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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.11.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-11-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188711053
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18871105
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18871105
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1887
- Monat1887-11
- Tag1887-11-05
- Monat1887-11
- Jahr1887
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.11.1887
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Krdittlou und Expedition Johcm»e«gafse 8. Sprechstunden der Uedactiou: Vormittag» 10—12 Uhr. Nachmittag» S—ü Uhr. 1», tu Ritck««»« n»»6»»tier Manuicrcht« die Nrdaciien >i>»l r<r»i»»I>ch. A»»atz«e Per für »te «rchftf«>,e»Pe N»»«cr »efti««ten Inter «te aa v«chr»ta«en Pi« 8 Utzr «gchmitta,«. «>,e«»n- nn»Sestt«,eufr«ip Pi«'/,» Uhr. 3» den Filialen siir Jus.-Annahme: Ltt« Ule««, Universität-straße 1. L-ut« Lösche. lkatharinenstr. 23 part. u. Königsplatz 7, nur bi» '/,3 Uhr. KiWM.TllgMM Anzeiger. Lrgan fiir Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage Aboimrmrntsprris viertelj. 4', Mit >ncl. Brinqerlohn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mt. Jede einzelne Nummer 20 Pt Belegexemplar 10 Pf. Gebühren iür Extrabeilage» (in Tageblatt formal gesalzt! ohne Postbeiörderung 00 Mk. mit Poslbesvrderung 70 Mk. Inserate ^gespaltene Petitzeile 20 Ps. Gröbere Schriften laut »ns. Prei-verzeichniß. Tabellarischer u. Zisternjatz nach höhernr Tarif. Krclamrn outer dem Redactionsstrich die -tgcspall. Zeile 50Ps., vor den Familien»achrichic» die «gespaltene Zeile 40 Ps. Inserate sind stets an die Cr,pcSitiou zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pravnuiiiaramio oder durch Post- Nachnahme. 309. Sonnabend den 5. November 1887. 81. Jahrgang. Zur gksiNgkll Veachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den «. November, Bormittags nnr bis 2S Uhr xcöffnet. LxpeiUtlon ü«8 I^lprlxer Amtlicher Theil. Maniltmachmg. Wir bringen hierdurch nachstehend die erfolgte Umiilim- «erirung der Grundstücke am Ntcolaikirchhof zur allge meine» Kenntniß: Braiibcatastec- Neue viraßen- Nummer 13 173 1 12-ll 160 2 10-7 160 3 u. 4 6 165 fällt au» S 164 5 4 163 fällt an» 3 170 sällt ou» 2 162 6 1 161 fällt au» Besitzer. Stadtcommua. « (»eu« Prediger- Häuser). Geschw. Holberg und Genossen Friedr. ^inrich Wiebach Friedr. Aug. Starke (Einganq von Grimmaischer Straße 23) vr. zur. Prüfer und Geiiosfei, (Eingang von Erimmaischer Straße 21) Hermann Moritz I» Berlin Emil Otto Wilhelm« u. Genossen Der Preis für den in der zweite» Gasanstalt der Stadt .'eipzig erzeugten Koks beträgt ioco Gasanstalt ll: Ur den Hektoliter Steinkohlen.GroßkokS 1 uK — « « » zerkleinerten Steinkohlenkoks sogenannten Mcidinger-Kok- 1 - — - » » » Steinkohlen-Kleinkok» — » SO » - - Braunkohlen-Kok- — - 50 » - « SteinIohlen-Kok-gru» — - 25 - Preis deS Steinkohlen.GroßkokS und vom GruS bei Abnahme größerer Doste» nach Vereinbarung. Die Marken zur Koks- und GruS-Entnahme sind gegen Zaarzahlung, soweit die Dorräthe an Kok« rc. reichen, im Bureau der zweiten Gasanstalt zu erhalten. Zur größeren Bequemlichkeit de- Publicum- liefert die weite Gasanstalt de» Kok- auch frei inS Hau- Leipzig. Die kosten hierfür betragen bei jeder Sorte 15 für den Hektoliter. Etwaige Bestellungen wolle man entweder mündlich oder durch die Post im Bureau der zweilen Gasanstalt, oder i» der Rechnung», „uv Eassenverwaltung der Gasanstalten, Nitterstraße 6, machen. Auch kann die Entnahme von Kok- bei dem Fuhrwerksbcsitzcr Herrn Rohr, Sidonicnstr. 