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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.01.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188801266
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880126
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880126
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-01
- Tag1888-01-26
- Monat1888-01
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.01.1888
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526 Nachtrag Mi» politischen Tagesbericht. * Bekanntlich ist dem Bunde-rathe die Vortage wegen der Kosten des neuen Wehrgrsetze« zugeganoen. Die Driick'ache ist. wie schon erwähnt, al« .geheime" bezeichnet. Der Kriegeminister hat der Reich»tag»commission für da» 22ehrgesey bestinimte Zahlenangabeu in Aussicht gestellt. Die Bvrlage. so schreibt man der »National-Zeitung", ist Gegenstand der Berathuna der zustehenden Ausschüsse de» BundeSrathe»; schon vorher waren .di« einzelnen Regie rungen. welche hierbei in Betracht kommen, durch ihre litair-Bevollmachtigten genauesten» Uder den Stand der An gelegenheit unterrichtet, ja man wird nicht irre«, wenn man anniuimt, daß die Ausstellungen der Vorlage nach vorherigem Einvernehmen mit den gedachten BundeSreaierungcu ersolgt sind. E» ist zu vermuthcn. daß in der nächsten Plenarsitzung de« BundcSraths am Donnerstag bereit» der Beschloß ge soßt wird, dessen Ergebnis sich dergestalt vorau»sehen läßt, daß der ri nczSmiuister im Staude ist, der Commission die verheißenen Angaben zu machen; anderen Falle» würde die Commission die zweite Lesung vertagen. Ist die Commission in den Stand gesetzt, am Donnerstag in die zweite Lesung de» Gesetze» einzutreten, so wird die Angelegenheit sehr schnell erledigt sei». Der Abg. Freiherr v. Maltzahn-Gültz, welcher .im Berichlerstatter designirt ist, hat seinen schriftlichen Belicht soweit beendet, daß er denselben nach der zweiten Losung, welche zweifellos nur eine Sitzung beanspruchen wird, rasch abschließe» und eventuell am Freitag zur Verlesung bringen und damit die Lerlhcilung am Sonnabend oder Sonntag ermöglichen könnte. Die zweite Berathung im Plcniiin wäre danach i» der ersten Hälfte der nächsten Woche z.i erwarten. Die» hängt davon ab, ob der Krieg-minister a n Donnerstag in der Lage ist, der Commission die ge wünschte Auskunft zn geben. * Ter Jiissi;i»i»istcr Friedberg besuchte am Dien-tag, so wird aus Berlin gemeldet, vormittag» 11 Uhr in Be gleitung de» bayerischen Justizminister» v. Leonrod da rr a m m er gerich t. Von dem Kammergericht»-Präsidenten r?e. lschläger empfangen, nahmen die beiden Minister sämmt- liche Sitzungssäle und sonstigen Diensträumlichkeiten de» Justiz- palosteS. sowie namentlich auch dessen zahlreiche und werth- volle Bilderschätze in Augenschein und wohnten dann einer Verhandlung bcö zweiten Cwilsenat» bei. Der Besuch nahm über zwei Stunden in Anspruch. * Am Montag ist in Potsdam im 84. Lebensjahre der General der Jasanlerie z. D. v. Borcke ganz plötzlich ver storben. — Chrisuan Ludwig Friedrich v. Borcke. am S. No- v-niber 1804 zn Balm in Pommern geboren, trat im Oktober >822 aus dem Eadeltenccrpr al» Portepbc-Fähnrich im da maligen 2. Jasanlerie-Regiment rin, wurde 1840 unter Beförderung zum Hauptmann i» den großen Generalstab versetzt, am 22 März 1853 z»ii> Obersten befördert und zum Commandeur d.S damaligen 18. Infanterie-Regiment», 1887 znm Coinmandciir der l. Jnsanleric-Brigate ernannt, am >5. Oclober >857 zum Generalmajor befördert. 186l zum Conliiiandailtk!» von Danzig ernannt, am 29. Januar 1863 zun, G.ncralliculenant bcsördcrl und 1808 zum Gouverneur von Danzig rrnannt. nachdem er kurz zuvor de» Charakter al» General der Infanterie erhalten batte. Am S. Juli 1870 in Genehmigung seines Abschiedsgesuche» und unter Verleihung de» KronenordenS l. Ewsse mit dem Emaillcbande zur Dis position gestellt, wurde General v. Borcke bald daraus zum stellvertretenden com iiiaidn enden General de» 1. Armeecorps und stellvertretenden Gouverneur von Königsberg ernannt, von welchen Stellungen er im Juli >871 unter Verleihung de« Groß-ComlhUikrcil,eS de» königlichen Hau»ordenS von Hchcnrvllcrn entbunden würbe. — Da» Leicdenbegängniß wird heule Freitag, den 27. Januar, von der Leichencapellr de» Kirchhosc» in Bornstedt staltsinden. * Die Erfolglosigkeit der beutsch-czechischen Au«gleichS- verhandlungen besprechend, bcmüben sich die czechischen Blätter, die Schuld an dem Scheitern den Deutschen in die Schuhe zu schieben. Die .Politik' schreib!: Während von czechischcr Seile daS loyale