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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188807094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880709
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880709
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-09
- Monat1888-07
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.07.1888
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4212 werden müsse, der bezüglich der Einhaltung der Vorschriften über die Höhe der HLuier sehr stricte Gruiidjötze befolge. Was die Dienstwohnungen betrifft, so bitte er wenigsten» gegen die Centralheiz,»>g iür dicielben zu stimme»; die Kosten der Kessel sind allein 22 (XX) ,/i und die Feuerung würde für die Inhaber der Wohnungen sehr »Heuer sein. Er beantrage: die Centralhcizunq für die Wohnungen abzulehnen. Der Butrag wird unterstützt. Herr Polizeidirector Bretschneider erwidert, die Mehrkosten der Kesselanlage iür die Dienstwohnungen betragen wohl keinesfalls 22000 .Xl Die Centralheizung sei projcctirr, um dieselbe zu haben, wenn die Raume spater zu Bureaus verwendet werden sollten. Für die Wohnung verschlöß er sich nicht den Nachtheilea der Leutral- heizang. Herr Rohbach bezeichnet die Centralheizung der Dienstwohnungen gerade sür zweckmäßig im Interesse der Feuersicherheit, und wegen der Ersparung a» Arbeit sur Bedienung von Oescn. Herr Pommer theilt ans der Vorlage mit. dah sür die Hei» zongsanlage der Küche und sür die der D>e»slwoh»uugen 22,000 veranschlagt sind. Herr Polizeidirector Bretschneider erwidert, daß davon auch die Küche des GesaugenenhauseS geheizt werden soll. Herr Vorsteher, Justizrath Or. Schill, sragt mit Rücksicht aus eine Bemerkung des Herrn Polizeidirectors — daß die drei» ormige Weitersührung der Treppe vom Rothe wegen der Koste», erhöhung nicht beschlossen worden sei und mit Bezug auf den be» treffenden Ausschuh.Antrag — den Herrn Referenten, ob die betr. Mehrkosten aus der zur Verwilligung empfohlenen Gesammtsumme bestritten werden sollen oder eine besondere Verwilligung zu ersolgeu haben würde. Herr Referent erwidert, dah Mehrkosten allerdings hier, wie in Folge einiger anderer AuSschuhauträge eutstehen würden und dah zunächst eine neue Vorlage erwartet wird. Herr Seysarth bestätigt ebensall», daß voraussichtlich bei mehreren Positionen noch Nachverwilligungcn sich nöthig machen dürsten. Herr Polizeidirector Bretschneider bittet durch die Abstimmung zum Ausdruck zu bringen, dah der AuSschuß-Antrag wegen der Betougewölbe sich nicht auf da» Gefangenhau- be» ziehen solle. Herr Vorsitzender erwidert, dah e» ihm Mangels bezüglicher Anträge und einer näheren ErILuteruug de» Herrn Referenten an einem Anhalt hierfür fehle, er habe aber die Ausführung de» Herrn Roßbach dahiu verstanden, daß Betau auch sür das Gesangenhau» ausgeschlossen sein soll. Herr Roßbach bejaht die». Der AuSschuhantrag aus Zustimmung zur Vorlage wird (vor- behältlich der Entschließung über die übrigen Anträge) gegen 2 Stimmen angenommen, die Anträge >12 ^3 werdeu einstimmig, Antrag 9 gegen eine Stimme; die übrigen Anträge unter L, ein stimmig angenommen. Au-schuhanlrag ö findet einstimmige Annahme, der Pommcr'sche Antrag aus Ausschluß der Centralheizung wird mit 29 gegen 13 Stimmen abgelehut; Antrag 6 einstimmig angenommen und hieraus die Ssfeutliche Sitzung geschlossen. ' ' Lachsen. ? Leipzig, 8. Juli. Se. köaigl. Hoheit der Groß- herzog von Oldenburg traf gestern Abend S Uhr 49 Minuten im Salonwagen mit der Magdeburger Bahn iu cognito reisend hier ein und stieg im Hotei Hausse ab. — Die Prinzessin Wilhelm von Baden traf gestern Abend 8 Uhr mit der Bayerischen Bahn von München hier ein (und stieg ebenfalls im Hotel Hausse ab. — Se. königl. Hoheit Prinz Friedrich August von Sachsen traf beute vormittag 10 Uhr 34 Minuten in Begleitung des HauptmannS Freiherrn von Wagner mit der Dresdner Bahn hier eia, um dem Wettrennen beizuwohnea. * Leipzig, 8. Juli. Die vom Rathe mit Genehmigung der Stadtverordneten seiner Zeit beschiossene ASphaltirung verschiedener Straßen ist jetzt überall in der Ausführung begriffen. Der ASphaltirung selbst gehen natürlicher Weise die Veränderungen oder Erneuerungen der Schleußcn bez. der Gas- und Wasserrohre rc. voraus, wa» eine immerhin geraume Zeit in Anspruch genommen hat. * Leipzig, 8. Juli. Die letzte Sitzung der Stadt verordneten vor Eintritt in die Ferien ist für den 