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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.02.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188802225
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880222
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880222
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-02
- Tag1888-02-22
- Monat1888-02
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.02.1888
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Rrtartto« »nd Lrpkditiou JvhauueSgaffe 8. SPrrchltuntrn der Urdactiou: vormittag» 10—12 Uhr. Nachmittag» 5—6 Uhr. >m Nua»»be rn,kiandtsr »«mlerchi« »acht sich die dtedacnon in« derdtuil«. >«««h»r »er für die uichsts«I>eu»e >«»«er bestimmte» I »Ierate «» v«chent«»en bi« S Uhr Nachmittags, ««Saun- uu» Festtagen früh dis'/,v Uhr. Äst de« Filialen für Ins.-A»nah«e: Dtt» Ale««» UniversitätSstraße 1. VauiS Lösche, Kathariurnstr. 23 pari. u. König-Platz 7, nur biS'/,S Uhr. 'tipMtr.Tagtliliili Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Rbonnementsprei» vierteljährlich 4> z Mk. incl. Bringerlostn 5» Atk., durch die Post bezöge» 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 P' Belegexemplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Forma! gcmtzt) ohne Postbelördening «-0 Ml. mit Poslbejordcnmg 70 Ml. Inserate Lgespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere schritten laut uni. Preisverzeichnis-,. Tabellarischer u. Zisscrnsay nach höben» Tarn. Urclamen unter dem Redactionsstrich die Sqespal!. Leilc 50Ps., vor denFa milien Nachrichten die llgett-altene Zeile 40 Pf. Inserate sind stets an die tüzpeörtian zn, senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praomimi-ran-io oder durch Post' Nachnahme. 53. Mittwoch den 22. Februar 1888. 82. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Dir Leuchtkraft beS städtischen Leuchtgase» betrug ia der Zeit vom 18. bi» «tt I«. ds». Mt», im Argand- orenner bei 2.5 Millimeter Druck unv 140 Litern stündlichem Eonsum das l6,3 sacke der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze Von 50 Millimeter Flammenböhe. Da- specifische Gewicht stellt sich im Mittel auf 0.430. Leipzig, am 20, Februar >888. De» Rath» Depatatton zu den Gasanstalte» Vrenicholrauctioll. Mittwoch, den SS. Februar o. sollen von Vor mittags S Uhr an die im Forstreviere Eonaelvltz in der Totalität ausbereiteten Hölzer, al- c«. 14 Rmtr. Eicken- , 1 . Esche,,, l Dreauschette, 1 » Rüstern« I sowie 51 » starke eikerne Rollen, 49 starke harte Abraanrhaufen und 60 starke elchae Durchforstung» Lanahaafen, unter den >m Termine vssenttlch ausbängenven Bedingungen und der üblicken Anzahlung meistbietend a» Ort unv Stelle verkauft werden. Zusammenkunft: in der Nähe der WaldschSnke bei Connewitz au der Bayerischen Eisenbahn. Leipzig, den 18. Februar 1888, De» Rath» Forstdeputation. Bekanntmachung. 