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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.08.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-08-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188608127
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18860812
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18860812
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1886
- Monat1886-08
- Tag1886-08-12
- Monat1886-08
- Jahr1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.08.1886
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Erscheint täglich früh ü'/, Uhr. Krdaltion und Expedition IohanzicSgasie 8. Sprechstunden der Uedacnvu: Bormiltags lO—12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. kUr »ir riuck-1-d, e!,i.,,i-i>n-r M-Nlilcriptk ma-l st» tic Rcdacno» u"t> »crdmtli», Annahme der für die nächstsolgenve Nnminer bestimmte,, Inserate an Wochrnta«,» di« S Uhr «achmitta,«. an S-nn- ,,»d Festtage» früh b,s '/.v Uhr. Zn den Filialen für Ins.-Ännahme: Otto Klemm, UnivcrsitätSstraße 1. LoniS Lösche. Kalharinenstr. 23, p. nur bis Uhr. Auflage Lk),6Ztt. Älionnemenlsprris viertelj. 4'/, Mir. incl. Vringcclohn ,> Mk., durch die Pest bezogen »l Mk. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebünrrn für Extrabeilagen ssn Tageblatt. Format gesalzt) ohne Postbesörderung 50 Mk. Mit Postbesörderung M Mk. Inserate ssgespaltenc Petitzeile 20 Pf. Größere Lchrifle» lau, uni. Preisverzeichniß labellarijcher ».Ziffernsatz »ach höher», Tarif tieclamr» unter dem RedactionS strich die «gespult. Zeile 50Pf., vor de» F am Nie »Nachrichten die 6gcipalie»e Zeile 40 Ps. Inlerote sind stet- an die Expedition zu sende». — Rabat, wird »ich, gegeben. Zahlung pruenuiiiernnäo oder durch Post nachnahme. -1« 224. Donnerstag den 12. August 1886. 8V. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vckanntmachmlg, die Wahl von Wahlmännern zur Handels kammer betreffend. Zu der diesjährigen Ergäiizungsioahl für die HandelS- fammer sind zunächst die Wählmänncr durch llnvcchl zu crueuiien, für welch letztere wir Herrn Slavlralh M. Pohlentz »als Wahlvorsteher und Herrn Stadtratli Nob. Grüner als stellvertretenden Wahlvorsteher zur Leitung berusc» habe». Es werde» daher alle in Leipzig, sowie im Bezirke der Königlichen Amtshauptmannschaft zu Leipzig wohuhaslen Kaufleute und Fabrikanten, welche a mit über 1900 Euikoinmen »ach tz t7ck und 8 2l deS EinkviniuenstcuerqejetzeS vom 2. Juli 1878 im OrtSstcuercalaster eingeschätzt, l>. 25» Jahre alt, o. nicht nach de» bestehenden Gesetzen vom Stimuirechle i» der Gemeinde oder infolge der Pcriibnng cincS BerbrechenS von den staatsbürgerlichen Rechte» aus geschlossen sind, sowie die Vertreter und bez. Besitzer der im Bezirke gelegenen siScalische» »iiv couimunlichen GeioerbSanstallen, Eisenbahn-, SchissiabrlS-, Bergwerks- und Steittbruchönnlernehinnugen, soweit sie den unter h. und c. angegebenen Bedingungen genügen, bez. den unter a. angegebenen EcnsnS erreichen, geladen, zur Ausübung ihres Wahlrechtes und bei Berlust deS letzteren sür die jetzt vor;nncbiiiende Wahl Freitag, den 27. August 1880 in den Stunden von 0—l2 Uhr Bor- »nd 3—6 Uhr Nach mittags -.» de». Wahllocal, dem Laalc der Alten Waage, Katharinenstraste 20, lll. Stock, i» Person i>ch eulzusiiiten nno einen mit 00 Namen wählbarer Personen versehenen Stimmittel cibzugebeu. Zur Legitimciticu