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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.06.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-06-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188806034
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880603
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880603
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-06
- Tag1888-06-03
- Monat1888-06
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.06.1888
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Vierte Leilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. är 155. Tonntag den 3. Juni 1888 82. Jahrgang, vrr Fichlinhostr. Urzthl»»« »»« dir G«-r»»«rl »«» Nndols Itch». N. sFerlsetzin,.) Der Bauer überließ e« Gäupchen, dem Winkeladvokaten eine Erwibrrung zu geben. Sei» Blick war aus de» leeren Stuhl gefallen, den leine Tochter einnehmen sollte. Wo blieb da» Märchen? Er erhob sich, uu, nach der vermißte» aub- ruschauro uud sein beiße« Blut an der Abcndluft zu kühlen ul« er unter die HruSlhür trat, tauchte am tiesgelegenen Eure de« Hose« eine Menschengruppe aus. Er zog sich etwa« in« Dunkel zurück, reckte lauschend den Kops vor und bemerkte, wie drei Personen, anscheinend dicht aneinandergeschmiegt, langsam herauskame». Al« sie die Uline erreichten, flulhrte da» silberhelle Mondlicht über ihre Töpfe und der Bauer er« kannte seine» ehemaligen Hirtenbub, der Maneli- zärtlich umstag. Nahezu wäre veu, Munde de« Lauscher« eia zorniger Aufschrei entflohen, allein er hielt a» sich, denn am Ende sah er nur ein Blendwerk. Aber gleich daraus reichte Marieli- dem Soldaten die Hände und schaute ihn liebevoll a», und jetzt erfrechte sich Jener gar, ihren Mund zu küssen. Sie kamen der Hau«thür ganz nahe und der Bursch« sprach etwa« von baldigem Wiedersehen und treuem Au«» Hrltrn. Genau konnte er die Worte nicht verstehen vor dem Gelächter, da« au« dem Zimmer hervorschallt«. Jetzt aber sah er, «i« seine Tochter den Franz mit einem glücklichen Lächeln ansah und er hörte die Worte: „Wenn Du Dein Ziel rrrreichst, wird Dir der Vater gewiß nicht meine Hand verweigern I' .Da» wird er doch!" schrie jetzt der Fichtenhoser mit Stentorstimme und trat so plötzlich aus die Schwelle, daß Marieli« erschreckt zurücklaumelle. — „Hierher. Du Pflicht» vergessene« Ding", herrschte er sie an, „wie kannst Du Dich an einen Musikanten wegwersrn, an einen —" „Vater"' ries Marieli« bleich vor Schrecken und Angst, „Later, beleidige de» Franz nicht, ich liebe ihn!" Die Tbür im Innern de« Hause« wurde ausgrrissen und Trine, gesolgt von den Gästen, erschien aus dem Hausflur. „Dir Lied' werd' ich Dir au«trcibenl" antwortete der Bauer knir'chend vor Zorn. Fron» trat an die Seite de» Mädchen«, und mit einem Blick aus die Fremden, deren Töpfe hinter dem Bauer sichtbar wurden, sagt« er: „Ich Hab' ein Unrecht begangen. Fichten» böser, laßt'« Eurem Ttnde nicht entgelten. Ich will Euch Rede stehen, aber j-ht nicht vor fremden Leuten!". „Will so'n Grünschnabel mir aus meinem Hofe vor» schrislen machen, da soll ja .. .Vater l" flehte da» Mädchen, und die Thränen rannen über ihr bleiche« Gesicht; „thu dem Franz nicht weh, er ist so gut und ich lieb ihn, ich gehör' ihm an . . ." Eia scharst«, höhnische« Lachen ertönte bei diesem Be» kenatniß hinter de« Bauern Rücken hervor; e« kam von Trine'« Lippen. ,»G>H' sparsamer mit Deiner Lieb' um, Mädel", sagte Gvtz in bebendem, drohendem Tone, „die gehört dem Manne, den Du einst hrirathea wirst. Da» aber kannst Du >m Vorau» misten, daß eia Bub', der bei mir al« Tnecht