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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.02.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188802080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880208
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880208
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-02
- Tag1888-02-08
- Monat1888-02
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.02.1888
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Erste Seilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 39. MittVoeh den 8. Februar 1888. 82. Zahrgaiy Aus dem «lte» Hamburg > ^ I Unser neunzehnte« Jahrhundert räumt mit k«» l» den roßen deulschen und italienischen Stilvten noch ejstflirtnden lauressen au« vem Mittelalter energisch aus. soweit dtr letzteren den Zufluß von Lust >nv L'ckl erschweren oder di« Anlage breiter Strotzen und freier Platze verhindern. De« Zwang« diese? Peine p» haben in den letzten Jahrzehnten alle ehr würdige deutsche Patricierssädte, wie Nürnberg, Reaensburg und Heilbron», sich mehr oder weniger beugen müssen zveispikl«» weise macht Heilbronn setzt einen vurchaul mcdernen Eindruck, und nian muß die Erinnerungen an das Mittelalter s«fl ge» waltsam herauideschwörenl) — dieser Nothwendiakeit gehorcht auch Rom. die Eiv ge Stadt: ihr mittetalterliches Ohetto am Td»stra«v«, da» dem Maler bither eine Fülle charakteristischer Ansichten darbst, sinkt gegenwärtig ln Trümmer, um au« seinem Schutte sckmurgerave Slraßenzüg« mit palastLhnlichen Mieibßealernen erflehen zu lassen. A»n schärfsten und deftigsten aber wüthet augenblicklich der Kamvi gegen Da«, wa« eine frühere Zeitperiode aus dem Gebiete des Bauwesen« geschossen, in dem deutschen Liverpool, der stolzen und reichen Nvrdseemetropoll Hamburg. Und hier ist e» nickt blo« da« oben angeveutete Motiv, welchem man glaubt Rechnung tragen »u müssen, es kommt Vielmehr »och ein ganz anderer Factor in Frage: nämlich di» durch den Zollansckstuß nothwenvig gemachten Bauten. Wegen der Ab grenzung ves Feeibafengebiet« und der Anlage neue, Quai« und Verbindungslinien mußt--» im Süd«» der Stadt gerade viele derjenige» S'raßen und Quartiere niedrrgrrissen werden, deren alterthumliche« Gepräae, deren seltsame Architektur» Verhältnisse jeden Fremden mächtig anzogen, mächtig fesselten. Cbidver, der ewig junge, könnte, wenn er srtzk hie» eßtlang führe, seiner gereimten Reise-Epistel einen sinnigen vk»« hinzu» fügen. Denti wo früher spitze HauSgiebel mit merAdürdtgrn Schuörkel-Nerzierungen in den Aelher geragt, wo aus den zu den Haus büren emporsübrenden Sandstrinstufen blondhaarige Kinder spielle», wo hier und da eine uralte Linde da« Pflaster mit ihren Zweigen beschattete, wo man an den aus stille Höfe hinauSgehenven Fenstern Eomploinsten sitzen und eilfertig mlt ihren Federn Uder da« Papier fahren sab — da erheb«» sich jetzt die Riesenbauten sech»- bi« achtstöckiger Speicher, U» rollen die Wagen der Pferdebahn auf und nieder, da e»l« stehen große, palastäbnliche Gebäude, jede« gleichsam ei» Bienenstock, kessen einzelne Woben die Handlungäeomptvire bilden, da börl man beständig da« Kettenrassel« der Krahne, vermittelst deren Waarenballen au«- und eingeladen werden, da flammt von Sonnenniedergang b>« Sonnenaufgang da« elektrische Licht, einen Strom von Helligkeit über die ganze Scenerie. über da« «immer rastend« Leben und Treiben ausgießend. Vergleicht man eine» Hamburger Stadtplan au« den Jahren 1860—1880 mit einem neuen, auf welchem bereits die durch den Zvüanschluß verursachten Veränderungen ein getragen, so wird man bezüglich de« südlichen Therle« der Stadt leicht, ohne seinem Einbildung-Vermögen Zwang an» zuthun, sich dem Glauben hingeben können, die Pläne zweier ganz verschiedener Slädte vor sich