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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.12.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-12-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187412035
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18741203
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18741203
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1874
- Monat1874-12
- Tag1874-12-03
- Monat1874-12
- Jahr1874
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.12.1874
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Erschein ttzttch früh e^/, Uhr. Lrsattl«» »uh Lr»tklis» J*hanniSgasse 33. Verantwortlicher Redakteur Vr. Hüttner in Reudnitz. Sprechstunde d. Redaction D»r«il>«i» »»» l>—>r Uhl N»ch«ttt»>« »«, 4 —» Uhr h«e der für die nächst- »e Nummer bestimmten »te an Wochentagen bis : Nachmittags, an Sonn gen früh bis V,-Uhr. Male stk „krateamnialM«: vtt, «tennv. UniversttLtSstr. 22 «ants LSsche. Hainstr. 21. patt. Tageblatt Anzeiger. Organ für Politik, Local-eschichtk, Handels- and Geschäftsverkehr. Anflüge 12,250. Lv«»>r«t»t»»rel» viertelt 1»/,^,, incl. vriuzerlohn 1*/, Fs- Jede einzelne Nummer 2V, ^ Beirzerrmplar 1 Gebühren für Extrabeilagen ohne Postbefvrderunz 1t mit PostbefSrderunz 1« ^ Juferatr äaesp. BourgoiSz. 1'/,-^ Grvßere Schriften laut unserem PreiSverzrichniß —Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Neclawe» »Mer he« Lrtartt»»»ftrül' dir Spaltzrilr 8 ^Ai- Inserat« stud stet» an d. ü^edttioa zu senden. — Rabatt wird nicht geben. — Zahlung baar, durch lanwrisung oder Postvorschuß W 337 DomrerStag den 3. December. 1874. Bekanntmachung. Am 1. Januar 1875 werden im ReichSpostgebiete neue, in der ReichSmarkwLhrung lautende Postwerthzeicken eingeführt, und zwar: Freimarken zu 3, 5, 10, 20, 25 und 50 Pfennigen R. M , Franco-Couvert- zu l0 Pf. in kleinem und großem Format, gestempelte Postkarten, einfache und mit Rückantwort, je zu 5 Pf . und gestempelte Streifbänder zu 3 Pf., diefe letztere Sorte nur bei bestimmten größeren Postanstalten. Die Freimarken und gestempelten Postkarten werden zum Nenn- wertbe, die Franco-Couvert- mit einem Aufschläge von 1 Pf. R. M. pro Stück, und die gestempelten Streifbänder in Partien von 100 Stück zum Preise von 3 Mark 35 Pf. verkauft. Der Verkauf dieser neuen Posnverthzeichen beginnt bei den Bostanstalten am 10. December, jedoch mit der Maßgabe, daß in den Bezirken der Thalerwährung die neuen Freimarken zu 5, 10, 20, 25 und 50 Pf., sowie die neuen Franco-Couverts und Postkarten erst dann abgegeben werden, wenn die vorhandenen Vorräthe der genau entsprechenden bisherigen Sorten zu >/», 1, 2, 2>/r und 5 Sgr. bei den betreffenden Postanstalten auSverkaust sind. Die bisherigen Postwerthzeicken zu 1, 2. 3, 7, 9 und 18 Kreuzern, diejenigen zu und '/z Sgr. und die Hamburger Stavtpostmürken zu l/z Schilling sind vom 1. Januar 1875 ab zur Franklrung ungültig. Sie können in der Zeit vom 1. Januar blS 15. Februar k. I. bei den Postanstalien gegen neue Marken u. s. w. in gleichem Gesammtwerth umgetauscht werden. Eine Einlösung gegen Baar findet nicht statt. Die Festsetzung eine« Termins zur AußercourSfetzung und Einlösung der bisherigen Postwcrthzeichen zu »/z, 1, 2, 2'/, und 5 Sgr. bleibt Vorbehalten; einstwellen können dieselben aucd im neuen Jahre zur Frankiruna gültig