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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.02.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-02-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188802033
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880203
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880203
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-02
- Tag1888-02-03
- Monat1888-02
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.02.1888
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Erste Beilage znm Leipziger Tageblatt und Anzeiger. Z4. Freitag den 3. Februar 1888. 82. JOM» ', Geschenke des Himmels Boa M. Wilhelm Meyer. N-deruck rerbotor. (Schluß.) Einen sundamentalen E>»flnk ans unser gesammteS Denken und Fühlen unv unsere LebeuSlhLlistkett übl offenbar die Ge schwindigkeit der Axendrebung der Erde um sich selbst anS, W»burch ste den Wechsel von Tag unv Nacht bewirkt. ES ist eine sehr mcrkivürvige Tbatsacke, daß aus allen vier der Sonne nächsten Planeten die bringe de- Tage- fast die gleiche ist. Bon ihnen hat BenuS den kürzesten Tag, der 23 Stunden 2t Minuten lang ist. Mar- den längste» mit 24 Stunden 37 Minute». Die beiden gewaltigen Planeten jenseits de- Asleroibenrn'gkS, Jupiter und Saturu, bewegen dagegen ihre ungeheueren Körper bereit- in etwa 10 Stunden einmal um sich selbst. 5, Stunden nur währt also dort der leuchtende Tag und diese Spanne Zeit ist sür Wesen, die etwa dort leben, gleichbedeutend mit unserem Geschäftslage, welcher un- bereit- in der sich selbst überstürzenden Hast unserer vielfältigen LebeuSausgabe» so sebr kurz und bedeutungslos erscheint! Wie iiiibegreifl ch viel schneller müßte da- Lebe» pulsen, wenn wir geuöthigt wären, diese Thäligkeit aus süns kurze Stunde» zusammen;,Wrängen, nach welchen bereit- die untersinkcnde Senne »»irrer kaum begonnenen Arbeit Halt gebietet und die berkiiibrechende stacht uns die Augen zu kurzer Ruhe schließt! Datz müßten ganz ander- geartete, schnell bewegliche, schnell denkende Geschöpfe sein, deren TageSabschnitte so kurz be- inesje» wä>en! Wen» zwar cS kaum denkbar ist. daß nach unseren Begriff.,' gegenwärtig aus Jupiter oder Saturn überhaupt lebende Geschöpfe existiren, so zeigt doch diese Be trachtung, wie sehr eine andere Bcrlheiluug der wirklich vor handenen astronomischen Vorbedingungen im Sonnensysteme unsre LebenSverbältnisse hätte anders gestalten können und wie wir so ganz ,i»d gar specielle Geschöpfe unserer Stellung im HimmelSraunie sind. Von der t>>otntioii-geschmindigkeit, da- heißt von der Länge des Tages bängt wiederum auch die Größe der Erdabplattung an den Polen direct ab. Sie bringt hervor, daß der Erdball am Aequator um etwa drei Meilen nach jeder Richtung aus gedehnter ist alZ an den Polen. Da aber die Länge de- Tages im Lanse der SchöpsungSperioden durch mancherlei kosmische Einflüsse beständig abnehmen muß, waS in der That selbst an den seit historischen Zeiten beobachteten Sonnen finsternissen bemerkbar zu werden scheint, so muß gleichzeitig auch die Abplattung abnehmen. DaS ausbausckcnke Erdreich am Aequator hat deshalb eine beständige Tcndenz nach den Polen hin z» wandern, wodurch eine horizontal schiebende Kraft entsteht, welche sicher an der Bildung der Gebirge theil- nimmt und die Schichte» der Erdoberfläche, wo ihre scculare Bewegung sich gegen ältere GebirgSrippcn staut, zu riesigen Falten auswirst. So sehen wir wieder au- kosmischen Ur sachen die Minnigsaltigkeit de- LänderreliesS entstehe». Die wirksamste Kraft aber, welche die Consiguration unserer Conlinente schuf und die riesigen Meeresbccken austieste, floß aus der Wärmeausstrahlung kcS Erdballs, welche ihrerseits durch den sehr tiefen Kältegrad de- umgebenden Weltraums ermöglicht wird. Höchstwahrscheinlich liegt diese Temperatur hundert und einige Grave unter dem Gesrierpuncte. Durch die Ausstrahlung ihrer inneren Wärme mußle die Erdkugel sich langsam zusanimeiizieh n, wa« je nach der Beschaffenheit des Erdreichs in verschiedenem Maße geschah. Die Meeres becken senkten sich aus diese Weise, während die Schichten oft aus sehr larigbiiigeftreckteii Lime» sich abbrachen und lauge schroff zum Meere abfallende Gebirgszüge zurückließe», wie an der Westküste teS amerikanischen Festlandes. Läng- dieser Vriichlinien mußten sich dann die in Reihen ausaepflanzten Vuleane bilden, indem der Bruch hier