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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188807030
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880703
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880703
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-03
- Monat1888-07
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.07.1888
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Vierte Geilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. ^ir 185. Dienstag den z. Juli 1888 > 82. Jahrgang. Neueste Nachrichten aus iöerlin. * Berlin. 2. Juli. (Fernsprechmeldung de« „Leipziger Tageblatt«»".) Gestern Nachmittag nahm Kaiser Wilheim Borlräg« entgegen, empfing de» an» Nom zurückgckehrten Fürste» Pleß und höhere Mililair»; Nach- mittag« arbeitete er allein. Später unlernahm er «ine Spazierfahrt mit der Kaiserin. Heute Vormittag arbeilete er ebeasall» allein. Tie „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" sagt über diePaßmahregeln in Elsaß-Lolkriiigen: E» giebt also auch innerhalb der nationallibrrale» Partei Leute» welche von der Vorstellung beherrscht werden, al< ob wir im Jahre l87l Elsaß-Lothringen dem deutschen Ncich ein verleibt hätte», um den internationalen Verkehr zu hebe», wie also den Verkehr de» Elsaß mit Frankreich. Wir hatten un» der Hoffnung hingrgeben, daß die Ereignisse der letzten Jahrzehnte «ine hinreichend deutliche Sprache reden, um u»S Lavor zu bewahren, daß die internationale Conjunctur dem loeale» Verkehr sich unterordne. Wir haben un» Elsaß- Lothringen nicht angeeignet, um ein HerzenöbeLLrfniß zu be friedigen, sondern aus Grund einer gegebenen Berechtigung. Nicht die Liebe zu den Bewohnern der Reichslande, nicht die Hebung de» Grenzverkehr» waren die bestimmenden Motive, sondern die strategische Erwägung, daß der rinspringenve Winkel bei Weißenburg gedeckt werbe, und daß durch oie Festungen Metz und Straßburg em starker Schutz gegen französische Invasion geschaffen werde. B>» 1870 war e» den Franzosen ein Leichte», über un» herzufallen. Indem wir Elsaß-Lothringen Deutschland einverleibten, wurden wir lediglich von dem Ge danken getragen, diesen Schlüssel von Weißenburg in unsere Hände zu bekommen und den Franzosen die kommende In vasion zu erschweren. Können wir daneben in unseren ver- welschtea Land»leuten da» Gefühl erwecken, daß sie Deutsche sind, die lange unter Fremdherrschaft gelebt haben, so soll un» die» lieb sein. So schnell wird die» aber nicht gehen und da» Liebe»werben der früheren Statthalterschaft hat un» darin nicht gefördert. ES ist dabei außer Acht gelassen worden, die früheren zu Frankreich hinneigenden Beziehungen ru lösen oder diese abzuschwächen und den Bewohnern zum Bewußtsein zu dringen, daß die Grenze nicht mehr am Rhein, sondern aus den vogelen ist. Der Verkehr de» Elsaß nach Deutschland wird sich in dem Maße beleben, in welchem der selbe mit Frankreich abbricht. Weitere Maßregeln werden folgen, wenn sich da» Elsaß von den Beziehungen z» Frank reich lo-lösen soll. In den 18 Jahren, welche die Elsaß- Lothringer dem Reiche angchören, sind sie un» nicht näher getreten. Sie haben nicht» gcthan, um unsere Liebe zu er werben und haben sich gegen unsere Bemühungen, die ihrige zu erhalten, kühl veihalten. Die Thatsacbe. dag in Straßburg einmal ein nationaler Abgeordneter, Petri, gewählt worden ist. kann die nationalliberale Partei jür eine andere Politik nicht bestimmen wollen. Zn allen anberrn Wahlkreisen hat sich Elsaß-Lothringen seither durch Gegner der nationalen Politik vertreten lasten. Da» deutsche Reich richtet seine verhaltungS-Maßregelu gegen Frankreich so ein, wie e» seinem Gesanimtmterksse entspricht: die Regierung hat Frankreich gegenüber keine andere Rücksicht zu nehmen, al» die auf die Sicherung de» Reiche». Man hat in Elsaß- Lothringen nicht» gethan, um unsere Zuneigung zu gewinnen, wohl aber, um un» abzustoßen. Diese» Verhalten hat aus die Dauer notbweud'ger Weise aus die Ziele der deutschen Regierung Einfluß. Da» Reich kann den Elsaß-Lothringern nicht» Besonderes zu Gute thun und seine Negierung hat sich daraus zu beschränken, die Maßregeln zu ergreife», welche gegen französische Einfälle gerichtet sind, ohne Rücksicht aus die Folgen. Darüber herrscht auch völlige» Einverständniß wischen Statthalter und ReichSkanrler. Wir werbe» u»S reuen, wenn die nat>o»alliberalc