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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.07.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188707095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18870709
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18870709
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1887
- Monat1887-07
- Tag1887-07-09
- Monat1887-07
- Jahr1887
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.07.1887
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Erscheint täglich stich 6V, Uhr. Kröaltlrn unß Lrprdttion JohauaeSgasse 8. Sprechstunden der Krdariien: Vormittag- 10—12 Uhr. Nachmittag« b—6 Uhr. g >. t .ade ei»,es»»d»er v?an»zcet»t« »cht >ch die Nedactie» »ich! »erdindltch. Ailnahme »er für die «ichftfalgende Nummer bestimmten Inserate an Wochentagen bis 8 Uhr Nachmittag», au Tonn- und Festtagen früh bt» '/,V Utr. 3n drn Filialen siir Ins.-^nnahme: Dtta klemm, UniversitätSstraße t. Louis Lösche, Katharineustr. 23 part. u. König-Platz 2, nur bis V.8 Uhr. Auflage 10,780. ^bonllementüprrig viertelj. 4'/, Mk incl. Brinaerlohn b Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Stummer 20 Pf Belegexemplar 10 Pf. Gebühren sür Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) ohne Postbesördcrnng 60 Mt. > mit Postbcsördcrung 70 Mk. ' Suserate Lizespaltene Pekitzeile L0 Pf. Größere Schriften laut uns. Preisverzeichnis. Tabellarischer u. Zissernsatz nach höherm Tarif. Nrclllmcn nater dem RedactionSstrich die »gelpalt. geile 50Ps., vor denFa milien nachrrehtcn die (-gespaltene geile 40 Ps. Inserate sind stets an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praenumoi-amia oder durch Post nachnahme. ^ 1SV. Sonnabend dm 9. Juli 1887. 81. Jahrgang Zur gefälligen Achtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den LO Juli, vormittags nnr bis rb Ubr geöffnet. lbXP6tMIOU ttttüi l 'l'Ntzvlllnttv». Amtlicher Thetl. vrliiiiiiilliiilchimg, Vir Aa«el-ung zur Prüfung für den *e»»inz,rtg» freiwilligen Dienst bete. Aus Grund von tz. Ol., der ü.satz.Ordnung vom 23. September 1875 wird hierdurch bekannt gemacht, daß diejenigen innerhalb deS Leipziger Regierungsbezirkes wohn- haiten, in der Zeit vom 1. Januar 1863 bis mit 1. August 1870 geborenen jungen Leute, welche ihre wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen Dienst in der bevor» stehenden Herbslprüsnng Nachweise» wollen, spätesten» bis zun, 1. August dieses Jahre- schristlich und unter genauer Angabe ihrer Adresse bei der Unterzeichneten Prüfungs-Commission (Noßplatz 11, 1 Tr.) sich anzumelven baden. In dieser Melkung ist anzugeben, in welchen 2 fremden Sprachen der Betreffende geprüft sein will und sind außerdem beizusngen: n. MililalrgeburtSschcin; d. EuiwilligungSattest deS Baker» oder Vormunde» mit der Erklärung über die Bereitwilligkeit und Fähigkeit, den Freiwilligen während einer einjährigen ackven Dienstzeit zu bekleiden, auSzurüstcn und zu verpflegen; e. FührungSanSiveiS und ü. ein selbstgeschriebener Lebenslauf. Leipzig, den 1 Juli 1887. Königliche PrüfnngS-^o«umifsion für Vinjährig- Areiwillige im AegierungSbeztrke Leipzig. Lez.) von Seckendorif. Wagner. Geheimer NegierungSralh. Obcrsttieutenant. Graul. S. vermiethttng in der NeisWlle am Johaimesplatz. In obiger Flcischhalle ist die Adtheilung -kr. 21 vom II. VS. MtS. oder aus Wunsch von einem späteren Zeitpunkte an anderweit gegen einmonatliche Kün digung zu vermiethe» und werden Miethgesuche au de», Rathhause, 1. Etage, Zimmer Nr. 17, entgegengenommen, auch können ebendaselbst die Vermicthung-Hcdingungen rin» gesehen werden. Leipzig, den S. Juli 1887. Der Skath der Stadt Leipzig. I». 