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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.03.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-03-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188803230
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880323
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880323
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-03
- Tag1888-03-23
- Monat1888-03
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.03.1888
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Zweite Geilage rum Leimiger Tageblatt und Anzeiger. .1- 83. Freitag den 23. Mtirz 1888. 82. Jahrgang. Kaiser Wilhelm vnd -as Post- nnd Telegraphenwesen. » DaS amtliche Archiv sitr Post und Telegraphie W»«et unsrem Kaiser Wilhelm einen offenbar au- der Feder de» StaatSserrelair» de» Reich-postamtS GeueralpostmeisterS vr. v. Stephan herrührrnven warmen Nachruf, in welchem r« heißt: Siebtel»» Einzelpvftvenvaltungen bestanden im Gebiet de» alten dentlcheu Bunde«, al» der Prinz von Preußen im Jahre 1857 in Stellvertretung seine» königlichen Bruder» die obere Leiiuaz der. Staat-geschäste übernahm; da» preußische Postgebict stand mit < 27827 qbm und nicht ganj 17'l, Millionen Einwohnern an zweiter Stelle. Diese Zerrissenheit im Postbereichc fand unter König und Kaiser Wilhelm ihr Ende. Bon weittragender Bedeutung war dabei der nach schwierigen Verhandlungen im Jahre 1867 erfolgte Uebrrgang de» Thurn und Doxi-Ichen Postweien». diese» eigeulhamltchen Wahrzeichen» der deuiichen Vielstaaterei und -seudalzeit, aus die Krone Preußen». Dem überdies durch die Einverleibung von Schleswig-Holstein, Lauenburg und Hannover vergröberten preußischen Postgebicte schlossen sich bei Errichtung de» Norddeutschen Bunde- und bei dessen Erweiterung zum deutschen Reich an Sachsen, Brannschwcig, die beiden Mecklen burg. Oldenburg, die Hansestädte, da» wiedererworbene Elsaß- Lothringen und Baden, so daß heute da» Gebiet der deutschen Rrichlpost 449 665 qkm mit r»nd 40 Millionen Einwohnern um faßt. Die Zahl der Postanstalien ist von 1896 am Schlüsse de» Jadre» 1856 aus 17 350 zu Ausang März 1888, mithin um 15 454 gestiegen, diejenige der Delegraphenanstalten gegen 1856 um mehr al» da» Hundertfache, nämlich von 91 aus 9405. Einheit der Post- aesedgtbung herrscht seit 1872 im Gesaiiimruinfang des deutschen Reiche». Borau-gcgangeu war im Jahre 1867 die Beseitigung der Honderpostgesetze innerhalb de» Norddeutschen Dui.be», unter Eia- führnng der einstufigcu Beiestaxe. Durchgreifende Erleichterungen in drr P cketbesörderung, sowie aus dem G biet der Geldübermitt- Inuge, wirktr» wesentlich belebend aus Handel und Verkehr rin. Dar W ltgeschichte gcbürl die Tdotsacke an, daß aut Anregung Deutschland» am 9. Oktober 1874 zu Bern der Allgemeine Post- vrrai» begründet und dieser vier Jahre ipäter zum Weltpost verein erwetiert wurde. Daß der hochseiige Kaiser diesem sür dir Lulturbestrebungen der Neuzeit bedeutsamen Werke sein gnädigstes Interesse persönlich iu hohem Maße zugewandt hat, braucht kaum hervorgeboben zu werben. Seinen hohen Gesinnungen und Bestrebungen sür die Förderung de» Weltfrieden» mußte da» in dem Weltpostverein die civilisirten Völker umschlingende Band b sonder» lympa'hilch sein, wie solche» auch von Allerhüchstdemselbcn «itdarhalt dem Ehes der Post- und Tclcqraphenveiwaltuag gegen« üter baknndrt worden ist. Welche wilthschasittche Bedeutung die am 1. Januar 1876 im Neichsgebiele durchgrsüdrte W,ederoerei,iig»ng da» Delegrapheriwelcns mit der Postverwailnna gehabt lat, wie sich daran namentlich die Vereinfachung nnd Ermäßigungen der Tele- araphrntarea. die große Ausbreitung der Telegraphenanlagen geknüpft naben, steht vor Aller Augen. Unvergeßlich wird allen Angchörigrn drr Reichspost- und Telegraphen. Veiwaliung sei», in wie reichem Maße Sr. hochseligcn Majestät Fürsorge sür die Beamien sich kund- gethan hat. E» sei nur die Begründung der Kaiser-Willielm-Stislung lür die Angehörigen der Reichspost- und Telegraphen-Verwaltung, die Gewährung der WohnungSgeldzuschüsse, die Ausbesserung der sonstigen Dienst- und Ruhegehälter, ferner die durch da- soeben veröffentlichte Ge setz vom 5. März d. I. zum Abschluß gelangte segensreiche Gesetzgebung bezüglich der Fürsorge sür die Hmterbliebencii der ReickSbeamten hervorgehoben. Welch ein warmes Herz drr Kaiser sür seine Beamten gehabt und wie er die- in