die Bürgersteige um das Festhaus srei von Passanten und zeigten drohend ihre Waffen. Lim so peinlicher war am nächsten Morgen die Überraschung: die stolzen Fahnen der Ententemächte waren ver schwunden — und zwar zweifellos noch während des Festes! Alle Nachforschungen, die von den litauischen Behörden mit Äbereifer ausgenommen wurden, blieben ergebnislos. Man konnte den peinlich überraschten fremden Gästen nur immer und immer wieder das Bedauern aussprechen; die Genugtuung der Verhaftung des Schuldigen konnte man ihnen nicht verschaffen. Die Fahnen waren und blieben verschwunden. Doch im Kreise der deutschen Truppen erzählte man sich mit freudiger Genugtuung, daß ein frecher junger Leutnant und ein schnei diger Gefreiter von den sächsischen Freiwilligen es fertig gebracht hätten, noch während des Festes in das Laus einzudringen und die Fahnen herunterzuholen. Beinahe hätte dabei eine Fahnenstange ein Fenster zerschlagen, hinter dem einige Festteilnehmer in eifriger Unter haltung standen. Aber es war noch einmal gut gegangen! Ob die Erzählung wahr oder erfunden war, wurde nicht unter sucht. Die deutschen Stäbe hatten damals wirklich keine Veranlassung, derartigen „Gerüchten" nachzugehen! Litauen, seine Bevölkerung und sein Heer Von Generalmajor a. D. Schroeder Litauen, ein Land von etwa 3 Millionen Einwohnern, hat eine gemischte Bevölkerung, die aus dem Lande fast rein litauisch ist; in den Städten überwiegen Juden und Polen. Der große und mittlere Grund besitz war vor dem Kriege zum großen Teil in den Künden von Polen, Russen und Deutschen; letztere waren auch im Kandel und in der In dustrie maßgebend vertreten. Beamtenschaft und Offizierkorps waren stets rein russisch. Das litauische Volk gehört zur indogermanischen Rasse, die Sprache zur baltischen Gruppe des indogermanischen Sprachstammes; sie hat ihre Eigenart durchaus bewahrt, ist allerdings im Laufe der Jahrhunderte durch die Sprache des jeweiligen Kerrschervolkes be einflußt worden. Das Litauische war ursprünglich eine reine Volks und Gebrauchssprache mit geringem Wortschatz. Erst Ende des ^.Jahr hunderts begann die nationale Bewegung sich auch literarisch auszu-