verwendet werden. Die Postanweisungen müssen vom l. Januar 1875 ab fämmtüch auf Mark und Pfennige ReichSmünze lauten, zu welchem Zwecke bei den Postanstalten neue Formulare mit entsprechendem Vordrucke verkauft werden. Postanweisungsformulare, auf welchen der Vordruck für die Geldsumme in Thaler, Silbergroschen und Pfennigen oder in Gulden und Kreuzern S W. lautet, dürfen nach dem 31. December er. nicht meyr verwendet werden. Berlin Ns., den 27. November 1874. Kaiserliches General-Postamt. Städtischer Verein. * Leipzig, 2 December In der gestrigen Ver sammlung deS Städtischen Vereins erstattete der Vorstand zunächst einige geschäftliche Mittheilun- gen. Danach hat sich der Vorstand für daS nächste Jahr derart constituirt, daß Herr Stadt rath Häckel Vorsitzender, Herr C A. Becker Cassirer, Herr Rosencrantz Schriftführer, Herr Beer Stellvertreter deS Letzteren ist Dem Vor stand gehört außerdem noch Herr l)r Kühn an, "hrend Herr Stadtrath Schmidt die auf ibn , allem Wahl abtzelebnt hat In Bezug auf die KirchenvorstandSwah- lrn drückte her Vorsitzende lebhaftes Bedauern darüber au-, daß in Folge der Uneinigkeit unter der freisinnigen Wählerschaft — es feien in letzter Stunde noch zwei andere Kandidatenlisten im Tageblatt veröffentlicht worden — und in Folge der Wahlenthaltung Vieler, von denen entschieden die Betheiligung an der Wahl hätte erwartet werden können, bei der Wahl in der Thomas- parochie die freisinnige kirchliche Richtung unter legen ist. Man möge diesen Vorgang bei der am nächsten Donnerstag stattfindenden Wahl in der Nicolaigemeinde beherzigen Herr vr. Kühn referirte über der. Stand der Angelegenheit wegen Herbeiführung billigerer Fleischpreise. Innerhalb der nächsten Tage wird an die Mitglieder dss Verein- ein Circular behufs Beitritt zu der zu gründenden Genossen schaft und Zeichnung von Geldbeiträgen gelangen Herr vr. Delitzsch erstattete hieraus emen interessanten Bericht über daS hiesige Central- museum für Völkerkunde und seine Bc Ziehungen zur praktischen Thätigkeit unserer Be wohnerschaft Der Vortragende äußerte u A. Folgende-: Da- Museum, welches ursprünglich auS den Sammlungen des HofrathS vr. Klemm hervorgegangen, sei in Folge der eminenten Thätig- keit deS Herrn vr. Obst und der freundlichen Fürsorge der Leipziger Gemeindebehörden bereits aus einen sehr achtungSwerthen Standpunkt ge langt. DaS Museum könne sich bereit- den ethno graphischen Museen in London, Paris, Sopen vagen, Petersburg u. s. w. ebenbürtig an die Sette stellen. Wenn die Frage aufgeworfen werde, welchen praktischen Nutzen daS Museum dem Handwerker, dem Kaufmann, dem Fabrikanten gewähre? so gebe sich die Antwort bei der Besichtigung der einzelnen Abtheilungen des Mu seam« sehr leicht. Dem Lackirer, dem Wagen väuer rc. biete sich Bekehrung beim Anblick der prächtigen Industrie« zeugnisse auS Japan, wie de- japaneflschen DamenwagenS und Reitzeuges. Auch die jhpanefischen Rüstungen seien sehr lehr» reich und ließen erkennen, auf welcher hohen Stufe der Ausbildung die Industrie in Japan steht. Bon den Kunstwerkzeugen, welche ein Neger vom Congofluß lediglich mit einem Nagel ge fertigt, könnten Drechsler und Bildschnitzer gar Viele« lernen. Die Handarbeiten de- Orientalen überträsen um ein Bedeutende- DaS, waS in dieser Beziehung bei un« geleistet wird. DaS Museum berge ferner prächtige Gefäße, Vasen