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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.06.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-06-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188806093
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880609
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880609
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-06
- Tag1888-06-09
- Monat1888-06
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.06.1888
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SL4S daß d« Sulia» von Zanzibar sich durch di« Eoloaisatio«»- bcstrebungen der europäischen Mächte an den Grenzen seine» Landes beengt fühlt und Satz er den Wunsch hegt, sich weite» rca Zumuthunzen an seine Bereitwilligkeit, aus die Wünsch« der Colouisation rinzugeheu, zu entzieben. Al» da» Sultanat .Zanzibar noch allein dem englischen Einfluß unterthan war, kam der Beherrscher de» Lande» überhaupt nicht zum Bewußt sein eine» souveraineu Fürsten; er war zufrieden, wenn der Sclavenhanbel, welchen er betrieb, von England geduldet wurde. Jetzt ist e» damit vorbei, und Zanzibar hat nur dann eine Zukunst als selbstständige» Staat-wesen. wenn sein Herrscher c» versteht, sich in da» neue Bcrhältniß bioeinzufinden. welche» iym die Verbindung mit den europäischen Mächten ausgenöthigt hat. Bon Deutschland hat er eine Beeinträch tigung seiner vom Vorgänger überkommenen Rechte nicht zu gewärtigen, aber e» hängt von seiner Geschicklichkeit ab, die Beziehung zu Deutschland für ihn nutzbringend zu machen. Zur Zeit der Alleinherrschaft de« englischen Einflüsse» wurde ihm nur so viel Macht eingeräumt, al» sich mit den englischen Interessen vereinbaren ließ. Seit dem Eintritt Deutschland» in die Coloaiatbewegung in Asrika ist der englische Einfluß in Zanzibar geringer geworden; England hat sich genvthigt ge sehen. dem Sultan einen Grad von Machtvollkommenheit zu zugesteheu. welchen er vorher nie besessen hat. Bargasch den Said schien den Unterschied zwischen sonst und jetzt schon ziemlich gut begriffen zu haben. Chalisa muß sich erst hinein- sindeg, dann wervep Streitfälle mit au»wärtigcn Mächten nicht mehr vorkommtu. * Leipzig. 9. Juni 1888. * Der Buudeßrath hielt am Donnerstag Nachmittag um 2 Uhr eine Plenarsitzung. Aus der Tagesordnung standen: Vorlagen, hetresfend die Abänderung de» Betrieb»- regleme.nt» für die Eisenvahaen Deutschland» in Bezug aus die Beförderung von Knallquecksilber re., FeuerwerkSkörpern, bengalischen Satlackpräparaten rc.; betr. die Ergebnisse de« HeereSergänzungSgeschäsl» im Jahre 1887: betr. Bericht der Bollzug«commisflon für den Zollanschluß Hamburg»; Antrag Sachsen», betr. die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Gummiwaaren-Fabriken; mündliche Au»schußberichte über eine Eingabe de« BerwaltungSrath» der Hessischen Ludwig»-Eisenbahn-Gesellschast zu Mainz, betr. die Reichs-Stempelabgabe von im Zinsfuß herabgesetzten Priori täts-Obligationen der genannten Gesellschaft; Uber die Be legung von Abläufen der Zuckersabrikation mit einer Ber- drauchSabgabe; ferner über eine Reihe von einzelnen Eingaben, sowie ferner Über Beschlüsse de» Lanbe»au-schusse» von Elsaß- Lothringen und Geschäftliche«. * Zur Organisation der Mllitairseelsorge schreibt die „vossische Zeitung": >« L. Juni ist der bisherige Propst Aßman», wie au» Rom berichtet «nrbe, indem dort abgehalien« päpstlichen Lonfiftorinm zum Bischof von Philadewh,, l. v. l. ernannt worden; damit sind alle «orbedtngungW erfüllt und die staatliche Ernennung de« Genau«» »NM k-ihollschea Feldpropft der Armee dürste bald oachsolge». Propst Aßmanu ist erst drr »weite katbolische Felbpropst, welcher in diesem Aorft cnw jarioätctiovo onlinart» bekleidet ist; vor ikm war e» »nr drr durch den Lnllnrkamps au» seiner Stellung gekommene Namtzononxki, welcher dieselbe Unat» hängigtnt besaß- Vorher waren die katholischen Geistlichen, die mit dtrse« Adetr bekleidet waren, dem Fürslb,schale von Breilau unter- geordnet. Aus Grund dieser neue» Stellung ernannte die Eurie jede» Mal d«N iN Aussicht genommenen Geistlichen znm Bischof i. ^ i. Doch ist dir» ans seine amtliche Stellung ohne Einfluß, sein Titel ist „katholischer Feldprapft" nnd e» ist unzutreffend, ihn „Armeebischos zu nenne». Bet dieser Gelegenheit dürfte e» ongnneffe» sein, die Bestimmungen über da» Milltotr-Kirchenwes« näher zu betrachten, zumal es al» wahrscheinlich Alt, daß dteselbea bald eine Umänderung erfahre» werden. Die gegenwärtig gütige Milttair-Kirchenordnaug ist an» dem Jahre 1882 and bezieht sich nur aus die