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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.04.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188804193
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880419
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880419
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-04
- Tag1888-04-19
- Monat1888-04
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.04.1888
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StMlde Nachmittag« von Bieneumühl« »iulreffeuten Personen- rüg» kamen nicht weniger al« «0 böhmische Maurer hier a». die rum größeren Lheüe in Freiberg bliebe«. Diese der deutschen Sprache nicht mächtige» Leute stammten sümmttich au« der Prager Gegend und machten in ihrem Aeußereu einen ungemeiu dürftigen Eindruck, doch sollen dieselben dem Ber nehmen nach genügsam und thätig sein. Der Zufluß dieser czechischen Arbeiter »st über andere Grenzpuncte unsere« Sachsenlandes aber «in weitau« bedeutender, denn am Sonn abend kamen über Eger sür Chemnitz und Siegmar allein etwa 500 Mann au. s Plauen. l7. Spril. Der hiesig« Stadtrath hat aus Vorschlag de« WohlfahrtSpolizei-Bu-schusseS soeben angrordnet, daß in allen Fällen, wo au« Anlaß sogen. Kindervor stellungen und dergleichen Kinder in größerer Anzahl in Sälen zusammenkommen, zum Schutze der Kinder Feuerwehrleute anwesend sein sollen. Den von den letzteren zu diesem Zwecke ergehenden Weisungen ist seiten- der Unternehmer» der Wirthe und de« Publicum- so fort zu entsprechen. — Wie alljährlich, so wird auch die-mal der konservative Verein zu Plauen am Abend de* 22 April eine festlich« Vorfeier de« Gebort«tage« Seiner Majestät de« König« veranstalten, bei welcher Herr Gymnasialoberlehrer Professor vr. Günther hier den Vortrag kalten wird. — Bon dem Grundsatz« geleitet, daß rauhes Pflaster da» theuerstc und schlechteste Pflaster ist, welches e» giebt. wird da» hiesige Stadtbauamt in allen Fälle», wo c- nur angeht, bossirte Steine zum Pflastern der Straßen verwenden. In der heiile Abend adgehaltenen Sitzung hat der Stadtgemeinderath sür Pflasterung mehrerer Straßen mit bossirtcn Steinen und Herstellung der Fußwege mit Klinkerplattcu und Granitranbsteiuen Über 25 000 uk bewilligt. U Pirna, 17. April. Ein recht frischer Geist durch wehte die am Sonntag hier stattgehabte Delegirten- Versammlung deS GebirgSvereinS für die Sächsisch böhmische Schweiz, wobei l4 Sektionen durch 29 Anwesend« verirrte» waren, daruntcr Herr Rechtsanwalt vr. Liebe sür die Scction Leipzig. Nachdem zuerst betreffs der sür die Sectio» Krippen bewilligten >00 beschlossen worden war, daß mit diesen Mitteln eine Verbesserung de» vom Luther wege »ach der „ReinhardtSvorscr Bastei" führenden Wege- vor genommen werven solle, reserirte später der Vorsitzende im Eentral-An-schuß, Professor l)r. Le h m a n n-Dresden. über einen im Verlag« deS Bibliographischen Instituts von Meyer in Leipzig erscheinenden „Reiseführer" durch Dresden und die Sächsische Schweiz, in welcher Beziehung da« vorgelegte erste Exemplar — die Bearbeitung des BucheS rührt von Herrn vr. Lehmann her — einen sehr günstigen Eindruck schuf. Da» Hauptinlerefle gehörte sodann brr folgenden Besprechung der Mittel und Wege zur Ausbreitung deS GebirgSvereinS im eigentlichen Gebiete der Sächsischen Schweiz. Verschiedene hierüber im „Pirnarr Anzeiger" enthaltene Ausführungen fanden die Anerkennung der Versammlung — e» handelte sich dabei um die möglichste Verhütung von Zer splitterung, um gemeinsame, energische Arbeit zur Neu- belrbung matt gewordener Sektionen, sowie aus- gedehntere Tbätigkeit der Delegirten-Versammlung u. s. w., während im Weiteren Herr vr. Lehmann entwickelte, daß der GebirgSvereio überall da blühen werde, wo durch einen rührigen SectionS-Borstand tüchtige Mitarbeit geleistet wird. ES sei dahin zu streben, daß die Ziele de» GebirgSvereinS den Bewohnern vertraut werden, während anderenfalls jede Nivali- tät zwischen den einzeluen Orten thunlichst sernzuhalten sei. E« »st die« «in Thema, über welche« sich Ihr Correspondent, de, die Verhältnisse in der Sächsischen Schweiz speciell kennen gelernt hat. demnächst noch einige weitere Darlegungen er tauben wird, wie auch Solche« schon kürzlich an dieser Stelle durch die Empfehlung de« Institut« der BertraoenSmänner geschehen ist. Unter den Wünschen, di« im späteren Verlause der Versammlung noch in Betracht kamen, besanv sich ein Gesuch der Leipziger Sektion betreffs einer Beihilfe zur Honoriruag von Vorträgen, während von Böhmen au« die