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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188807118
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880711
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880711
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-11
- Monat1888-07
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.07.1888
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4258 Neueste Nachrichten aus Lerttn. * Berlin, 10. Juli. (Fernsprechmeldung de» .Leipziger Tageblattes") DcrKaiser empfing gestern ocn Grasen Bismarck und den Minister v. Friedberg und »ahm Borträge entgegen. Später arbeitete er mit dem Ches des MiiitaircadnclS. Am Nachmittag erschien Prinz Georg von Sachsen, ni» sich für seine Ernennung znm General- seldtnaischall zu bedanken.—Die serbische Regierung suchte sür die Jkücksührung des Kronprinzen aus Wiesbaden um Unterstützung nach. Die Unterstützung konnte nicht verweigert werden, jedoch haben die serbischen Abgesandten von derselben bisher keinen Gebrauch gemacht. — Die authentische Dar stellung verKrankheit deSKaiserS Friedrich, versaht von Bergmann. Bramann. Bardeleben rc .rechtsertigt Befürchtungen, welche schon früher durch andere Umstände bestätigt waren. Bergmann Kat sich aus Wunsch Gerhardt'? im Jahre 1887 nach der Rückkehr des Kronprinzen aus EmS dahin ausgesprochen, dag angesichts der weiteren Verschlimmerung de- Leidens des KchlkopseS eine Spaltung desselben vorgenomnien werden müsse. Alle Laryngoskopen mühten zu der Ueberzeugung kommen. Tobold erklärte am 18. Mai 1887, daß nur Krebs, unter Ausschluß aller anderen Krankheiten, vorliege. Am 20. Mai sprach sich Mackenzie gegen jede Operation aus, so lange nicht mikroskopische Untersuchungen unzweifelhafte Beweise von Krebs ergeben würden. Am 23. Mai unter suchte Lirchow daö von Mackenzie herauSgenommene Stückchen. Gerhardt constatirte Verletzung der Stimmbänder mit schwarz- rolker Umränbcrung der Bänder. Am 27. Mai wurde in längerer Evnsultalion zugcstanden, daß Mackenzie ei» zweites Stück der Geschwulst entferne. Tobold sprach sich gegen vorläufige operative Eingriffe auS, welche daS WachS- thum beschleunigen könnten. Aus Mackenzic'S Treiben wiwve ein Pulver eingeblasen. Aus Mackenzie'S An- rathcn erfolgte die Reise nach England. Mackenzie hatte sich gegen Krebs ausgesprochen. Die Acrzle verlangten. eS solle die Ueberwachung desselben durch einen kundigen deutschen Arzt stattsinden. Am 6. Juni erklärte Berg mann dre laryngoskopische Operation für nicht gefährlicher als Tracheotomie. Aus Mackenzic'S Betrieb unterblieb die Operation. Er wies die Unterstützung anderer Aerzte zurück. Bircbow konnte immer nur das ihm vvrgelegte Stückchen untersuchen. Schrvkter constatirte in San Remo das Weiler- greisen der KrcbSwuchcrung und verfaßte im Aufträge der Aerzte Memorandum. Die November-Declaratio» enthält die Er klärung Mackenzie'S. Schrötter'S, Landgras'S, Krause'S und Hovels, daß es sich nm Kehlkopfkrebs handle. Die Aerzte äußerten jetzt die Ansicht, daß eS sich nur um eine Total- effstlrpation handeln könne. Der Leichenbefund constatirt die richtige Anschauung der deutschen Aerzte. Schultheißen Jahr wurde in der demokratischen Presse de« Lande« sehr kurz hiuweggeaangcn. nach außen hin gelangte kaum etwas davon. Der Ausfall der jüngsten Wahl — jür Meiningen doch immer ei» Ereigniß don Bedeutung — wird kaum erwähnt. Wenn dieser Ausfall aber vom Deutschsrei- sinn so gering behandelt wird, bann dürfen wir unsererseits ihn wokl um so lauter und freudiger als einen Sieg der von uns vertretenen Sache begrüßen." * Die BermitielungSvorschläge des König« Milan find von der Königin Natalie zurückgewicsen worden. Sonntag früh erfolgte die ablehnende Antwort der Königin. Da dies dem Bischof Demetrius von Nisch, welcher bekanntlich mit dem KriegSminister Protic zur Königin nach Wiesbaden ge reist war, von der Letzteren, die ihn persönlich nicht em pfangen halte, schriftlich mitgetheill wurde, so reiste der Bischof von Wiesbaden ab. Der KriegSminister Protic ist in Wiesbaden geblieben, da er den amtlichen Auftrag hat. den Kronprinzen nach Belgrad zu bringen. ES ist außer Zweifel, daß in Wiesbaden, ebenso wie vorher in Florenz, Königin