Streben, den Forderungen der Deutschen in der Thal sachliche Würdigung angeteihen zu lasten, uiizwciselhast dargelhan und dadurch also eigentlich der beim verlassen de» LandlagSsaalc» vo» Seite der Deut schen ausgestellten Bedingung entsprochen ist, wird nun statt d-r ursprünglichen geforderte» Bürgschaften einer sachlichen Würdigung die pure und rückhaltlose Annahme weit ein schneidenderer einseitiger Forderungen verlangt. — „Hla- Raroda" sagt, durch daS verlangen der Deutschen, von vorn herein die Berechtigung ihrer Forderungen im Princip anzu- rrkennen, damit sie in weitere Verhandlungen eintreten können, sei jede fernere Verhandlung vereitelt worden, denn alle czechische Geneigtheit zu einer Bersläiidiguiig höre dort aus. wo ein Vorrecht der deutschen Sprache und irgend eine administrative Dl üluiig de» Landes zu llngunstc» der Czechcn beginnt. — ..Rarodili Listy" rufen auS: Gott sein Dank, baß der deutsche Hochmuth über die czechische Schwäche gesiegt hat! Die czcchischerscilS angebotciie Lheilung des Landtages in nationale Curie» Angesichts des von den Deulschcn bestrittenen böh mischen Staat-rechtes, sowie die Theilung der Senate bei de» Obergerichten nach Ralicnalitäten Angesicht» der deutschen Bestrebungen nach Zerreißung deS Landes, all da» seien eben so naive wie gefährliche Einfälle. „Narodni Lisch" sagen, sie sprechen dem ganzen czechischen Volke au» der Seele, wenn sie wünschen. eS möge czechischerseit» endlich mit der Schwäche und Eelbstcriiiedriguug zu Ende sein, und eS möge oll DaS entschieden verlheibigt werden, wa» un» »ach göttlichem und menschlichem Rechte in dieser väterlichen Heimath zustcht und gehört. „Rur unsere Festigkeit, nur unsere Ausdauer beim guten Rechte können mit der Zeit den Stolz und die Ungc- rechliak.it tcr hiesigen Germanoinanen brechen und sie unter Sen Wirkungen ccr auswärtigen Ereignisse zu einer Ver ständigung veranlassen." * Tie erste Reise de» Präsidenten Carnot in da» Innere d » Lande» wird rcraussichllich in, April statkfiiiden uad da» nördliche Frankreich zum Ziele haben. * Rach einer Meldung au» Rom unterbleibt die Ent sendung eine» eigenhändigen Glückwunschschreiben» de» Sultan» an den Papst Leo XIII. au» Anlaß de» Priester- JiibiläumS Sr. Heiligkeit. Indem Msgr. Azarian nicht in der Lag: war, die Neberreichung de» Schreiben» zu vermitteln. > ,is der avcslolistbc Delegat in Konstantinopcl, Msgr. Boa» >clli, di: Ehre, c» dem Papste zu übergeben, sUr sich in Au» aruch »abm, entschloß sich der Sulla», um in der kirchlichen Spbäre Kknstantinopel» keinerlei Nebciibuhlerschasten hervor- ziniscn, ans die Ausführung seiner diesbezüglichen Absicht g . z zu verzichten. Man m sowohl von der Unterlassung vor ilrem Gumde »m vatican verständigt worden. — E: verlautet mit wachsender Pestinimtheit. daß der zur Zeit 11 Florenz weilende Mr W. Gladstone teinnächst nach Rom kommt und mit kein Papste eine Begegnung haben wird. * ES war gemeldet worden, daß zum Jubiläum de» Papste» auch Präsident Clevelanb «inen Abgesandten mit c ein Geschenk »ach Rom geschickt habe. In Unkenntniß der kpl»,»arische» V-rbä!kn>st« Halle man c» oade, zugleich ge rügt. daß dieser Abgesandte von der amerikanische» Gesandt- schasl i» Rom »ich! weiter beachtet und >m vatican nicht vorgestellt worden sei. SlaatSsccrelair Bayard sicht sich infolge dessen veranlaßt, seinen Landsleuten eine kleine Bc- tebrung aiigeteihe» zu lassen. Er erklärt, daß Präsident Ci-veland keinen Abgesandten geschickt habe und die» auch til rhanpt nicht lhuii lömic. Die rinzia« Regierung in Italien, sngt Herr Badard hinzu. n»t welcher wir politische Be« zi eungeii in,ier'allen, ist ri: de? König» Humbert. Da» G sitr-nk de» Präsidenten an den Papst war rin persönliche», ui s Bayard wngte überhaupt nicht« davon, daß der Präsident «in Geschenk gesandt halte, bi» er rine Mittbeilung darüber >n den Zeitungen sab Soweit er wisse, wurde da» Geschenk durch Ea riiial Gibbon! gesandt, der selber «ine geeignete Persönlichkeit sür dessen Urverreichung wählt«. SocialpolWches. St» Urthetl «der die Innung««. * In dem führenden sreiconservativeu Organe, der .Post", finden sich einige aphoristische Artikel über die neue Jnnung»- qesetzqedung, welche dadurch Bedeutung gewinnen, daß man ihre Autorschaft Herrn v. varnbühler zuschreibeo kann, wenn dieser hervorragende Parteimana auch nur dieselben v. B. zeichnet. Wir wollen, um nicht nr weitschweifig zu werden, nur den Theil de» Artikel» hier avdruckeo, welcher von der Zugehörigkeit zur Innung handelt. E» heißt da: „Schon da« Gesetz vo» 1881 bestimmt tu Artikel 100« 1 