5, »wie bei den Herren Beruh. Franz Eo., Südplatz 8, geschehen, bei welche» wir ein kleine« Lager der obenbezrich- nctcn Kokssorten haben errichten lasten. Leipzig, am 29. October 1887. In. K2S3. Des Rath« Deputation z« de« Gasanstalten. Leipzig, de» 1. November 1887. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georai. Cichorin«. Ib. 4128. Vekainltmachmi-. Wir bringen hierdurch zur allgemeinen Kenulniß, daß wir der am ?)orkplatze abgehendcn und nach Gohlis läng« de- Excrcicr-PlatzeS hinsührenden Straße, aus deren Strecke bis zur Gohliser Flurgrenze, jedoch mit Ausschluß der Strecke am Norkplatze, den Namen Gohliser Straße beigelegt haben. Leipzig, den 1. November 1887. Id. «196 1349. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Gcorgi. EickoriuS. Vtkannliuachilitg. Tie ausgeschriebene Lieferung deS für den Neubau der 9. BezirkSscbule erforderliche» Mobiliars (Schulbänke, Pulte. Schränke, Podien u. s. w.) ist vergeben, we-halb die un berücksichtigt gebliebenen Herren Bewerber hiermit ihrer Gebote entlassen werden. Leipzig, de» 27. Oktober 1887 Id. 407? Der Rath der Stadt Leipzig. 1296 vr. Georgi. Winsch, Ast Autzholr-Auction. Montag, den 14. November ». e. sollen von Bornntlaa» 9 Uür an im Forstreviere Connewitz die ans der neuen Wegestreeke ausbereitelen Nutzhölzer, alS: ra. 28 Eichen- - 27 Weißbuchen » 16 Ahorn» » 29 Eschen. Klötzer, - 95 Rirstern- » 10 Linden- und 1 Apfelbaum- sowie 10 Stück Eichen» , 80 . Eschen- t Schirrhölzer 35 » Rüstern- s unter den an Ort und Stelle öffentlich au-hängenden Be dingungen und der übliche» Anzahlung an den Meistbietenden verkanst werden. Zusammenkunft: an der PanigSbrücke ans der Lounewitzer Linie, unweit der Hridaer Wiesen. Leipzig, am 3. November >887. De« Rath« Forstdeputation. Vekanntwachung. Im Monat October ». c. gingen bei dem Armenamte ein l0 -E — ^ Geschenk de» Herrn H. K, von Herrn Stadt ralb vr. F. siir Neberlaffung einer Grabstelle gewährte Vergütung. 2 . — « Sühne i. S. I. H. -/. A. Ra 1 « — » Geschenk von Frl. A. S. i. S. I durch Herrn A. S. '/. E. S. - Friedensrichter 5 . — . Sühne i. S. L. E. /. R. S. Sieben. 20 . — . . . . I. H.^t. « R. 7 1 » — » StreitobjeN i. S. W. und L. durch Letzteren. . Z. von Ersterem. von dem Buffetier Rich. P. i. S. H. /. B. durch den stellvertretenden Friedensrichter Herrn Refer. Hertel. « Sühne i. S. K. B B durch Herrn Friedensrichter H. A. Äauck mu. -/. Sch ' A R. /. B. M. z durch Herrn Frieden« richte» N. S. - Nagel. Ul ^ 55 U Äamma, worüber hierdurch dankend tznittkt vkd. Leip^g. dm t. «»vember 1887. ^ Stadt Leipzig. Seidel. Vekanntmachung. Ausschreibung. Tie für den Umbau im LeihhauSgedLnde ersorder» liche» Maurerarbeiten sollen vergeben werden. Bedingungen und Unterlagen hierzu können im Rath». Bauauite, Hochbauverwaltung^ StalhhauS, H. Obergeschoß, gegen Erlegung von 50 ^ entnommen werden. Die Gebote sind verhegell mit der Aufschrift „Maurer arbeiten im LeihhauSgedäude" bi« zum 2l. November er Abend« 5 Uhr an oben bezeichneter Stelle einzureichen. Der Ralh behält sich die Auswahl unter den Bewerbern oder die Ablehnung sämmtlicher Angebote vor. Leipzig, den 2. November 1887. De« Rath« der Stadt Leipzig Bandeputation. Anmeldung zur Mchenvorstetjer-Wahl in der parochie St. Petri. Für die au» dem