zu haben. An« Vieser Betrachtung folgt eine andere, nämlich die, daß dir jetzt auf- wachsende Generation der Hansastadt allmälig alle und jede Eeiiiaening an da« so seltsam und charaktenstisch gebaute Hamburg de- Hafenquarltcr«, wie e« vor dem Zollanfchluß bestaub, verlieren wird. Die uralte und dock sich beständig jung erhaltend« Ham- monia, die Königin der Hansestädte, die kleine und doch finanziell so mächtige Handel«-Republik trug bi«ber, vergleich» bar einem JanuSkops, zwei Gefickter: eine» der «oder»«« Prackt, de« modernen Lebensgenüsse« — ein andere« der Alterlhümlichkeit, der von den Vätern ererbte» hanseatischen Einfachheit und Arbeitsamkeit. Da« ersterwähnte Antlitz zeigt un« Frau Hammonta an den Pracktgebäuden de« Jungfernstieg-, wo beständig die elegante-, vornehme Welt der Einheimischen und Fremden vorüberströml — am Neuenwaü mit seinen glänzenden Läden und Magazinen — in den Gartenvorstädten, die Von der Stadt nach allen Richtungen der Windrose auöstrablro, wo -überall au« üppigem Baumgrün reizende, kleine Villen »ab Cottage« hervorschimmern, wo Blumen duften und Spring brunnen plätschern. Hier muthet un« die Srenrri« »» wte die Umgebungen der großen deutschen LnxuSbäver Baden- Baden-, Homburg« oder Kreuznach«. Ihr andere- Antlitz zeigte un« bi-her die ASnsgi» der Nordsee in dem Hasenstabttheil. von welchem wir oben shrachen: in den Straßenzüge» „Alter Wandrahm". „Holländischer Brook", „Holländische Reibe", „bei den Mühren", „Stubben» Huk", „Versetzen", .Kehrwieder" u. s. w. Ader die mittel- alterllcke, einfach« patriarchalische Physiognomik, welche un- hier vor Augen trat, hat sich durch die Zollanschluß-Bauten von Grund an« verwandelt und umgemodcll. — Alle« trägt jetzt bier den Typu» moderntr Großartigkeit und Zweck- Mäßigkeit, denselben Typu«, wie ihn die Hasenanlagki, von New-?)ork, New-Orlcan« und der Dock« der Weltstadt London auswelsen. So ist also die Romantik de« alten Hamburg unwieder bringlich dahin, ist sür un« leider jetzt nicht» Andere« mehr al« eine „alte, längst verklungene Sage!" W>r wiederholen mit Nachdruck .leideri" Denn da« so eigcnlhümlich geartete Völkchen der Schriftsteller und Künstler, zu welchem ja auck wir gehören, fragt wenig nach Dem, Wa den Stempel der Nützl'chkeit und Zweckmäßigkeit. wenn auch im großartigsten Matzstabe, trägt — e» schätzt vielmehr nur Dasjenige, wa« seltsam, wa- eigentbümlich, ,wa« romantisch Und romantische Eindrücke bot da» Hamburg der srüberen Jabre noch in reicher Fülle! Der Verfasser dieser kleinen culkurgeschichklichen Slukie, der mehr al« eu, Decennium in der Norbsee-Metropole ununterbrochen gelebt, kam nach der» selben im Jabre 1803 und bat damals in ihren Straßen und Plätzen unausgesetzt Entdeckungsreisen unternommen. E« möge ihm bier gestattet sein, einige flüchtige Skizzen au« dem alten Hamburg mit der Fever zu entwerfen. Vor Allem interessant und charakteristisch waren die Arckfl- tekturbildrr, welche sich von de» über die Fleete führenden Brücken au« dem Beschauer entrollten. („Fleete" heißen d»r mit drr Elb« in Verbindung stehenden Canäle, welche den Hasenstadltbeil mit einem Netzwerk von Wass.-rsäoen durch zogen.) W>e oft stand ich »n später Adenv'iunbr, wenn bi» Sichel de- Monde« über den Dächern erschienen, aus einer dieser B> licken und schaut« aus die Häusermassen, die in pbantastischen Umrissen die dunkle Flutb begrenzten. Wäre nicht da« Rolle» der Wagen aus dem Fabrdamm gewesen — ich bätte mir embildca können, nach Venedig versetzt zu sein Paläste freilich, wie in der Lagunenstadt, jäuaien Nicht die User der Hamburger Fleete: ibre Begrenzung bilden ein fach Waarenspeicher und die Hintergebäude von Privat» Häusern. Die Speicher lagen zu der in Rede stehenden Stund« so schweigsam und todt da wie die Pyramiden