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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.03.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188803183
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880318
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880318
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-03
- Tag1888-03-18
- Monat1888-03
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.03.1888
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WWW Erste Seilage znm Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 78. Tonntag dm 18. MLrz 1888. 82. Jahrgang. An Kaiser Wilhelm s Bahre. Herlache Trauer trägt da» Herz ob schivrrem Schcksal-schlage L,-»den beugt un« lies der schmerz amKailersarkopdage. Kerdaler unsre- Valerlanv«, ve, Herr im Land brr Eichen. Der Held im schönsteu SiegcSkranz. -er Maa», der ohne Gleiche» — Du» ist'», was uns geraubt der Tod, de- MLrzsturm» ruuhe» Wehen! El sand bei ibm de- A rmsten Nvlh Empfinden und Verstehen, Der seine» Volke- Vater war im innersten Gemüthe, Dem au- dem blauen Augenpaar die Lieb« sah und Gkite! — Und welch' ein Herrscher ging zur Grnst I — Längst »,rd dir Welt e» iane, Ib» hat de» Ruhme» Weihrauckdust umfloret nie die Siune! Der nie gerastet, nie aerubt, er hat mit weisem Walten Le» Frieden» hoch und herrlich Gut der ganzen Well erhalten! — -in Held schloß seinen LedenOauf. — Schlagt nur aus asten Seiten Ring» der Geschichte Bücher a»s, ibr findet nicht den zweiten! X>e sab die Zeit noch solche Schau wie unser Volk i» Waffen! — De- deutschen Reich» gewall'ger Bau. sein Schwert hat ihn geschaffen! Und welch' «in Mann! Im Rubme-Iicht, in aller Ehre Spenden, Fromm stand vor Gotte» Angesicht er mit gesalt'nen Händen — Und. al- sein Her; i» Aengsien schlug um seine» Dohne« Veden. Fromm mit gesalt'nen Händen trug auch da» er gott ergeben! — Er starb — «O klagen weit umher die Völker um die« Sterben — . . . Und bei der Trauer drückt un» schwer die Sorge um den Erben, Um ihn. der jetzt da» Scepter hält, den harte- Leid betroffen! — Wir fieh'n: ,^O ew'ger Herr der Well, lag uo» umsonst nicht hoffen I Der sich geholt im Schlachtenblitz die ewig grüne» Zweige. Zu Kaiser Friedrich, unser», Fritz, o Herr, dich gnädig neige! v. woll' de- Kummer» eif'gen Bann von unsrer Seele wenden — Und, wa» de» Later» Hand begann, da» mvg' der Sohn vollenden! Du Ew'ger aus dem Sternenthron. mit deiner Huld nicht karge! Wir knieen mit dem Kaisersohn im Geist am Kaisersarqe, Doch, wa» auch mvg' die dunkle Wolk' der Zukunft immer brauen, Aon Kaiser Wilhelm hat da» Volk gelernt auch Gott- Vertrauen. — Zum Reich»taz unser Kanzler sprach — er sprach e» unter Zähren An Kaiser Wilhelm'» Sterbetag, und Trost soll'» un» ge, währen. — Vier Tugenden hat er genannt in de» Entschlas'nen Walten — vud unser Volk und Vaterland soll fest an ihnen hatten! Di« Tapferkeit! — Geschworen sei'»: Rust un-rin Feind aus» Neue, Vom Jüngling bi» zum schwachen Grei» hält Stand di« deutsche Treue! E» soll der letzte Tropfen Blut de» Felde» Halme färben. Droht je de» Fremdling» Uebermuih dem deutschen Reich Verderben! Die Ehr'! — Ein Kleinod, hochgeweiht! Nur seile Buben misse»'»! — Die Tochter der Wahrhaftigkeit, die Schwester de» Gewissen», Eie soll un» immer heilig sein! Sie weihe unsre W'bre, Die funkeln darf im Kamps allein für Kaiser. Reich und Ehre! — Die Pflicht! — Wo lebt ein Pflichtgefühl wie da- de» großen Todten? — Er tbat noch aus dem Slerbepsitbl, was ihm sein Amt geboten Die Pfl chl war seine» Leben» Slern; sie ließ den Weg ihn wallen. — Da» Bild de» kaiserlichen Herrn, ein Vorbild