Natalie hanplsächlich mit russischen Persönlichkeiten verkehrte, auS welchem Umstande man wobl aus die Motive ihrer Handlungsweise schließen darf. Da die Bcrmiltelung ge- cbeitert ist, kommt jetzt wieder die Scheidung in Frage; dieselbe uvird aber vor dem Herbste wohl nicht vollzogen sein. Nachtrag zum politischen Tagesbericht. * Eine bedeutungsvolle Veränderung steht an der Spitze eS Mr litai rcabinetS bevor: der Chef desselben, General 1». Albedyll, wird demnächst da- Commando eines Armee korps übernehmen, und Geueraladjutant Generallieutcnant b. Hahnke, bisher Eommandeur der 2. Garde-Infanterie Division, an seine «stelle treten; er ist bereits von der Stellung als Eommandeur der 2. Garde-Jnfanterie-Division entbunden und bis auf Weiteres zur Dienstleistung beim Mililaircabinet commandirt worden. Im Zusammenhänge mit dieser Personalveräiidcrung dürste die Frage von Neuem zur End scheibung kommen, ob die bisher vom Militaircabinet ressor- tirenden Vorschläge zu den Ernennungen für die Ossicler- stellen nicht ebenso zur Zuständigkeit beS KrirgsministeriumS verwiesen werden sollen, wie sie m allen anderen Zweigen des EtaatvdlensteS zur Competenz der betreffenden Ministerien gehören. General v. Albedyll stand im Range über dem jetzigen KriegSminister v. Bronsart, als dieser das Ministerium übernahm; dies wurde damals als ein Hinderniß der Aen- derung bezeichnet, welche, so wurde behauptet, u. A. von dem General v. Eapridl damals zur Bedingung der Uebernahme des Kriegsministeriums gemacht worden war. Der künftige Chef de« MilitaircabinelS ficht dem jetzigen KriegSminister im Range nach. * Dem großen Manöver des Gardecorp» und de« dritten ArmeecorpS, welche« im September zwischen München derg, Frankfurt und Seclow stattfindet, wirb der Kaiser beiwohnen. Wie verlautet, wird der Kaiser zu LahnSfelde unweit Müncheberg bei dem Baron von Pfuhl, zu Alt Mahdlitz in der Nähe von Driesen bei dem Grasen Finck von Finckenstcin, wo er noch unlängst zur Jagd weilte, ab steigen und ans dem großen Sandselde bei dein Ort Falken Hagen (unweit PeterShagen) eine große Revue abhallen. Auf demselben Terrain haben auch Kaiser Wilhelm I. und Prinz Friedrich Karl wiederholt die Truppen besichtigt. * Der „Reichs-Anzeiger" veröffentlicht folgende Aller höchste Verordnung, betreffend die Gerichtsbarkeit über die Eingeborenen im Schutzgebiet der Neu Guinea-Compagnie. Wir Wilhelm, von GotteS Gnaden Deutscher Kaiser» König von Preußen, re. rc. re. Verordnen im Namen des Reichs was folgt: Der Neu Guinea-Compagaie wird unbeschadet der Bestimmung im K. 2 der Kaiserliche» Verordnung vom 5. Juni 1886 (Reichs- Gesetzblatt S. 187) sür ihr Schutzgebiet die Ausübung der Gerichts barkeit über die Eingeborenen vis zum Ablaus des Jahres 1887 übertragen. Der Reichskanzler hat die zur Ausführung dieser Verordnung rrfoederlichen Borschriften zu treffen. U'knndlich unlcr Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigevruclrcm Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben Marmor-Pala»-, de» 7. Juli 1888. (I-. 8) Wilhelm!.». Gras BiSmarck. * AuS Frankfurt a. M. wird gemeldet, daß dort aus Jugenbcim die betrübende Mitlheilung von einem schweren Unfall eiiigetrosfen ist, welcher dem Prinzen Alexander von Battenberg, srüberem Fürste» von Bulgarien, zu gestoßen ist. Bei einer Spazierfahrt, welche der Fürst Sonn abend Abend im Steildächer Thal« unternahm, scheute ein Pferd und der Fürst stürzte mit Pferd und Wagen in den Abgrund, wobei oer Wagen über ihn hinwegging. Der Fürst zog sich hierbei eine Verletzung veS Rückgrat» zu. * AuS Meiningen wird uns geschrieben: Bei der kürzlich erfolgten Wabl eines Landtagsabgeordneten de: Grvßgruiicbesitz-r für den Wahlkreis Saalseld-Sonneberg ist der Schultheiß Born sch ein von Eckolstädt mit 27 von 23 abgegebenen Stimmen gewählt worden. ES handelte sich hier um eine Ersatzwahl, die schon einmal mit dem Erfolge vorgenommen worcen war, daß damals mit l4 gegen 13 Stimmen der Schultheiß Jahr in Köckcintzsch znm Landtags vbgeordncten gewählt wurde, welcher aber nach beanstandeter Giltigkeit der Wabl seilen» des Landtag» sein Mandat wieder uiederleglc. — Als damals Schultheiß Jahr — der bei der letzlen ReichStagSwabl für den deulschfrcisinnigen