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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188807126
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880712
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880712
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-12
- Monat1888-07
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.07.1888
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«7« Consmtatto« ausaefordert Word«, und Dienstag 10 Uhr zu derselben eingetrofse». Er sowohl al» Senator hatte« in de» Lungen keine Störungen nachzuweisen vermocht. Mittlerweile waren in ver .Kölnischen", der .National»" und „Neuen Preußischen Zeitung" Darstellungen der Vor gänge de« 12. April erschienen, welche nur ein gewisse» Ver dienst um die Befreiung des Kaiser» von der Athemnotb, über die allerlei Geruch» die Hauptstadt durcheilt halten. zu- schrieben. Folge hiervon waren die Erklärungen, die Mackenzie und Hovell in den genannten Zeitungen drucken ließen und die nicht nur in einem sür mich beleidi genden Tone gehalten waren, sondern auch in der gehässigsten Weise meine Mitwirkung an der Behandlung de» Kaiser» darstellten. Zn derselben aggressiven Weise hatten zahlreiche englische Journale die Borgänge de» 12. April besprochen und einfach erklärt, daß sie ihre Informationen von de» beiden englischen Aerzten de» Kaiser» hätten (vergl. die „Sunvay Time»" vom 29. April d. Z). Zudem ich in diesen Ausfällen Mackenzie'» gegen mich eine unehrliche Handlung sah. übergab ich an dem Morgen de» 25. April, als, nach Aushören der höheren Temperaturen und deutlicher Besserung de» Allgemeinbefinden», ich wieder zur Consultation geladen war, Mackenzie einen Brief, den er später ver öffentlicht hat. Zn demselben schrieb ich ihm, daß seine Erklärungen iu den genannten Zeitungen mich zur Forderung veranlaß»», hinfort nur soweit mit ihm za reden und zu Verkehren, al» e» die ärztliche Be- rathung verlange. Die bi» jetzt in ver Geschichte ärztlicher Consultationen unerhörte Thatsache, daß von zwei an dasselbe Krankenbett berufenen Aerzten einer den andern öffentlich in politischen Zeitungen beleidige, veranlaß» mich aber noch deswegen zu einem weiteren Schritte, weil die Angriffe de» College» von dem Schlosse Charlottenburg, also dem Vor zimmer des Kaiser» auSgegangrn waren. Ich bat Zhre Majestät die Kaiserin, mich von der Nöthigung, noch länger al» Berather Sir Morell Mackenzie'» zu sunclioniren. Allergnädigst zu entbinden. Zn meine Stelle trat seit dem 39. April der Professor, Geheime Ober-Medicinalrath und Generalarzt vr. Bardeleben. ES zieht sich durch die tiestraurige Leidensgeschichte unseres mit Geduld und Selbstverleugnung alle» ertragenden Kaisers Friedrich da» Bemühen Sir Morell Mackenzie'», jede Verschlimmerung im Zustande de» Hohen Kranken nicht der Krankheit und ihrem naturgemäßen, nothwcndigen und unausbleiblichen Forlschreiten zuzuschreiben, sondern einem seiner mithinzugezogenen College» zur Last zu legen. Gerhardt sollte zuerst die ursprünglich unschuldige Ge schwulst durch feine Aetzungen in eine bösartige verwandelt haben. Al» im November und im Februar, neben Schrötter und statt Kußmaul seine Hinzuziehung von mir gewünscht wurde, hieß e». der könne unmöglich genommen werden, der fei ja an der ganzen schlimmen Wendung schuld! Bra- mann hatte durch einen falschen Schnitt, Schräder durch einen ungeschickten Canülenwechsel und ich durch Wahl einer umfassenden Canüle zur Nachbehandlung Len blutigen Ans- wurs und den Decubitu» in der Trachea besorgt. Schließlich trug mein sorcirtcS Einfuhren der Canüle am 12. April die Schuld an der ungünstigen, aber schon