Errichtung von „Studenten-Hcrberaen" im diesseitigen Vereinsgebiete empfohlen wurde. ES haben hierüber noch weitere Erwägungen stattzusinden. — Der bekannte Hvpno- liker und sogenannte „Anli-Magnetiseur" Albin Krause hat nun auch hier einige Experimentalvorträge angckündigt. Die frühere» Vorstellungen de« Dänen Jansen, sowie de« Eng länder« Cumderlaud hatten von hier au« starken Zulauf, so daß nun auch Herr Krause seine Rechnung wohl finden dürfte, da man nun einmal „für'» Magnetische" hier zu schwärmen pflegt^ — Die Getreidehändler Gebr. Heller in Dre«den haben gegen da» gerichtliche Urtheil, da« ilmcn da« Sech»- syche der desraudirten Summe und die EcnsiScation deS Ge treide» auserlegte. Revision beim Reichsgericht in Leipzig ein gelegt. Mit welche», Erfolge, steht dahin. DaS Reichsgericht kqnn die Revision sür begründet erklären und die Sache zur nochmaligen Verhandlung an die Unterinstanz zurllckverweisen, eS kann selbst eine sachliche Entscheidung treffen und e» kann die Revision venversrn. Ein letzter AnSgang der Angelegen heit ist die Begnadigung. Bor einem halben Jahre wird wohl kaum da» Reichsgericht io der Lage sein, seine Eutscheidnug zu fällen Königliches Landgericht. Ill Strafkammer. l. G-legeullich einer vom Verein „Humor" >u Kleinzschocher abgehaltene» FesllichkeN war auch eine Autspielung vou Galanterie, lvaaren veranstaltet und hierzu die Genehmigung de« Gemeinde» Vorstandes ertheilt worden, jedoch »nr in der Weise, daß dir Au«, spielung lediglich uuter Tbeiluahme der Mitglieder und »ul» öffentlich vor sich gehen sollte. Dieser Bestimmung zuwider war nun aber die Ausspielung im Garten deS betreffenden wasthosc», also öffentlich und unter Zulassung von Nichimitgliedern, vor sich gegangen. Der Gendarm, welcher h.nzukam, balle den Vorstand sc» Benins, de» Spinner Friedrich August Lorbeer aus Mylau, ans da« Gesetzwidrige der Vorgehen« ausmerksom gemacht, trotzdem aber war die Ausipielung im Garten sorlgeietzt und dadurch eine Verletzung de- 8 386 de« R.-2ir.-Ges.B., Beraiistoliung von öfleut- lichrn Lotterien oder Ausspielungen ohne obrigkeitliche Erlaubaiß, begangen worden. Der genannte Vorstand wurde dotier uuter Au. klag- gestellt und in die Uuleriuchung die verehrt. Fanny Elvira Oiko aus Petersroda, welche d e auezujpielcnoen Gegenstände u»d überhaupt die Vorbereitungen besorgt hatte, lvegru Beihilfe zur er wähnte» Gesetzesübertretung verwickelt worden. Da» ürgelmih der Beweisaufnahme war e»u jolche», daß da* Gericht hinsichtl ck, der Oilo decea Schuld nicht al« ccwieseu er >ich:etr; man uaym a». daß bre Otto >u dem guicu Glaube» gestanden habe, es gehe dl« Ausspielung mit odrigftttlicher Erlaubmß vor sich; demgemäß erkannte da« Gerich! bezüglich der Mitangeklagten aus Freisprechung, während für den Angeklagten Lorbeer eine Geldft rase von .1) .H, au deren stelle im Uaeiabnaglichke,l->alle Lage Gestliigmß zu treten haben wurde», als eia« seinem Ver schulde» euiiprech „de Ahndung erockitei wurde. n. Der visder noch unbestrafte Hauvarbeiter Robert Krüger aus Salbte de, Magdeburg war deschuldiat. »» der Rach! vom I«. zui» lb. Februar d. I. »o dos Fabrikgebäude der Firino V. *e H. i» Reudnitz, in dem er übernachten wollle, sich eiugeschlichen und dabei ein kleine«, ro> Fabrikgebäude befindliche« Schränkchen rut- weudel, »dann am 6. Februar aus gleiche Weise sich Eingang t> daffelbc Gebäude verschafft »nd beim Fortgang sremd« Betten, Decken ,c mit sorigevomme» zu Hades. Der Angeklagte wurde umer Annahme mildernder Umstände zu « Monaten 3 Wochen EetängnibNrase und 2 Jahre» Verlust der itlirrNi chie v.ruritzeilt, aus diese Stlosr obrr 1 Moaat al« durch die Untersuchung sür ver tippt erachtet. Hl. Der Maurer Kart Friedrich Au inst Müller au» Ehttfra. ivegca Diebi.uhl' wiederb»!, rvck'Lll g. batte sich nruerdirg« aber mals eines Diebsta! lt schuldig gemacku, bei beni zwar kein »lieb liche« Werihodjrct in Fange lam, da« Geeicht abri sich mit Rücksicht aa« d e Lorbesteasaage» Müller'« zu Aaaatzm« mildernder Umstände nicht entschließen konnte, deusetde, vielmedr zu t Jahr Zucht hau »siraie, 2 Jahre» Verlust der Ehrenrechte veruetheilte, auch Stellung des A»,-klagten u»Ier Pulizemussichl iur zulässig erachtct». IV Die edttzsall« tveg«, Pirdstahls wiederhol! rucksälligr ledige Ehrjstm« Emckie Mtnache» hier sten» »irder einmal wegen Dltbffah!