Candidaten gestimmt batte — gewählt worden war. wurde dies Ereigniß durch fast die ganze beutscksrcisinnige Presse Deutschlands mit großem Geschrei verkündet. Fast sämmtliche deutsch freisinnige Blätter Deutschlands, groß und klein, stimmten in den von den deulschsreisinnigcn Parteisübrern VeS Meininger Landes anSgebrachlen Jubelrns ein: „Selbst in den Köpfen der Gutsbesitzer in der Grafschaft Camburg beginnt eS hell zu werden". Seitdem bat sich ergeben, daß der damalige teutschsrcisinnige Wahlsieg nur einer Ungesetz lichkeft zu danken war, indem Nichtwahlbercchtigte an der Wabl Theil genommen baden. Und nun gar der Ausfall der wiederholten Wahl! Der Jubel der freisinnigen Zeitungen darüber, daß e» „selbst in den Köpfen der Gutsbesitzer in der Grafschaft Camburg hell zu werden beginne" ist verstummt, und mit Recht sagt die nationallibcrale „Werra-Zeitung darüber: »Schon über da» Ergebniß der Wahlprüfung de» Nochmals Herr Mackenzie. Wir konnten bereits gestern einen Auszug auS dem Interview Mackenzie'S nach dem Pariser „Figaro" geben; wir kommen heute noch au-sührlich daraus zurück, obwohl ein Telegramm meldet, daß Herr Mackenzie den Bericht des „Figaro" als eine „reine Erfindung" erklärt hat. Wir erinnern daran, daß Herr Or. Mackenzie eine gleiche Bebauptnng dem Mitarbeiter deS Haager „Dag blad ,egenüber ausgestellt hat. welches trotzdem, und wie nnS cheint, glaubwürdiger Weise die Wahrheit seine» Berichts aufrecht erhallen hat und daß Herr Mackenzie vor etwa einem Jahre bereits eine Unterredung nnt einem Reporter de» „Figaro" gehabt hat. Mackenzie hat sich einige Zeit in Paris aufgehalten u-'' cheint dabei gegen seine frühere Gewolmlieit einige Zurück ballung bewahrt zu habe»; der „Figaro"-Reporter traf ihn bei dem Doctor Fauvel, dessen Hilfe Mackenzie wahrend der Krankheit deS holdseligen Kaisers einige Male in Anspruch genommen z» haben scheint. Die Erklärungen deS englischen Arztes sind noch niehr als seine früheren geeignet, großes Aussehen zu machen und die Widerlegung seiner gehässige» und geradezu unerhörten Beschuldigungen wird wohl nicht aus sich warten lasten. Wir geben sie deshalb in allem Wesentlichen im Wortlaut nachstehend wieder: Herr Mackenzie begann mit einem Eompltment für die Fran zosen. welche ihn immer gegen die uncrbörten Angriffe, deren Gegen- stand er gewesen, vertheidigt hätten. Vom gestorbenen Kaiser sagte er: „Der Kranke war einer der reizendsten (ekarmeur) und besten Menschen, di- man sehen kann, und Alle, die-sich ihm geilädert haben, werden ein ewiges Angedenken an sein liebenswürdig-svm- pathischeS Wesen und seine Gute bewakre». DaS ist unbestreitbar. Ebenso unbestreitbar sind die tausend kleinen Nörgeleien, mit denen man mich umgab, von denen er nie etwas wußte, über die aber die Prinzejsin Bicioria, seine bewundcriiSwerde Gemahlin, «u Verzweif lung war, und welche die Mission, die ich beim Kronprinzen zu er füllen hatte und die alle Hingebung und Sorgsalt verlangte, außerordentlich erschwerte. Wenn die Stunde der vollen Verant wortlichkeiten gekommen sein wird, dann werde ich reden." Ans die Frage, „ob diese Vcriheidignng sür einige Andere erdrückend sein werde," antwortete Mackenzie: „Ja. Aus hohen Beseht wurde ich beiseite gehalten, immer und überall, in San Remo wie in Berlin. DaS muß endlich einmal gesagt werden? Ich war Engländer! Ich war aus das Verlangen der Prinzessin, aus Beseht Ihrer Maj. der Königin, gekommen, und aus ihren absolute» Befehl bin ich bis zum Ende geblieben. Ich theilte die übrigens sehr ver schiedenen Meinungen der deutschen Aerzte nicht. TaS war mehr als uöthig, um mein Misten und meine bau» Idle» zu beargwöhnen! So war nicht ich e». der die Operation der Tracheotomie leitete; es war schon seit dem Monat November 1887 bestimmt, daß die Tracheotomie, die am S. Februar d. I. gemacht wurde, durch einen deutiche» Arzt auSgesührt werden sollte! Der vier Monate vorher von Berlin gekommene Besehl war präciS, unbeugsam! Jedermann hat gehorcht! Ich zuerst! Erst sollte eS Professor Berg- manu sein, aber in seiner Abwesenheit operirte vr. Bramann, ohne seinen Meister zu erwarten". — „Die Gefahr war also sehr dringend?" — „Die Operation wurde gemacht, weil die Aibmung mehr und mehr erschwert