vom 6. April datirenden Wendung ver Krankheit, indem e» einen großen .flaschensörmigen- Absceß des Mediastinum» verursacht haben sollte! Allein die Scction zeigte die Schleimhaut der Trachea dort, wo da» untere Stück unserer Canülen geruht halte, glatt, ohne Spur einer Narbe, oder sonstiger trüherer Reizungen, und da» Bindegewebe um diesen Abschnitt der Luftröhre wie», wie der obduzirende Pathologe diclirt hat, .völlig normale Verhältnisse." Allen Anschuldigungen gegenüber haben ich. ebenso wie diejenigen College», deren Berichte hier niedergelegt sind, ge schwiegen. Nur al» da» „British medical Zournal" in seiner Nr. 1428 vom 28. April die Behauptung ausstellte, mein Schweigen sei ein Beweis meiner Schuld, habe ick vor der Berliner medicinischcn Gesellschaft am 2. Mai 1888 erklärt; „Wenn das „British medical Zournal" nicht ein Blatt wäre, dessen wissenschastlicheu Werth ich außerordentlich hoch schätze, könnte ich zu diesem seinem Schlüsse auch schweigen. So aber muß ich mich gegen denselben verwahren, nicht weil ich Un recht habe, sondern weil ich, wie jeder rbrenwerthe britische und deutsche Arzt, Vorgänge am Krankenbette meine» Patienten nicht öffentlich bespreche." Zch habe keinen Grund, von dieser Erklärung irgend etwas zurückzunehmen, obgleich die selbe einen wahren Sturm der Entrüstung gegen mich hervor gerufen hat. Die Krankheit Seiner Majestät stand scheinbar nur kurze Zeit stille. Die abendlichen Fieberexacerbativnen hörten nicht mehr auf. ES war anfangs ein langsamer hektischer Kräfte- verfall und zuletzt, als die AspirationS-Pneunomie hinzu- getveten war. ein schnelles Ende. Ueber die letzten 14 Tage deS Kaiser» enthält die Schrift folgenden Bericht Professor Bardeleben'S: Montag, den 30. April 1888 sah ich Seine Majestät den Kaiser Friedrich, in Folge deS mir am vorhergehenden Abend zugegangenen Befehls, zum ersten Male im Schlosse zu Charlottenburg. DaS Schild der in die Luftröhre eingelegten Doppelcanüle war im Halbkreise von rotbcn schwammigen Wucherungen umgeben, welche mir den Eindruck von Krcbswuckerungen machten. Der untere Rand des Schildes schnitt in diese Wucherungen ein. Als ich Sir Morell darauf aufmerksam machte, versprach er mir. daß er sür den nächsten Tag eine andere Canüle, welche meinen Wünschen entsprechen solle, besorgen werde. Bei der nachfolgenden Consultation mit den übrigen Aerzten stellte ich die Frage, ob sich unter denselben einer be finde, welcher da» Leiden Seiner Majestät nicht sür Krebs halte, und bat, daß diejenigen, welche abweichender Ansicht seien, sich äußern möchten. ES erfolgte von keinem der Herren eine Acußerung. Ich constatirte hierauf ausdrücklich, daß wir in der Diagnose einig seien. Dienstag, den 1. Mai, Morgen» 9 Uhr, nahm Sir Morell die alte Doppelcanüle heraus, woraus stinkende GewebSsetzen und etwa fünfzig Gramm übelriechenden Eiter» unter Hustenslößen durch die Luströhrensistcl entleert wurden. An der herau»genommcnen Canüle fand sich ein Knorpelflückcken von etwa einem Centimeter Länge und wenig über einen Millimeter Dicke und Breite. Die neue Canüle, deren Schild die gestern von mir empfohlene Gestalt hatte und auf seinem Rande nicht in die Granulationen einschnitt, wurde von Sir Morell ohne Schwierigkeit eingeführt. Der Fistelcanal ist, so weit man sehen kann, mit glatten rothen Wucherungen auSgesüllt, welche ein erheblich derberes Gefüge zu haben scheinen al» diejenigen, welche die äußere Oefsnung umgeben. Woher der Eiter stamme, ließ sich nicht ermitteln. Jedenfalls War die Fistel selbst, in welcher die Canüle steckte, nicht groß genug, um eine solche Eilermasse zu produciren und zu bc i Herbergen. Beim