evangelisch» Milllair- geistlickäett; katboltsche Miliiairgeiftlich« im Friede» konnte man damals »och nicht; dt« Seelsorge für dir katholische» Soldaten lag de» Geistliche» der katholischen Livilgemeindeu ob. Durch diese Splitaie-Ktrchenordouug «urd« die Mtlttotrgriftlichkeit eng an dt« Lräanisatio» der evangelische» Kirche tu de» alle» Provinze» an- gelchloffe». Der Feldpropst, der al» Militatrbeamtrr dem Krieg«, minister anirrgobe» tft, wurde zugleich dem Lultn-minister aod bem Vberkirchenrath antergrordnet: ebenso ist er in seiuer Amtteige,, schaft immer Mitglied de» Oberkirchenralh«. Ferurr stad die Militair- Oberpsarrer al» solche stet» Mitglieder der Proviuzial-Conststorien. Lieft Kircheuorhauag eolitt im Lause drr Jahre maache Berände- emigru uud Srg»n»uug,», so durch de» Anschluß einiger andere» Bundesstaate», wie Oldenburg, durch den Hinzntritt der neuen Pro vinz« n. >. Im Lause der Zeit stad aber einzelne sonderbare Er- scheiunage» zu Laue getrtirn. Der evaugelische Feldpropft ist al» Geistlicher für die altea Provinzen z. B. dem Oberkirchea- rat he untergeordnet; diele Behörde fällt aber hinsichtlich der neue» Prowinze» kort, da die Kircheniragen ta dielen letzteren vom Lultu». mtulster rutschteden werden., Noch unabhäagiger ist drr Feldpropst i» Bezug aus Elsaß-Lothringea. wo gar keine leitend« kirchlich« Be- h»rd« Vorhände» ist. Der evaugelische und der katholisch» Fekdpropst stehe» amtlich im gleichen Range, uud der verstorbene Feldpropst v. Thiele» machte al» der im Dienste Selter« den Anspruch aus deu Vorrang, der ihm auch amtlich zuaestandea wurde. Der evangelisch« Feldpropst steht tm Range der Räthe 8. Llasse, «te die General, vuperialeadentt». * Die Anklagen wegen Majestätsbeleidigung gegen diejenigen freisinnigen Blätter, welche den Artikel Fraurnztmmerpolitik unter Zurückweisung seine» Inhalt» ab gedruckt hatten, sind nach dem „Börsencourier" sistirt worden. * Der „Politischen Corrcspondenz" wird ossiciö« au» Berlin geschrieben, daß sich die politische Lage seit einiger Zeit zu einer etwa» unklaren gestaltet, und cS wird u. A über die Stimmung gegenüber Rußland und Frankreich gesagt: E« ist nicht zu bezweifeln, daß ia den hiesigen maßqebendeu politilchen Kreisen die Absicht vorherrscht, daß gewissen Maßregeln, durch welch« der deutsche Handel und die deuljche Industrie ans da« Empfindlichste geschädigt werden, diesseitige Maßregeln entgegen- znstkllen sind. Bei der sachlichen, überlegenen Ruhe, welche die Handlungen der deutschcn Regierung charakleristrt, war aber iür ulle Elnq-weihten von vornherein ausgeschlossen, daß man von der Absicht, Remedur eialreteu zu lassen, ohne Weitere» zu überstürzten Handlungen übergehen werde, wen» man diejenigen Blätter, welche den sogenannten auti-ruisischen Feldzng mit der grüßte,, Energie ge. führt haben, ohne Boreingenommenheit ausmerksam lesen will, jo »vird man sich auch mit Leichtigkeit überzeugen können, daß in den- selben von sofortiger Handlung nicht die Rede war, sondern nur, unter Hinweis auf die Notlnvendiakeit von Rcsormen, au», geführt wurde, daß irgend etwa» geschehen müsse und geichehen werde, um gewissen Uebelständen, die von den Betroffenen aus da» Peinlichste empsnndeu wurde», abzuhelien. Diese Absicht hat sicherlich bestanden und e« würde al- eine Pflichlvergeffeahei« der Regiernug za bezeichnen sein, wenn sie »ich« auch heute noch de- stäube; aber mit derselben Sicherheit ist anzunehmea, daß de, der Wadi van Mitteln, durch welche Remedur eiulreten soll. m,t üblicher Borsicht and Besonnenheit vorgegongen werden wird. Wenn die Wohl einerseits den Wünschen gewisser Heißsporne nicht entsprich», so kan» eine starke Regierung, wie die deutsche, sich dir» ebenso gut gelollen lasse», wie die Kritik, welche die oppositionelle Presse geübt hat, ladem sie die Regierung dafür verantworiiich n.achen wollte, daß sie die „Beunruhigungen ' geduldet hätte, als welche sie de» Hinwei« aus bestehende Uebelsländ« und da- Wünjchrn-wcrthe, da- gegen Remedur emtrelrn zu lasten, bezeichnet«. — E« >ei hier zur Rechtfertigung der regieruag-sreundlichen Presse, wenn dieselbe einer solchen überhaupt bedürfen sollte, noch bemerkt, daß der an der französischen Grenze eiagesührtr Paßzwang idrc Borau«sag»»gen in Bezug aus Repressalien gegenüber den zahielangen sranzbsischea Provokationen ia vollkomincnstcr Weise qerechlferligt hol. « « » * Wiederholt schon haben die Wortführer der Italiener im südlichen Tirol ledhasle Klagen darüber erboben, daß die Regierung in den Schulen Welschlirol» germamsire. Von mancher Seite sind die in die