da- glühend flüssige Innere sreilaßt. So wird also bei gleichblcibcnder Masse r,e Größe der Erde beständig abrehmen, ihre allgemeine Dichtigkeit sich also vergrößern. Diese Dichtigkeit ist mit der des Merkur die größ.sts unter allen Planeten. Da diese nun, wie wir soeben sahen, mit de» geologischen Veränderungen der Ober fläche im Zusammenhänge steht, so können wir hieraus schließen, daß die Erde sich im Vergleich zu de» übrigen Planeten in ci> ein relativ vorgeschrittenen Stadium ihrer Oberslächengestallung befindet lind also auch i» dieser Richtung eine hervorragende Stellung unter ihre» Geschwistern eininmmt. Ganz besonder- aber hängt diese- relative Alter von der Größe der Planetenkörper ab. Die größere» Körper enihallen viel mehr Wärme als die kleineren und geben sie zugleich viel schwerer ab. Sie leben langsamer. Deshalb befindet sich der mächtige Jupiter, welcher eineu clsm .l größeren Durchmesser als die Erde unv 30Jn,al mehr stofflichen Inhalt besitzt, noch gegenwärtig in einem Stadium der Entwickelung, das kein Auskeimen organischen Lebens dort zuläßt. Seine Oberfläche ist »ocb glühend heiß und seine Almosphäre mit schweren erstickenden Dünsten angesüllt. Wahrscheinlich nur MarS. dessen Durchmesser i» dem der Erde beinahe zweimal enthalten ist und der an Masse nur den zehnten Theil der ihrigen auSsüllt, inag relativ älter sein atS unser Planet und folglich vollkommenere Wesen beherbergen. In, klebrige» können wir u»S glücklich schätzen, daß die Kleinheit deS Planeten, welchem beretts bei seiner Geburt auS der Sonne die Atome unserer Leiber zuertheitt wurden. cS jetzt schon erlaubt hat, daß diese Atome sich zum Ausbau menschlicher Wesen znsainniensanve». Aus den meiste» der übrige» Planeten hätte» mir noch »ngezäblte Jahrmillionen warten müssen, bis auch dort auS todle» Slofsalomen Gedanken hervorspringcn könnten wie die gegenwärtigen. Auch die Größe unsercS Körper- und der aller übrigen Nalnrproducle bängt offenbar von der Größe und Dichtigkeit de- Planeten ab. Denn hierdurch ist die Schwere aus seiner Obe, fläche bedingt. Da nämlich die AnziebungSkrast jedes Atoms aus ei» andere- in allen Thcilen deS Weltalls die gleiche bleiben muß, so ist der Zlisainmenbaiig zwischen einzelnen Tbeilen eine« a»S viele» Alomen bestehende» Körpers da leichter ausaeboben, wo die Schwerkraft der Atomanziehung am kräftigste,> enkgege„w>r!l. D,e größere Schwerkraft zer trümmert leichter nub setzt deshalb der Größcnentwickeliing engere Grenzen. Es ist deshalb anzuiiehmen, daß aus den- jen'gen Planetenoberflächen, wo die Körper schwerer wiegen, die Organismen ii» selben Verbältniß ihres größeren Ge wichtes kleiner sind, da das Getriebe der organischen Maschine festere, wikerstaiidssähigcie Masten als die bei unS ver wendeten wobt auch sonst nicht zulasten kann. Interessant ist nun in tiefer Beziehung, daß trotz de, verschiedenen Größen und Dicht-gkeflsverhäliiiisfl der Planeten unterein ander die Schwerkraft auf ihren Oberfläche» nicht sebr ver schieden ist. Die Extreme bilden hier MarS »nd Jupiter. Ans ersterem sind alle Dinge etwa dreimal leichter wie bei un-, auf dem letzteren zwei und ein viertel Mal schwerer. Nach unserer obigen Hypothese wären also die un» ver wandten Geschöpfe auf Mar-, der vorgeschritteneren» glück licheren, wenn zwar auch kleineren Wett. Riefln von dreimal höherem Körperbau als wir. währenv ans J»p ter» wo der TageSrhythmli» so schnell wechselt, die schnelllebigen Wesen, von denen wir vorhin phankasirte», zugleich auch >,» seltsamen Einklänge mit dieser Anschauung nur halb so groß wären wie wir; denn wir stellen uns da» Kleinere ja stelS lebhafter, be weglicher» rascher vor. Doch lassen wir es genug sein mit diesen Phantasserei-n, die h»rch»s nur ans dem einzigen Grunde hier einen Mo- »»t »erjagt w«r»», »« di« Verschiedenheit der Wirkung«» auSzumalen, welche au» der Stellung und Größe der Planeten allein fließen müßten, wenn sonst auch alle physischen Be dingungen genau derselben Art blieben, wie sie zur Entfaltung unsere- irdischen Naturlebens erforderlich waren. Dies alles zum Beweise, daß eiuc bevorzugte Weltstellung allein der Natur unser,-- Planeten deu Stempel jener wundervollen Eigenart ausgeprägt hat. welche wir gewohnt sind, sür «in uraltes Erblheil unserer Mutter Erde zu hatten, während e» doch ausschließlich ein Geschenk be gütigen Himmel- ist. Zur parlamentarischen