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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.04.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188604195
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18860419
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18860419
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1886
- Monat1886-04
- Tag1886-04-19
- Monat1886-04
- Jahr1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.04.1886
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Erscheint täglich früh S'/, Uhr. Krtartion und Lkpr-itiea JohanneSgasie 8. S»rrchstuildrn der Nr-arNoa: Vormittag- 10—12 Uhr. Nachmittags ö—6 Uhr. kür dt« dtüL«»d, n»i^«»dtrr VI-imIcny«» »acht «ch »«« R«d»cn»» »,cht ^»dwdtich. A»»atz»e »er für »te »tchftk«l«e»»e Nummer bestimmten 2«srr«tr a» W-cheutaHen »is 6 Uhr N«chmttt«^» on San«- «n» Festtagen srüh »t»'/.» U*r. In trn Filialrn str Ins.-Aimich«: vtt« Klemm, U-ivrrstlätSftraße t. Laut» Lüsche, Kathariaenstr. 22,». nur »t« '/.S lltzr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage IttstSv. Älionnrmtnlsprris vierlclj. 4'/, «AK. incl. Brinacrlodn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede eiazeine Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren sür Extrabeilage« sin Trgeblatt-Formal gesalzt) ohne PosldesSrderung 50 Mk. Mlt Postdrsördcrunq 60 Mk. Inserate 6gespaltcne Prtitzeile 20 Pf. Gröbere Schrillen laut uns. Prei-verzerchnig. TadcNartscher u.Zissernsatz nach hohermTarif. lleclämen »»ter dem Redactivn-sirlch die «arspaU. Zelle SO Ps, v»r den Jam Ute»» ach richte« die ögespaliene Zeile 40 Ps. Inserate sind slelS an die tSrpeVitlau »o senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeoanu-runüv oder durch Post nachnahme. 109. Montag den IS. April 1886. 80. ZahMNg. Amtlicher Theil. veklmiümachuus. Da« neuerrichtete H an der hiesige» MatrbäikirePe ist zu besetzen. Mil dieser Stelle ist ein Gehalt von SVVO M«rt bis 42tttt Mark jährlich und ein fünftel diese« Ge- Halls als LÜohnungSentseihädigunq dergestalt verbunden, daß der Slelleninhaber mit de», niedrigsten Satze von 3600 beginnt und nach je S Jahren 200 ^ Zulage er hält, bi« er den höchsten Gehaltssatz von 4200 ^tl erreicht hat. Entsprechend erhöht sich auch die WohnungSentschä- digung. Uewerbung«gesuche sind unter Beifügung von Zeugnissen bi« zum IS. Mat lfd. I. bei un« einzureichen. Leipzig, den IS. April 1888. Der Math der Stadt Leipzig. i)r. Georgi. Kretschmer. vklnumlmachlmr. Dom 1. Juli diese« Jahre« an ist der un« di« mit einem JahreSgehalte von 210 dotirte Stelle eine« Leichenschau- arzte« sür den 1.. 7. und 8. Leichrnscbaubezirk anderweit zu besetzen und fordern wir geeignete Bewerber hierdurch aus. ihre Gesuche bi- zum 15. Mai lausenden Jahre« bei un« einzureichcu. Leipzig, am 8. April 1888. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Tnncklrr. Vekaunlmachung. Nachdem der durch da« Hochwasser beschädigte Fußweg enttang der Pleiße nach Connewitz wieder hcrgestellt worden ist. wird derselbe dem Berkehr wieder übergeben. Leipzig, den 17. April 1888. Der Rat- der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Krumviegel. vcrmielhnng von StschSftsrLumen in der neuen Mse. Im Obergeschoß der neuen Börse, Abeudseite, sind vom 1. Oktober ab, aus Wunsch auch früher, 6 Zimmer al« Geschäftsräume zu vrr- miethen. Die Bermlethmia soll im Wege der Verktetaerung