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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.01.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-01-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188801180
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880118
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880118
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-01
- Tag1888-01-18
- Monat1888-01
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.01.1888
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362 vie Ztimllimltz in Rußland. * Dis „Politische Eorresxcndenz" erhält von ibrkw. osslciöje» Si. Petersburger Berichterstatter eine Eorre- spondcnz, welche einen Emölick in vie Stimmung gewährt, welche die teilenden Kreise der russischen Hauptstadt gegen» wärtig beseelt. Es wird in dem Berichte, welcher vcm l2. Januar datirt ist. Folgende- auSgesührt: So sehr auch die Menschen im Allgemeinen zum Glauben au Nachrichten oder Auslassungen neigen, die ihren Wünschen ent sprechen, vermag daS rufi i>ck« Publtcum gegenwärtig gleichwohl, trotzdem es von den lriedlichsteu Geslnaungcu beseelt ist, in die zwl-cheu den oificiösen Organe» mehrerer Aioßmächle ouSgelauschtea versöh-ilichen Versicherungen nur eia sehr schwache» vertrauen zu letze». Die letzie Kuudgeoung des „Nord" wurde vou den roisijchen Blattern nur cum deaikoio inveakani übernommrii, als eine Darstellung, die sich gewiß sehr oagenedm anhöre, aber schwer in Ihatiachen umsetzen lasse. Di« kompetent der Gewähr-mänaer de» diplomatischen russischen Organ» ist allerdings von keiner Leite ge- leugne« worben, inan gicbt aber der Uebc ' igung Au-druck, daß oer „Nord" sich diesmal in alljn auSschlicv ^drc Weise zvm Dol- uietjch der güustigeu Intentionen de» St. Petersburger Labin.t» gemacht habe, oh»e den die Lage gegenwärtig beherrschendem all- gemeiueu Umständen im gebotenen Maße Rechnung «n z.agea. ^kau hat de» Wetteren gesunden, daß sich augenblicklich ebensowenig AnhallSpuncle bieten, um die Lagt plötzlich in rosigen Farben tu erblicken, als vor einige» Woche» Anlaß vorhanden war» sich von einer bi» zur Besorgniß eine» nahe brvorslehendca Kriege» gediehenen Beunruhigung ersüllen zu lassen Weder bestand damals die Geladr, welche den europäischen Friede» zu bedrohen schien, noch belicht sie heute tu den seitens Rußland» und Okslerreich-UngarnS ergriffenen, sehr gerechlsertigten miluairischen Maßre ein. da letztere nicht« Andere», als d,e Rückwirkungen einer bis zum Aeußersten gelpamtten Lage sin!^ Die Siesabr. wie man sie hier onisaßt, hat idre Wurzeln vielmehr ausschließlich in dem vroblemaiijchen. aus Zusälligkcilen beruhenden Stande der bulgarischen Frage, namentlich in der Adnriguug ein ger Mächte, den Forderungen Rußland», betreffend den Prinzen von Coburg, Rechnung zu tragen. Nachdem bis zur Stunde kein ernste» Anzeichen dalür vocltegt, daß die dezeikhnelcn Mächte gegenwärtig einer Aenderung ihrer Haltung >o bicieili Puiicte tuneigca und ebenso wenig angenommen werden kann, daß Rußland hierin nachzi,geben und die Anwesenheit de» Prinzen Ferdinand in Sofia zuzulasjen sich eiilschloisen habe, läßt sich vernünftigerweise eine wesentliche Besserung der Lagt nicht vorauösetzen. Die orientalische Asfaire stellt sich somit andanerud al» ein Hanse entzündbarer Stoffe dar, in dessen Nähe der lichterloh brennende bul- garische Zünder liegt, so daß jeden Augenblick die Lesahr dc» Ausbruche» eines Brande» droht und wenn die Gesinnungen der europäüchea Regierungen die einer ansrichtigen Friedensliebe stad, dann hätten sich letztcre dadurch zu bethätigeu, daß sie dea bulgarischer, Zünder ersticken. Nicht our erscheint diese Vorsichttmaßregel, wenn man iutcruat-onale Verwicklungen vermeiden will, dringend geboten, son dern e» kann auch der gegenwärtige Augenblick al» ziemlich günstig sür eine Aciion in versöhnlichem Euiae erachtet werden. Alle Well ist der bulgarischen Frage, di« immer bedrohlichen üdorakier bat und nicht enden will, in gleichem Maße überdrüssig und aus allen Seiten ist man wohl, soll» man sich nur irgendwie entschließt, in ernster Weis« die Bahn der Lösung zu betreten, dazu bereit, da» Möglichste zu thun, um mit dieser Sach« endlich fertig zu werden. ES liegen denn auch, ohne daß sich etwa» Bestimmte» ui dieser Richtung behaupte» ließe, gewisse AnhaltSpuucte sür die Annahme vor, daß das Cobiuel vou St. Petersburg, wenn man seiner Houvisordcrung durch die Beseitigung des Prinzen von To bürg Rechnung trüge, sich bezüglich der anderen Puacte der Lösung viel zugänglicher al« ehedem erweisen würde, da auch Ruß land die Lösung zu lebhaft herbeiwünscht, al» daß