den seiner Entscheidung unterbreiteten Einzelsällen gezeigt hat, dafür wollen wir solgende» Beisviel an führen. Zeagt e» nicht von einer außerordeuliichcn HcrzeiiSgilte, baß er in einem ihm zur Unterzeichnung vorgeleaten Oidrr-Entwurs Wege» Bewilligung einer sortlausenden Beihilfe für einen im Ruhe stand« lebenden Postsccrelair die in Borichlag gebrachte Somme von llOO^l höchftrigenhändig aus 400 abänderle? Mil unermüdlicher Hingabe waltete drr Kaiser trotz srine» hohen Alter» seiner Herrscher, vfl chien. AIS ihm vor riniqea Jahren die Entschließung unter, breitet wurde, zu seiner Erleichterung gewisse sich öfter» wieber holend« Anträge au» dem Bereiche der Reich» - Postverwaltung nicht mehr der kaiserlichen Entscheidung vorzudehalien. erging an dt« oberste Postbehörde tm Allerhösten Auftrag btc Mitldeilung, „Majestät wären sich nicht bewußt, bei der Voilage derartiger Anträge irgend Weiterungen verursacht oder denselben nicht in thunlich kurzer Frist entsprochen zu haben, und ebenso wenig läge e» in allerhöchst ihrer Intention, in solcher Beziehung einen Wechsel eintrete» zu lasten, auch wenn die Zahl der Anträge sich in Zukunft vermehren sollte." Daß der Kaiser von der Entwicklung de» Post- und Telkgropheoweseo» de» Reiche» sich fortlansrnd unterrichtet gehalten nnd seine Befriedigung den Beamten wiederholt «»»gesprochen hat, ist allgemein bekannt. In schönerer Weise konnte die Pflichttreue der Angehörigen der ReichSpost und Telegraphie nicht belohnt werden o>» beispielsweise durch den allerhöchste» Erlaß vom 30 Drcember 1885, welcher aus den letzien Sr. Majestät erstatteten Bericht über die Ergebnisse der Reichspost- und Telegravhenverwaltunq für die Jahre I83S bi» 1884 ergangen ist: „Ich habe von dem Mir am 13e d. M. vorgelegten Berichte über die Ergebniste der Reichspost nnd Telegraphenverwaliung während der E atsjahre 1882 bi» 1884 eingedende Kenntniß genommen. ES ist Mir von hohem Interesse gewesen, die stetigen Fortschritte in der gedeihlichen Entivickeliinq de» Reiche», insbesondere die weienilichen Verbesserungen, welche auf dem Gebiet« der auswärtigen Berkehr-bezichnnqen zu verzeichnen sind, im Zusammenhänge zu überblicken und zu erfahren, welch überraschend günstige Finanzergebnisje Dank der sachgemäßen sicheren Leitung der Verwaltung und der pflichttreuen Mitwirkung aller Beamten erzielt worden sind. Ich nehme gern Veranlassung, säinnillichen Betheiligten Meine Anerkennung auszusprechen. Berlin, den 30. Deccmber 1885. gez. Wilhelm." Wie lebhaft da- Iuterrsse war, welche» der Kaiser der Entwickelung de» Reichspost- und Telegraphenwesen» zuwandte, da» prägt sich am schönsten in der Thalsackie au», daß er wieder holt bei persäalichen Begegnungen mil dem Ehes der Verwaltung einzelne für den Aulichwung de» Verkehr» besonders bezeichnende Zahlen zum Gegenstände huldvoller Erölerunge» gemocht hat. Worin spiegelte sich auch besser die gewaltige Steigerung, welche der Verkehr unter seiner ruhmreichen Herrichasi gewonnen bat» al» in der Thatsacbe, daß die preußisch« Post im Jahre 1856 inSgesammt 130 Millionen Postsendungen befördert hat, die denische ReichSoost im Jahre 1887 dagegen über 2 Milliarden, und daß die Gesamnitzadl der Telegramme sich seit jener Zeit von 24ÜOOO aus rund 20 Millionen gehoben hall Worin treten die er zielten Ersolg« deutlicher zu Tage al» in der Thalsoche, daß die preußische Post im Jahre I85Ü einen Ueberschuß von kaum 5'/, Mil. Iionen Mark hatte, während der Uebrrichuß der deutschen RcickSpost sür da» Jahr 1887 aus über 29 Millionen Mark veranschlagt werden dnrsk So bedeutet die Regierung de» Kaiser» und König» Wiibelm auch für da» Postwese» eine Zeit großartiger Eniwicklunq. Denn wie allüberall durch Gottes Gnade ward hier dem kaiserlichen Hoffen berrlich« Erfüllung: „Allzeii Mevrer des deutschen Rttches zu sein nicht an knegerischrn E.oberunqeu, sondern an den Gütern und Gaben de» Frieden» ans dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung." Ruhm und Preis dem gesegneten Andenken Kauer Wilhelm'» b>» in die entferntesten Z-itcn I Dem ollgelüblen Kaiser Friedrich aber Heilrus and ehrsurchlsvallen Gruß Mit dem Ee- löbniß unwandelbarer Treue. Gott schütze Kaiser und Reicht Das bürgerliche Gesetzbuch. * Der Entwurf eine» bürgerlichen Gesetzbuch» für da» Deutsche Reich, wie er in erster Lesung durch di« vom BundeSratbe hrrusene Commission auSaearbeitet ist. liegt nunmehr in amtlicher Ausgabe vor.