3220. I)r. Georgi. Krumbtegel. Stadtbibliotheli. Die alljährlich zu veranstaltende Musterung und Reinigung der Stadtbibliothek findet die» Jahr in der Woche vom 10. bis zum 16. Juli statt. Hierzu sind alle auS,el>eüe»en Bücher ohne Ausnahme in der Woche vom S. b,S zu« Juli znrück- zngeben. Geöffnet ist die Bibliothek wieder vom 18. Juli an. Leipzig, deu 1. Juli 1887. vr. G. Wustmann. Gefunden oder als herrenlos abgegeben resp. augemeldet wurden innerhuw der ktzlvergniigenen 3 Monate folgende, zum Theil auch von früheren Diebstählen herrührende Gegenstände: eine silberne und eine neusilberne Thlinder-Remontolr-Uhr, rrstere mit Kette, verschiedene goldene Ringe, div. Ohrring«, Brosche», Medaillons und Armbänder, einige Halsketten, mehrere Klemmer, darunter 2 goldene, eine Lupe, 3 gravirte 20-Psenniger, eine goldene Echlivsnadel» mehrere Thermometer, 4 verschiedene Ligarren- obichneider, mchiere CigarrcnetuiS, 2 Meerschaum-Cigarren- Pfeifen, eine im Elnt, ein Taschenmesser, eln Paar silberne Strick. Höschen, 6 verschiedene Clichös, ein Larton Briefbogen, ein Lande«, gesangbuch, verschiedene Note», 2 Packete Goldschnure und ein Packet braune drql., ein grüne« Handlüichchen mit Häkelei. 5 Paar ver schiedene Glacü-Handschube, 3 Meter weiße Spitze, einige Meter bunt- seidene« Band, mehrere S licke Kattun, rin Betttuch, 2 Ronleaox, ein Stück Leinwand, Zeichnen-Garn und Franse im Packet, ein Stück grau- wollenes Zeug, ein Kinderkävpchen und weiße Spitze im Packet, mehrere seidene Halstücher, einige Cravatten, eine Mütze, ein Kinderbarett, 2 Filzhüte, ein Carton mit 12 Stück bergt,, ein zugeschnitlene« Knaben- jucket, eine Knabenweste, ein alter Taillenrock, 2 Paar Frauen- sirümpfe, ein Paar Frauenhausschuhe, ein Schurzleder, eine schwarz« Glanzleinwanddecke, ein langer Lcderriemen, eine Bürste, eia Pinsel, 2 Borlegeschlösser und 2 Schlüssel, 3 Vlechnips» mit div. Posamen- lcn, eine Kiste mit 100 Liqarren, 53 Groß Eteinnußknöpfr, eine il^zabl Schirme und Spazwrstöcke, «inige Meter Läuserftofs, et» Säckchen mit Gewichten, der Kübel eine« großen Kastenwagen-, rin Sioliwagcnhaase, ein Kinderwagen, einige Handwagen, rin« Anzahl Leihhaus- und andere Psandscheme. verschiedene Portemonnaies, bez«, Beutel mit Beträgen bis zu 40 ^l 30 /H und außerdem mehrere Geldbeträge bi- zur Höhe von 50 ^l, endlich 2 LauarieavSgel, sowie eine Henne. Die «»bekannten Eizenthilmer dieser Gegenstände «e»he» hi«^ durch ansgesordert, sich zur Lmpsangnahme derselbe» eechtzetti, t, unserem Comniissiriate zu melden, andernsall» darüber »ach >. 230 des 'Bürgert. Gesetz.Buchs anderweit verfügt werden wird. G eichzeitig svrdrrn wir auch Diej »igen, welch« im II. Quartale 1836 Fnndgcgi'iistände bei un- abgegeben haben, deren Eigenthümer nicht zu ermitteln gewesen sind, auf, diele Gegenstände znrück- zusordcrn, andernfalls auch hierüber den Rechten gemäß versügt werden wird. L v'.'g, am 7. Juli 1837. Las Polizei»»,« der Ltadt Lripzig. Bretichneider. M. Ecsialteter Anzeige zuiolqe ist da« sür Johanne Taralia« Elise gesch Raabe geb. Rost au« Hirschberq bei Hof vom unter, ze