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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.06.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-06-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188806034
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880603
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880603
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-06
- Tag1888-06-03
- Monat1888-06
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.06.1888
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Crjte Beilage mm Leipziger Tageblatt und Anzeiger. ^ 155. Sonntag den 3. Juni 1888. 82. Jahrgang. vir Arderftedelung -es Kaisers «ach „Schloß /riedrichskron". * Leber di« Lbsahrt de« Kaiser« von Charlotten« h,rg und die Reis« nach ^.Schloß Friedrich-kron" bei »,rg und die «eis« »ach „schloß gr,«dr>ch«k fetsda« berichtet die .Post' vom Freitag: Die Uebersievelunq Sr. Majestät de« Kaiser« httenbnrg noch Schloß Friedrichskr II)'/, Uhr Lormittaa« verließ unser l Welcher «aser kaiserlich«« Ha»« viele Stunde» von Lbar- con ist heute erfolgt. Um Kaisrrpaar die Stätte, an Innde» banger Sorge verlebt hat, di« i» de, letzte, Woche» mit dem wiederkehrendea Frühling i. Aller Herze, auch frohe H,sfn,,ge, eingekehrt sind, welch« de- saader« an den jüngsten Lagen in dea begeisterten Huldigungen de« Aolke« Ausdruck fanden. Heute, am Loge der llebersiedelung de« Monarch«» »ach Potsdam, darf «a» sage», daß der Kaiser t» Schloß zn Lhariottrabur, soweit Genes»,» gesuaden hat, als e« bei de« tüchsthe», leider bestehen bleibenden Srundübel überhaupt möglich iß. Schloß Friedrichrkron hat den Kaisei heute Mittag in seinen Mauer» ausgenommen Möge die Besserung daselbst so stetig sortschreiten, wie es im Charlottenburger Schloß der Fall gewesen ist l Die« war der Segen«. Wunsch, den heute die vielen Lausende, welche sich a» de» Ufer, der Spree versammelt halten, bei der Ablahrt dem theureu Kaiser nach, sendeten. — Schon am frühe» Morgen zogen zahlreiche Berliner «ch Iharlottenburg und verr aten sich am jenseitigen User der Spree mit der Charlottenburger Bevölkerung, um der Abfahrt de« Keifer« beizuwohuen. In eturr Länge vo» wenigsten« tauleud Schritte, und in zehn und «ehr Reihen hiatereluauder staub schon na S Uhr eia dichter Meuscheuwall läng« de« «it der Spree parallel lausenden Tegeler Wege«; die Charlottenburger Polizei hatte da« User, welche- steil absällt and ohne Sitter ist, wohlweislich etgesperrt und die Meuscheumalsen bi« jenseits de« Tegeler Wege« urückaeiShttt; so umstand die Menge in mächtig ««item Vogen dir Vamps Pacht „Alexandra", welche sich prächtig heraurgeputzt hatte. Li« Manufchast de« Schiffe«, au« einem halbe» Dutzend Matrosen bestehend, war i» Weiß gekleidet, in weiße Beinkleider und bauschige »eiße Hemden, von denen sich der blaue Matrosenkragen ab- hob. Die Köpfe bedeckten schmalkrempige gelbe Strohhütr mit blauen Bändern. Die verschiebbaren Wände der hohe» Mittel, cejüte waren zurückgezogen, io daß die ilajüte tu eia lustige« Zelt »erwaudelt war; die grünseidenen Vorhänge der Cajütensenfter war mit Blumen und Blattpflanzen geziert. Nmienllich hatte man die Umgebung der Lausbrücke >u einen Blumen« und Blüthenhaia verwaudel». Während hier die Menschenmenge de« Kaiser« harrte, hotten sich auch vor dem Charlottenburger Schloß viele Lausende angesammelt, welche Ihren königlichen Hoheiten den