e» nicht zur Er- leichterung diele» Werke» sein Möglichstes ousbieten sollte. Ist ein mal die bulgarische Frage durch die erwähnte Maßregel aus dea Boden der Gesetzlichkeit znrückgejührt, so würde e» sich als eine viel trichtere Ausgabe darstellea, zwischen de» Mächten eme» wocku» oieeucki lierztistellen, der mit der Würde und den Interessen Rnß- zood» >n Einklang stände, ohne dabei dieser Macht ln Bulgarien eine Stellung zu verleihen, welche die anderen Staaten zu beun ruhigen geeignet wäre. Zu der Largelegtea Annahme über die gegenwärtig in den rusjtschrn Regie, ungskreisea herrschenden Auffassungen berechtigt unter Anderem die Thalsache, daß man in diesen »reisen, wenn auch in unbestimmter, vager Form» die eventuelle Bildung einer au» dea berufensten Nertretern der verschiedenen Parteien in Bulgarien zusommengesetzlen Regierung sür die Verwaltung deS Lande« — selbstverständlich nach ersolgtem Abgänge des Prinzen v. Coburg — zu erörtern beginnt. Liner derartigen Regierung würde natürlich nur ein provisorischer Lbarakier zukommen, da sich die Noihwendigkeit ergeben wird, die Fürsteasrage auszuwersen: das Provisorium hält« aber mit Rücksicht aus die Schwierigkeiten dieser Frage immerhin Aussichten aus eine ziemlich lange Dauer und jeden- lall» halte mau sich damit der Wiederherstellung einer no-.inalen Lage gcniistert. ES wird sogar in unter richteten Kreisen augeküiidigt daß die russische Regierung, gleichsam um die erwähnte Wendung „nzubahnen, geneigt wäre, einen neue» diplomatischen Ver- treter, inaglicherwcise in der Person des ehemaligen bulgarische» llriegSmiaistcrs. Fürsten Cantacuzcnc, nach Sofia zu cinsenden. ohne saß demselben irgendwie rin ähnlicher Charakter wie der eines CommisiarS beiqelegt würde. Ein ähnlicher Schritt dürfte in prari sich alo viel leichter au-sührbar erweisen, als er in der Theorie er-ch.-inen »lag, namentlich wenn man die Frag« liolirt sür sich prüft, ohne da« fehcime Spicl hinlcr den diplomatischen ltoulissen in Betracht zu ziehen. Mau wird jedoch diese Tombiiiatioa mit avdercn Auge» onschc», wen» man die bulgatische Frage in ihrem wahren Lichte, b. h. al» eine last vollständig von den Dispositionen der europäischen Mächte abhängige Angelegenheit betrachte». Bon dielein Gesichtspunkte aus hegt uion hier die innige Ueberzeugung, daß aller Widerstand, welchem o>« Ansprüche Rußland» in Bulgarien begegnen, die Erimilhigung haupt sächlich. wen» schon nicht au» direcien Antrieben seitens gcwgier Labiveie. so doch au» der zweideutige» Haltung der letztere» schöpft. Dieser Widerstand, so glaubt man hier fest, wäre m» dem Augen- blicke gebrochen, wo man in Sofia wahrnähme. baß die Mächte in der Likcnntniß der Roihwendiglett, aus die Wiederherstellung des Berliner Vertrage» nicht nur mit Worten, sondern durch ernste diplomatisch» Acte hinzuarbeiten, ousrichiig ubereinftimmc». - Die in der Berliner „National-Zcitung" verfochtene Ansicht, daß es uim an Rußland sei, die Initiative zu einer Lösung der bulga rischen Frage zu ergreifen, stößt in russischen Blättern aus lebhaften Widerspruch. Rußland, so wird betont, habe bereit« diese Initia tive durch die vor geraumer Zeit erfolgt» Formulirung seincr Forde rungen ergriffen und könnte sich daher heute nur aus überflüssige Wiederholungen beschränken, während die anderen Mächte im Gegen- thetl in der Lage seien, ihrerseits die Initiative zu ergreift», indem sie sich über Mittel und Wege zur Befriedigung Rußland» ver- ständigen. Im Lanze» Hot die gegenwärtige günstigere Aussassung der allgemeinen Loge ihre Wurzeln blo» in brr Erscheinung, daß in der letzten Zeit ftiedlichere Gesinnungen zum AnSdiuckc gelangt sind, a>S vordem; i» Wirtlichkeit muß man Thallache» und Schritte ab« warten, welche der gekennzeichneten Auffassung den fehlenden festeren Boden zu verleihe» vermöchten. Soweit der Bericht. WaS nun dir russische Presse anlangt, so verharrt sie andauernd bei den, Gegensatz, in welchem sie sich zu den deutschen Verhältnisse» befindet. So werfen Vie „St. PelerSburgskift Wjebomoslji" euien Rückblick aus ko- verflossene Jahr und finden keine Ursache, um die gegenwärtige Sachlage optimistisch aufzusaffen. Selbst die Symptome, wrlche feit dem 1 Januar ncuen Stil» ous- tauchtcn und in friedlichem Sinne gedeutet werten konnten, verschwänden ollmälig. Da» genannte Blatt führt dann weitläufig au», baß die Hauplurfache dieser Zustände die Hegemonie fei, welche Deutschlaad über Europa aurubr» wist. Socialpolil.sches. Sine neue Schrift de» >h«r«rtz»eten Ltcheshäusrr. * Die neue Schrift de» Dkeich»tag«-Abgeorvncten Oechcl- Häuser „Ueber die Durchführung der socialen Aus gaben im