chnelcn Polizeiamte am 14. September 1885 unter Nr. SS aus gestellte Dienstbuch verloren gegangen nnb bttt-n w'r. d»ss-lbe sm Auisiudling-iallc an un» abzugebea. Leipzig, am b. Juli 1887. V>« Poltztt»»« »er Ltadt Leipzig. L SS4L vretsch,older. Sattenwecha. Die Reaulirung der Fußwege am Barsußberge durch Be legen derselben mit Granitplatte» soll an einen Unter nehmer in Accorb verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen sür diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Derwaltung. Ratbhau», H. Etage, Zimmer Nr. l4. au« und können daselbst eingesehen resp. daselbst gegen Bezahlung der Copiaken entiiomincn werden Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift »Fußwege am Barsußberge" versehen ebendaselbst und zwar bis zum 18. Juli laufenden ZahreS, Nachmittags 5 Nhr, einzurcichen. Der Rath behält sich daS Recht vor, sä,amtliche Offerte» abzulehnen. Leipzig, am S. Juli 1887. DeS Rat-S der Stadt Leipzig ld. 25Sl. Straßenbaudeputtttion. LMisilie Lplircaffe beleiht Wertbpapiere unter günstige« Bedingungen. Leipzig, den 20. Januar 1887. Die Sparcaffen-Deputatlou. Nichtamtlicher Theil. Die Neichstagswlihl in Mersebnrg-Gllerfnrt. * Mitten in der sür politische Aktionen sehr ungeeigneten Sommer-zeit, am 14. Juli, hat ein in unmittelbarer Nähe unserer Stadt gelegener Wahlkreis über die Person seine« Vertreters im Reichstage sich zu entscheiden. An dem ge nannten Tag findet im Wahlkreis Merseburg-Querfurt, kessen Bereich sich in zieiniich weiter Ausdehnung bis an die sächsische Landesgrenze erstreckt und zu dem unter anderen auch die Stabt Schkeuditz gehört, eine NeichStagSnachwahl statt. Die Veranlassung hierzu bildet bekanntlich der Umstand, Laß der Reichstag die Wahl de» srciconscrvative» Abgeordnete» Ncnbarth, dem daö Manva», nachdem sich Stimmriigleichheil ergeben hatte, durch das LooS znsiel, sür ungill,g'erklärte. Bei den frenndiiachbarliche» Beziehungen deS Wahlkreise» zu Leipzig und in Berücksichtigung der Thalsache, daß unser Blatt auch in Vielen Ortschaften desselben eine« zahlreichen Leserkreises sich erfreut, glauben wir der so nahe bevorstehen den Wahl einige Betrachtungen widmen zu sollen. Bei der NeichStagSwahi i» Mersebnrg-Oiiersurt sind, wie schon mehrfach niitaelbeilt wurde, diescS Mal vier Bewerber ausgetreten. AuS beachtenSwertbcn Gründen, von denen wir auch schon den Lesern Kennt» ß gaben, haben die Nalional- liberalen beschlossen, die Existenz ihrer Partei nicht ferner zu verleugnen, sondern den Versuch zu machen, mit einem eigenen Canvidatc», sür den sie viel Zuzug von link» erhoffe», den Wahlkreis Mcrschurg-Qnersurt der Sache der rcickS- treuen Cartelparteie» zu erhalten. Dieser Canvidat ist der Amtsrichter I)r. Pie sch ei in EckarLSberga. Wir gebe» recht gern zu. daß dieser Schritt geeignet mar. bei den conservativcn Parteien Mißfallen zu erregen, indessen, wie die Dinge nu» einmal liegen, ist Lara» »ich!