« »or Gericht »nd wurde am« Ratschluß mildernder Um stände, iowie mit Rücksicht darauf, daß da« Vergehen drr Aageklagtru an Raub ftr-iil«, zn b Jabre»gnchthau*ffrofr «nd 5 Jahre» Verlust der Ehrenrechte verartheilt» nach Stellung anirr Polizeiauf sicht sür zulässig erachtet. Der Verichtehos bestand au« vra Herren Laudgerlcht-.DIrettor Iuftftroth von Bose (Präsid.), Landgel ichlS-Räthe» Lehmann, Sachße. vr. Fleischer »ad vo» Sommerlatt; dir Aaklage führt« Herr Staats anwalt vr. Nagel. V. Strafkammer. Der Lösähriae Han-schlichter Earl Albin St. au« Liadenau. bisher »cch unbescholten. batte sich de« Diebstahl« schuldig gemacht. Am 29. November v. I. schlachtete drr Angeklagte bei dein Restau rateur K. ia Lwdenoa ein Schwein, und als AlleS soweit fertig war, bemerkte K., daß noch eine etwa z-hnpsündige Speckseite im Werihe vo» 10 ^l übrig geblieben war, die er nun beiseite legte. Als er dana «irder ins Schlachthaus kam, war der Speck weg und St. erklärte auf Befragen, er bade deuselbea in die Wurst verarbeitet. Obgleich diese Angabe von vornherein wenig glaubhas» klang, begnügte sich der Gaflwirth sch, inbar damit und ging hinan». Im Hofe stand aus einem Wage» d e Kist.-, ia welcher St. sein Handwerkszeug gebracht hatte, und als K. dieselbe »otersiichte. fand er die fraglich, Speckseste, vo- eine,» genau passen den Brct bedeckt, darin vor. Eine zusällig aaw.scnde Hausbewohnerin war Zeugin dieser Entdeckung, llebrigen« war doS Dicbstahl-objec, sehr gm versteck», den» da« genau vasjenbe Bret stellte einen koppelten Boden her, so daß e« erst einer eingehende» Untersuchung vo» Seile» « 'S de- durste, um den Diebstahl zn entdecken. Da gerade ein Schutzmann Im Baftlocale zugege» war, warde dieser von dem Vorfälle unier- rtcht-t and sagte St. aus de» Kops zu. daß er die Speckseite ge- stodlen and in der Kiste verborgen bade, woraus dieser nicht« erwiderte, vielmehr sehr verlegen ward. Ans Grund der Zeugenaussagen wurde der Angeklagte trotz beharrlichen LcngnenS nm 8. Februar d. I. vom kie sigen königl. Schöffengericht zu S Wochen Gesängniß verueibeüt. >,'ge» welche« Erk-untoiß er jedoch Benisnnq ciule^te. In der landge icht- lichen Verhandlung war die Wertzeugkiste St.'« al« corpo, «lelieti vorhanden and e« fand da« Gericht, daß durch da« genaue Pasten de« Brette« in der Tda» ein flache« Fleijchstück leicht z» verbeigen sei. Der Angeklagte stellt sich al« Ovjer des Toncurreuzneide- k>n. indem er behauptet, daß nur ein Dritter den Sveck in di- Kiste prakiicirt haben könne, suchte zugleich auch einen al« Zeugen avwesenden Fleischer »u verdächtigen, während dessen Vernehmung jedoch die Grundlosigkeit einer derartige» Behauptung ergab, und bätte St. diese Angabe nicht sofort Widerruten, so wäre wohl eine Anzeige wegen falscher Anjchiildigung seiten« deS F-'en'ckier- nicht aiiSgeblieben. Im llebrigen lag auch nicht der geringste Anhalte- Punkt sür Sl.'S Unschuld vor, während die Z'Ugenvernebmnng ge- uügenbc Anhaltepnncte lieferte, um den Angeklagten deS Diebstahls sür übersührt zu erachien. Seines standhafte-, Leu neu- ungeachtet verwarf das Gericht denn auch die Berusung und bestätigte im vollen Umfange das erstinstanzliche Urtheil. vermischtes. — Berlin, 17. April. Mittelst Allerhöchster Ordre vom 10. d. M. hat, wie amtlich geuieldct wird, Se. Majestät der Kaiser nnd König z„ bestimmen geruht, daß da» bis herige „Königliche Hosmarichallaml" von jetzt ab den Tttel: „ Ober-Hof marsedatla in t Sr. Majestät de« Kaisers und König«" sichren soll. — Weiter wird gemeldet: Ihrer Majestät der Katserl» »nd Königin Augusta sind unter den zahlreiche,-, von Städten. Corporation»», Vereinen u s.w. beim Ableben weiland Sr. Majestät de« Kaiser« Wilhelm dar. gebrachten Beileidsbezeugungen mehrere zum Tlieil kunstvoll ouSgestaitete Adressen zugegang-n. Die Liste dieser Adressen weist, nach dem „Reichs- und Staats-Anzeiger", u. A folgende Namen auf: die Universitäten AreisSwald »nd Bonn, die At idnnie der Wissen« schasien zu Berlin, den Kunstgew.-roe-Vercin z» Muuch-n. de» InnnngS- ousschuß zn Berlin, den Lehrer-Verein zu VerltN, den Comniunal- Landtag de« Regierungsbezirks Wiesbaden. deo Kreistag z» Weißcn- sel«, de» Leattal-Dombau-Verein zu Köln, der. Deutsche» Krieger- verband von Berlin uud Umgegend, den Louservaiiven Verein zu Dresden, den Männer-Gelangverein zu Köln, die Schützengildc zu Pot«dam, die Deutsche Lolonie in Malta, die Vaterländischen Frauea-Zweigvereine zu Waldenburg, Kassel, Wesel und Prüm, sowie die städtische« Behörde» in München, Essen, Straubing, Münster, Barmen. AroSberg, Duisburg, Wesi-l, Hamm, Greijßwaid, Halber- stadt. Düsseldorf, Ulm, Soest. Wittenberg», Metz, Detmold uud Zobten. Aus Beseht Ihrer Majestät sind die genannten Adressen, nachdem Ihre Majestät