Betasten de» Halse» fand ich die Gegend des Kehl köpfe- nicht angeschwollen und weniger derb als bei einem gesunden Kehlkopfe. Dagegen war die Umgebung der Fistel- öffnnng sehr derb anzusühlen. Angeschwollene Drüsen waren am Halse nicht zu entdecken; nur nach links und unten gegen La» Schlüsselbein hin fand sich eine harte, nickt genau ab zugrenzende Stelle von nahezu Haselnußgröße, welche jedoch keine sichtbare Hcrvorragung bildete. Ich mußte mich bei dieser Untersuchung sehr beeilen, da die anderen Aerzte mir mitthrilten, daß eine solche Seiner Majestät höchst wider wärtig sei. Mittwoch, den 2. Mai, fand ich die Canüle in guter Lage, die Granulationen durch den Rand de» Schilde» nicht gedrückt. E» war wieder viel Elter durch di« Canüle ausgrhuflet worden. Beim Schlucken soll über etwas Schmerz geklagt worden sein. Di« unter der Zunge gemessene Temperatur und die Pulsfrequenz stehen nicht recht im Einklang. Erster« wird al» normal oder doch nahezu normal angegeben: letztere aber beträgt immer über bundert, wa» für einen Mann von so stattlicher Größe, wie Seine Majestät, zumal in ruhiger Lage, doch weit über die Norm hinausgeht. Freitag, den 4. Mai, Morgens 9 Uhr, wurden wir bei der Consultation benachrichtigt, daß die Nacht gut gewesen sei. Auch war in der Tbal da» Aussehen Seiner Majestät besser; der eitrige AuSwurs war aber noch immer reichlich. Sonntag, den 6. Mai. früh 9 Uhr. fand sich wieder viel übelriechender eiteriger Auswurf vor. DaS bisher angewandt« Condurangodecoct hat keiuen merklichen Erfolg gehabt; dasselbe wird durch rin Chinadecoct ersetzt. Montag, den 7. Mai. Die Eiterentleerungen bauern fort. Mittwoch, den 9. Mai. Bei dem ohne alle Schwierigkeit auSgesührten Wechsel der Canüle zeigte sich, daß die Wucherungen »m Umkreise der Fistel ganz geschwunden waren, und baß eie Fistklösfnung jetzt einen glatten scharfen Rand hatte. Die äußer« Haut in der Umgebung war nicht einmal geröthet. Freitag, den 11. Mai. Der eiterige AuSwurs hat sich vermindert, ist aber übel riechend. Montag, den 14. Mai. DaS Allgemeinbefinden hat sich offenbar gebessert. Der Puls ist auch etwa« weniger frequent, aber Seine Majestät hat unangcnebme Empfindungen im Schlunde, auch ist da» Zäpfchen geschwollen. Für die von Sir Morell aus gesprochene Befürchtung eine« Durchbruche» nach der Speise röhre scheint mir kein Grund vorzulirgen. Jedenfalls spricht nichts dafür, daß da» untere Ende der Canüle einen Druck aus die Hintere Wand der Luftröhre auSübe. Mittwoch, den 18. Maj. DaS Allgemeinbefinden bessert sich. Freitag, den 18. Mai. Keine wesentliche Veränderung; der übelriechende AuSwurs dauert fort. Sonnabend, den 19. Mai. Canülenwechsel ohne Schwierigkeit. Die Granulationen am Halse beginnen von Neuem und zwar in großer Ueppig- kcit aufznwachsen. Nach meiner Empfehlung soll salpeter- saures WiSmuth aufgcstreut werden. Montag, den 21. Mai. Allgemeinbefinden weniger aut. Die mit WiSmuth be streuten Granulationen sind geschwärzt, was deutlich zeigt, daß faulige Flüssigkeiten oder Gase mit ihnen in Berührung kommen. Mittwoch, den 23. Mai. Im Wesentlichen derselbe Zustand. Freitag, den 25. Mai. Die Wucherungen um die Fistelöffnung herum, namentlich im unteren Umfange, erheben sich stärker aus einer deutlich erkennbaren derhen Anschwellung. Sonnabend, den 26. Mai. Behufs CanülcnwechselS wurde ich nach Charlottenburg gerufen. Derselbe ging leicht von statten; aber eS erfolgte dabei sehr reichlicher eitriger AuSwurs mit fauligem Geruch. Montag, den 28. Mai. Die Wucherungen schreiten fort, scheinen sich aber unter dem Einstuß des WiSmuth« an der Oberfläche abstoßen zu wollen. Mittwoch, den 