roi»ier«tag, de« LS. April, vormittags 1t Nbr in dem größten der z« vermiethenten Zimmer erfolgen. Der 8er- Irag ist aus S Jahr« fest, »on da ab gegen halbjährige Kündigung aktzuschliesjen. Die Versteigernng erfolgt sowohl für alle 6 Zimmer zusammen al« auch einzeln. Die Entschließung, ob dieselben lm Ganzen oder einzeln abgegeben werde» sollen, bleibt Vorbehalten, ebenso die Aus wahl unter den Bietern. Die Besichtigung der Räume ist schon vor dem obigen Zeitpunkte gestaltet. Leipzig, den 17. April 1888. Die Handelskammer. vr. Wachsmuth, vr.Gensel.E. Vorsitzender, Vekannlmachmlg. Nach einer anher erstattete» Anze ge ist da« von der unter- zelchneten Sparcassenverwaltung unter Nr. 1752 ans Kranz Moritz Toiuaschke in Leipzig laulende Svarcassenbuch abhanden gekommen. In Gemäßheit von H. 10 der hiesigen Spaskassenordnung wird der etwaige Inhaber dieses Buches hiermit ousgejordert, seine An sprache an dasselbe bei deren Berlust innerhalb 3 Monaten und spätesten- bis xum 22. Juli 1886 allhier anzamesden, widrigensakls das E ulagebuch für ungültig er- klärt und die Einlage dem Verlust-Anmelder wird anSgezahlt werden. Gohli» bet Leipzig, am 15. April 1886. Die Sparrafien»er»altuna. Sin gar. Zgr. vie allgemeine Ausstellung von Echülerzeichnungen der städt Schulen: Real-, Thomas« und Nicolaigymnasium, Realschule, höhere Schule für Mädchen, Fort- bildungSichule für Mädchen, 1. u. 2. Fortbildungsschule für Knaben, 1.—7. Bürgerschule und 1.—8. Beztrksschule für Knaben und Mädchen, sowie der Ralb-sreilchnle ist geöffnet Palmsonntag Nachm. 3—6 Uhr. Montag «. Lten-tag von früh st »iS Nachmittag« S Uhr. Local: Erste Bürgerschule für Knabe». Zutritt frei, Kindern nur in Begleitung Erwachs«»« gestattet. Kltnzer, städt. Zelcheninspeetor. ^ Ersucht wirb dar am 1». December 1872 geborene Realschüler «uSolph Walter Pal». Derselbe hat sich seit 1k. d». Mt«, aus eltarlichrr Behausung ent- sernt. Me Polszeiorgane werden ersuch«, Ermittelungen über da» Schicksal de« Knaben« anznftelle«, eventnell sofort Anzeige anher zu rrstatier.. Bekleidet war derselbe mit einem neuen Jacketanzug (dunkelblau), Echülermütze and Halbschu-e Der Vermißt« hat als besondere« Kennzeichen Sommersprossen im Geficht. VolkmarSdors, am 17. Avril 1888. Dt« Polizet-Vertpalt«»». Lehman». Vgl. Nichtamtlicher Theil. vie socialistische Sewegmg in Lelgien. Man würde sich febr täuschen, wenn man den beschwich tigenden Nachrichten Glauben schenken wollte, welch« der ossicielle und osficivse belgische Telegraph über die angeblich völlige Wiederherstellung ter öffentlichen Ruhe im Land« zu verbreiten bemüht ist. Gewallsame Ausschreitungen sind allerdings seiten« der massenhasle«, von den zahlreichen revolutionairen Agenten und rotben Blätter» ausgrhrtzlen Arbeiterbevölkerung nicht mehr vorgekommen, nachdem die belgische Regierung sich freilich etwa» spät entschlossen, die anarchistische Bewegung mit Dassengewalt zu unterdrücken, aber von einer wirklichen, vertrauenerweckenden Rückkehr der Ruh« kann »ach zahlreichen Anzeichen und Kundgebung«» »och lang« »icht bi» Red« sei». Hie Stimmung u»d Haltung de« weitau« größten Theil« der belgischen Arbeitermassen haben vielmehr ihren drohenden Charakter noch keine«weg« abgelegt, ja im Hinblick aus diese Thatsache ist es geradezu unbegreiflich, wenn die von Brüssel in die Welt gesendeten osficiellen Depeschen und Nachrichten u behaupten wage», daß die Ruhe eine