- mehr zu ändern und cS muß der Entwickelung der Wahlbewegung für die erste Wahl am 14. Juli freier Laus gelassen werke». Die konservativen Parteien haben den Gutsbesitzer Nenbarth von Neuem als Candivaten ausgestellt und eö wird sich somit zeigen, welche der beiden Gruppen der Eartelparteie», die Nalionalliberale» oder die Conservativen, die stärkere ist. Alks Bestreben von Seiten der Wähler in Merseburg-Querfurt, welche gewillt sind, den Wahlkreis der Cartelmajcrilät im Reichstag zu erhalte», muß darauf gerichtet sein, jede Verbitterung des Wahlkampfes zwischen Conservativen und Nationalliberalen zu vermeiden. Vor der Hand heißt eS getrennt marschiren, es muß aber zwischen den beiden Parteien Achtung und Versöhnlichkeit herrschen, und wir halten rS als ganz selbstvetständlich, daß, wenn «ine Stichwahl nolhwendig wird, dann, mag der Con- servative oder der Nalionalliberale bei der ersten Wabl als Sieger hervorgegangen sein, beide Parteien wieder Schulter an Schulter kämpfen, um de» gegnerischen Bewerber zum Falle zu bringen. DerCandibat der Nationalliberalen sowohl alö der jenige der Conservativen sind hochachtungSwerlhe, von kein Ver trauen ihrer Mitbürger getragene Männer, und cs gilt vor Allem, am «4. Juli, da voraussichtlich dieser erste Wahlgang keine definitive Entscheidung bringt, einem von den beiden Candi- daten «ine solche Stimmenzahl zu verschaffen, daß ec zur engeren Wahl gelangt, die dann hoffentlich ei» Resultat ergeben wird, welche» vor Anfechtung und Cassation gc- schützt ist. Candidat der Dcutschsreisinnigen ist wieder der Gutsbesitzer Panse, ein Mann, der im Reichstag eine sehr unbedeutende Rolle gespielt bat und lediglich ein gefügiges Werkzeug der Herren Eugen Richter und Rickert war. Wir sollten doch meinen, daß e» den Wählern im Merseburger Wahlkreis, welche dem Gange der Verhandlungen im aufgelösten und im neuen Reichstag »nr einigermaßen gefolgt sind, nicht schwer werden sollte, sich darüber klar zu sein, baß sie eine» Deutsch- freisinnigen nicht wählen können. Als die Herren Richter. Wiudthorst und Liebknecht noch über die Majorität im Reichstag verfügten, da war der letztere ein jammervolles Zerrbild eine» deutschen Parlament» geworden, in dem öder, unfruchtbarer Radikalismus, darauf ausgehend, eine parla- mentnrische Herrschaft, wie mir sie in Frankreich wirthschasten sehen, in Deutschland aufzurichten, die Verquickung des Wel« fenthum» mit dem JesuitiSmu» und die rothe Internationale zum Schaden der Leben-interessen der Nation sich diö Hände reichten. Alle wirthschaftliche und socialpolitischc Reform kam in» Stocken und vor Allem verweigerte die vcutschfreisinnig- uttramontan-socialistifche Mehrheit de» Reichstage». waS ihr freilich schließlich den Hal« gebrochen hat, dem Vaterland die Mittel zur Erhöhung und Befestigung seiner Wrhrhastigkeit. An dem verhäng,lißvollen Gebahre» dieser antinationalen Mehrheit hat nun Herr Panse, der heute sich wieder um daS Reichstag-- Mandat bewirbt, seinen volle» Antheil, und darum kann, nach unserem Dafürhalten kein Wähler im Merseburger Wahl kreise. der gewillt ist. den Kaiser und den Fürsten Bismarck in ihren glorreichen Bestrebungen sür de» Reiche» Wohlfahrt zu unterstützen, Herrn Panse feine Stimme geben. Auch nach dem da» deutsche Volk am 2l. Februar Gericht über den auf gelösten Reichstag gehalten und deutlich bekundet hat, daß e« > mlt »emfrlh«, «cht einverstanden war» hat die deulschsrei. sinnige Partei an ihrem mehr und mehr zur Socialdemokratie jinlivergleitenden Slandpunct sestgehalten, sie hat sich zwar al» Verfechterin der freiheitlichen Volksinteressen nach wie vor ausgcspirlt, aber e» nicht durch die Thal bewiesen, sondern von neuem nur starre Princtpienreiterei getrieben, an der, wenn nicht zum Glück andere Leute vorhanden wären, daS Vaterland schließlich Hungers sterben müßte, und