Verein onhaltischer Arbeitgeber" ist (Verlag von Iuliuö Springer) soeben erschienen. Bekanntlich ist der bereit» jetzt 44 Arbeitgeber mit KvüO ständig beschäf tigten Arbeitern umsaffende .Verein anhattischrr Arbeitgeber' von Herrn Oechelhäuser angeregt worden, der dadurch die Initiative auch zur praktischen Durchführung der Ansichten ergriffen hat, wrlche er in seinen früheren socialpolilische» Schriften darlegte. Ja der neuesten Broschüre erläutert . die Satzungen de» Verein« behus» näherer Autskbruug der Pflichten. z>.» deren Erfüllung der Verein sich gebildet bat. Die Schrift, welche in weiten Kreisen mit Interesse gelesen wrrden wird, giebt — f» führt die „Natienalzritung" de» Näheren au» — ia der Form dieser Erläuterung zugleich den Arbeitgebern ganz Denlschland» eine» Antrieb» dem in Anhalt ausgestellten Beispiel zu folgen. In dem Vor wort spricht Herr Oechelhäuser sich über seine Auffassung wie folgt auü: Ich sehe voran», daß der aus die Arbeitervertretung (welche noch den Satzungen de- Verein« in jedem größere» industriellen Vater- nehmen errichtet werden soll) gerichtete, als« der eigentlich« sociale Thril meiner Ausführungen, zur Zeit oock.manchem Widerspruch au» den Reihen der Arbeitgeber begegnen wird, wie ein solcher auch schon in dea Organen einiger industriellen Vereine gegen die bezüglichen Aeußcrunge» in meiner letzten Schrift „Die socialen Ausgaben der Arbeitgeber" hervorgetretea ist. Es bandelt sich hier allerdings um eine Principiensrage, welche ou-getragea werden muß. Immerhin liegt aber hier kein Gegensatz vor, den man schlechtweg als arbeiter- srcundlich und arbeiterscindlich bezeichnen könnte. Tie Besserung der Lage brr Arbeiter erstreben alle humane« Arbeitgeber und ft. Bezug aus die Förderung der Wohlsahrtörinrichtuagen sind beide Richtungen, welche ich als die einseitig humanitäre und di« sociale bezeichne» möchte, im Wesentlichen einig. Die Streitsrag« ist nur. ob die cliroyirte Dohlthätigkeit für sich allein und ohne eine gleichzeitige 1« iale Hebung des Arbeiterslaiide» dem socialen Frieden al» B. >i« dienen kann. Meiuerieit« verneine ich die». Die hierin ft.'teilenden gegensätzlichen Anschauungen bat Proftssor Lujo B,c»:ano im letzten Sommer, in drei Feuilletoaorttkel» der „National. Zeitung": ..Fadrikseudalität und Fabrikanreoadel", so geistteich als treffend gezeichnet. Anknüpseod an die Erörterung der Lehren von DiSraeli und Carlyle. welche, aus dem Boden de: eng lischen Verhältnisse, die hier vorliegenden Gegensätze perjonifirirco, sordrrt c:, mit Letzterem, die Fabritautea auf. „als Ardeiterdäupter die Führer der ihnen onterstelllen Männer zu werden, aus dem Wege zu seren materiellem, sittlichem und geistigem Wohl." Brentano schließt mir der Besprechung der sür die Erörterung dieser Frage bedeuttttigSvvlleu und gerat»« zu rechter Zeit gekommene» Schrift b«S vr. H. Herkner: „Die obereliä'silche Baumwolle»indiistric und die deutjche Gewerbeordnung." Dftftlbe zerstört den Rimbiit der Fabrikanten.Philonlhropic und der Arbeiterzusriedevheit» welchen daS Verdienst vou Engel-Dollsuß über die Elsässer Industriellen auS- gebrcitet hatte, und wenn ich auch zu deren Ehre annehmen will, daß e» nur Wenige sein mögen, die wirklich mit Bewußiftiu die Philanihropie als gewinnbringendes Geschält und nur zur Steigerung der Abhängigkeit der Arbeiter betreiben, so bringt die Schrift doch die nnwiderleglichsten Beweise, wie aus dem Wege der oclroyirteu Fürsorge, die alle« iür, nich!» durch die Arbeiter thun will, die socialen wie materiellen DertgllniHe der Arbeiter und ihre Be ziehungen zum Arbeitgeber nicht gebessert worden sind, noch gebessert werden können.) Zn der Schrift selbst sagt der Verfasser über diesen Punct: Ia ß. 2 ist die Tendenz de« Verein- niedergelegt. Er will da« friedlich« Zusammenwirken der Arbeitgeber »nd Arbeitnehmer fördern, iukein er die sociale Stellung und die matertelle Lage des ArbeiterftandeS verbessert. Die Hebung der socialen Stellung des ArbeiterftandeS ist mit vollem Bewußtsein an dir Spitze gestellt. Die Boranftcllung jener Bestimmung beruht ia erster Linie aas der Ueberzeugung von ihrer hervorragenden, ja aurschlaagebeudea Wichtigkeit sür Herstellung und Sicherung de» socialen Frieden«, und stelle ich mich hiermit offen in Gegensatz zu den Mernangen, welch« die Lösung dieser großen Frage einseitig aus humanttärem Gebiete erstreben und erreiche» zu können glauben. In Bezug aus die moralische Verpflichtung zur Besserung der materiellen Lage der Arbeiter existir» keine Meioungsversch>cdr»heit zwischen wohlwollenden Arbeitgebern. Eine solche besteh» our in Bezug aus da», wa» ich al» die sociale