18. Juli in Aussicht genommen. Unter den Vorlagen von besonderer Bedeutung sollen der Umbau der Gasanstalt! und der Erweiterungsbau der Gasanstalt II noch vor den Ferien erledigt werden, ebenso, wenn irgend möglich, die RathSvorlage, betreffend den Markthallenbau. Außerdem harren noch eine beträchtliche Anzahl anderer Vor lagen der Erledigung, so daß die Vertreter der Stadt vor zwei Sitzungen mit sehr umfangreicher Tagesordnung stehen. * Leipzig, 8. Juli. Nachdem eine Reihe der wichtigsten OrtS- und Kreisvereine beim Vorstand deS Börsen Vereins der deutschen Buchhändler die Genehmigung von Ver kaufs normen nachgesucht hat, ist derselbe nach Anhörung deS Vereins-AusschusieS darüber in Berathung getreten, bis zu welchem Höchstrabatt er in Anbetracht der BereioSanträge und der ihm bekannt gewordenen Entschließungen deutscher Regierungen, sowie angesichts der allgemeinen Lage de» deutschen Buchhandel», nach Inkrafttreten der neuen Satzungen, eS verantworten könne, eine Genehmigung deS bezüglichen PuncteS der Satzungen zu ertheilen. Sein einstimmiger Beschluß, dem ein ebenfalls einstimmiges Votum der be schließenden Mitglieder deS BereinS-AusschusscS zur Seite steht, ist dahin gegangen, Verkaufsnormen, welche sür Bücher einen höheren DiScont als 5 Procent und sür Zeitschriften überhaupt einen DiSccnt sestsetzen, die Genehmigung zu versagen. Unter Aufhebung der für die UebcrgangSzeit erlassenen Bekanntmachung vom 3. Mai bringt der Vorstand deS BörsenvercinS diesen Beschluß in seinem Organ, dem „Börsenblatt", mit dem Bemerken zur öffent lichen Kenntlich. daß jeder Rabatt demnach verboten und nur ei» DiScont von höchstens 5 Proc. bei Zahlungen sür Bücher gestaltet ist, während derselbe bei Zahlungen sür Zeitschriften nicht gewährt werbe» darf; diese Verkaufsnormen genehmigt der Vorstand aber allen OrtS- und KreiSvcreinen. * Leipzig. 8. Juli. Auf Grund deS VereinSgesetzeS ist die Abhaltung der für heule Sonntag angesetzt gewesenen öffentlichen Versammlung der Stein m etzgeh ilsen be hördlich untersagt worden. I Leipzig. 8. Juli. Der heute früh 6 Uhr 35 Minuten vcn hier nach Grimma aus der Dresdner Bahn abgctasicae Extrazug war mit 1100 Personen besetzt. — Heule Bor» mittag in der neunten Stunde wurde in der Abgangshalle des Bayerischen Bahnhofes der 57 Jahre alte UebergangS- wärter Köhler auS VolkmarSVors plötzlich vom Schlage gerührt und verschied derselbe nach kurzer Zeit. — Ein in der Brandvorwerkstraße wohnhafter Handarbeiter machte vergangene Nacht einen argen Scandal, er mißhandelte seine Frau und zerschlug WirlhschastSgegenstände. De» Ruhe- geboten eines berzugchoiten Schutzmannes leistete derselbe keine Folge, so daß er schließlich am Naschmarkl eingesteckt wurde. ---- Der Domherr zu Würze» und Rcchtsgelehrte vr. Michael ThomasiuS. Sohn deS 1684 verstorbenen be rühmten ReclorS der Thomasschule. Professor« vr. Jacob TboniasiuS, und Bruder des noch berühmteren 1723 in Halle verstorbene» Geheimen RathS und UiiiversitätS-Director» Christian ThomasiuS. hatte in seinem 1738 errichteten Testamente ein Stipendium von I VO Tbalern sür einen armen, in Leipzig geborenen „Ltuckiomis tkeologiav ^ugustLnav eon- Issmonis" gestiftet. Er starb am 28. Februar 1739; die Erben hatten aber keine Lust. VaS Capital zu missen und suchten, daS Stipendium heimlich zu unterdrücken; doch die Sacke kam heraus. In jetziger Zeit würden die Erben wahrscheinlich wegen Versuchs der Unterschlagung und des Betrugs l» Anklagestand versetzt und mit Gcsänginßstraje belegt worden sein; nicht so damals. Sie wurden einfach nur genöthigt, da« Stipendium deS Erblassers zu ver doppeln. Gleichzeitig tras sie die Demüthigung, daß das Stependium den Namen „Stras-Stipenvium" erhielt mrd biß in die neueste Zeit behalten hat. Noch jetzt wird dieses Doppelstipendium, mit Hinweglaffung seiner reckt»» geschichtliche» Bezeichnung, an zwei Studenten, mit jährlich 300 an jeden, aus drei Jahre verabreicht. —r. Oschatz. 