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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.06.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188806161
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880616
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880616
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-06
- Tag1888-06-16
- Monat1888-06
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.06.1888
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- v ! L «UI- »lerrmasr »rvlleu, küln »INI,. V 8 >v. iktell >>n- iu lei» » I, stige auj« Erste Geilage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. .N 1K8. Tonna^end den 16. Juni 1888. 82. Jahrgang. Zur gkliilligen Geichtlmg. Unsere Cupedition ist morgen Sonntag, den 17. Jnni, Bornrittags nnr bis Uhr gevssnet. l-xpeilltlon lies I-elp/lxvr I^Leblnttes. Amtlicher Theil. Drlmlinlmachung. Nachstehende Bckaunlmachnng des BundcSrathS vom 9. Mai lausend.» Jahre«, betreffend die Etnrichtnng und den Betrieb der zur Anfertigung von Cigarren bestimmten Anlagen, wird zur Kenntnis der BetriebSnnternehmer gebracht und gleich zeitig an letztere im.Sinne von tz. 120 Absatz 3 der NeichS- gewerbeordnung die Aufforderung gerichtet, diese Anordnung des BundcsrathS strengstens zu beachten. Zuwiderhandlungen sind, soweit durch solche gegen die Bestimmungen in tz. ll verstoßen wird, »ach tz. 146 der ReickSgewerbeordnung mit Geldstrafe bis zu 2000 ^ und im lluverinögenösalle mit Gefängniß bis zu 0 Monaten, im llebrigen nach i? >47 der Steichsgewerbeordnung mit Geld strafe bis zu 300 .6 und im tlnvermögenSsalie mit Haft bcdrvbt. Der in tz. ,2 der Bekanntmachung vorgeschriebene AuS- bang ist betreffs der einzuricktenden Anlage» no.b vor deren Betriebe, für bereits bestehende Anlagen spätestens zum >2 August in dein Zimmer 115 deS Stadthauses, Obst markt 3, H.. einzurcicken. Leipzig, den 1l. Juni 1888. Vl >208 Der Rath der Etadt Leipzig. vr. Georgi. Fröhlich. Bekanntmachung, betreffend die Vinrickitnug und de» Betrieb der zur An fertigung von Vigarren bestimmten Anlagen. B-u, ». Mai 1888. Aus Grund des Z. 120 Absatz 3 und de» 8 130a Abiatz 1 der Reichsgewerbeoednung hat der Bnndesrath folgende Borschrifte» über die Einrichtung und de» Betrieb der zur Anfertigung von Cigarren bestimmten Anlagen erlassen: 8 l. Tie nachstehenden Vorschriften finden Anwendung ans alle Anlagen, i» welchen znr Herstellung von Cigarren erforderliche Beir-chiuiigen vorgenomme» werben, sofern i» den Anlage» Personen beswast gl werde», welche nicht zu den Faiiiilieiiglicdcrn Le» lluter „e'im.'l ,: gekoren. 8 2. Das Abrippen des Tabaks, die Anfertigung und das Sonnen der Cigarren darf i» Räume», deren Fußboden 0,5 Meter linier dem Straßenniveau liegt, üderhaiwt nicht, und in Räumen, welch' unter den« Dache liegen, nur da»» vorgcnoinmc» werden, wen» das Dach init Verschalung versehen ist. Die Arbeitsränme, in welche» die bezeichnele» Verrichtunge» vorgenoninikn werden, dürfe» w-der a>s Wohn-, Schlaj-, Koch- oder Vorrathsräume, noch als Lager« oder Trockciirüume benutzt weide». D>e Zugänge zu beiiachbarle» Raumen dieser Art müsse» mit »er« schließbare» Thürcn versehen sein, welche während der Arbeitszeit geschlossen sein müssen. 8 3. Die Ärbeilsräum: (Z. 2) müssen mindestens drei Meter hoch und mit Fenstern versehe» sein, welche nach Zahl und tÄiüße ansreichc». um für alle Arbeitsstellen hinreichendes Licht zu gewähren. Die Fenster müsse» so eingerichtct sein, daß sie wenigsiciis für die Halste ihres Flächenraumes geöffnet werden können. 