Prinzessinnen. Töchtern bei ihrem Fortritt au« dem Schloß eine Lebewohl zurusea wollten. Puuct 10 Uhr verließ ein« stolze Lavalcade den Fürste,iflügel, die Prmzeisiunen in ein fachen, schwarzen Reitkleidern ritten, zur Rechten begleitet vom Graieit Seckendorfs, zur Linken von einer Hofdame, durch da« Schloßthor die Schloßstraße entlang. Ihnen folgte r,n Stallmeister in Gala mit süns Untergebenen. Die Prinzeisinnen dankten in steundlicher Weise sür die dargrbrachten Ovationen. Kaum waren »i« Damen dem Blick entschwunden da erschien in offener Kalesche, Vom Publicum stürmisch begrüß«, Seine kaiserlich« Hoheit der Kron prinz. Höchstderselbe trug die llnisarm de« Seebataillvn«. da dir kaiserliche Dampshacht unter seinem Commando die Reife unter nehmen sollte. Al« der Kronprinz in da« Schloß eingesahren begab sich Höchstderselbe sofort nach der Dampshacht und besichtigt« dieselbe «och einmal. Dan, nah« er an der Laadungtbrücke Ans stellung und erwartete seinen kaiserlichen Vater. Kurz Var dreiviertel Eli wurde ein prachtvolle«, au« weißrn Rosen bestehende« große« vlumenkiffen an Bord gebracht und in der offene» MNelcajüte medergelegt. Dann gab der Kronprinz Beseht, die Müde der Mitkelcajstte zu schließen, da der Nind recht stürmisch Äbr da« Wasser wehte. Diener kamen and gingen. Handgepäck Al« Vlamenbanqurt« wnrden gebracht, und kurz vor der festgesetzten Stund« brachten zwei Arbeiter den grün übe, zageneu, verstellbaren ^ hrsessel de« Kaiser«, welcher i» der Miiieltasttte an dem hintersten tster an der Steuerbordsette ausgestellt wurde. Punct 10><« Uhr melbetea »oraufgrhend« Dieurr die Ankunft de« Kailers. Dieser hatte schon vorher von alle» Beamten und Dienern de« Schlosse« herzliche» Abschied genommen und ihnen durch Hände- druck seinen huldvollen Dank autgesvrochen. Eine» andern, weh- mnihövollecen Abschied balle der Kaiser noch am gestrigen Abend genommen. Gegen 6V, Uhr ließ sich Allerhöchstderfelbe an da« Mausoleum heransahren, stieg au« und begab sich an den Katasalk seines kochseligen Bater«, de» Kaiser« Wilhelm. Hier ließ sich Kaiser Friedrich am Fußeude auf di« Kaie nieder und verweilte in stetster Andacht betend längere Zeit. Dann legte er einen Kranz nieder und verließ die theure Stätte. Da« Poiivfuhrwerk, da« den Kaffer bitznr Landungsbrücke sührea sollte, wurde um lO Uhr 40 Mm. sichtbar. Der Kaiser fuhr tm Panywägelchen ausrrcht sitzend, in Uinsorm und Mütze, de» Mintel leicht über die Schulter geworfen, de» Weg hart an der Spree entlang. Zwei Lakaien führten m> beide, Seiten da« muntere, mit einem Fliegennetz bedeckte Pony; neben dem wagen gingen zwei andere Diener, während der Leibjäger, den Fedrrhu« in der Rechten tragend, voeausging. So fuhr der Kaffer etwa hundert Schritt am User entlang uud dankie sortwihrend. bte Hand «n die Mütze legend, dem aus bem jenseitigen Ufer stehenden Publicum, welches jubelnd Lücher und Hüte schwenkte, Hoch und Hnrrah ries und mehrfach die RationalHhmiie anslimniie. An der LaadungSbrücke angekvminen, trat Sr. kaiserl. Hoheit der Kronprinz an da« Ponysahrwerk heran und stattete in mtlttairischer Haltung oie Meldung ab, daß Alle- zur Abfahrt bereit sei. Der Kaiser aber streckle ihm bridr Hände eat- ezrn. und lies gerührt sank der Sohn in die Arme seines Bater«. kl« sich diese« Bilo innigsten Familienglücke« dem Bolke bot, da wurde manche« Auge leucht, »nd rineuter. jauchzender Jubrl drang über