7. Juli. Zwei Knaben auS dem be» nachdartrn Kleinforst fanden gestern aus dem Wege »ach der Stakt in den städtischen Anlagen unter einer daselbst ausgestellten Ruhebank eine von den bekannten Büchsen, weiche die Aufschrift Putzpomade tragen. Da der Inhalt den Knaben unbekannt, schlugen sie mit einem Steine daraus. Plötzlich expiodirte die Masse und mit verbrannte» Gesichtern und Haaren gingen sie davon, ärztliche Hilse suchend. Ei» Glück nur war eS, daß die Augen unversehrt geblieben sind. Welche Bubenhand diese» Büchschen dahingelegt» ist bi» jetzt »och nicht ermittelt worden. — Aus Erlau wird dem „Rochlitzer Wochenblatt" von einer unbarmherzigen Mutter berichtet. Dieselbe hat einen 6jährigen Knaben in der Ziebe. diesen aber soll sie mit einem starken Stocke fortgesetzt geschlagen haben, so daß der Knabe sein Leid dem Lehrer klagte, welcher ihn zlnterlucbte und ihn am ganze» Körper, hauptsächlich an den Beinen, mit braunen und blauen Schwielen bedeckt fand. Die ge richtliche Untersuchung ist eingeleitet worden. — Zwischen Prohlis und Leubnitz ist am 4. dsS. der 'utscher eines mit Ziegeln beladenen Wagens überfahren und getödtet worden. Derselbe hat da» Schleiszrug vom Becke auS anziehen wollen, hat dabei daS Uebergewicht bekommen und ist herabgestürzt. — Als ein Euriosum theilt die „Sächsische Post" mit. daß ans einer Linde deS Hausbesitzers August Kern in VerthelSdors in einer Staarmcste Eichhörnchen nisten, während oben aus dem Deckel derselben wilde Tauben ihr Nest gebaut haben und beiderseits ihre Jungen pflegen, ohne daß letztere von den Eichhörnchen gestört werden. — Die Edelweißpslanzen, welche vor einiger Zeit von privater Seite iu Annaberger Gegend verpflanzt wurden, gedeihen vortrefflich. Seifsen. Hier, wie in den übrigen Orten unsere» oberen Erzgebirge» besteht noch ein Brauch, der an weit hinter uns liegende Zeiten erinnert. Zu Festtagen werben vor geeigneten GastwirthsLaslen CarrousseiS oder die be kannten großen Kinderschaukeln ausgestellt. Die Benutzung derselben wird nicht mit Geld, sondern mit selbstgefcrligteiii Kinverspiclzeug bezahlt. Also noch ver reine Tausch Han de l. Die bezeichnet«, Gegenstände gelangen alSdann durch die betreffenden Besitzer der Schaukeln rc. in die Hände der Händler. — In frühester Morgenstunde sprang am Sonnabend vom Losckwitzer Landungsplatz« ein junger Herr mit anständiger Kleidung in die Elbe. Derselbe wurde bei seinem Vorhaben bemerkt und von nachsahreuden Schiffern lebend anS Laad gebracht. In seinem Besitze fand man weder Geld, noch sonst Papiere vor, die Uber seine Person etwas nach- ewiesen hätten. Auf Befragen, wer er sei. behauptete er, andgericbtsdirector au» Bautzen zu sein. Er habe a»f daS Dampfschiff gewartet, sei eingeschlasei, und so in da» Master gefallen. Bis zur Feststellung seiner Person bleibt er im Gewahrsam der Loschwitzer Behörde. * Dresden. 7. Juli. Der Ausschuß für daS Luther» Festspiel in Dresden macht heule bekannt, daß die er» zielte Brutto-Einnahme 55 000 »L betragen hat, während die Kosten sich aus 26 000 beliefe». ES hat demnach ein Reingewinn von 29 000 .Xk dem Dresdner allgemeinen Kirclien- bau-FondS zugesührt werden können. Die 21 Aufführungen waren von 40 000 Personen besucht. - . Dresden» 8. Juli. Io dem mit Fahnen, Maien, Guirlanden und Kränzen festlich geschmückten großen Tivoliiaale — die HauS- sronte de« Etablissements zierte ein umraukter, voo zwei Wenzeln eiiigelchioffencr Willkommensgrub mit deutschen und sächsiichen Fahnen — trat gestern Vormittag eine aus ollen Tbeilen Deutsch lands herbeigeeilie Schaar spiellustiger Männer zur Eröffnung deS dritten deutschen Scatcongresseszusammeo. Den Vorsitz führte das erste Comiiömitglied, Herr Arno Engelhaupt-Dresden, der, von 6 Herren umgeben, aus dem geschmackvoll decorirte» Podium Platz genommen hatte. Ja seiner Begrüßungsansprache dankte der Herr Vorsitzende zunächst Allen, die an dem Zustandekommen des Con- greffes mitgearbeitet haben. Wie in Alteuburg und in Leipzig sei man in Dresden zusammeogckommen, um Einheit im Scatipicl an» zostreben. ES berühre, wie jeder Spieler wisse, unangenehm, daß man in Deutschland nicht noch einheitlichen Regeln icate, obgleich specicll in Sachsen meist beim Spiel die Alternative gcstallct werde: „Altenburgiich oder nicht!" Nach diesem beisällig aufgenommeneu WillkommcnSgruß — vor Eröffnung der Sitzung mar schon mehr» sach flott geivielt worden — erstattete Herr Engelhaupt Bericht über den vorjährigen Leipziger Scaicongreß. wonach man in Ac- rathung der gebrockt vorliegenden ScatveibandSiatzungen eintrat. Dieselben fanden meist debatteloS einstimmige Annahme. Zweck des Verbandes ist, wie 8. 