vollkommene und eine weitere Störung derselben zu besorgen sei. Gegen diese unwahre Angabe der klerikal gefärbten belgischen Regierungs krise erheben sich schon seit mehr al« einer Woche nicht allein alle unabhängigen ordnungsliebenden belgischen Blätter, sondern wir finden denselbenProlest auch in englischen, za selbst französischen Zeitungen, welche da« ebenso unwürdige al» nutzloseBertuschungS- ystem der belgischen Regierung nicht genug tadeln können und aus Thatsachen gestützt den Beweis führen. wie wenig man Ursache habe, diesen Kundgebungen und Versicherungen der belgischen Regierung Glauben zu schenken. Dagegen wird von alle« vorher genannten Blättern über einstimmend berichtet, daß die Lage in Belgien noch fort während eine sehr ernste sei und man gar nicht wissen könne, wa- die drohende» Arbritermassen sür die nächste Zukunsl noch im Schilde sübren. Es fehlt sogar nicht au Stimmen, welche behauplen, daß die international-socialisiisch-anar- chistische Verschwörung Belgien zum Schauplatz gewählt, von wo die rothe Revolution, durch die geographische Lage Belgien« begünstigt, sich gleichzeitig nach Frank reich und Deutschland zu verbreiten habe. Wenn auch diese Austastung mindesten« im Hinblick aus Deutschland, keine wirkliche Gefahr bedeutet, so dars man sich andrrerseilS doch nicht den Wahrnehmungen verschließen, welche die gegen wärtig so bedenklich unterwühlten Zustände Belgien« jedem objektiven, gewissenhaften Beobachter bieten. Während dir Regierung in Brüssel erst spät die schon längst nvibig gewesene Energie gegen dir socialistisch-anar- chisttschcn Wähl» entfaltete und jetzt ziemlich erfolglos nach dem rotben „BolkskatechiSmuS" fahndet, nachdem bereit« 400,000 Exemplare verbreitet sind, dauern die Agitationen an allen Ecken und Enden de- Lande» ununterbrochen fort. Nach den unabhän gigen belgischen Blattern vergeht kein Tag. ohne daß man von großen soc>aldemokratischen Versammlungen hört, welche die Arbeiterführer Düsuisscaux, DolderS, Flaviaux, Splingard, Antcele und andere Agitatoren bald da, bald kort unter großen, Znkrange veranstalten. In der Fabrikstabt Ninrv bei Gent, wo fast sänimtliche Arbeiter der socialdeiiiokratischev ActionSpartei angehören und sich noch immer weigern, die Arbeit wieder auszumhmen, werden nicht weniger al« zwei Versammlungen täglich abgrhalten. in welchen geradezu der offene Aufruhr gepredigt wird. Die streikenden Arbeiter, be sonder« die der zahlreichen Spinnereien, sind mit Geld- Mitteln wohl versehen und treiben sich den ganzen Lag und die halben Nächte in den Kneipen und Easss umher, wo allerlei Unfug verübt wird, der täglich zu Eonssicten mit der Polizei und den Patrouillen der Bürgerwchr führt, welche den Arbeitern ganz besonder« verhaßt »st. wa» zu allerlei Berhöbnungen und Herausfor derungen der Bürgerwehr Veranlassung giebt. In den der- flrcklcstcn „llaurg, bonrns" der flandrischen Provinzen liegen die bedenklichen Folgen der anarchistischen Aufreizungen ganz offen zu Tage. Da« Gleiche ist unter der dichten, z» alle» Gewaltlhalen bereiten Arbeiterbevölkerunq von Charleroi, Mo»« und Lüttich wahrzunehinen. Wa« Brüssel bc< lrifst, so folgt auch dort eine socialdemokralische Ver sammlung der anderen, worüber aber die Regierungs blätter stet« ein vertuschendes Schweigen alS zweckmäßig erachten. Bald steht die ,^vanä-garlle" röfiublicaiva", bald die ^LäLnttlon ouvritro", bald der ^lllud