30. Mai. Zm Umfange der Fistel fast genau derselbe Zustand. Er scheinungen eine» Durchbruche» nach der Speiseröhre sind durchaus nicht vorhanden. Der übelriechende Ausfluß nach wie vor reichlich. Der Appetit ist noch immer gering. Die Abcndteniperaturcn waren in den letzen Tagen stet- nahezu um 1 Grad höher al» normal. Freitag, den 1. Juni. Letzte Consultation in Charlottenhurg. Keine wesentliche Veränderung. DaS Allgemeinbefinden jedenfalls nicht schlechter. Die Wucherungen an der Fistelöffnung stärker. Die Fistel selbst scheint weiter geworden zu sein. Sonntag, den 3. Juni. Erste Consultation im Schlosse FriedrickSkron. Die von der Uebersiedelung gefürchtete Verschlimmerung ist in keiner Beziehung eingetrelen; jedoch haben sich die Wucherungen an der Fistelöffnung vermehrt und verstärkt, sind aber in Folge der WiSmuthbebandlung weniger empfindlich geworben. DaS Aufstreuen (Ausblasen) soll energisch fortgesetzt werden. Mittwoch, den 6. Juni. Der reichliche AuSwurs mit fauligem Geruch und die febrile Abcndtcmperatur dauern fort. Freitag, den 8. Juni. ES wurde berichtet, daß in der letzten Nacht beim Trinken Milch aus der Fistelöffnung ausgeflossen sei, und daraus ge schlossen. daß em Durchbruch in die Speiseröbre erfolgt sei. Zch machte daraus aufmerksam, baß bei einem Durchbruch in die Speiseröhre höchstwahrscheinlich koch sofort größere Massen beS Getränkes in die Luftwege geralben sein müßten, und daß eS wohl wahrscheinlicher sei, wenn überhaupt ein Durchbruch bestehe, diesen im Bereiche des Kehlkopfes ober an der Grenze zwischen Kehlkopf und Luftröhre zu suchen. Tie Canüle liege jedenfalls so lose, daß sie eine» Druck auf die Hintere Wand der Luftröhre nicht ausüben könne. ES wurde denn auch allgemein aiierkannt. daß die Durchbruchsstelle, wenn eine solche überbaupl vorhanden sei. »n Bereiche de» Kehlkopfe» liegen niüsse, daß aber da§ Ausstichen von Milch durch die Trachealsistel auch recht wohl durch Einfließcn der Milch in die durch den vorhergegangenen Krankheitsproceß in ibrer Gestalt und Function jedenfalls schon veränderte obere Oefsnung deS Kehlkopfe» sich erklären lasse. ES wurde sofort eine modisicirte Trendelenburg'sche Tamponcanüle cinzusühren beschlossen. Sonnabend, den 9. Zuni. Abends nach FriedrickSkron berufen, fand ich bei dem Ein- sühren und Aufblasen der Tamponcanüle keine Schwierigkeit. Die Wucherungen in der Umgebung der Fistel, zu schwärz lichen, trockenen, aber doch stinkenden Masse» umgewanvclt, haben sich zum größten Tbeil und zwar ohne alle Blutung abgelöst. Sonntag, den 10. Zuni. DaS Schlucken wird durch die eingelegte Canüle erschwert, daS Ausstichen von Milch und a»ck von Eigelb au» der Fistel nickt verhindert. ES kann somit kein Zweifel sein, daß der Durchbruch, wenn überhaupt, oberhalb der Canüle erfolgt sein muß. Die Kräfte sinken, da» Fieber steigt. Montag, den 11. Zuni. Obgleich flüssige Nahrungsmittel noch reichlich genossen und nur zuni kleinen Tbeil durch die Fistel entleert werden, sinken die Kräfte doch stetig, die Frequenz der Pulse und namentlich der Aihemzüge steigt (bi» aus 44). DienStag, den 12. Juni. Morgens entleerte sich viel Ubelrichender Eiter au» der Fistel. Da ein großer Tbeil der getrunkenen Milch durch die Fistel adläuft, wurde beschlossen, die künstliche Ernährung durch ein in die Speiseröhre ringeführte» biegsame» Rohr einzuleiten. Zch erhielt dc» Befehl, zu diesem Behuf am Abend nach FriedrickSkron zurückzukehren und die Nacht dort zu bleiben. Mittag» wurde ein halbe» Liter, Abend» ein Liter Milch mit Sahne eingepumpt. Pul» AbendS 116, Temperatur 39,5, Respiration nur 24. Mittwoch, den 13 Juni. Früh wurde wieder «in