Hebung de» Arbeilerftaode» bezeichne», worin ich dea wesentlichsten, ja die humanitäre Seite an Wichtigkeit übertressenden Zielpunc« der Reform erkenne, während die Gegner in Aellesten« Collegien. ArbeilSkammeru re. eine Beeinträchtigung ihrer Stellung, ja vielsach sogar in denselben Einrichtungen eine sociale Gefahr erblicken, wodurch ich dieselbe zu bekämpft» meine. . . . Aus dem Boden der bestehenden Gesellschaft-orduong wie der wirtbschasllichen Logik stehend, betrachte ich die geschäftliche Sou- verinetät deS Arbeitgeber« und die DiSciplia im ArbeitSverbaude als unantastbar. Aus diesem Gebiet eine Instanz dazwischen schiebe«, die geschäftlichen Beseht« de» Arbeitgeber» an Zustimmungen binden zu wolle», bedeutet di« Auslösung jeder geschäftlichen Ordnung und würde nebenbei die Capiialbesitzer noch mehr von der verbiuduag mit der gewerblichen Arbeit zurückschreoe», nl» die» leider schon durch die sonnten Wirren geschehe» ist und Hunderte von Millionen ia» Aus land getrieben bat. Allein da» Hoheitsgesühl de» Arbeitgeber» geht -us vollständig falsche» Wegen, wenn e» die geschäftliche» Beziehungen zum Arbeiter nicht von den rein menschlichen zu trenne» weiß und von ihm auch aus letzterem Gebiet nur schweigenden Gehorsam bean sprucht und seine Mitwirkung ausschließt. Die Grenzlinie zwischen beiden Gebieten läßt sich allerdings nicht scharf ziehen und deshalb kifordert die Klugheit, daß der Arbeitgeber vorsichtig vorgeht, keine »nersüllbaren Hoffnungen im Arbriterftand erweckt, keine Rechte ein- räumt, die mißbraucht werden könnten, keine moralischen Berpflich- tungeu übernimmt, deren Consequenzeo er nicht übersehen kann, über- hauvt keinen Schritt thut, der möglicherweift zurückgcihan werden niüßte. Beim Entwurf der Satzungen unsere» BereiuS gingen an fangs die Ansichten über die Befugnisse »nd Ausgaben der Arbeiter- Vertretung ziemlich weit auseinander; allein schließlich einigte maa sich ans die nachfolgende, tu ß. 2 der Normalsatzungca de» Aeltesten« Collegium» wiedergegedene Fassung: 8 2. Daö Aeltesten-Tollegium hat im Allgemeinen die Aufgabe, olle Interessen der Arbeitnehmer im Sinne der Satzungen de» Verein» der anhaltischen Arbeitgeber und im Wege freundlichen Z»samme»wirken« zu fördern und hierin allen Arbeitnehmern mit gutem Beispi-I voranzugehen. Ia»besonder« liegen ihm hiernach sa gende Pflichten ob: n. da» Arbenerpersonal, und namentlich noch de» jüngere» Theil desselben, zu überwache», um Ehrenhalligkeit. Ordnung und gute Sitte» aufrecht zu erhalten, und insdesoudere den Simulationen nnd dem Genuß de» Branntwein» entgegen zu wirke»; l>. sür Ausrechterhallnng der Fabrikordaunge», Unsall- verhüiungsvorschriste» und sonstigen, da» Interesse der Arbeitnehmer und dir Ehre »nd Wohlfahrt des Unternehme»» überhaupt be rührenden Anordnungen Sorge zu tragen; o. seine Gutachten über aste ihm vom Arbeitgeber vorgelegten Fragen de» Arbeiieriateresft« und der Wohlfahrt de» Unternehmen» überhaupt abzugedea. ä. E- kann dem Aeltestencollegium ferner vom Arbeitgeber, in den von Letzterem ftstzustellenden Grenzen, die Mitwirkung zur Erreichung aller Ziele übertragen werden, die sich der Verein der anholiischen Arbeitgeber in seinen Satzungen gestellt Hai, insbesondere auch die Thcilnahme an der Begründung, Leitung und Eontrole der zu Gunsten der Arbeitnehmer und ihrer Familien zu titsftade» Wohl- sahrtSeiurichtungen. E« ist au« dieser Fassung ersichtlich, daß der Arbeitgeber, beim Eintritt in diese» neue Gebiet socialer Entwickelung, welche- ich ein Berstichssiadlum nennen möchte, nur moralische Verpflichtungen über- nimmt und sich »och gar keiner gewohabeit»mäß-gen Rechte entäußert. DaS Acltesteii-Lollegiuni übernimmt nur Pflichte», die aus derselben moralischen Grundlage ousgcbnut sind, wie die Pflichten, die der Arbeitgeber durch seinen Beitritt zum Verein übernommen hat. Dem Arbeiter wird kein bestimmender Einfluß rechtlich gorantirt. der ArbeitScontract nicht geändert, allein es wird ihm die Bahn geöffnet, sich einen solchen Einfluß, und zwar einen weitgehenden, moralisch zu erobern. ES kann nicht auSbleiben, daß die Socialdemokroten mit Spott über «ine Einrichtung hersasteu werden, welche dem Wortlaut der Satzungen noch die bisherige Machtvollkommenheit d«Z Arbeit geber» nicht einschräntt und zunächst alle» bei» beiderseitigen guten Lille», der richtigen Erkenntaiß ihrer Interessengemeinschaft überläßt. Allem ist diese Grundlage etwa «ine phantastische? Will man den Ein fluß und die Tragweite beiderseits übernommener moralischer Verpflich tungen sür Nicht» achten? Es wäre nicht blo« illoyal, e« wäre geradezu dumm, wenn eia Arbeitgeber unserem Verein