von denselben Einsicht genommen bat. dem Hohenzollern-Museum überwiesen worden. Ebendaselbst ge- langen auf Allerhöchste Anordnung auch alle übrigen »oa Eor« poratiouen re. in Form von Briefen oder Telegrammen an Ihre Majestät gerichteten BeilcidS-Kundgebungen, nachdem dieselben nun mehr einen Abschluß erreicht haben, gebunden zur Aasbewohrvng» wobei Ihre Majestät gern Veranlassung nimmt, nochmals alle» Brtheiligten herzlich zu danken. — Berlin, 15. April. Der heute in Potsdam gestorbene Hosprediger vr. Strauß hatte, nachdem er die heiligen Stätten in Palästina uud Egypten besucht, al« DivifionS- psarrer der 2. Garbe-Jnsanlerie-Division den schlcSwigsche» Feldzug 1848 mitgemackl, wurde dann Garnifonpjarrer in Bert», und gleichzeitig Professor an der hiesigen Universität und im Jahre l870 als Nachfolger vo» Kruniiiiacher Hos- »iib Garnisonprediger in Potsdam, in welcher Stellung er sich einer großen Beliebtheit und Anerkennung erfreute. — Die .Petersburger Deutsche Zeitung" bringt ein« in der Batte,iberg'schcn Derlobungsangelegenheit vor drei Jahren gethane Aeußeruug des Fürsten Bis marck, di« ihr au» Berlin von durchaus zuverlässiger und gut unterrichteter Seite mitgetheilt wird. Damals war Prinz Alexander vo» Battenberg noch regierender Fürst vou Bulgarien, der schroffe Gegensatz, io den er sich zur russischen Regierung stellte, war noch nicht so offenkundig hervor getreten. und namentlich waren noch nicht die strengen Maß regel» des Kaiser« gegen den Fürsten ersolgt. Die Heiralh mit der Prinzessin lZictoria war? daher zn jener Zeit sür Nickte»,geweihte kaum so folgenschwer erschienen, al« dies heute der Fall sein bürste. Der HcirathSplan wurde denn auch von derselben Seite eifrig gewünscht, die auch heute die Schließung je,ie« EhebündntffcS in die Hand genommen, und Fürst VlSmarck hatte auch kamai« kein leichte« Spiel. Zu jener Zeit äußerte er ia seiner Beweisführung gegen jene Heirati,: .Wenn wir dem Fürsten von Bulgarien eine preußische Prinzessin zur Gemahlin geben, so ist die« ebenso, als wen» wir tc» preußischen Degen über eine Mauer würfen, hinter der wir bisher nicht» zu suchen hatten, auch nichl» suchen wollle». Damit setzen wir un« aber in di« Lage, jeden Augenblick, gegen wen e« auch sei. jenen Legen auszuhrben." — Breilau. 10 April. Heute wurde hier ein schlesi sche« Provinzial-Coiiiitü zu» Errichtung eine« Kaiser- Wilhelm-Denkmal« in Bre«l au gebildet. Der voll ziehende Ausschuß besteht auS dem Herzog von Xatibor, de« cominandirendcu General v. Bölin, dem Oberpräsidente» v. Srydcwitz. dem Fürstbischof Kopp. dem Landeshauptmann v. Klitzing, dem Grasen Stosch. dem Oberbürgermeister FrieoeaSburg. dem Iustizrath Freund und dem LauveSrath Kelch. Die Oberlausitz nimmt nicht Theil, da sie ein eigene* Denkmal in Görlitz erstrebt — Elbing. 14. April. (Hestern Morgen machte der Schreiber dieser Zeilen cioeu Rundqang durch die Elbiuger Massrnquartiere sür die au« dem UcherschwemmungS» gebiete der rechtsseitigen Rogatniederung Geflüchtete». Geben schon bei einer Fahrt in die überschwemmte Lanvschajt hinan* dir zahllosen Spuren der Verwüstung einen Begriff von der traurigen Lage dieser Unglücklichen, so ist de: Anblick eine* solchen MassenquarlierS geradezu herzzerreißend. — In der städtischen Turnhalle, di« ich zuerst auffuchte. wohnen 480 Menschen. A» deo Wänden entlauz uud auf einer an allen vier Seite« hernmlausenven Gateri« sind die wenigen Hadseligkeite» brr Leute ausgebaut und die Nachtlager aus dem Fußboden notbdürstig mit Stroh und Decken hergenchtet. De» ardettSsübigen Männern wird nach Möglichkeit Beschäftigung anßerhal» de» OnarlirrS besorgt. Imwrrhin wimmelt der ganze ausgedehnte Raum von Menschen, vorwiegend Greise», Frauen and Kindern. Abgesehen von de« Kindergeschrei herrscht verhältnißmLßig große Robe oder vielmehr dnmpse. bedrückend« Stille. Die Frauen leite» offenbar unter dem Mangel an Be- schästlguna; wenn sie ihre Kinder versorgt und wa* sonst noth- wendig erledigt haß«, sitzen sie sichtlich verstimmt «zd oeegrämt. theilweis« auch ganz stumpf und apathisch da Schwache und Kranke liegen durch den ganzen Saal vertheilt auf der Streu. Gleich recht» jan» Eingänge ist eine uralte Frau gebettet, di« offenbar ihrem Ende nahe ist und nur noch schwache Lebens zeichen von sich giebt. Selbst den Kindern scheint die Fröhlich keit genommen zu fein; sie bleiben müde und mißvergnügt neben ihre» Müttern oder lungern gelangweilt herum. Leider werden die armen Menschen noch Wochen laug aus diese* Obdach angewiesen sein. — Erträglicher