*) ES Vars ai» «in Zeichen der festen Grundlagen belracklet werden, aus denen da» Deutsche Reich erbaut worden ist, daß mit d«r Gewißheit de» Erfolget an eine Ausgabe keranq,gangen werden konnte. zu welcher ein hervorragender NechkSlebrer der Z«,t d«r Freiheitskriege den Berns und die Befähigung adsprecbcn zu wüsten glaubte, und die» um so mehr, a!» erst di« *) 1. Entwurf eine» bürgerlichen Gesetzbuch«» sür da» Devtsche Reich. Erste L seng. AuSgeardeitet durch die vom vundeSraide berufen« Lommission. Amtliche Au»qabe Berlin und Leipz'g 1888 8 Gattentag sD Eollin). S. Mot v« zu dem Entwürfe eine» bürgerlichen löejetzdnchk» sür da» Deutsche Reich. Band l. Allac- ««leer Lheil. «wtiiche Autgabe. Berlin and Leipzig 1838. A GÜAeiUNß sV Eollin). Napoleonische Zeit die Zerristenbeit de» deutschen Recht»-, zustande» dadurch vollkommen machte, daß in den rheinischen. Gebieten die sranzösiscbe Gesetzgebung eingesührt wurde. ' Während im Anfänge de» Jahrbunderl» diese» fremde Recht»- , elemenl erst eine kurze Zeit in Kraft war. ist letzt der Oocko Xapolöon durch eine Uedung von säst 100 Jahren in großen ^ Tbeile» deS Vaterland?» da» geltende Recht. Aber nicht die Vor- ; liebe Preußen» für sein Landrcchl, nicht der Umstand, daßSachsen erst in neuester Zeit da» bürgerliche Recht i» vorzüglicher Weise codisicirte, und auch nicht die Aussicht aus die ungemein großen Schwierigkeiten, eine Vereinigung der verschiedenen Recht»« anschau.inqen im großen Vaterlande anzudabnen und durch« zusübren, schreckte vor der Riesenausgade zurück. Der nationale Gedanke war bereit» kurz nach Begründung de» Reiches dermaßen erstarkt, daß der NeickSlag durch Gesetz vom 20. Deccmber 1873 den tz. 4 der RcichSversastung abänderle und die bürgerliche Gesetzgebung voll und ganz in die Com- pelenz deS Reiche» stellte. Ani 22. Juni 1874 belraute der BnndeSralh eine anS elf hervorragenden praktischen und tbeorekischen Juristen zusammengesetzte Commission mit der ' Ausgabe, unter Ausschluß deS Handelsrechts u"d »cS diesem zugehörigen NcchtSgebiet« den Entwurf eine» bürgerlichen Gesetzbuch» sür das Deutsche Reich auszuarbeiten. Nach vierzehnjähriger angestrengter Arbeit vermag nun die Commission ihr Werk der öffentlichen Beurtbeilung vor- zulegcn, unb in dem Vorworte wird r» al» willkommen be zeichnet, wenn nicht nur die Vertreter der NechlSwistenschast und die zur Rechtspflege Berufenen, sondern auch die Ver treter wirthschastlicvcr Jntercsten von drmselden Kenntniß »ehmkn und mil ihren Uriheilen und Vorschlägen zur Vcr- werthung sür die weitere Beschlußfassung über den Entwurf hervorlretcn. Unter diesem GrsichtSxuncle erscheint eS an gemessen, den Inhalt deS Gesetzentwurf» sich zu vergegen wärtigen. Der Entwurf zerfällt in fünf Bücher, deren erste» vrn all gemeinen Tbcil behandelt. Im zweiten Buche werden die Schuldverhältniste geregelt, da« dritte Buch ist dem Sachen recht gewidmet, im vierten Buche wird da» Familie»- und im fünften da» Erbrecht gestaltet. AIS ein besonderer Vor zug de» Entwürfe» muß die Freiheit bezeichnet werden, welche s der wissenschaftlichen Auslegung teS bürgerlichen Recht» ge währt wird. Der Entwurf enthält sich der Ausstellung jeg licher NuSlcgiingSregel», wie sie bei früheren Codisicalioncn an der Tagesordnung waren, und verordnet im tz. 1 nur. daß aus Verhältnisse, sür welche daS Gesetz keine Vorschrift enthält, die sür rcchlSäbniichc Verhältnisse gegebene» Bor- schrislen entsprechende Anwendung finde». In Ernraiigelung solcher Vorschriften sind die au» dem Geiste der Rechtsordnung sich ergebende» Grundsätze maßgebend. In diesen Worten ist die freie Auslegung deS bürgerlichen Gesetzbuches verbürgt; cs ist ebenso, wie in den großen Covi- ficativiien deS Handelsgesetzbuches, VeS Strafgesetzbuches und der Proceßgksetze des Dcuischen Reiches auSgespi ochen, daß nur Li- Freiheit wisienschastucher Forschung eine Verknöcherung deS Neckt« verhindern kann, und die Anerkennung, welche die Commission dem deutschen Jurisiensiande spendet, indem sie erklärt. Wissenschaft nnd Praxis batten die ihnen überwiesene Aufgabe der Auslegung auch obne besondere gesetzgeberische Anleitung mit bestem Erfolge gelöst, bürgt dafür, daß auch dirses, alle anderen an Tragweite überragende Gesetzbuch eine zweckentsprechende Einsübruiig und Anwendung durch die Praxis erfahren wird. DaS Mißtrauen, welche» früher drn Gesetzgeber vielfach