PelerSknchenvorstonde nach Ablauf der ge schlichen Wahlperiode Ende d. I. ausscheidenden Herren: Oberjusozrath <'»r> Tlieoüar Il«l7u»»uu, Oberstaatsanwalt, stcllvciIntruder Porsihender, Buchdruck-,eibcsitzcr ckoliann Ouxtar vür, Retch-g-rictitSiath vr. Veorir krele^Ioden, Amtsrichlcr ckalmnne, b'rlockrlol» lllltielm Ilranlekkeick, Schuld,rector Pcosestor vr. IVIllielm >8lcketi« und Privatmann t'nrl vuckrrlU IVaaoer, die iii-gesamiiit wieder wählbar sind, soll durch die Kirchen gemeinde eine Neuwahl staltfindcn. Slimmbercchtigt zu dieser Wahl sind alle selbstständigen, in der PetcrSkirchcnvarochie wohnhaften Männer evangelisch-lutherischen Bekenntnisse», welche da» 25. Lebensjahr vollendet haben, verbeirarhet oder nicht, „mit Ausnahme solcher, die durch Verachtung de» Worte» Gotte» oder »»ehrbaren Lebenswandel öffcnlliche», durch nachhaltige Besserung nicht wieder gehobene» Aergernitz gegeben haben, oder von der Stimiuberechtigung bei Wahlen der politischen Gemeinde, oder endlich nach dem K>rche»gesepc vom 1. December 1876 durch die Kiriheninipeciion infolge Berjäumniß der Trauung, Taufe oder Sonfirmatio» au»geschlossen sind". Wer sein Stimmrecht bei der bevorstehende» Wahl au-üben will, bat sich zusolge gesetzlicher Vorschrift zunächst mnnvlich oder schrift lich dazu anznmcl»eu. Die «nnptichen Anmtlpungk«» werden Sonntag, »en 8. Rovembrr ». I„ «ou 11 Pi« 1 Uhr un« Montag, dcn 7. Ravemdrr »0» i) bi« 5 Uhr in dem nordästlichen Beichthause der PelerSkirche (Eingang der höheren Mädchenschule gegenüber) enlgegengenonnnen. Bei schristlichr» Anmeldungen, welche wahrend der obengenannten Tage, sowie schon vorher auch in der Amtswohnung de» Pastor» Via. tiievl. vr. Uorluna (Albertstr. 38. l.) abgegeben werde» können must genau anargrben werden: 1) Vor- und Znnanie- L! Stau« un« Geioerpe; 3) UrPurtS-Tag unp -Aatzr; «) «te Wohnung. Wir fordern Vie stimmberechtigten Glieder unserer Gemeinde herzlich und dringend aui, sich an der bevorstehenden Wahl zahlreich zu betheiliqen und, damit sie die« können, die Anuiklpung in der angegebenen Weise bi» spätesten« Montag. VkN 7. Rovcmper, Nachmittag« k Uhr, bewerkstelligen zu wollen. Zur Peterrtircheuparochie gehäreo die folgenden Straßen und Plätze: Albertstraße, Aradtstroßr, Vauhosstraße. Bayerischer Platz, Bayerisch« Strotze, Brandvorwerkstraße, Brauftraße, Brüderstraße, Laroliuenstraße» Däseuer Weg, Dusourstroße, Etlsraftraße. Emllienftraße, tchtestraße, lowlotz, rirdrtchftraße, irrsteustraße, stocke, ftrape, «raffistrahe, Hohe Straße, Kaiser wilhelmstroße, Kochp«t». Kohteußraße, Körnerftrate, t». Zeitzer Straße. Lelp»>>, de» 89. Oktober 1887. Lützowstraße. Mahlmannstraße, Moltkestraße, Mozartstraße, Nürnberger Straße (vom Baye rischen Platz bi« zur Roß und Lindenstraße), Echenkendorsstraß», Schletterstraße, kchleußiger Weg, Seeburgftraße, Sidvnienstraß«, Sophienstraße, Steinstroß«, Etephanftraße (von der Seeburg bi« zur Liebigstraße), k üdplatz, Südstraße, Teichftraße, ryalstraß« (von der LIebig straße bi« zur Ulrtchsgasse und Seeburgftraße), «eberplsse, Windm«dle»ftraße (vom Boy« risch«, Platz bi« zur To nier und Emilien ftroße), Windmühlemoeg, Der Kirchn»»»rft««p »» Gt. Petri. Un vr. -«rt»»», PPn«. Erftatteter Anzeige zusolge hat der Kellner Carl Bruno !rlschner sein vom Stadiralh zu Grimma am 16. April 1880 ausgestellte» Dienstbuch verloren. Im «usfindnngolalle ist da- Buch ou un» abzuliesern. Leipzig, am 2. November 1887. Das Poltjriamt der Stadt