hängen an dem großen deutschen Glaubenshelden mit derselben Begeisterung, zumal nachdem er im Weltkrieg mit seinem Liede von der festen Burg dem ganzen deutschen Volke den Schwertsegen gegeben hat. Es würde der Wahrheit nicht entsprechen, wenn man sagen wollte, der Thüringer liebt ihn mehr als der Westfale, und der Schwabe hat größeres Verständnis für ihn als der Pommer und der Schlesier. Es wäre eine Beleidigung, wollte man dem einen deutschen Stamm eine mindere Lutherliebe zutrauen als dem anderen. Aber es liegt in der Natur der Sache, daß jeder deutsche Volksstamm sagt: Der Luther ist mein! Mögen es unsere deutschen Landsleute in der Ost- und Westmark, im tiefen Süden oder im hohen Norden des Reichs verzeihen, wenn wir an der Elbe jetzt im Jubeljahre der Reformation rufen: Der Luther ist unser! — wir wollen nichts dagegen haben, wenn wir auch vom Rhein und der Donau, von der Oder und der Weichsel, von der Spree und der Weser denselben Ruf vernehmen. — Wir Sachsen freuen uns der Reformation und der innigen Beziehungen des Reformators zu unserm schönen Heimatlande. Wie innig diese Beziehungen zu dem Lande des Rautenbanners gewesen sind, wie die Kirchener neuerung auf sächsischen Boden erstand, wie sich das Sachsenland der Reformation erschlossen, welche Segnungen sie ihm gebracht und wie der Bund zwischen Martin Luther und unserm Lande Gott Lob bis heute geblieben ist, das soll in diesem Büchlein erzählt sein. ^ 1. Der Held von Wittenberg. >)ahrhunderte lang war im Mittelalter die geistige Kultur auf derselben Stufe stehen geblieben. Da entstand an der Wende des vierzehnten und fünfzehnten Jahrhunderts ein Regen und Ringen der Geister wie nie zuvor. Erfindungen wie Schießpulver und Buchdruckerkunst erweiterten den Gesichtskreis, große Länder entdeckungen erschlossen neue Welten, das Studium der alten Griechen und Römer erwachte wieder, Verkehr und Gewerbfleiß, Sinn für Kunst und Wissenschaft belebten sich, und die Geister rangen sich aus Beschränktheit zur Freiheit, aus Kindlichkeit zur Männlichkeit, aus Nacht zum Licht empor. Dieser Zug des Fort schrittes und der Reform mußte auch auf dem Gebiete der reli giösen Kultur zum Durchbruch kommen. Mit dem Verstand er wachten auch Vernunft und Gewissen. In allen Landen, wo die Mutter Kirche ihre Herrschaft entfaltet hatte, fühlte man das wachsende Verderben des römischen Kirchentums und die zwingende