bas.Waffe? hinüber. Wohl eine Minute hiellen sich Kaiser »nd Kronprinz umschlungen, dann trat der Kronprinz zurück, und die beiden Lakaien näherte« sich dem Monarchen, uin ihm beim Antsteigeu behilflich zu sei». Der Kaiser aber hatte bereit« dt« Hönhr aus die Lehnen gestützt, uud ohne jegliche Bel lst»« stieg er aus dem ntedrigen Wägelchen, richtete sich hoch aus ond ging dann selten, elastischen Schritte« über die Brücke nach der Lajütr. Al« da« Publicum sich so mit eigenen Augen davon überzeugte, in welcher Weise die Kcäste de- geliebten Monarchen zagenommen, erscholl neuer Jubel, welcher auch der aus dem direkten Wege vom Schloß herkommenden Kaiserin gal«. Al ber Kaiser da« Schiff betrat, wurde auf dem Mast die Purpur, ftondarte gehißt; über dem Steuer eatsaltete sich di« große weihe Fahne mit dem preußische, Adler; am Bug flattert« »in weiße« Fähnchen mit einem großen schwarzen Kreuze. Al« die Kaiserin die Lausbrücke betrat, küßte ihr der Kronprinz die Hand und sühne sie »ach der Cajüte. Den Kaiser hatte aus dem Wege zum Schiff vom Hosdienst uuc der Flüaeladjutant vom Dienst begleitet. In dem Gefolge der Kaiserin befanden sich der Oberliosmeister Gras Seckcn- dorff, Hosmarschall Freiherr v. Reischach uud einige Holdamen, sowie der Kammerlokai der Kaiserin. Als der Hof aus der Dampshacht ver sammelt war, erschienen die englischen Aerzte vr.Mackenzik und vrBooell. Der Kaiser nahm in seinem Rollstuhl am letzten Fenster der Lajütr Steuer- bordseite Platz und winkle unermüdlich mit der rechtrn Hand der Volksmenge zu. Die Kaiserin nahm vorn am Bug Platz, neben ihr stand der Kronprinz Am Stcuerende hatte das Gesolge Aus stellung genommen. Mackenzie und Hovell standen am Schlot, in unmittelbarer Nähe der Lajutenthür. Da gab der Kronprinz da« Abfahrtszeichen, «ad langsam glitt dlr Pacht durch die Wogen. Da« Volk abrr stürzte nna bi« an das User heran, und unter Jauchzen und Jubel» begleiteten lausende das Fahrzeug noch viele Hundert Schritt, bi« die Pacht die hohe Eisendahnbrucke der Verbindungs bahn passtrt hatte. Der kaiserlichen Dampshacht war aus dem Re- aterungtdampfer der Reglerungtpräsident vorausgesohren; dinier der Pacht fuhr her vuhneumelstrr, um die Absperrung vorschriftsmäßig ausrecht zu halten. Ein zweiter Berichterstatter der „Post" meldet au- Spandau: Scho« lang« v»rh«r. ehe die Pacht, welch« di« Majestäten trug, in Sicht kam, hatten die Vereine, Schuljugend, Magistrat, Stadtverordnete, a. s. w. ihre Ausstellung genommen. Dir Lharlotten- brücke, sowi» di« angrenzenden Gebäude waren festlich mit Flagge» und Guirlouden geschmückt, und Magistrat und Stadtverordnei« er warteten die kaiserlich« Pacht aus einem zu diesem Zwecke besonders hergerichtrten und ebensalls festlich geichinücklen Ldeikaha, oberhalb der Lharlottenbrücke. Sämmllche Schulen der Stabt, die Schützen- gilde, der Kriegerverrin, der Spandauer Arbeiterbund rc waren so placirt, daß sie dem vorüberfalirendcn Kaiser ihre Huldigung dar- zubringen vermochten; desgleichen hatten sich zu diesem Zwecke d,e Eigenlhümer der am Wasserwege liegenden Besitzungen, die Flaggen- und Blumenschmuck ihren Gebinden verliehen hatten, aus gestellt, und als die „Alexandra" endlich diesen Weg vasstrte, und zwar mit Halbdamps. da umbiauste tau>endstimmiger Hurrahrus die Luft, der sich auch aus dem ganzen weilen Wasserwege, den da» schlanke kaiserlich« Fahrzeug zu passiren haue, sortpslaazte