8. 4. Die Arbeitsräume müssen mil einen« festen und dichte» Fußboden versehen sein. 8 0. Die Zahl der in jedem Arbeitsrani» beschäftigten Personen muß so bemessen sein, daß ans jede derselben mindestens siedln Clibiknieter Luslraum entfallen. 8 0 In de» Arbeitsräume n dürfe., Vorräthc von Tabak und Halbfabrikate» nur i» der sür eine Tagcsarbeit erforderliche Mengen und Mi. die im Lause deS Tages angcsertigteu Cigarre» vorhanden sei». Alles weitere Lagern von Tabak und Halbfabrikate», sowie das Trockiie» von Tabak. Abfälle» u»d Wickel» in den Arbeitsräninen auch niß ibalb dee Arbeitszeit ist untersagt. 8. 7. Die Arbeitsräume müssen täglich zweimal mindestens eine halbe Stunde lang, »nd zwar während der Mittagspause und nach Beendigung der Arbeitszeit, durch vollständiges Oeffnen der Fenster und der nicht in Wohn-, Schlaff, Koch« oder Vorrathsräume sülncuden Thiiren gelüstet werden. Wäbrend dieser Zeit darf den Arbeitern der Ausenlhall in de» Arbeitsrämnc» nicht gestaltet werde». 8. 8. Die Fußboden »nd Arbeitstische müssen täglich mindestens eiiinial durch Abwaschen oder feuchtes Abrciben vom Staube ge reinigt werden. 8. 0. Kl.iduiigsstücke, welche von den Arbeiter» sür die Arbeits zeit abgelegt werde», sind außerhalb der Arbeitsräume aufzubewahren Innerhalb der ArbettSräume «st die Aufbewahrung nur gestattet, wen» dieselbe in ausschließlich dazu bestimmte» verschließbaren Schränke» erfolgt. Die letzteren müssen während der Arbeitszeit geschlosst» sein. 8 IO. Aus Antrag des Unternehmers können Abweichungen von den Vorschriften der HZ 3, 5, 7 durch die döhere Verwaltungs behörde ziigclasse» werden, wenn die Arbeitsräume mit einer aus reichende» Vcnt lationScinrichtung versehen sind. Desgleichen kann ans Antrag des Unternehmers durch die höhere Verwaliiingsb'hörde eine geringere als die im Z. 3 vorgeschriebcne Höhe sür solche Arbeitsräume zugelasseu werden, in welchen den Arbeiter» ein größerer als der im Z. 5 vorgeschriebene Luftraum geiväbel wird 8 II. Die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern ist nur gestaltet, wenn die nachstehenden Vorschriften beobachtet werden: 1> Arbeiterinnen und jugendliche Arbeiter müsse» im unniittel bare» Arbeitsverhäliniß zu dem Betriebsunternchmer stehe» Das Aniiehmcn und Ablohnen derselben durch andere Arbeiter oder für deren Rechnung ist nicht gestattet. 2) Für männliche und weibliche Arbeitir müssen getrennte Aborte mit besondere» Eingängen und. soser» vor Beginn und »ach Beendigung der Arbeit ein Wechseln der Kleider staitfindet. getrennte Aus« und Anklcideräume vorhanden sein. Tie Vorschrift unter Ziffer 1 findet auf Arbeiter, welche zu einander in den, Verhältniß von Ehegatte», Geschwistern oder von Aicendeiitcn und Tesccndciiteii sichen, die Vorschrift unter Ziffer s aus Betriebe, i» welchen nicht über zehn Arbeiter beschäftigt werden keine Anwendung. 8. l-'. Sln der Eingangstdür jedes Arbeitsraumes muß ein von der Ortspolizeibehörde zur Bestätigung der Richtigkeit seine- JnhaltS unterzcichiietcr Aushang befestigt sein, aus welchen, ersichtlich ist 1- d,e Länge. Breite und Höl>e des Arbeitsraumes, 2) der Inhalt des Luftraumes in Cnbikmcter, 3) die Zahl der Arbeiter, welche demnach in dem Arbeitsraum beschäftigt werden dark. In jedem Arbeitsraum muß eine Tasel ansgehängt sein, welche in deutlicher Schrift die Bestimmungen der 8Z. 2 bis 11 wiedergiebt. Z l l. Tie vorstehenden