Welt li,na»«geriise»cn Klage» geglaubt worden, obwohl sie vollständig unbegründet sind, Ntte die thatsüchUchen Verhältnisse beweisen. E« giebl näm lich im italienischen Eprachgebiele Südtirol» eine Reihe theil« rein deulscher, theil» sprachlich gemischter Dörfer, denen dir Regierung oder drr Wiener Schulderem zu gülen deutschen Schulen vrrhvlsru hat uud die nun bester als früher im Stand« sind, th, deutsche« voMkho» ausrecht zu erhalt«. Diese Ortschaft« liegen iu den Bezirken Trient. Ele». Cavalrse. Borgo und Roveredo. Al» ganz deutsche Orte sind Palu im oberen Ferseathale, Altrn uud Truden in der Näh« de« Etschthale» und Provei«, Laurein. St. Felix uud Fraueuwald aus dem NonSderge zu betracht«; al» über wiegend deutsch S. FrauzrSko (Außerberg) und Aicklait (Roveda) im Ferseathale und Luserna an der italienischen Grenze; al» fast zur Hälfte deutsch Gereut (Frassilongo) und Milterbera-Jnnerberg (St. Felix) im Fersenthale und St. Sebastian bei Luserna. E» handelt sich also um 13 Ort- schäften, in denen der Unterricht zum größte» Theile iu deulscher Sprach« erlheilt wird. Der von denJtalianissimi erhobene Vor wurf der Aufdrängung de» Deutschen erweist sich al» ganz halt los. da diese Gemeinden brutsche Schulen ausdrücklich wünschen im Interest« der Bewobaer, die zumeist in deutschen Gegenden ihr Brov suchen wüsten und von Hau» au» eiae deutsche Mundart reden. Ganz besonder» sind aber die deutschen Parallelclastea am Gymnasium und die deutsche Bürgerschule in Trient den Italienern ein Dorn im Auge. In der letzteren werden über Süll deutsche und verwelschlc Kinder unterrichtet und die deutschen gut besuchten Parallelclasten dürften sich mit der Zeit zu einem achtclassiqeu deutschcn Gymnasium er weitern. Damit wird nun freilich bewiesen, baß e« io Trient eine wohl zu beachtend« deutsche Minderheit giebt, die die deutsche Sprache nicht mit der italienischen zu vertauschen gedenkt und ein Recht aus Pflege der Muttersprache hat. E» wird also nicht in Welschtirol germanisirt, sondern man hat nur in den letzten 25 Jahren wirksame Maßregeln getroffen, um alte deutsche BolkSreste vor sicherer Berwelschung zu retten. Die Klagen der Jtalianissimi haben denselben Werth wie die der Czechen in Böhmen und Mähren und der Slowenen an der Adria, die ja heute noch behaupt«, sie hätten unter drr Germanisirung schwer zu leiden. * In Hermannstadt in Siebenbürgen wird jetzt unter lebhaftem Beifall de» sächsischen Volke« da» Devrienl'sche Luthersestspiel ausgesührt. Obwohl schon zehn Vorstellungen gegeben worden sind, so vermag doch da» Theater die Zahl der Erschienenen nach wie vor kaum zu fasten. Au» allen acht sächsisch« Städten und au» der Mehrzahl der sächsisch« Dörfer komm« immer noch Schaar« nach Hermannstadt, um sich an dem Festspiel zu erheben, da» so recht geeignet ist. da» evangelische Bewußtsein zu kräftig«. Vielleicht gelingt e». da» Festspiel auch in einzelnen deutsch-evangelischen Städten Ungarn- zur Aussührung zu bringen. Freilich ist immer zu befürchten, daß der magyarische Ehauvini-mu« derartige Ver suche bald zum Scheitern bringt, da ja da» Festspiel nicht bto» aus die Stärkung de» evangelischen Bewußtsein», sondern auch de» deutsch« NaNonalgesühl» lebhaft einzuwirk« vermag. * vor zehn Jahr«, aus dem Berliner Eongretz, wurde Oesterretch-Ungarn da» Mandat ertheilt, diejmigen Arbeit« au»zusühren, welche bestimmt sind, die durch da» „Eiserne Thor"', die Elromschnellen de» Donaustrome» ober- halb Orscwa, der Schifffahrt bereitet« Hinderniste zu be seitigen. Dies« Verpflichtung wurde sodann auf Ungarn allein Übertrag«. B>«her aber hat Sie ungarische Regierung die An»sührung de« RegulirungSwerke» verschob«, zumeist, weil man fürchtete, die Agrarvrobucte Rumänien« und Bulgarien» würden denjenigen Ungarn» aus dem Wiener Markte noch mehr Eoncurrenz bereit« al» jetzt, wo ihn« der billige Wasserweg nach Wien so gut wie verschloss« ist. Wie telegraphisch gemeldet worden ist, hat die ungarische Regierung dem Reichstage nunmehr einen aus die baldige AuisÜhrung der Regulirung-arbeiten adzielendca Gesetzent wurf vorgelegt. Uebrr diese Vorlage äußert sich da» Wiener „Frcmdenblatt", nachdem e» einen geschichtlichen Abriß »der die Entstehung dieser Vorlage und eme Darstellung der auS- zusührenden Arbeit« vorangeschickt hat: „Obwohl diese Einsetzung der Douou i» ihr natürliche» Recht dem Handel uud Gewerbe der Monorchie gewiß große Borlheile bring« wird, können wir doch sag«, daß e» sich znm mindesten io demselb« Maße vm ein allgemeine« Interesse handle wie um eia österreichische« oder eia nagarische». Die