hiniichllich seines Wahlrechte- hat jeder Wählende die Quittung über Entrichtung deS letzte» (diesjährigen ersten) Einkommcn- steucrtcrmins vvrzuweisen, auch, soweit uöthig, das Vorhan^cuseiii der unter d. und o. ausgesuhrken Bc- dingungen darzulhu». Außerdem haben diejenigen Wähler, welche ihr Wahlrecht alS Vertreter eines Geschältes, beste» im OrlScutastcr ein getragenes Eiiikouimen »ach tz. 17ck und tz. 2l des Ein- ko»ii»enst"»ergesrtzeS nicht ciuSrcicht, »m sämnilliche Sbeilhaber alS wahlberechtigt zu betrachten, anSüben wollen, sich durch ein Zeugnis; der persönlich hastenden Theilhaber deS von ihnen vertretenen Geschäftes zu lsgitiinircii, ebenso Vertreter j iristischer Personen, bez. siscalischer und cvminunlicher llnler- iieh>n:»igen durch ei» Zeugniß der Vorstände und Dienst behörden. Wählbar sind alle Stimmberechtigten. Leipzig, am 5. August 1886. Der Rath der Ltadt Leipzig. VI. 3418. Du. Tröndlin. Reichel. Bkkllllllliniiilllnig, die Wahl der Wahlmänner zur Gcwerbekammer betreffend. Wegen der diesjährige» ErgänznugSwahl für die Ge- werbckamincr hat das Königliche Ministerium deS Innern i» Geiiiäßbeil von tz. 6 der Nerordnung, die Handels- und Gewcrbekaininer betr., vom 16. Juli >868 beschlossen, die bei de» letzten Wahlen im Jahre 1877, 1880 »uv 1883 ;» Grunde gelegte Eintheilinig der Wahlbezirke, sowie die Ge- sinimtzahl der Wahlmänner beizubolialten,* auch in der eine Wahlahtheilung für sich bildenden Stadl Leipzig im Ganzen wieder 52 Wahlniänner wähle», dabei jedoch so versabren zu lassen, daß jeder einzelne Stiinmbcrechtigte in Leipzig nnr 13 Wahlmänner zu wählen hat. Nachdem wir nun Herrn Stadtralh b Fiedler alS Wahlvorsteher und Herrn Stadtverordneten M. A. Ehmig alS stellvertretenden Wahlvorsteher zur Teilung der Wahl- inäniierwabl berufen haben, so werden alle in Leipzig wohnhaslen, für die Gciverbckaminer Stimmberechligte», nämlich: a. Kausleute »nd Fabrikanten, die mit höchstens 1900 .6, aber mit über 600 Einkouiinen nach tz. I7ä und tz. 2l deS Einkommensteuergesetzes vom 2. Juli 1878 im OrlSstsuercalasser eingeschätzt sind, h. alle nicht zu den Kauslculeu und Fabrikanten zählenden Gewerbetreibende», die ini OrtSstcucrcataster mit über i.oo.« Einkommen »ach tz. l7ä und tz. 2l deS Ein- komineiisieuerzesetzeS eingeschätzt, n 25 Jahre alt und ä. nicht »ach den bestehenden Gesetzen vom Stimmrechte in der Gemeinde oder in Folge der Verübung eines Ver brechen» von den staatsbürgerlichen Rechten ausge schlossen sind. geladen, zur Ausübung ihre« Wahlrecht- und bei Verlust dcö letzteren für die gegenwärtig vorzunehmende Wahl Montag, den 30. August 1880, Nachmittags in den Ltuude von 3—0 Uhr i» den, Wahllocale. dem Taale der Alten Waage, Kathariaenstraste 20, 2. Stoek, persönlich sich einzu- siiite» und einen Slinimzettcl, aus welche», 13 Namen wählbarer Personen angegeben sind, abzugeben. Zur Legitimation hinsichtlich seines Wahlrecht« hat jeder Wählende die Quittung über Entrichtung de» zuletzt vorhergeganarne» (also hier de» die». ,ährtgen ersten) Stukommeusteuertermia» vor- znweisen, auch, soweit nöthig, da» Vorhanbenseiu der unter o. und ä. ausgeführten Bedingungen darzuthun. Diejenigen Wählenden, welch« al« Dertreter eine» Ae- schäst». Vesten im Ort«catast»r eingetragene« Einkommen nach tz. 17>l und tz. 2t deS Einkommensteuergesetze« nicht au«reichl. um säinmttiche Theilhaber at« wahlberechtigt