sei'» un» Allen! — Die Liebe zu dem Vaterland! — Da» war der Kern de» Slrcbcn»! Sie hat gelenkt ihm Herz und Hand; sic war der Pul» de» Leben»I — Wir folge», Kaiser, deiner Bahn — und Jedem Schmach und Schanke, In dessen Brust nicht obenan die Lied' zum Bakerkande! — Vier Tugenden — vier Säulen sind'» im Wesen jene» Großen — Die hat der Hanch kr» Märzcnwink», der Tod nicht um» gestoßen! Wenn nicht da» Volt von ihnen läßt im Leide wie in Freude. Vier Säulen sind'», die trage» fest de» deutschen Reich» Gebäude Fest stch'n in un» auch jene Vier — mag, wa» da »voll', auch kommen! — So ehren den am besten wir, den un» der Tod genommeu, Und ihn. der nun die Krone trägt, um den un», ach, so bange! — Wie glühend jede» Herz ihm schlägt, er weiß e» lange, lange! — Der Gott, der Alle» trägt und lenkt, er sieht un» gram- belaken — Doch, wa» such über un» verhängt, er führet un» in Gnaden, Daß nie der H.-ff -ung Morgenrolb »> unsre, Brust erbliche! — Getreu lin Leben uud im Tod den, Kaiser und dem Reiche! — Emil Ritterßhau». Trailkrgottes-1ei,st für Stine Majestät den Hochseligen Kaiser Wilhelm in Dresden. s Dre»den. lS. März. Feierlich ernste Stille lagerte heute über unserer Stadl: aste» geschäftliche Leben war er storben. Vir Kanzleien aller königlichen und stäktilchen Be hörden. sowie sämmlliche Verkaus-lädrn blieben geschloffen, io de» Volksschulen und höheren Lehranstallen siel cer Unter- licht aus. von den Tbürmen der Stadl wehten Trauerfahnen und auch in den Straßen der Stadl waren zahlreiche Trauer» sahnen ansgehißt. Da» ganze deutsche Volk und mit ihm Sachsen» Haupt« und Residenzstadt beging in wehmutdsvollem Schmerze einen nationalen Trauertag. wie ibn die Well noch Nicht gesehen — den Tag. an welchem die irdische Hülle unsere« ruhingrkrvnten allverehrten und geliebten Helornkaiserl Wilhelm, betrauert von allen civilisiilen Völkern ve» Welt all». in de» Reiche» Metropole zur letzt-n Ruhe ge bettet wurde. Gegen lü Uhr vormittag» erklang feierliche» Glocken- gelänle von allen Tbürmen der Stadl, mit eheinen Zungen einladend zu dem TraneigotteSrikiiste. der zum Edrengekächl- niß de- Hochseligen Kais«» in sämmlliche» Kuchen Dresden» abgebalte» wurde. Tausende und Abertaulende in Trauer gekleidete oder mit äußeren Abzeichen der Trauer angetbane Andächtige wall- sahrtele» in dichtgedrängten Schaarei» nach den u»> IO Uhr ihre Pforten öffnenden Kirchen. Die allg-meine Ibeilnabme war eine wahrhaft großartige. Die Tollst,Luser vermochten die gewaltige Zahl der Trauernden kaum zu soffen. Znm Millclvnrtele der Trauerveranstaliungen wurde der TrouergolleStienst in der kreuzk rche, welche,« die städtischen Eoüegien gemeinschasllich beizuwohne» beschlossen batten. Vom Baten, de» Alisiädler Ralhhauje» flatterten, aus Halbmast gehißt. traueruiiiflorte Fahnen in den deutsche» und den Dresdner Farben. Da« Gerinania-Standhilb aus dem Allmarkle war schwarz behängen. Ans den Sinsen de» Denkmal» wurden zatilreiche mit Tiauerlchl-ise» umwundene Lvibeerkränzr »lebergelegl. Im weilen Kreise ringsum da- Denkmal herum loderten mächtige Gasflammen zum wölken verschleierten Himmel empor. Im Nalhhause halten sich die Mitglieder de» NalbS- collegiuuis, die Stadlv rorbnelen, die bei der Verwaltung der Siadt dctbeiligten Bürger, sowie die städtischen Beamten aller Berwaltung-zweige zu»» feierliche» Knchgange ver sammelt. Kurz vor lli Ubr bewegte sich der imposante Zug vom Ralhhause au», unter Vorontragen der mit Flor »,»>< hülltrn Sladlsahne und unter Glockengeläule nach der Kreuz kirche, vor deren Haupteingange Kalscrgrenadicre und Kanoniere Spati-r bildete». Dir geräumige K