sind die Massen« quartier« in verschiedenen städtischen Schulen, da die Leut« dort weniger zahlreich und in kleineren gemüthlichere» Räu men einquartiert sind. In der fünften Knabenschule hat rin 1S5 jähriger Mann au* Terranova Unterkunst gefunden, dem wa» sein Loc» nach Kräften zu erleichtern sucht. Angesicht« der großen Nothstände ist e» dankbar zu begrüßen, daß der Iohannilerorden im Begriff ist, hier helfend cinzugreisen. Bereit» am vorigen Sonntag stellten die Johannitcrritter Gras Adots zu Dokma-Earwinden und Herr von Kuhn- Heim-Spanden als Abgesandte de» Commnidator« Grafen zu Dohna-Schlobitten die Hilfe und die Mittel deS Orden* vem königlichen NegieruiigScommissar sür U- bersättoemniungr- «mgelegenbeiten Hierselbst zur Verfüg»»!,. Soweit e» möglich ist. bringt der Orden die Kranken an, seine Kosten im hiesigen Diaconissenhausr und dem städtischen Krankenhaiisr unter; nöthigensallS soll auch da4 OrdrnSkrankenhau« ui Pr.-Holland zur Hilfe genommen werven. Außerdem hat der Orden auf der Neuhvser UeberschwcmmungSinsel, wohin nach amtlicher Schätzung fast SVOO Menschen geflüchtet sind, sür die Dauer der Ueberschwemmung den Assistenzarzt der Reserve I)r. weck. Baatz au« Elbing stationirt. Herr vr. Baatz ist bereit-? gestern mit 2 Krankenträgern der von Herrn vr. Hantel geleitete» Krankenträaercolonne an« Trnn; auf der Höhe nach Neuhos abgereist. Vom königl. Regierungspräsidenten ist ihm daS Reckt zur Selbstdißpensation und Führung einer Hausapotheke verliehen; auch bat er a»f Anregung der hiesigen Central» leitung vom Generalcemmando die Besnzniß erhalten, während seine« AuseiilhattcS in Neuhos die Militairunisorm zu tragen. — Der Kunstsinn und die „Honoratioren". Ein Tuttlinzer Blatt bringt die folgende amüsante Proklamation eine« Theaterdireeto rS: Theater in Tuttlingen im Saale der Lieberkalle. Direktion Carl Sckcrer. Dienstag, de» 18. April 1888. Aus ellgtineine« Verlangen: 2. Abonnement« - Vorstellung! Agne« Ncinauer »nd Herzog Albrecht der Fromme. Große« Sckausviel ,« ö Acten von M Maier. Unter sreundlicher Müwieku», der Stadtcapelle. — An die verehrte E inwoknerschast Tuttlingen«. Der uagetheirte Beifall, wclchen meine Vorstellungen bisher gesunden, ist mir und meinen Mitgliedern in hodem Grave ebnend. — Ich habe nur darüber mein Bebauer» auS- «uiprechen, daß die Betheiliguag von Seiten der ?. D. Honoratioren «ine so geringe ist, wa« mich zu einem Vergleiche zwischen hier und der kleine», aber kunstiiunigen Stadt Svaichingen veranlaßt, der wahr lich nicht zu Gunsten der hiesigen großen und gewerb. reiche» Stadt ouSfällt; und e« wäre doch wirklich gewiß traurig, wenn der Arbeiterstand allein mein Unter nehmen halten müßte, wie das bisher zum groben Theile der Falle war. — Ich hoffe zuversichtlich, daß diese Zeilen ihren Zweck ulcht verfehlen und sehe sür die Zukunst einer regen Beth-iligung entgegen. Hochachtungsvoll Carl Schorer, lheaierdirector. -- Wien, >4. April. Der hiesige Deutsche Hilfs verein hielt gestern bei seinem Ehrenpräsidenten. Prinzen Neuß, in der deutschen Botschaft, unter Anwesenheit der Gesandten von Bayern, Württemberg und Sachsen, seine Jahresversammlung ab. Der bayerische Gesandte. Gras Bray- Steinburg. führte den Vorsitz und erstattete de» Rechenschafts bericht. Der Deutsche Hilssvercin besteht hier 10 Jahre und bat in dieser Zeit 57 600 fl. sür 15 960 UnterstützungSsälle armer, gescheiterter, erkrankter Landsleute verwenden können. Im letzten Jahre wurden 9200 fl. vertheilt, eine sehr geringe Summe im Berhältniß zu dem großen Andrange der Hilfs bedürftigen, namentlich iu neuerer Zeit, wo dem Eciiinlale nicht mehr Freikarte» zur Heimsendniig der Bedürftigen zu Gebote stehen. Der Vermögensstand beträgt jetzt 36 200 sl., davon 3t 382 fl. durch 148 Stifter ausgebracht. Die Zahl der Mitglieder beläuft sich aus 333, darunter 53 Negie rungen und Städte Deutschland-. Der gedruckte Jahres bericht de« Schriftführers, Äiccconsul vr. v. Vivenot. klagt, daß die Zahl der Wiener Mitglieder außer Verhällniß zur Stärke der deutsche» Eolonie in Wien stehe, weil man sich hier nicht so sremd jühle al» anderwärts im AnSlande. Auch Prinz Neuß sprach persönlich sein Bedauern an«, daß der Verein nicht vorwärt« komme, trotz aller Mühe, die man sich gebr, denselben zu Vergrößern. Ter heurige Jahresbericht erhält übrigen« durch ein sehr schöne» Bildniß de« Prinzen Neuß besonderen Werth. Bei den Ergänzung-Wahlen zum Vorstände wurde Franz Thonet an Stelle de« verstorbenen Joseph Thonet oeu und die Herren vr. v. Vivenot, Karl Berck und Lövenich