beitreten und da» Allesten-Collegium al» eine formale Spiegelftchteret betrachten und behandeln wollte; eine solche Auffassung würde sich bitter rächen. Aber e» wäre ebenso kurzsichtig von den Arbeiier-Lertreteru, weva sie durch übertriebene und stürmische Forderungen dem Arbeitgeber den Eintritt tu eine Aero neuer socialer Saschouuagrn, die sich nur aus ihr Wohl richte«, verleideten, wo der Arbeitgeber io diese Ia- stltntion mit Einsicht »ad Geduld, nicht widerwillig «intritt, da kan» brr wohltdätige Erfolg unmöglich auSbleiben. Erfolg wie Mißerfolg liege» io erster Liair tu den Händen de» Arbeitgeber». . . Schadet e« dem Arbeitgeber, oder nützt e» ihm nicht vielmehr, wen» rr die Quelle so häufigen Mißvergnügen», die Fabrikordnungea und sonstig« da» Arbettsverhältaiß berührende Frage» »nd A. gelegenheite. dem vorherigen Gutachten der Arbetteroertretnag unterbreitet? Der Arbeit geder muß and wird «»sehe», daß e» nicht blo» unbedenklich, sonder» auch in dohem Grobe in seinem eigen,, Interesse ist, solche Weg« z» brschrettea. wie überbaut» in letzter Instanz da» wahrhaft Gute anch stet» da» wahrhaft Nützliche ist. E« wäre gewiß s-ugniaisch, «rn» man vom InSlebeutretea der hier geplante» Einrichtnnge, «tue so fortige. sichtbar hervortreiead« Hebanq der socialen Stellung »ad vcssrr»,, der materiellen Lag« de« Arbetterftaade« erwarte» wollte, wen» einzelne Mißgriff» »ad Enttänichuogen auSbletb«, sollten. Allein von de« konsequenten. ruhig», Fonschrette» in der eiugeschlagrne* Richknug, vou dem numer tlekre» Eindringen der Erkenniniß, daß nicht blo» Ehrifteatbnm nid Humanitär, sondern anch der beider- ftttia« «atrrielle Lorthril diese »rrlle Erfolg« erhoffe». iese Weg« westen, darf »an t» der Thal Freilich fragen blrr wieder di« Anhänger der »inseitig humoni- tärro Richtung: „Wohin soll da» führen? Der Anfang ist un bedenklich; aber die Folgen! Da« Aeltesten - Collegium ließen wir uni al» Abschluß der sociale» Bewegung schon gefalle»; allein bildet r» nicht dea Su»goug«puact einer naklugerweiie voa den Arbeit geber» selbst inftenirtea Bewegung, in deren Hintergrund die Aus dehnung der Arbeiterlchutzgesetze, Arbeitcrcoalitionen, Schiedsgerichte, ArbeitSkammeru, MaximalardeitStag und andere entsetzliche Ding, lauern?" Ich bi» nicht in der Lage, solche Frager vollständig be ruhigen zu können, um so weniger, als ich persönlich vor diese» Eon- seqneazen. al» Resultaten einer srteblicheu und ruhige» Fortemwicke- imi. keine»««»» zurückichreckr. Ganz gewiß schließt mit den Aeltesten- Collegien die socialr Bewegung nicht ab und vor den bloßen Bor- urlheilen von Arbeitgebern wird sie sicherlich nicht still stehen. Allein mau sollte doch denken, daß die Letzteren wenig Zutrauen in eine vernünftige Forteiitwickelnog bekunden, wen» ihnen de.- Staat-jchntz, ihre bevorzugte bürgerliche Stellung, ihre höhere Intelligenz, ihre Eopitolmacht und vor Allem ihre unantastbare Freiheit in Schließung uod Lösung der Arbeit-Verträge nicht genügend er- scheine», um ihnen sür alle Zukunft nicht bloS die gleich« Macht, Waden» da- Uebergewicht in diesem socialen Iateresftakampi zu sicher«... Nur der Doctriaair kann sich überhaupt darüber täuschen, daß. trotz der formale» und gesetzliche» Gleichberechtigung beim Ein gehen de» Arbeit-Vertrag», nab wie sich auch die Gesellschaftsform künftig gestalten mag, der einzelne Arbeiter stet» vom Arbeitgeber ia hohem Maße abhängig bleiben wird. Wenn wirthschastliche Keilen, wie im Anfang der siebziger Jahre, worin die Nachfrage nach Ar beitern uunatürlich steigt, oder wenn aufgeregte Zeiten die» Ler- hältniß umzukehren scheinen, so sind die» keine Zustände von Dauer; da« uoturgemäße Verhält»,ß stellt sich mit elementarer Gewalt sehr bald von selbst wieder b«r. So war e» stels und Hieraa wird auch die Zukunft wenig ändern. Nnebbängig ist überhaupt Niemand, weder im gesellschaftliche», noch wirthschastlichea Leben. Aber der Zug unlerer Zeit, der durch da» staatlich.