u»d 2. dah kür dea Bezirk «wer Innung, bereu Thätigkeit aus dem Gebiete de- Lrhrlingtwesra» sich bewährt hat, durch die ködere» Ber- waltuagkbehöedea bestimmt werde» könne, daß Streitigkeiten an» dea Lehrverhältnisse» aus Aneusea eioe« der streitende» Theile von der zuständigen Ianuagtbehärde zu entscheide, seien, auch wenn der Arbeitgeber der Innung nicht angehöre, seraer dah und in wie weit die Vorschriften der Jaanng über die Regelung de« Lehrverhält- niste«, sowie über die Anlbilduug der Lehrlinge für dea nicht der Innung augehöreadeo Lehrherru bindend seien. Hiernach ist auch ein anßerhalb der Innung stehender Meister in betreff der Lehrling«. Angelegen Hellen der Jnnungsbedörde nulerstellt, hat Streitigkeiten an» dem Lehrverhältaisse darch diese entscheiden zu lasten, sind für tba bindend, die von der Innung erlassenen Vorschriften über die Regelung de« LehrlingsverhLItniste». Insoweit jene sich nach dem oben cttirte» Normalstatule (83- 39, 63—66) gestalten werden, wird an di« Stelle der einfachen und natürliche» Weise, wie je nach der besondere» Lage de» einzelnen Falle« zumal aas dem Lande da» Berhältniß zwischen Lehrherru und Lehrling sich gestaltet, eia Pein- licher FormaliSmu» treten, ohne daß dadurch die Erziehung de» Lehrling» uad beste» Ausbildung rntlveechead gewänne. Will «in Handwerker in die Innung rintretr», dann mag er et thon, aber de» Nichtgenoflru ans solche Weise gängeln und beschränken, «inen strebsamen mit vorgeschrittener Vernstbildang au»gestatteten jungen Meister gegen seinen Willen einem vielleicht veralteten Innung». Vorstand« uaterordneu, da» heißt wirklich nicht dem „siecheadea" Handwerke aushelfe». wir kommen a» 100s. 3.» da» Product de« Gesetze» vom 8. December 1884. Hiernach kann von einer höhere» Verwaltungsbehörde »ater von dem Besetze recht wenig präci» bestimmte» Lorau-setzung-n auS- gesprochen werde», daß ela Handwerkmeifter, wenn er der Innung nicht beitritt, Lehrlinge nicht mehr aunehmea dürfe. Wir gehen, wie wir e» oben ausgesprochen haben, davon au», daß der kleine ländliche Meister gor wenig Intereste an der Innung hat uad baden kann. Die Einrichtungen derselben, al» Schulen und sonstige BildungS-Anstalten, sind sür ihn schwer zugänglich, nutz bringend vorzugsweise sür dea Städter, der ihm bei Stroie obliegende Besuch der im Jahre öfter zu haltenden Ianunqeversammlungen lNoim. Statut 22. 24.) kostet ihm «averhältaißmäßig viel Zeit und Geld, stört sein häu-liche- uad Berufsleben, in derselben wie üder- dauvt >a der Innung kommt er nicht zur Geltung, die Vorstand- schas« ist idm durch die Verhältnisse verschlossen, die traditionelle in der Geschichte theilweise wurzelnde Ueberhebunq de» städtischen Hand werkes über da« ländlich« bekomm» in den JnnungSdehöeden einen formellen Ausdruck und dabei soll er zu allen Kosten beiirogea. Die Tbeilnahme an der Ianung kann ihm daher nur lästig sein uad doch soll er keinen Lehrling kalten dürfe», wenn er ihr nicht be:- trüt. W>r haben dea einzeln aus dem Lande arbeitenden Meistern unsere besondere Ansmerkiamkeit zugeweadet, ihre L-iftungen uad ihr Verhalte» in anserer amtlichen Stellung uad im Privatleben zu beobachte, Gelegenheit gehabt, haben diesen Stand, soweit unsere Wahrnehmungen reichen, im Allgemeinen achten gelernt, an« nament lich überzeugt, (wir betaue» die« ganz besonder«), daß ihre Tüchtig keit von Jahr zu Jahr zunimmt. Dieselbe, liefern vielfach Tüchtigere« al« srüder» oft ol« mancher städtisch« Handwerker, — und dabei wohlseiler, sie arbeiten nicht selten aus Bestellung de« städtischen Meister«, der daun ihre Arbeit al« die seinig« mit Vorlheil ver- werthe». In den BerkausSmagaziaea der Gewerbe und ans den periodischen Märkten kann man hierüber interessante Beobachtungen austelleo. Von großem Nutzen sür sie ist namentlich die Hilft, welch« die Großindustrie ihnen leistet durch Lieferung sür ihre Zwecke zugerichtete» Material«. Diele Meister würde» den Lehrling schwer vermisse», denn dieser arbeitet mit ihnen uad arbeitet ihnen zu; aber auch sür den Lehrling wäre ihre Beseitigung oder Beraiiudcrung ein großer Verlust, überhaupt sür die Gestaltung der Berus« aus dem Laude. Dem Landmeister sübreu der Benvandte, der Vckaunie, der Later, die Mutter, der Bormund, der OrtOvorsteher, der Pfarrer die Lehrlinge zu. Die!