wurde, es kamen aber keine ErstickunqS- ansälle vor. Und nach dieser Operation, welche aufgeichoben werden konnte, hat man mich, mehr als je, länger als einen Monat bei Seite gehalten. Ich hatte nur zwei Mal täglich daS Recht, den Kehlkopf des Kronprinzen zu sehen, ich batte nicht da» Recht, daran zu rühren; und ich war nahezu daraus beschränkt, einfach zwei Mal am Tage dem Kranken zu sagen: „Monseigneur, wie geht cS Ihnen?" Er antwortete mir mit einer immer schwächeren Stimme: „Ziemlich gut, Doctor. danke!" und daS war Alles I" — „Und was sagte die Prinzessin Victoria?" — „Die Prinzessin zeigte einen übermenschlichen Muth: man könnte diese Frau, dieses Muster einer Gattin und Mutter, nicht genug loben. In Berlin ging sic von Laboratorium zu Laboratorium, überall studirend, olle Prognosen und alle Be handlungen deS Krebses suchend, alle Werke, die über diese» schreckliche Nebel erschienen, lesend, die prakiilche Abhandlung der Krankheiten des KehlkopseS, diese so vollständige Abhandlung der Laryngoskopie, welche von meinem gelehrten Freunde vr. Fauvel veröffentlicht ist, auswendig wissend, und bi» aus die letzte Seite die Werke deS vr. Tvclat über die Behandlung mit Phenolsäure besitzend. Sie hatte Alle» gelesen: sie wußte, daß ihr Mann verloren war und sie suchte irgend eia letztes Mittel zu gleich in der Wissenschaft und in idrem Herzen. Sie war in diesen Doktrinen so stark geworden, daß sie ost mit ihrem so geraden und sichere» gesunden Verstand wirklich auch nnS Prakliker in Verlegen heit bringende wissenschaftliche Fragen stellte. Sie las alle Zeitungen, sie ersuhr von allen Seiten, daß ihr Mann sterben werde; und immer gleich ruhig, gleich gut vor ihm, lächelte sie ihm zu, und stob dann in ihr Zimmer, um sich in Thräuen auszulösen. Dieser Muth geht über die menschlichen Kräfte." — „Hat der Tod des Kaiser» Sie überrascht?" — „Ja, ich glaubte, er würde noch ein Jahr leben. Und doch waren die Schmerzen der letzten Monate schrecklich. DaS Schlucken war in der letzten Zeit äußerst schwierig geworden. Der Krebs hatte sich auf die ary-epiglottischen Falten ausgedehnt: der Kehlkopfdcckel (Spifflotto) konnte nicht mehr sunclio- niren; die Nahrungsmittel fielen durch den Kehlkopf in die Bronchien und kamen zu der Caiiüle wieder heraus, statt in den Magen zu gehen: er erstickte. Da habe ich die Trendelcnburg'iche Manchon-Canüle eingesetzt; sie bewährte sich sehr gut. Ich konnte auch den Kranken mit Hilfe einer Kauifchukionde nähren, welche direct die Nahrungsmittel in den Schlund sührien. Aber Zwijchensälle, welche ich Sie um Erlaubniß bitte, verschweige» zu dürien, Unvorsichtigkeiten (impruilenc«), die ich erzählen werde, wenn es nölhig ist, haben Alles verdorben (comprowis-. Der Kaiser ist gestorben, erstickt und wund (msnrtri) bis aus den Grund seines Wesens." — „Eine delicate Frage. Man hat gejagt, daß der Kron prinz an einer schon alten Krankheit leide, die er in einer stürmischen Jugend sich -»gezogen, ein unheilbares Uebcl, welches sein KrebSübel verschlimmert uns tödllich gemacht habe. Ist das wahr?" — „Do» ist falsch, absolut latsch; vemenliren Sie eS» ich bitte Sie darum. Ich autorisirc Sie, eS zu thun. Prinz Friedrich war nüchtern und vernünitig in ollen seinen Handlungen; er war keusch (vierxe) vor seiner Heiralh, daS belbeure ich, und ich bctheure, daß er sei« seiner Hcirald das volllommenste Muster der vollkommensten Ehe gegeben hat. Alles Uebrige ist Lüge und Jnsamie. Wenn das Uebel da-- jenige gewesen wäre, welches Sie anveulcn wollen, dann hätten wir eS geheilt. All das heilt man heutzutage." — „Haben Sie vom ersten Augenblick an die Existenz des Krebse- geglaubt? Der Arzt muß sich manchmal als Diplomat «weisen und nichts sagen; war daS der Fall?" — „Da muß ich Sie wieder um die Erloubniß bitten, nicht zu antworten. Aber ich werde Ihnen nur erzählen, was sich am Tage uach dem Tode de» Kaiser» Friedrich ereignete. Sosorl am Tage nach dem Tode kamen der Kanzler, Herr von Bismarck, und der neue Kaiser, Se. Majestät Wilhelm ll, zu mir: „Doctor", sagte Herr von Bismarck, „Sie muffen sür meinen Souvc-än und Herrn, den Kaiser Wilhelm II.. ein vollständiges Protokoll über die Krankheit dcS verstorbenen Kaiser», Sr. Majestät Friedrich