acht Tagen gelegentlich der Halle'scben Tonkünstlerversammlung einen Triumph gefeiert. Lebhaft kam uns derselbe wieder in die Erinnerung, als wir eS gestern be gleiten hörten. Eine Eomposition von G. Reb ling zum Beispiel, welch« auch in Halle zur Ausführung kam: „Elegie für Cello undOrchester", verdankte den hauptsächlichen Antheil ihres Ein druckes auch gestern wieder — nächst der Uber alles Lob erhabenen Ausführung der Solopartie durch Herrn Kammervirtuos F. Grützmacher aus Dresden — unserm trefflichen Leipziger Orchester. Diese Eomposition ist übrigens von höchst nobler Factur und erfreut durch die tech nische Behandlung des Toloinstruments, weniger durch die dem Orchester angewiesene Reserve stellung, aus der eS sich nur einmal zu chroma tischen Passagen ausrafft. Eröffnet wurde daS Concert mit dem Vortrag der Bach'schen großen XmoU-Fuge mit Prälu dium durchHerrnOrganistP a pier. Derselbe war in der Wahl des Tempo und der VortraaSnuancen überaus glücklich und bot eine technisch so ge lungene Leistung, wie wir sie zu den besten der von diesem Herrn uns bekannten zählen. Nur schade, die Bässe der Thomasorgel scheinen keines wegs im rechten Berhältniß zu den Manual stimmen zu stehen, und in Kölln besten kam da« Pedal niemals zur gehörigen Wirkung, dagegen blieben häufig Partien desselben fast gänzlich un deutlich. Aus dem ersten Theil des Concertes ist noch zu erwähnen ein höchst stimmungsvolles Chor lied: „Du bist ja doch der Herr" von E. F. Richter, ein weihevolles „Xve maris stell»" für Männerchor niit Orgelbegleitung (letztere reich an den schönsten Combinationen mit dem Chor) von F. Lißt, und ein effektvoller HymnuS für Soli, Männerchor undOrchester von W. Stade mit prächtigem, wenn auch etwas gedehntem Abschluß. Der zweite Theil wurde würdig eröffnet durch einen Hymnus für Männerchor mit Begleitung von 2 Hörnern und 3 Posaunen von Jadas- sohn, einer zum 25jährigen Jubelfeste dem Arion zugecigneten Eomposition, welche mit Hinzunahme des Orchesters gewiß noch andere, ihrer Eigen schaft als „Hymnus" zu Statten kommende Wir kungen erzielt haben würde, in so schlichtem Ge wände aber durch Wohlklang und Gangbarkeit ansprach. Es folgte ein Lied » «NP«Ua: „Dein Wart » Herr" von I. Rietz, mit gewaltigen Längen, und «in sehr dankbare», nach Seite der Text- und Stimmbehandlnng vortreffliche- Lied von Richard MNller, »Hügel fallen" von dem Verein mit kräftigster L>mge und speciell von den Tenören mit einer hier und da an Kühnheit grenzenden Energie antaestihrl. Wir würden un treuen, demselben bei Gelegenheit wi^er zu be gegnen. Den Beschluß des in feine« Proara«« so interessanten Concerts bilde« der V8. Psalm, für Männerchor und Orchester, componirt von F. Hill er, über besten Wirkung vermöge lortwäh- render Paukenwirbel und lärmender Passagen in allen Regionen de» Orchester» bei wenig an sprechender Erfindung sich der Eomponist mdeß getäuscht zu haben scheint. Aas L5 jährige Jubelfest -es akademischen Gesangvereins ,Arion". IV. Leipzig, 5. August. Da» »ad ckirc» in Scene gehende gestrige Fest wurde vom Regenspender Zeus vollständigst ignorirt und darob flammten Dankesopfer für ihn in Aller Herzen, die das Gartenfest, Concert und Ball, in de» Schützen hauses Räumen und beiden Gärten mitzumachen Gelegenheit, Beruf und Neigung batten. Der Vordergarten behauptete feine alten An rechte, seine erprobte Zugkraft, er hatte da» größere Publicum in Anspruch genommen, im neuen Trianvngarten waren es mehr fliegende Corps von Feiernden, mehr Lustwandelnde, als seßhafte Theilnehmer des Festes, die den Augen begegneten. DaS überreiche Programm wie- in vier Theilen, von denen zwei im vorderen, zwei im Trianon-Garten sich abspielten, volle 18 Nummern Chorgesänge auf (!