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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.12.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-12-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187412026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18741202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18741202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1874
- Monat1874-12
- Tag1874-12-02
- Monat1874-12
- Jahr1874
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.12.1874
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Erscheint täglich früh 6l/, Uhr. Re Salti»» »»> trprStii«» JohanniSgasse LZ. Verantwortlicher Rcdactrnr Ar. HSttaer in «cudrntz. Sprechstunde d. Redaction »«>> ll—H Udr Nach«uia>« »»n 4 —» Utzk Umrahme der für dir nächst- salaende Nummer bestimmten Inserate an Wochentagen bis sUhr Nachmittags, an Sonn- »md Festtage« früh bl- '/,V Uhr. Filiale für Zalerattaannainae: vtto Klemm, Universttüt-str. 27. Louis Lösche. Hamflr. 21. pan. Anzeiger. Organ für Politik, Lvralgrschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Auflage 12,256. ^v»>ae«enI«Prrl§ viertel,. 1'/,^. incl. Bringen»!,» l^/, H- Jedr einzelne Nummer 2'/, ^ Belegexemplar t ^ Gebühren für Extrabeilagen ohne Pofibefvrderung 11 mit Postdrsvrdernng 14 Inferate -tgesp.BvurgoiSz. 1V, Größere Schriften laut unserem PreiSverzeichnlß. — Tabellarischer Eatz nach höherem Tanf. Reklame» »nter tem Rkdarttoarftrich die Spaltzeile ll Inserate find stets an d. Srpedillan zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. — Zahlung baar, durch Postanweisung oder Postvorschuß W 336. Mittwoch dm 2. December. 1874. Kirchenvorstandswahl zu St. Nicolai. Der Kirchenvorstandsordnung gemäß scheidet jetzt die Hälfte der weltlichen Mitglieder des Kirchenvorstandes der Parochie St. Nicolai, aus. E« sind dies die Herren: B«chbi»dern»eister W'OnI«, Slall«» RttUIvr, Buchhändler Advoeat Ttadtrath 8«>L«rTI>, Gtadtrath Professor I»r. und Professor Vr. Die Wahl der 8 neuen Kirchenvorsteher findet Statt Donnerstag den 3. December, früh von 8 1 und Rach«ittagS von 2 3 Uhr, in der Sakristei der Ricolalkirch«. Jeder Wähler hat sich persönlich einzufindcn und einen Wahlzettel mit 8 Namen in die Urne zu legen. — Wählbar sind alle stimmberechtigten Mitglieder unserer Kirchenaemcinde, welche daS 30. LevenSjahr zurückgelegt haben. Die jetzt Ausscheidenden sind, mit AvSnayme des unserer Parochie nicht mehr angehörenden Herin Stadtrath Seysserth, wieder wählbar. — Zur Wahl berechtigt sind nur die, welche auf Grund erfolgter Anmeldung in die Wahlliste eingetragen sind. Leipzig, den 23. November 1874. Der Kirche «Vorstand zu St. Nicolai. vr. Fr. Uhlselv, Pastor. Bekanntmachung. In Gemäßheit deS H. 1 der Instruction für die Ausführung von Wasserrohrleitunaen und Wasieranlagen in Privatgrundstückcn vom 7. Juli 1865 machen wir hierdurch bekannt, daß der Klempner Herr Gt. Theodor Finne, Sidonienstraße 41, zur Uebernahme solcher Arbeiten bei uns sich angemeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewiesen hat. Leipzig, den 27. November 1874. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Kock. Bauer. UorLtllodvr Svrtrksvoroto der Stadt bolvLlß. Mttvoeb den 2. veeemdor 1874 Xdend3 6'/< iltir Im Laufs dor ^ltsn ^Vaage. Vapsenoi'elniiiagl: ^ Oe^ebLkklieiis Mttdeilungen. 2) Radien kür 1875. 3) Leriekt über äis kIenLrvor8LmnrIim8 de3 I.LQäe8-Neä.-6oII. durek Herrn vr. Llillioa. 4) 2vsiter Leriekt des 8an.-.^ll88ed. über den MIdekeseken Antrag. 