« selbst bestimmen gar alt die Wahl. Sie arbeiten mir dem Meister, esse» an dessen Tische, wohnen unter seinem Dach», o!t auch, wenn sie Gemeindegenossen sind, bei ihren Ellern. Diese Verhältnisse, sür welche wir tausende von Beispielen aasührea könnten, sollen gestört werden, die Lehrlinge sollen der Stadt zugesührt und der Verderbaiß autgefttzi werden, welche sich an da« dort unbeaufsichtigte Lebe» der junge» unreifen Menschen knüpfen, um eioe Jnnung-presie zu erholten. Tie« ist die Be deutung de« GesitzeSartikel« 100 o. 3, denn gar mancher Landmeisler wird sich entschließen müssen, tn die Innung zu treten, um sich de» Lehrling zu erhalte». Da« Alphabet de» 8 100 hat sich durch da« Gesetz vom 6. Juni 188? noch erheblich Vau k—m. vermehrt. Nach diese,» Gesetze sollen mit Genehmigung ber hähereu Berwo!tuag«-BehSrde auch Meister uud Gesellen, welche nichi Innuag-glieder sind, beigezogen wcrdtU zu den Kosten der von der Innung unternommenen Einrichtungen sür Herderg«welcu uud Geselle». Arbeitsnachweis (8 100 s. 1) sür Förderung gewerblicher An-bildnng (100 5 2) und der JnnungS- Schiedsgerichte (tz. 100 5 3). Wir haben oben unsere Zweifel au«, geiprochen, ob »ich die Innungen sür die Zwecke 3 uad 3 eignen. Auch in Betreff de» HerbergSwesen« und des Arbeitsnachweises haben wir Zweifel. Un- will c« scheinen, als bebürsen diese beiden Einrichtungen einet weiteren Kreise» al» den der Innungen. Die einzelne Innung vermag e» wohl meist nicht, geeignete Herbergen sür ihre Gesellen zu schaffen und zn unterhalten, der ArbciisnachwciS aber sollte nicht blo» sür da» einzelne Handwerk, sondern sür einen größeren Kreis verschiedener gegeben werdea können, dem Arbeit- juchenden wird dadurch besser gedient; wir verweisen aus die Möbelbranch«. di« Werkstätten, in welchen Wagen gebaut werdea. daS Baugewerbe, daS Lonsection»-. daS Tapezier-Beschatt, die Maschinkn-AertsiLttea o. a.. in welchen nebeneinander die verschiedensten Handwerke Verwendung finden. Doch da« find schließlich Einwendungen, welchen begegnet werden könnte, wenn sich iu den Jnanagea nicht eia eng beschränkter Hond- werkSgeist gellend machen sollte; wir doben aber gegen da- Gesetz dea grundsätzlichen Eiuwaud, daß darin eine wcücre Presse zu Gunsten der Innungen liegt, daß «an dadurch einen Zwang schaffen will, welchen direct au-zu!prechen man sich scheut, daß man Kosten- betträge fordert ohne die Bcrcchliguag» bei ihre Verwendung mit« zusprechen." Neues Theater. Leipzig, 25. Januar. Wir leben in einer Zeit der theatralischen Ereignisse. Wir trollen Büller'S „BcScc" nicht gerade dazu rechnen, obwohl ein Schwank mit höherer Magie immerhin etwa» Aparte» ist; jedenfalls aber bezeichnet die Aussllhruna der .Drei PintoS" «inen rothcn Kalendertag de» Leipziger BühncntalendklS, und gestern wurde, überhaupt zum ersten Male aus deutsche» Bühnen, ein neue» Drama vou Richard Boß. „Eda", gegeben. Diese Preniiöre vom reinsten Wasser hatte ein zahlreiche» und daickbare» Publicum versammelt. Ter Beifall war sehr lebhaft und bei den Hervorrufen nach den Actschlüsicu wurde der anwesende Lichter nicht vergessen, der sich durch seine Dramen und Erzählungen, in welchen alleu eia eigenartige» Talent ausgeprägt »st, inil Recht eine» Naii.cn gemacht hat. Auch „Eva" verleugnet diese» Talent uichl, welche» einzelne Rühr- uud Efsectsceum sehr wirksam zu gestalten wußte. Ta« Stück bewegt sich aus dem Boden der norwegisch- sranzösischcn Sensation-stücke und arbeitet sich wie diese au» paravehajle» Gruppen, die otlmätig zurlicktrelen. zu den große» Ecenea hindurch. Ti» Hauplbantlung läßt sich mit wenigen Worten erzählen. Eva. eine» Grasen Tochter, mit einem gräslichra Vetter verlebt, sagt sich von diesem le» und heirathel «inen bürgerlichen Fabrikanten. Sie fühlt sich in dieser Ehe nicht alücklich. ,D" junge Gras sucht sie nach Jahren wieder aus, gesteht ihr seine Liebe; sie empfindet die alte Leidenschaft sür ihn. bekennt e» ihrem Gatten, wird vo» diesem au» dem Hause gejagt, findet Zuflucht bei ihrem Vetter, ver langt vo» Elimar rie Ehr und at» derselbe sich weigert, sie zu heiratben. macht sie mit ihm kurzen Proceß und schießt >dn nieder. Zu drei Jahren Zuchthau» verurthrllt, erkrankt sie und stirbt gerade an dem Tage, wo sie au» ber Gefangen schaft entlaste:! wird. Da» sind romanhafte Begcbenbeiteu und da» Novellistische darin tritt noch mehr dadurch hervor, daß zwischen rwzelaen Art», wie dem ersten and zweiten, dem vierten vnd fünften, mehrjährige Zwischenräume liegen; e« fragt sich, ob der dramatische Zug. de, durch da- Ganze hinvurcbgeht, mächtig genug ist. um einen spannenden Zu sammenhang aufrechtzubalten. DaS erste dramatische Ereigniß ist. daß sich Eva von ihrem Bräutigam l«»sagt und einem Bürgerlichen die Hand reicht. Hier mußte der Dichter uns den »nnern Kamps der Heldin schildern, die entscheidenden Motive