>, ungerechnet die cingestreuten Orchester-Ensembles der „verstärkten Capelle" Büchner (Vvrdergarlen) und Hellmann (Trianon- park). „Arion" sang das Alles mit von der Festlust, die nun schon so lange dauerte, schier ungeschwäch ten Kräften. Was die „alten Herren", deren an dein Feste eine überraschend große Zahl Theil nahm (die Präsenzliste ergab ungefähr 120, wie ich höre), am Meisten anzog und wahrhaft erfreute, war der glückliche Griff des Conccrtcomit», daß auS allen Hauptaufführungen deS „Arion" von An beginn seiner künstlerischen Selbstständigkeit an Lieblingsmeisterwerke de« Arion-Revertoire, jedoch ohne Rücksicht auf Zeitsolge, zum Vortrag kamen, und somit eine Art illüstrirte musikalische VereinSchronik in frischen Scenen und Stoff wechsel (man verstehe jedoch nicht miß!) gegeben wurde. Leser wird nicht erwarten, an dieser Stelle eine irgendwie ausführliche Besprechung all der 18 vor getragenen Gesangstücke zu finden, oder gar eine kritische Analyse der mehr oder weniger gelungenen Aufführung derselben, mit Hervorbebung der mehr oder weniger glockenhellen Stimmen, welche sich für da« Oyr der Hörer dabei auszeicbneten. Wie gewöhnlich zündeten die heitern Tonstücke, Dacapo- Rufe nach denselben waren an der Tagesordnung, konnten aber nicht berücksichtigt werden, sollte — der Ball nicht um Mitternacht beginnen. Der HelioS-Chor aus Mendelssohn- Antigone- Musik (1864er Leistung des Verein«), das Thal des Espingo von Joseph Rheinberger (1872), die Wald- und Jägerlieder aus „der Rose Pilger fahrt" von Schumann und (als Jägerheimkehr) von Karl Reinecke, Leistungen auS den Jahren 1888 und 1866, Trink- und Bundeslied von Carl Zöllner (aus dem Jahre 1859), zwei Chöre aus Brambach's „Otto der Schütz", Mei Luder von M. Hauptmann (1864) und G Schmidt (1870), Matrosenchor aus dem „Holländer" Richard Wagner'« (1869), Richard Müller's und Paul Möbius' Ständchen, Silcher's liebliches Hüttle-Volkslied, Mendelssohn'« großartiger „Fest gesang an die Künstler" (mit Schiller's mark volle« begeisternden Worten), zu dem Arion am Schluffe «ll seine Kraft zusammennahm: die» Alles waren musikalische Glanzpuncte ehe mals gewesen, waren es jetzt, in denen sich die Knnstgeübtheit, Auffassung und Sicherheit, Deli- catheit des Arionengesangs (generell genommen) erprobt hat und auch gestern wieder bewährte. Reu und zum ersten Male vorgetragen waren des Ehrenmitglieds W. Stade (Altenburg) »Worte de- Glaubens" nach Schiller, eine gar köstliche Jubelgabe für „Arion", in welcher der Tonsetzer des eigentlich mehr spröden, didactifch- philosophischen Charakter- der Dichtung unge achtet ein formschönes frisches Werk zu schaffen gewußt hatte. Dank dem herrlichen sommerkühlen Wetter konnte das Alles im Freien gesungen uqd genoffen werden, auf der einen Seite ein großer Gewinn für das Publicum, eine Erhöhung de- Genüsse« ohne gleichen, auf der andern eine Schädigung der akustischen Wirkung. Um da» b'ortjssiwo z. B. der Tutt« m «ll seiner Macht und Kraft zu zeigen, bednrste eS einer größer» Anstrengung von Seiten jedes Einzelnen, denn im Saale, und sobald dieser Anforderung an die Individuen nicht allseitig ge nvgt wurde, mußte bei der gehobenen Stimmung eines aus beiden Geschlechtern anmuthig ge mischten, nicht immer „in Kirchenandachtstillc" verharrenden Publicum- MancbcS schwächer er scheinen und die Diamssimo verhallen, waS Alle« im geschloffenen Raume von glanzvoller packender Wirkung gewesen wäre. Der Beifall, der jeder Gesangsn ummer folgte, war indeß ein wohlver dienter, da« wird der billigdenkende Hörer und „Merker" dem Vereine gern zugestehen. Geschiebt hiermit auch meinerseits. Nachts um die elfte