rLpubllcuin" im Vordergrund einer thatsächlich iu die breiten LolkSmassen dringenden Agitation. Da kann man sich kaum wundern, wenn die thriliveise Wiederausnabme der Arbeiten durch neue Streiks unterbrochen wird. Solche werden abermals seit einigen Tagen au» den Kohlengruben von Charleroi, auS den Steinbrüchen von Lüttich, au» den Provinzen von Namur und Gent, ia sogar auS der Stabt Aiilwcrprn gemrldel, wo auch vie Hafenarbeiter sich der allgemeinen socialbemolratisch- anarchistischcn Bewegung angeschlosscn haben. In Landes ist sogar von einer Rotte Ausrührer der Versuch gemacht worden, das HauS Le» DirectorS einer Eisengießerei mittelst Dynamit in die Lust zu sprengen. Inzwischen hat der Hauplagitalor Alsred Döfnilieaux einen ^clöuxiümo cLlöcbismo cku pauvro psnple- herausgegeben, welcher ebenso reißenden Absatz findet, wie der erste und da» Volk auf die Ereignisse 13. Zun» vor- bereiten soll. Die gegenwärtige belgische Negierung steht allen diesen Erscheinungen und Drohungen ohnmächtig gegenüber und sucht vergeblich nach Mitteln, um der Bewegung Herr zu werden. Die liberale Partei ist gegenwärtig zu sehr mit der Beseitigung der Gefahren beschäftigt, welche ihr von social- demokratischer Seite drohen, aber andererseits seblt es doch nicht an Anzeichen und Tbatsachen, daß dir Tage der kleri kalen Negierung Belgien» gezählt sein dürsten. Leipzig, 19. April 1886. * Wiederholte Erfahrungen haben dargethan, welche be« deutlichen Folgen Arbeitseinstellungen für Staat und Gesellschaft haben können. Denselben vorzubeugc» ,st eine Verfügung de« preußischen Minister« deS Innern vom ll. April diese- Jabrc» bestimmt, welch« die Ausmerk» samkeit der zuständigen Behörden aus diese» Gebiet hinlenkt und ihnen bestimmte Handhaben für die Behandlung ter ihnen hierbei erwachsenden Ausgaben giebt. Danach tollen die Polizeibehörden sich zwar der gesetzlich bestehende» Coalition». freibeit gegenüber jeder Maßregel sorgfältig enthalten, welche al« eine Parteinahme sür die Arbeitgeber gegen die Arbeit nehmer oder umgekehrt erscheinen könnte, auf der anderen Seile aber zur Ausrechlerhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung streng darüber wachen, daß der Lohnkamps ausschließlich aus friedlichem Wege und mit gesetzlichen Waffen zum AuStrage ge- langt. Jedem von der einen oder der anderen Seite au-gehenden versuche, anläßlich der aus dem Gebiete der Lohnbewegung entstehenden Slrritigkeiten den legalen Boden zu verlassen, soll daher nachdrücklich »nd mit all-n gesetzlichen Mitteln enlgegengetreteu werken. Von den straf rechtlich z» verfolgenden Vergehen abgesehen. gehören zu den Ausschreitungen, welche den Charakter widerrechtlicher Gewalt samkeit an sib tragen, namentlich die Versuche, einbeimische oder an«wärtige Arbeiter daran zu hindern, al» Ersatz in die entstaudenen Lücken einzutretrn; ferner namentlich dir Agita tionen ans den Bahnhöfe,, sowie die Verhöhnung m>d Be lästigungen der weiter arbeitenden Arbeiter. In allen solchen Fällen sollen di« Polizriorgane dem be- trossenen Theile Schutz und Beistand gewähren. Ganz besonderer Ueberwachung sollen indrß diejenigen ArbeitS- einstcllungen unterworfen werden, welche durch die social» demokratische Agitation angestistet sind oder auch nur in ihrem wetteren Fortgänge der Leitung derselbe» verfallen, dir somit ihren wirlhschasllichen Charakter adstreisen und einen revolutionairen aiinehmen. „In