Leipzig. < 5391. Bretschneidrr. H. Nichtamtlicher Theil. Zur Gesammtlage. Gegenwärtig ist eine Pause in der politische,' Entwickelung eingetreten: da- öfsenlliche Bekenntniß eines festen Bündnisses zwischen den Centralinächlc» Deutschland. Ocsterrc>ch-U»gari> und Italien, welches durch den Besuch Crispl'S in Fnevrichs- ruh und die Rede desselben in Turin vor aller Welt auSge- prochen worden ist. hat die skieden-seindlichen Kräfte 1» Europa zur Vertagung ihrer Wünsche und Hoffnungen ge- nöthigt, und so konnte sich unter der Einwirkung der Bündniß- Zerküiidigung eine FnedenSzuversichl gestalten, wie wir sic eit Jahren schmerzlich vermißt haben. Unter diese» Umständen habe» die Vorgänge in Bulgarien, aus weiche seil mehr aiS zwei Jahren die Bl'cke Europa- »ul Besorgniß gerichtet waren, ihre Bedeutung als Gefahre» siir den Frieden verloren, man folgt ihnen »och mit Interesse, aber diese Empfindung entbehrt de» ernsten Hintergrundes, den sie halte, so lange der Friede Europas davon abbiug. Rußland hat nach lange». Widerstreben den Entschluß gefaßt. Bulgarien sich selbst zu überlasten und damit nur DaS gclha», was es von Anfang an zu seinem eigenen Bortheil nicht Halle unlcrlaffen sollen. Mit dieser Veränderung der russischen Politik ist aber Frankreich kemeSwegs zufrieden. Diese Macht hatte sich seit langer Zeit in den Gedanken hiiieiiigelcbl, baß Rußland durch den EnkwickeiungSgang der europäischen Verhältnisse zu eine»! Bündniß mit Frankreich gezwungen sei, eS konnte sich »ach ranzösischer Austastung uur u», eine» paffenden Borwand zum LoSschlagen Handel», und uni Aufsuchung eines solchen war c« seit geraumer Zeit eifrig bemüht. Der Fall Schnäbcte und der Fall Kaufmann würden diesen Vorwand geliefert hab ic-, V nn e« Rußland Ernst gewesen wäre mit der Wiever- aul/ollu.rg der orientalische» Frage. Aber die eingehende Er wägung aller in Betracht kvmnicnden Dinge bat der russischen Regierung den FriebenSbruch bei der gegenwärtigen Sachlage als ein büchst gefährliche- und wahrscheinlich schlecht aus gehendes Unternehmen erscheinen lasten. >mv deshalb sind alle LiebeSwerbuiigen Frankreich- vergeblich gewesen. Tic russische Regierung stellt die Sache so dar, als ob die Un sicherheit der inneren Angelegenheiten Frankreichs gegenwärtig ein Vnndiiiß unmöglich mache und daß Rußland deshalb wobt daran Ihne, das Verhällniß zu Frankreich »ur von Fall zu Fall zu regeln, sich also »ur die Möglichkeit osten zu Halle», »nler günstigen Zcillänsten die Bünvnißsrage in Betracht zu ziehe». Tiefe Anschauung ist offenbar das Ergebniß deS engen AnkinanderschlusseS der Eciilralmächle zur Ausrechlhaltung deS Frieden-, beim Mangel eine» solchen Bündnisse- wurde die Kritik, welche Rußland an Frankreich übt, wahrscheinlich für das letztere bei Weitem günstiger auSsalle». Nu» ist eS klar, daß Frankreich unter dem Ministerium Rouvier sich von der Activ»Spolilik frei gemacht hat, zu welcher der KriegSministcr Boulanger da« Ministerium Gvblet zwingen wollte, wenn auch nicht mit dem gewünschten Er folge. Rouvier hat sich bcniüht, im Verein mit dem Minister de» Auswärtigen, Flourenö, wieder in die Psake cinzulenke», welche Ferry Frankreich zu führen bemüht war. und zwar ohne da« schädliche Beiwerk der colonialen AclionSpolilik, welche Ferry aiS AbzugScanal für die chauvinistischen Be strebungen eines großen BruchtbeilcS der Franzosen benutzte Rouvier hat eingeseben, daß diese Politik Ferry'S ein Miß griff war, und