gedient hat, uit Dein Mann wird, im ganzen Leben nit!" „Freilich!" ließ sich hier die scharfe Stimme Schmidt'« vernebmen: „Da« wä? ja eine so tolle Verirrung, Marieli«, al« wollt' Dein Vater die Trine heirathen!" Der Hieb saß. Der Bauer zuckte zusammen. Einen Augenblick — während dessen da« höhnische Gesicht der Trine im Dunkeln verschwand — wußte er nicht, ob er den boS» haften Winkeladvokaten an der Gurgel fasten oder sich in« Hau« »urückziehcn sollte, dann aber schoß ihm da« Blut wie heiße Flammen zu Topfe und seine blinde Wuth entlud sich aus da« Haupt de« Soldaten, der fest dastand, al« vertrete er die gerechleste Sache von der Welt. „Bon meinem Hos runter, Betteljunge, der Du mein Kind vriführst." brüllte er und ballte drohend die Faust. „Fichtenhoser!" Der Au«cus kam wie der Schiei eine« töbtlich Getroffenen von den Lippen de» Beleidigten und mit einem Sprunge stand Franz vor dem Gegner mit flammen den Augen, ai« wolle er die Schmach mit Blut abwaschen, dann aber faßte er sich. Sein Blick siel aus Marieli«, und mit bebenden, zuckenden Lippen sagte er: „Ich mnß den Streich binnebmen. Ihr seid der Vater. Aber edel ist'» nicht, einem Wehrlosen da« anzuthun. Ein« will ich Euch nur sagest Euer Schimpfwort ist Lüge. Ich bi» kein Bettel- junge. Ich Hab sür Euch gearbeitet und Ihr habt mir meine Arbeit karg genug bezahlt, aber gebettelt Hab ich nie. Arm war ich von zeher und Ihr reich, da« dankt Ihr den Verhältnissen. Wenn uns Beide aber ein Znsall, sagen wir ein Ech ssbruch, nackt an die Küste eine« fremden Lande« würfe. dann wollte ich einmal sehen, wer von uns Beiden mehr werth sei, der Betteljunge oder der protzige Bauer vom Fichtenhos — Gute Nacht. Marieli«. Wein' Nicht, ich komm wieder und meine Frau wirst Du, und wenn Himmel und Hölle sich gegen un» stemmen!" Der Bursche drehte sich keck um uud schritt in die Nacht hi» au«. Der Fichtenhoser war im Augenblicke so verblüfft über die Verwegenheit desselben, daß er keine Worte fand. Endlich rang sich ein Fluch au» seiner heftig arbeitenden Brust und er wollte dem Gegner nachstürzen. Marieli« vertrat ihm den Weg „Vater", flehte sie in tödtlicher Angst, »laß den armeu Burschen gehen. Du hast ihm weh genug gethan —" .An« dem Wege, oder —' .Vater, schlag mich, aber thu ibm nicht« »u Leide — „So nimm da«, oiigerathene« Ding!" ries brr Bauer in blinder Wulb und erhob die Faust. Er führte den Schlag nicht au». Mit einem Male legte sich etwa« um sein Hand» gelenk, da« er in der Uebrrraschung sür eine Zange hielt. Erschreckt prallte er zur Seite, da schob sich zwischeu ihn und di» bedroht« Tochter rin Wesen, vor dessea Anblick er eutsetzt zurückwich. Der blöde Tonrod starrte ihn an. „Nit schlagen!" sagte er uno setzte dem Vater die breite Brust entgegen, al« «olle er hinzusetzen: „Ten Wall mußt Du zerbrechen, eh« Du meiner Schwester ein Lerv zusügst." In, Nu war der heiße Zorn de« Fichtenhoser« verraucht. Ein Frösteln Überkam ibn beim Anblick de« jungen Eyklopen, dessen Augen so groß erschienen, besten Haar so wirr Über die Stirn fiel. Der blöde Tonrad war sür ihn der fleisch« gewordene Protest gegen da« Schlagen. Ein Gefühl der Reue überkam ihn, al« er die wimmernde, verzweifelnde Marieli« ansah. „Daß Du mir auch so 'wa« authun mußt", sagte er grollend, aber ahne jede Leidenschaft. „Du. de« Fichtenhoser« Tochter, und der Vagabund. Ei. eher hält' ich gedacht, baß Sonn' und Mond zusammenkämen und droben im Sternen» saal Hochzeit machten. Geb', schäm Dub. Tomm' Herei« un» überleg Dir. wie weit Du Dich verirrt hast, komm'." .Faß mich aus meine Tammer gehe«. Vater", schluchzte