Lage. Ill-O. Berlin, I. Februar. Der Reichstag hat in neuester Zeit da- löbliche Bestrebe», rasch zu arbeite» und ohne Umichweise aus sei» Ziel loSuigehen. In der lausende» und den beiden nächstfolgenden Wochen wird voraussichtlich daö Wchrpftichtgesetz liebst der dazu gehörige» Auleibevorlage. der Antrag aus Verlängerungen der Legislaturperioden und die Erneuerung de- SocialistcugesetzeS vollständig erledigt sein. Die eigentliche» hochpolitischen Gcsctzeiilwürsc sind damit ab- gethan und die folgenden Wochen werden de: großen Reihe mehr technischer Vorlagen gewidm-.l sei». Aber auch hier wird rasch erledigt werken, waS überhaupt Ans icht hat, durchberatben zu werden. Man hofft unter diesen Umständen die Session vor Ostern schließen zu könne». Bei dieser Berechnung müßte allerdings aus die volle Durch- berathung der AlkerSversicherungSvortage verzichtet werde». Allein dieser Gesetzentwurs wird voraussichtlich doch so spät erst ciiigebraci'k werde», daß bei der großen Schwierigkeit der dabe in Belrack: kvnimente» Frage» auch die Regierung ckuverlich erwarten wird, daß der N ichStag in den letzte» Wocken einer zu Enke gebende» Session kurzer Hand mii diesem Gegenstand vollständig scrlia zu werden vermöchte. Man wird sich sür den erste» Anlauf wohl »nt einem Ge dankenaustausch über die allg meinen Grundzüge begnügen, die Durcharbeitung der Vorschläge im Elrizelncu daun aber der folgenden Tagung überlassen müssen. * Berlin, l. Februar. Bei Fortsetzung der Berathung deS Gesetzentwurfs über die unter Ausschluß der Oessent- lichkeit sialtsindenden Gerichtsverhandlungen hat die IX. ReichStag-commission deu Artikel III der Vorlage in erster Lesung solgenkermaßen gefaßt: „Soweit bei einer Ge richtsverhandlung die O'ffentlichkeit wegen Gefährdung der Staatssicherheit ausgeschlossen war, dürfe» Berichte über die Verhandlung durch die Presse nicht veröffentlicht werden. DaS Gleiche gilt auch »ach der Beendigung deS Verfahren» in Betreff der PeiöffentliLung der Anklageschrift oder crnderer amtlichen Schriftstücke deS ProcesscS. Soweit die Oeffentlich- keit wegen Gefährdung der Sittlichkeit ausgeschlossen wird, kann daS Gericht durch eine» vor Schluß der Verhandlung öffentlich zu verkündende» Beschluß die Berichterstattung über die Verhandlung, sowie die Veröffentlichung der im vorigen Absatz bezeichnetcn Schriftstücke durch die Presse untersage». Ter Beschluß ist in da» EitzungSprotokoll auszunehnicn. Gegen denselben sinket Beschwerde statt; die B schwcrde hat keine ausschiebende Wirkung. Zuwiderhandlungen gegen Vir Vorschriften im Absatz l. sowie gegen ein »ach Absatz 2 er lassenes Verbot unterliegen der im Artikel IV bestimmte» Strafe." Berlin, 1. Februar. Die Socialistengesehcotn» Mission deS Reichstags wird ihre Arbeiten erst am nächsten Mittwoch beginnen. Reichstag. 27. Sitzung vom 1. Februar, 1 Ubr. (Ausführlicher Schloß zu dem Berichte in voriger Nummer.) Abq. vr. Reichensperger (Lentruirr) führt aus, daß man nach der Begründung d r Antragsteller am besten thu» würde, nur lebenslängliche Volksvertreter zu wählen. Die früher gellend ge- machten Gründe für längere Legislaturperioden treffen nicht mehr z», nachdem die Stel'ung deS Re.chstaqS eine ganz andere geworden ist. DaS Wähle» ist freilich nicht die Hauptsache bei der vorliegenden Frage, aber daraus kommt es an. daß die Wähler jetzt alle drei Jahre in die Lage gesrtz, werden, von ihren Gewählte» Rechenichaf, zu fordern. E>n Reichstag, drsse' Mitglieder die Fühlung mit der Nation verlieren, erhält den Charakter einer Oligarchie. Der Antrag liegt jetzt vor, von einer Firma unterzeichnet, die den Majoruäts- parieien angchört — aber daraus ist doch nicht zu pochen, denn die Majorität des Hauses repräsentut nicht die Majorität des Belkes. Durch daS Kriegsgeschrei, durch die Eiwäluiung der spanischen und Meliniiboinben ist die Majorität zu Stande gekommen. Gral Moltke hat erklärt, wenn die KrieqSgriahr wirklich nahe wäre, würde es ein Fehler sein, die Septennatsvorlaqe zu machen — uns trotz dieser autoritative» Erklärung Kot man mit der Kriegsgefahr Wahl agitationen getrieben. — Die Verlängerung der LegiStaturverioden, führt Redner auS, sei nicht nur eine Beschränkung des BoksrechteS, sondern auch eine Gefährdung der Integrität deS Reich tage» selbst. Der Reichstag müsse die Photographie der Bolksmeinung sei», habe Herr Miguel bei Empfehlung der dreijährigen Perioden gelagt — die längere Dauer der P,r'oden würde aber aus der Photographie eine Caricatur machen. (Beifall.) Abq. Frech, v Maltzahn-Gültz (confl): Abg. vr. Windt- horst hat unlern Antrag einen gefährlichen genannt und nach dem Hintergedanken desselben und der Bedeutung des Lartels geiragt Herr v. Bennigsen bat daraus in einer Weile geantwortet, die ich nur billigen kann. Die drei Earlelparteiea haben daS Ziel gehabt und erreich», einen Reichstag zu schaffen, der sür das Wohl des Reiche« zu wirken bereitwilliger ist als der vorige. (Beifall rechts.) Ich sehe keinen Grund ein, we-halb ein sünsjähriger Reichstag, der seine Schuldigkeit thut. nicht ebenso angesehen sein soll, wie ein drei jähriger. Man hat heute gesagt, in dem letzten Wahlkampfe sei dem Volke etwas weiß gemocht Waiden — freilich, man hat ja dem Volke wich gemacht, das Septennat bedeute, daß Jeder sieben Jahre bei den Fabnen bleibe. (Lebhafter Beifall rechts, Wideispruch und Unruhe ) Man sträubt sich gegen unleren Antrag, weil er eine Versassiingsändcrung bedeutet — die Herren haben dock aber selbst einen Antrag aus Bersasslinq-änderung eingebracht, die Daten gewinnung! Ich weiß auch Nicht. weShalb die Gegner der Meinung sind, die Verläiigecunq der Legislaturperioden werde un- z» Gute kommcn -, wic die nächsten Wahlen au-sallen, läßt sich doch noch gar nicht bkurthcilen. — D e Verlängerung der Perioden ist von der coniervalive» Parte! stets gewünscht worden. Die Verringerung der Gelegenheit zui Wahlagitation wird überall im Lande begrüßt werden; die Arbeilen drS Hauies werde» eine wesentliche Förderung finden. Die erste Session gebt jetzt verloren durch die Erinnerungen an den Wahlkamvs, die dritte durch die Schalten, die ter kemmende Wahl kampf voranswirit. So habe» nvr nur eine wirkliche Arbeit« Session. Diese Zweckmasii ikeilSgriinde haben un- zu dem Anträge veranlaßt, nicht das Bestreben da- Wahlrecht zu schädigen. Ich hoffe, der Antrag wird A,nähme im Hause und Billigung im BundeSrath finden. (Bestall) Hieraus wiid die Diskussion ans Freitag 1 Uhr vertagt; außer dem stellt der Antrag Lohre» tBrodtaxe) und di« Anträge Mriackel- Retchenspergec aus ter Tagesordnung. Schluß S'/« Uhr. Rede de» könlal. saehfischen Bevollmächtigte« zu« DundeSraty Herrn <Heb. Rath Held tider da< neue Locialtstengesetz. virick« «t imper», — »rennen und siegen — diesen Satz der Kriegs- und Siaalskunst haben die Herren der socioldemokratischen Partei sehr wohl begriffen. So oft wir mit schwere» Anschul digungen der Eoelaldewokrale» vor dem Hoden Hause erscheine», antworten sie un« mit einer Reihe einzelner Beschuldigungen und wingea un- in die Lage, uu< zu vertbetvigea; und wen» e« weiter eiueu Zweck hätte: de» Erfolg ho» e« wenigste»«, die Aufmerksam keit »ou de» -rädere, He»-e» »d-glockr, «ud zwtich'» dich» md den kteiurn eiuzetucu Beschuldigungeu zu theiten. In diese Lage lud wir auch gestern wieder versetzt worden, und ich vermag mich dieser Lage, wie sie nun einmal geschaffen ist, auch heute nicht ganz zu entziehe». ES liegen ein« Reih« von Anschuldigungen vor, tvelche gedruckt an daS HauS gelang« and gedruckt der Welt übergeben sind. Diele Anschuldigungen künaeu nicht ohne Richtigstellung bleiben. Ich würde eS sür geeignet gehalten haben, sie ü, einer Conimitsion z» erörtern; allein noch weiß ich nicht, ob cS z» einer Eomiiiissionsderathung kom men wird. Und ganz abgesehen davon, kann ich die Gelegenheit nicht vorübergehea lassen, vor der größeren Oeffeatlichkei« einmal — vielleicht zu künftigem Nutzen — darüber mich auszusprechen, was die Herren Tocialdcmvkrake» unter Bclveise» verstehen. Es wird Ihnen nicht entgangen sein, daß dieselben a» jede Arrlchuldiguiig die Beaariplung zu knüpfe» Pflegen, daß sie im Besitz von Beweisen, von actcnuiäßige» Beweisen seien. Vielfach kommt es nicht zu-, Vorlegung der Beweise — der gestrige Tag bat eine Ausnahme gemacht —; kommt eS aber dazu und sieht man sich die Beweise an, dann findet man, daß eS ziemtich traurig um dieselben gestellt ist. So steht eS auch mit den Beschuldigungen, welche jetzt erhoben worden sind. Zwei davon berühren die sächsische Regierung; eS sind daS die Fälle Lhristcirieri und Kahler. Gestalte» Sie mir, aus diesen beiden Fälle Ruse: Lauter!) — ich will cS jo kurz wie möglich machen—etwas näher einzugehen. Zunächst der Fall Lhristensen. Dir Darstellung beginnt mit den Worten: Am 3. Juli 1886 wurde ich