da« Wahlrecht au«itben wollen, haben sich dur der Geschäftsinhaber zu leaitimiren. Wählbar ist jeder Stimmberechtigte. Leipzig» am 5. August 1886. Der «ath der «ladt VI. »4i8. vr. Tröndlin betrachten, ei» Zeugniß eichel. Vekanntmachnng. Tle von uuS ausgeschriebene Pflasternng verschiedener Droschkenbaltestelb» iü vergebe» und werden oie nicht berück sichtigten Herren Bewerber ihrer Angebote entlasten. Leipzig, am 7. August 1886. i>, Der Rath der Stadt Leipzig. ' 908 Dr. Tröndlin. Kr ff'lllkllll'äl Nachdem die Landtagsivahlliste für hiesigen Orl rwjdirt und berichtigt worden ist, liegt dieselbe vom Erscheine» dieser Bekanntmachung ab l4 Tage lang tm hiesige Äc- meindeamte während der üblichen Gcichäitssiunden zu JedermainiZ Einsicht aus und sind Einsprüche gegen dieselbe innerhalb dieser Zeit bei dem Unterzeichneten anzubringen. Eutritzsch, am 7. August 1886. Der vemeinde-vorstanö. Thomas. Nichtamtlicher Theil. Vas Jeluilengesth. * Bei einem ziemlich künstlich hcrbeigczogeiicir Anlaß, nämlich anläßlich der Forlsührung einer Geschichte des Jesuitenordens, hat sich der Papst bewogen gesunden, ein Breve zu erlasse», welches diesen Orden und seine Wirksamkeit mit den höchste» Lobsprüchcn überhäuft. Unwillkürlich wurde man dabei an die kurz vorhergegangencn wiederholten A»S- sübrungcn der ..Post" erinnert, welche darauf auinierksc»» machte, daß die Ultrainoiitaiic» sür die nächste parlamentarische Session einen Antrag aus Aushebung des JesuilengesetzeS vor- bcreiten. Herr Windtborst bat bereit« aus dem vorjährige» Kalholikentagc die Rückberusung der Jesuiten gefordert, und eS ist ziemlich wahrscheinlich, daß er mit dem entsprechenden Anträge im Parlament demnächst hervor« tritt. Ta war cS wohl angebracht, daraus hinzu- wcisen, daß in einem Theil der orthodox-reactionairen Presse die Geneigtheit besteht, Herrn Windthorst entgegen- zukomnie» und die warnende Stimme zu erhebe»; wie sehr berechtigt dieser Weckruf aber erscheint, wird zum tteberfluß »vck durch daS neueste päpstliche Breve daroethan. Denn cS scheint kaum eine andere Erklärung dafür möglich, daß gerade jetzt der im tenlschcn Reiche verbotene Orden so übermäßig gelobt, daß jetzt gerade vom Papst bcrvorgchobe» wird, daß die Jesnite» von jeder „um der Gerechtigkeit willen" die heftigsten Verfolgungen zu erleiden batten, alS daß gewisser maßen die bevorstehende parlamentarische ..Actio»" deS Herrn Windthorst von Rom aus unterstützt werde» soll. Wir möchten dieser Belobigung te-Z PapstcS gegenüber daran erinnern, wie Vas Jesuilenacsctz zu Stande gekommen ist. AiS im Jahre 1872 Fürst Bismarck dem Papüe PiuS vorgeschlagen hatte, behufs engeren diplomatische» Verkehrs den Fürsten Hohenlohe, einen Cardinal der Kirche, als Bot schafter in Rom zu cnipsangen, war dies von der Curie ab- gelehut worden. ES war klar, daß die Berufung eines katho lischen Prälaten zum Vertreter deS deutschen Reiches nicht nur ein Act der Versöhnlichkeit war. sondern auch die Bürg schaft in sich schloß, daß die kaiserliche Regierung nicht damit nniging. irgendwie unbillige Zilinuthungen an den päpstlickwn Sucht zu stelle». Doppelt verletzend war darum die Ab lehnung. und Fürst Bismarck betonte, daß dieser Fall in der langen Zeit seiner diplomatischen Thätigkcit vorher noch nicht dagewesen wäre. Unmittelbar nach der Debatte über den Botschastcr- posten im Vatican folgte die Action siegen