Bestimmungen treten sür neu errichtete Anlagen sofort in Kraft. Für Anlage», welche zur Zc>' deS Erlasses dieser Bestimmungen bereits im Betriebe stehen, treiei. die Vorschriften der 88 2 bis 6 und I t mit A laus eines Jahres alle übrigen Vorschriften mit Ablaus dreier Monate nach dem Erlasse derselben in Kraft. F ir die ersten jüns Jahre nach de»' Erlasse dieser Bestimmungen können Abweichungen vo» den Borichr ften der ZZ 2 bis 6 für Anlage», welche zur Zeit des Erlasses rereits im Betriebe waren, von de» Laudes-Ckiitralbehörde» g stattet '»erden. Be,litt, de» 0. Ma, 1888. Der Reichskanzler. In Vertretung: von Boetticher. Bekanntmachung. Nachdem uns die tieferschiltternde Kunde von dem nach schwerem Krankenlager heute Vor mittag nach 1v Uhr erfolgten Hinscheiden Sr. Majestät des Deutschen Kaisers Friedrich zugegangen ist, sprechen wir, indem wir uns weitere Aiiordnnng bis nach Eingang höherer allgemeiner Vorschriften Vorbehalten, hierdurch die Erwartung aus, daß bis dahin von Ab haltung aller öffeullicheu Lustbarkeiten, insbesondere aller Eoncertc, Vorstellungen nnd Mnsik- aussnhrnngeu jeder Art, werde abgesehen werden. Leipzig, den 15. Juni 1888. * Der Rath der Stadt Leipzig. ' De. Georgi. Hentschel. Bekanntmachung. Unter Bezugnahme aus unsere Bekanntmachungen vom . Juli 1884 und 7. April 1887 bringen wir hiermit ander- weit zur allgemeinen Kenntniß, daß dem von unS mit Auf trag versehenen und legitimirtcn BermeffungSpersonate daS Betreten der Grundstücke zum Zwecke der Vermessung der hiesigen Stadlflnr und deren Umgebung unweigerlich zu ge falle» ist, dem genannten Personale auch aus Verlangen die slur- und Privatgrcnzen »achzinvcisen sind, sowie endlich jede onst etwa »vlhige Auskunft darüber zu crlheilen ist. Die eigenmächtige Wegnahme oder Verletzung der auS- gestcckten Signale, Absteckpsähle u. s. w. wird hiermit bei Strafe verboten. Leipzig, den 12 Juni 1888. Der Rath der Stadt Leipzig. Iti 2009. 11r. Georgi. Krnnibiegel. Bekanntmachung. Bon dem nntcrzeichncten Arnienainte sollen im Stadthause allhier Donnerstag, den 21. Juni ». «>., Vormittags von kt Uhr an, eine Partie getragene Kleidungsstücke, Möbel, HauS- und Küchcngeräthe, Betten und dcrgl. mehr »icislbietend versteigert werden. Leipzig, den >5. Jnni 1888. Das Armenaint. Ludwig-Wolf. Jnngliähiiel. Bekanntmachung. Die au» 1. Juli S. I. fällige» Coupons unserer Obligationen werde» a» der Lass- des Herr» klirr. Werlbancr. Marlt 13, Stieglitze»?- Hof, Tr. 6, 1., an de» gewöhnlichen Geschäftslagen m te» Vormiltagsstu ide» vom Versalliagc an cingclüst. Leipzig, den 14. Juni 1888. Ter Borst,i»d drr Israelitische» Neliaionsaemrii,de zu Leipzig. Nichtamtlicher Theil. Die Man-atSttie-rrlegung des Grafen Andrassl). Daß Gras Andrassy leidend ist, wurde schon vor einigen Wochen gemeldet, und gleichzeitig taucht die Nachricht auf, daß er sei» Mandat als Delegirter deS ungarischen Parla ments sür Beralhung der gemeinsame» Angelegenheiten Oesterreich-UngarnS »icderlcgen werde. Dieser Fall ist jetzt eingetreten; Gras Andrassy hat am 13. Juni Pest verlassen und sich aus seine Güter begebe». Daß »eben der Rücksicht aus seine angegriffene Gesundheit auch noch andere Giündc aus diesen Entschluß eiiigewirkt habe», läßt sich zwar nicht seststellcn, wohl aber mil großer Wahrscheinlichkeit voraus« setze». CS ist bekannt, daß Gras Andrassy mit der Politik, welche Gras Kalnoky in der bulgarischen Frage befolgt, nickt einverstanden ist; der Gegensatz zwischen