Partei diese eigenen Ver hältnisse nicht vom locale» Standpunkt der NnchSlande, sendern vom Stanbpuncl der deutsch-nationalen Politik betrachtete. Sie würde sich bann überzeugen können, daß wir mit ersterem Slantpuncte bei den französischen Nolabel» der Neichslaude nichts auörichten. Wenn die elsaß-lothringische Bevölkerung un» entgegen kommt, so kann sie sicher sein, bei unS offene Arme zu sinken; aber eben darum sind wir gezwungen, aus Elsaß-Lothringen keine andere Rücksicht zu nehme», als die, welche unS der Egoismus der Seldsterhaltuna diclirt. — Der UnterstaatSsecrctair Herrsurth ist zum Minister de» Innern ernannt. — Der Reichskanzler wirb sich morgen nach dem MarmorpalaiS begeben, um mit bei» Kaiser zu conseriren und alsvaun für mehrere Monate in Fricvrichsruh Ausenthalt nehmen. Nachtrag zum politischen Tagesbericht. * lieber die Aeußerungen des Fürsten BiSmarck nach Schluß der letzten Sitzung des Herrenhauses erfährt die „Börsen-Zeitung" auS parlamentarischen Kreise» (von Mit gliedern. die an der Unterhaltung mit dem Fürsten Theil genommen haben) Folgende»: Der Fürst sprach sich zunächst mit hoher Anerkennung, ja niit Begeisterung und Enthusiasmus über die Begabung und Diese der Auflassung de» Kaiser» in Betreff der ihm gewordenen Ausgabe und über den Esser, die Bereitwilligkeit und Hingebung und die Festig keit de< Willens, mit welcher der junge Kaiser sich der übernommenen Leitung der Negiernng-geichäste widme, aus und wußle nicht genug die Ruhe und das Verständaiß hervorzuheben, welche Kaiser Wilhelm in allen Puncte» der monnigjachen Vorkommnisse in der inneren wie äußere» Politik, wie auch in den vielsach- stcu Angelegenheiten der Verwaltung zu erkennen gebe und die einem ersahreue» Verwaltung beamten olle Ehre machen würde. Der Fürst bob sodann ganz beionder» hervor, daß Kaiser Wilhelm bei zcder Gelegenheit und zu wiederholten Malen seine Frieden- ieb« nach allen Seiten hin zu erkennen gegeben habe, daß der Kaiser ihm aus da» Entschiedenste und Eingehendste versichert habe, wie er die Ausrechterhaltung de» Frieden», so weit e» sich irgend mit der Ehre, Würde und den Interessen de» Reiche» und seiner Angehörigen vereinbaren lasse, al» da» wichtigste und schwer- wiegendste Bermächtaiß seine» Großvaters und Vater- übernommen habe und zur Durchführung zu bringen bestrebt sein werde. Die» erachte er alt seiue erhabenste Mission nach außen hin, wie er die Fortsetzung der soeiolpolitilchen Gesetzgebung, die AuSgteichnng der religiösen Differenzen und die Hebung der Productivität de- Lande» durch Förderung der Landwirlhschaft. de» Gewerbe», der Industrie und de» Handel» in gleichem Maße und nach gleicher und gerechter Ner- «heilung der Kräfte al« rin gleich werthvvlle« und erhabene» krr. mächtniß seiner beiden großen Vorfahre» erachte und dasselbe allzeit vor Auge» haben und znr Ausführung bringe» wolle. Ihm in diesem Bestrebe» wie t»<her seinem Großvater und seinem Baier i» gleicher Weise treu zur Seite zu stehen und unterstützen zu wolle», darum dab« iha Kaiser Wilhelm recht ausrichiig und innig gebeten und er (der Kanzler) habe thm dem (Kaiser) auch die feste Versicherung gestebe», daß er, so laug» thm die« Lebcu und Gesundheit gestatten, nteht vo» seiner Seite «eichen werde. Und diese» Berspreche» »ertz« er (der Kanzler) auch bi» zu seiuem letzten Athemzuge halten. Diese Zusicherung Hobe der Kanzler voller Begrlfterung und mit Dhrinea im Auge gegrdrn und sie sei auch von den Mitgliedern in derselbe» Weise ausgenommen und allseitig mit warmem Händedruck bekrästigi worden. Der Kanzler habe sodann hiuzugesügt. daß er die feste Ueb-rzeugung habe, daß unter den jetzt bestehenden Vrrdtitnisse» der Weltsried« nicht geftäri Verde, wenn »ichr i, andere» Staate» die Veranlassung hierzu ge- geben würde. Auf Befrage» habe der Kanzler geäußert, daß er ei« derartige Besüritnung für Rußland nicht hege und die feste lletzrueugung habe, daß die Differenzen, dir früher zwischen Berlin uud Betersburg schwebten, jetzt vollkommen beigrlegt seien. Aller- tztua» »kusche er wohl, daß er die gleich« Zuversicht I, Betreff de« westlichen Nachbar« auch h^r» könne; die« fei j, mSgltch. so lange a» de» jetzige, Machthabern tu Frankreich ^Nug«, de» verschiedene. dort bestehenden Parteien gegenüber die Hand oben zu behalten. Allein bei dem reuten Zündstoff, weichen Frankreich