rche war bereit» bi» in dir Emporen bi» ans da» litzke Plätzchen dicht besetzt, al- der Zug unter Orgelktängen in bas Kuckei-sch-fs eiutrot, so daß gar viele der später kommenden Kirchaänger Var den Kirchlkürru wieter umkehren mußten. Für den Rath und die Stadl» verordnckcn hatte man den Allarplatz rrservirt. Den Ehien- platz i» der bochaiistbiilichen Trauerversammlung, neben dem ersten Vertreter der Statt Bürgerme.ster Bönisch (Ober bürgern»istcr vr. Slübel vertrat die Statt Dresven bei den BeisttznngSseierlichkeite» i» Berlin), nahm der am hiesigen königlichen Hose beglaubigte preußische Gesandte Gra von Dönhoss ein. Altar unk Kanzel de» Gotteshauses waren, wie ohnehin in der PassionSzeit üblich, schwarz behängen. N-chiS u»v link» von« Altar ballen Abtbeilungen der hiesigen Militair. und Kriegervereine mit umflorten Fahnen, sowie eine Abord- nung städtischer Wohlsahrlsbcamtcn mit der Sladlsahne Aus stellung genommen. Der TrauergolteSdienst ward ringcleitet mit dem allge meinen Gelang de» LicdeS: „JesuS, meine Zuversicht", woran Archidiakoiius I,io. tlieol. Kübn das Neipv»sor,i»»i „Selig sind die Todten, die in tcm Herrn sterben" inlonirle. Hier aus sang ter Krenzkirchenchor die achksl»»mige Moletle von Mendelssohn „Mitten »vir im Lebe» sind von dem Tod um sangen". Nach dem weiteren allgemeinen Gelang de« Liede» „Wie sie so sanft rub'n". hielt Superintendent !)r. DibeliuS die Trauerpretigt, in welcher er, unter Zngruutelegung de» Bibellexte» Psalm 71, VerS 7: „Ich bin vor Vielen wie ein Wuiidcr; aber Du, Herr, bist meine starke Zuversicht", in sies- ernreiseveer Weise »iil'von Herzen kommenden und zu Herzen gehenden Worten Las rcichbewcgte Leben de» hoben Dahn geschiedenen vor Augen sübrle, und tie Herischrrtugcnte», cc» Scelenakel, die große HerzcnSgüte, ven tief religiöse» Sin» und die treue Pflichterfüllung Desselben bis zum letzten Alhem- zuge verherrtichie. Wäbrrnv der ergreifenden Rede de» genannten Gastlichen hörte man Frauen schluchzen und gar manche» Mä»»era»ge wurde feucht von Thräiicn ter Wehmulh. die man kein nun in Gott rubendcn geliebten Kaiser i» aufrichligcr Trauer nach weinte. Redner schloß, unter Fürbitte sür da» Seelenheil de» hoben Heimgegangenen, sür da» Wohl unsere» theure» Kaiserhauses »»d teS gesummten deulschen VaterlankeS mit dem „Vaterunser". Die Trauerversammlung saug sodann da» L>e»: „Am Grad de» Christen singet man vom Sieg mit tauter Freuten". Da» Schlußgebet sprach Archldiakonu» ^e. ttwvl Kühn. E-erklang noch da» fiim«ung»vollr Lied: .L) Haupt voll >?lul und Wunden", woraus di» trauernd« Gemitud« unter abermaligem Glockengeläule ou-einanderglnL Im Königlichen Polytechnikum wurde Mittag» »/,l2 Uhr eine sür t»e Dor nten und Gtudireadrn bestimmte Trauer« eierlichkeit abgehattrn, dir io Gesängen de» Polytechniker» Gesangverein» „Erato" und in einer Ansprache de» Professor» Ur. Ad. Stern bestand. In der katholischen Hoskirch« sand heute Abend 7 Uhr gleichfalls ein Trauergotte-diensi zum Grdächtuiß de» ver ewigten Kaiser» stall. »Dresden. kS März. In die Garnison- irche zu Neustadt entsendete zu der kirchlichen Kaisrrlrauer- eier aus Gouvernement-desebl jede» der hier garnisonirendrn Regimenter eine beträchtliche Anzahl Osficirrr, Unterosficiere und Eolkaten. welche zwei Emporen der großen Kirche voll» ländiq b-srtzten. Die Predigt hielt Pastor l)r. Sülze unter Fi,grundeleg,mg der Bibrlstelle: „Sei getreu bi» in den Tod. o will ich Dir die Krone de» Leben» geben!" Seine er bebende GekSchtiiißrede schilderte im ersten Theile den ereigniß- und wechselvollen Leben»gang de» Heimgegangenen ersten evangelischen