da« Mädchrn. al« jener die Zimmerthür ausstieß. ,ch kann nicht unter fremde Leut' gehen." „Mir auch recht, aber saß' einen Entschluß. De« Frchtnr» Hofer« Tochter »uß stolz sein, oder sie ist «rin Kind nicht. Gute Nachts" vkarirlch stieg, uachdem sie Tonrad oi« Hand gereicht hatte, di« Trepp« tzinous. Dieser hörte in der Küche da« Tnurren der Hunde, und al« Vater uud Schwester der sch wunden waren, sachte er sein« hungrigen Begleite, aus. Rasch stellt» er für diese au» de» Speiseresien und einem Tops« Milch eia« reich« Atzung her und al« er dir gierig srestrnbeu Thier» Uder den Schüsseln sah. hellte Hch sein Gesicht ans. .Freßt, Tlnder, murmelt« er. beim Herdseurr Platz nehmend, wo die Tnecht» ihre Pfeifen rauchten und di« Magd ihm einen Teller mit Tald«bratea und Salat hinstellte, „sreßt und vertragt Euch bester at« die Menschen." — Al« er Gläserklirrea und Lachen im Zimmer hörte, kicherte er und setzte leise hinzu: „Hörst Lmda. hörst Taro. Vater füllen seine Hunde auch, die versteh'» sich bester aus« Tellcrlrcken wie Ihr. Ruhig. Spitz, knurre ult» Dach«, die da drinnen schmausen da« Beste weg, ober wa« gehl'« u»< an? Wir sind zusrirde» mit den Snochrn, nit?" Plaaoernd verzehrt» Tonrad sein Abendbrod, gab Liada einen Tnvchen. de»: NeusundlLnder eine Brodschnikt» mit Sauce, dem Lach« einen Brocken Fleisch, und al« alle- Schüsseln leer waren, lief er. von den kläffenden Tbiereu begleitet, nach den Ställen. Hier streichelte er die Pferde, die ihn trotz de« Dunkel« zu kennen schienen und sein Gesicht beschnupperten, sperrte unter fortwährenden Selbstgesprächen den Hühnerhund und den Neufundländer in den Stall ein, übergab dem Spitz und Dach« die Hoswach« und kehrte zur büche zurück. Dort nahm er wieder beim Herdseurr Platz, laute, währeud Tnecht« uud Mägde am Tisch« plauderten, in die zuckeuden Flamme» und schlief langsam «in. .Tonrad, he Tonrad, '« ist schon spät ia der Nacht. Geh' chlasen I" Trine schüttelte den Schläfer auf. Dieser sah sich der» wunden in der leeren Tüche um, starrte wie träumend in da« Gesicht de« jungen Mädchen« uud murmelte: »Schläft der Vater schon?" . I .Na, freilich und die Stadtberrrn auch. Da nimm da« Licht und geh'! Nicht' kein Unglück damit an. Gute Nacht l" „Gute Nacht!" — Der Bursche gähnte, schüttelt« sich röstelnv und stieg die Treppe hinauf. „Endlich", sagte Trine, lies Al hem holend, dann lauschte >e. und als kein Laut im Dunkel vernehmbar war, schritt »e leis« w ihre im Erdgeschoß liegende Tammer. - - 1. Der schwarze Mann. Konrad'» Kammer lag neben der seiner Schwester: er mußte am Lager derselben vorbei, wollte er sein Stübchen erreichen. Al« er bebutsam einlrat, schien e» ihm, al» ob Marieli- schliefe. Leise schloß er die Thür, hielt die breite rolhe Hand vor die Flamme und schritt der Kammer zu. Taum aber hatte er hier seine schweren Schuhe und den ZlauSrock abgeworsen, so drang ein verhaltene« Schluchzen an sein Ohr. Er horchte auf. Da« Weinen dauerte fort. Ohne eia Wort zu verlieren, trat er an da« Lager seiner Schwester. ..Marieli«". sagte er ia rauhem Tour und beugte sich über sie. „Konrad." „Warum weinst'?" Statt aller Antwort erhob da« Mädchen di« weißen Arme, umschlang den Hal» de« Bruder« und brach in ein herzbrechende« Schluchzen au«. Nach einer Weile erst fand va« Mädchen wieder Worte und stammelte: „Ach, Tonrad, Du verstebst mich nicht." Er verstand sie wirklich nicht. Die Empfindungen, welche da« Herz de« Mädchen» bewegten, waren ihm fremd, aber in dem seltsam geistigen Dunkel, da« ibn umgab, war die Schwester die einzige strahlende, fein Herz