er hat versucht, in Frankreich allmälig normale Zustände wieder hcrzustellen. DaS ist ihm bis zu einen, ge wisse» Grade gelungen, aber der OrdenSschwindel und die finanziellen Schwierigkeiten haben ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht, und eS müßte wunderbar zugeheu, wenn er nicht durch die neueste Wendung der Tinge in Frankreich zum Rücktritt genöthigt würde. ES giebt zwei Ä)rge, wir sich rin Ministerpräsident in Frankreich halten kann: der eine ist die schroffe Durchsübrung eine» politischen Programms unter jedesmaliger Stellung der CabinctSsrage. sobald dasselbe in Gesahr kommt, Lurch die Parteien verändert zu werde», oder Nachgiebigkeit an die öffentliche Meinung b,S zur äußersten Grenze. Rouvier hat bei Uebernahme seine« Amtes die erstgenannte Politik verfolgt, indem er gleich bei der ersten parlamentarischen Ver handlung die CabinclSsrage stellte. Nach Uebcrwindung diese» Haupthindernisse- hat er sich den Verhältnissen anzudcqneincn versucht, und in der Frage, ob ein Untersuchungsausschuß für den Caffarelschwindcl und gegen die Ucbergriffc Wilson's ei» zusctzen fei, ist er bis an die äußerste Grenze der Nachgiebig keit gegangen. Verlängert hat er dadurch die Frist, welche ihm zugemestcn war als Leiter de» CabinelS, aber ob er die entgegrnstchenvrn Hindernisse damit überwunden hat, bleibt abzuwarten. Die Kris,» in Frankreich, welche heute oder morgen enl schieden sein muß. ist der Angclpunct der gegenwärtige» Ge sammtlage, weil da» Verbleiben oder der Rücktritt de« Ministerium» Rouvier darüber entscheidet, ob in Frankreich vie Mäßigung oder die Leidenschaft siegt. Ist daS Letztere der Fall, dann sind die Folgen nicht abzuscben. Unteriimiirt ist die Grundlage, aus welcher die französische Republik steht, ganz gewiß, denn, wa» Wilson verschuldet hat. ist von der Pcrfon de» Präsidenten der Republik nicht z>, trennen, alle die Mißbräuche, die er sich erlaubt hat, waren nur möglich, wenn e- der Präsident an derjenigen Energie fehlen ließ, die von seiner hohen Stellung untrennbar ist. Die Verurlheitnug de- Thun» Wilson'» durch die Mehrheit der Kammer zieln de« Rücktritt deS Präsidenten »olhwendig nach sich, und diese Bernrlbeilung ist heute bereit» sehr wahrscheinlich. Ob dir beantragte Umwandlung der 4'/,proeentigen Rente i, eine Zprvcrntige von der Kammer genehmigt wird, kommt erst in zweiter Linie in Betracht, die Genehmigung kann den Sturz de« Ministerium» nicht verhindern, wenn der Unter» suchung-auSschuß gegen Wilson entscheidet, aber auch di« Annaljme de« UmwanblungSrntwurs« ist »ach den vorliegenden Nachrichten zweifelhaft. Erfahrungsgemäß kostet eine Krisis wie die gegenwärtige einem französischen Ministerium stet» d«< Leben, und r« »Sr« wunderbar, wenn da» Ministerium Rouvier davon eine Ausnahme machte. Der 'einzige Grund der Erhaltung deS Ministerium« wäre die B-'sorgniß vor de» Folgen de« dadurch hcrbcigesührtcn Rücktritts de- Präsidenten Grcvy. So wichtig die gegenwärtige Krisis für Fraiikccich s.lbst ist, so ist e» doch sehr wahrscheinlich, daß ihre Eiilscheikniig obne Einstuß a»f die inlernationale» Ver- hältiiisie >11 Europa bloibon wirk. Tie Besorgnisse Rußland- wegen Einsetzung einer Regierung in Frankreich, welche abenleuerliche» Regungen »achgeben könnte, sind nicht st zu nehme», denn daS Blindiiiß Rußlands mit Frank- ch ist an sich ein Abenteuer. Wenn Rußland u»v Frank reich an Ansrechlhalluiig deS europäische» GlcichgcwichlS gelegen