Egypten« — an den Fenstern der Hinterhäuser dagegen konnte man hier und da fesselnde Jnt-rieur» beobachten: ein Rudel junger Putzmacherinnen, eifrig an den Besatz einer Ballrobe arbeitend — oder eine junge Mutier, welche ihre kleinen Herzen zur Nachtruhe bettet — oder rin bübsche» Dienstmädchen, mit dem charakteristischen Häubchen ihre« Stande«, Kartoffeln schälend oder sonstige häusliche Ver richtungen besorgend. Drr au« den Fenstern dringende Lichtschein vermischte sich mit den Strahlen der keuschen Luna zu einem sellsamen, aus der schwarze» Flutb wie Irrlichter tanzenden Geflimmer. War e« niedriger Wafserfland und Vollmond, so sah man biSwcilen eine abenteuerliche Gestalt, einen großen Korb aus dem Rücken tragend, sich wie ein N-ichlgespenst im .küblen Grunde- bewegen, den ,.Fleeten- kieter", ein Individuum, ivelche« da» feuchte Element nach allem möglichen Abfall durchsuchte. Und diese«, wenn auch nickt ganz saubere Geschäft mag gar nicht so unvorlheilhost gewesen sein, denn in die Fleete wurde den Tag über so Manche« geworfen, von den vorbeipasstrenden Llchtersahr» zeugen (Schulen und Ewern) so Manche- verloren, wa« immerhin noch dienlich und brauchbar war. Eine andere Wanderung, die ich häufig unternahm, war nach dem Gängeviertel gerichtet. Da« Gängevicrlel! E» erinnerte in mancher Beziehung an da« alle, sich um die Notre-Dame-Kircke groppirende Pari« aus der Citb-Jnsel, in welchem Eugbne Tue seine „blziotbi-e« cks kan«" spielen läßt — an da« oben erwäbnle römische Gbeito — an den berüchtigten Gtadttbeil White chapel im Osten London« (in der Nahe de» Tower) — au die engen Gasten, welche in Marseille da« alte Stadthaus «inschließen. Indessen da» Hamburger Gänqeviertrl machte aus Denjenigen, welcher es zum ersten Mal sah, einen weil abstoßenderen Eindruck al« alle die eben ausgezäblten Oert» lichtesten. Man konnte e« in Bezug aus Originalität nur mit dem alten Stadttheil von San Nemo (an der Reviera vergleichen. Da« Tängeviertrl hat seinen Namen davon, daß durch dasselbe keine eigentlichen Straßen sübre», sondern nur schmale Gänge, in denen oft gerade nur zwei Vorüberqebende Raum ztnuß haben, sich au«,»weichen. Es giebt i» Hamburg auch onst nock hier und da enge kleine Gassen, die man mit den, ÄuSkruck „Twielen" bezeichnet, aber diese Twielen sind »och »nmrr um Vieles breiter und geräumiger als die Verbindung«» Wege de» GängeviertelS. Eia Urberrest de« letzteren »xistirt gegenwärtig noch, Wird aber nach und »ach ganz verschwinden, um Neubaisten Platz zu machen. Der ZeUaiischluß birgt für de» Venand der Gänge keine Gefahr m sich, den» dieselben liegen im Nord» westen der Stadl zwischen dem Allen Slriuweg und dem Balentin«kamp. also in ziemlicher Entsernung von dem Hafenstadt! heil. Da» Hamburger Gängeviertrl repräsristirtr bi« zum Jahre 1805 oder 60, wo mitten durch dasselbe die breite, die Fulste». twiete mit dem Großen Reumarkt verbmdrntr Wex-Slraße gelegt wurde, eine Stadl sür sich, in welche die Bewohner der anderen Stadllhrile, wenn nicht eine besondere Veran- lassung dazu vorlag. selten oder nie ihren Fuß setzlen. Man betrachtete diese« Viertel gleichsam al« rin Zigeunerlager im Großen. Welchem nach Möglichkeit fern zu bleiben am Nälb- liebsten erschien. War e« doch der Sammrlpuiict aller D-ebe. Bribrrcker und ralilinarischen Existenzen mascultnj und tvml- otni genorio und kannte selbst die Polizei nicht einmal alle Schlupfwinkel und Verstecke, die sich bier de» Uebellhätern barbole». Ader auch wenn sie dieselbe» sämmllick gekannt hätte, so würde r» für sie doch oft allzu grjäbrlich gewesen sei», bier aus eine Razzia auSzugeden. denn wie leicht kounten hier ole Potizeibeamlen au» dem Husterbalt einigen wohlge- zielte» Kugeln zum Opfer fallen, wie leicht bei dem Durch schreiten eine« dunkle» > engen