erwärmende Er scheinung. So lange er denken konnte, hatte sie ihm Gute erwiesen. Sie sorgte seit dem Tobe der Mutter für seine Bedürfnisse, sie zeigte ihm stet« eia freundliche« Gesicht, sie sprach in liebevollem Tone zu ihm. Wenn er zuweilen tief in der Nacht au« dem Walde heimkehrte, fand er sie noch am Herdseurr. So war dir Schwester ihm zum Inbrgriss alle» Guten. Milden, Beglückenden geworden; sie war ihm die lichte Führerin im Dunkel de« irdischen Traumleben«, er verstand ihre Worte und Mienen, und e« schien oft. al« ob ein Schimmer ihre« Geist»« seine umdämmerte Seele erhelle. Al« jetzt die weichen Arme seiner Schwester seinen Nacken umschlangen, al« ihre gluthvollen Wangen sich warm an sein Gesicht schmiegten, al» er die mächtige Bewegung ver spürte. welche die Brust der Schluchzenden erschütterte, durchrieselte ihn ein geheimnißvoller Zauber. Es wurde ihm bang' zu Muthe und doch wieder wohl. Ei» Seelen» bauch strömte von der Weinenden zu ihm über, und sein Herz pochte stärker, sein Auge leuchtete aus. Er küßle die nassen Augen ver Cchwcster, und während ihm ein unerklärlicher Tramps den Hals bewegte, flüsterte er: „Nit weinen, Kind, mußt nit weinen! Hast ja mich. Soll nur Einer kommen und 'ne Hand geqe» Dich aushebcn — ich würg' ihn. Scblas', Tind, schlaf. Liegst so weich? Ja? Na. ich bleib bei Dir und wach'." Sorgsam hob er da- Topskissen bvher, bettete ihren Tops recht weich, setzte sich aus die Beltkante und streichelte ihr die feuchten Backen. „Ach. Konrad, Du bist gut!" „Nein, Tu bist gut und der verdient die Höll', der Dir weh' «Hut. — Iss« die Trine?" „Nein. Konradl" „Der Baler?" „Ach. Bruder, der Later meint reckt gut zu thun, aber unsere Ansichten stimmen nicht mit einander überein. Er der sagt mir einen Wunsch, von dem mein Glück abhängt." „Iss» eia Kleinod?" „Nein." ..Ei» Hündchen?" „Nein. nein, weil mehr!" „Tann ick Dir'« holen?" „Nein, lieber konrad. da« kann nur der Himmel mir geben." Der junge Bursch kraute sich beklommen den Tops und »in ,^O weh" kam über seine Lippen. Bi« zum Himmel reichte« seine Arme nicht. Er streichelte wieder die flaumig« Dange: „Schlaf', Kind, schlaf!" und fing an ein Liedchen zu singen. Dazwischen versickerte er ihr. daß noch Alle« gut werde und daß sie wieder lochen müsse, wenn er nur erst den schwarzen Mann von ihrem Lager sortgescheucht habe. Der schwarze Mann galt ihm sür die Verkörperung alle« Unheimlichen. Düsteren und Schrecklichen. Ll« seine kühle Hand über da« Gesicht der Schwester ging, wie linder Flü-elschlag, al» er ein einfache« Liedchen summte, da gingen die Sorgen und da« Herzweb langsam von dem Lager fort. Maneli» wurde ruhiger, der Schlaf senkte seine Schatten über ihr Haupt. Mil nassen Augen schlummerte sie ein. Bald hörte der Bruder ruhige«, gleichmäßige« Athmen. Al» er sich Überzeugt hatte, daß Marien« schlafe, setzt» er sich leise an va« Fußend« de« Lager«. Do« silberne Mondlicht stet durch die von Reben amrankten Fenster und die zitternden Strahlen »»woben de« Tops de« jungen Wächter«. Und wie er so da saß mit de« geballten Fäusten und dem empor» gereckten Kopse, al« wolle er jede« Angriff auf va« Heiligihum an seiner Seite abweise« und koste e« sein Leben, da glich er einem jener sobelhasten Äsen au« dem Wolssthale, vvu denen di« Lieder der Edda erzählen. Ein, Weile herrschte tiefe Still« in der Tammer. nur di« leisen Athem.Ug, der Schlafende» waren vernehmbar, dann bewegte der Nachtivind die Blätter am Felsen und nu« tanzten di, Mondlichter auf de« Boden umher und glitten zawnle» Über den rothbloudeu Kops der Schlafende». Tonrad'« Züge »erlore» bei dem Anbl cke den drohende» Au«druck. die Span» nung der MuSkcln ließ »ach. ja ein matte« Lächeln stahl sich gar Uber dir starren, unbeweglichen Züge. Die großen dunklen Buge» betrachteten alle Gegenstände de« wohnlichen und mit echt weiblichem Geschmack« eingerichtete» Zimmer« Er be schaute die vollen Frledlumenstrauße ia den gelben Thonvasen. die Blattpflanzen au! de» Fensterbrettern, die dunklen Möbel, und jetzt blieb sein Blick auf einem alten Oelgemälbe hasten. Ein Bilbuiß, roh und schlecht gemalt, trat au« dem Halb, dunkel; e« stellte di« Mutter der beide« Kinder vor. Wie er so die Züge der Frau betrachtete, kam unwillkürlich von seinen Lippen ,m alte« Kinderlieb .... E« war da« letzte verstreute Kleinod au« der Zeit, da ihn die Mutter i» ihren Armen gewiegt, da sie ihn de« Morgen« au« de» Schlaf« geküßt. >bn de« Abend« warm nebeltet kalte. Er bolte e« in stiller Nacht hervor, wie ein Schiffbrüchiger da« letzte versteckte Gut. und vielleicht träumte er von einer lickten Zeit, da er mit >ellen Kinberaugen die Schönheit der Welt bewunderte und ich sonnte in der Liebe zur Mutter. Plötzlich wandte er sich um, bückte sich zur Marieli« nieder und haucht« einen Kuß avs ihre von w««chem Haar umflocktr Stirn Ein langgezogener Slogeschrri schreckte Konrad aus. Der Ton kam dom Hose her. Ter Bursche lauschte und vernahm, wie der Spitz anschlng. Gleich darauf verstummte da« Bellen, vielleicht war Jemand am Gitter de« Hosthor« vorüber» eganaeu. — Nach einer Weile wiederholte fick der seltsam« clagtlchrri, nur diesmal Heller — langgezogener. Der Ton beunruhigte den Lauscher. Leise erhob er sich und trat an eine« der Fenster. Er sah in den mondbeleuchtetrn Garten. Me« war still, nur die Wipfel der Obsibäume sckwaukteu '.eise im Nachtwinde. Schon wollte er sich wieder umwenden, da ah er eine» dunklen Schatten an den Bäumen vorübergteiten. Der Bursche blieb wie angewurzelt stehen, ein Zittern übrr- log seinen Körper. Jetzt hört« er ein leise« Pochen, dann rin äum vernehmbare» Flüstern. Nun war e« ihm, al» gleite ein Schalten drunten am Erdgeschoß vorüber, der sich erhebe. Wenn e» die schwarzen Männer wären, mit denen man ihn io oft geschreckt. Sie kamen herauf! Wieder bürte er va» Pochcn. dann ein seltsame- Klirren und — um seine Fassung war« geschehen. Mit einem Satze sprang er zum Bett seiner Schwester, nabm wie ein Hilfesuchender den Tops derselben in senen Arm und schloß krampshast die Augen. Der junge Bursche hätte am Tage kühn den Kamvs mit dem über legensten Gegner ausgenommen, in der Nacht verwandelten zwei Tlagejchreie. ein Schalten und «in unheimliche« Geräusch den jungen Riesen in ein zitternde«, surchlerfüllte« Tind. Früh am Morgen, al» die blitzende Herbstsonne statt der silbernen Mondstrahlen in« Schlafzimmer fiel, wurde die Thür ausgerissen und die breite Gestalt de» Fichtenhoser« er schien im Rahmen derselben. Er öffnete gerade den Mund »um Gruße, al« sein Blick apf da» Bett fiel. Bei dem An blicke. der im hier wurde, blieb ihm der Ton im Halse stecken. Da lag Marieli«, den blonden Tops gegen die Brust Tonrod'« gelehnt und dieser in halb sitzender, halb liegender Stellung vielt sie umsaßt, al« wollte er sie schützen; sein mächtiger Kops war aus die Brust gesunken. Bride hielt tiefer Schlaf umsangen. Wie der raube leidenschaftliche Mann seine Kinder be» trachtete, überkam ihn eine tiefe Rührung. Wie verlassen und bedroht mußten jene sich fühlen, da er sie beieinander fand! Ai« er näher hinschautr, gewahrte er die vom Weinen gervtheten Augen de« Mädchrn«, und e« that ihm leid, daß er