15 glaubten sich allein und ihre schönen Herzen haben sich eben hier die offensten Geständnisse gemacht. Rosine. Und sie behorchten sie? O pfui, Herr Figaro, da« ist nicht recht — Figaro. Zu horchen? das ist aber doch das einzige Mittel, wenn man die Wahrheit erfahren will. Also wissen Sie denn, daß Ihr Vormund sich vor- enommen hat, Sic morgen schon zu eirathen. Rosine. Großer Gott! Figaro. Fürchten Sie nichts; wir wollen ihm so viel zu schaffen machen, daß er nicht Zeit haben soll, im Ernste daran zu denken. Rosine. Ich höre ihn; entfernen Sic sich über die kleine Treppe. Ach — ich sterbe vor Angst. — (Figaro schnell ab.) Elfter Auftritt. (Rosine. Bartholo.) Rosine. Sie hatten vorhin Besuch, Scnnor? Bartholo. Don Basilio, den ich aus gewissen Ursachen begleitet habe. Du hättest es vielleicht lieber gesehen, wenn cs der Herr Figaro gewesen wäre? Rosine. Das ist mir sehr gleich- giltig, Signor! Bartholo. Ich möchte nun aber wohl wissen, was dieser Barbier Dir so Wichtiges mitzutheilen hatte? Rosine. Soll ich Ihnen die Wahr heit gestehen? Er hat mit mir über MarccllinciiS Krankheit gesprochen; sie soll sich recht übel befinden. Bartholo. So — MarcellinenS Krankheit! — Ich wollte wetten, daß er wieder ein Brieschen zu bestellen hatte — Rosine. Und von wem, wenn ich fragen darf? Bartholo. Hm? von wem? Von Jemand, den die Frauen niemals nennen! Was weiß ich, von wem? Vielleicht die Antwort auf das Zettelchen, das zum Fenster hinausfiel. Rosine (bei Seite). Wie richtig er doch rathen kann. (Laut.) Sie verdien ten in der That, daß es so wäre. — Bartholo (besteht Nostnens Hand). Und so ist es auch. Du hast geschrieben. Rosine (etwas betroffen). Es wäre spaß haft, wenn Sie sich vorgenommen hätten, mich zum Geständniß zu zwingen — Bartholo (nimmt ihre rechte Hand). Ich! KcineswegeS. Dein Finger aber ist mit Dinte beschmutzt — Nun — wie steht'S, mein listiges Mündelchen? Rosine (für sich). Der abscheuliche Mensch! Bartholo ltmmer ihre Hand haltend). Ein Mädchen dünkt sich, wenn sie allein ist, auch sicher — he he! Rosine. O gewiß, ein schöner Be weis! Aber so lassen Sic mich doch los, Sie verrenken mir ja den Arm! Ich habe mich vorhin verbrannt, als ich das Licht auslöschm wollte, und da man mir stets gesagt hat, daß Dinte dafür gut sei, so habe ich das Mittel versucht. Bartholo. Das Mittel versucht — hm! Nun wollen wir den zweiten Zeu gen vernehmen» und sehen, ob er die Aussage de« ersten bestätigen wird. Hier dies Papier, von dem ich sechs Bogen zurückließ, ich zähle sie jeden Morgen — und so auch heute, ehe ich anSgieng — Rosine (für sich). Was soll ich sagen? Bartholo (zählend). 3, 4, 5 — Rosine. Der sechste — Bartholo. Ja — ich sehe Wohl, daß der sechste nicht mehr da ist — Rosine (senkt die Augen). Der sechste? — Je nun, ich wickelte Zuckerwerk hin ein, das ich Figaro sür sein Töchterchcn milgab. Bartholo. Figaros Töchterchcn, so? Aber die nengeschnittenc Feder, wie ist denn die plötzlich so schwarz geworden? Hast Du vielleicht damit die Adresse an Figaros Töchterchcn geschrieben? Rosine (sllr sich». Dieser Mensch hat einen wahren Instinkt, mich zu quälen. (Laut.) Ich habe damit eine Blume zu