der beiderseitigen Auffassung ist wiederholt bervorgetrcte», besonders scharf aber in den Jahren 188t» und >857. Nack der Meinung des Grasen Andrassy sollte Oesterreich-Ungarn entschiedener sür Bulgarien Partei ergreifen, als eS gelhan hat, eS sollte zur Vereinigung von Nord- und Süd-Bvlgaric» offen seine Zustimmung geben und sich nickt mit der zweideutigen Haltung, welche Rußland in dieser Angelegenheit noch heute einnimmt, zusriedengestellt erklären. DaS andere Mal trat die Meinungsverschiedenheit der beiden Staats männer in der Oclobcrfcssion der Delegationen im vorigen Jahre zur Erscheinung. Gras Andrassy richtete damals an den Grasen Kalnoky die Anfrage, ob er die Wahl des Prinzen Ferdinand von Coburg als gesetzmäßig betrachte und gesonnen sei. seinen Einfluß dahin zii verwenden, daß der Fürst aner kannt werde. Gras Kalnoky'S Erwiderung vermied eine Lirecte Antwort und beschränkte sich daraus, die Gründe sür die Haltung der Negierung darzulegcn. Er sagte, daß die Lösung der bulgarischen Frage auf europäischem Boden er folgen müsse. Die Einmischung einer auswärtigen Macht in die bulgarische Angelegenheit sei gefährlich, und daß diese Gefahr bisher und hoffentlich sür immer abgewandt sei, be trachte er als einen bedeutende» Erfolg. Prinz Ferdinand sei nickt als Candidat Oesterreichs, sondern als Candidat Bulgariens in daS Land gekommen, und daS gebe ihm eine sicherere Stellung, als wenn er von einer einzclncn Macht unterstützt würde. Die Wahl sn cerrcct vollzogen, aber zu envgilligcr Losung genüge nicht ein Mehrheitsbeschluß der Mächte, sondern eS sei die Zustimmung aller Mächte erforder lich. Die bulgarische Regierung bestehe thatsächlich. aber die Regierung betrachte den Prinzen nicht al» den gesetzmäßigen Fürsten deS Landes und habe deshalb bisher keine amtlichen Beziehungen mit ihm angekuüpst. Gras Andrassy hat ans diese Erklärung nichts erwidert, aber schon auS der Fragestellung ging hervor, daß er ein« entschiedenere Stellungnahme der Regierung zur bulgarischen Frage sür nölhig halte. Der russischen Regierung war schon die vorsichtige und maßvolle Haltung deS Grasen Kalnoky nicht genehm; sie äußerte durch ihr Organ, daS „Journal de St. PötcrSbvurg", daß auch die Wahl deS Prinzen durch die Sobranje ungesetzlich sei, weil sie da- Product der GesctzeS- oerachtung und der Gewalt sei. Bekanntlich hat Rußland später eine milvere Ausfassung der Sache eintreten lassen, sic geht jetzt über die Frage der Gesetzmäßigkeit der Sobranje mit Stillschweigen hinweg. Heute verzichtet Gras Andrassy auS „Gesundheitsrücksichten" aus die fernere Bctheiligung an den Beralhungen der Delegationen; eS wird aber ein AuS- spruch von ihm verbreitet, welcher die gtgenwiirtige Lage epigrammatisch durch die Worte Ruin und KriegSsurcht charakterisier. Gras Kalnoky vermag die Lage nicht zu ändern, aber er erblickt seine Ausgabe wesentlich darin, die von Deutsch land befolgt« Friedenspolitik zu unterstützen, und demgemäß waren auch sein« Erklärungen im Ausschüsse der ungarischen Delegation für die auswärtigen Angelegenheiten durchaus dieser Politik entsprechend. Auch die Art und Weise, in welcher sich Kaiser Franz Joses dem Grafen Andrassv gegen über geäußert hat, ist der Erhaltung de« Frieden- günstig; nach der Anschauung deS Kaiser« wird der Friede nicht »ur in diesem Jahre, sondern auch »och aus längere Zeit hinaus aufrecht erhalten werde». Diese Zuversicht ist sehr erfreulich, ändert aber an den Thalsachen nichts, und