1 besagt, die Pflege, Verbreitung und Förde rung des ScatipieleS nach den Bestimmungen der Allgemeinen deutschen Ccatordnung, sowie die Beseitigung entbehrlicher Fremd» warte und der sraazösischea Karten im Scatspicl. Mit letzter Forde» rung mochten sich die Berliner Herren nicht recht einverstanden erklären, da mau in der ReichShauvistadt deutsche Karten nicht be lieb-, ja dieielben kaum kenne. Trotzdem fand dieser Paragraph schließlich fast einstimmige Annahme. Die folgenden Abjckmitie der Satzungen sind nieist interner Natur, indem sie voo der Mitglied schaft, den Beiträgen, dem Stimmrecht der einzelnen Vereine, der Generalversammlung rc. handeln. DaS Stimmrecht der Scatvereine richtet sich noch der Anzahl ihrer Mitglieder dergestalt, daß einem Vereine iür je 10 Mitglieder eine Stimme zusteht. Die ursprüng liche Fassung lautete sür je 20 Mitglieder. Bei Punct 2 der Tages» ordnung: „Aendcrungen der in Altenburg sestgestellten Scatordnung entspann sich ein längerer Meinungsaustausch, indem eure längere Abhandlung eingegangen war, das Reizen nach Werth mu Rücksicht aus die Bestimmungen der Allgemeinen deutschen Skalordnuug be» treffend. Man beschloß daS Reizen nach Werth bei der Statuten- revision zu berücksichtigen. Die nächsten Punkte der Tagesordnung betrafen Wahlen. Zum Generalsecretair ward Popve-Altenburg einstimmig gewählt. nachdem Eugelhaupt-Dresdcu abgelednt hatte, nnd zu ständigen Vorstandsmitgliedern Reg.-Raih Kühn Altenburg und Amtsrichter Buhl-Leivzig. Die Wahl der Preisrichter sür das Preis-Problem-Tournier siet auf die Herren Kühu-Allenburg, Inge nieur Heinsius-Tbemnitz und Iacobsoho-Berliu. Schließlich wurden zwei Briese aus Nidda und Schotten zur Kenntniß gebracht, des Inhalts, den nächsten Skaicongreß in eine süddeutsche Stad» zu oer» legen. Man war jedoch nicht geneigt, diesem Wunsche zu entiprechen und wählte Magdeburg, woraus die Sitzung um 1 Uhr mit einem freudigen Hoch aus den Vorstand geschloffen ward. — Nach mittags um 4 Uhr nahm das große P reisskattournier seinen Biisaiig. Man kann es immerhin als ein seltenes Schauspiel be- zrichen, ein paar Hundert gereifte Männer lediglich zu dem Zwecke versammelt zu sehen, Seal zu spielen. Alles Philosphiren änderte an der Thallache nicht-, daß um diese Zeit bereits an 60 Tischen 240 Männer saßen, die sich gegenseitig vielleicht ihr Leben lang nicht gesehen und nunmehr mit allen Mittel» der Scat-List und Erfahrung und mit einem schier unglaublichen Eifer bekamvften. Unsere Allen hätten eS sich wohl schwerlich träumen lassen, daß das Wort „Turnier", die Bezeichnung der ritterlichsten Kämpfe, jemals mit dem „Scate", dem gemüthlicheu Spiele, in Verbindung treten würde. Indessen was wäre unserer Zeit nicht Alles möglich! Nicht nach freier Wahl suchte der kampflustige Scatbruder sich leine Gegner, sondern beim Eingänge in die Arena that er einen Griff in eine Urne — zu welcher eia Lkampagnerkühler geweiht worden — und zog sich die Nummer de» TijcheS und deS Platze» an demselben, aus welchem er seine Scatkuust «rvroben sollte. So fanden sich an jedem Tische bald vier Kampflustige zusammen, und ohne viel Federlesen, ohne Degensenken und Vorgeplänkel ginqs los. Selten brauchte man lange nach dem „Vierten" aoszu chauen. Nur ein Lüch sah 3 suchswilde Scaler, zu denen sich der vierte nicht ge sellen wollte. Der Halle sich an der falschen Tischaummer nieder- gelassen und der Jrrthum klärte sich erst aus, als hier der richtige Mann aus seine» Schein pochte. Im Anfänge ging'- recht ruhig her. Der Seatlpieler wird bekanntlich erst nach einer Weile warm, und auch nur, wenn er im Pech sitzt, sonst bleib» er kalt und be- Mitleid« de» Mitspielenden, der sich ärgert, wenn er keine» Aeazel zu sehen bekommt. Und Jeder sah hier 80 Spiele vor sich, die vrogramnimäßig zu spielen waren. Was konnte er nicht von diesen 80 Spielen Alles gewinnen! Allgemach aber gingen die Wogen der Leidenschaft höher. ES zeigte sich die- zunächst darin, daß hier und da vom Leder gezogen und in Hemdäruirln gespielt wnrde, wobei übrigen« nur wenig Wvllapostel sich betheiligtea. Aber auch da? Spiel selbst gewann an Temperament. Wenn anfänglich die Karlen langsam und sanft ousgespielt wurde», so Körle man bald daS charakteristische Klatschen der Trümpfe öfter und endlich klang der ganze Saal wieder von diele»» Klatschen und den kräftigen Fäusten, die mit dem Eichwenzel den arme» rothen Schelm stachen. A» jedem Tijche wurde ein Protokoll geführt, welche» alle Geschieh- Nisse zn , »walten hat. nach welchen die PreiS'ragcn zu entscheiden sin». Die Führung dieses Protokolls war Manchem ein