darlrgen, welche einen so wichtigen Entschluß bestimmen; doch gerade hier ist die dramatische Muse von einem LakoniSmu», der nur aus die rasche Wirkung de» Abschlüsse« hindrängt. Wa» sehen wir vorher? Eva und Elimar. obgleich miteinander verlobt, paffen nicht sonderlich zusammen; der Fabrikant Hartwig hat ein merkwürdige- töto-ä-töto mik der Grafentochter. Während eine große Gesellschaft versammelt ist. setzen sich die Beiden zusammen ganz allein an «in Tischchen, essen und plaudern wie in eiuem cudmet roposä. Da» ist doch an einem solchen Abend für eine Tochter de» Hause» «ine Unmöglichkeit: wir erfahren au» der Unterredung, daß Hartwig für die hochstehende junge Dame begeistert ist. aber wohl die Kluft fühlt, die ihn von ihr trennt. Jetzt tritt die Katastrophe ein, die Aktien« grsellschast, mit der sich der Gras liirt und deren Aktien Hartwig daraufhin empfohlen hat, ist bankerott geworden. Verzweiflung der Betheiligten. Unruhen der Arbeiter. Der Gras selbst ist ruinirt. Gegen Hartwig wendet sich der all gemeine Zorn. Elimar verhält sich vornehm ablehnend und will aus da» Gesindel feuern taffen, da erklärt Eva, sie sei aus immer von ihm geschieden und folgt Hartwig, wie man später erfährt, mit der Absicht, ihn zu heirathen, den» beim Beginn de» zweiten Acte« ist sie bereit« seine Frau, uad al» Zeitmesser für die Länge de» Zwischenacte» spaziert ein leben dige» Kind auf der Bühne herum. Wir konnten nicht umhin, durch den ersten Act un» au zwei Stücke erinnern zu taffen: „Ein tzallissiment" und „Der Hüllendes,her". Die Aehnlichkeiten mit dem Fallissimrnt sind nebensächlicher Art, aber der Aristokrat, der da» Volk ver achtet, der biderbe Brauer, der Pfarrer und andere Per sonen sind doch zu äbnliche Typen, al» daß man bei «oer gleichen Siluation nicht Bctheiligte von etwa» anderem Charaktergcpräge wünschen möchte. An de» „Hüttenbesider" erinnert aber die Schlußwendung, daß die junge vornehme Dame einem Bürgerlichen die Hand reicht. Da muß man freilich dem französischen Stücke den Vorzug einräume», da ist Alle« nett und klar präcisirt: der äüpik awourem, die Wahl de» Gatte»; in Eva findet die letztere erst hinter der Srene statt und die Trennung vou dem Bräutigam erscheint niehr al» eine Caprice, ein übereilter Schritt. Sie liebte ihn ja, wir erfahren e« im nächsten Acte. Al» der Herzog zur Frau de» Hüttenbesitzer» mit Liebe»anträgeu kommt, weist diese ihn entschieden zurück; al» Elimar, nachdem er sich jahrelang um Frau Hartwig nicht gekümmert, wie durch eine plötzliche Erleuchtung eine rapid« Sehnsucht nach ihr empfindet, mit einem DurchgangSbillct von Neapel nach dem Orte reist, wo Eva weilt, und ihr iu schönen Rebe« Wendungen seine Liebe erklärt, da kommt ja auch ihr Empfinden zum Durchbruch, den Fabrikanten hat sie nur au» Miileid geheirathrt, und nun tritt die zweite nicht minder plötzliche Wendung ein: sie läßt Mann und Kind im Stich, um ihrem ersten Bräutigam zu folgen. Trotz aller Erläu terungen über Canarienvögel und Sperlinge, welche die bisher unfreundliche Schwiegermama aus einmal zur Entschuldigung der Schwiegertochter vorbringt, erscheint auch die Plötzlichkeit dieser Wendung al« eine Caprice, welcher al» tragischer Schuld der Heldin doch die tiefere Begründung fehlt. Einem Mann, der sich vier lange Jahre nicht um sie bekümmert hat, blinv- ling» sich hinrugeben und deshalb da» ehelich« Band zu zer reißen, da» ist eine Thal, welche die Held,» wenig sympathisch erscheinen läßt. Mindesten» sollte sie sich dock atrbalv davon überzeugen müssen, ob Elimar ernste Absichten hat und sie zu beiraihen denkt. Statt besten ist sie io ihrem eigensinnigen Gefühlsleben davon überzeugt al» von etwa» Setstverstäiid- lichem. Wa» nnn folgt, ist wenigsten» von einleuchtender dramatischer Consequenz. Al» sie erfahren, daß Elimar ein Rouä ist, al» er von einer Ehe mit Eva nicht» wissen will, da greift sie zur Waffe und tobtet ihn. Da» Pistol selbst aber überreicht ihr Toinett«, ein frühere» Opfer dc» Grasen, eine in» Kleinbürgerliche übersetzte Gräfin Orsina, welche sich zum Theil sehr ähnlicher Redewendungen bedient, wie Lcssing'S Heldin, welche auch mit einer Waffe au» der Roth Hilst. Einleuchtend ist auch die Zuchthausstrafe und da» melodramntische Streben nach dem Verbilde der fran zösischen eomötliez. Wir würden da» schöne Talent von Richard Boß lieber aus dem Gebiete der böheren Tragödie begrüßen al» im Nachtrab der neueren Jfsland'S und Kotzebue'S an der Seine oder de» norwegischenFjord», welche jetzt die günsiigeStimmung de» Publicum» sür sich habe». Gleichwohl vervient