Slrombauteo, welche die oagortschea Ingenien« oursühr« werden, dienen fremdem Lortyeil« Io gut wie dem heimischen. E» ist wahrhaftig nicht kurzsichtiger LgoiSmu-, der uni aus nunmehr drei Wegen die Verbindung mit den Küsten der Levante suchen läßt. E» ist die Erkenntniß. daß wir damit zur Hebung der Livilisation ia jene» Ländern beitragen und daß wir darau» allerdings früher oder später reichen Gewinn für aase« eigene Bolk-wirtyschast zieh« müssen. Nich! arme uud ua- thälige Nachbarn sind e», die wir brauchen, um selbst zu gedeihen, sondern wohlhabende, geschäftige Nachbarn; nicht bedürsaißlosr Bälker können unserem Gewerbefleiß zu thua geben, sondern Völker, welche vom Trieb« »ach Lultur ergriffen sind, welche die europäischen vequemlichketten sich zu verschaffen streb«. De Arbeit, die Ungarn jetzt ia die Hand nimmt, ist eine civiltsatorischc; aber jede cwilisa- torische Arbeit wird ia Fülle belohnt." Ueberwiegend in demselben Gevankengange bewegt sich ein Artikel der ..Presse" über den gleichen Gegenstand. * Am 4. Juni hat der Kaiser von Brasilien Mai land verlast«, um sich zu der vorgeschriebenen Cur nach Aix-leS-Bain» zu begeben. Zahlreiche Person« fanden sich schon um 6 Uhr Morgen« im „Hole! Milan" ein. um ihn vor der Abfahrt zu begrüßen. Der Polizcidirector hatte au»giebige Maßregeln getroste», um Störungen und Hinder nisse io den Straßen, welche der leidende Souverain zu passiren batte, sernzuhalten. Um 6 Uhr wurde derselbe ia einer Sänfte durch vier Ho»pitalwärter in dir Halle de« Hotel» hinabgetragen, wo er in Gegenwart der Kaiserin, welche die ganze Nackt gewacht hatte, von den befreundet« Persönlich keiten Abschied nahm. Die durch den Pros. Semmola an die Träger gerichtete Aufforderung zu behutsamer Bewegung be gleitete der Kaiser lächelnd mit der sprichwörtlichen Be merkung: ^6di vu piano, v» lontLno ock arriv» sano". Er war m»l einem HauSrock und einer Sammetmütze bekleidet. Sein Aussehen war sehr gut. da» Antlitz von frischer Farbe, doch fand man ihn gealtert. Er bewegle lebhaft grüßend die Arme und sprach mit dem brasilianischen Generalkonsul, dem Consul. dem Maostro Gomez und mit Cesare Eanlü. der ihm bewegt die Hand küßte. Die Kaiserin, der prinzliche Neste und die Äerzte begleiteten die Sänfte, al» dieselbe nach dem vor dem Hotel kältenden Gefährt, einem mit den brasilianischen Farbe» geschniückle» Tramwagen, gebracht wurde. Die ver sammelte Menge grüßte schweigend durch Hut- und Tücher- schivenkcn. In langsamem Tempo subr der Wagen »ach dem Babnhos, wohin da» übrige Gefolge sich i» Equipagen begab. Dom Pedro wechselte hier noch einige Worte mildem Eveln v. Brambilla. einem Nachkommen Manzonl'». Dann wurde die Sänfte in den SaloMvagen gebracht, der eine Abtheilung für die Acrzle und «ine Vndere für die Dienerschaft enthielt und mit welchem drei andere Wagen für die Kaiserin, den Prinzen und da» Gefolge verbunden waren. Die obersten BetriekSbeamten der Miitclmeerbabn leiteten persönlich die Rangirbewegungen. Nachdem die Kaiserin in, Wagen ihre» Gemahl» Platz genommen balle, fand um 7 Uhr die Abfahrt statt. Beim Eintreffen in Turin um lO Ubr 15 Min. wurden die hoben Reisenden durch den Prinzen Amadeo, den ersten Flügelakjulanten de» Prinzen von Earignano, den Präsecten, den Bürgermeister, de» brasilianischen Eonsut und die Mit glieder der brasilianischen Eolonie begrüßt. Die Ankunft in Aix-le»-Bai»S sollte um 5 Uhr Nachmittag» erfolgen. Der Kaiser wird «n dein aus der Hobe eineSlnnbe vo»i Bahnhof gelegenen „Hotel Splendide" Wohnung nehmen. Mlitairischrs * Iie UeblmgSreise de» Großen Gencralstabe» be ;>n„l Mitte de» nächste» Monat» und soll diesmal in de» stliche» Provinzen abgchallcn werden. * Die Infanterie - Osfiriere de» preußischen Heere» werden, wie bereit» kurz erwähnt, nach einer aller- höcbsien EabinetSorvre stdtt de» Deqen» einen leichten Säbel i» Stahlschrid« tragen, ähnlich demjenigen, wie ihn seither dir Jnfanteyla-Osficiere d»« badisch« Armercorp» und der groß- herzoglich hessisch« Division getragen Hab«. Der Degen war besonder» unbequem für die beritten« Osfiriere. außer dem al» Waste wenig wirksam und d«»halb schon für dm Kriegsfall den Jnfanterie-Ofsicier« allgemein gestattet, ein« Korbsäbel in Stahlscheide zu trag«. Nunmehr fällt dieser Unterschied zwischen Frieden»- und KriegSauSrüstung weg, wa» jevensall» sowohl ein« Vereinfachung al» auch eine pecuniäre Ersparniß bedeutet. Ferner sollen in Zukunft die beritt«« Osfiriere der Infanterie hohe Stieseln tragen, wie solche bei den Dragonern, der Feldartillerie u. s. w. Vor schrift sind. Auch