so sind denn auch heute noch die Deutschfreisinnigen die Partei deS »Nicht» gelernt und nichts vergessen". Am l4. Juli ringen endlich in Merseburg-Querfurt auch die Socialdemokraten um dir Palme deS Erfolges. Diese Partei hat ebenfalls einen eigenen Ccmvidaten ausgestcllt, glaubt aber jedenfalls selbst nicht an einen Erfolg, sondern eS ist ihr zunächst nur darum zu lhun, eine willkommene Gelegenheit zur Agitation auszn- beulen. ES müßte in der Thal auch mit merkwürdige» Dingen zugehen, wenn in dem vorwiegend ländlichen, wenig von Industrie durchsetzten Merseburger Kreise ein Socialist siegen sollte, während die großen Jnbustrie-Mittelpuncte im b,-nackbarten Königreich Sachsen ihre socialdcinokratischcn Vertreter au» dem Reichstage entfernt haben. Nack solche», Ruhm gelüstet eS der reichstreue» Wählerschaft in Merjeburg- Quersurt sicher nicht und man kann daher ziemlich sicher sein, baß der sociatdemokratische Bewerber, wie früher, lediglich ein Zählcandidal sein wird. Eine andere Frage ist, wem bei der eventuellen Stichwahl die socialislische» Stimmen zusallcn werbe». ES bat verlautet, daß hierbei die Soeiatisten sich der Stimmabgabe enthalten wollen, und zwar in Rücksicht daraus, daß die ihnen am nächsten stehende» Deutschs reisinnigen de, de» Stichwahlen im Februar und März d. I. so »»brüder lich an ihnen gehandelt haben. Nu», Grund dazu, nach dem Grundsatz .Auge um Auge, Zahn um Zahn^ zu handeln, hätten allerdings die Socialdcmokratcn bei der bevor stehenden Merseburger Wahl, indessen aus ihre Ver sicherungen kann man nichlS geben, und wenn die deutsch sreisinnigen Agitatoren, die Herren Schräder und Barth, den Socialisten^ woran nicht zu zweifeln ist. gehörig schmeicheln und sie mit Versprechungen kirren werden, dann werden bei der Stichwahl die beiden vor der Hand noch feindlichen Brüder sich wohl wieder in den Armen liegen. Wir möchten also die Nationalliberalen und die Conservativen davor warnen, irgendwelche Hoffnungen daraus zu setzen, daß dem deutsch- sreisiimigcn Canbidaten Panse bei der cndgiltigen Entscheidung die Stimmen der Socialisten fehlen werden. Die Hauplsache ist und bleibt nun, daß beide Flügel der Cartel-MehrheilSparteien, die Nationalliberalen und die Conservativen, am 14. Juli so viel alS möglich Stimmen aus ihre Canbidaten zu vereinigen suchen und das; sie bei der etwa notliwcndig werdenden Stichwahl bann ihre Kräfte zusammen- sassen und so vereinigt den Gegner gründlich schlagen. Kein Tropfen von Bitterkeit und Abneigung dars zwischen den bei te» Parteien sür den zweite» Wahlgang zurückblcibcn. So verlangt eö daS wahr« Interesse dcS Vaterlandes. Die Fürstemvlihl in Tirnowa. Ter Streit darüber, ob die bulgarische Volksvertretung zur Wahl eincS neuen Fürsten schreiten werde oder nicht, ist in der dritte» Sitzung der Sobranje am 7. Juli durch die Wahl dcS Prinzen Ferdinand von Coburg un bejahenden Sinne entschieden worden. Der Wahl sind Unterhandlungen mit dem Prinzen vorangegangen, und er ist erst al» Candidat vorgcschlagen worden, alS nahezu Gewißheit darüber bestand, daß er eine aus ihn fallende Wahl auch annchmen würde. Die Sache ist bis zum Zusaminenlritt der Sobranje geheim gehalten worte», und noch am 4. Juli war der Name deS Canvidaten off'iciell nickt genannt, noch an diesem Tage wurde auS Tirnowa die telegraphische Nachricht verbreitet, daß die Ne gierung drei Caiitidaten