saure- Stück Arbeit. An, NachmiltagStournier beiheiligten sich nur wenig Einheimiiche, desto stärker war die Provinz vertrete», zumeist recht behäbige Scalsvicler, denen offenbar der Scatkrieg geistige Schmerzen verursachte Manche „Conisere" des EcaleS mochte unter d:ejen Tbeilaehiiieeu sich befinden — achtlos ging man an ihr vorüber und Fortuna gönnt ihr vielleicht nicht einmal einen Preis! Tie Ver- Ibeilung der Preise wird übrigen» beim heutigen Festdiner im könig- liehen Belvedere bekannt gemacht werden. Die Herren Preisrichter sind auch hier um ihre Ausgabe n cht zu beneiden! (Dresdn.Nachr.) Anthropologischer Verein. In der Sitzung, welche am 29. Juni unter Vorsitz des Herrn Pros. vr. His bei Bonorand abgehaiten wurde, lag e,n Schreiben aus St. Petersburg vor, in welchem die Gründung einer Ruisischen Aiichrovolozischen Gesellschaft, die mit d:r dortigen Universität in Verbindung steht, angezeigt wurde. Von neuer Literatur war ein- aeaangen: vilünßt, Libüo^rapkze ok td« 8iouiin Oauxunos; killinx: Viblivxrapbzt e>k rlio L,Iiim-, Oiroxoaxe: Holmes: Tke vso ok 6olä in»! «Uber Lletnis amouq lks auaieot iod-iditnuls ok Obiriqui, islkmns nk vnrieo; Itvnsknv: kertornreü 8v»oe» krow Cali fornia; Plioina«: IVork in ilounck Orp'.aration ok tlie Kuren» ok LtknoloLis (IVashiuztoo, 1887); Lulietii vk tds California Lca- eiemze ot 8cieriaes. Vol. 2 >o. 8, kiovemder 1887 ; Lourüs: Compilation ok uotes auü memoranüa Hearing upou tlro uss ok Ilninau Orelure aoü Human Urins io rite» ok a religsious or »emi- reli^ious ciiaracter (IVasiiillAlon, 1838). Hieraus hielt Herr vr. E. Beckenstedt einen Bortrag über: Blau, eine Grundfarbe der alten Well» al» Blütheu» sarbe in der Epik der Griechen und in der mittelalter lichen Lyrik der Germanen und Romanen. Schon vor mehreren Jahren hatte der Herr Vortragende im hiesigen Aolhro- pelagischen Verein ausgesprochen, daß, wenn eine Entwickelung in dem Vermögen, die Farben zu sehen und zu unterscheiden, statt- gesunren habe, dieselbe in eine Zeit solle, auS welcher Beweise sür eine solche Ansicht nicht zu erbringen seien. AuS der Vergleichung der Grundfarben der allen Philosophen und Maler mit denjenigen der Philosophen und Maler unserer Zeit ließ sich beweise», daß den Griechen niemals die Kenntniß deS Blau abgcsprochen werden könne. Jetzt aber wurden die Belege dafür erbracht, daß taS Blau auch in der allen Welt als eine Grundfarbe gegolten habe. Zu diesem sur Forschungen der berührten Art so überaus wich tige» Ergebnis war der Vortragende durch Studien der alten Blumenwelt gelangt, verglichen mit deii Lieblingsblumea unserer Zeit. Wenn unsere Kunstgärtner aus Gründen des Geschmacks und der Züchtung mit den drei Grundfarben blau, roth und weiß arbeiten, so ist es doch unmöglich, daraus den Schluß zu ziehen, die Gärtner vermöchten gelb, grün und die anderen Farben nicht zu unterscheiden. Wie jqon PliniuS Blau als Biütenfarbe unter die Haupt- und Grundsarben der alten Welt gezählt habe, so priesen auch die Dichter der Slavcn, Germane» u»d Romaaea des frühe» Mittelalters Blau als Blütbensarbe. D«r Redner erwies (nach Theophrast, den griechischen Blomen- liedern, dem Hymnus aus die Demeter, den Kyvrien sowie endlich den Homerischen Dichinngen) überall ein starke» Beachten des Blau, Violett und Purpur, das Roth also mit dem Vlau» und Bwlett- schimmer, als Bluthcnsarbe, und trat den Ansichten verschiedener Gelehrten, besonders Victor HehnS entgegen. Ferner ging er aus die Grünsrage «in, da die Augeudarwinisten die Kenulniß auch dieser Farbe der älteren Zeit abivrcchen. Aber es ist auch hier sestzustcllen, daß nicht der Mnngel oder d e besonders scharfe Ausbildung de» Sehvermögens die Verwendung einer Farbenbezeichnung bestimme, sondern der jeweilige Geschmack de- Dichter» und eines Volkes, also nicht die Physiologie, sondern die Aesthetik. (SveciellereS hierüber wird enthalten lein in dem in einigen Tagen erscheinenden Buch deS Vortragenden: Geschichte der griechnchen Farbenlehre, das Farben- unterscheidungsvermögen, die Farbenbezeichnungen der griechischen Epiker von Homer bis Quinius SmyraäuS. Paderborn 1888, Ferdinand Schöningh). , Den zweiten Vortrag des Abends hielt ebenfalls Herr vr. Becken- stedt über die Rundmarken, ovalen und LäagSrillen au den romanischen und gothischen Kirchen, die ovalen und Rundmarken in den TeuselSsteinen bei Zerbst und Triebel. Die Marken in Steindenkmalen