die Jesuiten. ES waren beim Reichstage viele Petitionen eittgegangen, welche lheilS sür, tbeils wider ein allgemeines Verbot deS JcsiiiteiiordenS in Deutschland gerichtet waren. Die PetUionS- cvn'.inission des Reichstags hatte am 7. und 8. Mai diese PeUüonen ihrer Berathung unterzogen, der Reichstag be schäftigte sich damit am l5. Mai. Die Vcrtheidiger der aiilijesuitische» Petitionen wiesen daraus hin, daß die Er regung der össentlichen Meinung gegen den Jesuitenorden vor Allem ein AuSbruck der tiefen Besorgniß sei, welche seit den» vatikanischen Cvncil alle Völker in Bezug aus die Be ziehungen der katholischen Kirche zum Staate erfüllt, — daß im Zusammenhänge deS Kampse« gegen die Uebergrifse der geistlichen Gewalt die allgemeine Beachtung sich vorzugs weise aus den Jesuitenorden richtete, dessen Einfluß »nd Geist bei den bedeutsamen Entscheidungen des ConcilS und der dadurch ungebahnte» Entwickelung vorzugsweise maßgebend waren. Die verletzte öffentliche Meinung suche eine Befriedigung zunächst in dein Einschreiten gegen die Jesuiten, welche alS die Urheber des vorhandenen und noch drohenden Zwiespalts zu gelle» hätte», in einem unniitlcl» baren Einschreiten gegen die Niederlassung und die W»ksa,». keit derselben >m Bereiche der tcnlschc» Staatsgewalt. Die Berathuuae» »ahmen eine Wendung, wonach da« Gewicht der Entscheidung nickt ausschließlich aus die Frage der Jesuiten, sonder» auf die Fürsorge iur Le» imiercn Frieden und die Wahrung der Rechte deS Staate? gegen geistliche Uebergrifse im Allgemeinen gelegt wurde. Ter Reichs kanzler wurde aufgesordert, daraus hinzuwirken, daß innerhalb deS Reiches ein Zustand deS össentlichen Rechts hcrgeslcllt werde, welcher den religiösen Frieden, die Parität teS Glaubensbckeiiiit- niste» und den Schutz der Staatsbürger gegen Verkümmerung ihrer Rechte durch geistliche Gewalt sicherstelle. Daneben wurde die Vorlegung eine« Gesetzentwurfs in Aussicht genommen, durch welchen die rechtliche Stellung der religiöse» Orten, der Con- grcgalionen und Gcnosscnschaste», die orage ihrer Zulassung und deren Bedingungen geregelt, sowie die staalsgesährlicbe Thätigkeit derselben, namentlich der Gesellschaft Jesu, unter Strafe gestellt werden sollte. Die verbündeten Regierungen halten sich über diese Anträge bei der Beralhnng selbst nicht geäußert, weil «ine vorherige Verständigung unter ihnrn noch nicht hatte stattsinden können. In Vieser Kundgebung de« Reich-tagS sahen die Regierungen gern den entschiedenen Ausdruck deS Einverständnisses mit den kurz zuvor von dem Reichskanzler bezeicbneken Zielen der ReichSpolitik. Sie mußte» sich aber überzeugen, daß e« bei der vorgeschrittenen Zeit und bei dem bevorstehenden Ablaus der Session ganz unmöglich sein würde, die Regelung aller derjenigen Fragen gesetzgeberisch in Angriff zu neoinen, die in dem Reich-tagS- beschluste enthalten waren. Wohl aber glaubten sie. daß die Zeit »och hinreiche, um »inen Gesetzentwurf vorzuberritc», dazu bestimmt, die rechtliche Regelung der Frag« übe, dm Orden der Jesmtm anzubahnen. Der vorgelegte Gesetzentwurf lautete dahin: „Den Mit gliedern deS Ordens der Gesellschaft Jesu oder einer mit diesem Orden verwandte» Eongregation kann, auch wenn sie daS deutsche Jndigenat (HeimathSrecht) besitzen, au jedem Orte deS Bundesgebiets der Aufenthalt von der Landespolizei behörde versagt werden." Fürst BiSinarck nahm