gegen die auSlegenve Thäligkeit der Praxi» beherrschte und sich in beschränkenden AusleguiigSregcl», wie sie noch im Preußischen Lanbrechte erscheinen, bekundete, ist für immer verschwunden, unb eine hohe Ausgake erwartet die Juristen de» deutschen Volke» Aber eS kann nur ein den höchsten Anforderungen ge nügendes Gesetzbuch sich in so vornehmer Weise der Kritik und AuSlegiiiig der Gerichte überantworten: der Entwurf deS bürgerlichen Gesetzbuch?» zeigt gerade in der Beschränkung, daß Meister an ihm gearbeitet baden; der Fehler, in den die Redaktoren deS Preußischen LandrechtS verfielen, indem sie womöglich für jeden denkbaren NecktSsall in den Paragraphen deS Gesetzbuches die Entscheidung geben wollten, ist vollkommen vermieden. Tie Motive erkennen vielmehr an, kein Gesetz könne in dem Sinne vollständig sein, daß eS sür jede» in ve» Rahmen de» Von ibm behandelten Neck>tSstosfeS fallende Ber- hältniß eine »nmiltelbar anwendbare Vorschrift a» die Hand gebe, und bezeichnen derartige kasuistische Versuche sür verfehlt. DaS bürgerliche Gesetzbuch muß im Betürsnißsallc aus sich selbst aus dem in ibm enthaltenen RechlSsysteme ergänzt werden: eS enthält nicht eine tobte Maste nebeneinander ge stellter Ncchtssätze, sondern ein organische? Gefüge innerlich zusammenhängender Normen, und di« ihnen zu Grunde liegenden Principien tragen den Keim weiteren Au-bancS in sich. Die bisherigen bürgerliche» Rechtsnormen werden dabei ihrer GcltungSkrast vollkommen entkleidet nnd können nicht als HilfSrechl in Betracht kommen, denn c» gilt im Deutschen Reiche der Satz: NeichSrccht bricht Landrecht. In sich allein beruht, nuS sich allein schöpft daS bllrger> liche Gesetzbuch seine Kraft, nnd mil dem Augenblicke, wo eS in Kraft treten wird, sind sür alle neuen Rechtsverhältnisse lediglich seine Normen maßgebend, nnd ein neues kräftiges Band der Einheit wird die deutschen Stämme umschlingen Mlitairischks. * Zirr Verwendung deS Magnesium lichtes in der Armee wird dein „Militairwochenblatt" geschrieben E» Ist meine» Wissen» bl-hcr nicht der Berlins, gemacht, bei den Feldtruvpeii Magnesinmlicht in systenialischer Weise zur Verwendung zu bringen. E» will mir aber scheinen, daß dasselbe in zutiinstigen Kriegen wohl bestimm» sein möchie, besonder» beim Vorpost-ndienst, »ine Rolle zu lvielen. Ueberbaupl bei Nachlgesechlen, nächtlichen Ueberiöllen, wird r» gule Dienste leisten. „Die Nackt ist keine» Meniche» Freund" und Nachtge fechte baden, besonder» für junge Trnpven. etwa» Unheimliche». Da» Unheimliche eine» Nachlgelechles besteht in dem peinliche» Gesähl, im Unklaren darüber zu sein: Wo ist Feind? Wo ist Freund? — Der Stand de» Gescchir« läßt sich nicht übersehen, die Gesechl», Icitung bürt aull Sollie e» nicht aaqezelgt sein, bei Nachlgcsechten und besonder» in vorbereiteten Stellungen den Anmarsch des Feinde», welcher im Finstern füglich nur aus Straßen ersolge» kann, zu belenchiea, um itm desto wirtioiner beichießen zn können? Tie erforderlichen Hohl spiegel ließen sich wohl, wie so manche» Andere, aus den Bataillons wagen miisühren! Tie» vorausgeschickt vnd nur nebenbei berührt, möchte ich in diesen Zeilen auf den pratiischen Nutzen, welchen da» Magnestu,»licht al» Signal beim BorposI,»dienst leisten könnte, vor Allem hinweffen. Selbstverständlich dürsten Meldungen llnrw Lchisignal n»r in solchen Fallen zur Anwendung kommen, wo wirklich Gesabr im Verzüge wäre: rin Angriff z. U. u»m tlelbar brvorständ« »nd »ine andere Meldung zu ipoi kommen niußie. Horchiruvps. Palronillen, weit vorgkictobcur Paar» könnten sich mittelst Magm-stum-Blendlaternen. nebst dazu aehüiigen farbigen Gläsern, blitzschnell nach rückwär!» ver- ständigen Es wurde sich dann »ich« ereignen, daß Meldungen erst mit dem Feinde zugleich «intr-sten Wenn Truppen lange aus Vorvosten stehen, werden dieselben er. sahrvngsmäßiq, der G-ladr gegenüber, weniger enivsindttch. Vielleicht todlmüde und ia derselben Stacht schon mehrmals durch Schüsse seilen« der Posten und Patrouillen alarmir», wird die Gelobe leicht unierlckätzt — man wird, wie der Soldat fick autdrückt, einfach . d>ck- selligl' Man glaubt nicht mehr an Ueb-rsall. Wenn drr Wals in der Jabel nun aber wirklich ericherrit? Wie «lekirisireaS würde dann der Rus de» Posten» vom Gewehr: „Grüne» (rothe», weiße») Licht bei Bußen Nr. 1t" wirken. Ein Mißbrauch in der Anwendung müßte selbstredend exemplarisch bestraft werben. Durch