8» der Strafsache gegen de» Zimmerges-Uen Wilhelm Ernst Weruer in Scköncsekd, Wege» Beleidigung, ist der Angeklagte von dem königl. Schöffen gericht hier am 3. Februar 1868 wegen Beleidigung deS Zimmer» obrrmeistrr« Gustav Handwerck hier, begangen in der am 2. No vember 1887 in der Wirthichast Bellevue hier abgehalteneu öffent» ltche» Bersammlnng »er Zimmergeselle», ,u «stf»,,«, «csäugnitz rechtskräftig verurthemlnache». -eo aer '-O Oeüevllieke Urmäelslekranstalt. Lagstou 4«, »8. SodaUakr«» am ». Tprtt 4. T. Via käikeeeuanksaa 4er b.iiorou Tdtbeilu»» 4« Xuatult ckrezjLbrixer Ovrsua) deroedtüxso »uw LiuzlUirix-k'rmeeiUiL»- 4ieu»r«. kür jonam 1-eato, »eoleba »ick 4e» verscdtiruosmvlmlu »um LiajLbrixr-kreimUizsuäieuat« «mrordeu davon, iiv ein ttmst- vlaaeuaoknMIoder Lurao» von 3»dre«!ai>er bei 34 lllekralumiau in 4er IVockv eingerichtet. Unterricht in allea Lueeigeu 4er llau4elm>»j«eu«vt>»tt. kraimüeievh« uvä englis> de 8prac»» gatoriecd, Italieniacbe voä apeuüaetro Sprach« facultatir, g«14 240 ^l tür 4as 3»irr Tuweläuvgen erbittet aioü äer lloterreickvet« tu ckea lVoebG- tageo von 11—12 vbr. V im kedruar 1888. r karl Ttolkram, Oireetor. Dos Am«»nt»f«affer. welches in der hiefi,eu städtischen Ga-enstalt in der Zeit vom l. März dieses Jahres bis »mn S8. Februar 1389 in der ungeläbren Menge von 250000 kg --- dem Inhalte von etwa 250 Jauchenfälsern gewonnen werden wird, soll unier den Bedingungen meistbietend versteigert werden, daß eine Garantie über die Menge des Ammoniakwassers nicht über- nommen wird und daß der Lrsteber dasselbe aus jedesmalige Auf forderung der GaSanstallSdirection sofort adzusadren hat. Anerbietungen mit Preis-Angabe werde» versiegelt und mit Auf- schrisl versehen bis zum 25. Froruar tz. I. erbeten. Wurzen, 18. Februar 1388. Ter Statztretß. Müdle. r» etter »r« k-uiZl. >«t»^rtcht» «dthriluug UL Burger. tzetiaaataachmt. Dtejeulgeu tu Leipzig und Umgegend wohuendru preußischen Osficiere, welche nach erfüllter Dicustpslicht dereit» verabschiedet, uunmehr aber zum Wiedereintritt in die Landwehr II. Aufgebots verpflichtet sind (es kommen diejenigen Herren in Betracht, welche 1850 und später geboren sind), habe» sich bi» zum 13. März 1888, unter Vorlage ihrer Militairpapiere und Angabe desjenigen Bezirks- LommauboS, bet welchem sie zuletzt in Lontrvle gestanden haben, direct bei dem Unterzeichneten Bezirks-Lommando behusS ihrer Reac- tivirung zu melden. Für diejenigen Personen, welche sich außerhalb Deutschlands bcz«. aus Seereisen befinden, wird die Meldefrist bi» zum 30. September 1888 verlängert, wenn dieselbe» jedoch vor diesem Zeitpnncte nach Deutschland zurückkehren, oder bei einem Seemanns-Amte des In» lande« abgemustert werden, hat die Anmeldung spätesten- bi» 14 Tage «ach erfolgter Rückkehr bezw. Abmusterung zu erfolgen. Zuwiderhandlungen «erden nach §. 67 deS Reichs-Militair- Gesetze» bestraft. Die Dienstpflicht in der Landwehr H. Aufgebot» währt bi« zum 31. März desjenigen Kalenderjahres, in welchem daS 39. Leben-iahr vollendet wird. Roch diesem Termin treten diese Herren zvm Landsturm ll. Auf- gebot« über, welchem dieselben bis zum vollendeten 45. Lebensjahre ongehSren. Bezirk«.Lommando Bitterseld. den 15. Februar 1888. v. Bändels, Oberst z. D. und Tommanoeur des Landwehr-Bataillon-- Bezirks Bitterseld. Der diesjährige erste und Vlehmarkt «»«tt. in Volkmarsdorf - Leipzig stntzet Dienstag, den «. März a. o.. Der Äemrintzrrath. I B.: R. Schütz» Gemeiudr-Aellrfter. Holz-Luction. Bou den im Shrentzerger S«ttze de» Iwenkaner Stgat»- Kerstrrpiers in Abtheilung 70. Porcelle „QuaSnitzer Holz" ans. bereitttrn Nutz- und Brennhölzern sollen von Vormittag- S Uhr 82 Stück eich. Klötzer v. 11—39 cm Ober- dez. Mttft. 8-8 m lang. SS » , « . 