ist, daiui werden beide Machte wohl tinin, sich bei dem gegenwärtige» Zustande Europas zu beruhige». ES kann in der Thal kann, ein Verhällniß gedacht werden, welches dein europäischen Gleichgewicht zuträglicher wäre al ter Bund der drei Coulralmächle. denn durch diesen Bund wird das russisch-sranzösischo Bündniß gegenstandslos. Wenn zwei Großmächte sich verbinde», um drei ankere Großmächte auzugreisc» »>il der Aussicht, auch die sechste Großmacht gegen sich zu baben. so ist VaS ein voraussichtlich vergebliche« Bemühen. In diese», Falle befinden sich Rußland und Frankreich heule gegenüber den Cenlralmächle» und England, und weil ein Krieg unter solche» Verhältnissen ei» Unsinn wäre, deshalb erscheint der europäische Friede gesichert. , Leipzig, 5. November 1887. * Der BundeSrath nahm in seiner Sitzung am Donnerstag die AuSschußanlräge, betreffend die Ergänzung der vorläufigen AuSsüln»ngSbcsl>»i>n»»gen zu dein Gesetze über die Besteuerung deS Branntwein-, an und stimmte dem AuSschußbcrichle über de» Gesetzentwurf, betreffend den Verkehr mit Wein, nebst den darauf bezüglichen Eingaben zu. * Se. Majestät der Kaiser bat zu genehmigen geruht, daß da» LandcScoiisistoriu», zu Hannover die kirchliche Aussicht und Leitung über die deutsch-lutherischen Ge meinden in Kapstadt. Worcester, King-WilliamS-Town und British-Cassraria, sämiiillich jn Südafrika belege«, übernimmt. * Au» Reval schreibt man der „Schlesischen Zeitung" unter dem 30. October: Um die Härten, welche die Einführung der russischen Sprache in Schule und Amt der baltische» Provinzen herbeisühr», einiger- Massen zii mildern, sind von deutsch.baltischer Seite Vorschlag« an die Regierung gemocht worden, welche, wie cs scheint, thetliveise zur Annahme gelange» werden. Man will den Unterricht ans de» Gymnasien in der bisherigen Art, d, h, in deulscher Sprache, er- lheilen und auch die Abgangsprüsung wie bisher in deutscher Sprache oblegen losten. Nach Schluß derselben muß sich jedoch der Schüler eine», einjährigen Lehrcursus zur Peivolltoinmnung in der russische» Sprache unlerwersen. Erst wenn der Schüler, »ach Beendigung diese« CurluS, die Prüfung auch ü» Russischen bestanden hat, erhält er da» Abiturientenzengmß auch für die übrigen Fächer. Diese Maßregel hätte de» Vvrthcil, daß der Unterricht nach wie vor i» deutscher Sprache ertheilt werden könnte »nd demnächst bei, Schüler» die Gelegenheit geboten wäre, sich die für ihr Fortkommen nolhwendigen Kenntnisse im Rnisischen anzu- eigne». Die Regierung will diese Neuerung für die rüterschasllichea Schulen genehmigen, jedoch nicht für die krongvnniasie»; ferner verlangt sie, daß unter solchen Umständen den Esthe» und Balten der Zulritt zu den rilterschastliche» Gmnnasieir verweigert werde. ES liegt aus der Hand, daß sonst die Esthca und Balle» nach Ein» sühinng dieser auch für sie so vortheilhajicii Neuerung ausschließlich die ritterschasllichcn Gymnasien besuchen und daß die Kronglimnasien lccrstchcn würden. Seiten» eine» der Adclsmarschälle ist der Regie- rung bereits erwidert worden, daß, wenn sic die Ausschließung der Eilbe» und Balten von den ritterschasllichcn Gymnasic» münschc, sie dies selbst vcrsügcn möge, bannt nicht daS Odium dieser Ausschließung aus die deutsche Rülerschast zurücksalle. Der Gouverneur von Esthland, Fürst Schachowskoj, hat einen von Ungeheuerlichkeiten strotzenden Jahresbericht an die Regierung cingereichl. Ec außer! sich unter Anderem. die baltischen Denlschen