aus Grund des 8 28 de« LocialistengcsetzeS aus dem Brlageruiigsgebiet Berlin und Umgegend ausgcwiesc». Meine Herren, so weit ist der Bericht richtig; von nun an aber wird er bedenklich. (Heiterkeit.) Der Herr Christensen kam nach Plauen, er wollte iu einer socialist>schcn Beisamiiilung sprechen, c- wurte ilm dies polizeilich untersagt; er beschwer« sich hierüber in seiner Darstellung und erzählt, ein Poüzeibeoniler habe ihm gesagt: „Wende» Sie sich doch an den Reichslogsabgeordneten der darf sprechen". Das betreffende Mitglied des Reichstags war aber ebenso gut Socialdemokral wie ich; eS war also der Behörde nicht darum zu »in», socialdeni okraiischk Versammlungen überhaupt unmöglich zn machen, sonder» sie wollte, respektive durste mich nicht a>S Referenten auslrele» lassen." Ich weiß nicht, ob der Polizeibramte diese Aeußerung gelhan hat; sollte er sie aber gethan haben, dann alle Achtung vor dein richtigen Begriff der Rechtslage! Ten» ni der Thal ist es im Sinne de-Gesetze- und ist von unsere» VerwaltnngS- behörden wiederholt ausgesprochen worden, daß die Zugehörigkeit eines Redners zur socialdcmokratiichen Partei kein.sivegs genügt, um ihm einen Vortrag zu untersagen, sondern daß in der Person besondere Thaisachcn begründet sei» müssen, welche eine Gefährlich, keit im Sinne des Socialisteirgesetzes ergeben. Eure solche Thatsache wor in der Person des Herrn Chustensen reichlich begründet. Die weitere Entwickelung seiner Thäligkeit in Plauen Hai eS voll ständig bestätigt. Er »vor auSgiwiesen aus Berlin, nicht weil er Socialderrioliat war, sondern weil er im Sinne des Gesetzes eine gesährliche Agitation entwickelt halte; und er war nach Plauen gekommen — ich gebrauche seine eigenen Worte auS einer Erklärung von ihm — „zu dem Zwecke, »m der dort arg dariiiederliegendcn soeialistischen Bewegung aiiszubelsen". EiwaS kleinlaut fügt er sofort hinzu: da er aber die Nutzlosigkeit seines AusenthalteS eingesehen habe, werde er in den nächste» Tage» nach Dresden übersiedeln. Herr Ehristense» war nicht »ul leeren Hände» gekommen, sondern voll'oiiimen ausgerüstet z» der Agitation. Als man seiner Peisön- lichkeit näher treten mußte, wegen der von ihm vorgenommenen B rbreitung verbotener Druckichrislen, ergab es sich, daß er ii» B sitze einer ganz reichlichen Menge von sociatdeiiivkentiiche» Diiickichrisieii war; insbesondere befanden sich in seinem Besitz nicht weniger alS45Nunimern deS Züricher ..Socialdemokratc»". (Zur»!: Foeilausende?) — Ich wetz »ichi, was Sie !ür Interesse daran haben. (Zurus: Das ist ein Unterschied!) Von bieten Nummern Hai er nicht eine, wie gestern von Herrn Singer behauptet winde, sonder» drei »ach richterlicher Feststellung an drei verschiedene Soldaten arisgegeben. Iu der Darstellung ist weiter eine- Vorkommnisses eiwäbnt, welches so, wie eS kargestellt ist, sehr Übel ausseheu könnte. Herr Ehristense» wurde verhaftet und hat d>raus eine Denuncialivn gegen einen Polizcibeamten wegen widerrechtlicher Verhaskung eingeblachi. Er ist in zwei Instanzen abqewiese» worden. Gestalten Sie mir, daß ich Ihnen nuch diesen Fall kurz erzähle. Es handelte sich damals um die Ainveienheit Seiner Majestät deS Königs in Plauen. Das Volk war in einer feierlichen Siimniung, und eS wnrde eine Illumination beabsichtigt. Auch der Han'wirtl,. bei welche», Herr Eurislcnsen in Unicrmielhc wohulc. mü> fehle da« Ha»S illuminili zu sehen; er windle sich au den Herrn Ehri ense» deshalb und erhielt von ihm abschlägige Antwort. (Zurus: Ist daS ein Verbrechen?)— New! das ist tem Verbreche»; ich habe eS auch Nicht als ei» Verbrechen gekennzeichnet. Der Haiiswirlh beschloß, selbst die Jllnminario» zu besorgen und er besetzte die Maucr- voripilinge de« Hauke« auch vor den Fenstern der Wolinung de« Herrn Chlistensen. Herr Eheistensen aber löschte die Lichter aus. (Hört, bürt! rechiS) ES entstand darüber eine Entrüstung deS reich. Iich versammelten Volke- „nd in der Befürchtung eines giößcren Skandals schritt der Polizeibeamte in auße, ordentlich schonender Weise zur Verhaftung, welche nur so lange währte, als die Gejahr jüc die öffentliche Ordnung bestand. Herr Chrisleiisen wurde nach sehr kurzer Zeit wieder e,»lasse». Man kan» es vielleicht sür wünschenswerth erklären, daß diese Verhaftung unteri lieben wäre, wünschenswerth schon mit Rücksicht aus den Anlaß der Feier. Allein eine andere Frage ist eS, inwie weit die Berliastuirg