an den Verhandlungen im Reichs tage nicht Tbeil. Wobt aber begründete der ihm damals nahe stehende Wirkt. Geh. Oberregierung-rath Wagener daS Vor gehen der Regierungen mit den Entwurf und wies daraus hi», daß vordem die katholische Kirche in Preuße» in der ent gegenkommendste», nachsichtigste» Weise bebaiivelt worden sei. Erst die ausgedehnten Iesuilennüssionen in Posen und Ober schlesien, die »ach Galizien hinuberspiellen, bei denen die Ver mittelung deS Grasen LedvchcwSki — welcher bekanntlich daS neueste Breve deS PapstcS gegeiigezcichnct hat — eine große Rolle spielte, haben die preußische Negierung veranlaßt, den Jesnite» e»tgegc»zutrelc». Die deutsche Regierung unter schätze die B'drukiiiig des Jesuitenordens nicht, sie wisse, daß eS sich hier darum handele, die brennendste Gefahr vom deutsche» Reiche abzuwenve». Die Nothwciibigkeit deS schleunigen Vorgehens gegen die Jesuiten ivurde bei der ersten Lesung von alle» Parteien, außer dem Ceutrnm und einem Thcit deö Fortschritts, aner kannt und demgemäß beschlossen, ohne vorgängige CvinmissionS- beraklmng zur zweiten Lesung im Plenum zu schreircn. Doch hatten sich bereits in der ersten Lesung mehrsach Stimme» erhoben, welche den Entwurf der Regierungen als zu mild und zu »»bestimmt erklärte». In der Zwischenzeit von der erste» bis zur zweiten Lesung fanden vertrauliche Beralhnngc» zwischen den verschiedenen Parteien statt, welche zur Verein barung eines neuen EntwursS siihrlcn. Die Unruhen in Lclfast. Seit dem 3l. Juli ist die staatliche Ordnung in einer der größte» Städte Irlands in einer Weile gestört, daß man die Langniulh der Regierung nicht begreift, welche erst, nach dem die Verwundeten nach Hunderten zählten, sich bewogen saud, »iililairische Hilse in ausreichender Zahl zur Verfügung zu ''teilen. Die Aufregung zwischen de» beiden Parkeien, we'ckc sich in der Provinz Ulster im Norden Irlands be kämpfen, riibrt nicht aus den letzte» Wochen her, sie wuchs mtl de» Ausschreitungen der irische» Nationalpartei und lcdcrle zur Hellen Flamme empor, als die Befürchtung e»t- stätib, daß Gcadstone'S Plan im Unter!,ause die Mehrheit erlangen könnte. Damals bildete sich bekanntlich in der Provinz Ulster ein Bnnd, welcher die Bekämpfung der irischen Soriberpolitik ltUt den Waffen i» der Hand als Zweck ver folgte. Die Sacke machte »m so größeres Aussehen, als unter de» Begünstigern keo Bundes Männer wie Churchill und General Wol>eley genannt wurde». Diese Bewegung begann im April und scheint später größere Verbreitung gewonnen zu haben. Erst die Verwe.;»» , dcö Gladstonc'schen Rcsvrmgesetzeö in der zweiten Lesung am ^>. Juni bat sie znni Stehe» ge bracht, aber die seindnche G-stn»u»g der beiden Parteien kam während der Wahlen ans» Nene zni» Ausbruch. Tie Gegen sätze bestehen fort trotz ver inzwischen ei,«getretenen Verstär kung der conscrvativen Partei »» englischen Unterhause, und siS werden voraussichtlich nickt cber ausgeglichen werden, alS b,S die irische Frage in der einen oder andere» Weise gelöst ist. Die Unruhen in Belfast begannen am 3l. Juli. Der Telegraph meldete damals, daß cS zwischen den Orangisten und Nationalisten zu Schlägereien gekommen lei, wobei von beiden Seite» Steine geworfen nnrvc». Tie Polizei war zum Einschreiten mit der Waste genölhigt, wobei es Todte und Verwundete gab; erst gegen Milternachl wurde die Ruhe wiederhergestettt. Sie wurde aber