dein Augenblicke — heißt e« in der ministeriellen Verfügung — wo durch Thalsachen jene den llinsiurz- bestrcbuiigen dienende Tendenz bei einer Arbeitseinstellung zu Tage tritt, wird auch die Noihwendigkeit gegeben sein, gegen die mit ihr zusammenhängenden össeullichei, Kundgebungen aus dein Gebiete der Picsse, sowie deS Vereins- und Ver- saiiirittuiigs.vcsen« die Vorschrisle» de» Gesetze» gegen die gemeingesährlichen Bestrebungen der Soeiat- vcmokratie vom 2l. Oktober 1878 mit derselben Strenge i» Anwendung zu dringen, wie gegen jene Be strebungen überhaupt. Insbesondere wird nach Befinden der Umstände in denjenigen Bezirken, innerbalb deren die im tz. 28 deS oben angesiilirtci» Gesetzes vorgesehenen außerordenl- lichen Maßregeln >» Wirksamkeit gesetzt sind, von letzteren auch gegen Führer von Streikbewegungen Ge brauch zu machen sein, sobald die Behörde die begrün dete Ueberzeiigung g-winnt, daß von diesen Personen eine Gesädrbung „er ösfcittllchen Sicherheit oder Ordnung zu besorgen in." Zum Schluß der Verfügung wird aus da» Recht und die Pflicht de» VerwallungSchess de« betreffenden Bezirk» hin- geivicscn. im Falle eine- durch Ardeiltzeinilellungen veranlaßteir Aufruhrs sofort bei dem obersten MilitairdesehlS- tzaber die Erklärung de» Belagerungszustandes in Gemäßheit de« Gesetze» vom 4. Juni 185t zu beantragen. * Der »Kreuz-Zeitung", einem Blatt«, welche« sich noch immer anmaßl, das Organ der konservativen Partei zu sein, wird heute durch di« .Nor ddentsche Allgemeine Zeitung" eine Abfertigung zu Tbeil, die an Deutlichkeit nicht» zu wünschen übrig läßt. Da» Regierungsblatt schreibt: Tie „Kreuz-Zettung" hat die Bcraihung ü:r Nrcheuvolitt- lch.'ii Vorlage zum Anlaß genommen, um eme» Ausfall gegen die Nation» Uideraleu zu machen und dabei auch drrRegterung einen hieb zu versetze». „Möge die Regle rang", sagt das Blatt, ,.n>N den Nattoaolliveralen aveln gehe», di« conservntiv- Partei eat mlt dem LauIalnexuS der Dinge, die za dem gegenwärtigen Sturm und Drang geführt baden, und mit den vcrfchledenartigeu Rünierzagen in der längsten deutschen Geschichte so wenig »u schaffen, daß sie die ihr jetzt gütigst zugeschobene Füvrerrolle schon au» Mangel a» Localkeniittriß ablchnen müsse." Zunächst müssen wir die .Kreuz.Zetiung" darauf aufmerksam machen, daß sie ket« Recht hat, u amen« der conservaliven Partei das Wort za nehmen. Sie ist noch weniger da« Organ der cvuscrvativen Partei al« die „Germania" das des EentrumS ist. Wenn die „Germania" noch einen starken Pcocenlsatz de« EentrumS hinter sich hat, so kann die „Kreiiz-Zeilung" da« nur van einem vcr- hällnibiiiäsjiq geringen Bruchtheile der conservaliven Partei in, Lande »iid ihrer Jractioue» in den Parlamente» nuchweifc», die Mehrheit der Lonfervativen hal mit der „Kreuz-Zeitung" die Ziele und Wege nicht geineln, und diese- Blatt ist Nicht der AuSdrnck ihrer Slim- mungeii. Die „Krenj-Zkltnng" hat zweiten« kein Recht, zu behaupten, daß „sie mit de,» Eausalnexu« der Dinge, di« zu dem gegenivLlttge» Sturm und Drang geführt haben, ,»ch>« zn schassen habe". Gerade die „Krruz-Zeüang'" ist e« gewesen, welche die conservolive Partei an rtuer Zeit, wo ihr Einfluß aus dieselbe stärker war als heute, tu den „EausalnexuS" hliieingctriebcn hat, indem sie den Bruch der Eonservatideu Ansang» der stebenziger Jahr« heibeiluhrte and durch oerleumdertsche Angriffe ans'die Negierung unheilbar machte. Wir