biete, und bei der leichten Erregbarkeit feiner Bevölkerung fei r» fchwer, eine Garantie zu über nehmen, daß diefcr Zustand auf die Dauer anhalten werbe. Der Dropsen, welcher ei» voll,» Geiäß überlaufen mache, Ichwebe in jenem Lanoe ständig i» der Luft und könne zu einem Zeitpunkt und von einer Stelle au« herabsallen, wo man die» an, allerwenigsten erwarte, und wa» dann geschehen werde, lasse sich schwerlich jetzt vorau«jagen. Vorläufig ober glaube er. daß auch hier so bald nicht and re Zu- iäiide eintretea werden. Aus weitere Befragungen erklärte der Kanzler, daß er allerdings einen längeren Sommrrurlaub nehmen werde, sobald die Lage der Gclchäste die» irgend zulasse. da die Eieignisse der letzten Monate ihn allerdings tu hohen Maße an- gegriffen hätten und nicht nur seine Aerzle, sondern auch sein Körper elbft jetzt gebieterisch Schonung verlange. * Der BuiideSralh wird nach sehr angestrengter Arbeit zu Ende dieser Woche in die Ferien gehen. Tie frühere Bestimmung, wonach da» Arbeiter-UnsallversicherungSgesetz erst im Heibst von dem Plenum beralhen und vorher i» brr von den Ausschüsse» sestgesirllten Form vcrössentiicht werden sollte, wird wohl ausrecht erhalten werden. Sellen hat übrigen» eine Vorlage bei der Au»schußberathung eine durchgreifendere Acnderung erfahren al» dieser Entwurf. Ein großer Theil der Äcsiimmungen. welche die Organi sation betressen, ist umgeäudert worden. Hierzu sollen wesentlich die AbändrrungSanträge beigetragen haben, Weiche von den Negierungen verschiedener, besonder» aber süddeutscher Staaten beantragt worden waren. Da die Plenarberathung noch au-steht und auch da» Genossenschaftsgesetz unter allen Umständen an den Reichstag gelangen soll, so erwartet den Duiidc-rath auch bei dem Wiederbeginn seiner Thätigkeit im Herbst eine sehr umfassende Arbeit. UebrigenS ist e» nach wie vor der Wunsch der Regierung, gleichzeitige Beratbunge» de» Reichstages und de» Landtages möglichst zu vermeiden. ES ist daher nicht unwahrscheinlich, daß der Reich-tag in diesem Jahre wenigstens etwa» früher, vielleicht nach Be endigung der Wahlen zum preußische» Landtag, berufen wird. Eine bestimmte Entscheidung ist selbstverständlich hierüber noch nicht getroffen. * Nack zweijähriger Untersuchungsarbeit hat der königl. englische UntrrrichtSauSschuß seine Sitzungen eingestellt »nd die Ergebnisse seiner Ermittelungen in einem säst 400 Seiten langen Berichte nievergelegl. Er ist von der Mehr zahl der Mitglieder, wie Lord Croß, Erzbischof Manning, dem Herzoge von Norfolk und dem Bischose von London unterzeichnet und hat in den Angen der Radikalen eine» etwa» reaktionären Anstrich, indem er auf sittlichen und religiöse» Unterricht dringt und die Unterstützung der freiwilligen, d. h. religiösen Schulen au» SiaalSmilteln empfiehlt. Infolge dessen haben sich einzelne Mitglieder, wie Lyulph Stanley, Lnbbock und einige Andere entschlossen, einen Minder- heilSberichl ausrusetzen, i» welchem sie jene Empsedlungen verurlheilen. ES ist übrigen» kaum denkbar, daß Lord Salisbury sich veranlaßt sehen sollte, die Empfehlungen au»zusühren; er würde sich dadurch sofort einen Theil der liberalen Unionisten abspenstig machen. — Da- fünfzig« zäbrige KrönungSjubtläum der Königin, welche» aus den 23. Juni siel, verlies ohne besondere Festlichkeiten. Die Königin blieb in Windsor und empfing dort den Besuch de» König- von Belgien. In London wurden im St. Iame»' Park und vom Tower 4l Salutschüsse ab- esenert. verschiedene Kirchen gestatteten sich Fcstgeläutr, die iichter der Oueen'S Beuch erschienen in ihren Scharlach- gewänvern, in Woolwich stellten alle NegierungSbebienstete die Arbeit ei», und nur in PortSmouth, wo der KrönnngSlag der Königin zu den IahreSseicrtagen gehört, kam eS zu einer wirklichen festlichen Begehung, soweit die» eben bei dem strömenden Regen möglich war. — Nach den dis jetzt im Auswärtigen Amte eiiigelaufene» Nachrichten ist der weiße Pascha, der vom Bahr-el-Ghesal auS mit einem großen Heere gegen Khartum zieht, wirklich Stanley. UebrigenS müssen bald auSsübrlichere Nachrichten antangen. Für die in Khartum testgehaltenen Engländer und Deutschen, Lnpton »nd Slati» Bey, Neufeld, den preußischen Unler- pssikier Klotz und den Diener teS BaronS Seckeirvorss schlüge daun bald die Stunde der Erlösung. * Tie Tbatsache. daß der Geheime Admiralilätsrath Dietrich. Vortragender Rath