und, so osl eine Ortschaft sich zeigte, durch die am Strande ausgestellten Bewohner sich verstärkte. In Licfwerder hatten sich sämmlliche Fischer mit dem Fischermeister und Oitsvorsteher Weiße an der Spitze «nr Begrüßung der kaiserlichen Maiestäten am User einge suaden; in Pichelsdorf halte die gesammte Schuljugend und die B« wohnerschast unter Führung des Orls-Borsteher« Bogt und seiner Schöppen Ausstellung genommen; überall zeugten Guirlanden und Flaggen von der Liebe und Treue der Ortseingesessenen zum Kaiserhaus«. Besonder« glänzte da« Restaurant Wilhelms-Höh' bei Pichrlswerder aus der grünen Umgebung in seinem Festschmuck hervor. Hier hatte der patriotische Restaurateur E. Winkel Alle« ausgeboten, um den vorüberziedenden Majestäten eine würdige Huldigung dorzubrinqen. Die kaiserliche Pacht paisirte diese G-gend ungesähr um ll'/, Uhr Vormittags. Zwilchen Pichels- dors und Plchelswerder erblickten wir außer der Schuljugend dea ButSsvrster »nd den Verwalter Baitzer mit seinen Leute», desgleichen waren die Villenbefitzer vollzählig erschienen, um den vorbtipassirenden Majestäten ihren Gruß darzudringeu. In Gatow waren die dort ankernden Käbne zu beiden Seiten der Wasserstraße durch grüne Guirlanden verbunden. In denselben halten sich die dort ansässigen Fischer postirt, während die Bewohner und die Schuljugend am User Aufstellung genommen hatten und, als di« „Alexandra" vorüber fuhr, ihre lauten Hochrufe erschallen ließe». Seit gestern Nachmittag hatte der Salandampscr de« königlichen Hanse» „Alexandra" an der Rückseite des Parkes von Thar- Iallen bürg angelegt. So lag das schmucke, leichte, weiße Fahr- zeug aus der Spree, bedient von Matrosen in weißem Paradeanzug, die a» dem Dampfer am Morgen die letzte Toilette machten. Durch die granseideneu Gardinen sah man in da« Innere de« säst nur aus Glaswänden bestehenden Salon« mit seinen Divan». Fauteuils aus Hellem Lretonae. In dcm Salon waren olle Vorbereitungen getroffen, um dem hohen Patienten jede Bequemlichkeit -u verschaffen. An Bord de« Dampfers besanven sich nur Ihre Majestäten. Ihre königliche »heit Prinzessin Sophie und befand sich Se. kaiserl. und königl. oheil der Kronprinz i» der Uniform des SeebataillonS, der Oder- osmeister Gras Scckendorff, Flüqeladjutant Oberstlieutenaiit von jrösigke, Generalarzt vr. von Wcgener, die Aerzle Sir Morell Mackenzie und Vr. Hovell Der Dampfer legte an der Matrose», station beim Neuen Barten an. Zuerst verließ die Kaiserin das Schiff, dann der Kaiser im Bcneralsüberrock mit Paletat. Er ging über die Landnngsbrücke zu Fuß nach dem geschloffenen zweispäningc» Wagen, in dem er an der Seite der Kaiserin Platz nahm. Die „Post" schließt ihren Bericht mit der folgenden weiteren Mitlheilung: Uriprünqlich war in Potsdam die Landung an der Billa Jugenheim beabsichtigt gewesen, da von dort nach dem Schloß FriedrlchSkron eine kürzere Fahrstrecke zurückzulegen war. Aber hier ergab sich das Fahrwasser als nlch» tief genug, um mit einem Dampfer wie. Alexandra" anlegen zu können, daher di? Landung an der Flolhnstalwn am Neuen Garte», nahe der Glien ckerBrucke geschehen mußte. Die Landung erfolgte um 1 Uhr. Der Kaiser stieg ohne Stütze die Treppe hinaus und ging, begleitet von Ihrer Majestät der K iiscri», nach dem Wagen. Enipsaagen wurden die Allerhöchsten Herrschaften von der Erbpunzeisin von Meiningen, den anderen Prinzeisinnen- Tüchlern; die Stadt Potsdam