5) Leriekt de3 8tLnde8-^us- sed«8868 in Lacken der vodell8ver8ieberllng8-6e8eU8ctucktSll. vr Bekanntmachung, Generalrevision der Droschkengeschirre betr. Die erste der in 8. 4 deS Droschken-RegulativS vom 29. September 1874 vorgesehenen Generalrevtfionen über die Droschken und deren Gespanne soll in den Tagen vom 14. bis mit 17. Drc. d. I. vorgenommen werden. Die concessionirten Droschkenbesitzer nxrden hierdurch veranlaßt, ihre Droschken und zwar: die Ru»»n»ern L 420 am 14. December «. 121 240 - IS. - , 241 300 ,10 . 301-48S . 17. in der Zeit von 9 — 12 Uhr Vormittags und 2 — 4 Uhr Nachmittags vor der I. BezirkS- Polizeltvache a» der JohaaaiSktrch« vorzufahren bez. Vorfahren zu lassen. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Anordnung werden für jeden Contraventionsfall mit einer Ordnungsstrafe von Giaem Thaler geahndet werden und wird außerdem wegen der nicht zur Revision gestellten Droschken auf Kosten der säumigen Eoncessionaire eine Nachrevision erfolgen. Die Drofchkengeschrrre müssen sich genau in dem tz. 6 de- Regulativ- vorgeschriebenen Zustande befinden, und haben die Droschkenführer die in §. 10 »orgeschriebene Dienstkleidung zu tragen. Auch muß der Tarif an der Rückwand der Droschke hängend angebracht sein, nicht auf dem Rücksitze liegend. Falls diesen Erfordernissen nicht entsprochen wird, haben die Concessionarc zu gewärtigen, daß die betr. Wagen sofort außer Betrieb gesetzt, die Concessionare aber überdem noch m die H. 6 und 8- 11 vorgesehenen Strafen genommen werden. Leipzig, den 76. November 1874. DaS Polizeiamt der Stadt Leipzig. > Mühlner vr. Rüder. Bekanntmachung. In Gemäßheit der tztz. 2 und 7 deS Regulativs für die Einführung von GaSrohrleitungen und Gasbeleuchtungsanlagen in Privatgrundstücken vom 2. März 1863 bringen wir hierdurch zur öffentlichen Kenntniß, daß der Schlosser Herr Moritz Wendel, Tauchaer Straße Nr. 21, zur Uebernahme solcher Arbeiten bei uns sich angemeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewiesen hat. Leipzig, den 27. November 1874. Der Rath -er Stadt Leipzig. vr. Koch. Bauer. Charakterbilder und Schilderungen ans der Zeit der Reformation. I. bHnrakter and Gang der dentfchea Reformatio«. (Bortrag von Herrn Domherrn Pros. vr. KahniS.) Nach der Zeit Christi hat kein Abschnitt der Reichsgeschichte Gottes mehr Anspruch auf unser Interesse, als daS Zeitalter der Reformation. Die Männer, die sich zu diesen Borträgen ver eint haben, haben thatsächlich in ihren Tliemen ausgesprochen, daß sie die Reformation nicht bloß für ein kirchliches und theologisches, sondern für ein weltgeschichtliche- Ereiamß halten. — Selbst nach dem Urtheil der Römischen forderte da- >6. Jahrhundert eine Reformation. Daß aber eine Reformation der Sitten, welche' die Römi schen zugesiehen, nicht ohne Reformation der Lehre und der Perfassung sich vollziehen konnte, beweist allein der Ablaßhandel, mit dem die Reformation aufing. Nicht vloS peripherische, sondern auch centrale Schäden waren eingerissen. Das Christenthum ist zuerst Glaube,au den drei einigen Gott aus Grund de- apostolischen Worte-. Die römische Kirche findet daS aposto lische Wort IheilS in der Schrift, theilS in der geberliefer una. Da aber die Ueberlieferung un- evau-elische Lehren in sich ausgenommen hatte, so konnte nur die Schrift der Maßftab der Wahr heit sein. Die- ist daS Schriftprincip. DaS Christen!hum ist die Rettung des Einzelnen durch den Glauben an Jesu« Christum. Die mittel alterlich« Kirche hatte aber die Zugehörigkeit zur Kirche und sogen, gute Werke zu Bedingungen deS Heils gemacht. DaS Evangelium ruht aber «ms de« Hnl des Einzelne« an- Gnade durch den Glauben. DaS ist daS HeilSprincip. Das Chri- stenthum ist dritten- Kirche. Während aber daS Mittelalter daS Wesen der Kirche in den äußern Organismus setzt, sieht eS der evangelische Glaube m der Gemeinschaft der Gläubigen »in heiligen tzeiste. DaS ist da« protestantische Kirchenprincip. 