eine berechtigte oder unberechiigte war. Schon Vom civilrechtlichen Staiidpunct wird vielleicht eine Verschiedenheit der Meinung möglich sein darüber, ob der HauSwirth das Recht batte oder nicht, aus den Maueivorsprüngen vor den Fenstern des Eheistensen semersciiS Flammen anzubringen. Allein darum handelt es sich nicht. Es handelt sich um die Berechtigung der polizeilichen Verhaftung, und zwar einer Verhaftung, die nicht wegen eines Ver brechens, nicht weaen einer Slrastbat. nicht aus Grund von Bestim mungen der Ltruspeoceßordnung erfolgte, sondern welche »ine Prä ventivMaßregel zur Ausrechlerhaltung der O dnung, znr Verhütung von Stü.unge» der Ordnung war, eine Präventivmaßregel, deren gi untsatzliche Zulässigkeit auch vom Reichsgericht wiederholt auerkannt worden ist. Nun, meine Herren, die Beschuldigung gegen den Polizeibeamtcn wurde vo» der Staatsanwaltschaft in erster Instanz zurückgewiesen, weil die Slaaisaiiwaltichast die Verkostung als eine obj.c iv richtige anerkannte, als eine nicht gesetzwidrige, womit die ganze Beschuldigung sich erledigt. Herr Chrisleiisen erhob Beschwerde und die Sache ge- langte an die vorqeiepte Instanz. ES heiß, nun, dnß die voigeietzte Instanz anerkannt babe, daß diese Verhaftung eine widerrechtliche war. aber trotzdem die Verfolgung abgelehnt habe, weil dem Beamten daS Bewußtsein der Rechtewidngkeil gesehft babe. Meine Herren, es ist nicht wahr, daß die zweite Instanz anerkannt hat. daß die Verhaftung eine widerrechtliche war; sie hat aus diese Frage si ü ein- zulassen keine V ranlasjung gehabt. Die zweite Instanz hat die Frage, ob die Verhaftung berechtigt war oder nicht, lediglich dahingestellt sein lassen, weit nach der ganzen Sachlage von dem Bewußtsein der Rcchtswibrigkcit deS Beamten nicht die Rede sein konnte, und diese Ueberzeugung war nicht nur die Ueberzeuqung der zweiten Instanz, gegründet aus die actenmäßige Darstellung, sondern eS war die Ueberzeugung deS Herrn Ebristenseii selbst, welcher, nachdem er >u der Beschwerdeschwrist eine Darstellung des Falles von seinem Ttand- vlinct aus gegeben hatte, erklärte: Nach alftnr diesen bin ich der Meinung, daß der Beamte mein Verhalten sür ein gesetzwidriges gehalten und deSbalb mich veihastrt hat, mich aber dann wieder los gelösten bol, nachdem er sich vom Gegentheil überzeugt hat. Es ist weiter gesagt, bei Socialdemokralen !ei bas fehlende Bewußtsein der Rechtswidrigkeit kein Grund zur Nichtoersolgung, Hier liegt wohl eine Verwechselung zwischen den beiden ve,wandte» Begriffen: „Be wußtsein der Rechtswidrigkeit" und „Blwußtsri» der Slrasbarkcit" vor. ES ist dos eine der seinst n und, ich dars wohl sagen, auch der bc- ftrittensten Materien tm Strasrecht. Die Behauptung aber, daß man zwischen Socialdemokralen und anderen Leuten, insbesondere zwiiche > Socialdemokralen und Beamten, einen Unterschied mache, muß ich mit voller Entschiedenheit zurückweisen, so weit meine Eriahrung reicht. (Bravol rechts.) Doch, meine Herren, wie stch» es? Ist nicht gerade gegen Herrn Ehristense» dasselbe geübt worden? — und ist nicht der Beweis gerade hier erbracht, datz ein Unterschied gemacht wurde? E« beißt tu der weiteren Darstellung, er sei zu drei Monaten Gesängniß verurthetlt worden und in der Urlbeiisbegründung sei erwähnt, daß man desivegen die Strafe nicht böber lcmeffen babe, weil ihm daS Bewußtsein der Rechtswidrigkeit gesehlt babe. Gegen den Polizeibeamten — heißt es weiter — der mich wider rechtlich verholtet holte, wurde au- demselben Motiv nicht einmal dir Auklogr erhöbe». Ich wurde aus dasselbe Motiv nur m» drei Mouoteu Gesä«,ch bedocht. Allerdm-«, da« wäre sehr schlimm. wenn der Fall so läge. Aber in dem Erkemituiß d s Planensche» Gericht« steht auch mcht ein Wort davon. daS ihm da« B wnßtsei» der Rechtswidrigkeit gesehlt habe. — Das, meine Herren, sind Ihre Gewährsmänner, aus Grund deren Sie diese Be'chusdi^ungeu er heben. (Bravo! recht«.) Ich komme jetzt zu dem Fall Kayser. Der Fall ist an sich so milde, daß man ihn eigentlich ganz übergehen konule. Ich kann auch nicht sage», daß Unrichtige- da sieht. Aber daS muß ich sagen, daß manchcS darin verschwiegen worden ist. was eigentlich doch sehr iliteressanl gewesen wäre und sür den Zusammenhang und die Beur- theilung der Thottachen von Wichtigkeit. Ter Herr Keyier cizänkt darin, daß er wegen angeblicher Verbreitung verbotener Druckschn-U ii „maß regelt