Krüge auS Thon, Körbe auS merkwürdigem Ge flechte, Gewebe aller Art von Schafwolle und anderen Wollen, von Seide, von Faserstoffen und die Erzeugnisse in diesem Fach böten ein überraschendes Bild von den Farben- und Musten »sammenstellungcn der verschiedensten Bölkerstämwe aus der ganzen weiten Erde Der Musterzeichner insbesondere finde vollau Gelegenheit, seiner Phantasie die avgenebmstcn Vorbilder zu birten. In nicht minder belehrender Weise stellten sich dar: die Erzeugnisse der japa- nefische« Malerei, die ostasiatnchen Gerätbe und Fahrzeuge auS Bambusrohr, die Schlitten des whcn Norden-, die Halsbänder, Ringe, Gürtel, Schmuckgegenstände, die BekleivungAegenstände einer ganzen Menge von Nationen. Die Gamm ungen deS Museum- seien zwar noch jung und in mancher Beziehung unvollständig, indessen eS werde voraussichtlich in kurzer Zeit noch Mehr zeleistet werden. Die Söhne unserer Stadt seien iber alle Welttheile zerstreut und durch sie werde daS Museum noch manchen Schatz erhalten. Wenn daS Museum so sortwachse, wie eS m den letzten Jahren geschehen, so würden freilich die Räume, in denen eS jetzt untergebracht, zu eng werben. Regierung und Universität, welcde von Anfang da» Unternehmen etwa» mißtrauisch betrachtet, seien bereits zu viel günstigerer Meinung gelangt. Hoffentlich werde, wenn die Nothwendigkeit heran- trete, dem Museum ein neue- große- HauS nicht feblen. Der Redner empfing für seinen Bortrag leb haften Beifall der Versammlung. Den letzten Gegenstand der Tagesordnung bil deten die nächsten Stadtverordnetenwah len. Der Vorsitzende bemerkte, daß seiten- de« Vorstände«, in Ausführung de« Beschlüsse« der letzten Vereinsversammlung, an den Vorstand der Gemeinnützigen Gesellschaft das Ersuchen gerichtet worden sei, gemeinschaftlich eine Bürgerversamm lung einzuberusen Nach längerem Zögern sei von dem Vorsitzenden der Commission, welche die Gemeinnützige Gesellschaft niedergesetzt, die Ant wort eingegangen, daß man eS im Hiublick auf die Erfahrungen in früheren Bürgerversamm lungen nicht für zweckmäßig erachten könne, eine solche Versammlung herbeizuführen. Durch diese ablehnende Antwort sei die Sachlage für den Vorstand de« Städtischen Verein« eine ganz veränderte geworden und er habe in seiner Majo rität beschlossen, die Besckließung darüber, waS nun zu geschehen, der heutigen Versammlung zu überlassen. v Herr Schneider: So sehr er die Oeffentlich- keit hoch halte, so könne er sich doch für sie dann nicht entscheiden, wenn e« sich um die DiScutiruug über Persönlichkeiten handele. Er stelle den An trag, daß der Vorstand de- Verein« mit der Wahlangelegenheil beauftragt und verpflichtet werde, sich zu diesem Behufc auS allen Kreisen der Bürgerschaft zu cooptiren. Herr Advocat Broda bedauert, daß man nicht mit dem Lehrerverein in Unterhandlung getreten sei. Die Gemeinnützige Gesellschaft habe durch ihr Schreiben bewiesen, daß sie den Tendenzen, wie sie der Städtische Verein verfolge, fern stehe. Er sehe die Sache nicht kleinmüthig an und ver heiße sich für den Verein Erfolg, wenn die Wahlen Nicht in der früheren Weife, wo sie von einem kleinen Kreis, von einer Clique gemacht worden, angefaßt werden. Er beantrage zu dem Anträge de- Vorredner« den Zusatz, daß die Liste der Mitglieder de« WahlcomitsS einer Versammlung de« Städtischen Verein« zur DiScussion und Ge