Verabredung in der Wakl der Farben läßi sich Abwechselung schaffen »nd dem Feinde die Möglichkeit nehme», Lurch Nachahmung die Vorposten zu beunruhigen. Ob r» st» em psthle» würde, auch andere al» Alarmsignale durch Magnestumlichi z» gebrn, will ich „»erörtert lassen, indeß auch srci brennend unk ohne Farbenglüier und Blendlaternen dürste bas Mrgnesiumlichi Verwendung finden können. Leider waren in drn l-tzten Feldzügen die Fälle nicht selten, bei denen nachrückende Truppen die eigene» Kameraden, in Unkenntnrß der Gcsechlsloge. von Hinte» beschossen. E» nohmen die Beschossenen dann Zuflucht zum Signalhorn, um sich al» Freunde eikc nen zi: gebe». Abgesehen von den durch Signale zu verursachenden, immerhin mögliche» nnd vorgeko»,menen Jrrlbüiner ist diese» Mittel im Gelöse de» Geseihte» nicht immer anwendbar, nie mals wohl bei Arlillerleseuer aus weiten Entfernungen. Der gleichen, sich leider iminer wiedrrholeiide. schmerzlich- Jrrlhümer ereignen sich vorzugsweise im Halbdunkel, »» „Schummern", wen» der Tag zur Neige geht. Sollte sich in so bedenklichen Lagen nickt da» Mag» siumücht zur sosorligen Verständigung wirkianiee erweisen al» das Signalhorn? Und wen» die» in der Thal ge> schiebt, dann würde der deni Vaterland? eriparle Verlust braver Soldale,>, die Koiien der Einstihriing überreichlich ausgleicken. N chl» ist wohl b dauerlichcr. als au» Mißverständniß von eigenen Ka»,rroüen z»n> Krüppel geschossen zu werde». Be, vorschriftsmäßiger Verwendung dürften die Kosten so beben- tend nicht sein und würde» sich ersordcrlichensall» selbst an» den Er- sparnissen der Truppcniheile bestreiten lassen, wenn die Versuche mit dem Magnrsiumlicht denselben im eigenen Interesse anbeiingcaebeii werden sollten. Beruleneren würde e» aiiheinisalle», das Mag»esi»»i- licht in praktischer Weise leichi handlich, nie verjagend, sür den Ge- brauch in der Annee etnzurichlen. Vielleicht könnten lämmlliche Unterossiciere damit dienstlich ausgerüstet werden? Unsere beiden neuen LenbachbMer. Für unser städtische» Museum hat in den letzten Tagen der Rath der Stadt eine kostbare Erwerbung gemacht durch den Ankaus der von Franz von Le »back gemalte» lebensgroße» Knicstückdildniste de»,.Kaiser» Wilbelnr" nnd des „Fürsten BiSmarck". Beide sind ohne Widerrede Werke, wie sie in gleicher Vollendung vorher anS Lcnbach's Werkstätte nicht hervorgegangen sind, schon um deswillen, weit bei beiden der Maler nicht bloS fein ganzes meisterliche- Können in der AuSsuhiung deS KopseS und VeS AnlitzcS der Darzustellenden ausgewendet hat und alles Andere wie sonst mit der bekannten Lenbach'schcn genialen Nichtachtung behandelte. Nein, diesmal ist auch die ganze Gestalt, sind Kleidung, Hände, Beiwerk, allerdings nicht wie bei den modischen Dutzendnialern mit liebevollster Warme und sorglichster Feinmalcrci zur Haupl- sache gemacht, aber koch soweit mit seiner Berechnung auS- gcsUbrt, daß sie, ohne die Aufmerksamkeit vom Antlitz abzu lenken, zu wirksamen Faktoren deS harmonischen Gcsammlein- druckeS wurde». DaS Kaiser Wilhelm-Bildniß stellt den greisen Herrscher im schlichten soldatischen Nocke, die Brust nur mit dem Eiserne» Kreuze geschmückt, im Lebnstubl sitzend, dar, ziemlich in Seitenansicht, den Rücken nach rccktS gekehrt, die Hände leicht und ungezwungen im Schoße zusammeugelegt. da» Antlitz fast in Vorderansicht dem Beschauer zugewcudet. Da ist freilich nicht- von dem konventionellen, glatten, iiiiin- tcrcu, geröthetcn Greisengesichl zn schauen, wie eS die beson der» jetzt in Unzahl auslaucheiiden vecorativen Dutzeiidbild- nisse des Kaiser« zeigen. Die» Antlitz ist treu und wahr da» fallendurchfurchte Ho.iserantlitz der letzten Zeit, auch einfach, nüchtern nnd lebcnSwabr in der Farbe, aber nicht IN gleich gültiger Alltagsstimmung, oder gar in einem durch körperliche Leiben getrübten Aiigenblicke ersaßt, sondern in ideal gehobener Herrscherslimmung, mit den, Ausdrucke de« ganzen unendlichen Wohlwollen», dessen deS Tabingegangenen Seele für sein Volk, ja sür die ganze Menschheit säbig war, sowie seine- ganzen strengen, unenlwegbarcn Pflichtgefühl» und der ganzen geistigen Ucberlegenbeit. welche der freie Blick von so hohem Platze a»S einem Manne, wie Kaiser Wilhelm eS war. gehen mußte. Alle» DaS blickt dem Beschauer au» den Wilhelms« Augen diese- LenbachdildnisteS inS Herz. Wunderbar hebt sich der Kops und die ganze Gestalt auS dem warmen, rolhen, unten