Stunde war in beide,» Sälen der Ball im vollen Gange. Unbeschreib lich annintlsig waren die Promenaden der Paare aus den heißen Sälen im Polonaisenzuge hinaus in die duftigen romantischen Gänge der Parks, in langer Schlangenlinie hindurch sich windend durch die Anlagen der Motbes'schen Wunder - schöpsung, durch den Drachensels hindurch, hinauf zur Bergeskante, am „Abgrund" vorbei, über die Kettenbrücke hinweg, hinunter die schwindelnde Treppe am Alhainbraorchester und zurück nach den» Vordergartcn. Alles in der Frische pnd Klarheit der sternhellen Nacht, jugendliches Geplauder ringsum überall, hellleuchtende Flammen an allen Ecken und Enden, Illumination wie in Feenstücken des Theaters, reizende Toiletten mit und ohne störende Schleppen, friscbe jugendliche Schönheiten am Arme twiterer StudioS, verjüngter „alter Herren", die „Amt und Würde" bei Seite gelegt und mit der rothsammtnen Mütze „einen genieß baren neuen Menschen" angczogen hatten, freudig klopfende Herzen junger Paare, die sich glücklich zum ersten Male zusainmengefunden. Was brauchte es mehr, um die ganze holde Lust eine« Som me rnachtStranmes «n den Theilnehmern em porblühen zu lassen? — Llominisso iuvaliit! wird mancher Schwär niet auSrufcn. Neues Theater. Lessing's „Emilia Galotti" ist eine» jener Stücke deren Schönheiten man bei jedem neuen An- schauen nicht nur neu, sondern auch stärker empfindet. Die Darstellung trägt natürlich viel dazu bei, daß die Kerngedanken, die dem Stück einen so hohen Werth verleihen, sich von dem Hintergründe der eigentlichen Handlung plastisch abheben und dem Empfindungsvermögen de» Zuschauer» näher gerückt werden. Eine so ticstragische Entwickelung wie die in dem Stück gegebene läßt leicht ver gessen, daß der Dichter in diesem Stücke objektiver urtheilend schrieb, als vielleicht irgend ein zweiter deutscher Schauspieldichter in irgend einem anderen Werke dieser Gattung. Es wird daher vor Allem Aufgabe der Darstellung sein, sich möglichst zu des Dichters Anschauungen zu erheben, und man kann wohl in diesem Falle mit mehr Berechtigung als irgend wo anders behaupten, daß wer Les sing's Werke nicht kennt, wer sich mit seinem Geiste nicht vertrauter gemacht hat, als er es durch Kenntniß seiner gespielten Dramen und Lustspiele vermag, der wird nie im vollen Sinne des Worte» ein vollendeter Lessingdarsteller werden. Bon den Leistungen an diesem Abende ist vor Allem das Ensemble günstig zu erwähnen. Das Stück war mit Sorgfalt und Pietät inscenirt durch Herrn Regisseur Grans; vielleicht, daß man auch hier wieder den persönlichen Einfluß de« Herrn Dir. Haase herausspürte, der vor Herrn Klein den Marinelli mehrfach spielte. Was wir in dieser Leistung, so vorzüglich sie in Einzelheiten war, rügen möchten, ist dasselbe, wa» wir schon an seinen« Roquette in Gutzkow's „Ur bild de« Tartuffe" auszusetzen hatten. DaS Co- lorit, die ethische Bedeutung des Charakter» kam nicht genug zur Geltung. Es mag sein, daß Herr Klein sich in vieler Beziehung Haase's Ma rinelli zum Vorbild wählte, den wir leider nicht zu sehen Gelegenheit hatten, jedoch gerade dieses Bedenken stieg uns aus, als wir hör ten, Dir. Haase werde den Marinelli spielen. Es ist freilich wahr, daß nach dem Ein gangs dieser Zeilen aufgestellten Grundsätze, Marinelli vorwiegend der Repräsentant der Dä monie der verstandesthätigkeit ist, allein er ist die« nicht allein, er stellt auch das in dem Ver hältnisse des Günstling« zu seinem Fürsten ve rübende böse Princip dar und sollte nach dieser Seite verschiedentlich aufgesaßt werden, als Herrn Klein dies gelang. Verschiedene Stellen dez Stücke« deuten geradezu darauf hin, daß de-
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