nehmigung vorgelegt werde. Herr Äadtrath Häckel kann auS dem Schreiben der Gemeinnützigen Gesellschaft nicht herau-lesen, daß diese ein Handinhandgehen mit den. Städtischen Verein ablehne. Herr vr. Kühn bemerkt, man würde mit dem Lehrerverein unterhandelt haben, wenn dieser sich nur an den Städtischen Verein gewendet hätte. Aber indem er auch den anderen Vereinen der Stadt seine Unterstützung anbot, habe er gezeigt daß ihn bloS StandeSinteresien leiteten Eben so gut könnten dann aucb die Fleischer, die Schnei der :c. kommen, und ein gleiche- Gesuch stellen. Im Urbriqen erklärt sich der Redner für den Broda'schen Antrag. Herr Bär ist gleichfalls Gegner der Bürger versammlung und glaubt die Gemeinnützige Ge sellschaft entschieden gegen den Vorwurf ver wahren zu sollen, daß sie keine Bereinigung frei sinniger Elemente sei. Herr Stadtrath Schmidt bescheidet sich eben falls, daß die BÜraerversammlung nach Lage der Sache unthunlich sei. Sehr wünschenSwerth sei, daß der Städtische Verein au« Anlaß der bevor stehenden Wahlen sich über die Fragen schlüssig mache: WaS wollen wir eigentlich in Bezug aus die städtischen Verhältnisse? Wie sollen sich Die jenigen. die wir wählen wollen, den großen Fragen gegenüber stellen, welche die Vertreter der Stadt m den nächsten Jahren beschäftigen werden? Der Verein möge Grundsätze ausstellen, nach denen bei Festsetzung der Candidatenliste zu verfahren sei. An der Debatte betheiligten sich nun noch die Herren Broda, Häckel, Reichert, Hempel, Freyer und Bär. Herr Lehrer Freyer vertyeidigte den Lehrerverein gegen die von verschiedenen Rednern erhobenen Borwürfe, daß er nur besondere Stan desinteressen habe verfolgen wollen. Der Lehrer verein habe geglaubt, es werde den städtischen Juteressen förderlich sein, wenn im Stadtverord- neten-Collegium einige Lehrer mitsäßen und bei den so wichtigen Schulangelegenheiten ihre prak tischen Erfahrungen mit darlegen könnten. Bei der Abstimmung wurden die beiden ge stellten Anträge einstimmig angenommen und die Versammlung darauf geschloffen. Viertes Luterpe-Loncert. Leimig« 2. December. Nach einer der Men- delSsohn'schen Concert-Ouverturen wurde Robert Schumann gefragt, welche von allen Ouvertüren dieses Meister« ihm die schönste sei, und gab zur Antwort: „Jede!" So käme man auch in Ver suchung, von den Sinfonien Robert Schu mann'» eine jede für die schönste zu halten, und den Preis unter allen trüge wieder die davon, welcbe man zuletzt gekört. Heute möchten wir denn die zweite (in Oaur) so nennen, deren un beschreiblich tief empfundene- Adagio unS all dem gestrigen Euterpe-Eoocert im Innern noch nachklingt. Wer hätte den Eindruck au« der Er innerung von früher ganz ermessen können, wie ihn diese Sinfonie immer und immer wieder übt; und wer vermöchte ihn auch in der frischen Nach empfindung nun so ins Bewußtsein zu bannen, daß er dadurch zu einem bleibenden Besitz auf lange würde! Man kann sich alle« Lieben und Schönen beim Anhören erinnern, waS mau dem Leben zu danken gehabt, und eine andere Welt der Kraft und de« Gelingen«, als in der wir leben, ist eS, welche hier Gesetz und Geltung bc kommt; aber, wenn die Töne verklungen sind, bleibt uns nur wenig mehr übrig, als das Be wußtsein, daß eS eine solche Welt giebt. Wie hoch sie geartet ist, und welch«» vollen Zauber sie auSübt — wer möchte da- beschreiben? Eine