diese Maßregel bedeutet eine Erleichterung; außerdem war e» wenig sachgemäß, die allgemein al» praktisch inerkannlen hohen Stieseln bei sämmtlich« Beritten« einzu- sühr« und nur die berittenen Jnsanterie-Osficiere davon auSzunehm«. Socialpolitisches. * Leipzig, S. Juni. SchiedSgericht-sitzung. Vorsitzender: Herr Regierung-rath vr. Schober. Beisitzer: Herr« gimmcrweister Vetter und Glosermeifter Teichgräber von hier aus deu Arbeitgebern, Herren Maarer V-sch an« Bohlt» and Manrer Schatte an« Linde- «a» an» de» Arbeitnehmern. I. Der Manrer Bernhard Taape in BolkmarSdorf hat am October v. I. bei dem Betriebe de« Vannnternehmer» Qaa-dors in Reudnitz durch Sturz von einem Gerüste ein« Broch de» rechten Oberschenkel« erlitten. Der Bruch ist mit einer Verkürzung de» rechte» Beine» um 3.5—4,0 om geheilt und tft infolgedessen da» Gehen erschwert nnd die Beweqttchkeit de« recht« Beine» beschränk!. Nachdem die Sächsische BaugewerkS-Berns-genosseu- icha st zunächst Rente sür vollständige Erwerbsunfähigkeit gewährt hat. har sie diele Rente vom 7. Mai d. I. ab ans Grund zweier ärziliche» Zeugnisse aus «ia Biertheil herobgefttzt, während «oupe die volle Reute auch noch weiterhin beansprucht. Ia der heutigen Sitzung zog jedoch Taupe die eingeweadete Berufung nach erfolgter Verständigung durch da» Schiedsgericht, welche« die gewährte Rente sür eine ent prechende erachtete, wieder zurück. II. Der bei dem Betriebe de» Zimmermeister« Gustav Franz Lüder« iu Reudnitz beschäftigte Zimmergeselle Gottfried Wohlfahrt in Portitz hat am 13. September v. g. bei dem Aufbau« von Meßbild« aus dem Auguftu«platze hierseldst dadurch eiae ver- letzoug de» rechten Fuße« erlitt«, daß ihm eia Brei aus den- selben bez. d« Knöchel fiel, so daß eine Austreibung und Gelenk- entzünduug an dem Fußgelenk erfolgte. Die Verdickungen am Fuß. gelenke sind noch vorhanden, auch hat der Fuß eine etwa« abnorme Stellung eingenommen. Die Sächsische Bougewerk».Berus». genosseaschast hat von Mitte April d. I. ab, bi« zu welchem Zeitpunkte die volle Reute gewährt worden ist, angenommen, daß Wohlfahrt noch um die Hälfte in der LrwerbSsähigkeit geschädigt sei, nachdem ärztlicherseits die Minderung der Erwerbssähigkei» ani nur 40 Proc. geichätzi worden war. Da der zu dem heutig« Termin, zugezogene Sachverständige, Herr vr. weck. Eckstein, hier, die Beeinirächttguag der Erwerb-säh gkei» unter angemessener Berücksichtigung de« hohen Aller» Berufungtkiägert (66 Jahre) eben, fall« aus nur 40 Pro«, -bschätzte. wie» da« Schied»gec>chk die eia- gewendete Berufung zurück, indem dasselbe dabei ««sprach, daß dem Wohlsahrt durch den angefochtenen Bescheid mehr zugebill gl worden sei. al» wozu die Bernsung«beklagie nach dem übereinstimmenden Gutachten der in der Sach« gehört« Sachverständigen verpflichtet gewesen sei. III. Der Handlanger Carl Jäger hat am S. September v. I. bei dem Betriebe de» Maurermeister- Karnogel vier ein« Arm- brnch sich zugezogen. Die Section ll der Sächsischen Ban. gewerk«. Berns-geuosseaschaft hat eine Entschädigung adge. lehn», weil der Zustand Jäger'» nach Beginn der vierzehn!« Woche nach dem Unfälle, wegen dessen er im hiesigen Krankenhaus« noch verpflegt werde, nach ärztlichem Zeugnisse in keinem ursächliche, Zusammenhänge mit der durch den Unfall erlitten« Berletzuug tehe, sondern dieser Zustand lediglich die Folge eine« schon vor dem Unfälle bestandenen Magrnleiden» sei. Der Ber letzte bedouptet dagegen, er Hab« sich durch deu Sturz, wobei er eine Etage hach herab uud aus den Rücken fallend, den Arm g«. brachen, innere Körpertheile verletzt. Er sei vor dem erlitten« Unfälle stet» gesund geweseu. Der Armbruch ist iu der That gut geheilt, so daß ärztlicherseits der verletzte, insoweit dieser Bruch >n Frage kommt, all enverbssähig bezeichnet worden ist. Dagegen leidet Jäger gegemvärt'g an einem Nervenleiden — Hysterie —, wegen dessen er al» hochgradig in der Erwerb«- säh>gkeit beschränkt anzusehen ist. Während von einem Arzte der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem Leiden mit dem Betrieb«, unsalle «genommen worden ist, hat der anderr Arzt deu Zusammen- Hang in hohem Grade unwahrscheinlich bezeichnet, indessen auch de- merkt, daß ein solcher Zusammenhang nicht abiolut au-zulchließen sei. Do» Schiedsgericht hat die BerufSgenoffenschaft zur Ent- schädigungSlcistuug verortheilt, indem e» sich, wie solgt, «»sprach. Da« Schiedsgericht habe an der Hand de« ärztlichen Gutachten», wonach ein Zusammenhang de« hysterischen Leiden« de« Verletz!