- Leben sowohl, wie durch alle Etsellschakrelassea geh» und ihre Beziehungen zu einander be- herrscht, geht dnhin, daß die sociale Abhäogigktt tbnal-.chst ver- mindert, daß die Herrschaft deS Mensche» über dea Menschen aus daS Maß de« Noihweodigea, des Unabweisbaren eingeschränkt werde. Ein solches Bestreben beherrscht nun euch dea in den letzten Decenniea ia der Bildung bedeutend fortgeschrittenen Arbeiterstano, nnd die Berechtigung dazu kan» ihm unmöglich abgesprochen werdea. Erkennt dies der Arbeitgeber an, erwägt er zugleich seine naiurgemäß böhere Machtft llang, io wird er sich auch sagen müssen, daß eS ebenso ou- bedevklich wie klug ist, solchen berechtigten Bewegungen ihr Bett zu graben und nicht uitthälig zuzuschancu, wie die Wogen der socialen Aufregung höher steigea, bi» sie vielleicht ia ausgeregtea Zeiteo zu Ueberflulhuagen führen, die dea vernünftige» Fortschritt unr com- promittlreu und dem Arbeitgeber größere Beschränkungen auserlcgen, welche, olS freiwillig eiogegongen, die Katastrophe verhütet hätten. Die besseren Arbeiter Hobe» überhaupt eine BilduiigSstuft erreicht, sich so in die parlamentarischen Formen und da» Lereinswcftn eia- geleb», daß eS geradezu kurzsichtig wäre, diesem aaiürlichea Drange keinen Spielraum sür objeclive und subjektive Befriedigung gestatten, überhaupt Arbeiter-Loalitionea im Allgemeinen als eine Frindselizkett gegen die Arbeitgeber aussassea zu wolleu. Wenn ich oder somit von allen Setten aachgewlefta zu buben glaube, daß eS für den Arbeitgeber ebenso unbedenklich al» auch klug ist, einer ebenso berechtigten al- naturgemäßen Bewegung freiwillig die Fahne, anstatt unsre,willig die Schleppe zu tragen, so fürchte ich in der Thai auch keine» Mißbrauch der eingeräamten Besugniffe leiten» der Arbeiter. Ja denselben ist das natürliche Gefühl der wohl zu mildernden, einzuschräakeaden. aber Niemals ganz zu de- ftttigendea Abhängigkeit vom Arbeitgeber viel zu mächtig, als daß er die ihm freiwillig cingeräumtcn Berechtigungen methodisch miß brauche». daß cr nicht umgekehrt davon ouSgchen sollte, sich durch Mäßigung, versöhnliches Auftreten und verständige Abwägung der beiderseitige» Interessen einen immer größeren moralischen Einfluß aus den Arbeitgeber und die Fortdauer und Weiterentwickelung von Einrichtungen zu sichern, die our sein Beste» bezwecken. Die ge meinschaftliche Bei Wallung der Krankencassca und ähnlicher Ein richtungen beweist überhaupt am besten, wie die Arbeiter kci»eSwegS dazu neig«», Schwätzern und Hetzern die Wahrung ihrer Interessen anzuvertraoen. nnd wie sie mit dea Arbeitgebern friedlich an», zukommen wißen. Diese Krankencassenvorftände sind in der That eine Vorschule für den weiteren socialen Fortschritt geworden. Landtag. Erste Kammer k Dresden. 17. Januar. Tie Kammer hielt voa 12 Uhr an ihre 1ä. öffentlich.' Sitzung ab, in Gegenwart der Herren Regierungs- Vertreter Minister Lr. v. Abelen und Gehcimralh Hedrich. Bürgermeister Heinrich erstattete Bericht der vierten Deputation über die Petition der Dienergehülsea der Amts- und Landgerichte Dresden, Leipzig und Chemnitz, betreffend die Aushebung einer Bestimmung bezüglich Ausrückung ia AiiilS- wachtmeisterstellen, und beantragte: „Die Petition auf sich beruhen za lassen." Die Kammer schloß sich diesem Votum ohne Debatte an. Zn Punct H, die Petition Engter'» and Genossen ia Altdera-dors» Wasserschädenvergülungen betreffend, beantragte Referent Heinrich: aus denselben Beschluß zu dem die Zweite Kammer ia dieser Angelegenheit gelangt ist, zuzukommea und „die Petition aus sich beruhen zu lassen." D,e Kammer beschloß demgemäß. Der Vorsitzende der PetitioaSdepuioiion Herr Baroa von Burgk erstattete sodann Anzeige über die sür unzulässig zu erklärenden P.erttiotten resp. Beschwerden: 1 1) Earl Gollieb Domschke'S in Brießnitz, be- tresseno Ersatzleistung sür eine ihm angeblich widerrechtlich zugesügte Vermöge,iSschädignng; 2) Traugoit Leberecht Keil'» ia Sohlaod an der Spree, Entschädigung i» Baupolizeiangelegeahetteo be- treffend; ö) Ehristiao Ehregott Zenker'« to Dresden, betreffend Ncchksperweigerung. Die Kammer nahm hiervon Kenaluiß. Sitzungeschluß ersolgle 12"/. Uhr. Nächste Sitzung morgen Mittag 12 Uhr. Zweite Kammer. -f Dre» den. 17. Januar. Der heutige» 3C. öffentlichen Sitzung, welche Mittag» 12 Uhr ihre» Ansang nahm, wohnten am Regierung», tische bei: di« Herren Fnianzminister voa Könneritz. Geh. Räthe Böttcher und voa Thümmel, Geh. Finauzrath vr. Ritterstädt und Reglerungsrath Vr. Roscher. Bor dem Eintritt in die Tagesordnung rrbal Bicepräsident Georgi dos Wort, um Folgendes zu erllären: „Ich bedauere, die hohe Kammer mit einer persönlichen An gelegenheit behelligen zu müsjea. Nachdem aber voa der „Leipziger Zeitung" gegen mich die ehrenrührige An schuldigung erhoben wordeu ist. in diesem Hause ia der Sitzung vom II. d. M. „wtder bessere» Willen" gesprochen zu stoben, glaube ich eS nicht allein mir selbst, sondern auch der hohe» Kammer schuldig zu sein, die» nicht zu igaorirea. In der ersten Beilage zu Nr. 1» der „Leipziger Zeitung" heißt e» wörtlich: „„Zur LaadtagSverhandlaag über die .Leip ziger Zeituag". Eine Kritik der über die Haltung der „Leipziger Zeitung" im Allgemeinen gefallene» Aeußerungen steht nn» nicht zu und wird selbstverständ lich unterbleiben. Rur wo «S sich um Aeußerungea handelt, die von Person