der vorgeschichtlichen Zeit und in erratischen Blöcken wurden schon früh beachtet, aber erst in neuerer Zeit näher erforscht. DaS Vorkommen von Macken an romanischen und gothischen Kirchen hat der Vortragende zuerst 1872 beobachtet und die Veelincr Anthropologen daraus ousmerksam gemacht. Die Marken in Dolmen, erratischen Blöcke» und Fels wänden finden sich in Deutschland, der Schweiz, England, Schott land, Frankreich, Spanien und Indien. Die Marken an Kirchen sind vom Redner an über 30 Steinkirchen und an Backsieinkirchen beobachtet worden, von, Archivrath v. Bülow später an 75 Kirchen, zumeist Backsteinbauten. Desor giebt in seiner 1878 erschienenen Schrift die Formen der Marken als kleinere nnd größere Schalen!, Vertiefungen in Halb kugelgestalt, geschlossene und offene Kreffe rc. vr. Beckenstcdt ver mehrte die bisher bekannien Formen durch Abbildungen neuer vom Teufelsstein bei Zerbst, welcher Einschärsungen und ovale Marken zeigt, die durch eine Art Rinne verbunden sind; ferner Zeichnungen des Teuselssteines bei Triebel io der Oberlausitz. Dieien Stein be- zeichnete er sür die Forschung als von der höchsten Wichtigkeit. Bei einem Umfange von etwa 10 w zeigt derselbe an der Ostseite eine Art Stufenaufgang, aus der Ost- und Südseite je eine Art von Halbkreis mit -5 eingebohrtea runden Marken. Aus der Nordwest seile befinden sich 7 Marken io einem offenen Kreise in den Granit eingearbeitet. Die Rundmarken haben einen Durchmesser von 3 Zoll, sie sind elwa 4 Zoll tief eingebohrt. Zn beochicu ist die Art der Einl ohruog, die mit dem Centrumsdohrerlvollzogen sein worden muffe, da in den meisten Rundmarken noch Reste der abgebrochenen Zapjca stehen. Darauf erklärte der Redner Marken an Südseiten der Kirchen nach Zeichnungen, die er hatte onsertigen laßen. Nach der Ver schiedenheit ihrer Form lassen sich dieselben in folgende Claffea bringen: Längsmarken, also schars eingerissene Rillen, wie an den Sandstcinportaien des SüdeingangS der Kirchen zu Zerbst, Salze bei Schönebeck. Schweins»« rc, Rundmarken in Königsberg in der Neumark, Krijchow, Magdeburg, ovale in Schweins»«, CotlbuS rc., Längscille», ovale und Rundmarken in CoitbuS, Werben» Rund- marken i» Püschen, Cottbus und Sorau. Ein- Vergleichung der Marken an den Steinen und derjenigen an den Kirchen ergiebt, daß sie bei durchweg entsprechenden Formen auch wohl entsprechenden Zwecken gedient haben werden. Hieraus wurden Marken besprochen, welche wie am Roland in Quedlinburg und an Saudsteinmaucra in Halberstadt und Römhild sich nicht an heiligen Orten befinden, und wahrjcheinlich auS frühester Zeit stammen. In Quedlinburg und Halberstadt finde sich auch die beste Gelegenheit, solche Marken genauer kenne» zu lernen, dle noch jetzt den Spitzen und Wetzen der Schieserstifle entstammen, die aber in Form und Reihen völlig anders geartet sind, al« die regellos ein- gegrabenen und gebohrten Rundmarken und Rillen. Und wenn auch durch Wasserwirkung nianche Marke geschaffen ist, so darf man doch nicht den Schluß daraus ziehen, daß alle Marken aus Dolmen und Riesensteinen der Natur ihr Dasein verdankten. Der Vortragende führte daun au», daß die Ansicht de« Fran zosen Caumont, jene Steine mit den künstlichen Marken seien Opfer- steine gewesen, unhaltbar ist, obgleich die LolkSnamen mancher Steine an CultuS und abergläubische Verehrung erinnern. Von diesen Steinen ivrechen nicht nur die altmodischen Saga, sondern bereit- die Eüicte der merowingische» Könige wenden sich gegen die Stein- veredriing, sowie auch dir Concile von Arle«, Toledo und Nantes. Neben einer großen Zahl ethnologischer Daten über Steinverehrnng worden mehrere Einzelheiten an» de- Vortragenden Werk: Wendische Sagen, Märchen und abergläubisch« Gebräuche, angeführt. Vielfach waren bisher die Versuche, den Ursprung und Zweck der verschiedenen Marken an den Kirchen zu erklären. Der Herr Redner meint, ihm mache eS den Eindruck, daß die ovalen Marken nnd LängSrillen in der Weise abergläubischen Zwecken gedient, daß darin gewetzt«« Waffen rin döherer Grad tödtlicher Schneide gegeben sei. So gieße man Freikugeln, oder jage gewöhnliche Kugeln durch eine Hostie; der Araber wetzt seinen Jatakan an den Mauer» der Mo- icheen. Auch habe man Krankheiten in die Rundmarken hineiage- blase». Die Kreise seien möglicherweise Verzierungen, Borzeich- nuagrn nicht ausgesührier Rundmarken. Der Borirageade schloß, daß auf dem