III., an- fertigen." „Ja grwiß," habe ich geantwortet. „Ja. Doctor. Sie müssen cs sofort ansertigen, ml» allen Detail»," sagte der Kaiser. „Ich verlange drei Tage," antwortete ich. Das wurde abgemacht und die beiden Besucher zogen sich zurück. Aber wenige Minute» später erhielt ich de» Besuch eines OrdonnanzossicierS, der den Auftrag halte» mich nicht zu verlassen, bi» Ich ihm dieses Protokoll ausgehäudlg» habe. La» sehend, schrieb Ich auf ei» Blatt nicht die Detail» der Krankheit, ihre Prognose und' ihre Behandlung, sonder» ganz riusach solgcnde Zeilen, welche Sie aus mein Dictat schreibe» können: „Nach meiner Ansicht war die Krankbeit, au welcher Se. Majestät gestorben ist, Krebs. Der pathologische Proceß hat m den tiesen Geweben be- gönnen und den Knorpel von Beginn an angegriffen. Die Perl- chondritls hat eine wichiigrre Rolle gespielt, all in den gewöhnlichen Fällen, und aus die Wege war eS nicht möglich, mit allzu großer Bestimmtheit (»reo trop äe »üret«) zu behaupten, daß die Kraukheit krebsartig sei: diese Behauptung war erst im letzten Monat möglich. Gezeichnet: vr. Mackenzie." — „Hat die Sektion Ihnen Reckt gr- eben?" — „Ja: aber ich wußte ia diesem Augenblick nicht, daß eine -eenon stattsinden würde. Ich glaube, daß der ncue Kaiser selbst sich dagegen erklärte. Wie dem auch sei, mau hat die Sectio« ge- macht, ohne mich davon zu benachrichtigen, und ich habe ihr au< Zusall, wie ein Eindringling, beigewohnt, uad ohne daran theilnehmea zu könne». Die Secliou wurde durch die Doktoren Bergmann und Birckow vorgenonimeu. Sie ergab da- Vorhandensein eine- EpilhelialkrebseS. Tieier KrebS hatte den ganzen Kehlkopf ergriffen, in einer absolut vollsiändigeu Weise und die Basis dcS Kchlkopfdeckels. Es war genau, wie eS von der ersten Stunde au der vr. Fauvel angenom men hatte". — „Aber baden Sie nie daran gedacht, einen sran- zösischen Arzt z»r Consullatioa z» berufen?" — „Gewiß, vom ersten Tage an habe ich daran gedacht. Ich wollte meinen hier gegenwärtigen Freund vr. Fauvel bitten, nach Berlin zu komme». Er wurde, ich bin dcssen sicher, zugestimmt haben, und seine große Einsicht würde von großem Nutzen gewesen sein. Die Prinzessin Bicioria theilte diese Ansicht. S>e sprach mir selbst in San Remo davon, aber die Opposition von Berlin war derart» daß man nicht daran denken konnle." — „Und welche Behandlung haben Sie be folg!?" — „AlS Behandlung wurden nur tonische Mittel gegeben, man hat directe Anwendungen von Morph,„mpulvera aus die veichwülste gemacht; keine Morphiuminjectionen unter die Haut, der Kronprinz konnte sie nicht vertragen, er erbrach sich soion. Was Mercurpepionat und Pkenolpräparate anlangt, so sind solche nicht aiigcwendet worden." — Mackenzie zollt noch der heroischen Geduld, mit welcher der Kaiser sein Leiden trotz der beständigen größten Schmerzen ertrug, die höchste Bewunderung. Ob er den Ernst seincS Zustandes gekannt, wisse er nicht. Mackenzie meine sogar, daß der Kaiser nicht an den Krebs geglaubt habe. Der Kaiser sei an Erstickung gestorben, ergeben wie ein Märtyrer, in den Armen der Kaiserin, die er anbetete.... „Und den Abend vorher noch ver langte er ein Blatt Papier, um mir seine» Dank und sein Lebewohl cuszuschreibcn. Dieser letzte Beweis von Sympathie, nicht wahr, i >>st:t sür viele Kränkungen und Ungerechtigkeiten." Und indem er diese letzten Worte sprach — so schließt der Interviewer seine» Bericht — wifchie vr. Mackenzie zwei verstohlene Thronen auS seinen Augen. Eo weit Mackenzie. Bekanntlich wird in wenigen Tagen eine amtlich beglaubigte KrankheitSgeschichte erscheinen, welche alle diese Lüge» zu Nichte machen wird. Und dann werden die übrige» Behauptungen Mackenzie'S. von denen wir oben Notiz genommen haben, glcichsallS erst in daS rechte Licht gesetzt werben. Neues Theater.