Liter Milch mit Sahne ringe- pumpt. Die Temperatur war Morgens 38, di, Respiration 24; aber Abend» stieg die Zahl der Athemzüge aus 60, der Pul» aus 130 und die Hautfarbe erschien cyanotisch. Auch trat nach dem Empumpcn von Milch am Abend Erbreche» ei». Tie Kräfte sanken stetig. Ich blieb die Nacht wieder in FriedrichSkron. Donner-tag. den 14. Zuni. Der faulige Geruch der au» der Fistel ou-fließenden Massen hat stetig zugenonimen. Der Verfall der Kräfte schreitet, trotz der wiederholten Einflößung von Milch, weiter fort. Morgen- Pul» 140, Athemzüge 48, Mittag» sogar 80, Abend» bi« zu 140. Sckon im Lause dc» Vormittag» mußte ich dem Herrn Zustlzminister aus seine Frage, wann der Tob wahrscheinlich zu erwarten sei. antworten, baß daS Leben Sr. Majestät nur noch etwa 24 Stunden dauern werde. Die gleiche Auskunft gab ich später Sr. k. k. Hoheit dem Kronprinzen und Sr. Durchlaucht dem Fürsten Bismarck aus deren Anfrage. Die Nacht blieb ich wieder in FriedrichSkron. Freitag, den 15. Zuni. Nachdem wiederholt schon zeitweise Bewußtlosigkeit ein» getreten war. erfolgte unter stetiger Abnahme der Kräfte und ohne eigentlichen Todcökainps um 11 Uhr 12 Minuten der Tod. Um 5>/, Uhr Nachmittag» wurde unter Assistenz de» Herrn GencralarUeS vr. von Wegner und unter meiner Beihilfe von dem Herrn Geh. Med.-Rath vr. Hartmann und Herrn Conservator Wi ckershei mer die Balsamirung der Leiche mit der von dem Letzteren znbereiteten Flüssigkeit vorgenom men. nachdem Herr Generalarzt v. Wegner die unzweifel hafte» Zeichen de» wirklichen Tode» nochmals sestgestellt halte. Die Eingießung der erforderlichen Menge der WickerS- heim er'scheu Flüssigkeit durch die große Halsschlagader gelang ohne Schwierigkeit. Die weitklafseude Luftröhrenfistel, au» welcher die Canüle entfernt war, erschien am Rande nur von einigen kleinen harten Höckern besetzt. Die früher erwähnten Wucherungen waren abgestoßen. ES gelang leicht, eine große Masse fau liger Granulanonen ouS der sehr erweiterten und nur von nachgiebigen Wänden begrenzten Höhle deö KeblkopfeS zu ent fernen, indem man Wattenbäusche in dieselbe «»führte und wieder berauSzog. Die ganze Höhle wurde daraus mit ab wechselnden Lagen von salpetersaurem WiSmuth und Watte vollgestopft. Nach Beendigung dieser Procedur war der vorher höchst penetrante Geruch gänzlich verschwunden. Tie Fistelöffnung sowohl, als auch di- zur Bloßlegung der großen Halsschlag ader gemachte Wunde wurden durch Nähte geschlossen. Auf Befehl Kaiser Wilhelm'» II. waren die Herren Mackenzie und Hovell schon vor der Section aus- gesordert Worten, zu erklären, wofür sie die Krankheit de» Hochseligen Kaiser» gehalten hätten. I» Folge dessen über gaben sie nachstehendes Actenstück (Uebersetzung au- dem Eng lischen) : Schloß FriedrichSkron, 16. Zuni 1888. Meiner Meinung nach war die Krankheit, an welcher der Kaiser Friedrich III. starb, Krebs. Ter Krankheitsproceß be gann wahrscheinlich in den tieferen Geweben, und die knor pelige Slructur de» KeblkopfeS wurde schon sehr zu Anfang assicirt. Ein kleines Gewächs, welches ich bei der ersten Untersuchung deS verstorbenen Kaiser» fand, wurde von mir durch verschiedene intralarynqiale Operationen entfernt, und obgleich sämmtlicke entfernteThcilchen dem Professor Birchow zur Untersuchung übergeben waren, fand er in ihnen keinen Beweis sür da« Vorhandensein de» Krebse». Die Unter suchunqen jedoch, welche Professor Waldeyer im Anfang de» MonalS März mit dem AuSwurse vornahm, führten diesen Pathologen zu der Ansicht, daß Krebs zu der Zeit vor handen war. Ob die Krankheit ursprünglich krebsartig war. oder erst einige Monate später nach den, ersten Auftreten einen bösartige» Charakter annahm, ist unmöglich sestzustellen. Der Umstand, daß Pericbondritis und Caries der Knorpel eine sehr thätige und wichtige Rolle in der Entwickelung der Krankheit spielten, hat ohne Zweifel sehr viel dazu beige- tragen, eS unmöglich zu machen, sich eine bestimmte Ansicht über die Natur der Krankheit bi» ganz kürzlich zu bilden. Morell Mackenzie. 