bisher betretenen Wege die Frage nach dem Ursprung der Marken nicht als gelöst zu be tracht«, ist. Bei Untersuchungen der Marken in Etemblöcken und den Südwänden der Kirchen, sei vor allem nöthig, Naturspiele von kunstgemäßen Schürsuogen und Bohrungen zn unterscheiden. Samm lungen von Marken seien stet» nur an Ort und Stell« anzulegrn, da- Alter der Kirche nnd de» Heiligen mit seinem Sagen- and Lrgkndrnkreise sestzustellen, auch welche, heidnischen Gott derselbe etwa vertrete. Nicht minder sind aber auch die allgemeinen aber- gläubischen Vorstellungen aller Zeiten und aller Völker zu durch- svrlchea, wo sie mit dem Stein Verknüpfung gesunden; die Geschich:« des Steine- und der Marken, die ihm eiagesügt seien, wäre aber noch zu sch,« den. Line lebhafte DiScussion schloß sich an die SuSsührnog de- RednerS, weichen Herr Pros. HiS den Dank der Gesellschaft au», sprach. Der erste Llephant in Leipzig 1650. 8 Es sind jetzt 238 Jahre her, daß in Leipzig ein Elephant zum ersten Mal, wie man za sogen pfleg», der „Löwe deS Tage«" war. Unser Tageblatt existirte damal» noch nicht. Als aber vor jetzt 50 Iabren wieder einmal eia solche» Rüffelthier hier gezeigt wurde, nicht im Freien, sondern in einer Bube, wo sich seinen Künsten nur ein beschränkter Spielraam darbot, da brachte uuier „Leipziger Tageblatt und Anzeiger" einen historischen, beziehenilichen chronikalischen Artikel über jenen ersten Elephantea von 1650. Der betrrffende, augenblicklich wegen der „sieben Thierwunder" recht zeitgemäße Arlikel befindet sich an der Spitze voo Nr. 280 des „L e ipz i g e r T a g e b la t t es und Anzeiger»" vom t 7. Letober 1838, und zwar mit obiger Ueberschrift. Wir ersodren daraus, daß der erste in Leipzig «ad Sachsen überhaupt gezeigte Elephant im genannten Jahre auf der Grimm«, scheu Straße „in einem Hose des Falkner'ichkn Hause«" sich pro- ducirte. Wie wir noch heutzutage illustrirte Zettel and Beschreibungen bei vergleichen Ausstellungen erhalten, so war eS schon vor dritthalb Jahrhunderten der Fall, nur mit dem Unterschiede, daß die Ab- bildunqcn sogar in Kupferstich auSgesührl waren. Der Verfasser des Aussatzes im „Tageblatt" war im Besitze eine» solchen Zettels. Stach seiner Beschreibung füllte der Stich einen ganzen Bogen. Um eia Mittelfeld herum grnppirtea sich sechs- zehn Seilenselder. Aus dem Mittelseld« Iah man den Elephante» von seinem Führer, dem „Coraak" (uralte« Sanskrit - Won), begleitet, sich imposant vorstellea. Die Seiteubilder zeigten die mannigfachen Kunststücke, die der gelehrige Rüsseliräger auszusühren verstand. Der Elephant von 1650 konnte z. B. bet Beginn der Vor stellung dem Publicum sein Compliment machen, sich sür da» em- psaagene Geld durch eine bezeichne»!»« Bewegung bedanken, sich platt aus die Erde niederleqen, Kegel schieben» Eimer tragen, sich selber m>t einem Besen obkehrea, nach einer Trompete tanze», aber auch mit Rapiereu sechiea. Mit dem Geld«, sogar dem Klein- gelve wußte er geschickt umzngehen. Er konnte einen Dreier ebenso gut, al- einen Thaler von der Erde authebeu und sogar recht „findig" dem Führer Geld aus der Tasche holen. Die Jugend aber hatte gewiß ihre größte Freude daran. wenn sie sehen tonnte, wie HanS — so hieß da» äußerst gescheidte Thier — seinem Führer gemülhlich einen Bordersuß reichte, wie der Hund di« Pfote giebt, wie HanS de» Führer sich aus den Rüffel letzte und so sorttrog, ei» Experiment, daß er daun mit einer Anzahl Knaben wiederholte, indem er sie der Reihe nach mit dem Rüssel saßt« und sich aus den Hals hob, daun sie aus sich reiten ließ. Da» Größte aber war, daß, wie Vogel'S „Annalen" hiuzusetzen, HanS sich auch al» Püiolenichütze zeigte und mit dielen, Knalleffect seiner Leistungen höchst effecwoll abschloß. Da» Alter diese» Elephantea giebt Vogel nach Hörensagen aus zwanzig bis dreißig Jahre an. Woher der Elephant kam, wird nicht ougesührt; nur soviel erfährt man, daß der Besitzer ein Holländer gewesen sein müsse, da der Zettel holländischen und französischen Text auszeigr. ES vergingen — scheint eS — hundert und dreißig Jahre, ehe wieder eia Elephant nach Leipzig kam, lesen wir in jenem Artikel unsere- Blatte». Berjasser vecmuthet, wohl nicht mit Unrecht, daß der in WeiSze'S „Kindersreund" 1780 beschriebene dann wohl der erste war, den man wieder in unserer Stadt sah. Vermischtes. — Das Reichsgericht hat entschieden, daß als Der- lobte im Sinne des Strafgesetzbuches