war festlich beflaggt, die Schule,, erwarteten den Kaiser vor Sanssouci. Allerhöchstderielbe sah setir wohl au«. Trotzdem der drin Dampfer „Alexandra" vorsahrrnd? Regieruagsdampfer den Fluß frei hielt, waren aus demielben viel Ruder- und Segelboote. Der Kaiser fuhr, aus dem ganzen Wege enthusiastisch begrüßt, durch da« Nauener Thor. Obwohl alle Ein- piangsseierlichkeite» verbeten waren, io hatten doch Sie Vertreter der Sladtgemeinde von Potsdam e« sich nicht versnge» zu dürfen geglaubt, bei dem ersten Eintritt de« Kaiser« al« Monarchen in seine Vaterstadt dnrch ihre Anwesenheit am Ansgauge de« Neuen Garten« einen Be weis ihrer Ebrsnrcht und Freude z» geben Von dea Straßen, durch welche die Fahrt ging, batte sich die Bevölkerung nicht absperrea taffe». Die Wege waren dicht besetzt uud di« hellste Freude tönte dem Kaiser entgegen. Der Wage» bog beim Obeli-k in die große Allee von Sanssouci ein An der Gartensront fubr der Va rn vor. Rach allen Setten bin, di« langen Avenuen entlang, ist da- Schloß vom üppigsten Frülilingsgrüa umwoben. von dieser Seite betrat der Kaijcr leine Gemächer, vou denen die Salons und die Arbeitszimmer parterre aus di« Pliathe nach Westen gelegen sind, sein Schlafzimmer und di« inneren Gemächer nach dem Sandhose »ach Osten. Königliches Landgericht. II. Strafkammer. I. Der Schlossergeselle Heinrich Aböls Geißler aus Weida, »elcher beschuldigt war, inGilinma sich de« Diebstahl« eine« Jaquel« schuldig gemach» uud den Diebstahl unter erschwerenden Umstände» verübt z« haben, wurde lediglich wegen Unterschlagung (Diebstahl konnte nicht erwiesen werden) zu 6 Wochen Sesängnißstrase verurlheilt. II. Segen den Dienstknecht Friedrich Moritz Emil Hötzel au» Marbach, welcher ebensall« wegen Eigenthumsoergehen wiederholt bestraft ist, lag dir Anklage vor, enieS Abead« im März dS. Ir«, au« eluer Restauration in Wurzen, woselbst er verkehrte, einen fremde» Regenschirm absichtlich mit sortgenommen zu habe«. V«n eluer Verwechslung oder einem Versehen koiinte keine Rede sei«, da Hötzel am fraglichen Abend gar keine« Schirm milgebracht hallt. S« Würbe» zwar über de» normale» «eist.gen Zustand de« Angeklagten im Laus« der Verhandlung von eincm Zeuge» Zweifel angeregt, allein »ach dem Ergebnisse der BewriSnnsnodme gelangte da« Gericht zur vollen lleberzeugung von der Schuld de« Angeklagten und daß derselbe sich der Tragweite seiner Handlung-weise recht wodl be wußt gewesen fei. Demgemäß wnrde der Angeklagte, dem man jedoch mildernde Umstände zubilligle, z» 8 Monaten Gesängnißstrase »ad 2 Jahren Verlust der Ehrenrechte verurlheilt. III. Ter Handarbeiter Juliu« Otto Gräser aus Eich hatte seinem Principal, dem Rauchwaarensärbereibesttzer St. in Markran städt, im März und April d. I. nach und noch S bis 10 gefärbte Fuchsschwänze, 6 bis 7 gefärbte Bisamselle und 1 Waichbänell aus den ihm zugängigen Arbeitsräumen heimlich eniwendel und dir Diebstähle gleichfalls im wiederholten Rückfall verübt. Es erfolgte die Berurtheilunq des Angeklagten unier Annahme mildernder Um stände zu 10 Monaten Besängnißstrase und 2 Jahren Ver- tust der Ehre» rechte. IV. D,e Handarbeiterin Emilie Auguste Go Nschalk aus Kindel- brück, welche eine besondere Vorliebe für sremde Handwagen besitzt, balle alsbald nach ihrer Entlassung aus der Strasanstall — die Angeklagte ist wiederholt wrgen Diebstahl« bestraft worden — der Handel-srau K. hier deren auf offener Straße