1» waren also die Fundamente deS Christen- hrmS alterirt. Auf doppeltem Wege aber strebte d mittelalterliche Kirche eine Reformation an, ns dem Wege deS Kirchen- und weltgeschichtlichen Hmschritt« und auf dem Wege de« evangelischen Zeugnisse- (WalduS, Wiclif, Huß, Savonarola). Jenem Fortschritte fehlte der evangelische Grund, evangelischen Zeugnisse die Grundlage der steltentwickelung. Beide Mächte verbinden sich * 16. Jahrhundert. DaS war eines der be- Messen Jahrhunderte der Menschheit, von dem »Her sagt: ES muß entweder brechen oder ein «derer kommen ES geht ein Licht aus und ein "»bricht hersür: er sei wie er wolle. Der Man«, in dem der evangelische Zeugengeist u«t dein weltgeschichtlichen Fortschritte sich vereinte, Luther. In dem Manne, der in dem recht tätigenden Glauben den Ankergrund seiner Seele gesunden hatte, war auch der Nationalgeist, die "Esche Humanität, die theologische Wissenschaft, ^ mystische Streben nach Innerlichkeit vertreten, "vir dem Beginne de« Thescnstreite« (31 October U>171 bis aus den Tag von WormS (18. April >1621) ruht die deutsche Reformation auf seiner strrson. Gegen die Greuel de- Vblaßwesen« schritt er mit den Waffen eines deutschen Theo logen ein: mit Thesen, nicht gegen den Ablaß überhaupt, sondern nur gegen den Mißbrauch desselben. In kurzer Zeit aber trieben ihn die Gegner zu der Uevcrzeugung, daß nicht Päpste und Kircheuversamnilunqen, sondern allein die Schrift daS Richtmaß oer Wahrheit sei. Die- sprach er auf der Leipziger Disputation aus « Mitte 1519). Rom antwortete mit dem Bann, Luther aber setzte diesen« kalten Schlage die Geistesblitze seiner resorma torischen Grundschriften entgegen (1520): er verbrannte die päpstliche Bulle. Sv mächtig war schon diese Bewegung, daß Kaiser Karl V. sich ausgefordert fand, sie dein ersten Reichstag, aus dem er in Deutschland er schien, zur Entscheidung vorzulegcn. Luther aber erklärte vor Kaiser und Reich m WormS, nicht widerrufen zu wollen. Zum Bann der Kirche kam die Acht des Reiches. Gegen die Folgen derselben aber sicherte ihn wieder die Wartburg. Stand die Reformation bis dahin auf LutherS Person, so gewinnt sie von jetzt (1521 bis 1522) an bis zum Tage von Augsburg (25. Juni 1530) kirchliche Gestalt. Wir unterscheiden eine Linie der Lehre und eine Linie der Organisation. Nachdem Luther in seiner Uebcrsetzung, einem der größten Werke menschlichen Geiste-, da- Wort Gotte- seinem Volke an die Hand gegeben hatte, Melanchthon aber in seinen I»ei die Grund lehren de- Evangelium« im Zusammenhänge dar gestellt hatte, entwickelte d«e Reformation im Kampfe mit den Schwarmgeistern, mit EraSmuS, mit den Schweizern ihre Glaubenslehre. Mit Wunderschnelle verbreitete sich die Reformation über Deutschland. In den Kirchenvisitationsn organisirte sie^fich. ES entstanden, wo die Fürsten sich an die Spitze stellten, evangelische Landes kirchen, die evangelischen Stände aber übergaben ihr Bekenntniß Karl V. zu AuaSburg. In dem ersten Thcile de« Aug-burger Bekenntnisses findet die Lehrentwickelung, in dem zweiten Thcile die Organisation ihren Ausdruck. Vom Bekenntniß zu Augsburg (1530) bi« zum Religionsfrieden zu Augsburg (1555) suchen die römische, die deutschprotestantische und die refor- mirte Richtung in der Schweiz