in der Avmiratltät. gleich i» der ersten Regierung-zeit von Kaiser Wilhelm zu längerem Bortrag über den Neubau von Schissen empsangen worden ist. bekundet nicht nur daS lebhafte und eingehende Interesse, welche- der Kaiser für die Entwickelung un serer Flotte hegt, sic eröfsuet zugleich unserer Industrie, namentlich dem deutschen Schiffsbau die erfreulichsten Aus sichten. Unser Kaiser hat sich als junger Prinz überaus sorgfältig über die LeistungSsähigkeit namentlich der deutsche» Schifsswerste erkundigt; seine wiederholte» Besuche auf dem „Dulcan" in Stettin und in den großartigen Anstalten von Schichau in Elbing, vo» Scbwarykopff in Berlin, von Gruson in Magdeburg endeten stet» mit der Versicherung seiner großen Freude, daß die deutsche Industrie so großartige Fort schritte macke, und daß er die Zeit für gekommen glaube, daß in Ziikiinst kein deutfcheS Schiss im AuSlanbe gebaut werde. Er hat seiner besondere» Freude warmen Ausdruck gegeben, als er zuerst Hörle, daß rin große» Unternehmen, daS bisher grundsätzlich seine Schiffe i»England baue,» ließ, dem „Vulcan" den Bau großer Schisse übertrug; er betonte dabei, daß diese Be stellung mehreren Tausend deutschen Arbeitern siir lange Zeit ein lohnendes Auskommen gewährleiste. Jetzt, wo der vo» deut schem Nationalgesübl beseelte Prinz Kaiser geworden, kalten wir e» sür ausgeschlossen, daß der Bau deutscher Schisse auch nur in einem Einzelsalle der durchaus leistungSsähigcn und dem AuSlande gegenüber durchaus ebenbürtigen deutschen Industrie entzogen werden kann. * Der amtliche „Staatsanzeiger für Württem berg" enthält über die Deutung, welche die Darstellung der RegentsckaftSfrage, wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" sie gegeben, gesunden bat, folgende Ausführungen: „Der greise «aller Wilhelm war (Frühjahr lö87) roch de> guter Gesundheit, man konnte sür ihn noch aus eine Reihe von Lebens jahren hoffe», aber bei dem hohe» Aller de» Kaiser» mußte man sich auch täglich aus jede Eventualität gefaßt machen. Nun wollte e» rin trübe« Gelchick, daß auch der Thronfolger einer furchtbaren Krankheit anheimfiel, di« nach dem Unheil der erste» deullchen Aerzte al» eine tebenbcdroheiide erkannt wurde. Mußic» in einer solchen schweren Lage Diejenige», denen die Leitung der deutschen Geschicke ouvertraut war, sich nicht aus jede EvenlualnLt voeberellen und Fürsorge «reffen, daß auch nicht einen Lag lang da» Steuer de» Reich» in» Schwanken geraihe? Diese Fürsorge hat der eng. tische Arzt durchkreuzt und Da» ist e«, wa» min ihm zum Vorwurf macht: seitdem er den lodtkranken Thronfolger sür einen Genesenden ausgab, ließ er die beabsichtigten Vorkehrungen süt eine mögliche Katastrophe überflüssig erscheinen." (Eingesandt.) Dem Einsender Diele» ist bei Ausgabe von Reisegepäck au dem Magdeburger Bahnhose wiederholt der Fall vo,gekommen, daß ihm von den Kofferträgern sür ihre Leistungen ein höherer Betrag atgeiordert wurde, al» nach der Daze zulässig ist. Wenn nun auch bei dem Einsender, al» hiesigem Einwohner, solch; lieber» sorderiingSversuche ohne Erfolg geblieben sind, so sche in c» mit Rücksicht daraus, daß der Abrelsende überhaupt, speci-ll aber der Fremde meist nicht Zeit hat. sich über die Dax' zu orientiren oder üdrr deren liebe,ichreilnng zu deschweren, dach münichenSwerth. daß Personen, dir ähnliche Erfahrungen gemach», solche mtiiheilen, um dir betr. Behörde zu rtnrr schärferen Control« der brtr. Veamirn z» »erinlaffra. Landesverrathsproceß gegen Vieh u. Gen. (1. rag.) * Leipzig, s. Juli. Wer gegen Ende dt« vorigen Jahre» der Meinung gewesen wäre, das» der Straßburger Bmeaubcamlc Cabannes der lrtzie war, der sich wegen Laudesverraths zu verant worten Halle, der hätte sichre geirrt, denn schon am 18. Januar wurde wieder ei» neuer Laiidrsvwräthcr verhaftet» der jey ge A»- grkiagte Dietz Bald daraus wurde auch dessen Frau und der dritte Angeklagte Appell verhallet. Wie man wohl rmt Recht vermuthen darf, geschah die- aus Angaben hm, welche der verurthcilte Labannes gemacht bat. Die Verhandlung b-gaun beute früh 9 Uhr lm kleinen Saale de» hiesigen Landgeiicht», welcher sehr beschränk!