da« arme Ding, welche« bisher sein Stolz und seine Freude gewesen, so roh behandelt. Al« er daher die Kinder au« dem Schlaf rüttelte, sprach er sie in mildem, wohlwollendem Tone an: „Marieli-, wach aus! Konrad. wie kommst Du in die Stube Deiner Schwester, sagt mir nur, wa« Euch ein gefallen ist?" Ia, wie war da« gekommen? — Al» sich die Geschwister umgesehen, wußten sie selber nicht, wie da« geschehen. „Ich halte geweint", antwortete da« Mädchen nach einer Weile zögernd, „und Konrad wollt« mich trösten —" .Wollte Dick trösten? Ha, wo solche Zeichen and Wunder geschehen, darf'« un« auch nicht wundern, wenn über Nacht zwei Huude crepiren. ohne daß sich ein Mensch erklären kann, wie da« zugegangen ist. Hast Du di« Hunde gestern gefüttert, Tonrad?" Dieser nickte. .Hast Du den Spitz und den Teckel in den Hos geführt?" äa." „Seltsam!" Der Bauer schüttelte bedenklich den Tops und sagte: „Zieht Euch rasch an und kommt herunter, c« ist sckon spät" Al» die Kinder in» Wohnzimmer kamen, wurde de« Langen und Breiten die Frage erörtert, wie man sich da« plötzliche Hinsterben der Hofhunde erklären könne. Beide waren in der Nässe de» Hosthore« tobt ausgesundrn worben. Konrad lauschte dem Gespräche eine Weil« und verschwand dann. Zehn Minuten später, al- sich die Bewohner de« Hause« am Tisch« niedergelassen und den dampfenden Kaffee getrunken halten, kam Konrad zurück und sagt« lakonisch: „Hab' die Spur!" Ueberrascht folgte» die Männer dem jungen Burschen nach brr Stelle, wo dir Hunde lagen. Hier hob derselbe klein« Stückchen Fleisch, die über be« Boden gerollt und derart mit Sand überzogen waren, daß man sie erst sür Dandklumpen gehalten halte. Al» der Fichtenhoser dieselben aufgehoben, schritt Konrad weiter und gelangte zu einer Lücke in der hohen Dornenhecke, welche den Garteu einsaßte. Er schlüpfte hindurch und die Männer mußten sich auch durch zwängen. Im Innern de« Garten« nun deutete der junge Führer aus die Eindrücke, welche die Schuhe eine« Maune« aus den Gartenbeeten hinterlassrn. .Wa« ist da«?" fragte er. Seine Begleiter betrachteten die Spure», und Gäupchen bemerkt« pfiffig lächelnd: .Da« ist die Spur eine« Manur«, der auf großem Fuße lebt." Die Eindrücke verloren sich auf dem Rase», allein Konrad schritt weiter bi« zur Rückseite de« Wohnhauses hin. Hicr war «in schmale«, mit Buch«baum eingefaßte« Blumenbeet. Konrad ging zu einer Stelle und deutete wieder auf den lockeren Grund, und wieder sah mau di« Eindrücke, wrtche rin großer Männrrschuh hinlerlassen. Der Fichtenhoser betrachtete die Spuren, erhob dann den Blick zu dem darübcrliegenden Fenster und eine dunkle Nvlhe schoß ihm in« Gesicht. Da» Fenller schloß Trine'« Kammer. „Konrad", sagte er und seine Stimme verrieth ein leise« Beben, „Du warst heute Nacht i« Schlafzimmer Deiner Schwester, »arl Ihr allem?" „Ja." .Hast Du Niemand im Garte» aesrh'n?" „Der schwarze Manu pocht« hier", »amit deutet« der Bursckie gegen da« Kammersenfler. „Weiter weißt Du nicht«?" Er schüttelte vrn Krau«kops. „Wo« wollt Ihr dn,« noch wissen?" warf hier mit sao- nischem Lächeln der Dinkeladvocat ein und wischt» sich dir Brille, die er zur genauen Inspektion der Svuren verwandt. Jetzt fuhr er Konrad schmeichelnd Über den Tovf und sagte: „Dich armen Jungen haben wir für einen Idioten gehalten! Mein Sohn. Dn hast mehr Scharfsinn al« wir Alle." , In die Wohnstube zurückgekehrt, winkt« der Fichtenhoser ! Marieli« leise zu sich heran und sagte: „Hast D» beute ' Nacht ein anssällize« Geräusch uuter Deinem Fenster bemerkt?" „Nein, Vater." Der Bauer blickt« fein Tind forschend an. Er fah