und auch der Stras- proceßordnung scheu solche Personen zu betrachten seien, d:e sich einander ein ernstliches, wenn auch sormlofeS Ehe- versprecheu gegeben habe», selbst wenn daS bürgerliche Recht strengere Formen (z. B- einen gerichtlichen oder notariellen Acl) vorschreibt. Diese Entscheidung ist bei vielen Aalragt- vergehen und ebenso bei der Frage der Zeugnißverweigerung nicht unwichtig. D Gera. 6. Juli. Heute hat die 3. Abtheilung der Berliner Kriegsakademie vom Großen General stabe unsere Stadt verlassen und sich nach Greiz begeben, um daselbst weitere Terrainauszeichnungen vorzunehmcn, um dann nach Schlei; und Neustadl an der Orla zu gehen. So viel verschiedene Nnisoruieu sind hierorts seit längerer Zeit nicht gesehen worden als jetzt, denn eS nahmen über 50 Osfi- ciere auS fast allen Truppengattungen an der UebungSreise theil. — Der Umstand, daß die Zahl der Mitglieder der Corporation der Kaufmannschaft schon seit längerer Zeit im Rückgänge begriffen war. während doch die Handels kammer in ihrer Eigenschaft berufen ist, die Repräsentation der aesammten Kausmannschast zu sein, bestimmte die Kammer im Vorjahre mittelst Circulars eine größere Anzahl Kausleute, die noch nicht Mitglied waren, zum Beitritt zur Corporation auszusordern und aus die Wichtigkeitder Vertretung kausm ännischer Interessen durch die Kammer hinzuweisen. Diese Maßnahme batte nach dem letzten HandelSkammerberichte den ersreulicken Erfolg, daß 105 neue Mitglieder gewonnen wurden. De, mehrjährige hochverdiente Präsident, Commerzienrath Meyer, hat sich durch ein Vermächtniß von 10 000 -E sür die Stiftung deS HandclSstandeS ein ehrende- Andenken gesichert. A» seine Stelle wurde der Commerzienrath H. Luboldt gewählt. — Für unsere liebe Jugend soll nach dem Berichte über die letzte SladtrathSsitzung ganz in unmittelbarer Nähe der Stadt im Winter, wenn derselbe die nöthige Kälte bringt, eine Eisbahn geschaffen werden. Aus Ansuchen hat di« königlich preußische Eisenbahn - Bauinspection in entgegen kommendster Weise genehmigt, daß die Ausschachtung an der Heinricksbrücke der Stadtgrmeinde zu dem Zwecke pachtweise überlasten werde, eine öffentliche Schlittschuhbaha, in»- besvndere auch für arme Kinder, dort zu gewinne«. — AlexanderSbad im Fichtelgebirge, 4. Juli. Unser von der Nalur so reich bedachter Curort bietet einen sehr angenehmen Aufenthalt. Dir schönen Parkanlagen, di« von sauber gehaltenen Wegen durchzogenen, daS Bad dicht um schließenden Waldungen, prangen im üppigsten Grün und die hohe, ozonreiche und völlig staubfreie Lust wirkt erquickend auf Geist und Körper. Diese großen natürlichen Vorzüge, verbunden mit den hier gebotenen zahlreichen anderen Cur- mitteln, gewähren allen Denjenigen, welche Heilung ihrer Leiden suchen, Aussicht aus Erfolg. Die altberühmte Wasser- Heilanstalt erfreut sich wie jede« Jahr auch jetzt de» regsten Zuspruchs. Der gleichmäßig wachsende Besuch de» Stahl- bade» läßt erkennen, daß die Eisenquelle, welche an Güte derjenigen von Steden glrichkommt, eine immer größere Wür. digung findet. —- Einer der auf dem Dampfer „Canton" au» Tonkin zurückbcförderten französischen Soldaten beschwerte sich bei seiner Ankunst in Marseille darüber, daß er wegen Un gehorsams an Bord einen ganzen Tag lang mit der „Crapaudine" bestraft worden sei. Diese Strasart besteht darin, daß der Uebelthäter mit fest zusammengeschnürten Gliedmaßen der glühenden Sonnenhitze aus dem Verdeck auS- gesctzt bleibt. Vergeblich legten die bürgerlichen Reisenden gegen diese Folter Verwahrung ein. Um die Qual noch zu steigern, mußte ein Soldat dem Bestraften stündlich Wasser ausi die Hände und Füße gießen, wodurch die Stricke sich anspannten und tief in das aufgeschwollene Fleisch einschnitten. Ein bürgerlicher Koch an Bord, der seine Entrüstung über diese Bestrafung kundgab, wurde aus Befehl de« CapitainS in Eisen gelegt und vom Commandanten de» Kreuzer» „Duchaffault", dem man unterwegs begegnete, zu einem Monat Gesängniß und zwei Monaten Soldentziehung ver- urtheilt. Dieses Erkenntniß fand sich im Strafbuch deS Schiffes eingetragen, nicht aber die crstere Bestrafung. Der Hasenconimisiar hob die Strafe des Koch» aus und berichtete über den Vorgang an den Marineminister. Die Presse ver langt eine strenge Ahndung der Handlungsweise de- Capi tainS, da die „Crapaudine" längst abgeschasst ist.
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