« Raumverhiltniffe hat. Den Vorsitz führt, wie i» allen bisher gen Processen, Herr Senattprüsident Dreiikman»; außerdem wüten zwölf Richter mit. Die Anklage wird vertreten durch Herr» Lberreichsanwalt Dessen- dorss und Reichsanwalt Galli, da« Proiokollzwird geführt durch Herrn Oberseccetaii RüSler. Geladen sind zwei imlitairische Sach- verständige und 17 Zeuge», unter denen sich auch Cabanne- befindet. Tie Personalien der Angeklagten sind folgende: Hisssschreiber MaxDietz au- Straßburg, geh. 10 Aug. 1832 iiiKulmbach; dessen Frau Karotin« Dietz gev. Siebeniiiorgen ist am 14. September 1838 bei München geboren: endlich der dritte Angeklagte, Färbereibesitzer Karl August Appell, ist am 20. April 1842 in Straßburg geboren. Alle drei find katholischer Religio», unbestraft und deutsche ReichS- angehörige. Au- dem Eröffiiiinqrbeschlusse, welcher vom t. Strafsenate de- ReichsgerichtS gefaßt ist. hebe» wir Folgende» hervor: Dietz ist be- schuldigi, in seiner Stellung al» Hilssschreiber bei der kcuierlichen Generoldireciio» der reich-ländischen Eisenbahnen eine Reihe von secretea Schriftstücken ». gestohlen und b der französischen Regierung verrathen zn haben, obwohl er sich sagen mußle, daß deren Ge- hciinbaltuug zum Wohle de» demsctien Reiches erforderlich war. Diese Schriftstücke sind theil» in« Original, theil» in Abschrift nach Pari» gelangt. In Frage kommen hauptsächlich Acteustücke und Nachrichten, betreffend die Friedeusvolbereiiungen für die mssitairssche Benutzung der Eisenbahnen in Eisaß-Lolhringc», insbesondere l) eine Nachweiiung der zur Zerstörung sich eignenden Bahnwerke, naniemüch Brücke» und Bahnkörper. 2) Eonserenzprotokolle, betreffend Militairsahrplüne, 3) ein Schriftstück, beir.ffend den Truppentransport nach der Grenze bei Mobilmachungen, 4) ein Schreiben a» die Eiscnbahndirection Köln, betreffend Maschinen- diepositionen. b) eine Verfügung aus 1883 oder 1884 über das B.- tricbSmaierial sür die Ring- und Straßenbahnen in Straßburg, 6) ein Schreiben an die Eisenbahnd rectio» Karlsruhe aus dem Jahre 1883, betreffend de» Bahnbetrieb, 7) e n Schreiben des Bahnbevoll- mächtigten an die Liniencoiiniiiisio» i» Karlsruhe vom 7. März 1884, betrcffmd Einzetdeilk» de« Mil tairsahiplanS. 8) ei» Schreiben nach Karlsruhe, delreffeud hie Benutznng der Bahnstrecke Straßburg- Schlkilstadt-Müihaincn, 9) ein Lchrijistück, betreffend den Bedarf an Zugführer» u»d Bremser», 10) ein anderes über das vorhandene Zugpersonal, II) ein Schreiben der Liiiirncvmmission Kassel nach Karlsruhe, betreffend den TrupventrauSport, 12) ein Schreiben nach Karlsruhe, betreffend den Bedarf an Bremsern, 13) zwei Pläne be- züglich der Sich tung vor dem Feinte. Die Mitangeklagte Frau Dietz ist angekiagt, ihrem Manne wisseiiilich Uiid durch die That Beihilfe geleistet zu haben, indem sie mit der französischen Regierung verhandelte und bei der Abfindung der Nachrichten half. Appell endlich ist beschuldigt, den Dietz bei der Abfindung unterstützt und die Auszahlung des Geldes an diesen vermittelt zu haben, scrncr an Cabannes fünf Schriftstücke über den Brieftaubenverkehr, die Musieruiig der Pserde sür den MobilmachungSsall »nd die Benutzung der Gendarmerie verrathen z» Haien. Auch er ist beschuldigt, die Auszahlung der Gelder a» Cabannes mit vermittelt zu haben. Der Angeklagte Dietz wird zunächst zur Befragung vorgerufen. Er bekennt sich aus die Frage des Präsidenten schuldig. Als Baler von 11 Kindern und mit einem MonaiSgehalt von 120 und Nebrneinnahmen von 30—40 hatte er das Vedürsniß, sein; Lage zu verbessern. In einem Blatte hatte er gelesen, daß daS Pariser Nachrichienbureau Mitarbeiter suche, denen gute Einnahmen in Aus« icht gestellt wurden. Da er selbst kein Französisch versteht, o schickte er seine Frau nach Paris, welche von dem be- änntc» Oberst Vincent oder einem seiner Helfershelfer eine sür ihn günstige Antwort erhielt. AuS den Personalien des Dietz sei hier noch nachgelrage», daß er der Sobn eines Arztc» ist und daß er sowohl eine Lateinschule als eine Gewerbeschule besucht hat. Später hat er 8 Jahre >m deuischen Heere gedient und sich dann sür sein väier- lichcs Eibe ron 4000 Gulden eine» Kramladen gelaust. Nachdem er hierbei sein Vermögen verloren, ist er Schaffner bei der Piälzcr Bah» und dann — 1869 — SiationSverwalter geworden. Infolge von Unterschlagungen und sonstigen Unregelmäßigkeiten wurde er 1872 aus dieser Stellung entlassen. Im Dcccmber 1872 wurde ec dann bei der reichsländischcn Eisenbahn in Straßburg Hilssschreiber, eine Stellung, die er bis zu seiner Verhaftung am 18 Januar d. I. inne gehabt