Steigerung de« eigcnthümlichcn Eindrucks, wie ihn derartige Werke Hervorrufen, ist inner halb eines ConcertS nicht möglich. Genug, wenn sie zu ihrem unverkümmerten Recht kommen, und nicht Andere« hart an ihre Grenze tritt, waS die freie Einkehr hindert. Die Sinfonie stand in der Mitte de- gestrigen EoncertS; sie war gefolgt und eingeleitet von Gesangsätzen, welche ihr so wenig Abbruch thatm, alS deren Inhalt wesent lich verschieden von der Sinfonie, ab« doch von gleichem Adel mit derselben war. Ein Recitativ und Arie aus dein MessiaS von Händel: „Tröstet, tröstet Zion!" ging voran; ein Lied : „Ganymed" von. Schubext folAe, diesen, sich anschließend zwei Gesänge von Brgh«L: „An die Nachtigall" und „Wehe, so willst du mich wieder rc.". Erst in zweiter Linie von der Mitte au« standen Gade und Rubinstein: de« Ersteren „Hamletouverture" und der erste Satz gu« der Ocean-Sinfonie von diese«, — Beides malende Werke, da- Eigenthümlich« ihrer beider- fettigen Eomponisten klar in sich spiegelnd, eben so gut, wie die Sinfonie da« geistig verklärte Bild Schumann'- an sich trägt. Aber diese zeichnet Innerliche» und bringt e« zu wahrem, innerem Leben für die Hörenden; ;ene beiden malen nur äußerlich, und nähren damit die Vorstellungskraft. Das Letztere geschieht in an sprechendster Weise — auch bei Gade, welcher seiner Ouvertüre zu „Hamlet" nicht die traunge Aufgabe stellt, die Disharmonie de» Zweifels ru verkörpern, wie die« bei dieser Gelegenheit nicht da« erste Mal geschähe. DaS Herz dieser Ouvertüre ist da« gesangreiche 2. Thema. Kaum lebendig geworden ist eS allüberall in der Ouvertüre zu spüren und von da au« erhalten die übrigen Theile ihr Leben und ihre Wärme Wo e» zurücksteht, geht eS frostiger zu; ja^ die Physiognomie de« Hauptthemas auch in seiner Durchführung, so weit diese nicht mit dem GesanaSsatz in Ver bindung tritt, hat un« kalt gelassen — wie ein Theatergesicht. Kunstreich, geistreich malt Rubinstein. Ein Sei tenstück zu „Meeresstille und glückliche Fahrt" von Mendelssohn ist diese „Ocean-Ouvertüre", wie man den ersten Satz der Sinfonie neunen könnte Aber ein Seiteustück nur in der Detailmalerei! Jeder sonstige Vergleich beider Werke würde ebeuso große Unähnlichkeit zeigen, wie die Bilder der bei den Tonmeifterselbst. In kühnen, oft derben Piusel- strichcn auSgeführt ist da- Scebild eine wrllkom mene Gabe für ein Orchester, wie da« der „Euterpe". In der Ausführung diese« Satze« traten alle Vor züge diese« letzteren gegen die Mängel leuchtend hervor: lebendige Interpretation, nie ermüdender guter Wille, glückliche- Gestalten in allen Haupt sachen und sür da- Ganze — gegen wähle rische Noblesse im Einzelnen, strenge Einheit im Vorgehen der Orchestergruppen und stetige Füh lung der einzelnen Spieler, welche noch mangeln. Bei Schumann — im Scherzo und Adagio — war eS umgekehrt. Noch erübrigt zu sagen, daß die Lieder und die Arie von einer Sängerin vorgctragen wurden, welche über einen Reichthum an künstlerischen, technischen wie intellektuellen Mitteln gebietet; ihre Stimme, in der höheren Lage voller Kraft und Schmelz, dabei vortrefflich geschult und im Dienste verständniß- und seelenvoller Hingabe an die jeweilige Ausgabe, weist sie vornehmlich auf daS Gebiet charakteristischer, gemüthvoller Dar stellung, wofür die verschiedensten Nüancen in Tongebung und dynamischer Schattirung