stehenden Hand wagen heimlich wegqefahce» und somit entwendet. Die Angeklagte will die« in der Absicht gethan baden, weil sie einen Grün- waarenhandek gründen wollen und dazu einen solchen Wage» noth- wendig gebraucht habe; mit dieser Aasstuchl kam sie natürlich nicht davon, doch nahm da» Gericht nochmals mildernde Umstände an und vernrtheilte die Apgeklagie zu 0 Monaten Gesängniß- st rase und 2 Jahre« Verlust de, Ehrenrechte. V. Der Dienstknecht Victor Gatzka an« Lzierskowitz hatte in einer Gastwirlhichaft zu Naunhoi, während die W,rthin einmal die Gaststube aus kurze Zeit verlassen, aus einem Portemonnal« den Betrag von 9 Mark 40 Psg. heimlich herau«geno,»me». Der Diebstahl war indessen entdeck! und der Angeklagte seslgenommen worden und erfolgte daher die Bcrurlheiliing Gatzka'S ivegen Rück- sallsdiebstahls unter Annahme mildernder Umstände zu 8 Monaten Gesängnißstrase und 2 Jahren Beilus« der Ehrenrechte. Wer Gerichithoj bestand aus den Herren Landgcrichts-Director Sieder (Prästd ), Laudgerichls-Räthen Meisch, Grubcr, Barth und von Sommerlatt; die Anklage führte Herr Staatsanwalt vr Thieme. IV. Strafkammer. I Gegen den Baumeister Andrea« Bauer au? Uden born lag eia« Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung unter Ueberlielung einer Ber»s«pflicht im Sinne von H. 280.2 des R.-Str^Gef.-B. vor. Am S. Januar d. I. löste sich ei» Stück Fensterverzierung von einem vom Angeklagte» ausgeiührte». aber noch nicht vollendeten Neubau in Plagwitz >n dem Augenblicke los, als an der betreffende» Stelle ei» Maurer vorüberging. Derselbe erlitt dadurch einen Schlüffelberndruch und eine Kopfverletzung. Der Angeklagte bezog sich zu seiner Entschuldigung darauf. d>ß er den Bau seiner Zeit tnsolge Krankoeit nch» habe persönlich letten können und schob überhaupt die Schuld an dem Unfall aus die damaligen Temperalurverhältniffe und vor Allem aus das dem starken Schneesall und Frost folgende plötzlich- Thauwetter. welches eine unerwartete Lölung des betreffenden Materials >m Gejolge gehabt habe. Von Seiten der abgehörten Eachvr,ständigen konnte nicht sestgestellt werden, daß der Angeklagte den allgemein anerkannten Regeln der Baukunst zuwibrrgebaiidelt habe, und so vermochte sich denn auch der Berichlshos nicht von der Schuld des Angeklagten zu überzeugen, sondern erkannle aus Freisprechung Bauer'» von der erhobenen Anklage. ll. Ter Handarbeiter Heinrich Karl Haschte aus Lölleda batte während seines Vciweilcns in einem Tanzlocal der hiesigr» Ostvor stadt Anlaß zur Zurechlweilung durch einen Schutzmann gegeben »nd bei seiner Alisweimng aus dem Local sich beleidigender Aeußcrungen bedien«, schließlich ober dem Beamten behuss Unter lassung der Anzeigrerslailung Geld angcbolen. Es eisolgtc daher die Berurlhelliing Haschke's wegen Beleidigung und Bestrchnng zn 2 Wochen 3 Tagen Gesa ngnißstrase. 1kl. Der in einem Möbelgeschäft in Reudnitz beschäftigt gewesene Arbeiter Friedrich August Schessler aus Acusellerhausen Halle von seinem Principal di« Ermächliaung erhallen, an Sonn- Mr hierbei Unredlichkeiten zu Schulden koniinen taffen »nd überdies ein paar Stühle sich rechlsividrig zugeeignel, io daß er wegen Untreue und Diebstahls zu 6 Wochen Gesängnißstrafe verurlheilt wurde IV. Der Mllchsahrer Karl Seidenschnusr aus Zöschau halte eine» Tages sei» auf dem Ranstädier Liemweg stehendes Geschirr aus kurze Zeit verlassen, so daß das Pj>r» mit dem Wagen