44-125- » B B 1,5—8.5 « » 218 B rü». . - 10—59 . . B M 2-10 « » 74 » eschene » » 1l>—38 « » » O 2-5 » « 35 B buchene - . 18-44 . , « « 8-7 - B 87 B rrleue « » 10—40 « » B O 4-6.5 - « 5 O lindroe - . 17-41 - « B « 2-8 O » S M pappek. - - 83-44 . . , » 8-8 B » 27 O ahorn. » « 9—18 » - . O 4—6 G « I« - eschene Kahnkniee v. 11—30 ew Obtrstärke 1,5—S B B 6 no eichene Nutzschetlr, »12 » harte Bremisches»», SV » » Breunkaüppel, _ Zr— 4»5 . » Abraumrrlstg. 28 . « Lanqhausea und 148 . . Slöike meistbietend gegen seforltge Vezattnng und unter den vor Beginn der Auelion noch dekanai za machenden Bedingungen ver- steigert werden, Tretzttüsterschrettnngen stutz »n;«lS,'flg. Ztisninmrnknnft anf tzr« Lchigge in ste« Säntcher» Tnutzerfer <<««»nie«tie«s»tg». ^.-»distrste: -»«eis,er'» Nrftanratie» in Hnnichen. Aüutgltch« -erste,»t,r»,r»«itn«, Lwencken nntz «öntgliches -erster^««» Vnrze». «« 1L -rprner 1888. Lomisr. Geißler. »ttili-»«»»«> II«. für Sexte Te»n«tz«,tz de, B» -estrxr Nichtamtlicher Theil. Vas russische Rundschreiben. Die Gerüchte, welche über daS Bcvorstehen einer Wieder aufnahme der diplomatischen Action in der bulgarische» Frage seit einiger Zeit umherschwirrtrn. werden jetzt von allen Seiten als begründet anerkannt. Rußland wirb demnächst ein Rund schreiben an die vertragSmäcbrr erlassen, oder hat rin solche» bereit- abgesandt, welche- eine gemeinsame Kundgebung der BertragSmcichte de« Inhalt» anregt, daß Prinz Ferdinand nichl die Bedingungen eine» Fürsten von Bulgarien im Dinue de« Berliner Vertrages «rsullt. Der Verlaus der Vor besprechungen war offenbar deshalb so langsam unv schleppend, weil Rußland sich nickt einer Ablehnung der BertragSniächte aussetzen wollte; an dem Tage, an welchem die Absicht einer solchen SckritteS öffentlich bekannt wurde, sollte auch Gewißheit bestehen, daß die BertragSniächte dem russischen Vorschläge zustinimlen. Diese Gewißheit scheint heute gewonnen zu sein; die VertrogSmächte scheinen den Vorstellungen de» Fürsten Bismarck im Interesse deS Frieden» nachgegeben zu haben, und die Türkei wird voraiissichllich in nächster Zeit der bulgarischen Regierung die WillenSmcinung der BertragSniächte kundthun. Die Zustimmung der VertraaSmächte ist aber nur unter der Bedingung zu erreichen, daß Rußland von Gewalt maßregeln für den Fall der Erfolglosigkeit der Kundgebung der BertragSniächte Abstand nimmt. Damit ist der Sacke die Spitze abgebrochen, denn Bulgarien wird selbst einer Auffor derung Europa-, seinen Fürsten preiSzugeben. nickt Folge leisten, sonst hätte Alle«, wa» geschehen ist, um den Prinzen Ferdinand zur Reise nach Sofia und zur Uebernabme der Regierung zu bestimmen, keinen Sinn gehabt. Die Sobranje bat bei ver schiedenen Gelegenheiten ihre Delle Solidarität mit dem von ihr gewählten Fürsten zu erkennen gegeben, und zuletzt bat noch Prinz Ferdinand beim Neujahröempsanq da» groß« Wort gesprochen, daß die Bulaarrn für ihre Unabhängigkeit zu sterben wissen würden. Man hat daS auf russischer Seite al« eine lächerliche Prahlerei bespöttelt, aber die russische Regierung hat dock bisher keine Mittel gesunden, um den prahlerischen Prinzen an» Bulgarien zu entfernen; auch die Verschwörung von BurgaS hat ihre,, Zweck verfehlt unv nur einen neuen Beweis für da» Strebe» Rußland» geliefert, seine Zwecke in Bulgarien aus Umwegen zu erreichen. Ein