den Hellen Blick und wußte, Marieli» kg nicht. .Lrioel" Hs er jetzt mit Stentorstimme. Diese war eben dabei, da« Geschirr «ach der Küche zu tragen. Hastig wandte sie sich uw. bemerkte dir dunkle Rötye im Gesicht ihre» Herrn und erwiderte: „Ihr schreit ja ge waltig. Vcrinund, wa« giebl'» denn?" „Wer hat heut' Nacht an Dein Kammerfenster geklopft?" Ohne euch nur «inen Augenblick zu zaudern oder zu schwanken, entgegnet« sie: „Ia, da« möcht' ich selber wissen. Mitten in der Nacht werd' ich durch ein Pochen au« dem Schlaf geschreckt, schau' aus, bemerk' eine dunkle Gestalt am Fenster, krieg'« mit der Angst und vergrabt den Tops tu die Kissen Wa« weiter geschehen iS. wei» ich nlt." „Sr.". erwicerte der Fichtenhoser gedehnt. „Darum hast Du davon kein' Sitb' erzählt?" Trine lachte, warf euren kurzen Blick aus Marieli« und antworlctr: „Weil ich gedacht, der Klopfer hält' sich in der Adress' geirrt!" Ohne weiler ein Wort zu verlieren, ging der Fichtenhoser nach dem Gewehrschrank und lud seine Doppelflinte. „Wollt Ihr heut' aus die Jagd gehen?" srug Gäupchen. „Nein, aber ich halt' zwei gut« Schrotladunge» sür da« Raudzeua bereis da« ia mein Gehege bricht." lFortsetzung folgt.) Lachsen. ' * Leipzig, 2. Juni. In der unter Vorsitz de« Herrn LandgerichlSpräsidenten Schurig und unter Assistenz der Herren Lanvgerichl-rälhe Wols und Gruber. sowie in Anwesenheit de« Herrn Ober-Staat-anwalt Häntzschel stattgesunvenen Sitzung de« hiesigen kvnial. Landgericht« wurden für die nächste Sitzungsperiode de« hiesigen kvnigl. Schwurgericht« durch da« Loo« zu Geschworenen folgende Herren bestimmt: Vrauereibcsitzcr Avols Imliof in Odcrwitz. Kaufmann Karl Aibert Thierselder hier. Hosbaumeister Paul Otto Brückwold hier. Rittergutsbesitzer Ernst Gutknecht in Tötitz, Kaufmann Rudolf Alexander Gövecke hier, Taiismann Johann Karl Gustav Herrmann hier, Tausmanu Otto Karl Keil hier. Tausinann Friedrich Wilhelm Hertzog hier, Gut-besitzer und Grmeindevorftaud Wilhelm Ledig in Wltstenhain, Ritter- guispachter August LicbeSkind in Zweinaundorf, Damps- mühlenvirertor Gustav Schöuert in Wurzen, Fabrikbesitzer Iuliu« Emil Otto Müller in Ncuschöneseld. Gut-besitzer Emil Görnitz in Gallschütz, Rittergutsbesitzer Arndt von Arnim in Titzscher. Kaufmann Felix Emil Klinkbardt in Wurzen, Kauf mann Karl Theodor Miru» hier. Kaufmann und Consul Eonrad Alfred Thieme hier. Rittergut-Pachter Ferdinand Breiting in Paun-borf, Kaufmann Max Schröder in Grimma. Kaufmann Albert Berger in Mutzschen, Fabrikbesitzer Johann Ltlomar Vörtler in Eolditz. Gutsbesitzer Hermann Oehmigen in Probstheida, Rittergut-Pachter Franz Patzschke in Hos, Kittergul-pachtcr Gottfried Max Kunze in Schöneseld, Kauf mann Karl Heinrich Ferdinand Jung hier, Kaufmann Karl Gottlob Kluge hier, Guts» und TalkwerkSbesitzer Adolf Eulitz in Pulsitz, Gutsbesitzer Wilhelm Robert Haserkorn in Dobernitz. Gutsbesitzer Max Tunalh in Woll-dors und Privatgelehrter vr. pdil. Karl Felix Alfred Flügel hicr. "Leipzig, 2. Juni. Ia der gestern Nachmittag im „Mariengartrn" stattgesundenen Versammlung de- Verein« Leipziger Gastwirth« kam unter Andern, nach Erledigung verschiedener geschäftlicher Angelegenheiten der vom 5. bic. 8. Juni in Nürnberg staltfindenve Deutsche Gastwirth-tag zur Sprache, bezüglich dessen sich eine rege und lebhafte Debatte entspann. Man kam schließlich dahin überein, cS jedem College« freizustellen, ob er den Gasswirth«tag besuchen will oder nicht und e« dürfte derselbe von hier au« auch sich eine« regen Besuche- erfreuen. Nach 8 Uhr hatte die Ver ein-Versammlung ihr Ende erreicht. * Ncuschöneseld, 