der Dichter diese Gunst durch den Zauber warmen Empfinden-, den er über ciiizclne Austritte ansbreitet, durch den leidenschaft liche» Nachdruck, l»it welchem er die großen Scenen, wie die de» vierle» Acleö, auSsührt, und durch viele geistreiche und sinnvolle Eii'zelnscenen, welche reichlich die hier und dort ver streuten Trillialiiäten aaswiege». Die Heldin bat, wie wir gesehen, etwa» Capr'iciöse», fast verstocktes. Fräulein Salb ach hob diesen Zug sedr scharf hervor; oft schien sie säst zu verdrossen uud apathisch; sie konnte, im zweiten und dritten Act. bi-weilcn mehr von ihrem innrrn Leben durchlenchlrn lassen. Die Hauplfcene de» vierten Acte» gelang ihr indeß vortrefflich und die Sterbe scene führte sie ohne überflüssige Mätzchen und Lazarethstudien wirksam durch. Herr Baxmann spielte den Fabrikanten Hartwig mit ber männlichen Tüchtigkeit, die er in allen der artige» Rollen bewährt; Herr Straß mann repräscnlirte den vornehmen Rone in eleganter Weise, zeigte in der LiebeS- scene de» zweiten Acte» da» flackernde Feuer der «roberung»- Instigen Don Juan», im vierten da» verdrossen ablebnend« Wesen derselben, wenn ernste Ansp'üche an sie geltend gemacht werden. Fra» Baumeister spielte die Alte, die übrigen» in ihrer anfängliche,, Unteidtichkeit und späteren Herzlichkeit sehr an die Alle in dem von Ortmanu übersetzten dänischen Stücke erinnert, mit Beiiutznng aller Wirkungen, welche dieser Coiitrast ihr an die Hauv giebt. Die Toinette de» Fräulein Pölitz Halle einen leibcuschastlichcn Zug; der Gras Düren de» Herrn Borcherdl war ein zusanimendrechende» Jammer bild. Ergötzlich waren der Pastor Schöller de» Herrn Herbst, bei welchem die Bibel und die Actieuspeculationeu fortwährend carambcliren, und seine Frau, welche Fräulein Kuntzschmann mit tbeologischer Würde bekleidete. Frau Dörte Heinpel konnte vielleicht noch etwa» kleinbürgerlicher sein, ata Fräulein Truhn sie spielte, die von der Tragödie ber immer einen gewissen aristokratische» Tic milbringt. Ter Heuipel de» Herrn Door, der Leonhard de» Herrn Matthae», der Rechtsanwalt de» Herrn Treutler. der vr. Weller deS Herrn Vis cd er. der Arzt de» Herrn Tietz, Amtmann Braun und Frau (Herr Prost und Frau Lewrn- sohn) und die andern kleinen Rollen bildete» ein von Herrn Obrrregiffeur Gettke gut arrangirte« Ensemble, welche» der Bedeutung einer allerersten Ausführung gerecht zu werten suchte. Rudolf von GottschalU Musik. Leivzig. LS. Januar. Herr Moritz «irth halte i, leiarm ersten Bonraqe den Ribelungeurnig da« Zeügtd:ch» de« llav tat,«- muS, die Tiagödie de« Goldl« genannt uao hat ou« die Richügkeit dnjer Auffassung m Bezug aus da» Rheiagold mit großem Scharf sinn nochznwriiea gejuchk. In t> > icm zweiten Vonrage verinchle der geistvolle truutzpdiloiovh die Anwendung seiuer au« der R»g- dicht«» i deranegeschälten ästhrnschea Priucipie» aus da« Mnfikdrama „Tie Walküre". Herr Wirlh hatte also die schwierig« Ausgabe vor sich, uv« ,» zeige», daß b.e großirtige Gejuhllwelt der valkür« und deren Rnloruck nickt« Andere« sei al« der Widerschein de« Golde«, daß die Tdale» Lola»'«, de« tragische» Heldr», »ater dem E>a» pull« de« Zauberreise« sich vollziehe». Herr Winh h«ttr ou» ferier di» logische »ad psychologisch« Nothwradigkeit der de« kahl «der- kegttideo verstand« «l» abscheulich« Willkür rrschelaende» Geschwister- Ehe zu erkläre». Drei GesichrSpuvcle sind hier vor Allem maß- g-beud: „Die Geschwisterede lag uoihwendig im Gauge der Handlung, da nur durch «ine höchste widernatürlich« Liebe«,oih jener vom Gättergesetz gelöste Held geschaffen werdea kan», dessen Wotan zur Rückerobernag de« Ringe« vom Fafner dringend bedarf. Wie aoer gelingt Wotan die Lösung eine« Helden vo« Göttrrgesetz? Rur «ater Verhältnisse», io welchen Menschen überhaupt da« Außer, ordentliche gelingt. Der Ansporn zu allem Großen ist nach Wagner die Roth." Diesen Satz finden wir al« Dogma in der Philosophie Wagner'«. Lonahäaser findet tu der Roth seiner Sehnsucht nach der Oberwelt jenen erlösende» Aulruf: Maria; Elsa'« Ge- ber gewinn» tu der Sagst, daß der verheißene Streiter au«, bleiben könnte, jene inbrünstig« Kraft, welche Lohengrin herber- zieht. Wota» endlich erfindet tu der Roth seiner Sorge da« Schwert and Wlelaod die Flügel. So muß e» also aller« eine höchste Roth sein, welche Stegmaad vom Göttrrgesetz lösen kann. Diese Roth besteht aber nicht etwa hart», daß Siegmund waffenlo« seinem Todfeinde eulgegentritt: Eiegliad« hat ihm ja einen sehr deutlichen Wiat nach der Esche htu gegeben, au» bereu dunkler Borke der Griff eine« Schwerte» hervorgleißt. E« find