zu Persou gemeint sind, darf wohl der öffentlich Angegriffene sich auch öffentlich wehren. SIS solch' eia persönlicher Angriff muß aber dem Zusammendang nach die Aeußerung de» Herrn Biceprasidcnten Georgi über „Mangel an PatriotiS- mut" erscheine». Der Herr Licepräsident kennt Den- jeuigen, dem dieser Vorwurf gemacht wird, persönlich und weiß ganz genau, daß dessen Patriotismus so gut wie der seivige ist. Nach dem Zusammenhang«, in dem die Aeußerung »ach der LandtaqSdeilage erscheint, kann dieselbe daher nur wider bessere» Wisse» erfolgt sein." " Meine Herren! Dem gegenüber constatire ich, daß ich »ach AiiSwei» de» stenographischen Bericht» dea Patkiotirma» sich vor Allem über Da», wa» ich wirklich gesagt, Gewißheit zu verschaffen. Lediglich diesen Sachverhalt habe ich seststellen wolle»; alle Schlußsolgerungcn überlasse ich jenem Einzelnen vou Ihnen selbst." Präsident Vr. Haberkorn bemerkte, daß diese Erklärung zu Protokoll genommen werde. Die Kammer rrat hieraus ia Schlußberaibung über den Bericht der Finanzdcpuiation V über die Petition drr Leipzig-Gasch- witz-M euielwitzer Ei i'enbah n ge iellschaft in Liquidation» die Gewährung ciaer Nachzahlung voa 173,548 betreffend. — lVenchlerstaiter: Abg. Philipp.) Die Deputation war zu bem Anträge gelangt: „Die Petiticn der Liquidatoren der Goichwitz-Meuselwltzer Eiftndahageiellschast um nachträgliche Gewährung von 173 »18 Mark an» der Slaaiscass- an Sic LiqnidotiouSmaffe der vor- »rwähnten Gesellschaft auf sich beruhen zu lassen." Oha« alle Debatte und riniliulmig erhob die Kammer diesen An trag zu« Beschluß. In Schlustberothung erledigte sodann die Kammer 1) die Beschwerde und P-t-liou von Heinrich Ließ in Leipzig wegen Auslösung der dortigen Kramerinnung rc„ sowie 2) die Beschwerde bez. Petition de» Slcllenvcrniittler« Perl t» Großenhain, die ihm untersagte Führung des Namens seine» außer ehelichen Vaters betr. Ueber beide Petitionen erstattete Dbg. von Trebra Namen» der Beschwerde, »ad PcliliouS-Lepulalioa mündlichen Bericht. De»- ftlbe beantragte: „diese beiden Petitionen aus sich beruhen zu kaffen". Die Kammer beschloß uach dea Antiägea der Deputation. Hiermit Schluß der Sitzung. Die nächste Sitzung findet Dcnnerktag, den IS. gaimar, Vor mittag» 11 llhr statt. Musik. * Leipzig, 17. Januar, lieber der gestrigen Eoncert« aufsiihrung de» LL a b l s'jeden DilellaiitenorchestttvereineS. welche im Kryffallpalaste stallfand, waltete ein günstiger Stern: die Orcheslerleistungen deö strebsamen Vereine- ge langen im Ganzen und Groben in recht anerkeilnellöwertber Weise, und von einigen Ungenauigkeiten abgesehen, welche sich die Bläser zu Schulden kommen ließen, konnte man am Vor trag der Orchesterulimmerti eine sorgfältige Vorbereitung er kennen. Zur Ausführung gelangten die Ouvertüre zum „Wasserträger" von Cherubim, ferner eine in der Melodik ziemlich veraltete, in der Jnstrumentirung zu wenig wirksame Eoniposition au» dem Nachlasse von N. Burgmüller (Adagio und Scherzo op. 17) und schließlich die mit Feuer und Schwung gespielte Symphonie (Nr. 8, V ckar) von I. Haydn. Atö Gesangssolist debulirle der Aarytonist Herr W. Klemm mit Liedern von BrahmS uns Schumann, sowie einer Arie au« dem „Hanö Helling". Der Sänger konnte jedoch keinen Erfolg erzielen, weil einerseits sein Organ in Folge einer falschen Slimmbildung Wobllaut und Kraft fast vollständig eiugebüßt hat und andererseits der Vortrag eine Antheilnahwe des Sängers an dem Inhalte der von ihm gesungenen Lieder nicht bemerken ließ. Herr Klemm sang Alles in einer Manier, monoton, ohne Verständiiiß sür daS Gefühlsleben der dem Liede unterlegten Poesie. Für die Enttäuschung, welche dieser Barytonist den Zuhörern bereitet bat, bot der Flölen- virtuose Herr Schlevoi qt reiche Entschädigung; der Vortrag einer in brillantem Stile gehaltenen Flötenpbantasie von Deftrßemann und einer eleganten Zugabe bekundete eine roßr Kunstfertigkeit aus dem früher auch in der HauSmusik «liebten Instrumente. Da« Publicum spendete dem trefflichen Virtuosen reichen Brifall und mehrmaligen Hervorruf. Die Haybii'sche Symphonie schloß, wie gesagt, das Eonccrt ab und jo nahmen dir Zuhörer elnrn freundlichen Eindruck mit nach Hanse. —l Moritz Wirth's Nibrlungett-Bortriige. r. Daß Wogne:'» Nib-Inngen-Trameu zu d:n ersten Zugstücke» uuftrer Bühnen gehören, daß kein größrreS Theater ohne sic mehr auZkommen kann, ist Thalsache. Und doch wird man bei nn. deftnaener Betrachtnng anerkennen müssen, daß die Macht, welche das Werk nun schon ein Jahrzehnt hindurch mit unvermindertem Ersolge ans die deutsche Ov rnw-lt ousübt, noch nicht seinem eigent lichen Kerne entspring!