immer gleichmäßig gut besucht. Es kommen Zeilen der Dürre. Oder wenn herrlicher !Sommersonnenschein ins Freie lockt, wenn im Großen Garten „Albertfest" stattsindet, oder wenn die lustige Zeltstadt der Vogelwiese ihre Anziehungskraft ausübt, kann es wohl geschehen, daß nur wenige Getreue sich einsinden. Dafür erscheinen an anderen Sonntagen zuweilen so viele Mädchen, daß Tisch, Stühle und Lampen nicht ausreichen und freundliche Aushilfe erbeten werden muß. Ihre dankbare Liebe zu den Leiterinnen be kunden die Mädchen in mancher sinnigen Aufmerksamkeit, die sie ihnen er weisen. An einem Sonntag erscheinen auf der Kaffeetafel Reste eines Ge burtstagskuchens. Die Spenderin ist eine Dame, die am Morgen ihres Geburtstages von den Mädchen mit dem Gesang von „Lobe dön Herren, o meine Seele" aus dem Schlaf geweckt wurde. Sie wohnt in Blasewitz. Die Mädchen haben sich im Dunkeln auf den Weg gemacht und sich bereits um sechs Uhr unter ihren Fenstern aufgestellt. Dann sind sie zurückgeeilt zur Stadt, um rechtzeitig an ihre Arbeit zu kommeu. Aber mit welch herz licher Freude haben sie die Neberraschung ersonnen und ausgeführt! Auch untereinander sind sie erfinderisch in allerhand Liebeserweisen. „Zwei Mädchen waren im Krankenhaus bei der armen Pauline F. ge wesen. Um ihr einen Gruß zu senden, schrieb eines der Mädchen ihr das eben gesungene Lied ab. Mit allen Unterschriften versehen, wurde das Blatt ins Krankenhaus geschickt." Eiu anderes Mitglied, das monatelang im Krankenhaus gelegen hat, ist in einem Erholungsheim ausgenommen worden. Im Tagebuch heißt es: „Klara F. schrieb mir und läßt allen noch herzlichst danken für alle Liebe, die sie erfahren hat. Sie schreibt glückselig über ihre Tage hier. Unser Mädchen haben sich auch sehr treulich ihrer ange nommen, sie täglich im Fahrstuhl gefahren." Als eines der Mädchen aus Dem Verein austrelen will, weil sie auf andere Bahnen geraten ist, sind alle übrigen betrübt. Sie nehmen sich vor, sie auf betendem Herzen zu tragen, damit sie dem Verein, vor allem aber der evangelischen Kirche nicht untreu wird. Die Liebe zum Herrn und gegenseitige Fürbitte ist das goldene Band, das die Leiterinnen und die Mädchen zusammenhälr. XIII. Das Jahr 1890 bezeichnet einen gewissen Wendepunkt in der Geschichte des Vereins. Allerhand praktische Neuerungen werden eingeführt: gedruckte Mitgliedskarten, Zahlung regelmäßiger Mitgliedsbeitrüge, Verteilung von Aemtern an bewährte Mitglieder, Einrichtung eines Nähabends. Die sonn täglichen Zusammenkünfte erhalten durch die Pflege von Spiel und Volks lied und durch gelegentliche kleine Aufführungen das Gepräge traulich häuslicher Sonntagsfeier. Aber wenn auch die Form sich in manchem ändert, so bleibt doch der Geist des Vereins der gleiche. Das hebt Pastor von Zimmermann deutlich hervor, wenn er in einer österlichen Ansprache sagt, daß, wenn man sich im Verein auch nicht immer mit religiösen Dingen beschäftigt, doch stets der rechte, geheimnisvolle Hintergrund zu spüren sein muß: „Das Lebensverhältnis mit dem lebendigen Heiland". Eine bedeutsame Aenderung bringt das Jahr 1896. Nachdem der Verein bis dahin abwechselnd von einer Reihe von Damen geleitet worden ist.