Gedanken und Bilder der Liebe, welch« ihn der von Houdlag droheadea Nolh ver- essen machen. Dt« Liebe ist also stärker al» die Roth. Uud wenn liefe» Stärkere wieder in Roth grriethe, so würde vielmehr diese die stärkste Roth sei»? Mit etaem Worte: die stärkst« Roth ist die Liebetuoth. Die Liebe aber steht wie astet Menschliche unier dem Schutz« der Götter. Mittelst Liebetuoth kann sich also Niemand vom Göttergesetz lösen, selbst bau» nicht, «rua diese Liebe eine ver boten« wäre. Die Götter können eioe solche Liebe wohl strafen, aber e» ist selbst o» ihr so viel de» Meoschlicheu kleben geblieben, daß eine Lösung vom Göttergesetz ei» Ding der Unmöglichkeit ist. Wota» mußte also, um seinen Helden dnrch Liebe»noih vom Götter- gesetz ,a löse», eine solche erfivden, welche gänzlich au» alle» gött- sichen und menschlichen Gesetzen herantsällt: e» ist die Geschimsicrehe. Wagner läßt all» au- dem Hange der Handlung heran» Wotan aus die Idee der Geschwister«-« stoßen. Wotan kann seine Idee nur durch rasfirrirte Kunstgriffe realifirea. Herr Wirth gab hier eine genaue Schilderung dieser Ilnnstgriffe, denen er z. B. da» Lnfspringen der Thüre» be,gesellt; der Lenz lacht in den Saal und gießt alle Weauea der blütheodnstigea Frühlingsnacht über da« Paar. Siegmund spricht jetzt jene« poetisch so schöne Gleichniß au», daß der Lenz sich zu seiner Schwester der Liebe hergeschwnngen habe. „So schleicht sich hier, wie auch sonst im Leben bi» hinauf za dea wettgelchichl- licheu Verhältnissen zuerst alt spielende» Wort, als Glelchniß in die Seelen et», wa- später in ihnen zur Wirklichkeit werden soll." D.e Möglichkett einer srivolea Wirkung fällt bei dieser Darstellung voll- kommen au-, da durch die nnerhörte Anhäufung der Motive jener Vorgang so weit über die Grenzen aller blo« wohlgefälligen Mit- and «oempfioduog hiuau«gelrageu wird, daß wir diesem Sturme der Leidenschaft mit nicht» Anderem als uar mit der grüßte» tragischen Erschütterung zu folgen vermögen. Diese Geschwisterehe wird also durch die Art uud Menge der Mittel, durch welche sie von Woran zu Stande gebracht wird, ot» etwa» uns gänzlich Fremdartige« und olle unsere sittlichen Begriffe nnd Gewöhnungen jäh Uebcrsteigen» de« hingeftrllt. Fricka endlich ist e«, welche unserer Moral uad dem Siltengesetze überhaupt gerecht wird und die Schuldigen durch Strafe entsühnt. Alle diele Gründe ober würden den Dichter nicht berechtigen, einen so widerliche» Vorgang aus die Bühne zu bringen, würde nicht der dramatisch« Grundsatz Wagner'« daraus hindräagea. Wenn, wie wir bisher onnahmeu, Wagner dea Ntbeluagenmytho« aut dem Geiste unserer Zeit heran« neu gedichtet Hot, uad wenn er et sür uöthig gehallt», di« Geschwister«-« darin aufzuaehmeu, dann muß sie irgend welchen Bezug aus de» Geist unserer Zeit haben. Oder genauer: Wen» Wagner den alten Nibelungenmytho« als da» Zeit- gedicht de- Eapitali-mu« neu gedichtet hat, daa» muß die darin vorkommradr Geschwisterehe irgend eine richtige Beziehung aus die Leden-macht unserer Zeit haben, sie muß an» dem Eapatalitmu« hervorgehea. In der Darstellung de» Herr» Wirth stellt sich die Geschwister«-« schließlich nach einer langen unzerbrechliche» Gedanken- kette al« da» Mittel dar, um die aus da« Höchste gestiegene Goldgier Wotan'« zu besrtedigeu, den Ring in seinen Besitz gelangen zu taffen. E» ftägt sich noch, ob unsere Zeit, die Zeit de» Lapitale«, Mittel von ähnlicher Abscheultchkeit anweadet, um ihren Heißhunger nach Gold zu besrtedigrn. Herr Wirth giebt au» daraus folgende Ant- woN: „Da« ist eine Frage an die volk-wtrthschaft und ihre Ant wort lauiet: ja. Da- Land, ans welche« st« na« zur Begründ»»- dieser Antwort htnweist, ist natürlich da« Land der HSchftgestiegene» kapitalistischen Entwickelung, ist Englaod. Wagner selbst ta seiner Schrift „Religion uad Kunst" erzählt an« vo» jenen 8 Millionen Hindu«, die i« vorigen Jahrhundert durch eia« einzig« Hungrrtnoth zu Grunde gingen, welche englische Spekulanten durch dea Auskauf der NeiSeinte hervorgerusen hatten. Natürlich hatte» diese Speculaule» die Reisernte nicht au« bloßer Menschenliebe gekauft. Sie wollte» offenbar verdienen. Aber wersea wir einen Blick nach Irland: wir finden dort dieselbe «»«rottung der Bevölkerung za Gunsten de« Lapitalismu«. Irland« Bevölkerung betrug im Jahre 1811 etwa 8,200.000 Seelen» 1866 nur noch b,SOO.OOO. Seit diesem Jahr« geht die Bevölkerung stetig zurück. Dagegen heben die englischen Etaliftikrr hervor, daß da» Einkommen, welche« die besitzenden Elasten ou» Irland ziehen, i» beständigem bedeutenden Wach-lhum begriffen