seien zu loyal, um dcn Forderungen der Regierung directc» Wider stand enigcgciizusctzen: aber in ihrem Inner» stände» sie de» RegieruiigSmaßregclii seindsclig gegenüber. Der Gouverneur könnte, so müßte man glauben, vollständig zusriedc» sein, wen» die An- orbiniitgkn der Regierung ausgesührt werde»; was die Leute im Innern denke» ober nicht denken, ist doch tannr seine Sache. Ferner bat er die Stirn, zu behaupte», die deutsche Ritterschaft vergäße den Niistedler Frieden und das durch düsen festgesetzte Recht deS Eroberer». Er vergiß! aber, daß sich die Ritterschasl in jeder Eingabe an den Zaren oder die russische Regierung stets gerade ans dcn Nhstcdter Friede» berust, weil die den baltischen Provinze» durch Peter den Große» in jenem Friede» gewahrten und verblichen Gerechtsamen und Verheißungen nicht gehalten werden. * AuS Sofia, 27. October, wird der „Kölnischen Zeitung" geschrieben: Von de» Höben der Stadt weithin dröhnender Kanonendonner und Glockcngcläule der Kirche» verkünden bereits zur hüben Morgen stunde. daß am heutigen Tage die feierliche Eröffnung der ersten linier dem neue» Staaisoberhauvtc gewähtte» Sobronje stalisindel. Frisch und schmuck ansiehende Truppen in strammer Haltung bilde» aus der vom Palai» in schnurgraver Richtung fort- führende» .Nonstanliiiopeler Slraßc Spalier, um dem Fürsten die niililalrischcit Ehren zu erweisen und die Ordnung aufrecht zu er halten. Bis an das Ende der Straße bewegt sich ei» ziemlich starker Meiischenstloni, wclchcr gleichialls der Ausfahrt ivannuug.'voll eutgegensiebt. D-ckn bei der Straße schon erhebt sich n» cdlcn Renaissanccstyl tas neue Sobranjcgebäudc, ein Sä-muck der HauvI- stadt und des ganzen Lande», der in seiner äußeren wie innere» sormvollcndrlcn AliSstallung Zeugniß oblegt von de» Fort schritten. welche Bulgarien seit säst einem Jahrzehnt aufjuweiscn Hai. Es ist um die zehnte Slunde; allinälig versammeln sich die Dcputirtcn. Elegant befrackte Herren, allerdings in der Minderheit, eröffnen den Reigen, dan» kommen in bunter Reihcnsolge bald Bauern in ichmucker Volkstracht, bald solche in bloßen Hemdärmeln oder Wämsern, Türken im Fez oder Turba», schlichte Bürger u»d Pope», sie alle erscheine» in raieticm Gange und iüllen schnell die halbkreisförmig ausgestelllen Banke. Die Galerien sind dicht bi» an die Decke hinaus besetzt, vorzüglich von Damenichünheilcn au» Sofia; die Divloniatknlogc aber bleibt leer, während e» in einem Raume de» unter» Saale», der iür die aus. ländischen Berichterstatter bestimmt ist, um so lebhafter Iierqedt. Das Haliplinlerestc Aller richtet sich aus das erst gestern d-r Sobranje über- gibcnc Bild des Fürsten, da» sich über dem Throne m Mm»». Höhe erhebt und in voriressllicher AuSsübrung den Fürsten in Parade; uniiorm darstellt. Plötzlich wird es »» Saaie still, denn Kanonen- ichüsse verkünden, daß der Fürst soeben mit sein»» Geiolge den Palast verlassen bot und sich der Sobranie näüert. Den, iürsttichen Prachlwagen voran» reitet eine Abtheilung (üei.darmcn, dem zwei Züge der Geleüniannichast und dann der H imarschall mit seiner Um- gebung solgten, woraus der Fürst in einem von vier prachtvolle» Braunen gezogenen Wagen im langsamen Tempo, gesolgt vom ganzen Oificiercorp», kommt. Die Militärcapeven spielten di« Nationalweise, und der Fürst, an de» Stusen der Sobranje vom Ministerrathe ehrsurcht»voll begrüßt, begab sich »ntcr den Hochruse»
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