Haueflur« oder Hose« an ein paar kräftigen, uuvermuthei beigebrachlen Messerstichen elenv verbluten. Man irrt indessen, wollte man annebmen, dag dir Einwobnrrschast de« GängeviertelS sich samml und son der« au« unlauteren, »nt der Justiz aus vem Kriegsfuß siebende» Individuen recrutirte — eS wohnte hier auch manche ebrdare, aber arme Familie, manch kleiner Handwerker, manche sich durch ihrer Hände Arbeit redlich nährende Näberin oder Putzmachrrin — alle« Leute, die wenig danach fragten, wo idr Quartier lag. wenn e« nur billig war. In Folge de« oben erwähnten Durchbruch« der Wex» Siraßr bat da« Gängeviertel viel von seiner charakteristischen Eigentdümlichkeil emgedüßt — e« wurde mehr und mehr von dem Strom de, Cultur beleckt, und mehr und mehr wurde in ihm Lust und Licht geschafft. Betrat man zu der Zeit, al» dir Wex-Gtraße noch nicht da-Hamburger Straßennetz vervollständigte, da« Gängeviertel von Süden, von der Ellernlborsbrücke und dem alle» Slrin- weq aus. so sah man sich bald in ein Labyrinth krummer» durcheinander lausender Gassen und Gaß-be» verstrickt, stellen weise so eng und schmal, daß die Bewohner sich au« den gegenüberliegenden Fenstern bequem die Hände reichen konnten. Für Denjenigen, welcher mit der Oertlichkcit nicht vertrant, hielt r« schwer, hier wieder den Au-gana zu finden, von hier wieder in eine der ihm bekanntrn Strogen zu gelangen — e« set denn, er bätte sich in weiser VorauSsiwt der kommen» den Dinge mii einem Compaß bewaffnet gehabt. Wir selbst, al« wir zum erst » Mal da- in Rede siebende fatal« Gebiet betraten, hatten bald ganz die Richtung verloren und mußten u»S wiederholt erkundigen, ehe et un» glückte, diesen au« Stein und Mörtel bestehenden »böhmischen Wäldern- wieder zu entrinnen. Ebenso eigenthümlich, wie die ganze Physiognomie^ de« Viertel«, waren die Namen, welche die einzelnen führten. Da gab e« einen Ravemacher-Gang, einen Ami Vammacher-Gang, einen Specks-Gang, einen Tramp-Gang, einen Bäckerbreiter-Gang und einen Ebräer-Gang. Die meisten dieser Gänge exisiirrn auch jetzt noch, darunter eben- sallt der Ebräer-Äang. dessen eigentliche Benennung, au leicht zu errathendem Grunde, früher „Ehebrecher-Gang" laulrte. Damal«, wo die Hochburg de« hanseatischen Zigeuner» thum« noch in ihrer vollen Ursprünglichkeit und Originalität bestand, suchte ick dieselbe nie ander« al« bei Regenwetler und in den Abeiikstunden aus. Die leuchtenden Strahlen de« TageSgrstirn« verklären ja mit ihrem goldenen Schimmer auch die unsreundlichsten, widerwärtigsten Umgebungen, mildern reitweilig den abstoßenden Eindruck auch drr verrufensten Orte. Regen, Sturm, ei» düsterer Wolkenhimmel jedoch bewirken gerade da« Gegenlheil: sie machen da« Häßliche »och häß licher, da« Unsympathische noch unsympathischer. Und die Abendzeit wählte ich deshalb, weil man alsdann dir beste Gelegenheit hatte, durch die Fenster der niedrigen Häuser in die Wohnungen zu blicken nnd Da«, wa« dort beim Lampen» schein oder Kerzenschimmer verging, z» beobachten, olme selbst gesehen zu werde» — Fensierlaken wurden damal« noch al« cin überflüssiger Luxu« erachtet. Langiamen Schritte« wandertr ich zu solcher Stunde und bei solchem Wetter durch die verschlungenen Pfade de« Ham burg der Armen und Elende», de» Hamburg der Diebe und Verbrecher. Drr Sturm beulte „uv psiff, rütlelte an den Tacker», daß die Ziegel klapperte» und est Fragmente der selben. mit Mörtel untermilcht, aus'» Pflaster siele». Auf dem letzteren batte der niekerprasielnre Regen hi.