16. Zuni 1888. Soweit meine Beobachtungen seit vorigem August mir gestatten, eine Meinung zu bilden, schließe ich mich ganz der Ansicht Sir Morell Matkenzie'S an. T. Mark Hovell. DaS ärztliche Protokoll, betreffend den Befund bei der Untersuchung der Leiche Kaiser Friedrich'» III. lautet: Schloß FriedrickSkron, den 16. Juni 1883. Am Halse eine durch Nähte geschlossene 6>/r cm lange gradlinige Wunde mit etwas eingetrockneten Rändern, an deren rechter Seite eine flache, blasse Anschwellung von 2 cm Höhe. 1,5 Breite und 0,5 Dicke befindlich ist. Innerhalb der Wunde liegt eine größere Menge von Watte mit WiSmuth, nach deren Entfernung eine Höhle zurückbleibt, die 5 cm tief, nahezu ebenso lang ist und deren Oefsnung nach Entfernung der Naht uni 2>/, cm klafft. Im Uebrigen sind die Wund- ränder ziemlich hart, clwaö hügelig und ziemlich stark ge spannt. — Es wird zunächst ein Schnitt in der Mitte de» Brustbeins geführt und von da subcuta» nach rechts und oben berausgesührl neben der Wuntöffnung und bis zu der bei Gelegenheit der Jnjection hergestellte» Wunde an der Carotis. Ein durch daS erwähnte Knötchen geführter Schnitt zeigt ein schwach rölhlickes, nach unten mehr weißliche», ziemlich derbes Gewebe, aus de», sich bei Abstreiche» ein weißlicher Saft ent leert. DaS Knötchen sitzt in der Haut, znin Tbeil iin Unter bautgewebe, dagegen sind die unterliegenden Muskeln voll ständig frei. Demnächst wird ein ähnlicher Schnitt nach link» geführt Auch hier zeigen sich die Muskeln an den seitliche» Theilen normal, dagegen sind sie nach oben sehr prall. Unmittelbar vor dem Kehlkopfe liegt eine stärkere Anschwellung auf der linken Seite, in welcher sich in der Tiefe eine gleichfalls markig ausseheude Infiltration zeigt. Bei der weiteren Bloslegung des Thorax zeigt sich eine starke Ossisication an der ersten Rippe links. Nach der Oeff nung der Brust füllen die ganz blassen grauen Lungen die Pleurasäcke fast vollständig au», bedecken bä» Herz. Auf der linken Seite sicht man mehrere kleine Hervorraguugen, unter denen man harte Stellen durchsühlt, bedeckt von schlaffen bindegewebigen Schichten; nur an einer Stelle, nahe dem vorderen Rand, eine ziemlich scharf umgrenzte lobuläre poly gonale Figur mit matter, etwas unebener Oberfläche. Die linke Lunge, hcrvorgelwben, erscheint äußerlich »ach hinten unten und oben vollkommen frei; sie ist überall lufthaltig, bi» aus den letzten Sann, de» Unterlappen», dicht über dem Diaphragma. Sehr geringe Hypostase; die luftleeren Stellen an der Basis enthalten erweiterte Bronchien, um welche zum Theil beruiu bäincrrhogische Schichten liege». Au dem Durchschnitt zeigt sich eine größere Zahl von Herden im Innern des Lappen», von denen die meisten eine stark hämorrhagisch iufiltrirte Umgebung mit granulirter Schnittfläche haben, während im Centrum eine größere Zahl kleinerer, gruppirt stehender, getblich weißer Knötchen liegen. An einigen Stellen sind Herde von ver Größe einer Erbse mit einem eiterig auSscheuben Inhalt, an anderen ist »och die ganze Masse fest. Im oberen Lappen finden sich zerstreut ähnliche sehr blasse Herde, in welchen sich eine ganze Summe von kleinen gelblichen Stellen herdweise znsaminrnfetzen. Zn dem vorher erwähnten Herde am vorderen Rand finden sich innerhalb stärker