2. Juni. Der Vorstand de» Schreberverein« der Nordoflvorstadtdvrscr hielt gestern eine Sitzung ab. ES wurde unter anderen Beschlüssen auch der sür den Verein wichtige Beschluß gefaßt, die Gärten auf dem Areale der Herren Leue und Weise selbst in Pacht zu nehmen, um aus diese Weise etwa- Einheitliche- zu schaffen und auch dadurch die Schrebersache noch mehr zu sörvern. ES ist den Herren Leue und Weise Dank zu zollen, daß sic in entgegenkommender Weise ihre Bereitwilligkeit gegeben haben. Wie sich die Idee der Schreberverein« immer mehr in unserm nordöstlichen Kreise Bahn bricht, geht daraus hervor, daß die Mitgliederzahl jetzt schon da« neunte Hundert erreicht hat und immer noch Eintritte stattsinben. Es sollten auch die Eltern und hauptsächlich die ärmeren, nicht Unter lasten. dem Vereine beizulreten, denn bei der geringen Steuer von l ^ jährlich ist e« Jedem ermöglicht, seine Kinder aus einem freien Platze unter Aussicht bewährter Leitung spielen zu lasten, nebenbei finden im Winter Borträge und Be lehrungen über Kindererziehuna von Fachmännern statt. Ferner wurde ein Beschluß gefaßt, um den Staub auf dem Platze so viel al» möglich zu verhindern und den Kindern den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen, eine größere Gartenspritze anzuschaffen. Do« Gesuch de« ComitöS zur Gartenbauausstellung um Uebernahme de« Proleclorat« seiten« de« Vorstände« wurde angenommen. Die Ausstellung verspricht allem Anschein« nach eine ganz interessante zii werden. — Wer aus dem so beliebt gewordenen Au-ssuge über Connewitz, LöSnig und Dölitz nach Gaschwitz einen kleinen Abstecher aus prächtigem Auenweae. am rechten Ufer de« Göselbache«, nach Erdkern mit seiner hochgelegenen Kircho nicht scheut, wirb sich dasür belohnt finden. Bei Cröbern entdeckte man kürzlich einen uralten HeidengotteSacker mit vielen Todtenurncn und Schmucksachen. Aus dem Kirchhofe zu Erbbern kann man sich auch eia verfallene« Soldalengrab au« dem Iabre ISIS zeigen lassen, worin Ossiciere de« lv. preußischen Insanterieregimenl« ruhen. Vor Jahren kam ein Grei«, der Sohn eine« dieser Ossiciere, bisweilen nach Ervdern und erneute di« Schrift am Grabsteine, der die Er statt eine« Baumstammes hat, mit eigner Hand. Aber der Alte ist nun auch tott und die Schrift verlöscht. Sie lautet: „Unter Denen, welche hier der Völkerschlacht für deutsche wieberrrrungene Freiheit am IS. Oktober fochten, sind vom lv. Infanterieregiment geblieben „Schlesische Landwehr 1. Regiment« Eonnnandant Baron von Lessel, Hauptman» Gras Kurin-ky. Premierlieutcnant von Eittwitz, Lieutenant von Buchholz, Lieutenant von Thiem und bö« Gemeine Diese» Denkmal ist den Kameraden zu Ehren im Namen de« Osficiercorp« gestiftet worden, von Fritzsch, Dalaillon»ches und Ritter de« eisernen Kreuze». Major von Lessel und Lieutenant von Buchbolz ruhen Vor diesem Denkmale." " Chemnitz, 2. Juni. Der am »«. Mai Hierselbst der- storbene Armensrennb vr. pirtl. Theuuert, von dessen ver- mächtnlssen wir s. Z. wiederholt Mittbeilung machten, hatte gewünscht, daß sein hierselbst. Schlvßstraße Nr. l, grlegene« Grunvstück sech« Monate nach seinem Ableben der Stadt- gemeinde Ebemaitz e,gentbümlick> überwiesen werde, und zwar mit der Bestimmung, daß au« dem Mieth- und Pachterlrag und bei späterer Veräußerung de« Grundstück« au« dem Er- löse darau« unter dem Namen „Tbeunert-Stistun g" ein Fond« gebildet werde, dessen Zinsen zu milden Zwecken, vorzug-weise zur Erweiterung de» HoSpital» St. Georg und znr Belohnung treubewährl« Arbeiter und Dienst-
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