erinnern an die Anfänge de« Luliuikampse«, welch« sich an du« SchulaussichtSgesetz knupjtci» und an die gekäisige» Angriff« aus die Regierung und inSbesondkre aus den Fürsten BiSuiarck, die damals von der „Kreuz.Zeiiung" au-gingen. Antnüpiend an «ine Bemerkung de« Miiiistkipiasldenten, daß in elnem constituiionellen Staate die Minister einer Majorität bedürften, erklärte das genannte Blatt, ,,e« müsse da« monarchilche Princip gegen Paria- menlarische Majoritälöwnthichast vindicirt werden"; e» klagte den Fürsten BiSmarck an, daß er die Minisierveraniwortlichkell ganz im Sinne französischer Theorien behandele, und daß er lm Widerspruch der preußischen Verfassung ein« amtliche AuIorilLlSstellung de« Minlstcrpräiideiite» beanspruch«. Endlich wurde die Bejchuldlgunx erhoben, baß Fürst BiSmarck da« christliche Bekenntniß anjeinde. Unter nnsähigcr Leitung, der uliramoiilane» und polnischen Strömung krtlikloS bingegebe», wurde die „Kreuz- Zeitung" wehr und mehr ein Milkäiiipler der rohesten Hetz blätter gegen die Regierung. Es ist bekannt, daß damals Leute, die der „Krcuz-Zeitung" nahestonde», keine Scheu getragen baden, sich au der von der „Reichsglocke" gewerbsmäßig betriebene» Ebrabschneiderel activ zu betheiligen. Hatte doch die „Kreuj-Zeilnug" le .st in deu berüchtigten Aera-Anikel» die schändlichste» Ver leumdungen ia die Welt gestreut, nur mit dem Unterschiede, daß eine Form von ihr gewählt worden war, welche gegen gerichtliche Versolgung deckte. Dank dem Ansehen, welche« sie sich zur Zeit ihre- EiiistebenS erworben hatte, als sie in preußischer Treu» dem Vaterlande namhafte Dienste leistete, gelang e« ihr, die konservative Partei irrcziijühren und sie zum Kamps« gegen die Regierung zu verleiten. Die bekannte Demonstration der „Deklaranten" wurde von der „Kreuz.Zeitung" derart tn Scene gesetzt, daß Hunderte von eva ngelische» Geistlichen und viele der hervorragendsten Eonscrvativen mit ihrer Namrnluuterschrist Sssentlich sür jene Verleumdungen gegen den Reichskanzler eintraten. Man braucht sich nur dle Frage vorzulegen, wie würde sich der Kulturkampf und die Reichsgeietzgebung überhaupt ohne den Abfall der conisrvativen Partei gestaltet baden, um >eden Zweifel darüber zu beseitigen, daß die Eingang« erwähnte Behauptung der „Krenz- Zeitvng" ein« haltlos« Unwahrheit enthüll. Bon der conservaiivei, Parte» verlassen, mußte die Regierung anderweitig die Unterstützung suchen, deren sie zur Erhöhung »nd Belebung der neuen Reichs- tustiiutionen bedursie, und sie fand sie bei den Ratsoiiolliberole» In Verbindung mit diesen aber war sie genöthiq», den Kamps gegen den UliramontaniSmu« »ach einer anderen Taktik zu sübren »!« sie e« an der Stütze der konservativen Partei gekonnt hätte. Daran« folgt, daß letztere allerdings mit dem LanIn'i'exuS der Dinge, die zn dem gegenwärtigen Etnrm »nd Drang geführt haben, z» schassen bat, vor Allem aber di« „Kreuz-Zeitung" al« die «ntellectu-lle Ur heberin der Parleiftlllung, welche die Loniervativen bei der Ent stehung »nd während de« Eulturkampsr» eingenommen haben. Mog die „Kreuz-Zeitung" noch so viele Künste der Dialektik auswenden, ui» sich weiß zu wascheu — l»otn loqnuotur, dle Thatsache» legen Zeugniß gegen sie ab. *Br> der NrichStafzSnachwahl im zweite» hannoverschen Wahlkreise, bei welcher der national- liberale Eandivat mit fass l',00 Stimmen über den „deutsch, freisinnigen" siegte, haben sich