erweiterter Bronchien ganz dicke mißfarbene Psröpfe, während dir Um gebung ein« bindegewebige Induration darbietet. Beim Aus» tchneiben der Bronchien in de» Unterlappen sind die Bronchien durchweg dilatirt, die Wandungen verdickt, die Schleimhaut in Läng-salten gelegt; darin ein mißsarbiger krümlichrr Inhalt. Aus der rechten Seite sind ganz ähnliche Verhältnisse. Spitze vollständig frei; dagegen im Hinteren und unteren Theil der Lunge nahezu dieselben fast luftleeren, mit kleinen Herden durchsetzten Zustände und dieselben Bronchiectasie». Zn den Pleurasäcken kein weiterer Inhalt. Beim HerauSnehmen de» Kehlkopfe» wird der Schnitt unmittelbar vor der Wirbelsäule bi» unmittelbar hinter die Speiseröhre geführt. Zm Lleäinstivum anticum ist ziemlich reiche- Fettgewebe vorhanden; die Drüsen sind schwach geröthet, im Uebrigen nicht verändert. Kehlkopf und Speiseröhre werden zusammen freigelegt und unterbunden. An der linken Seite de» Halse», dickt neben der Zugulari» eine ungefähr taubeneigroße Lymvhdrüse, welche im Innern ein ganz markige- Aussehen, z. T. gelb liche Stellen zeigt. Beim Ausschneiden de» Oesopbagu» findet sich unmittelbar stinter dem Ringknorpel eine Auslagerung von bräunlichen und weißliche» Häuten, nach deren Zurücksckieben keine Spur von Durchlöcherung vorhanden ist. Epiglotti» groß, glatt; Kand normal. I-igamontn nr^opiglotticn, namentlich link», etwa» ge- chwollen, Ldematö», ohne Ulreration. Der Hintere Raum zwischen den Gießbeckenknorpcln etwa» tief, aber gleichfalls ohne Ulceratio». Erst an der Basis der Epiglottis link» sitzt ein kirschengroßer markiger Knoten, neben dem ein flacher, und weiter nach außen noch einige (jüngere) kleinere. Zm Uebrigen schließt sich dann eine große, durchweg mit mortisi- cirten Fetzen bedeckte Fläche von 9 cm Länge. Der untere ttand wird durch die Trachea gebildet. Boa da bis znr Ladt, tdzwcoiäe» sind keine Knorpel vorhanden, ebensowenig andere» normales Gewebe der Trachea. Von der OartUngo tk^rcoiclen selbst sind nur di« oberen Abschnitte der Seitentheile mit den Hörnern vorhanden. Die Entfernung de» unteren Endes der Trachealwunde von dem unteren Rande de» Geschwür* beträgt 2>/e cm. Dieser untere Rand ist ziemlich scharfrandig. quer durch die Schleimhaut verlaufend, und zeigt unten kleine graue Granu lationen, die etwa die Fläche von >/, cm bedecken. Nächstdem olgt normale Schleimhaut über den noch erhaltenen Trackeal- ringen. In dem Gewebe um den noch existirendeu Theil der Trachea keine narbigen Zustände, soudern normale Ler» hältnisse. Hiermit wurde die Untersuchung der Leiche beendet und die letztere wiederum in vorsichtiger Weise geschloffen. Die makroskopisch wahraenommenen Veränderungen wurden von den Herren rc. Waldeyer und Birchow folgender maßen zusammengefaßt: Krebsige Zerstörung des Kehlkopfe« mit sekundärer Er krankung einer größeren Lymphbrüse am Halse links unten und einem cutanen Knoten reckt» neben der Wund«. Speise röhre unversehrt. Brandige Zerstörung de» oberen Theil» der Luftröhre und der Nachbarschaft. Zahlreiche Bron- ckicctasien mit putridem Inhalt. Zn ihrer Näh« broncho- rneumonische, abscedirende, gangränrscirende Herde, gez. Graf Stolberg-Wernigerode. Leuthold. Morell Mackenzie. ».Bergmann. T. Mark Hovell. Birchow. v. Wegner. Waldeyer. Bardelebeu. Bramaun. Bericht der Professoren Birchow und Waldever über die mikroskopische Untersuchung einzelner der Leiche weiland Kaiser Friedrich'» entnommenen Präparate. 1. Der größere Knoten am Ansätze de» Kehldeckel» zeigte äußerlich noch unveränderte Schleimhaut mit Cylinderepikhel, in der Tiefe dagegen alveoläre Anordnung mit epidermoidalem Inhalte. Die Zellen de» letzteren sind groß und kräftig ent wickelt; concenlrisch angeordnete Zellhausen wurden nicht beobachtet. 