deulschen Kaiser», zog einen Ver gleich mit den mächtigen katholischen Kaisern Deutsch- laut», Friedrich Barbarossa und Karl I., und wie» im 2 Tbeiie, in welchem er die Frage beantwortete: „WaS predigt einer evangelischen Gemeinde da» lange und tbotenreicke Leben de» Kaiser» Wilhelm?" daraus hin, daß in erster Linie der in dem entschlafenen großen Monarchen mächtig gewesene evangelische Sinn ibn, so Große» gelingen ließ. Dieser allein sei auch der beste Schirm und Schutz ürS deutsche Volk und Vaterland jetzt und immerdar. Der zeschätzke Kanzelredner schickte seiner Predigt vorher und «chloß a» dieselbe ein warme» Gebet zu Gott dem Herrn voll Dank für alle» Da», wa- er in dem Heimgegangenen Kaiser dem deullchen Volke geschenkt und voll Fürbitte» sür da» >m Schlachtend»»»»» zu neuem Rubin und Glanz mieder- erstandene tentsche Kaiserreich, sür Kaiser Friedrich lli., seine Gesuntheil und seine Regierung. Die ergreifende Trauerseler machle aus alle Zuhörer einen tiefen Eindruck, u»v während sonst in den diesigen Gotte-diensten die wenig löbliche Sitte bereicht, daß die Besucher nach Schluß der Piekigl die Kirche verlassen, blieb heute die ganze stattliche Versammlung, bi» der Garnisonprediger Diakvnu» Heine- mann vv» dem im Florschmuck prangenden Altar aus den Legen spendete, wo bei Bielen die Angen sich mit Tliräne» iilllen; denn um dieselbe Zeit etwa ersolgte ja in Berlin die Emsegnung der sterbliche» Hülle de- vielgeliebten greisen Heltenkaisers zur letzten ewigen Ruhe. Sein Gedächtniß ater bleibt ledentig d>» i» die fernste Zeit auch im Lande seine- treuen BundcSgenosicn und Heiser» in großer Zeil, ve» König» Albert von Sachsen. v ermischles. — Berlin, IS. MLrz. Der Heimgang Kaiser Wilbelm'S wird im HohrnzollermMuseum eine kleine Revo lution hcivorrnsrn. Gilt e» doch die unendliche Fülle von Erinnerung-zende», welche der Verstorbene hinlcblassen hat, Iheilweisc >m Museum, dem dieselbe» sicherlich überwiesen werden, ausznslellen und zu ordnen. Wa» schon zu Lebzeiten unsere- verstorbenen Kaiser» Ausnahme gesunden Hit, besteht fast ausschließlich au» den zahlreichen Adressen, welche dem Monarchen während der letzten Jahrzehnte seine reich bewegten und lhalenreichen Leben- von der Bevölkerung Deutschland« gespendet worden sind. Solche Gegenstände j soch, welche aus da» persönliche Leben deS verstorbenen Kaisers Bezug haben und dasselbe charaklerisiren, sind nur i» bescheidenem Umsange Vorbande». Dieselben erstrecke» sich vorzugsweise aus seine Kindheit und IünglingSjabre und haben in einem kleinen Schranke links vom Eingangszimmcr Aus stellung gesunde». Zwei große Räume und eine lange Galerie, letztere am Ende der sämmtlicken Museumssäle gelegen und erst kürzlich in Benutzung gezogen, sind mit den Hunderten von Adressen angesüllt. Schon jetzt gebricht e» «b»r an ge nügende», Raum, und rS ist darauf Bedacht zu nehmen, in welcher Weise eine derartige Erweiterung stattfinden kann, daß die Räume Kaiser Wilhelm'» zusommenhängen und einen ein heitlich geschloffene» Eindruck machen. — Berlin, 16. März. Der „National-Zeitung" geben unausgesetzt von Mitgliedern de» Reichstag- und kcS Landtags erbitterte Beschwerde» über die Vorgänge am und im Dom am Mittwoch Abend zu. I» einer rersclben beiß' eS: - - - „Daß die Pasizeileiiiing-ihrer Ausgabe überliaupt nicht gewachsen war. ist eine Sache sür sich» ich muß zu ihrer Entschuldigung lauen, daß an jenem Abend eigenmächtig von Seiten höherer Militair- in die Forlbewegung der Massen eingegriffcn wurde, „idem gerade in den der BolkSvertretung vorbehalienen Stunden eine oroße Ai,zahl von Soldaien truppweise von der