eia Stück sorlgelrolll war uud durch «meu Schutzmann wieder zum Stillstand gebracht wurde. Als Seidenschnur herbeikam, forderte ihm der Schutzmann die übliche Mark OrdnuugSstrase ad, woronf der Mllchsahrer dem Beamten nach de- Letzteren Aussage SO Psennige behufs Unterlassung einer Anzeige angeboten hatte. Der Angeklagte bestritt zwar die Bestechung; allein da» Gericht ge langte nach dem Ergebnisse der Beweisausnahme zur Uebersührung de« Angeklagten und verurtheilte denselben wegen Ucbeclrciung des Stlaß-npolizel-Regulativ« zu 1 Mark und wrgen Bestechung zu ü Mark Geld-, event. l Tag Hast uud 1 Tag Äesängnitz- strase. V. Der Handarbeiter Friedrich Martin Boigt aus Oschatz, ei» ost bestrafter Dieb, hatte während der letzten hiesigen Messe Gelegen heit genommen, einen Toschendiebstahl ia Scene zu setzen, er war aber ans der Thal ertappt und seftgenommen worden. Es erfolgt, seine Verurlheilung unter Ausschluß mildernder Umstände zn 1 Jahr 6 Monaten Zuchthausstrafe (unter Anrechnung von 2 Wochrn UntersultmiigShast) und 2 Jahren Verlust bcr Ehre»rrch:r; auch wurde die Stellung Boigt's unter Polizeiau'sich! sür zuläisig erachtet. Der Gerichtshof bestaub au» den Herren Landgericht»-Direktor Bartsch (Prüsid.), La idgerichls-RLlhrn Belitz, Siegel, vr. Franz« und Woliram; die A, k agc snhrten die Hrn. Staatsanwallichasts.Assessoren vr Groß und vr. Langr; die Veriheidigung zu l. Herr Rechtsanwalt Lehman». Literatur. Ltaatlo«. Eine lustige Zeltaeschichte auf ernstem Hintergründe von Han- Blum. Jena, Hermann Tost'noble. 1888. — Der tüchtige vaterländische Sinn, den der Verfasser in seiner ihäligen Bethriligung an dem politifchen Leben so vielsact, brwährt Hai, giebt auch seinen schriftstellerischen Leistungen dis eigentliche Seele. Mehrere seiner Dramen ond Romane sichren uns in die Kämpfe und Bestrebungen weit zurückliegender Zeiten »nd regen unsere Thrilnahme für die großen Entscheidungen an, um die es sich dabei sür unsere Ration gehandelt hat. Tie vorliegende Er zählung nickt näher an die Gegenwart heran; sie spielt in den Jahren I86L—1870. Der Ausdruck des Titels: Eine lustige Ge» schichte aus ernstem Hintergründe deutet an, wie sie gefaßt sein will; wer nicht da- Fremdwort scheut, möchte sie vielleicht als Humoreske bezeichnen. Vermittelst einiger kühn erfundener Voraussetzungen und Fügungen wird eine Anzahl kräftig gezeichneter, eigenartiger Persönlichkeiten in wundersame Lagen und abfonderliche Beziehungen zueinander gebracht. Das Zusamnieichallende ist ein politischer Grund gedanke, der durch daS Ganze hindurchgehl. — Ein wackerer dannoveriicher Oisicicr Hai in der Schlacht bei Langensalza Alles verloren, was bisher sür ihn dem Leben in deutsche» Slaalsverbäll- niffen einen Werth gegeben. Bon dem Gedanken an Auswanderung nach Amerika wird er znrückgebracht durch die Entdeckung eine« kleinen Stück Landes (nicht an der belgischen Grenze, sondern) ii» Herzen von Deutschland, daS, durch besondere Zusälligkcilen, außer halb jede» staatlichen Verbandes geblieben ist. Tics bring« er an sich. In argen Gegensatz gerätst er bald zu seinem wichtigste» Nachbar, einem stattlichen Gutsbesitzer, weichem in seinem bersten Sinn sür eine Alles »msasjende Ordnung, der Versuch und Anspruch, außerhalb einer solche» zu bleiben, thell« eine Lächerlichkeit. Iheils ein Gräuel ist. Nicht lange aber, und der „Slaatlose" selbst muß ersahren, daß es um sein Dasein