^ Leipzig, den 10. Juli. Der zweite Theil von König Heinrich V!.. der gestern als die vorletzte Ausführung im CyliuS der Sbakcspcare'schen KönigSdramen i» Scene ging, kann als ein Coiiimeutar zu „Nichardlll." betrachtet werken; kenn wir erkennen hier, wie der Charakter deS blutdürstigen Usurpators durch die ganze blutige Zeit erklärt wird, in welcher selbst Frauen zu Hyänen werden und keinS der fürst lichen Häupter vor schonungsloser Grausamkeit zurlickschreckt. Die Ermordung des jungen Rnlbland und dcS jungen Prinzen von Wales, die sich vor unseren Augen aus der Bübne voll zieht, gehört mit zu den grellsten Scenen der Shakespeare- Lichliiiige»; ebenso der grausame Hohn gegenüber dem tod geweihte» Hock, Unter diesen von grenzenlosem gegenseitigen Haß erfüllte» Führern des ParteienkampseS erscheint Richard mit seiner sarkastischen Weltanschauung, seiner dämonischen Energie, seiner aus der Lauer liegenden Zielbewußtheit aller dings als der am meiste» eingcleiifelte; doch wäbrend er in dem ihm gewidmeten Drama lauter sckmldlcsc Opser oder solche würgt, deren Schuld in der Vergangenheit liegt, steht er hier einer Königin gegenüber, die seinen Vater marterte und tödtete, dem wilden Clifsord, der seinen Bruder umbrachte; neben ihn, sieben die eigenen Brüder, beide wantelmülhig und charakterschwach — und so hebt sich seine düstere Wildheit hier von einem Hintergründe ab, der ihr eine Art von Relief gicbt. Dingclsiedt hat in seiner Bearbeitung, in welcher er der Königin, der Ale und Megäre beS unglückseligen Königs, einige GesühlLmomcnte lieh, die hier und dort inö Scnlimentale übergehen und den' Charakter i» ein schiefes Lickt zu rücke» drohen, den dämo nischen Richard III. noch dunkler retonchirt olS Shakespeare selbst. Er läßt ihn am Schluß deö zweiten ActcS der Leiche deS Elifsord neck den Kops abhaue», ein Zug satanischer Bosheit, der in Shakespeare fehlt; wir finde» kiesen Zug zu grell. Richard vernichtete. was ihm im Wege stand, aber sein Rachcgelüst an einem Tobten zu kühlen, würde ihm ge wiß als «ne zwecklose Verschwendung seines GrimmS er schienen sei». Mitten in diesen Greueln dcS NosenkriegeS, welche durch die beständige Wiederholung nur ermüdend wirke», finden sich in unserem Stücke nur ein paar Nuhepuncle: die Braut werbung dcS leichtsinnigen Eduard um die schöne Lady Grcy und die Monologe bes'KLnigs Heinrich VI., des einzig edel und menschlich Fühlenden in dieser Schaar wuthenlbrannter oder ganz verlhierlcr Vasallen. Herr Straß mann spielte ih» mit einer gewinnenden Sanslmuth, ohne an geeigneter Stelle des Nachdrucks zu entbehren: den tiefsinnigen Monolog. welcher an den König Heinrich'» V. erinnern mag, obschon dieser mehr die Lasten der Krone zum Inhalt hat, jener die Flucht au» dem Reiche der Haupt- und StaatSaclionen in da» der Schäferidylle, sprach Herr Straßniann mit sympathischem Ton und seinem Versländniß. Die beide» Könige Richard H. und Heinrich V!. nehmen auf dem Repertoire deS Künstlers eine bevorzugte Stelle ein: eS sind tadellose Cabiiiclsstücke. Der Gegenkönig Eduard de» Herrn MattheaS hatte auch in seiner Er scheinung und in seinem Wesen etwas Sympathisches, Chevale- reSkc». wie eS einem galanten Monarchen zukommt, und Frl. Körner (Elisabeth) als die aus den Thron gehobene Unterthauin, dir, wie einst Eugenik von Montijo, ihre sürst licke Abstammung nachzuwcisen sucht, secunvirte klug und gewandt in der Werbe- und Thronscene. Die Königin Margarethe der Frau Lewinsky hatte ungrzähmte Wildheit in den Affeclscenen» die aber bisweilen in der Tonsärbung zu unharmonisch hervorgestoßen schien Die Scene mit Warwick brachte sie zu voller Geltung, ebenso den Austritt, in welchem ihr Liebling Eduard getödtet wird. Dem Abgänge Margarethens hat hier Dingelstedt einige warme poetische LiLter ausgesteckt, deren Eindruck beim Spiele der Frau LewinSky nickt verloren ging. Liebens würdig in seinem jugendlichen Muth war der Prinz von Wales deS Frl. Pölitz. Der Richard veS Herrn Borcherdt erschien un» alS ein durchaus a»neb»,bares Charakterbild ohne Verzeichnung und Uebertreibung: düstere Energie, geistige Ucberlegenheit, die sich in einschneidender Beurtbeilung der Personen und Verbäit- msse äußert, dämonische Herrschsucht war diesem Charakterbild« eigen. Der Herzog von Hork deS Herrn Pittmann hob sich weit bedeutsamer au» dem Ensemble heraus als im ersten Theil. E» schien, alS ob der Darsteller mehrere Ausstellungen berücksichtigt bade; wir uniererseilS nehmen jetzt gern unsere Zweifel an seiner LeisiungSsäbigkeit in der Tragödie zurück. Dieser Bork war offenbar de» trockenen Tone» satt, den er im ersten Tbeil angeschlagen; er sprach mit Wärme und Kraft; jedensallS ist