sei. Nun, da« ist ganz recht. Der Herr Kiihser wurde bestraft Wege» nachgewiesener Bethciligung an der Verbreitung von 126 Nummern deS „Socialdemokrat". Er ist deshalb zu der — e« ist nur meine periönlich« Ausioffung — außerordentlich billigen Strafe von zwei Monaten Gesängniß verurlticilt. (Heiterkeit.) Verschwiegen k it er allerdings — wa- sür die Beurthetlung der weiteren M's- ege- lungen nicht ganz uninteressant ist —, daß er bereits voih r nicht weniger als fünfmal wegen Beleidigung des Herr» Reichskanzlers, des OificiereorpS. deS Richterstandes, einzelner Behörden »nt Gcld- und Freiheitsstrafen bi« zur Dauer von drei Monaien belegt gewesen ist. Bereit« der königlich preußische Herr Bevoll mächtigte bat sich gestern darüber ausgesprochen, das; ft »ser eia notorischer Agitator ist. Ich will nur der Vollständigkeit Wege» noch hinjusügen. daß Herr Kayser, nachdem ihm der Ankenlhalt in Dresden gestattet war, sich sofort wieder an einer socialdemo- kiatischcn Zeitschrift belheitigke, (Ruf: Ist das verboten?! und zwar nominell als Herausgeber. Wenn man aber bedenkt, Laß der nomi nelle Redakteur der Zeitschrift ei» Schneiöcrgcselle war, so dars man wohl die V riiiutlmng ou-iprechen, daß er dieser Zeitschrift etwa« näher gestanden hat. (Zurus: Was schadet das?) — Das schadet nichtS; ich habe auch nicht gesagt, daß eS ihm etwas geschadet hat. (.Heiterkeit.) Ich will gleich erwähnen, daß eS uns auch nichts ge schadet hat. Richtig ist nun weiter, daß in gewissem Sinne der Herr Kay'er ln DreSdrn iiiternirt ist, aber nun allerdings nicht i» so drastischer Weise, wie er es darsiellt. ES ist nämlich das eigenlhüm- liche Berliältniß. daß ihm der Aus>»llialt in Dresden nicht untcisagt werden-konnte, weil er dort seinerzeit seine» Wohnsitz Halle, daß ihm aber der Aufenthalt tu den, KreiShauptmannschastSbezirk, in wclch.m Dresden liegt, untersagt ist. Nun ist allerdings richtig, daß er, wenn er au« Dresden heraus will, irgend einen Ort des »rcisbauplmann- schastsbezirks, in welche»! ihm der Aufenthalt untersagt ist, pa siren muß. (Heiieikeit. — Zurus: Luftballon) — Nein, da wir so weil noch nicht sind mit de» Luftballons, so hat die Dresdner KreiS- hauptmannichast einstweilen eine» anderen Ausweg gesunde». Sie hat ihm einstweilen gestattet — und zwar sofort, als die Maßregel in Kraft trat —, daß er mit der E senbahn, die »ach alle» Rich tungen hin bei uns reich!,ch vorhanden ist, d u Beziik paijiren kann, obne »öthig zu habe», erst den Behörden eine besondere Anzeige zu machen Das ist in der Darstellung verschwiegen. Auch da« ist nicht mit erwähnt, daß ihm rm Allgemein n — nicht bloS sür den besondere» Fall — schon im Jahre 1881 von der KreiShanvliiiannschast gestattet wurde, euren G>si»n»iigSgkiioffe,i i» Stricic» regelmäßig zu belrrchen. Nun bezieht sich Herr K> vier daraus, daß ihn, ärztlich empfohlen worden sei, weite Spaziergänge zu »lachen, und daß ihm das »»möglich sei. Meine Heeren, wer Dresden kennt, der wird diele Bemängelring eriiigeriiraßen komisch finde» dü sen. (Heiterkeit ) Denn wenn irgend eine Stadt riuiec- tralb ihres Weichbildes an schönen und weiten, gesunden Spaziergniiggelegenheiten reich ist, so ist cS D eSden (Heiieikeit.) Und wen» Jemand nicht gerade da» Interesse hat, über Lind z» gehen, um mit den Bauern z» sprechen, wenn er »irr das Interesse um Cpazrere»gel,<-n hat. dann kann er vollständig Genüge habe». Bravo! recht«.) Wenn ich »irr da- überlege, meine Herren, und wenn ich weiter i» den Acten finde, daß der Herr Kayser wiederholt »r der ihm eigenen höfliche» Weise der Kreishaupluiannschast sür D Spensationen, die ibi» gewährt worden sind, sich dankbar gezeigt bat, so würde ich dem Herrn Kayser. wenn er hier wäre, lagen: die Hand auss Herz, Herr Kayser, was vier steht, ist so böic von Ihnen nicht gemeint. (Hcrtcrkeg.) So, meine Herren, steht rS um diese Be schuldigungen. Aber Sie werden mir sage»: gestern bat die Soeial- dcmokraiie doch einmal glänzende Beweise gebracht. (Abg. BebrI: Sehr!) — Sehr! ja! — Es ist »ich! meine 'Ausgabe, weder als Vertreter der königlich rachsüchen Regierung noch als Mitglied de« BundeSrath«, in eine näheie Piüsnng des Falles Scnröder und Genossen ciu- zulreten. Indessen dem Juristen wolle» Sie doch »och einige wenige Benierkunge» gestatte». Ich bemängele nicht, daß die Tbatsachrn, rv lche Sie dem Hause unterbrrilet habe», bewiesen sind. Ich we ß zwar nicht, welche