« mit dem erlittenen Unlalle »isoser« anzuaehmen ist, al» erfahruag 1. gemäß bei vorhandener Disposition zur Hysterie Unfälle der hier in Rede stehenden Art durch deu damit verbundenen Schreck da» veranlassende Moment sür den Ausbruch de« Leiden» zu werden pflegen, sich der Ueberzeogung za eulschlagen nicht vermocht, daß da» Leid« Jäger'« al« eine unmittelbare Folge de« erwähnten Sturze» sich kennzeichne. Diese Annahme erschien dem Schiedsgerichte um so mehr al» gerechtfertigt, al« nicht uachgewiekea worden sei, daß vor diesem Unsalle hysterische Erscheinungen der hier fraglichen Art an dem Verletzten wahrgenommen worden seien, und der Nach welt eine» Zusammenhänge» de» damals bestandenen Magenleideu» Jäger'« mit der nach dem Unfall« bei demselben ausgetreten« Hysterie, wennaleich ein derartiger Zusammenhang nicht ohne Weitere» «rgeschloff« sei. doch «m vorliegend« Falle jedeasall« nicht erbracht sei. Unter dies« Umständen und da ein Anhalt, da« erfolgte Aust treten der Hysterie bei dem Verletzten von einem mit dem Sturze deffelb« außer Zusammenhang stehend« audenveit« Umstand« ab zuleitea, nicht vorliege, Hab« da» Schiedsgericht dajür gehalten, daß der die EatichätttgungSpflicht der Bermsgenoffenschast bedingende Nachweis eiue» ursprünglichen Zusammenhänge» der hysterischen Erkrankung mit dem gedachten Unsalle, soweit eia solcher Nachweis überhaupt möglich, vorliegenden Falle» erbracht sei. * Leipzig. 6. Juni. Schied-gerichi-sitznng. stellvertr. Vorsitzende Herr Regieruugsrath vr. Vorsitzender: der Häpe. Beisitzer: Herr« Zimmermeister Beiter und Maurermeister Oehlschlegel von dier au» den Arbeitgebern. Herren Maurer Bojch aus Gohli» uud Maurer Cchattr au« Lind«« au« d« Arbeitnehmern. Der Steinmetz Earl Anton Emele in Reudnitz hat am tS. De cember v. I. bei dem Betriebe de« Steinmetzineifter» F. G. Damm daselbst durch Einspringen eine« Splitter« eine Verletzung de« linken Auge« sich zugezogeu, wodurch dasselbe hochgradig schwachsichtig geworden ist. Ueberbie« ist ober da» uaverletzie rechte Auge seit der Iugeud nicht so scharssichtig gewesen wie da« linke. Die Sächsische Baugewerk«.BerusSgenosseuschast dal eine Minderung der ErwerdSsähigkeit um ein Drillet anerkannt, während Emele behaupte!, zur Hüllte erwerbSunsäbig zu sein. Da« Schiedsgericht bat mit sol> gender Begründung die Rente aus 40 Procent erhöht. Da- verletzte Auge sei in Bezug aus seinen GebrauchSwerth einem völlig erblindet« beinahe gleichzuocht«. Hierdurch sei dem BerusunaSklägcr vcrhältniß mäßig große Vorsicht bei der Aa»wahl der BeschästigungSmittel gebot«, so daß i» Verbindung mit der erheblichen Minderwerldig keil de« unverletzte» Auge» eiue bedeutende Verkümmerung de» Ge- samnitschvermögen» bewirft werde. Die bisherige Beschäftigung de« Emele als Steinmetz stelle aber an da» Sehvermögen besondere An- sordernngen, denen derselbe nur noch sehr unvollkommen werde ent sprechen können. Mit dem Anspruch ans Bewährung der vollen Rente bi« S. April d. I. ist dagegen Kläger zurückgewiesen worden, weil da« Schiedsgericht sich nicht davon zu überzeugen vermocht, daß i« der Zeit vom 13. März (dem Tage der Beginnen« der Enischüdigung« Pflicht der BerusSgenr'ssenschaft) bis zum S. April d. I. die Mm- deruag der Erwerbtiähigkeil eine erheblichere gewesen al- gegenwärtig vermischtes. — lieber da» Gut de» Kaiser», Barnstedt, bringt die ..National-Zeitnng" die folgenden interessante» Angabe» Da« Gut Barnstedt, welche« Kaiser Friedrich seit einigen Togen besucht und wo ergpäier wieder zu veno ile» gedenkt, liegtim Dorsr gleich« Namen«, nordöstlich von Schloß Friedr'ch-kroa etwa ein balde« Llündchen von dieiem ealsernt. Der Weg dorthin sührt vom nördlichen Hanpteingange de« Schlojinose« bi» z« der nach dem westlich belegen« Dorse ioniendea Ehangee, welche in der Richtung nach Pot-dam zp rossire» ist »nd an der Kreuzung »iil der Bornimer Landstraße verlassen wird. Hier beginnt die eigentliche Landstraße nach Barnstedt, welche über den Abhang de« KlauSbeeg-s an den Baracken de« Lehrmsanterie-Balailloa« und der Orangerie vorüber direkt nach dem Dörfchen sührt. Beim Betreten de« letztere» komm« »ir zunächst o» Kirchhofe vorüber, neben best« zur Recht« belegenem Etngnna« dt» stottlich herangewachsene FriedrnSriche steht» an he» KirchhosSmaner entlang zieh» sich el> fthgwtzee Ententeich hin. Geh« wir an der Mauer entlang dt« znr Ecke und von da ia di« nach recht» führend« Straße hinein, so gelang« wir durch einen im Runddogcnftil gehalten« und mit einem Holzdach über- deckten Porti»» zu der freundlich aa-sehende», in «manischem Baustile erbaut« Kirche. Die Ecke jene« Säolengangr» »nd der KirchhosSmaner bildet ei» etwa 30 w hoher viereckiger Thann ani flachem Schieferdach, da» eia Metallkreuz krSat. Da» Kirchen- gebäude hat ein» Länge von etwa 25 und «ne Breite «»» c». 