kommt man zu dem Entschluß, die Leitung in eine Hand zu legen. Fräu lein Brückmann, die seit 1887 dem Sonntagsverein nahesteht, läßt sich be- reilfinden, die Mädchen allein zu betreuen. Unter der Oberleitung von Herrn Pastor von Zimmermanu entfaltet sich das Vereiusleben zu erfreulicher Blüte. Die Mitgliederzahl wächst. Etwa sechzig Mädchen gehören dem Verein an. Dafür muß man umso dankbarer sein, als der Jungfrauenverein der Stadtmission ja eine gewisse Einzelstellung einnimmt. Er ist nicht, wie die übrigen Sonntagsvereine der Stadt, au eine Parochie übergegaugen und kann daher nicht auf großen Zuwachs durch Neukonsirinierte rechnen. XIV. Aber wie gewinnt der Verein neue Mitglieder? Ja, sind nicht die treuen „Alten" erfolgreiche Werberinnen, wenn sie im Kreis der Bekannten davon erzählen, wie lieb ihr Verein ihnen ist, wieviele schöne Stunden sie ihm danken? Bald ist es eine Mutter, die ihre Tochter dem Verein zuführt, bald eine Dame, die ihr neues Hausmädchen auf den Verein aufmerksam macht. Einer jungen Putzmacherin ist im Krankenhaus die Kinderharfe in die Hand gefallen. Sie hat viele schöne Lieder daraus gelernt nnd kommt nun, weil sie gern im Kreis der Mädchen diese Lieder singen möchte. Ein anderes neues Mit glied ist durch ein Blatt Papier gewonnen worden. Man schlug ihr in der Niederlage des Schriftenvereins ein Buch ein, und sie las auf der Umhüllung einen Hinweis auf den Jungfrauenverein der Stadtmission. XV. Erhält der Verein neue Mitglieder, so muß er auch manches liebe, be währte Glied scheiden sehen. Das eine oder andere Mädchen verheiratet sich. Eines geht nach Amerika. Verschiedene treten in dys Diakonissenhaus ein. Von der Verabschiedung einer angehendeil Diakonisse erzählt das Tagebuch: „Die Mädchen hatten für sie zum Abschied ein sehr schönes Lied eingeübt mit den Schlußzeilen jedes Verses: „Ein Tagwerk für den Heiland — das ist der Mühe wert." Dann sangen wir ihr noch „Zieh in Frieden deine Pfade". Ein Kreuz mit Spruch darauf wurde ihr zum Andenken gegeben." Welche Freude für alle, wenn eine aus dem Verein hervorgegangene Dia konisse einmal am Sonntagabend vorspricht, in froher Dankbarkeit von ihrem Beruf erzählt, wohl auch den einstigen Vereinsschwestern die Abendandacht hält! Zu einer besonders eindrucksvollen Feier gestaltet sich der Abschied, den die Mädchen einer jungen Missionarsbraut bereiten. Etliche Sonntage zuvor sind sie zu einer der Leiterinnen nach Blasewitz eingeladen. Gegen dreißig sind gekommen, und es geht — da strömender Regen den Aufenthalt im Garten vereitelt — etwas beengt, aber dessen ungeachtet sehr fröhlich zu. Gegeu Abend hellt sich das Wetter ans, und das große, für diesen Tag geplante Ereignis kann vor sich gehen. Die Mädchen lassen sich zusammen photographieren. Der Braut wird ein Rosenkranz aufgesetzt. Die beiden anwesenden Leiterinnen werden nach indischer Sitte bekränzt. Herrn Pastor von Zimmermann, der zu allgemeinem Jubel noch erschienen ist, haben die Mädchen dieselbe Ehrung zugedacht. Mit Mühe entzieht er sich ihr. Bei der eigentlichen Abschiedsfeier sind alle tief ergriffen. Auf einem Tischchen