nickt lange bewahrt, in einigen Tagen begann ver Kamps ausS Nene und nahm endlich am 9. August einen so ernste» Charakter au. daß 1000 Mann Infanterie und Cavallerie nach Belfast gesandt wurden und die Verkündung deS Kriegszustandes bevvrstand. In Belfast treten die Gegensätze, deren Ausgleichung Gladstone anstrebte, schärfer als sonst irgendwo in Irland hervor. Tie Stadt ist Sitz eines katholischen Bischofs, die Katholiken sind aber in der Minderheit, wie schon die Zahl Ver Kirchen beweist. Unter den 80 Kirchen von Vetsast sind nur fünf katholische, dagegen 2l anglikanische und 28 preS- bytcrianische und 15 Methodistcnkirchen, endlich ll Kirchen anderer Seelen. Cine nach den Consessionen bunter zu sammengewürfelte Bevölkerung ist nicht leicht zu finden. Belfast ist keine alte Stadt, sie wurde im l8. Jahrhundert von schottischen Presbyterianer» gegründet und zählte im Jahre 1757 nur 8500 Einwohner. Im Lause dieses Jahr- hunderlS hat sich die Einwohnerzahl vervierfacht; während sie 1830 nicht vielmehr als 50,000 betrug, war sie l88l schon aus 208,000 angewachsc». Heule ist Belfast die bedeutendste Fabrikstadl nach Dublin und die erste Handelsstadt von Irland. Belfast hat eine sehr starke Arbeiterbevölkerung, da es 270 Fabriken und 700 Werkstätten hat. Allein die Schiffs werft auf der OueenSinsel beschäftigt 1200 Arbeiter. Man kann sich also einen Begriff machen, mit welchen Gefahre» slir Rübe und Ordnung dort politische Parteikampse verbunden sein müssen, wenn sie von Worten zu Tbatcn übergehe». In Belfast wird gegenwärtig der zwischen den Unionisten und Scparatiiten entbrannte Parteitainps mit den Massen in der Hand auSgesockten, »nd noch schlimmer als daS. waS in Belfast geschieht, ist dc>4 Beispiel, welche» diese Straßen- kämpse dem übrigen Irland geben In der Provinz Ulster bilden die Protestanlc», die schottischen »nd englische» Eolo- niste» ein starkes Gegengewicht gegen die irische und katholische Bevölkerung, während i»> übrige» Irland die Iren die große Masse bilden. ES besteht deshalb die Gefahr, daß bei weiteren« Umsichgreifen der Bewegung Irland sich in zwei Feldlager lheilt, in welchem aus der cinen Seite die soge nannten Orangisten, aus der andern die Nationalisten stehen Belsast hat sehr lebhafte HandelSverbindung mit Amerika, und eS kann nicht fehlen, daß die Arbeiterbevölkerung Beziehungen zu der irischen Nationalliga in Amerika unter hält. Unruhen von so langer Dauer wie die Bclsaster sind schwerlich unvorbereitet, eS ist vielmehr auzunehmen, daß die Führer schon seil längerer Zeit bemüht gewesen sind, die Dinge aus die Spitze zu treibe». Mit Drohungen haben die Parnelliten niemals zurückgebalten, sie habe» keine Zweifel darüber austommen lassen, daß sie di« LoSrcißung Irland« von England mit Gewalt durchsetzen werden, wenn ihnen da« irische Parlament nicht freiwillig gewährt wird. Mit einer Einleitung zu den Gewaltlhaten haben wir eS in Belsast zu thuu, mag nun der erste Schritt von den Orangisten auS- gegangen sein, oder von den Nationalisten; die letzteren habe» die Aufreizungen so lange fortgesetzt, bis eS zum offenen Kampfe kam. Der neue Bicekönig, Lord Londondcrry. und der StaatS- secretair sür Irland, HickS Beach, haben sich vor einigen Tagen aus ihre» Posten nach Dublin begebe»' dort haben siesogleicheineu Vorgeschmack von der Ausgabe erhalten, deren Lösung ihrer wartet. Salisbury hat