sich zu ver mitteln.' Die Deutschen und die Schweizer traten sich in der Wittenberger Concordia (1536) näher. Zwischen den Protestanten aber und den Römischen will da« Interim von Augsburg ein Compromiß ermöglichen. Leider ging Melanchthon, wenn auch nicht ganz, aus diese elende Union ein Leipziger Interim 1548. Da besann sich Morrtz von Sachsen. Sein Sieg über den Kaiser brachte den Passauer Vertrag (1552), nach diese» den AugSburgischen Religion«, frieden (1555). Die Zeit der Bennittelung war vorüber, und e« beginnt nun eine Zeit der Scheidung, für d-r-n Abschluß wir da» Jahr 1580 ansehen kön nen, in dem daS Concordienbuch erschien. Rom verdammte die Grundsätze und Grundlehren de« Protestantismus zu Trident. Die schweizerische Reformation empfing in Ealvin den Mann, nach Luther vielleicht den größten Theologen der Re formation, der ihr eine auSaevrägte Eigenthüm lichkeit gab. Die Lehrstreitigketten aber de- deut schen Protestantismus fanden in der Concordien formet ihre Entscheidung (1577). Biele haben beklagt, daß Scheidung daS Ende der Reformation ivar. An nnd für sich ist ja Trennung der Einheit immer ein Schade. Alvr weliu3 est ut lzeandalum fiat guLw nt verit»8 relivl,u»t>n-, d. h.: Besser ein Aergerniß als daß die Wahrheit leidet. Die deutsche Reformation hat eine Kirche gegründet, die auf dem ewigen Fundamente deS Evangeliums ruht. Möge der Geist, der sie gegründet hat, in ihr bleiben. Ik. Wiclif als Vorläufer der Refor mation. (Bortrag des Herrn Sup. Prof. Vn. Lechler.) Ausgehend von dem ResormationS-Denkmal zu WormS, ging Redner auf die vier Gestalten über, welche dort, zu Luthers Füßen sitzend, dargestellt sind: Waldus, Wiclif, Huß und Savonarola s unter diesen Vorläufern der Reformation sei Wiclif der größte. Die Zeit, in welche sein Leben fiel, war ein Zeitalter lebhaften Aufschwung- der englischen Nation, insbesondere in dem sächsischen, d. h. deutschen Theile der-Bevölkerung. Und daS sich hebende Natwnalgefühl zeigte sich vorzüglich kräftig in dem Widerstand gegen die Ucbergrisfe Rom«, welcher uin so elastischer wurde, je tiefer England im Mittelalter sich unter die dreifache Kirche ae- demüthigl sah, in einem noch ganz'anderen Maße, als in gleicher Zeit das deutsche Reich. Da ver einigte sich schließlich die Krone mit den Ständen deS Reich«, um durch Maßregeln der Gesetz gebung Ehre und Interessen de« Lande- vor römi schen Uebergrisfen zu sichern. In diese Zeit fiel Wiclif- Manne-alter: er giebt sich kund als ein Kind dieser Zeit. Denn nachdem seine Lehrjahre zu Ende und 20 Jahre der Arbeit als stiller Gelehrter und Universitäts lehrer zurückgeleat waren, greift er in verschiedene Fragen und Ausgaben de« öffentlichen Lebens mit ein al« von der Regierung ernannter Sachver ständiger im Parlament, al« publicistischer Schrift steller, als königlicher Commiffar bei Verhand lungen mit päpstlichen Vertrauensmännern zu Brügge 1374 Einige Jahre daraus wurde er aber' auch der Gegenstand mehrfacher Anfechtungen von Seiten der englischen Bischöfe, ja de-Papstes selbst; alle diese Vorladungen und Verhandlungen hatten jedoch keinen ihm nachtheiligen Erfolg. Von da an, und hauptsächlich seit dem Jahre 1378, d. h. seit dem AuSbruch der großen Papstspaltuna, hat sich Wiclif, der bis dahin nur kirchlich-poli tische Angelegenheiten behandelt hatte, rein kirch lichen Arbeiten züqewandt; von jetzt an erst ist er ein kirchlicher Reformer geworden. Erarbeite«: aus drei Hauptgcbieten: in Betreff der Predigt, der Bibel, der Lehre. Anlangend die Predigt, so ist er sein Leben lang ein fleißiger