sich aushellenden. reckt» Uder dem Haupte Sammeldrapcrie an» deutenden Hintergründe heraus. Wie der Kops, so ist auch die Hallung drr ganzen Kaisergestalt frei von jedem nnkünst- terischen Realismus. Der Maler hat in derselben nicht etwa greisenhafte», selbstvergessenes Jiisichziisammengcsuiikcnsein ver ewigt, nein, die Gedanken, die dies Haupt beseelen, durch strömen die milden Glieder, schwellen die Brust mit Herrscher thatkrast und Hede» da- Haupl empor. Alle- in Allein, so viel kann man mil Gewißheit Voraussagen: vicS Wilhelmbild wird gar bald Allen a>S ein theureS Kleinod an» Herz ge wachsen sein, auch allen Denen, welche der ebenso inarkigen wie vornehmen Formen- »nd Farbenspracke Lcnbach'scber Bildnißkunst bisher noch mit geringerem Verständnisse gegen überstanken Da» Kanzlerbildniß steht an Kiuistwerth und packender Wirkuna um kein Haar dem Kaiserbiide »ach. BiSmarck fleht aus demselben »n schlichten, schwarzen bürgerlichen »locke, zugeknöpst biS zum Halse, in nahe voller Bordcr-Ansicht da, in der herabgesiinkeiien Linkcn den geschichtliche» Ecklapplnit haltend und die einen Lcderbankschuh uinsastcnde Rechte leicht aus einen Stock gestützt. So zeichnet sich vor einein breite», grauen Steinpfeiler, an den sich links dunkle Draperie an- schlicßt, der hiinengeslaltige Kanzler ab, selbst eine», auS FclS aebaueiicn Pfeiler gleich Dieser BiSmarckkops ist genau eben solid ein Meisterstück Lenbach'S wie sein Kaiserkops. Alle schöusäibciide, salteiiauSgiätleiidc Schminke ist vo» der Palette VeS Maler» fern geblieben, so daß selbstverständlich auch liier nicht» von jenem jovialen, alten Herr» zu sehen ist, wie ihn die gewöhnlichen Bildniste, nnlürlich okne wirkliche Kenntniß de« Originals und in bester Absicht darstellen z» müssen glauben. Auch war eS dem Maler wobl tewnßk. daß cS srevler Raub sein würde, auch nur die kleinste dieser ehrwürvi.ze», vo» langer schwerer Sorge und Müde um da» geliebte Vaterland in da» eherne Anllitz gegrabenen Furchen zu fälschen »»v zu glätten. Der von Lenbach gewählte, und zwar ans Wunsch des Reichskanzlers gewählte bürgerliche Rock, an Stelle der fast tvpisch gewordenen Kürassicruilisorin. ist übrigens nicht obne Bedeutung unb Berechtigung, ganz abgesehen von der sür da» HerauSleuchlen de» KopseS weit günstigeren male rischen Wirkung, Venn der Fürst selbst hat sich dem Künstler gegenüber dahin ausgesprochen, daß er die Uniform i»> Grunde nur seinem kaiserlichen Herr» zu Gefallen trage, und so kommt denn auch durch die Wahl der Kleidung, welche dem Kanzler die liebste ist. seine Nolle al» Fnckesürst in der bezeichnendsten und unzweileutigsteii Weise zum symbolischen AnSdiucke. E» kann nickt fehlen, daß Leipzig von vielen Seiten um diese beiden Bilder beneidet wird, und eS muß bei» Rächt unserer Stabt der ausrickl'gste Dank dafür gezollt werden, daß er obne Markten und Feilschen den Preis von 22 000^1 sür da» Kaisrrbilv und von 18 000 sür da» BiSmaickbilv bewilligte und ohne Zeitverlust den A»ka»s abscklicße» ließ denn alsbald nach Adickluß desselben trafen bei Lenbach von hoher und böchster Seite aus die Erwerbung de» Kaiserb ldeS. de» rlnziq-n. wa» der Künstler malte, bezügliche Telearamnie ein Adolf WeiSke pädagogische Gesellschaft. * I» brr Kitz»»« vom 17 März gedachte der Vorsitz . -.> i Achulrath Vr. Hempel, in einer Ansprache, die vo > bin V - sammelte, ft»he,tz «ai,egrnaen»mme» wu d». de» beimiegangenc» Kaiser» al« de« Horte» de« Frieden», der» objchoa siegreich, uns den Frieden erhalten hat, dessen auch unsere Gesellschaft bedarf zum Be triebe ihre» Frieden-werter ist unserer Juaend, deren Gemütb und Gewusen w>r aozuregea inchen, ein ideale» B üpicl von F öininig- keit, Selbstchsigkeii, Treue, edlem Wohlwollen, WllleüSiestigkelt, ver- aebender Liebe und Pflichttreue; auch in unsriin kleinen Kreitr werden wir da» Bild des ciilichleisenen Kaisers bochhatte». wenn wir eine Jnariid erziedcn, die sesihält, was er »nserin denkschen Votcr- lande geschenkt hat. — Hieraus erlhcilte der Herr Vorsitzende Herrn Oberlehrer Krnsche da» Wort zu seinem Vorlra-ie: Lickt« »nd Schattenseiten der Großstadt für die Lchul-Er- ziebillig. Davon ausgehend, daß die Nmaebiing, in weicher die Juirod aiifwächst, einen nachhaltigen Einfluß onsü't, der sich auch i'n ipäiern Leben nach geilend macht, was wir an H bel's schüchterner Weise in, Umgänge mit Vornehmen und seiner herzgewinnenden Freundlichkeit