Beweiskraft dem Zeugniß des Polizeibeamten beiwohnt, allein ich habe meinerikitS es nilt zu bemängeln, wenn die Socinldeinokralie ihrerseits einmal das Zeugniß eine« Polizei- beanrte» airruft. (Heiterkeit. Zwischenruf: Eine« schweizerische» Polrzer- bcanrien l) — Ja, da- weiß ich, daß die deutschen PoliZkibeaiiiten für Sie teure Existenzberechtigung haben. Allein, meine Herren, unter breiten Sie diese nicht organisch in sich gegliederten, sondern lose nebeneinander gestellten Ihatiache» irgend einer» erfahrenen und unparteiischen Richter und stelle» Sle an rhu das Verlangen, er soll daraufhin ein Schuldig auSsprcchen, er wird erklären: das kann ich nicht. (Zwischenruf: kann er auch nicht!) — Zwischen diesen lose gestellten Tdatsachen ist io viel Raum sür allerhand Möglichkeiten, von denen jede einzelne geeignet sein könnte, die Thatsache,, in einem ganz anderen Lutste erscheinen zu lassen, daß unmöglich Jemand daraus ein Schuldig sprechen kann. Meine Herren, die Thatsacheu find ernst, sie sind der Beachtung und der Erörterung wohl würdig, aber bewiesen sind sie nicht. (Zwischenruf.) — Nein, bas habe ich nicht gesagt. Ich werde demnächst verzichten aus Unterhaltungen mit Ihnen, wenn sie keinen ernstlicheren Zweck haben. (Schluß folgt.) Äus dem preußischen Landtage. * Berit», 1. Februar. Das Abgeordnetenhaus berieth heute de» Etat der direkte» Steuern. ES wurde dabei mehrfach die Sleuerresormsrage berühr», jedoch obne tiefere- Eingehen aus deu Gegenstand. Abg. Ricken wie- aus die Nothrvendrgkefl einer Reform der Gewerbesteuer h,» und bot um Vorlegung der Veranlagungs listen sür die Llassea- und Einkommensteuer. Die Erfüllung des letzrcren Wunsches sagte der Finarizminister zu. Die Nolhwendigteit einer Reform der directen Steuern betonte Abg. Stephanus. Abg. von Rauchhauvt erklärte sich bereit, scharfe Declaral onsbestimmungeu bezüglich der Einichätzung einzriftlhren. Abg. Rickert empfahl Selbst» eiiischätzuirg und weniastens tbeiliveise Onotisiiung. Abg. Enneeceru- erklärte sich ebenfalls sür Selbsteinschätzung und sür eine höben Be steuerung des mobilen EapitnlS, wenn auch Nicht aus dem Wege der Cap talrentenstcuer. Der Etat der Bng- und Hüttcnverwaltuna-ab dem Abg. Schultz-Bochum Anlaß, über den Niedergang der Berg- wrrksindustrie zu klage» Abq. Schmieding bat uni günstigere Frucht« tarife und Rückerstattung der Abgaben bei der Aussrrhr als Mittel, den Bergbau zu hebe». Minister Maybach stellte möglichste« Ent gegenkommen g-genüber diesen Wünichen in Aussicht. Die Loge der Montanindustrie und die zur Besserung derselben zu ergreifende» Maßrrgil» bildeten auch de» Gegenstand der Erörterungen der fol genden Redner Natorp, Olzenr, Brömcl, Harnmacher u a. Die Fortsetzung der Eialsberathung wurde alsdann auf Sonnabend vertagt. * Berlin, 1. Frbruar. Bei dem Etat der directen Steuern knüpfte sich im Abgeordnetenhaus« an eine Rede eines welsischen Hannoveraners, welche rm Weierrtlichen ein Monolog pro ilomo war, eine Verhandlung, welche Anssichten aus praktische Consegnenzen vo» nicht unerheblicher Bedeutung rröffnet. Herr v. Rauchbaupt kündigte eine pgrlanientarrsche Initiative zur Reform der Veranlagung der classificirten Einkommensteuer, also der Steuer von den 3000 .4! übersteigenden Einkommen, nach dem Princrp der Selbste nschätzung an Er lenkte damit in diejenigen Bahnen ein, welche bereit« i» der ersten Lesung de« Etat« von dem Redner der sreiconservativen Parte» empfohlen waren. Da auch der national- liberale Redner in diesem freilich exieiiiporlrien MeiiiuiigsauStau'che sich inr Princip nicht gegen den Plan aussprach, nur der Abgeordnete Rickert Einwendungen von freilich mehr politischer als sachlicher Natur erhob und überdies unter den Anhängern des Planes lieber« einsiinimung darüber herrscht, daß eine Erhöhung de« Gelammt« ariskoinmens an direkten Steuern nicht bezweckt werde, der etwaige Mebrertrog aus der Selbsteinschätziinq vielmehr zu Steuere,leichte- rungeii, lleberweiiurrg von Grund» und Gebäudesteuer, Außerbehuuq- setzling von Monatsrate» der Einkommen- und Elaffeusteuer u. A. mehr Bei Wendung finden lalle, so könnte man aus eine» praktische» Erlolg der Initiative hoffen. Unleugbar hat damit der Gedanke alsbaldigen Uebergang s zur Seldsteiiischätzung sür erat» Theil der Persanalsteuer ua-trich -r-ßere »raltrjche Bedeutung gewouneu. »>A
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