eS von Anfang an mit der gewaltsamen Unterdrückung der irischen Bewegung gehalten, und diese wird sich trotz allen guten Willens, mit friedlichen Mitteln auöznkominen, nicht umgehen lassen, die Iren zwingen die Regierung zu scharfer Abwehr ihrer Anmaßungen. Und sür daS, waS jetzt wahrscheinlich in Irland geschehen wird, ist in erster Linie Gladstone verantwortlich. Er hat bei den Iren die lleberzciigung besestigt, daß die LoSreißung von Eng land ihr gutes Reckt ist; er hat stets von den Sünden der Engländer, welche sie gegen die Iren begangen haben, im Unterhause gesprochen und von ver Nolbwendigkeit, sie zu sühnen. Die Mondscheinler und Boycotlirer sind dadurch zu Vorkämpfern deS Rechts gestempelt worden, und man kann eS ihnen nicht verdenken, wenn sie jetzt, wo die Gladstone'schen Plane von der Mehrheit deS englischen Parlaments verworfen worden sind und Neuwahlen dieses Urtheil bestätigt haben, mit Eifer zu ihren allen Praktiken zurückkchrcn und in Irland Schrecke» verbreiten. Jetzt ist man aus Seiten der Regierung »och bemüht, die Vorstellung zu erwecken, als stehe ein güt licher Ausgleich mit den Iren in veränderter Form bevor; ab"r bald wird die Hülle fallen, welche die wahre Meinung verbirgt, daß in Irland nur die strengsteu Gewaltmaßrcgeln zum Ziele führen können. Ob Hartington und Chamberlain bereits zu dieser Einsicht gelangt sind, muß bezweifelt werden. * Leipzig, 12. August 1886. * In der letzten Sitzung der Slaklverordnetenversamm- lung zu Schönebeck wurde folgende« Schreiben deS Fürsten Bismarck verlesen: Kii singen, 25. Jnll. An den Bürgermeister Herrn Blüthgen, Hochwoblgeboren, Schönebeck. De» mir übersandten Ehrenbürger« bries habe ich empfangen und bitte Sie, den städtischen Behörde» meinen verbindlichsten Dank ausznsprechen. Die Urkunde hat mich iiichi iinr durch ihren Inhalt «rsreut. sondern auch durch den Knnst- werlV ihrer Ausstattung. Die auf ihr dargeftellien Bilder rufen in mir i'te Erinnerung cln die heimischen Elbuser wach, an denen ich geboren bin und noch wohne. ES wäre mir sehr erfreulich gewesen, Fhne» und der beabsichtigten Deputation meinen Dank mündlich audspclecheii zu können. Meine Otesiinbbeit verbietet mir aber leider, Präcedeiijsälle zu schaffen, welche mir Berpslichoiiige» auferlegen ioürden, deren Erfüllung meine .Kräfte überstelqi. Ich habe Mir deSbalb die Freude versage» müssen, die Berireler der städtischen Behörde» persönlich zu begrüßen, v Bismarck. * Wie bereits gemeldet. Hut der wegen LandeSverrathS verhaftete Redaclcur Richard Probl sich im Gefängniß zu Moabit entleibt. Prohl hat, wie dem „Frankfurter Journal" mil- getheill wird, sein Beinkleid zerrissen, daraus eine Art von Strick gefertigt und sich damit ausgeknüpst. Bereit« im Kieler Gefängniß machte Proht eine» Selbstmordversuch. Kurz nachdem er am 22. Februar verhaftet war und noch in Einzelhaft sich befand, zer brach er seine Brillengläser und zerschnitt sich damit die Halsader. Blutüberströmt fanden ihn Gesängnißwärter ans dein Fuß boden der Zelle liegend, durch schnell herbeigehvlte ärztliche Hilse wurde er inveß am Lebe» erhalten. Daraus wurde er in eine Zelle zn zwei anderen Gefangenen geschasst und bis zu seiner Uebersührung nach Berlin ausS Sorgsamste bewacht. Im Gefängniß z» Moabit soll Prohl äußerlich große» Gleich- muth zur Seda» getragen und in mehreren Briefen, die ec an einige Bekannte richtete, der