in Bereitschaft habe, welche sämmllich die Wahl wahrscheinlich annrhmcn würden. Diese Vorsicht war »otbwenvig. damit nicht noch im letzten Augenblick Hindernisse ausgcrichlct werten konnten, welche die Wahl unmöglich machkcn oder den Canbidaten zum Rücktritt von der Canbibatur bewogen. Vorläufig ist noch nicht« darüber verlaulet, ob Prinz Cvbnrg unter der Hand Erkundigungen eingezogen hat, wie die VertragSmäckte seine Wahl aus« nehmen werde», denn nur in dem Falle, daß er günstige Auskunft erhalten hat, würde eS zu verstehen sein, wenn er die Wahl aiuiiinmt. Die Annahme der Wahl ohne die Aussicht aus die Bestätigung der Mächte würde eine gänzlich nutzlose Handlung sein und ist deshalb sehr unwahrschein lich. ES sind in der letzten Zeit so viel einander wider sprechende Nachrichten auS Bulgarien gekommen, daß schon daraus die Absicht der Negierung ersichtlich ist, die im Gange befindlichen diplomalischcn Unterhandlungen nicht zu störe». Daher kam e» auch, baß beunruhigende Gerüchte den Weg in die Ocffentlickkeit fanden über Attentate aus einzelne NegentschastSmitglieder. Ganz grundlos sind diese Gerüchte nicht gewesen, denn der Juslizniinisler Stoilow hat in der ge heime» Sitzung der Sobranje am Vorabend der Wahl de» Wunsch ausgesprochen, M»»sleriuni und Regenlschast möchle» im Interesse deS Landes doch wieder Hand in Hand gehe». Worin die Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden be standen, ist nicht gesagt, aber eS scheint, daß cS sich wieder um BersöhnungSvers-iche mit Rußland handelt, über welche in neuester Zeit wiederholt berichtet wurde. Davon kann nach den Erklärungen de» JuslizniiiiislerS Stoilow und dcS Vicepräsideatrn der Sobranje, Stojanow, nicht mehr die Rede sein. Beide bulgarische Patrioten waren darin einig, daß Ruß land der schlimmste Feind Bulgarien» sei. Stoilow fand da« größte Verdienst der bulgarischen Deputation an die Mächte darin, daß sie die Occupatio» Bulgariens durch Rußland ver hindert hätte, und Stojanow wußte seinen Dank sür die aus ihn gefallene Wahl zum Bicepräsibenten der Sobranje nicht besser auszudrücken al» durch die Versicherung, daß er Katkow und den Mingrelier während seiner Bicepräsident- schasl von Bulgarien fern halten werde. Auch Slojanow'S Erwiderung der Rede Slaweikow'S, de« RussenfrcundeS, gab ans» Neue Kunde von seiner feindlichen Gesinnung gegen Rußland, er prie» Bulgarien glücklich, wenn cS dem Schicksale entginge, welche» Pole» durch Rußland bereitet worden sei. Unter solchen Umständen haben die Befürworter der Aus söhnung mit Rußland keine Aussicht, gehört zu werden, und sie werden gut lhun. ihre deSfallssgen Wünsche und Hcsf- I nungen zurückzudrängen. Für die Vornahme der Fürsten- I wahl sind offenbar di« Erfahrung« entscheidend gewesen, 'welch« Etamdulow auf fetuer Ruudsahrt durch da« Lau» gemacht hat. Ueberall hat er die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit, dem Lande einen Fürsten zu geben, angetrofsen, und demgemäß haben die Bedenken, welche die türkische Regierung dagegen geäußert hat, keine Beachtung sind«» können. DaS bulgarische Volk hat daS volle Verständnis; mr die Schwierigkeit der Lage, in welcher sich daö Land befindet, und die Streitigkeiten, welche sich jetzt zwischen Regentschasl und Ministerium erhoben haben, beweisen, wie dringend nothwendig die Beendigung des gegenwärtige» Zustande» ist. Rußland Halle