diese werden durch die Verhandlungen i» den Delegationen hinlänglich beleuchtet. ReichSkriegSminister Bauer erklärte im HeercSauSschuß der ungarischen Delegation, daß die Mchrsordcrungen des Krieg»- budgelS nicht durch Neuorganisationen bedingt sind, sondern . daß nur für den Mobilme.chuugSsall vorgesehene Formationen I durch Ausstellung von CadrcS schon ini Friede» vorbereitet l Werden sollen; die Armee solle nur schneller cperationSbercit gcmacht werden. TiSza ergänzte diese Erklärungen noch dahin» daß diese Maßregel» nur die Folge der russische» Dislocationen sei. Gleichwie der Nachbar sich dadurch die Möglichkeit einer schnelleren Mobilmachung gesickert habe, sei auch sür Oester reich-Ungarn die Pflicht erwachsen, für eine schncllere Mobil machung Vorsorge zu treffe». Natürlich diene» auch solche Maßregeln, welche sür den Kriegsfall getroffen werden, dem Grundsätze der Erhaltung deS Friedens: „8i ris pacciu, paia bollum." Wenn man den Frieden wünscht, muß nian den Krieg vorbcreite». Zeitweise bestand die Erwartung i» Oesterreich-Ungarn, daß Gras Andrassy wieder die Leitung der auswärtigen Politik deS Reiches in die Hand »ehmen werde; eS wäre damit eine Politik zum Siege gelangt» welche die bulgarische Frage als eine die LebcnSinIeresscn Oesterreich-Ungarn- in erster Linie berührende betrachtet, und deshalb unabhängig von Deutschland i» dieser Frage vorzngehcn beabsichtigt. ES war oft genug daraus biiigcwicscn ivorvcn, daß eS, abgesehen von dem Büiitnisse zwischen Denlschland und Oesterreich-Ungarn, besondere österreichisch-ungarische Fragen internationaler Natur gebe, über welche Oesterreich-Ungarn selbstständig Entscheidung zu treffe» habe. Nach Artikel I diese» Bündnisses sind die Verbündete» verpflichtet, falls eins der beiden Reiche wider Erivarlci' vo» Rußland angegrisjen werde» sollte, einander »ul ihrer gesammten Kriegsmacht bcizustehen und den Frieden nnr gemeinsam und übereinstimmend zu schließen. Dieser Artikel würde schwerlich m Kraft trete», wenn Graf Andrassv wieder die Leitung der auswärtigen Angelegen beiten ,n Oesterreich-Ungarn in die Hand genommen hätte, denn eine schroffe Stellungnahme dieses Reiche« in der bulgarischen Fragewürde Rußland aus seiner Zurückhaltung hervorgelockl und eS zu Maßregeln veranlaßt habe», welche vo» Oesterreich-Ungarn als Kriegsfall angesehen werde» mußten. Dann würde aber diese Macht und nicht Rußland der angrciscnde Theil gewesen sei», cö sei den», daß Oesterreich-Ungarn Lurch seine ent schiedene Haltung auch andere europäische Mächte zu einer ausgesprochenen Parteinahme für Bulgarien gegen Rußland bewogen balle, z. B. England, von dessen Regierung daS UnterhauSiuitglied Labouchöre neulich bebanpletk. vaß sie auf dem Puiicte gestanden habe, für die Wiedereinsetzung deS Fürste» Alexander von Bulgarien znm Schwert zu greisen. Erwägungen über die mögliche» Folgen einer andern Politik als der thalsächlich gewählten aiizustelle», ist zwecklos, aber man wird nicht fehl greise», wenn man annimmt, daß Gras Andrassy bis zni» Tage seiner Mandatniederlegung noch immer einen gewissen Einsluß aus die auswärtige Politik Oesterreich-Ungarns geübt hat. Von jetzt ab gehen die Wege, welche er sür die richtigen hält, in entgegengesetzter Richtung mit denen, welche Kalnoky verfolgt. Andrassy hält eine fried liche Verständigung mit Rußland sür unmöglich, während Kalnoky dieser die größten Opfer bringt. * - Leipzig, 16. Juni l888. * Das „Armee-Verordnuiigs Blatt" veröffentlicht folgende Allerhöchste CabinclSordre, betreffend die Aenderung der Armee-Eint Heilung: Ich bestimme hierdurch: In der Zusammensetzung der 1., 2. und 3. Armee-Jnspection haben folgende Aen- der»agen cinzutreten: Die l. Armec-Jnspcclio» soll fortan daS 1.. 