hat. — Zunächst hat er ei» Schriftstück über die Grenz- Verstärkung nach Paris geschickt, dann noch zwei weitere Schrift stücke. Daraus hat ihm Labannes 1000 Frcs. gebracht, angeblich ohne ihm gesagt zu haben, daß das Geld für die GrenzverstäikungS- scbristslücke sei. Ties scheint >m Deccmbcr 1883 oder um Neujahr 1884 gewesen zu sein. Cabanne» soll ihm nur gesagt haben, bas Geld komme aus Paris; er soll sich dabei auch bereu erklärt haben, den Verkehr mit Paris selbst zu vermiiteln. Den Namen des Cabannes kannte Dietz damals noch nicht, obwohl er schon öfter mit ihm verhandelt halte. So oft Dietz Nachrichten sür Paris erwischt halte, benachrichtigte er C'.baiiiics durch ein Jnicrat im Straßburger „Sladtblall" ungefähr des Inhaltes: „Paul soll kommen." Den wirklichen Namen de» Cabannes hat Dietz ti» Frühjahr oder «oninier 1884 erfahren. Nach dieier Zeit w ll er etwa dreimal Sendungen a» Cabannes direct in» Haus gcichickk, brzw. selbst an ihn besorgt haben. Die Gesammtzahl der Sendungen, d c er überhaupt un Cabanne» habe gelangen lassen, giebt er aus acht an. Die Sendungen an Cabannes waren ver siegelt. jedoch ohne Adresse, die aut dem Couvert anzubringe» dem Labannes überlassen bleiben sollte. Mltgeiheüt hat er durch Cabannes der französischen Regierung Alles, dessen er habbast werden konnte. Cr machte sich Abschriften von de» amtlichen Schriftstücken der betressenden Bahnbevollmäckligten an die verschiedenen Linicn- coinmissionen, aber auch die Originale schickte er ab, wenigstens «in Confirenzprolokoll und »och ein anderes Schriftstück. Bon Labannes erhielt Dietz außer den schon erwähnten 1000 Fr. noch 2lX), daun 400 und zuletzt Ü00 Fr., also zusammen 2l00 Fr. Er qiiitlirte aus Berlaiigen bcS Cabannes unter dem Name» Dietrich, nur einmal will er mit Dietz qu tkirt hoben. Die ganze Vcr. biadung des Dietz mit Cabanne» soll bis Ansang 1885 oder Anfang 1886 gedauert haben. Ob er die Abschriften stets sojort oder erst später gemacht hat. weiß er nicht; mitunt r lieferte er auch nur Auszüge. Zu de» Toncrplen, die seinen Abschriften z» Grunde lagen, gelangte er euch vermittelst Nachschlüssels und zwar »»»dcstens noch bi» December 1885. Ec leugnet jedoch, sich lcs Nochschlüssels bedient zu haben. Mit Labannes hat er später gebrochen; er behaupiet, die» gethan zn habe», weil er sürchicte, daß dieser ihn v rralhen werde, da er ihn al» unmoralischen Menschen kennen gelernt habe. Em umfangreiche« brfi süche» Geständniß an de» als Sack verständigen vorgeladene» Hauviniann Budde von, 11. März d. I. hat Tietz später wieder zuruckgenommen und den Gebrauch der Nachschlüssel riugestanden, wo» er auch heule, nachdem die Schlüssel ihm vor- gelcgt wurden, zugab. Bei der de, ihm vorgenommenen Hau«suchung wurden sieben Schlüssel vorgesunden, welche zu den verschiedenen Bureau», resp. Schränken von Bahn- beamte» ihm Eingang verschafften. Bei», Empsang der Gelder war seine Frau zugeren; daß diese gewußt, was sür Schriftstücke er sorigeschickt, bestreitet oder bezweiselt er heute, obwohl er früher au-gesagt, daß eigentlich seine Fron do» H-sl in Händen gebabt und in Alle» eiugewkiyt gewesen sei. Dietz bereut seiue Hand- luiigsweise. Frau Dietz, welche nunmehr vernommen wird, bekennt sich nicht sebuldig. Alle», was sie gethan, habe sie immer nur in ehe- lieber Pflicht, in Treue und Gehorsam gegen ihren Mann gethan. Die Nolh je, so groß gewesen, baß sie g iwuugen war, aus da» Drängen ihre» Manne» in irgend einer W ise sich »mzulhun, um etwa» zu erwerbe». Aus Anrathen einer Frau habe sic den Bcriuch g-macht, in Paris eine Stellung zu erhalten und bei dieser Beleqen- heit die Visitenkarte ihre« Mann » im Nochrickitenburean abgegeben mit dem Anerbieten de» D etz zur L rseruiio von Nach iliten. Wie und in welcher Weise ihr Piann sür da» Burecu gearbeitet habe, will sie nicht gewußt hob n. Lharakirrist sch ist ihre Angabe, daß der alte Herr im Bureau (offenbar V nceut) zu ihr gemgt habe, er hoffe, dag er sich in ihr und ihrrm Manne nicht läuicben werde. Da» ihr Man» vo» Cabanne» Geld erhalten, hat sie gewußt, evenl» daß Cabanne» wenigsten» zwei- oder dreimal auf Grund der Annonce bei Dietz Schriftstücke in Empfang genommen hat. Eist im Herbst 1884 will sie den wahren Namen de» Tabanne» erfahren haben. Dreimal ha» sie selber couvertirte Schriftstücke an Labannes be fördert, von denen sie wußte, daß ihr