gemeinsamer Schritt der Vertrag-nivckte, welcher sich daran beschränkt, die Ungesetzlichkeit der Herrschaft de» Prinzen Ferdinand zu erklären, ist ein Schlag inS Wasser, wenn er nicht mit der Androhung von Gewaltmaßregeln für de» Fall dev Verbleiben» de» Prinzen Ferdinand in Sofia gegen die kunbgegrbene Meinung der VertragSmächle verbunden ist. In welcher Form soll aber diese Drobung erfolgen? Sie kann nur von der suzeränen Macht, also von der Türkei, auSgehen. und diese wird sich ohne Auftrag dazu nickt ver stehen, Außerdem ist ja von Gewaltmaßregeln in dem russs- sckrn Rundschreiben dem Vernehmen nach ausdrücklich ab gesehen. Bon welcher Seite man daher die Sache auch belracktet, sie ist und bleibt verfahren und läßt sich durch diplomatische Schritte schwerlich wieder in da« reckte Glei« bringen. Aber angenommen, Prinz Ferdinand verlöre selbst die Lust, angesicht« »ine« gemeinsamen Schritte» der Brr- lraa-mächte zu seiner Entfernung aus seinem Posten z» ver« bleiben, wa» wäre dadurch gewonnen? Würde die von der Sobranje einzusetzende Regentschaft sich nach Allem, wa« vorangegange», dem Willen Rußland» beugen und Neuwahlen auSschrciben, um eine Lage schaffen zu helfen, welche den Wünschen Rußlands entspricht? Das ist gewiß nichl zu er warten. ES würde dadurch nur die Wiederholung Dessen ein» geleitet sein, wa» seit der Abdankung deS Fürsten Alexander geschehen ist. Bulgarien würde entweder versuchen, sich ohne Fürsten zu behelfen oder zum dritten Male zur Wahl schreite». Da» Land hat von seiner zähen LrbenSkrast und von seiner Ausdauer im Widerstande gegen übermächtige Unterdrücker so acktungSwerthe «nd ungewöhnliche Proben geliefert, daß di« Erwartung berechtig» erscheint, e» werde sich auch in Zukunft seiner Vergangenheit nicht unwerth zeigen. Man erkennt au« den seit langer Zeit in Bulgarien der« vorgetrrtenen Erscheinungen, daß auf die Dauer mit den Be stimmungen de« Berliner Frieden» doch schwer auszukommen ist. Rußland ist schon lange bemüht, an demselben zu rütteln, und da« „Journal V« St. P4ler«bo»rg" hat mit dem (Ke- ständniß nicht zurückgehalten, daß Rußland schon längst die Lnst verloren hat, sich al« alleiniaer Bürge de» Berliner Frieden« zn betrachten. Welche Mittel diese Macht ange wendet bat, um den Frieden zu durch!vchcrn unv seine Unbalb darkeit darznthnn, ist gleichqiltig, e» kommt nur daraus an daß die Tbatsackien seit dem l8. September l885 rin» sehr deutliche Sprache reden und daß die Unhaltbarkeit der Zu stände aus der Balkanholbinscl täglich mehr zur Er» scheimmg tritt. Gegenwärtig wird von London an« die Nachricht der» breitet» daß di« türkische Regierung eine Note nach Sj. Peter«» bulgarischen Schwierigkeiten gemeinsam diplomatisch mit de» die Herzegowina und Bosnien, wo die Muselmanen wikcr- rechltich unterdrückt würden, betreffenden Fragen z» verhandeln und die Wiederherstellung der türkischen Oberhoheit a»zu- bahnen. Daß diese Nackricht erfunden ist, steht ibr an der Stirn geschrieben, ober sie deutet doch an, daß r? ganz heil lose Zustände sein muffen, denen solche Nachricht ihre Ent- tehung verdanken. Die Panslawisten habe» aus Bosinc» und Herzegowina schon längsi als aus den Pnnct liingeivieseu, wo der Hebel anzusetzen sei, um dir orientalische Frage wieder in Fluß zu bringen, und um einen Zustand a» die Stelle