23 Tannensarge liegen und daß ihr bis zuletzt tiefschwarzes Haar goldgelb gebleicht ist, dann hat man die Gruft wieder geschlossen. Eine Steinplatte bezeichnet die Stelle wo die Gräfin ruht. Das Volk freilich weiß es besser. Nicht weit von Stolpen, bei Langenwolmsdorf, erhebt sich ein stattlicher Hügel, auf dem ein einsamer Baum steht. Dort, so geht die Sage, ist die Cosel begraben mitsamt ihren ungeheuren Schätzen, die sie aus ihrer Glanzzeit gerettet hat. Aber sie hat keine Ruhe gefunden. Bisweilen erscheint sie einem Schnitter, der am heißen Erntemittag allein auf dem Felde bleibt. Wunderschön ist sie anzusehen, wie eine Fee im weißen Gewände, und wenn der Ueberraschte sich nicht fürchtet und sie freundlich anspricht, dann füllt sie ihm den Hut mit Talern. Das Schloß ist zerfallen. Napoleon hat es 1813 auf seinem Rückzuge nach Leipzig vollends zerstört, um es nicht den nachdrängenden Russen als festen Punkt in die Hände füllen zu lassen. Bis auf den Coselturm, den Seigerturm und den Siebenspitzenturm ließen die Franzosen so ziemlich alles, auch die reizende Schloßkapelle, in die Lust fliegen. Und als 1866 die preußischen Truppen einrückten, da fanden sie nur noch eine bedeutungslose Ruine. Kaum je wieder wird sie berufen sein, in der Geschichte von sich hören zu lassen. Ein duUiger Schleier von Birken und Buschwerk ist über die kolossalen düstern Mauerreste ausgebreitet. Dohlen schreien um den Cosel turm. Wir stehen auf dem rasigen Rundplatz, der den Sockel des einstigen Kapitelsturmes bildet und sehen entzückt weit hinaus über die Sächsische Schweiz und die Lausitzer Berge, und dann kehren wir uns um und über blicken noch einmal in ihrer Gesamtheit die malerischen Trümmer der Vorzeit: da dürfen wir wohl bekennen: unser Schloß Stolpen steht nicht zurück hinter so mancher süd- und westdeutschen Burgruine gefeierten Namens, als ein erinnerungsreiches, ergreifendes Denkmal vaterländischer Geschichte.