zu Ge bote stehen Eine gewisse Unsicherheit un Aus halten deS Ton- bei der Arie glauben wir im Hinblick auf die Liedervorträge, wo davon nicht- mehr zu bemerken war, auf eine anfängliche Be sangenheit schieben zu sollen. Eine hie und da über da- Maaß hinauSaehende Vorliebe zeigte die Dame sür die Piano-Effecte. Diese Sängerin war Fräulein Marie Fül lung er au« Berlin. ^ Sitzung des Vereins für Fmuilirn- ««- Volkserziehung. V-8 Leimig, 2. Dcc Die gestrige General versammlung de-Vereins fürFamilien- und Volkserziehung, welche im Saale der I. Bürgerschule abgehalten wurde, war nur spär lich besucht. Nach Eröffnung derselben durch vr. Binkau gab Frau vr. Goldschmidt einige Mittheilungen über die VereinSthätiakeit, au» welchen hervorging, daß über die Anstalten und Schöpfungen deS Vereins (VolkSkindergärten, Kindergartenschule, Fortbildungsclasse für confir- mirte Mädchen rc? im Allgemeinen nur Günstiges zu berichten ist An diesen Bericht schloß sich die Justification der Jahresrechnung und der Eaffen - bericht. Die Einnahme betrug 561 Thlr. lONgr, die Ausgabe 328 Thlr. 6 Ngr. Nachdem nocd die Wahl von 4 neuen Vorstandsmitgliedern vor- aenommcn worden war, erhielt vr. G vtze (Real- schul-Obnlehr«) da- Wort zu seinem Vorträge über die Poesie als erster Erziehung-stosf sür den kindlichen Geist. Der Redner stellte zuerst die Begriffe von Entwickelung' und Erziehung fest, und zeigte dann, wie die Hilda- goaik nur die Hindernisse weazuraume» habe, welche sich der natürlichen Entwickelung de» Kinde« entgegenstrllten, wie sie also mehr Naturwissen schaft als philosophische Wissenschaft sei und die Psychologie (v. h. die rechte Erfahrungs- Psychologie) und die Vergleichung tdie ja amb in Sprachwissenschaften rc eine große Rolle spiele) als Unterstützungselemente nothwendig brauche. Weiter sprach der Redner die Ansicht au«, daß der Entwickelung-gang eipe« Kinde- ebenso Verliese, wie der EntwickelungSgang eine« Volke«, oder der Menschheit überhaupt, daß also unter dem See- lenvermögen zuerst die Phantast« auftauche und der Verstand erst später sich bilde. DaS Kind steh« in gewisser Hinsicht auf derselben Stufe wie der Wilde, der z. B den Blitz einen feurigen Vogel nenne. Auf diese Grundlage baute der Redner den Satz, daß für da- kleine Kind nur die echte, wahre Volk-Poesie gehöre, die nicht über die Natur reflectire, sondern darin leb«; und er unterwarf dabei die Fiebe'sche Poesie und andere Kunstpoesien für Kinder einer scharfen, aber nur gerechten Kritik. Diese künstlichen Lieder sind ge macht, aber die urwüchsigen BolkSkinderlieder sind in der Kinderstube (nicht hinter dem Studirtische) entstanden. Es wurden nun Proben von beiden Arten der Kinderpocsie gebracht, die zum Theil recht erheiternd wirkten Nachdem der Redner zum Schluß die Volkspoesien in ihren Vorzügen beleuchtet und gezeigt hatte, wie sie in der Natur wurzeln, wie sic der Fortbildung fähig sind, nne sie Vielseitigkeit bieten rc. deutele er noch da» Verhältniß de« poetischen Erziehungselemente« zur nationalen Pflege an und schloß mit dem Wunsche, daß man in Kindergärten und in der Familie wenigstens die echte Volk-Poesie nicht hinter kunst- poetiscben Produkten zurücksetzen möge Der Bortrag fand verdienten Beifall und auch der Vorsitzende sprach dem Redner seinen Dank au«.
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