de» bisherigen zu setzen, der mehr Lebenskraft besitzt als DaS. was der Berliner Frieden geschaffen hat. Bei der großen Zerfahrenheit, welche seit unvordenklicher Zeit aus der Balkanhalbinsel herrscht, ist e» aber olS eine Art von Wunder zu betrachten, daß der Berliner Friede so lange als die Grundlage der Verhältnisse aus der Halbinsel diene» konnle, al» er gedient hat. Wäre der EmheitSdrang ver Bulgaren nickt so übermächtig gewesen, so batte „och manches Jahr in den Sckooß der Ewigkeit versinken können, ohne daß an den durch den Berliner Frieden geschaffenen Zunände» gerüttelt worden wäre. Es kommt noch ein anderes Moment hinzu, welches die Ausrcchtbaltuiig der bisherigen Zlittändc aus der Balkanhalbinsel gewährleistet, und das ist die Besonnen heit und Festigkeit deS Sultan« Abdul Hamid, Es seblt der türkischen Politik trotz ihrer scheinbaren R girngSlosigkeit und Mangel an Energie keineswegs a» zielbewusster Berechnung. D>e türkische Negierung ist seil langer Zeit mit Erfolg bestrebi, jeder gewaltsamen Arnderung de» bestehende» Zustandes aus der Balkanhalbinsel wohl erwogenen, wenn auch nickt activeu Widerstand entgegenzusetzen. AlS sich die bulgarischen Ver hältnisse verwickelten, hat sich die Türkei in VertheidignngS- zustanv gesetzt nnv jede Initiative unter Hinweis ans die den Verlragsmäckiten durch den Berliner Frieden cingerälinnc» Rechte zurückgewicsen. Sultan Abdul Hamid ist sich wobl bewusst, daß jeder entscheidende Schritt, der vo» jeiiier Seite auSgeht, nur dazu dienen kann, das morsche Gebäude der türkischen Herrschaft zu erschüttern und den Zujaminenbruch derselben zn beschleunigen. Von dieser sel r richtigen Er wägung geleitet, hat er selbst jede Iuiliatwe hartnäckig ab gelehnt und damit auch wahrscheinlich das Richtige getroffen. Man hat den Sultan getadelt, und wir haben >n diese» Tadel eingestimmt, weil er nach dem Staatsstreich vom 18. September 1885 nicht durch einen krästig-n Entschluß die Bereiniaung . on Nord- u.:b Südbulgarie» rückgängm gemacht hat. Vielleicht wäre ein türkischer Einmarsch in Oltrunirlieii zum Zweck der Wiedereinsetzung de« Gouverneurs von Erfolg gekrönt gewesen, vielleicht wäre damit die ganze Aeuiiruhigirng vermiede» worden, unter welcher der euiopäifchc Frieden so schwer gelitten hat. aber eS konnte auch anders komme». cS konnten sich plötzlich in Russland Kräfte rege», die bis dahin im Verborgenen geschlummert hatte». Unv ist denn nickt die ganze bulgarische Politik Rußlands seit dem Regierungsantritt de» Fürsten Alexander daraus gerichtet gewesen, dort unmög liche Zustände zu schaffen, ans Grund deren ein russisches Einschreiten zur Nolhwendigkeit werden sollte? Tie lrtzlcn zwei Jahre haben gelehrt, daß Russland die Scb»tzherrschast über Bulgarien beansprucht und deshalb jede R gung de» SelbstslänbigkeitSbrangeS de» bulgarischen Volkes unterdrücken will. Die Tbatsachcn sind stärker gewesen als der Wille Russland», und deshalb stehen wir noch heule vor einem un fertigen Zustande in Bulgarien. Wann und wie darin eine Arnderung eintreten wird, läßt sich nichl vorherb-siiinmen. Leipzig, 22. Februar 1888. * In einigen Zeitungen wird seit mehreren Tagen die Frage erörtert, ob e- in der Absicht der Negierung liege, ein .RegenlschaftSgesetz" im preußischen Landtage einzudringeu oder nicht. Die ossmöscn „Berliner Politischen Nachrichten" bemerken, dass die Erörterung eine ganz müßige ist. da Erwägungen in dieser Richtung überhaupt nicht stattfinden. * Auch die „Nationallibcrale Eorrespvndenz gedenkt deS 2l, Februar 1887, deS TagcS der letzten Reichst agöwahlen; da» genannte Blatt schreibt: Morgen, am 21. Februar, ist ei» Jahr seit den letzten Reichs. tagSwahlen verflossen, die in Folge der Tevtennolskrisis slattgesnnde» hatten. An diesem Tage bat sich das für unsere parlamemarüchen und politischen Berhöltnisse so außerordentlich beaeuiungsvove Ereigniß vollzogen, daß die bcntschsreisinnia-klerikalc Mehrden durch ein vernichtendes PolkSurtbeil au« dem Reichstag befestigt »nd daiür wieder eine Mehrheit der nationale» positive» Parieien her» gestellt wurde, wie sie lange Jahre zum Schaden unseres Reiches vermißt worden war. LS ziemt sich wohl, der Wudi-rk-hr dieses bedeuiuugsiwllcn Tage« zu gedenke». Der neue Rcichsiag Hai seitdem Alle? gehalten, was man sich von ihm veiiprechrn durste; er Hai die nationale Wehrkraft befestigt, er bat der Ftnanznotü ein Lude gemacht, er hat nach vielen Richtungen hi» «ine fruchtbare und ersprießliche Tkätigkei« entfaltet, eben damit aber sein eigene» unter der Herrschaft der Herren Windtborst und Richter tiriqesunkeneS Ansehen im Volke n»edcr- hergestelli. Wenn deulschsceisinnige und ultraniontanc Redner es lieben, über da» immer mehr sinkende Ansehen, die mehr und mehr schwindende Bedeutung de» Reichstags zu klagen, so begreift sich dak von ihrem Parieistandpunci leicht. In Wahrheit war das Ansehen de« Rcichsiag- tn« zum Beginn des vorigen Jahres durch Schuld der ultramontan-demokratüchen Majorität allerdings in stetem Sinken begriffen» seit dem 21. Februar v, I, ober Hai die Reichs. Vertretung sich wieder daS moralische Gewicht und Ansehen zu sichein verstanden, welche« dieser bedeulsamen nationalen Instirulion ge bührt und bei lLogerer Fortdauer der bi« zum vorigen Jahr Herr- fchenden porlamrutarischen Verhältnisse zum schweren Sch,den Istr den Ausbau uattreS Reich« mehr und mehr verloren zu gehen drohte. * Dem Prinzen Wilhelm soll demnächst ei» vor tragender Rath zur Seite gestellt werden, dem eS obliegen würde, demselben Über alle Vorgänge de» staatlichen und öffentlichen Leben« dauernd Bortrag zu halten. Bisher hat eine solche Einrichtung nur bei dem Kronprinzen Platz ge- griffen, bekanntlich war Geheimer Rath Max Duncker in den sechziger Jahren in einer solchen Stellung bei dem Kronprinzen tbälig. Für den Prinz«,, Wildelii, soll Herr Zastrow, Direktor im Ministerium deS Herrn v. Pultkamcr, bestimnit sein. * Die Nachricht, baß da? Depot der russischen Reich-gestUte in Berlin geschlossen werte» solle, stellt sich, wie da« Wolsj'schc Bureau au» St. Petersburg nikldet, al» unrichtig heraus. * Da« .Frankfurter Journal" bringt »in eigener Sache' eine wohl verdiente Abwehr gegen Hrrrn Rickert E« bandelt sich um die berühmten .gefälschten Briese nationalliberale Partei auSspielt. Neulich hat er eS bekanntlich wieder im preußischen Abgeordnelenhause gclhan. Dem gegenüber schreibt da» angegriffene Blatt: . Zur Zeil der vielberulenen Veröffentlichung (Sommer 1884) bensauc im Betrüb des „Frankfurter Journals" ein Uebergangs- zustand, der in der Redaktion, man möchte säst lagen, eine sönnstche Anarchie zur Folge