Niedern gegenüber wahrnehmen, wie an Foistee'S Ruhe uns Sammlung bei w'fleiischaftiicher Arbe I und sei» r Ans- gereglbeii n> Verkehre, speich» der Herr Vortrag-nde leine Mc nu»g dahin au-, daß die lobend? Siätte der Großstadt, aus der der Menich sein? ersten Le enSjahre verbring«, nicht die geeignete ist sür seine Lebensb.idiing. denn die Erziehung verlangt Sülle, w slialb a> ch Goethe für die Auserzieknng d's Kinde» die ländliche Siille wünscht und Be, eke über das Ueberinasz non Anregungen >n der Großstadt klagt. Die VortheN- und Nacktheit? der Groß iadl enlivriiigeii daran», daß diese eine große Menge nnd Mannigfaltigkeit ven Menschen ent hält, die trotz de» groß n Uiiiieinges der Stadt i» rinem engen Raume ziisamiiiengedrängt lebe». Der Herr Vortragende wende» sich »an zu den Lichlscucii und nennt al' erste, daß die Großstadt uiigenicln reiche Gelegenheit bietet, den Vorstellung»- und Iderntreis durch Um gang und Eisahiiing z» erweitern. Das Kind sieht eine große Menge von Mc»>ch?n in drn maiinigfalligsten Stellungen, eibüät den Menschen m Welsb'it und Tboideit, in sin! :i> r Hoheit >i»o liefe, Veikoiiinienic t. in Glück und Elend; e» nmiini wahr die Ge schälte „nd Arbeiien der M nichtu, die Künste »nd Denkmäler; eö bemeitl groß' Veranstaltungen, wie Vereinigungen zur B Idung, zum Schutze der Nach und des Elends, zur Versorgung der Armen »nb Kranken: cs wird berührt von Festen inannigialiigster Art. Eine zweite Lich:s ite ist, daß da» Schulwesen der Gioßstadt du ch eine vielglied?rige AnSgestattiing die w rksaniste Unierstützang für die Sckulerziel.ung bietet', durch die Trennung der Geschlechter, durch die w richi denen Schule» nach ihren verschiedenen Zielen können Zucht uii0 Ziele der einzelne» Lchnlen klarer und reiner versolgi weiden. Al» dritte Lichtieile ist die üuhere Einrichtung der großstädtischen Sckule und ihre der Schuljugend angemeflene innere Abiiuiung an- znseden: Größe und Helligkeit der Räume sichern Gcsundheil, Ord nung und Reinlichkeit: reichliche Lehrmittel fördern die Ausbildung; die Lehrpläne können feiner abgegrenzt, die Lehrstoffe de» einzelnen Klassen genauer angepaßt werde» und gestatten somit eine an- geiiicsi ne Forlsührung cinrelner Gegenstände und der Elassen. Eine vierte Lühijeile ist die Erhaltung mehrerer Schulen derselben Arl, die einander in ihren Maßregeln uiiterstützen und einander Muster und Veranlassung zm» Wetteifer werden können. Hierdurch wird auch der Schaben bei Schustvechsel innerhalb de» Sladkgeblele» sür die Schule und die Schüler bedeutend vermindert; die Schulwege sind weniger aus gedehnt. »nd namentlich birlen di? Heimwege geringe Gelegenheit zu jeistreuungen und AusschrcÜlttigen. — Der Herr Vortragende läßt hieraus die Besvrechung der Schattenseiten folgen, al- deren erste er bervorhebl: Die reiche Geleqenhoit zur Eiweiterpnq des Vorstellung», „nd Jdeei.kreiseS ist andererseits ein unüberwindliches Hliideriiiß der Gründlichkeit und Festigkeit der Erfahrungen und Ge sinnungen der Schuljugend der Großstadt. Wird cs schon dem ge setzte» Manne oft schwer, unter einer großen, mannigsachen Reihe vo» Gegenständen sich nur aus einen zu heilen, wieviel weniger der Jugend, di? bei ihre». Hange für dn» Neue und Auffällige leicht ein Sviel der Gegenstände wird; d,e Jugend der Großstadt wird daher zwar viel obeiflaitüche Eindrücke und Vorstellungen, aber nicht recht deutliche und gründliche erhnlteii, so daß Seichtigkeit und Flüchtig keit entstehen muffen. Der Schule muß vie Mahnung zugerusen werden, da» Kind, besten Aufmerksamkeit aus dem Schulwege in niannigsalügster Art erregt wurde, ruhig nnd mit Milde in den Unterricht überzuleiten. Ihr lallt auch die Pflicht zu, dem Kinde seneii zu Helsen, und Anschauungsunterricht, HeimathSkunde uad Geschichte finden bi» in die Overelasten eine veroicnslvolle Ausgabe zu lösen. La» Interesse eines Kindes sür einen besonderen Gegen stand, oft geringschätzig Liebhaberei genannt, möge »>e unterdrückt werden, sondern ein geduldiges Ohr und eine sinnige Auffassungs- Weise finden. Da- lärmende Getriebe und Getümmel der Groß stadt, iu dessen Gewübl Einer an dem Anderen ohne viel Rücksicht und olme Gruß vorüberdrängt, birgt ei» andere» Ucbet: Die Jugend aewölint sich an laulc» und unbösliche» Verhalte»; sie geht an den Meniche» vorüber wie an Steinen und Läden, di« ibm ein Abslroetiiin sind. Hier bedarf e» minachsichliger Strenge, denn