eS anders beschlossen. eS wollte der Welt zeige», daß die Bulgaren sich nicht selbst zu regieren vermögen, daß eö dazu der Hilfe Rußlands bedürje. aber bis jetzt hat Rußland vergeblich aus den Eintritt dcS ZeitpunctcS gewartck. in welchem sich die Unmöglichkeit Her ausstellen würde, Bulgarien sich ferner selbst zu überlassen. Daß nicht Alles ganz glatt abgegangcn ist, daß Meinungs verschiedenheiten zwischen Regenlschast und Ministerium a»S- gebrocheu sind, ist zwar beklagenswerth, aber die bulgarischen Zustände sind weit entfernt, anarchische zu sein, die Ordnung il« noch keinen Augenblick gestört worden, und Regentschaft und Ministerium sübrcn ihre amtliche Tbätigkcit ununlerbrochen fort. Streitigkeiten zwischen Souveraia und Ministerium kommen auch ,n geordneten StaatSwescn vor. und Bulgarien braucht sich nur in seiner Nachbarschaft umzuschauen, um zu der Ueberzeugung zu gelangen, daß eS bei ihm besser bestellt ist alS beispielsweise in Serbien. Kallschew konnte mit vollem Recht behaupten, daß die ganze civilisirte Welt mit Bulgarien sympalbisire. Der Kampf, welchen dieses noch halb rohe Volk mit Rußland um seine Unabhängigkeit kämpft, ist für Bulgarien so ehrenvoll, so be wunderungswürdig, baß manche» hochentwickelte Culturvolk sich an Bulgarien ein Muster nehmen könnte. Wenn die Bulgaren sich im Unrecht befänden, würde keine europäisch« Negierung die bulgarische Deputation empfangen haben, gleich viel ob amtlich ober halbamtlich. Da aber im ganzen übrigen Europa Ucbereinstiiiimung darüber herrscht, daß Bulgarien von Rußland schweres Unrecht widerfahren ist, so ist der bul garischen Deputation überall, wo sie erschiene» ist, ein freund licher Empfang bereitet worden, obwohl die Negierungen der VcrtragSmächle in der Rücksichtnahme sllr Rußland da» Aeußerste gleistet haben. Rußland stebt jetzt vor der Frage, ob r» zu der Wahl de» Prinzen Coburg eine entgegenkommende oder ablehnende Haltung einnchmen soll. Vorläufig ist die Entscheidung über Annahme oder Ablehnung der Wahl seiten- deS Prinzen noch nicht getroffen, wenn sie aber zustimmend enSstillt, wie nach den vorliegenden Nachrichten anzunehmen ist. dann steht e» bei Rußland, ob die bulgarische Frage damit ihre Lösung finden oder noch ferner aus unbestimmte Zeit eine offene bleiben soll. Daß etwas geschehen muß» um die berech tigten Wünsche deS bulgarischen Volke» zu erfüllen, dieser Wahrnehmung wird sich auch die russische Regierung nicht verschließen können, eS ist nicht zu dulden, daß eine europäische Negierung hartnäckig die Ruhe eine» Lan de» aus Kosten deS übrigen Europa dauernd stört. Ruß land ist daran Schuld, daß Bulgarien feit dem 7. Sep tember 1886 ohne Fürsten ist. Fürst Alexander hat dem Hatz des Kaiser» Alexander weichen müssen, und Bulgarien hat sich geweigert, die Segnung?« dafür cinzntauschcn, welche ihm Lurch Vermittelung des Generals KaulbarS zugedacht waren. Bulgarien hat schon einen vergeblichen Versuch ge macht, fick durch die Wahl eines neuen Fürsten selbst z» Helsen. Prinz Waldemar von Dänemark erhielt nicht die Erlanbniß seines BaterS zur Annahme der Wahl, und damit wurde die Wahl selbst gegenstandslos; heute ist aber ein Fürst gewählt, welcher daS Selbstbestiininungörecht über Annahme oder Ablehnung der Wahl hat. Im Falle der Annahme ist eine neue Lage geschaffen, deren Sicherstellung lediglich von Rußland abbängt. Ergreift