2.. 5. und t>. ArmeccorpS, die 2. das 9., 10. und t2. (Königlich Sächsische) AnncecorpS, die 3. daS 7., 8. , und II. ArmeeeorpS nmsasse». DaS Kricg-ministerium hat hiernach daS Weitere bekannt zu machen, wobei Ich bemerke, daß Ich die durch vorstehende Bestimmung be rührten Preußischen GeneralcommandoS benachrichtigt habe. Charlottenburg, den 2t. Mai 1888. Friedrich. Bronsart v. Schcllcndorff. An daS KriegSininisterium. * Die polnische LandtagS-Fraction hatte bekanntlich eine Adressen ndenKaiserFriedrich gerichtet, deren Wort laut bis jetzt nur zum Theil, und zwar auS deutsche» Zeitungen, bekannt ist, während den polnischen Zeitungen bis jetzt keine Mittheilung über diese Adresse zugegangen ist. Wie nun der Goniec Wielk." mittbeilt, soll der Kaiser die Adresse selbst nicht beawwortct, sondern dieselbe durch daS Staats ministerium haben beantworten lassen, »nd zwar soll, wie daS genannte Blatt meint, diese Antwort sür ein polnische? Ohr nicht angenehm sein. * BcidcmAbschieds-Diner, welche« Fürst Bismarck am ll. Juni dem scheidenden Minister von Puttkamer gab, brachte, wie ei» Correspondent der „Hamburger Nack' richten" meldet, der Reichskanzler einen Toast aus den Kaiser Friedrich auS, in welchem er mit Rücksicht aus die lange AmtSdaucr deS Herrn vo» Puttkamer auch deS verstorbenen Kaisers gedachte, dem dieser so treue Dienste geleistet habe. Minister von Maybach toastete alsdann auf Herrn von Pult- kamer, seiner Dienste um den Staat und seiner gesegneten Thätigkeit als Minister und Vieeprändcnt des Staat« Ministerium« gedenkend. Herr von Puttkamer dankte den Ministern sür ihre srcundliche» Gesinnungen unk forderte die Versammelten zu einem Hock aus den Fürsten Bismarck auf. E« ist wohl selten vorgekommcn, daß einem scheitende» Minister von Seiten deS Ministerpräsidenten und von seinen Collegen ein solcher Beweis der Anerkennung und Verehrung gegeben wurde, der feinen genügenden Grund in den robcn Angriffen der Freisinnigen findet. Wenn übrigen« von anderen Ministcrkrisen hier und da berichtet wurde, so ist das, wie auch von dieser Seite versichert wird, absolut n» begründet Namentlich ist völlig auS der Lust gegriffen, daß auch der Jnstizminister von Friedberg wegen Meinungsver schiedenheiten mit dem Reichskanzler ein Demissionsgesuch eingereickt habe, welches indeß vorläufig abschlägig abgclehnt sei. Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Fürsten Bismarck und Herrn von Friedberg cristiren nicht nnd von allen Seiten wird die große Loyalität anerkannt, mit welcher Friedbcrg al« Vertrauensmann deS Kaiser« gewissermaßen mit den anderen Ministern verhandelt. Wa« den Nachfolger Pnttkainer'S betrifft, so soll Fürst Bismarck als solchen den, Kaiser de» Grafen Zedlitz Trützschler selbst in Vorschlag ge bracht baden. * Der zum Minister des Innern auSersebene Graf Zedlitz Trützschler war früher artiver Offieier, diente im Regiment Garde« du CorpS und nahm erst al« Major seinen Abschied, um sich dem Verwaltungsdienst zu widme»; er war längere Zeit RegiernngSPräsibent von Oppeln und wurde im Jahre l88i> Obcrpräsident von Posen al« Nachsolger v. Günther'«. Cr hat tangere Zeit dem Staatsrath an- aehört, ist aber bisher nie Mitglied einer