wiedergewähtt. Gin Raffe über Leipzig vor hundert Jahren. * Nikolai Michailowitsch Laramsin, io» Jahre 1766 in der Nähe von SimbirSk au der Wolga geboren, ist oustreitig der bedeutendste Historiker, welche» Rußland hcrvorgebracht hat. Sera» große, in jwöl, Bänden erschienene „Geschichte de* rnssischen Staate» ", z» ihrer Zeit ein gestiertes Werk und auch jetzt trotz mannigfacher Mängel noch geschätzt, ist «r»e Arbeit von seltener Gründlichkeit, welche da» „Selbstherrscherthum aller Reußen" ver tritt. So sehr auch itaranisiu für da* absolute mouarchische Princip schwärmte uud eS verfocht, so sthr er politisch »ur da« Zarenthnm sür Rußland gelten lasten wollte, so war er eutgegea seinen heutigen LaiidSleuien Idealist, der auch für dar Fremde begeistert sei» konnte uud den Ausdruck: ..fauler Westen" sicher bekämpft haben würde, wenn er schon damals laut geworden wäre. Aber z» jeuer Zeit kannte mau vou blindem Naliouatitäteuhasse, der die heutiseu Runen so wenig vortheilhait auSzeichuet, noch uichl«, im grellen Gegensatz zu diese» zeichnete die Russen vor hundert Jahren „riu warmer To» ve-zlicher Zuneigung zu Deutichlaud an» aufrichtige verthschätzuug deutjchen West,,«" au«. Lin leuchtende- Beispiel dafür ist trotz seiuer BaierlaudSltebe Karamsiu und der Vewei«. daß diese sich wodl mir der rrweo Mcnjchculiebe, mit Dem, woS mau sremdeu Ratio»«» schulde», wodl verträgt. So war auch Peter der Große der Lieblinglheld Karamsiu's, den er mit folgende» Worte» gegen verunglimpsunge», welche demselben alle« Genie ab- sprachen uud idm nur die Fähigkeit der Nachahmung tuerkanntoa, i» Schutz nahm und zu rechlsertigea suchte: „SS giebt »ur ruer» Weg der Lultur uud Aufklärung für die Rationen; aus diese» Weg- folgte ein Volk dem ander». Die Au-länder waren klüger als tzie Raffen: sulgtnh mußte» dies» vou ibuen eatlehaen, bei idue» lerne», bereu Ersadruugen sich zu nutze mache»... Alle* Nutiouale ist null vor den, Meuschlich,». Dir Hanpt- suche ist. daß «a. Me,sch, nicht daß mau Slawe iß. Aa« gut sür d>» Meaichen ist, kau» nicht schlecht sür die Russe» sei», uud wa« die Engländer oder Deutsch«» zum Nutze» nnd Vortheil der M,»scheu «rsunde» haben, da« ist mein, de»» ich bi» ei» Mensch." Solch ein Kosmopoltti-mu« war «S, der Karamstu bei aller Aubnvglichkeit uud Lieb« sür jri» heilige* Ruktaud veraulaßle, da er erst drrmudzwaazig Jahre alt war, »iue Reist iu* AuSloud zu uuteruehwea uud in den Jahre, 1789 und 1790 Deutschland, du Schwei». Fraukreich und Euglaad za besuchen. Vou fugrudliche» IdraliS«»* sür alle* Wahr», Gut« »ad Schöne getragen uud, wie »* in solch eine« Alter »ad tu der damalig«, Periode natürlich ist. etwa« stutiweuwl a,^haucht, dabei aber auch «i» reichen «euut. uiffeu »»«gestattet, »amenttich der deutschen Literatur uud Phil». iophie jener Zeit, wie w,r sie an eiue« Sinkst» vor Kundert Jahren bewundern müsst». trat »arumfiu stiue Reist an, >o.lche ihn über Königsberg, w» er Kant auflncht«. verti». D.eSdeu »ach Leipzig führte. Di« Briest» welche er damal« an die Familie Plstschtichejew ichried uud di« er »och seiner Rückkehr i» di« H-iwartz „ der von ihm degrüudete, Zeitschrift: ..Du» Mo-kauer Iaurnal" uuter de« Titel: ..Briest eine« russische» Reisende," zu« Abdruck dlachi«, werden uns ,etzt ia ircsslicher Ueberhtzuug »«» ve. Herwuu» Rv«koich»v "> t^.r beiitzreßuer *r Schramm hier «sch«»»»»»» „Ruiü iche:, Laichen.vidli»ttzek", dere, siedeu- »eu Bau» sie bildet, m deutscher Sprach« gedotra. Eme gewisse SesühtSstligkeil, wie he der damalige» Zett eige» war. charakierisirt West Briest, die tuuv des VeriafterS Austuidalt i» Leipzig und durch da* Unheil. wcKtze« er über nafire >0t. auch »och tzntte e» Interesse für »«* habe». A« 1*. Juki 1789 langte Karamp, hier », nutz ßsta s, Gastbaus, gegenüber der Post, ob, die damals sich i» de» VSHwst des ThomaSkirchhofeS und der Klostergasse besaud, da« hmst dir resoemirtca Gemeinde gehört und in dem jetzt da* Kuntzwwech» Musen« uutergebracht ist. Sei» erster Gaug am solgruda Tap war zu Herr» Melli. „einem junge, Genueser", der ih» sthr Wich empfing uud bei Erledigung von Geldgeschäften behilflich war. KaLdem der Reiseude »och ei» theologische* Eolleg besucht hatte, u-ternalM er eine Wauderuag dnrch die Stadt and machte eiue» Ruadga», um dieselbe. Urber die Eindrücke, die er hier empfing, läßt er sich io den Briefe», wir folgt, an«: «Die eigrutlichr Stadt ist acht -roh. aber «ft den Vorstädte», tu deur» sich viele Gärte« befind«,, uu»»a sie schoa eiue» ziemlichen Raum rin. Di« Lage Leipzig« ist nicht st materisch