Prediger ge wesen, wie denn mehrere Hundert Predigten, theilS lateinisch, theilS englisch, auf unS gekommen sind. Und er hat gefordert, daß die Predigt, für deren Reform er arbeitete, wieder Gotte- Wort ver kündigen solle, und da- in schlichter, einfacher Weise Zu diesem Behuf hat er auch biblische Reiseprediger gebildet und auSgesandt, die mit Erfolg wirkten Die Bibel hat Wiclif in- Eng lische übersetzt, und zwar die ganze Bibel für da« Volk — ein für jene Zeit gewaltiges Werk, da für die englische Sprache und Literatur eine wenigsten- annähernd ähnliche Bedeutung hat, wie Luther'- Bibelübersetzung fiir unsere Sprache. Die Lehre betreffend, hat Wiclif klar unk ausdrücklich behauptet: die Bibel allein ist Regel und Maßstab der Wahrheit und Christus allen ist unser Meister und Heiland und das einig« Haupt seiner Kirche; mit besonderem Nachdruö hat er die römische Lehre von der Wandlung im heil. Abendmahl angegriffen. Die zuerst genannten Lehrstücke sind allein wahrhaft evanaelisch-reformatorisch. Im Ganzen war Wiclif nickt ein geniales Gemüth wie Luther, sondern ein Mann deS Verstände-, aber auch eines mächtigen Willen-; seine Ueberzeugungen sind alle aus sittlicher Quelle entsprungen. Und Wiclif's Lebensarbeit war keine vergebliche, seine Aussaat ist aufgegangen, denn wer Christo dienet, der hat nicht umsonst gelebt! Aenrs Theater. * Leipzig, 1. December. Shakespeare'S ,,Sommernachtstraum", der gestern wiederum in Scene ging, würde wohl kaum ohne die Men- delSsohn'schc .Musik, ohne diese reizenden musi kalischen Elfentänze und den prachtvollen Marsch eine dauernde Stätte auf unserer Bühne gefuw den haben. Ueber die Bedeutung de« Stückei haben so viele Shakespearcgelehrte geschrieben, daß eine ganze Literatur über dasselbe eristirj und erst neuerdings ist ein dickleibiges Buch er- sckjenen, dessen Autor beweisen will, der „Sommer- nachtStraum" sei durchweg als eine allegorische Dichtung zu betrachten. Hn der Üblichen Bühnen- eiurichtung erscheint daS Stück als ein FeeenstÜck mit elnigen komischen Rüpelscenen. In der That läßt diese Berliner Bühneneinrichtung viel zu wün schen übrig. Mit Recht hat schon Wehl eine phan tasievollere Jnscenirung verlangt und Oechelhäuser sagt in der Vorrede zu seiner Bearbeitung des Stücke-, daß der Treppenaufbaa im Walde etwas VerkünstelteS, Unfreie-, Theatermäßiges hat, daß die Grotte der Titanen wie ein Keller gemahnt, die Elfen wie ans Flaschen gezogen. Hierzu kommt die unverhältnißmäßigc Länge de« zweiten Acte«, die Rothwendiakcit, in der einen Scene durch einen sich verschiebenden Baum, dessen Erscheinen sich gar nicht legitimiren läßt, die schlafenden Liebespaare zu verdecken u. s. f. Nach unserer Ansicht wäre eine Emancipation von dieser Ber liner Einrichtung im Interesse freierer und phan- tasicvoller Bewegung höchst wünschenSwerlh; diese Waldscenerie hat etwas durchaus Hölzerne«. Und schließlich ist die Dichtung doch nicht der Musik wegen da. wie man jetzt anzunehmen geneigt ist. Diese Annahme erscheint freilich sehr begründet, wenn die Verse so undeutlich gesprochen werden, wie die« gestern Abend meisten« geschah» nicht blot an den melodramatischen Stellen, sondern auch wo die Poesie selbstständig zu ihrem vollen Recht, kommen konnte. Der poetlsche'Hauch, die duftig, Lyrik dieser Shakespeare'schen Waldpoesie geht >a ganz verloren, wenn man nicht den Sinn de- aesprochenen Worte« zu erfassen vermag. Hier fehlt eS allerdings an allen dramatischen Dr«««rn, desto mehr muß die dichterische Rede ikd durch-
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