10 w Vom Porti«» au» bringen vr» zwet kleinere Eingänge, zwischen deu« eiae nieder« Kellerthür zum Grabgewülb« führt, nach de«, Jane« der Kirche, welche», ebenso wie die Außensogad«. schmucklos uud einfach ist. Aas der «lgegeogesetzten Qnerftitr drr Kirche lieg» der Hanpteiagaag. über welchem di, Inschrift steht: ,Lch bi, die Thür, jo Jemand durch mich eingehft, der wird seng werden. Joh. X. S. Da» GottrShäutch« hat vier kleine Lcklhürme, welch- sich je über einer biblischen Miniaturgrftalt (Evangelisten?) wölbe-. Ans den Giebeln befindet sich hier rin offene« Glockenlhürmcheo dessen Zinne «ia Keenz schmückt, ans dem nach der Straße z» de. legeaen Gebet eine Wetterfahne mit den Himmelsrichtungen, über welcher rin Hohn sitzt. Der von der Kirche link» «nd recht» zum Dorse führende Weg heiß» die victoriastraße. Der- selb« ist, wie die ander« Straße» de» Dörsch«», vnt kleinen lustig gebaut«, meist einstöckigen Häusern bebaut, von denen einige niedliche villrubaut« mit Vorgärten vortheilhast ab- iecheu. wenden wir nu« noch link« zum Dorse hinein, so gelangen wir an dem (jetzt »»benutzt«) Gestüt vorüber »ach einem dicht bepflanzt« freie» Platze, von dem nach beide» Seiten bin die Friedrich. Wilhelmstraßc nach de» übrig« Theil« de« Dorse» iüqrt. Weiter nördlich grenzt au da» Dors ber bewaldete Ruiuenberg uud dahinter der große Exerrirplatz. Recht« von der Kirche geht die Victoriastraße am Amttgebänd« varLder, dem da» Liebling-gut Kaiser Friedrich'» schräg gegenüber liegt. Dasselbe trägt dir Hausnummer 5. Da» Wohngebäude, n» «eiche« sich an der Straßenseite die Hinterfront der Ställe unmittelbar auschließt, macht ein« durchaus schlichiea Eindruck; e« ist ei» zweistöckiger Bau mit 7 Feuftern Front, von desseu oberem Stockwerke nach recht» (vom Beschauer an» gesehen) eine von wildem Wem uw- rankte, bedeckte Säulenhalle mit sechs Rundbog« »ach dem da- neben liegend» Wirthichaslsgebäude führt, linier de» Bogen liegr die breite Tdoreiusahrt mit Gitierthor, von der Zinne herab wehr die deulsche Trikolore. Treten wir durch da» Thor hinein, so be- ind« wir an« aus einem geräumige» Hose, tu dessen Hintergrund ich eia kleiner vorwiegend mit Kastanien- und Fliedcrbäum« de» wachseaer Park mit einigen BlumenboSquel«, einem Springbrunnen und Ruhebänken befindet. Nach hinten zu grenzt denftlb» ein länglicher Teich ab, dessen Ausdünstungen im heißen Sommer sehr übel empfunden werde» sollen. Zur Rechten liegt et» weiu- umraakte« Wohahäu-chen sür die Hosveamt«, zur Link» der eigenlliche GutShoj, der, wie der Park, von dem zum Wohngebäude de« Administrator« gehörigen Hose durch eia uiedrige» Drahlgttter abgetheilt ist. Aus diesem Hofe treiben Hühnervölker, Taub« rc. ihr muntere» Spiel. Umgeben ist der gesummte Holraum aus drei Seiten von den Ställen und Witthschast-gebäudco. Zuerst schließ« ich au da» Wohnhaus die geräumigen Pserdeställe, dann dir Knh. täll«, welche letztere znr Z-il etwa 60 Kühe beherbergen. Bei dieser nah« Berbinduag der Hose, der Wehn- uud Stallgebäade kann e« nick» Wunder nehmen, daß aus dem Hose eine elwa» ländlich« Ltmo- iphäre herrscht, die bekannte „Lanvlust". — Dennoch soll Kais«! Friedrich, der als Kronprinz hier häufig gewohot, geäußen Hab«, er fühle sich hier sehr wohl, wenn man auch ab und zu einmal einen Hahn krähen, eine Kuh brüllen hör«, lieber dem vom Hose in da» Innere führend« Eingänge zum Wohuhanse liegt ein grün- umrankter Balcon, «nt« wie oben prangt Alle« in reichstem Blumen, schmuck. Ersteigt mau von der Straße her die wenigen Stnsea der zum Wohngebäude führend« Steiutreppe, jo gelangt man zunächst in eia einseustrige« Vorzimmer, an dessen dem Eingänge gegen- überlieaeader Wand ein Emblem von hervorragend künstlerischem nteresse hängt. Auf schwarzem Sammetgrundc leuchtet un« in ilberpräauug der schSne Spruch au« Schiller'» „Glocke" entgegen: „Arbeit ist de« Bürger» Zierde, Segen ist der Mühe Prei»; ehrt den König seine Würde, ehret un» der Hände Fleiß." Um diese Inschrift schlingen sich zwei durch ein Metallband Verbund«« Zweige, bereu zarte Blätter nab Blüthen au» netriebeaem S Wer gearbeitet und theilweile reich vergoldet sind. Aus dem schwarzen Bronze, rahmen, der da» Ganze umgiebt und ebenfalls «in Kunstwerk ersten Range« repräsentirt, »eh« ans darüber geschlungene« Band« di- Wocte: „Sr. königl. Hoheit dem Kronprinzen von Preußen" n-o an der Schleife de« di« beiden Silbrrzwcig« zniammenhaltrn»« Baude«: „Zur Erinnerung an die deutsche Ausstellung z» Witten- berg i. I. 18VS." Von diesem Zimmer sührt eia schma'er Korridor mitten durch da« Hau« »ach dem hiutcrea SuSgange zu ; liaker Hans trel« wir durch eiae einfach«, wie der Fußboden bläu ich-weiß ge strichene Thür ia eia zweifenstriges, nach der Straße »u belegen«« Z m- mer. Die« ist der erwähnte Raum, welcher dem Kaiser vorübrrgeh ud bei seinen Besuchen in Barnstedt kurze Ze» Erholung gewähren soll. Da« Zimmer ist weißgrau tapeziert und von überraschend einfacher AuSstat- tung Zwischen den Fenfterpseilera steht ein kleiner, weiß gedeckter I ich mit Wasserkaraffc uud Trinkgläsern, daneben ein kleiner kchreibusch mit Nippsachea uav » der Ecke eiae einfache Wajchtoilette, verd ck: durch eine uiedrige spnmsche Wand. An der Hinlerwaod, de» Kasten gegenüber, steht in der ein« Ecke eia altmodische«, duakelüberzogenc» Schlassopha, dessen Bezug mit großen Rojeiidlütdeu und Kuojpcn von gelber Farbe bemalt ist. Einige einfache Stühle mit demse den Sitz- und Lehnbezuge umgebe» den davor befindlich« «»den Tisch Neben dem ia der correspondirenden Ecke stehenden weißen Kachei- osea steht eia eleganter Mahagoni-Klciderschraak und ia der dicht neben der Thür liegenden Ecke hängt ein Garderobe- bezw. Schlüflsi- halter, oa welchem, »in Beschenk be- Kaiser», eine kurze, kern ge Tabakr-Pseife mit außergewöhnlich großem Lolzkopse hängt. Die Wände zier« nur zwei Oelgemäld«, Laadjchajlen darstellend. Aus den Fensterbrettern stehen mehrere Blnmeniöpse im vlüiheuschmnck. Nimmt man nun noch die ungemein cinsache» Länser, die die Fuß- boden bedeck«, und die ebenso schlichten schneeweißen Gardine» »c. hinzu, jo Hai man ein Gesammibild, da- wohl geeignet ist, selbst die bejcheideust« Ansprüche zip enttäusch«: in diesen schlicht« vrer Pfählen will sich der Kaiser zeitweise aushalten. — Berlin. 7- Juni. Die gestern Abend im Victoria- Theater erfolgte erste Aufführung de» Luther-Festspiel» von Trllmpelioaan hatte die weiten Räume de» Theater» fast bi» aus de» letzte» Platz gefüllt. Ja einer ProsceniumSloge hatte Superintendent Trümpelmanu mit seiner Gattin und seinen beiden Söhnen Platz genommen. Ernst v. Wildenbruch, der die Umdichtung de» ersten Actes vorgenommen, saß im ersten Rang. Die Bühne bot nickt da» gewöhnliche Bild, der rolhe Hauplvorhaag war aus gezogen uud nur eine graue Gardine, welche nach beide« Seiten, nicht nach oben gezogen wurde, verbarg dem Zu schauer den Bühnenraum. In der erst« Eoulisse, weiche diesmal nock vor dem Vorhang lag. war ein Sängerchor ausgestellt. Dem Festspiel selbst ging eia vom »tnä. ideal. Anspach gedichteter und gesprochener Prolog voran. Bei einer Stelle de» Prolog», welche daraus hinwie», baß man nun dock alle Schwierigkeiten glücklich überwunden Hab«, durckbrausle minukenlanger stürmischer Beifall da» Hau». Die Ausnahme de» Stücke» war überhaupt eiue sehr begeisterte, oft machte sich ein demonstrativer Beifall geltend. Die sehr geschickte Bearbeitung de» ersten Acte» von Ernst v. Wildeu- brucb verdient all« Anerkennung. Gespielt wurde durch gängig mit ersichtlicher Hingebung an die Sache und «nein Eifer, welcher die Einzelleistungen oft über die Höhe de» Dilettanti-mu» emportrug. Der Sängerchor trug in den Zwischenacten uav an geeigneten Stelle» de« Stücke» Choräle vor. Nack dem Schluß bliebe» die Zuschauer noch im Theater und sangen unter Orgelbegleitung „Ein' feste Burg ist unser Gott". Dan» wurden der Regisseur Hosschauspieler Müller-Hanno, der wirklich Staunen-werthe« geleistet hatte, und der Verfasser gerufen, welcher sich von der Loge au» verneigte. ---Hamburg, 5. Juni. (Autsührliche Meldung) Lieutenant Tappenbeck bat seit einigen Tagen unsere Stadt verlasse» und sich nach Berlin kegeben, wo er znr Wieder herstellung seiner Gesunvbeit «ine Klinik aussnchen will. Bon den Passagieren, welche mit dem letzten Woermaan'sche» Dampfer au» Asrika berübergekommen sind, ist jetzt auch der kaiserliche ReqierungSsecrelair beim Gouvernement in Kamerun. Ingenieur Cchra», welcher den Dampfer iu Havre verlass?» batte, um von dort die Landreise zu machen, hier eiagetrofsr». um seine Schutzbefohlenen in Gestalt von sechs jungen Afrikanern mit »» seine westfälische Heimalh zu nehmen. Bier von denselben solle» Handwerker werden, einer wird bei einem Oberförster in ver Forstcultnr unterwiesen, der sechste, ein Soh» r«S König» Akwo. wird sich dem Studium der deutschen Sprache widmen, höhere Lehranstalten besuche«, «« al«da»n in sein« Heimalh zurückzukehreu. Heu U.
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