2. Der Hautknoten von der rechten Seite der HalSwunde ist mit stark verdünnter, im Uebrigen unveränderter Epidermis bekleidet, die krebsige Wucherung reicht bi» ganz nabe an die Oberfläche. Zhre stärkste Entwickelung hat in der Tiefe statt- gesunden. wo stellenweise auch ausgeprägte „Nester" mit concentriscker Anordnung der Zellen Vorkommen. Einzelne normale Bestandtheile. wie Schweißdrüsen, sind zwischen den krebsigeu Massen noch erhalten. 3. Die Lymphdrüse von der linken Seite deS HalseS ist in» höchsten Grade verändert. Die normale Structur ist ver schwunden und ersetzt durch ein loseS alveolares Gewebe, dessen Räume dicht erfüllt sind mit großkernigcn epiderinoidalcn Zellen, von denen viele schmale Bürstensäume besitzen. 4. Der Inhalt der Bronchien entspricht genau der Zu sammensetzung, wie sie in dem Gutachten de» mitunterzeich- neten Professors Birchow vom 19. Mai d. Z. von den im AuSwurs befindlichen Klümpchen beschrieben ist. Außerdem wurden an einzelnen Stellen reichlichere Ansammlungen von kleinen glänzenden Fettkügelchen, ähnlich den Kügelchen der Milch, augelrofsen. 5. Zn den Lungenherden zeigten sich dichte Anhäufungen von Eiterkörperchen, keine Krebszellen. Die natürliche Al- veolarstructur noch ganz deutlich. gez. Rudolph Birchow. Wilhelm Waldeyer. Einer Epikrise bedarf eS nicht. Vermischtes. ---- Ueber den Unfall de» Prinzen Alexander roa Battenberg, dessen Bedeutung glücklicher Weise anscheinend minder bedenklich ist, als die ersten Meldungen vermnthen ließen, liegt i» der „Franks. Ztg." folgende Nachricht vor: Jugenheim, 9. Juli. Gestern gegen Abend fuhr Fürst Alexander von Battenberg vom Schlosse Heiligenberg au» mit einem Emsvänner und begleitet von einem Diener den Herrenweg entlang, alS das Pserd plötzlich scheute und trotz aller Anstrengungen immer mehr einem Abhange zudrängte. Während der begleitende Diener sich noch durch rechtzeitige» Abspringen vor dem Sturtze in die Diese bewahren konnte, stürzte Fürst Alexander den steilen Ab hang hinunter in« Stettbocher Thal, hinterdrein Wagen und Pserd. Glücklicherweise konnte der rasch herbeigeruseue Arzt vr. Weil von Zwingenberg constatiren, daß die Verletzungen de- Fürsten, welcher beim H-rabstürzeo mehrsach mit dem Wagen in Berührung gekommen war, nur geringsügiger Natur sind. Der Wagen kam vollständig zertrümmert im Dhole an, da» Pferd hat mehrfache Lonlusiouen erlitten. —r. Meiningen, 10. Juli. Zn Neustadt bei Coburg hat eine Bürger-frau auf eigenthümliche Weise einen nicht unbedeutenden Schatz gehoben. Dieselbe wollte zum Ver kauf alte» Eisen zusammensucben und fand hierzu auch einen alten mit starkem Eisen beschlagenen Koffer geeignet. Beim Absprengen de» Eisenbescklags öffnete sich ein bisher unsicht bar gewesenes geheimes Fach, au» welchem eine Menge Gold stücke au» einem zerfallenen leinenen Lappen herauSrollten. Dieselben sind so gut erhalten, al» wären sie erst vor kurzer Zeit auS der Prägeanstalt gekommen. ES sind meist lauter einsache und einige doppelte holländische Ducaten, die folgende Aufschrift tragen: blo Orck. kroviu. koeäer. Lelgnck veg. Imp. Die andere Seite trägt folgende Bezeichnung: OoncoickiL Ke» kar 6res Kol. 1750 rc. Ferner ist noch eine be waffnete männliche Figur sichtbar. — Seit der Eröffnung der unweit der meiningischen Grenze gelegenen bayerischen Arbeitercolonie SimonShos Anfang Mai d. Z. haben 60 Ausnahme» und 12 Abgänge ftattqesunden, so daß sich der Bestand am 1. Juli noch aus 48 Personen bezifferte.
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