halte. Herr vr. von Brüning war gestorben. Dessen Rechtsnachfolger im Eigenlhum deS .Louraols" hatten nur in Interesse an dem Blatt: es zu verkaufen. Die Nciicnqeiellschast aber, die rs im Herbst 1884 übernahm, war noch gar nickt einmal »i Sickt. Bon den wenigen Rrdaeieuren. welche den politischen Tecil des Blattes zwüchenzeillich mit Füllstoff versorgten, ist einer gestorben, der andcee hatte bereit« damals um seine Entlassung „ach- gesucht. der drille kommt als Hilisarbeiter nickt in Beirackk, ist aber auch längst nickt mehr hier. Der vernn»»örtlich zrichnendc Redakteur, den ia letzler Instanz die Verantwortung treffen mußte, zog sich als bald zurück. Tie Absicht einer Beleidigung oder Verleumdung hat ihn, iern gelegen; eine Redaction al» collegial bcrnthende und bc- schließende iröiperschait, die Herrn Rickert um Verzeihung hätte bitten können, gab cs nicht; t-ne Fühlung der Parteiführer mit der Redaktion ebenso wenig; jo blieb den Irtzteren nur übrig, Herrn Ricken offen, bii.shch und mündlich, und zwar zu wiederholten Malen aie starke Mißbilligung über den Nnchdruck der gcsälsckien Briese aus emein der Redaclion zugeickicki«-» Blatt im „Franksurtea Journal" auszusprechen, während die Redaktion in ihrer Zerfahren heit eine allerdings unbegreiflich lahme Erklärung abgad. Bald daraui traten geordnete Berhälinisse wieder eia und die neue Leüung holte cs bei der eisten Gelegenheit nach, jene Beiüffeuihchunq als groben Fehlrr zu erklären und ihn, obwohl nicht dasär verant wortlich. aujiichiig zu beklagen und zu bedauern. Herrn Rickert sind diese Erklärung-» jedesmal zugestellt worden." Ob Herr Rickert unv seine Freunde wohl jetzt endlich ausstöreu werden, die Parlamente und Wählerversamnilungen mit Vieser verjährten Geschichte zu langweilen unv au» einem durch die damalige» äußeren Umstände de» betheiiigten Blattes erklärlichen Missgriff eine- einzelnen Redakteurs einen Vor wurf gegen eine ganze Partei zn machen! Wie wenig berechtigte Beschwerden über daS Auftreten dieser Partei im Wablkampfe müssen die Deulschsreisinnigen haben, wenn sic Jahr a»S Jahr ein auf diese abgedroschene Geschichte zurück- koiiimen müssen! * Im Jahre 1843 lebten in der Provinz Westpreußen 4717''i» Evangelische: 1871 war ihre Zahl aus 633 307 und 1865 ans 668 255 gestiegen. Rechnet man hierzu noch 13 4.">> Mennoiiiten. so ergiebt sich eine Gesammtzabl von 681 693 cva»igel>schen Ehristen. Biel rascher sind seit 1843 die stalho liken angewack'seii. In diesem Jahre lebten in Westpreußen 45690t,' 1871 schon 611522. 1885 aber 701 842 Katholiken. Im Jahre 1813 waren die Evangelischen in Westpreußen noch in der Mehrheit, 187 i überwogcn schon die Katholiken. I88'> aber waren die Kalbvliken den Evangelischen um 20 149. bez. 33587 Seelen voraus, ein Zeichen, daß in den letzten zwanzig Jahren da« polni'ch-katkolische Element beträchtlichen Zuwachs durch Gkbnrtcnüberschilß und durch Zuwanderung von Russisch- Polen erhalte» haben »»iß. Hoffentlich gelingt eS durch die >n Fluß gekommene deutsche Eolviiijalion. mit der Zeit wicder Vcn Evangelischen in Wesipreussen die Mehrheit zn verschaffen. * -t. » * Der !m Iabrc 1884 in Prag errichtete .Deutsche Handwerkerbund' hat sich außerordentlich günstig ent wickelt nnv ist allmälig zn einer Eckmtzwehr der Deutschen in Böhmens Hauplstadl