Seite her zum Sind,äugen in den Dom cemmandirl »ad dadurch die Lage der in die voltsmaste eingekeilten Abgeordneten gerade^ In-zur Gefährlich« kcit gesteigert wurde. Wa» ich hier besoudcis hklvorbeben will, ist die vollständige Nichtachtung de» Befehl- der Itailerin Augusta, welchen der ReichstogSprSsideut den einzelnen Mitglieder mitgelhell« und der Viele deisc.ben veranlaßt halte, au» wener Ferne herdeizueilen, um noch emmal da- Bnllttz de» geliebten Kaiser- zu schauen. Man sag», daß dieler Beseht nicht einmal von Seite« de- Hvsmarschall« amte- dem Polizeipräsidium miigeiheilt worden sei, »»mit wenig sten- die Tbailache in Einklang steht, daß die Abg»»rdaete« sich vergeblich nach Osficieren der Schutzmaanschast nmsaheu, die irgend eine Kenntniß von jenem Beseht Ihrer Majestät »»habt, geschweige den» ihnen Schutz gewütet Hünen. Wie den, aber auch sei, »- ist zu hvsien, daß da- Präsidium de« Re chsiag« e» »ichl bet den Zetlung-rügen bewenden lasten, sondern den Reichskanzler »m eine Untersuchung darüber erluchen wirb, wie e« möglich war, daß die Bvlk-vertreluug I, mißachirt werden konnte. Daß im Gegensatz zu diesem Bvrgaug bi» Trinkgeldrrwirtbschasl alle Doge hi», durch in höchster Blütbe stand, um durch Kutscher, Bediente, Lakaien, Stallknechte, sowie durch Cvnnezionen jeder An ungehindert jederzeit in den Dom zu gelangen, sei nur beiläufig erwähnt." Ein anderer Abgeordneter schreibt: „Bon College», welche gestern Abend »och st»«de»langem Kampfe I» den Dom gelangien. wird mir mitgeiheilt, daß »le Snuaiion der vor der Domtbür ongelammelten Menge, die ohne jede« versuch der Bildung einer Chain, von allen Seilen nach dem rag», Eingänge zustrebte, ganz besonder» turch die Haltung einer Coloane Küiaisieie --schwer» worden sei, welche sich erheblich vor lt> Uhr. all» vor Ai laus der sür den Zutritt der Reich-tag-abqeorduelen sestgeletzicn jeit. Bahn nach der »bür brach und damit ei«e geradezu leben-« gefährliche Zusammendrückung de- übrigen PuWrnm» herbeisüdrie. Auch die Ossiciere, dir in dem Gewühl steckten, konnten hiergegen keine Hille schossen. In dem Gewühl befanden sich manche de, vor« ragende Abgeordnete und koke Staat-deamte. z. B. Minister von Boetticher. In beide» Parlamente» wurde heute erzählt, daß elbst der Präsident von Wedell-Pie-darss mit selner Gatti» vrrgediich versuch! haben, den Eintritt z» gewinnen." In dem Schreiben eine» Neich»tag»mitalirde», welche» in Holge der Miltheilung de» Präsidenten über »ie Zulassung der Parlamente zum Dom auü seiner Helwath nach Berlin gekommen war. heißt e«: „Ich belaub mich, wie alle College», soweit dieselbe» nicht noch Im Stande waren, den Rückroq zu bewerkstelligen, dald inmirieu einer tlieilweise den onlerlien Bo>k«schichten angehörendea, stoßenden, drängenden und johlenden Menge. Ader nicht die« allein, sondern nachdem wlr in dein willenlose» Dahiulreiben allmältg bl» in die Nähe der rettenden Tdür gelangt waren, erschienen plötzlich — gegen N Ubr — an der Südleite de» Dome» mehrere Hundert Man» Militair. welche rücksichtslos den Eingang sorenten. Besondei» ein höherer Oisicier coinmandirte uiiier Hinweis aus die Menge „durch", und so erlochtea dies» Mannschoslen eines Sieg, welchen man in den Annalen der Geschichte wohl nicht verzeichnen wird. Hätte ich mich lediglich al- Publicum zu fühle» gehabt, so würden -war meine Anschauungen über die Leistung-läh gleit der Berliner Polizei stark heradget»ücki sein, allein ich Kälte di, Uaaaaedmltchkrit al« Folge meiner Neugierde ertragen. Dachie ich ober daran, daß ich hier aus Grund olficieller Einladung stand al- Mitglied de« deutschen Reichs