politischen Körper schaft gewesen. Vorsitzender der AnsiedlunaScommission sür Westprenßen und Posen ist er mit großem Erfolge seit deren Einsetzung im Juni 1886; ebenso ist er Mitglied der tech nischen Deputation sür das Veterinärwesen in Berlin. Cr gilt in politischen Dingen als zur gemäßigt conser- vativen Richtung gehörig. Cr ist seit 8. Decembcr 1357 mit einer Tvckter'deS verstorbenen MajorS v. Rohr Levehow verheirathet und Vater von sechs Kindern. * Im „Deutschen Wochenblatt" befindet sich ein Aussatz deS Abgeordneten vr. Andrae über die Rang- und GehaltS-Verhältnifse der hvberen Staats- (Justiz- und Verwaltung--) Beamten in Preußen. CS wird darin der Ansicht, daß die höhere» Justizbeamten den Beamten der Verwaltung gegenüber bezüglich ihre« Gehalt« bevorzugt seien und daß ein Ausgleich zu Gunsten der VerwallungS- beamte» stattfinden müsse, entgegeiigetretcn. Bei Erörterung dieser Frage wird eingehend aus die von den GehallSverhält« nissen nickt zu trennenden Rangverhältnisse eingegange» und hierbei aus daS Mißverhältniß hiugewiescn, welches zwischen den BerwaltuiigS- und Justiz-Beamleu bezüglich ihrer Rang- und BesörvernngS-Vcrbältnisse herrsche. AuS der gleichen Art der Vorbereitung und Ausbildung beider Beamten» Kategorien, sowie auS der socialen Stellung und den Befug nissen derselben ergiebt sich der unansechlbare Schluß, daß alle höheren Justiz- und alle höheren BerwaltuiigS-Beamten »ach dem Eintritt in den höheren Staatsdienst zu gleichem Rang und Gehalt gelangen sollte». Wie aber stellen sich die Berhältnisse heute? Nach bestandener großer Staatsprüfung haben die Assessoren sowohl in der Justiz wie in der Verwaltung de» Rang der Näthe fünfter Elaste. Wäbrend jedoch der Regieruiigö-Assessor nach einer gewiss.en Reihe von Jahren — die Zeit beträgt augenblicklich bei dem Mangel älterer Assessoren etwa IsechS Jahre und hat unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht ganz zehn Jahre betragen — Regieruiigsrath werden muß. behalt der EerichlS-Asscssor auch nach seiner Anstellung al« Amtsrichter, Landrichter oder SlaatSanwalt den Rang der Näthe fünfter Classe, und eS ist nach dem Erlasse vom tl. August 1879 nur gestattet, daß ihm persönlich der Charakter eines RatheS vierter Classe verliehe» werden kan», mit der Beschränkung jedock, daß die Berlrihung nicht über «in Drittel der Gesammtzahl umfassen soll. Mit dieser Rangverleihung, die seit 1879 nicht mehr staltgesunden hat, weil die früher vorhandenen Räthe. die drei Viertel aller Richter auSmachten, erst auf ein Drittel- zusaiiinlenschmclzen müssen, werden aber die Richter nicht wirkliche Räthe vierte Classe, erhalten auch nicht die Emol»-. mente, die diesen zustchen. WaS die Gehaltsverhältmsse betrifft, so beträgt das Durchschniltsgehalt deS RcgieriuigSrath» 5100, daS deü Richters nur 4200 d. i. ebensoviel wie da» AnsaiigSgehaltdeSRegierungsratbS. Der Richter ist, wenn der VerwaltuiigSbeamte diese 4200 .»i! erreicht, erst in der Gehalts stufe von 3600 .ck und erreicht erst mit einem Dienstalter vo» 13 Jahren daS Mindestgehalt der höhere» VerwaltungS- bcaniten. Nun werden allerdings die Juristen etwas früher angestellt als die VerwaltungSbeamten (zur Zeit Elftere nach dem fünften, Letztere nach sechs bis siebe» Jahren), dies wird aber dadurch mehr als ausgeglichen, daß dicRegierungö Assessoren vom ersten Tage an Diäten bekomme», während die Gerichts- Assessoren nur selten und aus kürzere Zeit Commissorien haben. Richtig ist auch, daß