die Sorialk emo traten, vermuthlich au« persönlichen Gründen, der Abstimmung enthalten. Daß e« letzteren recht schwer grworde» ist. nicht sür den „deutschsrrisinniczen" Candivaten rintretenzu können, ergiebt sich sehr deutlich darau«. wie im social- vemokralischen „Norddeutschen Wochenblatt" bei Ver kündigung de« Wahlenthattiing-.Eiilschliiffe« die Verdienste der Fortschrittler und „Deulschsreisinnigen" um die social demokralische Sache unumwunden anerkannt «erden; hierüber sagt da» socialdeniokralische Organ: „Wir gestehen osse», daß e« nu« au» toktllchen Rücksichten per- sönlich lieber gewesen wäre, wenn die Fortschrittler ge siegt hätten, da wir genau wisse», daß dieselben bei der Laad- bevälkeruug den Unterpslug sür die Soetaldemokratte bilden, and e« uns erst dann möglich wird, bet den Bauern Erfolge zu erringen, wenn dieselben sicherst durch verschiedene Jahre daran gewSlmt haben, ivenlgslen« scheinoppositionell, k>. h. sortschrlttlich zu wählen. Sehen str dann ein, daß bet deu Phrasen der Deulschireisinnigen auch nicht» zu profilircn ist. dann sind sie eher dahsn zu bringen, noch einen Schritt weiter zn gehen und sich von der Nichtigkeit der Grundsatz« der Ardeüeeoartrt zu über zeugen. Im Grunde genommen arbeiten also dteHerren Fortschrittler immer »ur sur vnt, uad wir trete» doch schließlich die Erbschaft derselben an." Wenn den Parteigenossen Eugen R ich ter'« von anderer Seite vorgehalten wurde, daß sie nur al» gut« Vorfrucht sür die Socialdrmokratie arbeiteten, hat es stet» einen gewaltigen Lärm darüber gegeben. Die Cocialdemolraten selbst müssen doch aber, wie die .Norddeutsche Allgemeine Zeitung", welche dir« Thema in einem längeren Lrilarlikel bespricht, treffend hrrvorhebt, am dessen zu bcurtheilen wissen, wer sür sie und wer gegen sie arbeitet, und wenn hier in so klarer Weise, wie e» zuvor nie geschehe», sogar unter Bei behaltung de« den landwirthschasllichen Verhältnisse» entlehnten Gleichnisse« den „freisinnigen" Arbeiten sür die Social demokratie Anerkennung gezollt wird, dann dars man ge spannt sein, wie man sich sür diese „Anerkennung" dankbar er weisen wird, und ob bei zukünftigen Wahle» dem gebildeten Bürgerlhum in Stadt und Land die Augen ausgehen werden, wer sein« wahren Freund« sind. « * » * Me an« Konstautlnopel gemeldet wird, hat di« türkische Regierung ein« neuerliche Bestellung von Ge schützen bei Krupp gemacht, die di« Ende Mai abgeliesxrt werden müssen. Der Direktor der Pulverfabrik, Sabit Pascha, ist bereit« auf dem Wege nach Essen, um die Her stellung der Geschütze zn überwachen. — Die kaiserliche Dacht aus welcher die zur Begrüßung de« Kaiser« Alexander lll. bestimmte Mission die Reise nach Livadia unternehme» soll, ist bereit» vollständig zum AuSlaus bereit Bi» jetzt ist aber die desiuitive Ernennung der Mitglieder dieser Mission noch nicht erfolgt. « Die Cbolera ist jenseits der >lpe», nach Au«- weis dec telegraphischen Bericht«, wieder in der Zunahme begriffen. Mag sie nun. wie behauptet wird, von Indien eingeschleppt sein nver sich au« rückständig gebliebenen Keimen entwickelt haoen: jedenfalls bedroht sie den öffentlichen Ge sundheitszustand und auch die Handels- und VerkebrSverbält- »iffe, mittelbar also da» gesammle Erwerbsleben Italien» mit neuen schweren Gefahren, bei denen auch daS übrige Europa kaum gleichgiltig bleiben kann. Wa« Deutschland betrifft, sei nur daran erinnert, daß jetzt