-r und da kleine Seen gebildet, im klebrigen den Grund nnd Boden in einen zähen Kvlhbrei verwandelt — noch dazu ergossen au manche,, Stelle» die Dachtraufen ihren Inhalt über den Kops de« WaudkrcrS. Die in weiten Zwischenräumen au den Wänden befestigten GaSlaiernen verbreiteten gerade nur so r>el Licht, daß man ungefähr den Weg erkennen und die elenden, sich rechts und link« entlang ziehenden, meist ein stöckige» Behausungen wahriichincn konnte. A» viele» dcr- ielden war der Kalkbewurs in große» Stucken abgesprungen, und die »ackle Backsle>:>wand trat zu Tage —auch die Fensler- scheiben zeigten sich überall in höchst kesectem Zustande — da. wo da« Gla« zersprungen, batte man Papier vor den Fenster rahmen geklebt, Stroh i» die Oesjnung gestopft oder auch diese letztere so gelassen, wie sie war. wo daun Rege» und Wind »ck Uditam ihren Einzug in da« Zimmer Halle» konnten. Wa« soll ich Von den Genrebildern ebzSblen, die ich im Innern der Wohnungen erhaschte? Hier die Familie eines Strnßen-Hausirer«, ihrem au« gekochten Kartoffeln und lrockenem Brod bestehenden Abendessen .zusprechend, die Kind r »ur mit zerrissenen Hemden au- einem Stoff-' bekleidet, ccr, wie man leicht bemerken konnte, friiber zu Kaffeesäcken gedient batte — dort ein Kleeblatt wüster Gesellen. RowdieS der Hankassadt, sich an dem Inhalt einer Branntweii.slasche kelectirrnd und vielleicht über irgend einen dunklen Plan deliberirend — hier am Fenster zwei junge Dirnen, m geradezu herausforderndem Nögliz« — dort eine zahnlose Alte, in ihrer Person die Ruine» einer .Fatinitza" rcpiäsen» tirend, damit beschäftigt. einem hübschen, eleganten, jungen Mädchen, da« offenbar nicht in diese Umgebung paßw und sich wohl nur verstohlen hergeschltchen, die Karten zu legen — wahrscheinlich sind der jungen Schönen Zweifel über die Treue ihre« Liebhaber« ausgestiegen, die ihr letzt da« Orakel der Karten entweder zerstreuen oder bestätigen soll. Auch unseren Freund, den oben erwäbnten Fleetenkieker, finden wir hier im Gänaeviertel wieder, vor einem Cbimbo- rasso aller möglichen, mit Schlamm und Moder Überzogenen Gegenstände sitzend und sie Stück für Stück — der Mann trägt bei dieser Arbeit eine mit Horn eingefaßte Brille aus der Nase — sortirenb und reinigend. Ein Glück, daß wir die eklen Gerüche nicht rinznatbmen brauchen, welche dem Hausen von Fundgegenfländen entströme»! Freilich, bei einer solche» abendlichen Entdeckungsreise durch da« Gäugeviertel zeigt« sich dem Beobachter nur Da-, wa« noch einigermaßen unverslinqlich — wie viele Scenen und Vorgänge, welche vor einem fremden Auge ängstlich be- bülel werden mußten, mochten sich in den Hinter räumen der Behausungen abspielc»! Wer hier, wie in dem bekannten Märchen, die Gal« besessen bätte, sich unsichtbar zu machen, unsichtbar überall einzutreten! Schade, daß die realistische Malerei zu der Zeit, von welcher diese Blätter erzählen, noch nickt in Ausnahme ge kommen, noch nicht Mode war! Wäre solche- der Fall gewesen, dann hätten die diesem Genre huldigenden Kunst- zünger die lohnendsten Vorwürfe sür ihren Pinsel im Ham burger Gängrvirrtel. Überhaupt im alten Hamburg, sliiven können! Alexander Oljnda. Vermischtes. — Freiburg, «. Februar. Kürzlich fand hier ein Pistolenduell zwischen einem stuck, cüem. und einem Mitglied de» Corp« „Survia" statt. Der Schwabe ist tödllich verwundet. — Sofia, St. Januar. Die Stadtvertretung von Sofia hat zum Studium der elektrischen Beleuchtung die Summe von 5000 Frc«. auSgeworfen. Tie Gemeinde beab sichtigt, da- elektrische Licht ln der bulgarischen Hauptstadt ein« zusühren, wa« durch die günstige Bewässerung der Stadt mit nickt erheblichen Kosten verknüpft wäre. Da- Gaslicht, welche- in Bulgarien noch nicht existirt, würde demnach vollkommen umgangen werden. Sokoerwarleo SSüS. Mlt likntlsei» Vas« vvrle«««« rrlr «»«vr« «esvliLttsI«»»!« v»« Ailostersas«« S nael» külkvsli'sssv »o. 8 UMMer lim IHM» Milte?. I-SlpLlSs, tz. kedruar 1888. Mquvl L Lo ßxSxi-üixlVt L74S. Hiss- und Ool0iüs^aareL-8sLd1uLS.
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