Rußland die Initiative, um diese Wahl zu bestätigen, dann werden die übrigen VerlragSinächle unzweiselhast zustimmen; bcharrt Rußland aus seine», Wider stande, dann ist ein Ende überhaupt nicht abznfehen, besonders kein friedliche». * » - » * lieber den Prinzen von Coburg, den d^signirten Bulgarensürflen, macht die Wiener „Neue Freie Presse" folgende Angaben: Ter junge Prinz aus dem Hanse Coburg, welcher soeben von der Sobranje in Tirnowa zum Fursien gewählt wurde, steht im Alter von 28 Jahren; er ist am ui>. Februar 1861 i» Wie» ge boren. Seine Jugend fällt in stürmische KriegSzeitcn; als Ku-'be hörte er mit ernster Ausmerkjumkeit von den büiligen Kämmen zwischen Oesterreich und Preuße», von dem Kriege zwicken Franklcich und Dculschland erzählen. So hat er lebhafte Cni- drücke, wie sie weltgeschichtliche Umwälzungen selbst im Gc- niiiihc eine- Knaben üben, und gespanntes Juicresse sür große gc» schlchtliche Thatiachc» frühzeitig enipfuiiden. Seine Erziehung war w,e die aller seiner Geichwiiiec eine höchst sorgfältige. Der Pnnz, ei» Enkel Louis Philipp'S durch seine Mutter, die Prinzessin Llcmen- line von Orleans, kann auch i» seinen Zügen de» ThpuS der Orleans nicht verleugne». Teil Prinzen Ferdinand, cinen blonden jungen Mann von nicht über Mittelgröße, kennt man in Wie» als eine angenehnie Erscheinung der höheren Gesellschast; sein Aiige v.w« räth Geist «nd Enlschlosienheit, die stolzgcschwnngcne Adlernase erinnert an die königliche Herkunft von de» Orleans, deren er sich gerne rühmt. Wie sein Later, Prinz August von Coburg, österreichischer General war, gehört auch Ferdinand von Coburg der österreichischen Armee an, wo er den Rang eines Ober- likiiienanlS im 1t. Hiisarcii.Regimcnt bekleidet. Sein älterer Bruder, der österreichische Geiikralmajor Prinz Philipv von Coburg, ist als Gemahl der Prinzeisi» Louile von Belgien der Schwager deS Kiou- prinzea Rudolf. Tie Schwester Elolilde de- nunmehrigen Bnlgaren- sttrsten ist die Gemahlin des Erzlierzog- Joseph. Außerdem steht der Prinz nicht blos mit dem österreichische» Kaiserhause und dem belgischen KünigShose, sondern auch mii den Herrscherhäusern von England, Portugal, Brasilien und Italien in verwandljchasllichcm BerbSliuisse. In den Studien, welche Prinz Ferdinand von Coburg machte, hat er stet- eine ernste Richtung versolgt, als sehe er sein Schicksal voran-, daß auch er nach der Tradition de« Hauses Coburg, da ss häufig seine Söhne als Herrscher auf europäische Throne ent sendete, etnft eine Krone tragen werde. In der jüngsten Zeit waren e- vornehmlich sociolpolilische und landwirtlilchaillichc Studien, welche Prinz Ferdinand betrieb. In der Oksseullichscil ist der Prinz fast gar nicht hervorgetreten; er gilt in Wien al» ein beliebtes Mitglied der hohen Aristokratie, ohne indeß den stür» milchen Vergnügungen de« Sports und des Spiel« sich hinzugcben, wie sie »st in exclusiven Kreisen üblich sind. Im Winter konnte man den Prinzen häufig in der Hosoper «nd bei Toncertcn sehen; den Somm-r pflegt er mit seiner Mutter auf deren Landsitz in Eben- thol bei Dürnkrut za verbringen. Hier giebt sich der Prinz gerne naturwifsenschasllichen Studien hin. Er ist ein leidenschaftlicher Oruithologe and besitzt etnr bedeutende Sammlung für diese« Fach t» setaem Palst» aas der EellerstStte. welch« auch vom Kroaprtuze,
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