in niebr gleichgiltigen Scenen eine zu nüchterne Tvnsärbnng die Klippe, die der Darsteller zu ver meiden hat. Herrn Baxmani, liegt die Noll« de» König» macherS Warwick ganz vortrefflich: da war Kraft und Energie und stolze» Selbstbewußtsein; auch die Sterbescene spielte er obne Uebcrtreibnng. Ter Emrence deS Herrn I. Gc ldberg zeigte sein wankelmlllhigeS Benehmen in einer nicht gerade unsympathischen Weise. Lord Elifsord, der grimme Hagru d«< Rosenkrieg«, wurde vo» Herrn Knüpfe» nicht ohne eine gewisse düstere Kraft, nur etwa« eintönig dargestellt. Rührend war Frl. Witt al» junger, um sein Leven flehender Graf von Ruthland. Herr Treutler al-Herzog von Norfolk, Herr Prost alS Gras Northumberland, der bisweilen ein menschliche« Rühren zeigt, Herr Herbst al» Somerset, der Mentor de« jungen GrasenRickmond, den Emma Sperling ganz lebendig spielte, Herr Werner (Lord River«), Herr Köhler (Brakenbury), die Herren Tietz und Langenhan alS Wildhütcr halsen ein Ensemble bilden, welches, durch Herrn Gettke gut geordnet und auSgestattrt. der Sheakespeare- Dingelstedt'schen Historie gerecht wurde. Rudolf von Gottschall. Allgemeiner Turnverein. Die am 1. d. MtS. stattgefundeue ErinnerungSfeier, Ausflug mit Damen nach dpin Schützenhause zu Rötha, an die vor 43 Jahren geschehene Gründung des Vereins theilte mit so mancher anderen festlichen Veranstaltung vom gleichen Tage da» Schicksal, tu ihrem Verlause unter der Ungunst der Witterung leiden zu müssen, und die Abänderung der .Fest-Ordnung" machte u. A. auch eine Verlegung deS tu Aussicht genommenen volkSthümlicheu WettturneuS nöthig. Dasselbe wurde nun letztvergangenen Sonntag auf dem hinter der städtischen Turnhalle gelegenen Turnplätze abgehalten uno er- gab folgende Resultate: Wettturnen der Erwachsenen. 1) Hochweitspriagen über 2 in der Höhe von 1 w von der Kante des Absprungbrettc- larallel gespannte Schnnrcn, zwischen denen ein Abstand von 75 cm. DaS Brett lag zu Anfang 1,20 m entfernt und wurde nach jedem Sprunge 25 cm abgerückt. Den besten Sprung bei 3w Entfernung leistete Hillig: da derselbe aber beim späteren Kugelstoßen eben- alls Erster wurde, so fiel der 1. Preis an Engelhardt, der 2. Preis an Lehmann. (Vorturner waren bei dieser Uebong ans- gcschloffen.) 2) Stabhochspringen, ohne Benutzung eines Absprungbrettcs, nach der deutschen Wettturn-Ordnung gewerthct. Die Vorturner Richard Schmidt und Robert Schenker erreichten Beioe die gleiche Höhe von 2,60 m; beim Stechen wurde schließlich der bessere Sprung von Schmidt gethan, demzufolge diesem der erste, Schenker der zweite Preis zuerkannt. 3) Kugelstoßen über eine 2,40 m hoch gespannte Schnur. Die Entfernung dcs StandmalcS Sen der Schnur belrug zuerst 4,50 m und wurde anfangs um 50, später um 25 cm erweitert. Für diese Hebung war nur ein Preis ausgesept, den sich Hillig, welcher die 8 liir schwere Kugel 6,50 m weit stieß, errang. 4) Ringen, nach der deutschen Wettturn-Ordmmg. 1. Sieger: Vorturner Schützer, 2. Sieger: Vorturner Gasch. L. Wcttturnen der Jngendclasse. 1) Weitspringen. Den besten Sprung erzielte Jacob mit 4,78 m; den zweitbesten Zeiger mit 4,60 m. 2) Wettlaufen, 100 m weit, mit vier thcilS 45 cm, theils 80 cm hohen Hindernissen. Als schnellster Läufer gelangte Mahnert tn 16,5 Sekunden, als nächstbester Hilprich in 17,25 Secunden anS Ziel. Unmittelbar nach Beendigung des Weltturncns fand die Preis- vcrthciliing durch Herrn Turnrath Lincke statt, welcher in seiner Ansprache betonte, daß die Sieger sich dnrch die erzielten Erfolge nicht blenden und das Wettturncn etwa als Sport betreiben, sondern allezeit daran denken möchten, daß im Allgemeinen Turnverein nicht der beste Wettturncr, sondern das fleißigste, regelmäßig turnende und systematisch durchgebildetste Mitglied für die nachslrebenden Ge noffen als Muster gilt. — Den Siegern wurden die mit roth-weißer Schleife gezierten Eichenkränze durch Mitglieder der „Damen-Turn- Abthcilnng" auss Haupt gedrückt und mit dreifachem „Gut Heil" dcr festliche Act geschloffen. In dem im „Tageblatt" vom 3. Juli befindlichen Berichte über den Ausslug nach Rötha war unter Anderem der Verwunderung Ausdruck gegeben darüber, daß die Bewohner RöthaS den Leipzigern zu Ehren nicht geflaggt gehabt hätten, und