Hoffnung Raum gegeben haben, daß er dato auS der Hast entlassen würde. Er bat dabei u. A. um die Ueberscudiliig eine- neuen AnzugcS, um »ach seiner Freilassung „anständig auftreten zu können." Die Voruntersuchung gegen Prohl war angeblich geschlossen und wurde erwartet, daß im Octobcr Termin zur Hauplverhanc- tung wider ihu auberauint werden würde. Da auch sein angeblicher Complico, der Obcrn>aschincni»eister Schwarz, im Berliner Gefängnis; gestorben ist, so hat sick über daS erwartete Nachspiel zum Sarauw-Proceß ein dichter Schleier gebreitet. ^ >» « * Die Rundreise des Marquis Tseng, der von Berlin auS »ach Petersburg gegangen ist. wird jetzt auch i» den russische» Blätter» commentirt. Der durch seine Feiudschast gegen Deutschland sich hcrvocthucnde „Swet" läßt sich die Gelegenheit nicht entgehe», die deutschen Jntriguen zu enthülle». Das Blatt weist auf die Erkaltung hin, welche zwischen China und Rußland Vlah gegriffen, und führt ihre Ursache ans die An- Näherung zurück, welche Deutschland mit China gesucht habe. „Ruß land bot während dieser Zeit den Ehinejen Kuldsha abgetreten, die die russischen Handwerker aus Sheltucha vertrieben, die daS Macht gebiet am Uruisi io abgrenzten, daß russische Dörfer den Lhinesen verblieben, aber die letzteren drohen nichtsdestoweniger beständig mit Coiislicten, eonceniriren Truppen in der Mongolei und Hetzen Massen vagaviinLirender Chinc-eii zur Verletzung der russischen Grenze aus. Gegenwärtig wurde Marquis Tseng tu Deutschland mit „kaiserlichen Ehre»" emviangen uud war in Berlin der Gast Kaiser Wilhelm'«. Dem Marquis wareii Hofequipageu und Hosdienerschaft zur Ber- lügunq gestellt. Aus der Reiie nach Petersburg hatte der Marquis eine Zusammenkunft mit dem Fürsten Bismarck in Ksssingen, und tu Pots dam wurde er in einer feierlichen Audienz vom deutschen Kron prinzen empfangen. Die Besprechung des Fürste» Bismarck mit dem Marquis Tseng in Kisjinqen wird in der nächsten gukunst greis- bare Resultate haben. Wenn wir in Petersburg unter unseren Diplomaten Leute hatten, die di» Macht Rußland» erkennen würden und der Sache des kaiserlichen Throne- ganz ergeben wären, dann freilich würde der chinesisch« Botschafter verstehen, daß Rußland stärker ist als Deutschland, daß seine Zukunft eine höhere »nd daß Mit ihm aus gutem Fuße zn stehen wichtiger sei als mit Deulschland: da aber unsere Diplomaten zum größten Theil Leute sind, die Ruß- land nicht kennen, so ist die Berblendung von Seiten des Marquis Tseng vollkommen verständlich und natürlich. Die Beziehungen zu China sind gegenwärtig aber ernste. Schon die Tbotlache. daß eine russiiche E-cadre an der Ostküste von Korea erschiene» >ei, gebe zn denken. Im Busen von Bioslon befindet sich der Hase» Genian, der seit 1880 dem europLiichen Handel geöffnet ist Gegenüber Genian liegt Port Lasarrw, an der Mündung des Flusses Tungan uad östlich von der Stadt Iunsun. Port Laiarew befindet sich in her Nachbarschaft einer der reichsten und bevölkertsten Provinzen Koreas Da« Erscheinen der rnsstschen Oseadre vor Korea blieb nicht ohne Braniworiung dnrch ein« diplomatisch« Liebenswürdigkeit, es liegen Nachrichten.vor, daß englische Panzerschiffe nach den Dardanellen auslanse». Dl« vewegnug der englischen Kriegsschiffe befindet sich sreilich i, verbind»»« «it »och «ine« anderr» Factnmt—
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