sei. Diese Richtung de- Eapitali-mu« aus eine ihm selbst reichlich klingenden Gewinn bringende Vernichtung der unteren Volksschichten ist in der neueren Zeit so deutlich geworden, daß die n«ueftr Volktwirthsckast aicht mehr von einem eherne» Lohiigesctze, sondern von einem vcruichtuugtgesetze der Arbeiter spreche» kann. Die erschreckende Zunahme der Rohheit und de« verbrechen« in der Arbetterschast von Liverporl wird dem Umstände »»geschrieben, daß sich dieselbe» immermehe von Jahr zu Jahr in kleine Wohnung u, in elenden Baffe», schmutzigen Wiukeln zusammrnplerchea müffeu. Et gilt die« von einer Liericlmillion Menschen. Es ist Thorlache, sogt eia englischer Statistiker, daß dir Kinder dieser »»lammen- gepferchte» Lentr von Jahr zu Jahr roher uud lasterdafter heran« wachse». Woher aber diese Ziisammenpserchuag? Rehmen sie die Arbeiter freiwillig vor? Gewiß nicht! Aber nicht blo« in Liver pool ist r« s». 1861 berichtete die officielle Statistik von Schott- taub, daß bei einem Drittel der Bevölkerung immer eine Familie in einem Raum lebe; ein andere« Drittel habe sür seine Familien zwei Räume zur Lersüguug. Zwei Drittel de« schottischen Volke» lebten demnach unter Verhältnissen, die mit Bequemlichkeit uad Anstand, wie man sie hente versteht, unverträglich sind. So komme» wir der Wagnerischen Darstellung der Verhältnisse schon be denklich nahe. Roch einen Schritt weiter uud wir werden, angedeutrt bei dem Linen, bei dem Anderen offen au»gesvroch«u, ans jene« Wort stoßen, da« Fricka dem Wotan in« Gesicht schleudert. So sehen wir in Wotau uud dea Wallungen kein Erzeugniß dichterisch überquellender Phantasie; sie woadel» leibhaftig im Lichte unserer Sonne aus Erden. Sie sind treu nach der Nalur gezeichnet, eia Abbild der Mittel, welcher sich der Lap>tali«inu« in seiner höchsten Entwickelung bedien», »m seinen Gelddurst zu befriedigen. Mit dieser Ertenotuiß aber ist Wagner'« kühne« Unternehmen gerechtfertigt; so mnßte dir Ge» schwiftrrehe im Ring de» Nibelungen vorkomme», soll er eia Zeit- gedicht de» Lapitalilmu« sein. — Ich muß r« mir leider versagen, dea genauere» Inhalt de» Wirth'schen Vorträge« zu skizziren, der iu außervrdtnllicher, wenn auch nicht iwmer unbestreitbarer Kühn heit die Lhatjachen zu dea gewollten Resultaten zusammeuschweißi. Dem Vortrag solare wieder ein: sehr inieressaate Debatte, bei welcher sich die Herren Hetzet uad Hau«maau rühmlich hervortdatea. Wirth gebührt sür seine ebenso geistreich gedachten wie zum Denke» ausvorneudea Autsiihrungeo der lebhafteste Donk. Hoffentlich ist der nächst« Vortrag (31. Joauar) ebenso gut besucht wie der gestrige. Diese Anthrünahme de« Publicum« ist sehr ersreulich. F. Pfahl. * Au« Lübeck «ad Rostock liegen un« über da« Auftreten de« Petri-Streich.Quartett« au« Leipzig enlhusiostische Berichte vor. g B- schreibt Herr E. Stiehl in der „Lübecker Zeitung" über da« 4. Philharmonische Loacert: Einen Hochgenuß seltenster Art gewährte »»« da« hierortlge erste Auftreten de« oben genanute» Künstlerverbaade«. Di« Herren Loucerttneister Petri, Lolland, Unkenftei» und Kammervirtuo« Schröder haben dem Weltruse de« Institut«, welchem sie oagehSrea, voll« Ehre aagethaa. Eia einheitlichere« Zusammenwirken ter vier Instrumente, ohne vor« wiegen de« einzelne» ist an« nicht vorgekommea; dazu eine Kraft und Klaagsülle de« Tone», ein Ein» »ad Aussehen der verschiedene» Stimmen ineinander, verbunden mit emer auf da« Subtilste au«- gearbeitetr» Dynamik, di« da« Herz jede« Musikkeauer« mit innige« Waylgesalle» erfüllen wnßie. Wo na, solche Resultate der Technik sich mit «eiftvrller, jedem äußerlichen Effecte obyolder Jnirrpreiaiioa de« Kunstwerk« einen, wo Iuqeadsriiche uad Energie de« Auldruck« mit vollabgeklärier Ruy« de« Lorlrag« sich die Waag« halten, da tau» drr Eindruck aus die Hörer nicht nur wie de, dem Alimeifter Haydn »in erfreuender, sondern bei dem Tttauen Beethoven geradezu eia de» srligender genannt werdea. Eine eingehende Analvse der Wieder- aoli« de« Haybn'schcn Quartett« ist nm so überflüssiger, al« da« eine Wart „vollendet" genugsam die Reproduktiv, deffelbe» charak- trrifitt. Dc» reichen BeisallSsalveu entsprechend, gewährte, die Künstler bereitwillig na« Wiederholung de«, trotz d« Prestn-Tempol i, gräßier Klarhe t vnd Klanqschüahett darüber- ztehradr» Finale. Bee:bor>eii'« seltev r gekörte« Lmoll-Ouar» ttti i, seiner Gedankeniiese uud seine» größer angelegte» Forme», mit de» himmlisch lr»fte»d«» Adagi«, riur» Aüäur««^ du« turch dir Eiusügu», de« russische, Lhemu« tzt, Fesseln »eu
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