außerhalb alles staatlichen Zu sammenhänge« lheil« «ine Illusion, theil« ein Elend sei; er mach, die Probe sür die Nolhwendigkeit eine- staatlichen Lebens, indem er sich demselben eniziehen wollte, gewissermaßen an sich selbst noch einmal durch; zugleich tritt ihm die Entwickelung deS deutschen Leben» unter Preußens Führung in einer Weise entgegen, daß sein Widerwille gegen die allgemeine Berpreußung sich in einer freudigen Anerkennung des Reugeschaffenen auftöst. Das LiebeSverstülluiß, da« sich zwischen ihm und der Tochter des Nachbars anknüpst, Hilst die Simiksäiiderung »> ihm fördern; andercrseilS findet aber auch seinr überaus tüchtige Persönlichkeit ein paar treffliche Gelegenheite«, sich in einer Weise geltend zu machen, daß der Nachbar über de« starren Gegensatz, in welchen er zu ihm gerathen. glücklich hinweggehvben wi: . Ergötzt ch sind dann die längere Zeit vergeblichen Bemühungen, die sich's der seiner Siaal- losigkeit lleberdrüisige kosten lasten muß.auS derselben in einen staatlichen Verband hineinzugelangen, innerhalb besten allein er des heißersehnien Glückes, der Bereinigung mit der Gelieblcn, Ibeilbastig werden kann. Der große Kamps von 1870, i» welchen sich der ehemalige Welse mit voller deutscher Begeistern»» wirst, bringt ihm nicht bloß ehren volle Wunden »nd rühmlichste Auszeichnung, sondern sührt auch alle Verhältnisse z» schönstem Abschluß —tc. (Eingesandt.) Bus nach vrm Sprcrwal». Die königl. sächsischen und preußischen Eisenbahnen haben auch dies Jahr mit den so beliebten Extiasabrten nach Grimma, Jockeis, Thale rc. begonnen, und würde die verehrte Verwaltung der Halle-Sorau-Gubener Eisenbahn eine» schon längst gehegten Wunsch vieler Leipziger, Eilenbnrger, Torgauer crfüllen, wenn sic an einem der kommenden Sonntage eine billige Extrasahrl nach dcm sv reizenden, durch Natlnschönheilen und Originalilät seiner Bewohner besonders auS lezeichiieteu Spreewald (Lübben —Vetschau) derart veranstalten wollte, daß die Hinfahrt srüh 4 Uhr in Leipzig und die Rückfahrt Abends 7 Uhr m Lübben erfolgen könnte. — (Eingesandt.) Seit »cu r r Zeit ist aus einigen Inseln die Einrichtung getroffen, daß bereits um 1. Juni mit de» kräftige» Seebädern begönne» w>rd; hicr,!i gehört auch Langeoog. Die Wirkungen der See- bäder lasse» sich durch keine künstlichen Mittel ersetzen und es ist daher sch, erfreulich, daß die Saison so weit wie möglich ausgedehnt wirb. Bereits sind die Badekulichen und Badehüuser am Strande von Lanzeoog ausgestellt «nd die Hotels, baS Hospiz und die Privat- wohinin e» zur Ausnahme der Badegäste bereit. Die Verbindung mit dem Fcstlande wird in diesem Jahre durch rinen neu angc- schaffte» Dampfer vom Benlersiel-Eiliis hergestellt. Gegen Ende des MonalS fährt auch von WiihrlmShave» rin seetüchtiger Dampser, der die Passagiere bei Langeoog obietzt bczw. ausnimm». Daß die Preise in, Juni billiger sind als Iväler, kann nur dazu dienen, den Besuch diese- ländlichen, sehr angenehmen Badeortes zu fördern. I'vlit li 6«8edLkt8d»ll8 Mr Vamvnmoävn, empfladltr kLr LooLsommsr LsLso r ^T»8ek8tvA-6«8lHmv, Oo8lüwr8vktz, 8tidudmiinttzl, 8»t!ndlou8vn, Lr!vvtd1ou8vll, Vrioottsillva, livivdtv DmMiiKtz, OdvnillvkrÄKvll, kl»iä8 nnä Hiedvr. wsxvL vorsorüvLTvr Saison doLonTonL ruLior ^roisr NvcksI1-(!«8tllme, kromvnsäenmrinlel, -Irtelret8, eine 8erle vL88eräivkt« Oiiinmimüntel. Hinkel
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