Man» sie theil» im Bureau, theil» zu Hause angeiertigt hatte. Daß die Sachen für das sranzüslsche Krieg-ministerium bestimmt gewesen seien, will sie nicht gewußt habe», obwohl sie selber, wie ihr der Herr Präsident vor- hält, «'»mal im französischen Krieg«Mi,iisterium Vorgespräche» und dort eine Adrcffe erhalten hat, unter der ihr Maua wiederholt Sendungen nach Pari« geschickt hat. Der Name dieser Adresse war „Cordounier". Sie bemerkt hierzu, sie habe sich dabet gar nichts Böses gedacht, sondern immer nur den Gedanken gehabt, wie groß die Noch in ihrer Familie sei. Daß ihr Mann aus das Geheiß wenigsten» einmal sich al» „Dietrich" aus einer Qu ttung unter zeichnet hat. giebt sie nach einigem Zögern zu. Außer den 2100 JrcS. habe ihr Mann kein Geld erhalten; sie behauptet auch, er habe weitere 1000 Frc»., welche Cabanne» sür den Bcrralh von serneren wichtigen Schriftstücken angeboten. ausgeschlagea. In der Bor- Untersuchung hatte sie au-gesagt, sic habe gewußt, daß e» sich um ein verbotene» und gefährliche» Treiben bei dem ganzen Verkehr zwischen Dietz und Cabanne» handle: nur wollte sic damal- nichi gewußt haben, daß e» sich thatsächlich um Lande-verrath handle Daß sie dem Cabanne» freilich das Hau» eingelausen, um wieder und wieder Geld zu erhalten, bestreitet sie entschiede» unter Hin- wci» daraus, daß sic eine ehrbare Frau sei. Ebenso bestreitet sie, daß sie die eigentliche Seele de» landeSverrätherischea Treiben» ihre» Mannc» gewesen sei. Der Angeklagte Dietz, welcher nochmal« vorgernsen wird, er klärte, er könne sich nicht genau daran erinnern, ob und wie weit seine Frau an seinem LandeSverrath theilgenommen. Ebenso wie Frau Dietz bestreitet der dritte Angeklagte Appell seine Schuld. Er ist geborener Straßburger, hat aber nicht sür Frankreich rplirt, wa» seine Brüder gethan haben. Ec hat 1859 bi» 1660 in einer französischen Fremdenlegion gedient, auch im Kriege vo» 1870 im sranzösischen Heere gestanden. Später hat er das Geschäft seine» Vater- übernommen. Cabanne» hat im Zuchtbauie ouSgesogt, daß Appell mit ihm und Dietz in lande-verrätherischcin Verkehr gestanden habe. Appell bestreitet dies entschieden. Er sei einmal »ach Paris gereist und habe sich dem Cabanne» erboten, ein Packet auS Gefälligkeit mitzuuehmen, da er hörte, daß Jener Berichte sür Pariser Zeiiungen schreibe. Cabanne» habe ihm aber nickn» mit- grgeben. Angebörige von Appell leben in Pari»; er selbst war Mitglied einer Jagdgesellschaft, welche mit einer anderen in Frank reich einen regen sreundschasllichen Verkehr unterhielt. Au» diesen harmlosen Beziehungen soll sich nach seiner Behauptung sein häufiger Ausenthalt in Paris erkläre». Im Hause deS Cabannes will er nur einmal gewesen sein. Später hat er jedoch zugegeben, dab er zweimal dort gewesen sei. Auch muß er zugeben, daß er die Frau des Cabanne» nach dessen Verhaftung noch mit Geld unterstützt hat. Diese Gelder rühren ober nach Appell'» Behauptung nicht von der sranzösischen Regierung her, sondern von ihm selbst und seinem Freunde Wagner, welcher 200 ./l gegeben habe, während er selbst 340 beigesteuert haben will. DaS Geld will er nur au-Wohiihätigkeit aegeben haben. Diebeide» von Fran Labannes hicrsür ausgestellten Quittungen hatten nur aus Wunsch de» inzwischen verstorbenen Wagner den Namen der Geber nicht ciithalten. Frau Labannes dagegen hat auSgesagt, Appell habe ihr gejagt, sie m»ge nicht verzweifeln, Frankreich werde sie schon unterstützen und schadlos Hallen. Der Präsident hält dem Ange klagten vor, es sei doch kaum glaublich, daß Cabannes ihn, Appell, denuncirt haben würde, wenn er die Familie de» Cabannes aus reiner Großmuih unterstützt habe. In einem Briese an die Unter- suchnngsbehörde hat außerdem Appell angegeben, daß etwas Wahre» an den Behauptungen des Cabanne» über ihn sei, und sich Bc- deukzeit au-gcbele», um sich zu überlegen, ob er selber Ent hüllungen machen, bczw. was er sagen könne. Der Angeklagte will das AUrS nur im Fieder, welches ihn im Gesängniß befallen, gesagt haben. Der Präsident verliest inüeß mehrere Zettel, welche im Futter d » Rock.» deS Angeklagten vorgesunden sind, welche denselben keineswegs al» Io harmlos erscheinen lassen, wie er glauben machco will. Alles, wa» Cabanne» Belastendes über ihn au-gesagt, soll er »ich Appell'« Behauptung nur oorgebrackit haben, um di« eigene Schuld >» milderem Lichte