-. Wir lassra »öS von Wagner'S Musik Hin reißen, begeistern, bis zur Berauschung überwältigen, wir geben unS dem sormalrn Geich-ck de« Dramatikers, z. B. im ersten und dritten Aufzuge der „Walküre", gesangcn und lassen uns immer ans» Neue vc» einzelnen Schönheiten, dem Gesänge der Nheintöchicr, der Vogel- scenc u. A. bezaubern. Aber Alles dies ist noch nickt daS Werk al» GanzcS, sagt unS über die -ftichasftnde.t einer alle Theile straff zu- samniellhallendeu und aus sich heraus gestaliendeu Hauptbanolung noch so wenig au-, daß mau vielsach behauviet hak, eine solche fei gar nicht vorhanden. Wenn wir nun freilich als Milielpunct des Werke» dea der Welt Erbe verleihenden Riag oeunen und diesen sehr leicht aus da» Gold dcuien können, an dem auch heute Alle» hängt, nach ihm sich Alle- krängt, io ist koch damit noch sehr wenig gesagt. War eS nur eine Laune d.S größten Decoraleor» unter den Künstlern, daß nn» diese» Gold zuerst aus dem Grund« de- Rheine» gezeigt werden mußte? Was hat mit dieser Mär vom Golde eia uns io befremdender, ja geradezu verletzender Vorgang zu «hu», wie die Gejchivislcreh« ? WaS sollen wir ,n,l so räthftlhastea und doch in solcher Breite auSgesührlen Gestatten ansanzen, wie der Wanderer, Erda, die Nornen? WaS ist da» sür eine merkwürdige Ar« von Dramalik, die sich zur Fortbewegung der Handlung eine» Mittels Wie de« BergesseudeitSlrankeS bedient? Wirlh will es unternehmen, aus alle diese Fragen eine genug, tbuende Antwort zu gebe». Ihm ist der „Ring des Nibelungen" ein Werk von solcher Größe, daß er ihn, als bloßes Drama bewachtet, ganz abgesehen von der Musik, neben und über Tanlc'S „Göttliche Komödie" und Goeihe'S „Faust" stellt. Ter Hauptqeld der ganzen Dlchinng ist ihm Wotan. Maa Halle Umfrage im Kreis« seiner Lckaanwn nach der Hauptgestalt im „Ring des Nibelungen"; maa wird Brünnhüde, Alberich, Siegscied genannt bekommen, schwerlich Wvlan. In der Lösung d«S Wandererproblcms glaubt Wirlh da» Mittel gesunden zu haben, den alten Hauptgolt der. Deutichen zu einem tragische» Helden von solcher Große zu erheben, daß seine« Gleichen in der ganzen dramatische» Literatur nicht wieder gesundcu «erden dürste. Um ihn sollen sich in der That alle übrigen Gestalten, selbst eine Brüunhiloe und ein Siegfried, in dem Ber- hälinisft von Nebenfiguren groppircn; cr soll der lebendige Mittel- punct der Handlung werben, in welche sich alle Vorgänge des DramaS, selbst die Liebe der Wälsuugea und der VergessciiheiiSlrank, tn strengster Einheitlichkeit einordnen: der Jagd nach dem Riuge. Dieser Ring selbst aber erscheint al« der IiM.-griff aller derjenigen kräste und Mittel, durch welche die Mächngen unserer Zeit die Herrschaft über die Erde und über die Milniemchcli erstreben. Und man muß gestehen: niemals war der Welt Erbe größer als jetzt und niemals auch größer die Veranstaltungen, rS i» jeine Gewalt zu bekommen. Wie unS Dante'» Gedicht die W:lt deö Mittelalter« tviderspiegelt, wie Goetde die Ideale der zweiten dculicheu Renaissance in seinem „Jonst" versammelt hat, so Wagner in >emei» Werke die Macht und die Größe, die Leidenschaften und da« Verhäugniß unserer Zeit. Der „Ring de» Nibelungen" ,st da» Zeitgedicht der Gegenwart. lH Leipzig, 16. Januar. Am gestrigen Nachmittag holte der Musiklchrer Herr Oswald Hecktlieuer jun. im Saale de» Eldorado eine nnisikalisch« Prüfung seiner Scholaren veranstaltet, die von den Angehörigen der Schüler zahlreich bniicht war und im Ganzen «ne» glücklichen Verlaus nahm. Hayou'S Symphonie in Lckur. vierdändtg gespielt, leitete die Vorträge würdig ein und wnrde >m Ganze» lobenswert- und mit geiuudcr Technik wieder- gegrbea. Auch di« Beethoven'sche Sonate Lüur wurde voa einem noch sehr jungen, aber talentvollen Schüler, im Verein mit seinem Lehrer, ohne Stocken und mit verhLltnißmäßig gutem Ausdruck — »ir »rtheilcn natürlich nnr, soweit der Zögling in Frage kommt — gespielt. Bon Mozart war die Sonate Läur, erster und zweiter Satz» ans der mnsikalischcu TaaeSorduung, und die jung« Musik- eleoin, »elchrr die Ausgabe zngesallen war, Mozart za interprettrea, zeigt« fleißige» Stadt»« und gut« Ansjaffuogsgabe. Bon den übrigen Nummern sei noch dir Sonatine von Elenieati. die Tyrolieane an» Nossiu»'- „Dell", Wagner'» Fantasie und Morsch an» „TannbLuscr" and da» Nondo „Lea äickiaa»" von Dassel besonder» herovrgehobea. Alle Schüler, obwohl sie »vm Theil ihr« erste» Prüfungsstücke vor- sÜhrteu. zeigten Lust nnd Liebe za ihre» Ausgaben, und di« Eicher- heil, mit der sie ihr« Stücke absoinirte», bewies, daß Herr hecklhener a«ch st» ihr» gthigkeite» hie rü^igen Musikstücke e-äg-n-sitz» hstr.
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