die Jugend muß Erwachsene achten lernen, muß an den Formen der Sitte scstdalteii, denn die Sitte ist die Grundlage der Sittlichkeit (Lazarus: Uispiiing der Sille). Eine andere Schattenseite ist, daß die Großstadt den Hang der Jugend z» Genüßen und Ergötzungen reizt und nährt, und ans dem Begehren erzeugt sich die Begierde, die sich nichts mehr veiiagca läßt Hieraus enisteht eine falsche Werth- ickätzung der Dinge, ja sogar Veruntreuung, wie Verkauf von Schulbüchern. Tie Ausstellungen der Wissenickaiten und Künste sind aickt Büdiingsslälten sür Kinder, wenigsten» mit b-ichränkenbem Vorbehalte und an der Hand eine» verständigen Führer». Die frei gebige Darreichung von üinderleelüre und die leichte Zuaänglichkeit und Erreichbaikeit von Büchern ist eine große Schattenseite sür die Sckmlcrziehung; denn durch Bücher werden die Kinder, wie Schleier- machcr jagt, an den Tisch genagelt, und nicht Erholung, sondern neue Aniiegui'g wird dem Kinde zugesühr». Auch > icr gilt Luther'» Regel: Nicht viele» L-sen, sonder» gut Ding viel und »st lesen macht srvmin und gelehrt dazu DaS erwünscht? und oft ungeprüst dar- gereickte Buch und die Zeitschrift,n de» Lesezirkel», die auch Kindern zugänglich sind und gemacht werden, enthalte» oft gerade das G genihett vo» Dem, «ra» di-Sckule lehrt, »nd versetz a die Kinder in sittlichen Widcr pruch. Die Ersolge der Sctuileiz>ehlii>g werden noch dadurch gekreuzt, daß der von der Schule aefordcrte Hau st-iß einer Beaussichtignnq untei morsen wird, die qcwöhnlich in Nachhilie, ja Privatunterricht ansartet; dadurch gewöhnt sich der Schüler, in der Sckule müßig zu sei», wird in leinen Leistungen unwahr, mindesten» »nscllslstuiidig. Damit hängt zusammen die Ueder- bücdnnq; hier tr sst den ohne Zusammenhang mit dem S<t»i!- unterrichi? ertheilicn Hausuiilcrricht die Schuld, nicht aber die Schule. Eine dritte Schattenseite sind die Kiildergesellichafien, Tanzgeselljchasten und der Theaterbesuch. Kindergeiellschasirn rusen schon Tage vorher ein? Besprechung und Aufregung bei den K ndcrii hervor, sind auch häufig die Ursache von Zerwüriiiiiien der Schüler »nd der Elternhäuser. Bei Tanzgelellichasien findet eine nähere Berührung .zwischen Knaben und Mädchen statt als bei der oft gemihbill'gten Berührung von Knaben und Mädchen >a der Schule. Der Tbeaierdeiach sollte nur dann gewährt werden, wenn Kutter wirklich Verstäudniß haben. Ein vierter Pnnet ist die in der Großstadt überhandnedmende Verweichlichung dce Iu -end. Schattens len können iünstens auch die beiden Lichtjeilrii der Mannigsaliigkeit der Schulanstglten und ibre Abstufung ba' en: die Schul n der Großstädte sind meisten» z» groß, als daß der Leiter die Anzahl der Schüler zu überblicken vermag; auch der Wetteifer der Schulen birgt seine Gefahr, da er leubt in Uebelbiciung Um schläge» kann. Nachdem der Herr Vortragende noch die Frage: Woher kommt es, daß der Uebeisluß an B>lbnnqs»i,tieln von dem Kinde drr Großstadt nicht beherrscht werde» kann? dahin beant- woilet, daß derselbe zu früh »nd schrankenlos aus da» Kind wukt, und w-kk dasselbe k, nie Waldettilonikei» hat, in der e» sich von jeinen Außezimgen wieder beruhigen kann das nniürlichüe ll der- g-wich? gegen Uebernattir >sl Natur), weshalb ihm wenigste»» natür liche Veichästtgitt'g-n gegeben weiden mögen, schließt derselbe seinen Vortrag mit der Bäte an die Erzieher, der großen Ausgaben d.r Erziehung stet» eingedenk zn bleiben und die Liebe zn den Kinder» nie erkalten zu lassen. Aus diesen mit großem Beiialle onsgenoinmene» Vortrag solgte eine längere und lebhasle Aussprache, die einzelne Seiten des Vortrags de» Weiter-» bel-iichtete; serner beklggte sie. daß der Lebrer stäie Scküler ru wenia »nd deren Ellern wohl gar nicht kennen l?r„e. daß di? Schule auß-ihalb dev Schiilj-it aus die Kinder k?i> en Emst»» aiiszuuben vermöge, gedockte hierbei dankba: der Be stimmung de» M nisteri»,»«. durch welche gewiss, außerhalb der Schulzeit vo,gekommene Ansschreitiingen vor die Schule gezogen werben körne», liniere» Kindern mingklt die Liebe zur Naiiir, woraus sich da» Lausen in die F ldcr und die Tliiergnäl-re, eit ärcn. Schmerzlich zu bedauern ist eine gewiffe Pietätlosigkeit uns da» Schw aden des Gefühl» der Aittoriläl. — Mit nochmaligen Worten de Dank S gegen den Herrn Voitragendcn schloß der Heer Bor- sitzttide nm 11 ltbr d e Sitzung. N
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