erscheine» zu lassen. Der Präsident be- merkte ihm jedoch, daß Cabannes ein Au-bund von Verworfenheit sei» müßte, wenn er ohne den geringsten Anlaß Märchen erfinde» uud einen Anderen damit »ngiückiich machen würde. G gen 1 Uhr ließ der Herr Präsident eine halbstündige Pause eintreten. Während derselben fand man Zeit, sich die Angeklagten etwas näher anzufihen. Dies ist ei» Man» mit ernsten, aber wcnig ausdrucksvollen Grsichiszügen. Seine Frau, welche geistig bedeutend höher zu slchcn scheint als er, macht einen nicht gerade unsyiu- palhischki, Eindruck. Wenn sie spricht, ist sie sehr gewandt und be- stinin» in ihrer AuSdrucksweise; sie weiß stets, woraus cs ankommt, und ist bemüht, sich keine Blöße zu geben, wobei ihr ein gutes Gedäckitniß srhr zu stallen kommt. Appell, welcher durch hohe Stirn und Vollbart sich auszeichnet, macht ganz de» Eindruck eines wohl- habende» Kleinstädter«, der sich uach Belieben seinem Amüsement widmen kau». Nach Wiedereröffnung der Verhandlung begann die Zeugen- Vernehmung. Vorgeladen sind a) als Sachverständige Major von Hecringen und Hauplmann Budde, b) als Zeugen E seubayn- brtriebsdirector Büttner, Kanzleirath Laab», BetrirbSiecretaire Brocke, Octlepp, Ortlieb, Fessenmayer, Dienstmädchen Bischof, Straf- gefangener Cabanncs, Landrichter Munzinger, Secretariat-assistent Krr», Getan,cu>»-Lb:ia»sfihcr Löw, Frl. Denier, Bürgermeister Bancalis, Apotheker Kl,i», Gutsbesitzer Zorn von Bulach, Magdaleue Colliet. geschiedene Sahi», Staatsanwalt Stadler. Der zuerst eidlich vernommene Zeuge Büttner macht Mit- theilunge» über die dienstlichen Verhältnisse. Er bestäiigt, daß eS dein Angeklagten Dietz bis zum Spätherbst 1886 möglich war, mittelst Nachschlüssels in die Nrlcnschränkc einzudringen. Nanzleiiattj Laab». der zweite Zeuge, macht noch speciellere M»theilungcn über die Aufbewahrung und Behandlung des secreten Actenmaterial-. Der Angeklagte habe zwar m seinem, de» Zeugen. Bureau zu den geheimen Sache» gelangen küuiien, ober e» >«> wahrscheinlicher, daß er sie aus Büitner'S Bureau sich verschifft habe, da sie da fertig gemacht und sür längere Zeit sich befunden hätten. Zeuge Brocke arbeitete mit Dietz in einem Bureau er hat jedoch nicht wahrgeuommen, daß D ctz aus seinem Bureau etwas sortgenomme» hätte. Ec bestätigt, daß seit 1885 bezw. 1886 die wichtigeren Acten in einem seuerfisten Geldichranke verwahrt werden. Landrichter Munzinger hat die Schlösser der verschiedene» Schränke in den Diieciion-bureau» untersucht und gesunden, Laß es sehr leicht war, dieselben zu öffnen. Belriebssecretaic Ortlepp war gleichfalls mit Dietz in dem- selben Bureau, hat aber ebenfalls nicht wahrgenonimeii, daß Dietz aus seinem Bureau Acten eniwendet. Geseh-n hat er nur, daß Dietz sich an seinem, de» Zeuge». Pult beschäftigte. Der nächste Zeuge, Belriebssecretaic Ortlieb, hat gleichfalls gesehen, wie Dietz einmal an der offenen Schublade des Herrn Ortlepp sich zu schaffen machte. Die» ist schon im Jahre 1874 ge- wefin. Zeuge Hai damals keine Anzeige hiervon gemacht, um Dietz uicbt unglücklich zu machen. Der Angeklagte bemerkt dazu, er habe sich damal» nur eine Feder suchen wolle». Betriebssecrelalr Fessenmayer au» Metz, früher in Straßburg, bat den Dietz ebenfalls an einer offenen Schublade, der deS Herrn Ortlieb, getroffen, und zwar im Jahr« 1875 oder 1876. Die Lade war daiiials verschlossen, da Oitlieb verreist war, sie enthielt jedoch nur Schreibmaterialien. Zeuge Hot auS Schonung den Borsall nicht angezeigt; er bezeichnet den Angeklagten al» eine nicht gerade sehr vertrauen-würdige Person. Die Zeugin, Dienstmädchen Marie Bischof, stand 1881 bis Oster» 1883 in Diensten dr» LabannrS. Sie hat kurz vor dem Ver lasse i des Dienste» den Appell im Hause de» Cabanne» gesehen. Beide Männer haben sranzösisch mit einander gesprochen, wa» die Zeugin nicht verstanden hat. Die Zeugen Oiilepp. Ortlieb, Fessenmayer und Bischof werden entlassen. Der Präsibcnt schließt ui» '/,3 Uhr die Sitzung. Aladttheater. * Der soeben von der Direction unserer Leipziger Stadttbenter a>,»gegebene statistische Rückblick aus die Zeit vom I. Juli >387 d>» 30. Juni l888 giebt ei» genaue« Bild von der künstlerischen Thätigkeit, die an unseren Stavltheatrrn im KrriSiaus« eine- Jahre« herrschte. Die Spielzeit wurde zweimal durch Lau de» trauern unter»
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