tage«. so aberkam mich e», Gefühl tiefster Beschämuag uad lebhaften Unwillen«." Die „Rätionalzeitung" bemerkt dazu: Wir begnüge» un- mt» der Wiedergabe dieser Sätze au- einem ganzen Stoß uns vvrliegeuder Briese. Die Frage» ad dle Berliner Polizei in den letzten Tagen sich ihrer Ausgabe gewachsen gezeigt hat, ist bereit- mehrfach berührt worden. Offenbar aber hat es auch an dem rrsordertichea Zusammenwirken der Hof-, Polizei - und militairischen Behörden vva vornherein gesehl». Der Eindruck, daß tie« die nächste Folge eine« Thronwechsel« war, ist ei» sehr miß. sicher; denn wenn eia Wechsel a» der erhabensten Stelle de-Staate« selbst nur sür kurze Zeit die Behörden tu der gewohnten Präcisioa de- Zusammenwirken« lähmt, so liegt der Gedanke nahe, daß sich dies auch bei wichtige««« Anlässen hätte geltend wachen können, al« bei der Ordnung de« Zutritt» zum Dom. Sache der Polizei war »«, sich sowohl mit den Hof«, al« mit deu Militair« dehörden in da- erforderliche Einvernehmen zu setze». Der oberste Ches der Polizei uud sür sie veraniwortlich ist Herr v. Puttkamer. Er hat iu den letzten Tagen eine selisame Unsicherheit bewiesen Wir haben gegenüber abenteuerlichen Au-Iegungen der Unterlassungssünde, daß er mit de» Ankündigung de» Tode- Kaiser Wilhelm'« nn Ad. geordneteiihause nicht die der Nachfolge Kaiser Friedrich'« vrrboud, die Erregung de- Augenblicke» al» Eiklärung gelte» lassea, obgleich eine solche Unterlassung nicht hätte vorkommeu solle». Seit dem hat sich »u lhr die Unldätigkeit tu der Frage der Lande«,rauer gesellt; dies, Anqslegenheit steht jetzt so, daß die Gerichte in die peinliche Lage kommen können, in Civil- procest.m die Beeulung aus die erste Regieruagthandlung de- neuen Herrscher« abweise» zu müssen. Endlich haben sich unter de» Augen de- Minister« de- Inner» vier Tage lang in den Berliner Siraßen Sccnen abgespielt, welche bt- zum letzien Augenblick die Besorgniß nahe legten, die Trauer um den Heimgegangenen Kaiser könnte in der beklaqrn-werlheste» Art durch ernste Lonflicte zw scheu dem Publicum und der Polizei gestört werden. Die Mißhandlung der Reichstag-- und LandlagS-Mitälieder am Mittwoch Abend war nur rin einzelner Zug der um,„lügende» Sorge für die staatliche Autorität in Momenten, i» denen die Auseechteehaltnng dieser Autorität in verschiedenen Beziehungen erbeblich wichtiger war, al« hei'pielsweise bet dem seierlichen Eintreten sür irgend einen geheimen Polizei-Agenten. — Hamburg, 15. März. ES herrscht hier noch die alte Sitte, daß die unmittelbar »eben dem Rathhause stehende Wache ins Gewehr tritt, sobald ein Senator sich m Aint-lracht zu einer Sitzung in» RathbauS bcgiebi oder dasselbe verläßt. Der Zi.sall will e» nun, daß ein verhLltniß. mäßig noch junge» Senat-mitglied auf Grund de« neuen Wehrgesetzc» wieder dienstpslichlig geworden ist. Dieser Herr lvürve, da er in Militairverhältniß de» Rang eine» Bicewacht- ineisler» bekleidet, bei einer Einberusung in die sonderbare Lage kommen, unter dem jüngsten Lieutenant zu stehen und mög licherweise gezwungen sein, vor seinen eigenen Collegen die Honneur» zu machen. Da ein Senator in den Hansastädten die Staatshoheit darstellt, so ist dieser „Fall" von der Militairvc,waltung, nachdem er zur Sprache gekommen, dahin geregelt worden, daß der in Frage stehende Senator al» un abkömmlich anzusehcn sei, also nicht im Kriegsfälle zu dienen brauche. 8v3e!iLii8lLLlL8 5ür ÜLWVL Roävll Dev neue liatalog für Frühjahr nird Sommer ist erschienen und von meinen geschätzten Kunden an der Casse gratis in Empfang zu nehmen. WDWWWUDWWI
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