wie jene Dresden*: «* liegt mitte» m einer Ebrue — aber da d eje Ebene, gut bebaut uud sozusage» gauz mit Felder,. Gärte», Gebüschen uud Wäldchen bedeckt sind, so findet der Blick hier ge», Abwechselung »ad ist nicht bald gesättigt. Die Umgrbuug Dretdeut ist wunderschön, jene Leipzig» aumvthig. Die erster« tau» mau «M einer Fra» vergleich«», vou drr Alle beim erste» Aublick sage,: „Welch eine Schönheit!" — uud die letztere mit «»»er solche», welche Allen gesollt, doch »ur im Stille», welche zwar Alle lob«, doch ohne Begeisterung, vo» der mau sagt: sie ist lieblicht Die Häuser sind hier ebenso hoch wir i» Dresden, da« ist, größte», theil* vierstöckig, die Straße» siud nicht sehr breit. E« ist g«, daß man hier ia der Stadt nicht mit Wage» fährt, und dir Fußgänger brauchen nicht zu fürchten, überfahren zu werde». Ich habe tu Deutschst»» »och ketur so volkreiche Stadt gesehen wie Leipzig. Der Handel nud die Uuiverstlät ziehe» et« Mrnp Fremd« hierher. Nack Tische war ich bei Beck, eiuem junge», aber «ne» fester Keuutolsse nnd seiue* Talente* sthr geschätzte» Prosessor. Tr ist et, stiller, bescheidener Mann, vorsichtig st seiaem Urtheil a»L «ft sehr angeaehmer Redeweise. Durch iha erfuhr ich vo» de» Aussehen, welcher Anachorst». eine Abhandlung de« AbbS varthestaq, erregte. Er war kau« erschiene», al* all« französische» Schriftsteller vor ih» die Knie beugte» uud gestaudeu, daß da* für »»* so iateressaute Grieche» lau» — Griechenland, da» wir in sei»»» Trümmer» «»d de» »euige, aus uns gelaugte» Denkmäler» seiue* Ruhme* bewundern, »och »st so trefflich geschildert worbe» sei. Der Göttinger Professor Heste, einer der ersten Kenner der griechischen Literatur uud Attrrthümer, br»k- iheilte die Suacharst* iu der Vöitstgrr gelehrte» Zeitschrift and machte ,ha in Deutschland berühmt. Herr Beck erwartet sei» Exemplar mit großer Ungeduld. Keiuer der Leipziger Gelehrte» ist so berühmt, wie vr. Plast«, eia eklektischer Philosoph, der dle Wahrheft st alle» Systeme» sucht, ohne sich an ein bestimmtes zu binde»: der z. v. iu Einigem Kaut, in Anderem Leibniz zustimm» oder ihae» widerspricht. Er versteht klar zu schreibt:,, uud wer »nr riuigermaßeu mit Logik und Meta physik vertraut ist, kauu ihn sticht verstehe». Die Aphorismen Plainer'S iverden sehr geschätzt, uud Jemandem, der sich st da« Labu- rinlh der philosophischen Systeme vertiefen will, könueu sie al« Ariadnefaden dienen. Ich hatte Verlange» aach seiuer Lekouutschaft. uud von Beck begab ich mich zu ihm. Er wohnt st einem Garte, vor der Stadt. Jo der Allee begegnete mir seine jaug« Frau, eiue Tochter Weiße'«, und sagte mir, daß der Herr Loctor zu Häuft sei. Zwei Minuten später erschien er selbst — ei» großer, magerer Mann vo» etwa vierzig Jahre», mit scharfem Blick, gelehrter Mieue «ad würdevoller Haltung. „Ich habe schon durch Herr, Kleist vo» Ihne» gehört", sagst er uud führte mich in sei» Labruet. „Ich gestehe Ihne», daß ich jetzt beschäftigt diu", fuhr « sott, „ich muß Briese schreiben. Bitte, besuch«» Sie mich morgen »» dieselbe Zeit." Ich eutschllldigst mich, daß ich zur Unzeit gekommen war, nd verbeugte mich, indem ich mich »ach drr Thür zurückzvg. „Welcher oder welchea Wifftnschasst» habe» Eft sich sttbesoudere gewitmet?" srug er. „Den Schönen Süuftea". erwiderst ich uud errüihest — ich weiß, warum — vielleicht wisset auch Ihr er, lieb« Kreuude. Abend« wandert« ich durch die Gärten and Allee». Richstr'1 Garten ist groß uud schön. Ei» etwa zwölfjährige- Mädchen st weißem Rieder renhte mir beim Eiagaug« este» Blumenstrauß. Da- gefiel mir sehr. Ich drückte ihr »teste» Dank durch da« Beschenk vou zwei Groschen au«t! Ia Beudler's Garten sah ich Gellest'* Denkmal, vou Oesee st weißen, Marmor ausgesühst. Während ich hier da* vo» Freund schaft errichtete Denkmal de* wohtthättgca Maune« bestachtest, ge dachte ich der glücklichen Zeit meiner Kindheit, al* Bellest'* istdel» fast meine ganze Bibliothek bildete», al* ich, ,'est Jakle uud Variko lejead, beiße Throne» vergoß «der beim Lesen de* „Grüaea Esrlt" au« vollem Herze» lachte — al* der Lehrer uu* llestr» Schüler» nach Gellen'« Vorlesungen Moral Vortrag »ad sagte: „Meste Freund«! Werdet so, wie zu sei» Gellest lehrt, uud Ihr »erdtt glücklich sei» t" Die Eriuneruageu durchwühlie» mein Herz, dir Geschichte meine« Leben- erschien vor mir tm Bild«: Schatte» geutzgl Und wa« erwartet mich noch ia der Zukunft? Aa» dem Garten begab ich mich st die JohauuiSkirche, w» Gelle« von seinen Schülern und Freunde» ein Denkmal errichtet ist, welche« die Religion vorftellt, die