die Richter in der vierten Beamten- classe, als OberlandeSgerichtöräthe. Directoren :c., bis 6600 Maximalgehall kommen, während die NegierungSrathe nur bis 6000 steigen. Es erreichen aber nur l3 Prvcent aller Richter diese höhere Stellung, während bei der Verwaltung 29 Procent aller RegierungSräthe ein Gehalt von 6900 bi» 7800 .»tl erlangen. In dieser Bcnachtheiliguiig der Richter sieht vr. Andrae auch den Hauptgrund sür die neuerdings gemachte Erfahrung, daß die besseren, befähigteren Elemente der richterlichen Laufbahn den Rucken kehren. ES werde nur dann gelingen, die gut vorgebildeten Referendare und Richter im richterlichen Beruf festzuhalten, wen» man die Lage, >a welcher der Stand der höheren Justizbeamten sich befinde» beseitige, und dieselben in Rang und Gehalt den höheren VerwaltungSbeamten gleichstelle. Im Gebalt würde da» annähernd der Fall sein, wenn man daS Richtergehalt mit 3000 statt mil 2400 beginnen ließe, im Rang, wenn man den Richtern mil dem neunten oder zehnten Dienstjahre innerhalb zwei Drittel der Gesammtzahl den Rang der wirklichen Näthe vierter Classe verliehe. * Eine im preußischen „Militair-Wochcnblatt" veröffent lichte CabinetSordre vom 7. d. M. bestimmt, daß die berittenen Ossiciere der Fußtruppen bei jedem Dienste zu Pferde hohe Stieseln, wie solche sür die Dragoner vorgeschrieben sind, anzulegen haben. Auch sollen die un- bcrillcnen Ossiciere der Fußtruppen zu jedem Dienste, bei dem die Hosen von de» Mannschaften bestimmungsgemäß in den Stieseln getragen werden dürfen, hohe Stiesel ohne Sporen anzulcgen berechtigt sein. Tie neulich von unS erwähnte en von Säbeln sür die In» licirt. Anordnung, betreffend daS Tragen santcricosficiere, ist noch nicht public! * Zu dem Ausfall der belgischen Wahlen wird der „Bosstschc» Zeitung" auS Brüssel, l.3. Jnni, geschrieben: D:c gestrigen Kami»erwählen haben den Hoffnungen der Lwe- ralen »ur wenig entsvrochen. Dieselben haben zwar erreicht, daß ihre säinnillicheii Candidaten in Brüssel und in Nwclles zur Slick- wahl mit de» Klerikalen komme», aber der Verlust der Wahlkreise Ostende und Virlon wie die Behauviuiig aller bisherige» Wahlsitze durch die Klerikalen sichern der klerikalen Partei die Herrschaft in ollen vier slamlündische» und zwei wallonischen Provinzen (Luxem burg und Namur). Die Liberalen beherrschen nur Brabant, Lüitich und H nncgau. In alle» Bezirken, in denen ein ernsthasier Wahl kamps stattsand. war die Wahlbelheiligung eine ungewöhnlich starke; von beiden Parteien wurde niit Erbitterung gekämpft. Die kleri kalen Siege wurde, meist mit sebr geringen Mehrheiten er» sochien. I» Aulwerpen siegten die Klerikalen »nt 500 Stmimen Mehrheit, iväbrend bei der Wahl von 1881 dieselbe 1500 Sliminen betrug; in Rom,r siegten sie mit 115, in Ostende mit 22 Stim men. Heiß umstritten waren die Wahlkreise Philjppcville und Dirton. Im ersteren Kreise, wo der Minister des Auswärtige« Fürst Chimay zur Wahl stand, erichienen von 1394 Wählern 1330 an der Urne; »och während der Wahl kam es zu blutigen Schlägereien; mit 59 Stimmen siegten die Klerikalen. In Virton, wo vo» 679 Wählern 644 stimmten, unterlag der bisherige liberale Deputirte einer klerikale» Mcbrheit von nur 4 Stimmen. In Nivelles er hielte» die vier schutzzölliierischen klerikalen Tepiitirten zwffche» 1623 und t592 Stimmen, wäbrend die Liberalen es ans 1583 und 1560 Stiniinrn brachie». Ein liberaler Senator wurde wieder- ZI
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