geworden. In den siebziger Jahren noch batte man in den massgebenden deutschen Kreise» Prags die Berührung und den steten Zusammenhang mit den deutschen Handwerkern säst ganz außer Acht gelassen, und so waren die in Prag ansässigen deutschen Äleinqewerbclrcibenden vielfach aus die Seile ihrer czrck»schen Gegner gedrängt worden. Erst daS erwachende Nalionalbewnglsein »uv d e fortgesetzten Angriffe der Czechen brachten auch die Nothwen- digkeit gegenseitigen Anschlusses aller Schichten der deutsche» Bevölkerung den deutschen Führern Prags zu vollem Bewussl sein. Der Gedanke, einen Mitlelpnnct für die deutschen Gewerbetreibende» zn schassen, fand allseitig Anklang, und so entstand der deutsche Handwerkerbund, der beute schon 4016 Mitglieder zählt und somit znm stärksten Vereine in ganz Prag angewachscn ist. Der deutsche Handwerkerbund bat sich nach Kräften bemüht, deutschen Arbeitern nnv Dienst- Mädchen, wie auch deutschen Lehrlingen und Gesellen in Prag Unterkommen und Arbeit zu verschaffe», damit der deutsche Mittelstand sich durch deutschen Zuzug ergänze und nicht all- niälig slawisirt werde. In der deutschen Herberge erhält jeder der durchreisenden deutschen HanvwerkSburschen drei Tage hindnrch unciitgeitliche Wohnung und Beköstigung und sodann ein Zebrgehld von 20 Kr. Weiter bat der deutsche Handwerkeröuiid eine Spar- und Borschußcasse »Nb eine Krankencasse errichtet. Letztere gewährt Mitgliedern gegen eine wöchenlliche Emzablnng von 10 Kr. i» Erkrankungk- fällen eine tägliche Unterstützung von 70 Kr. Auch wurde von dem Vereine der sich Uber daS ganze Dcutschböbmen erstreckende dculsebe Gewcrbcbiind ins Leben gerufen. Endlich wurde sur deutsche Lehrlinge eine gewerbliche Fortbildungs schule errichtet, die sehr gut gedeiht und der sich wobl bald eine deutsche Gewerbeschule mit etwa« höheren Zielen an- reihen dürfte. Wären schon vor 30 Jahren die deutschen Bewohner Prags so gut orgnnisirt gewesen, wie sie es jetzt sind. Io würden sic schwerlich allen Einslnß aus die Berwaliung der Stakt cingebüßt haben. Nur langsam und durch Ans bietung aller Kräste kann cS dem Dcutschtbum in Prag, das immer noch 45 000 Kopie stark ist, gelingen, die Stellung, die ibm gebührt, unv den verlornen Einfluß wieder zu gewinne». * Auch Frankreich erhielt, wie die.Kölnische Zeitung' au» Pari« meldet, Miltbeilung von Schritten Rußland» bei den Mächten de» Berliner Vertrag», welche daraus al zielen, daß die Ungesetzlichkeit deS Fürsten Ferdinand von Bulgarien auSgesp>ochcn wurde. Aus Frankreich. * Besonnene Poliliker in Frankreich wollen auch, wie der „Nalioiial-Zeiliing" au« Paris gemeldet wird, „ach der ..Begnadigung" Fl oq ne t'S von Seiten de« russischen Bot schafters i» Pa iSBaron von M ohrenbeim nicht an dcn bevorstehenden Abschluss der vielbesprochenen russische» Allianz glaube», der nach der Ansicht der Radikale» nur noch jener AnSrns Floqncl'S „Vivo In l'alogn«'! ' entgegemlebeii tollte. Ein bereits erwähnter Artikel der „Revue de» deux MondrS" stell! nun die tkalsäckilicheii Verhältnisse einigermatzen richtig, lieber d»n Inhalt diese» Artikels wird dein „Neuen Wiener Tageblatt*' gemeldet: Da» „Gott erhalte den gar-p" Wied jetzt tn Varl» alleulhalden ongrstimmt; ober noch nie bat »i» rossncke» Reatmen« d<» v»,».
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