dem Wobllhäter sei» au« Erz gegossene« und mit Lorbeer bekränzte* Bildniß reicht — est wuuder- schöner Gedanke! Beide Statuen sind au» weißem Marmor. Unten befindet sich sein Rame und folgend« vou festem Freunde Heine verfaßte Inschrift: „Diesem Lehrer »ad Beispiel der Tugend und Religion widmeten diese« Denkmal seiue Freuade uud Zeitgenossen, welche von seiuen Verdiensten Augeuzeugeu waren." ES ist für jede» gefühlvollen Menschen angenehm uud entzückend, solche J-schriste» m sehe» und zu wissen, daß keine Schmeichelei, sonder» die Wahrheit sie versaß» har. Alle, di« den verfiorbruea Belehrten gekannt, habe» ihn «»stimmig sür eine» wohlthärigru Maua erklärt. Erst Lebe» war dir stärkste Widerlegung der Meiauug jener Least, welche, tu jedem Winkel de« Menscheuherzea« eiue» Fehler eutdeckead, die Wohlthätig- krit für ei» leere« War» hatte» — uud jeuer Leute, welch« behaupte», daß die Religio» die Mensche» »icht besser mach«. „Alle*, was gnl an mir ist", sagte der Verstärke« tauftudmal zu seiuea Grsähste». „Alles verdanke ich dem Lht-isteuthume." „Nest, Herr Memel, ich komme nicht zum «brndeffeu. Ich ftt: mich an* Fenster, werde Weiße'* Elegie aus Gellert's Tod, Kramer« uud Deui«' Ode lese»; wrrde lesen, Mitempfinden uud möglicher Weise weste». De» heuttgeo Abrud weihe ich dem Aadeukra det Wohlthäter*. Er hat hier gelebt uud das Wohlthua gelehrt."" Am 16. Juli schreibt Karamstu weistr au« Leipzig: „Heust früh hä«« ich eiue Lorlesuag Piaster'* über Aeslhettk. Der gewaltige Saal war mit Zuhörer» gefüllt, so daß kem Apfel zu Baden sollen konnte. Ich muß» st der Thür stehe» bleiben. Piaster sprach bereit* aus dem Katheder. Alle« schwieg uud lauschte. Rieht da« genügst« Geräusch hiuderst die Stimme de* Doctor«. d»nh de» Saal zu dringe». Ich war weit vva idm eutsentt, ober trotzdem «atgstg um kein Wort. Er sprach »oa dem Geiste oder dem Geäst«. Der Gastl, sagte er, kan» sichuur mit dem Erhabene» »ud Großeu beschäftigen—nur mit der Natur uud dem ganze» Meusche». Uud so ist die Philo» sophie, in der höchste» Bedeutung des Worte«, seine Wissenschaft. Er kau» sich auch mit anderen Wiffeuschafteu beschäftigen, aber stet- nur >a Bezug aus jene; er Hai eine besondere Fähigkeit, verwandte Aehalichk-ittn, Analogien, geheime Uebereiustimmunge» st de» Dingen zu entdecken, und oft sieht er eine» Zusammenhaag dort, wo der ge- wöbuliche Mensch kemen sieht, nud darum scheint e« eiuem Menschen, dessen Blick nicht tu die Ferue reicht, eiue Lappalie zu sei». Leibuiz, der große Leidmz. durchreiste ganz Deutschland uud Italien, wühltr st alle» Archiven, st Staub uud Moder, vou Motte» zerfressene, Schrifte», uu, die Materialien sür ftste Geschichte de» Häuft« Vrauuschweig zuianimenzubriuge»! Aber der scharfsinnige Leibniz erkauute den Zusammenhaag dieser Geschichte uni andere, Par- würfen, welche für die Menschheit überhaupt ooa Wichtigkeit waren — Endlich bemerkt moa i» all« Thoteu eiue« jolchea Manne« rstea besondere» Eifer, der sie so zu sage« belebt und sie vo» de» Thalen gewöholicher Meusche» anttrscheidet. AU Be»' spiel führe ich Jhueu Franklin a». »icht de» Gelehrte», sonder, al« Politiker. Wie er di« Verletzung der Menschenrechte steht, nst welchem Feuer wird er da ihr Sachwalter! Sou diesem Sugrublickr a» hört er aus, für sich zu lebe», uns vergißt über de» allgemeine» Wohl« sein eigenes. Mit welchem Eifer sehen wir ih» festem große, lieft, dem Wähle der Menschheit, zuftrebea! — Est Geist gleiche» ftr« belebt uud keunznchuet die Werk» großer Gruft». Neu» e* möglich wäre, ih« v. ou« Me idel-sobu'- philosophische, Schriften oder au* Jerusalem « Luch vou der Religio» «iszuzftha, dw» würdau st de« erster»« allei» scholaftisch« Klügele, au» st de» andere» lue gewöhnliche» Dogmen der Theologie übrig bleibe», ater beseelt durch dwft« Feuer wirft» sie erhebe»» aus die Seck» dck Leser«. Platiier spricht so ougezniunge» wie st seinem Eabstet «d sehr augenehm. S« tzftl ich »uhruuhm. Höne» ihm Alle mit »er gr-fte» Aufmerksamkeit »u. Mau sagt, daß die Leipziger Stadeste, kemen Prusessor so lftiea uud uerehre» wie ih». Al« er »om Kstheber beratckieg. bildeten sie vor ihm wir »or eiuem Kaiser Spul« bck zur Thürc. — „Ich dacht, nicht, »ft liier zu ireffeu". sagt« er p, »ft. „uns wen» ich da« arwnßt hätte, daß Sie Herkommen würde». Wtz ich eine» Platz sür Gm bereit halft» laß«»." Er lud Muh ck». auch Tisch« zu ihm zu komme», uud sugtr. er »olle «>t mrr « eiuem Orte zu Abend essen, wo ich «fttze iuteress«»»« Latte sehe» würde.'
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