die Zeit da ist. wo die Zuzüge italienischer Arbeiter über die Alpen ihren Anfang nehmen, desgleichen die Saison sür Touristen und GeschäslS- reffende, mithin dem deutsch-italienischen Verkehr eine wesent liche Steigerung erwächst und in gleichem Maße die Gefahr einer Verschleppung von Cholerakciinen näher rückt. Unsere Staats- und Gemeindebehörden dürsten daher kaum umhin können (so wird ossiciö» geschrieben), auch jetzt wieder recht zeitig die sanitären VorbcugungSmaßregrln zu treffen, welche bi» jetzt unser Vaterland vor dem Eindringen de» »nbeim- lickien Gaste» haben behüten Helsen und auch in Zukunft hoffentlich behüten werden. * Eine kürzlich veröffentlichte publicistische Leistung der Paul Dtroulöve'scken Patriolenliga. da» Tendenz, opu»: „Avant I» bataillv" begegnet auch in der öffentlichen Meinung Englands der abfälligsten Beurtheilung. So sährt z. B. der Londoner.Glvbe", nachdem er constaUrt hat, daß die Theorie jener Hetzschrift von dem Gedanken auSgehe, Deutschland plan« einen neuen Eiusall in Frankreich, nicht um letzterem noch mehr Milliarden und Provinzen weg- zunehnien, sondern Frankreich ein sür allemal niederzuschlagen, und daß, wenn Denlschland nicht durch Rachsucht, sonder« durch Furcht zum Kriege getrieben werde, die» der aller- verzweisellfle Beweggrund sei, der ei» Volk beseelen könne, folgendermaßen sort: .Wenn da» auch nur halbwcg» zutreffcn sollte, so rrlcheiiil e» schwer verständlich, wie ei» Buch gleich „^vluit Ia liaUtiUv" zur Besänftigung der Gemüthcr beitragen kann. Natürlich muß man verniuthen, daß die in Rebe siebende Schrift, indem sie den Teuljchcn die »illttatnscheii Hilfsquellen Frankreich» vorsührt. Erster« »ölbige» will, »Kren Gelüsten Zwang anzulblin. Da« wäre aber eine absonder liche Rechnung. Eine solche Warnung ist von einer Heraus forderung in NichlS verschiede». Sich zu brüsten, daß inan binnen zehn Tagen mit 800,000 Mann »>« Feld rück,» kann, ist ter direclestc Weg. den Gegner berechne» zu machen, in wir viel weniger Tagen er viele Tausend Man» mehr mobiii- siren kan». Ü.berdcm, je starker zu sein sich Fraiikreich den Anschein giebt. desto gefährlicher und uiicrtiäglicher muß eS alS Nachbar erscheinen. Wen» Dlulsckland sich m Wahrheit mit KriegSgedaukcn trägt und Frankreich in lä Jahren so furchtbar ersiarkl ist. so wäre die natürliche Folgerung, der rechte Angriffsmomcnt sei da, ehe Frankreich Zeit hat, noch stärker zu werden, und so lange der größte persönliche Ein fluß der Welt da« deutsch« Reich noch sest zuf'ammenhätt." Jur Lage. XI,6. Berlin. 17. April. Tie Thatsache. daß die Na» tionalliberalen in der kirchenpolitisch-n Frage zum Fürsten BiSmarck in Gegensatz traten, ist denjenigen, welche so oft vergebens da» Ende be» NalionaUiberaliSmuS prophezeit baben, ein Zeichen, daß ibre Weissagung nun end lich in Erfüllung geben werde. Hätten die NalioiiaUiberalen Alle? angenommen, so würden dieselben Leute wahrscheinlich verlündct haben, daß dies: unglückliche Partei die letzte Ge legenheit, sich in weilen Volksschichten, noch einmal zu be- icstigei,. verscherzt und ihrer blinden Gefügigkeit gegen den Willen de» Kanzler« ibre Zukunft geopfert bade. Jetzt muß sie selbstverständlich umgekehrt ihre Zukunft dadurch preic - gegeben haben, baß sie sich vom Kanzler getrennt hat. In Wahrheit werden diese vortrefflichen Propheten die Verwirk-
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