da der „Fest-Ausschuß" des Allgemeinen Turnvereins jede derartige Aufmerksamkeit wie in früheren Fällen anderwärts so auch diesmal in Rötha ausdrücklich dankend ab ge lehnt, hat jener, allerdings völlig ungerechtfertigte Borwurs in Rötha, wie aus Nr. 55 dcr „Röthaer Nachrichten" er- sichtlich «st, böses Blut gemacht. Da aber die gedachten Worte dcs dem Allgemeinen Turnverein fernstehenden Berichterstatters lediglich dcssen persönliche Anschauung bilde» und derselbe weder im Aufträge deS Allgemeinen Turnvereins gehandelt, noch dcr wirklichen Mei nung der Vertreter desselben Ausdruck gegeben hat, so dürste das bedauerliche Mißverständniß hiermit wohl aufgeklärt und das bis herige oute Einvernehmen zwischen Rötha und Leipzig wieder her gestellt sein. Gcsseillliche Versammlung -er Schmiede. * Leipzig, 9. Juli. Im Anschluß an die am 6. Mai ab- gehaltenc Vcr'ammlung dcr Schmiede sand am gestrigen Nachmittage im Saale ves .Bellevue" eine zweite, vo» etwa 130 Pcrjoncn be suchte Versammlung statt, in welcher von Herrn Höser über daS Ergebniß der in dcr Maivcrsamniliing beschlossenen Ausgabe dcr Fragebogen, die hiesigen, Lohn- und Aebcilszeilvcrhältnisse betreffend, berichtet wurde. Der Genannte beklagte die Theilnahmlosigkcit der College», die sich in dcr nur ia geringer Zahl erfolgte» Ausfüllung und Rückgabe der Fragebogen deutlich gezeigt habe. Dennoch sind die erlangten Zahlen nicht ganz ohne Interesse. Bon etwa 800 in Leipzig und Umgegend in Arbeit stehenden Schmieden sind in den Fragebogen nur 301 ansgesührt, von denen 102 bei Meistern, die übrigen 199 in Fabriken arbeiten. Die 102 bei Meistern arbeitenden Gesellen, von denen 25 vcrheirathct sind, vertdeilen sich ans 36 Werkstellen, während von den 199 in Fabriken beschäftigten Gesellen l.36 vcrheiraihct sind. Tie Arbeitszeit in den Fabriken dauert durchgängig 10 Stunden, während bei de» Meistern die Arbeitszeit im Durchschnitt 11'/« Stunden und in drei Werk- slellen bis zu 14 Stunden beträgt. Ter Diirchschuittslol,,! bei de» Meistern beläuft sich auf 18 pro Stunde, während d:r allge meine DurchschnittSlohn aus 24 bis 25 sich stellt. Der Lohn, der sich bei den Meistern zwischen 12 bis 27 be wegt, stellt sich bei diesen im Durchschnitt «was höher, aber die Dauer der Arbeitszeit ist auch eine längere, als in de» Fabriken. Während in den letzteren an Sonntagen nicht oder nur in besonders dringeuden Fällen gearbeitet wird, ist bei de» Meistern die Sonn- tagsorbcit noch üblich. Erwähncn-werth dürfte eS sein, daß sich noch 5 Werlstellen sanden, bei deacu die Geselle» Kost und Logis bei dem Meister erhalten. Auch über dos Lehrlingswesen war einiges statistisches Material eingeqangen. nach welchem außer den gedachten 301 Gehilfen 24 Lehrlinge beschäftigt sind, deren Lehrzeit 4. 3'/, und 3 Jahre beträgt. Bei den Lehrlingen beträgt die Arbeits- zeit im Durchschnitt 11 Stunden. Der Lohn der „Schirrmeister" bewegt sich zwischen 18 bis 27 Es folgte diese» Mittheilungc» ein« kurze Debatte, die aber zu keinem Beschlüße sühne. Dagegen wurde die am 6. Mai gefaßte Resolution von der gestrigen Ver. sammlung ousS neue angenommen. Nach derselben beschloß die Versammlung, so viel als möglich für die Einführung einer lOstündigea Arbeitszeit und eine» Minimallohnes von 1b ein- zutrelea. ferner beauftragt sie den Vorsitzenden die Wahl eines BerlranenSmannes vorzunehmen, der zunächst »iit de» Arbeitsgeber» in Unterhandlung zu trete» und boS Ergebniß derselben einer später einzuberusenden Versammlung bekannt za geben hat. Bei der Wahl deS BertraueusmaunS. sowie über die Art de» Vorgehen» desselben machte sich in der Versammlung eine Meiniingk« Verschiedenheit bemerklich. Während einige der Anwesende» sich von den Verhandlungen mit den Meistern keinen, wohl aber von einem energischen Vorgehen gegen dieselben Erfolg versprachen, wurde von anderer Seile vor einem schroffen Vorgehen gewarnt und aus die zweifelhaften oder ungünstigen Erfolge eine« Streike» hingewiesen. Die Versammlung wählte schließlich Herrn Henneberg al-Brr- trauenSmann und verpflnhlete sich, solls derselbe in dieser Eigenschaft gemaßregelt werden sollte, ihn ia der nöthigen Weise zu unterstützen. Hiermit saad di« Versammlung ihren Schluß. Geffentliche Schuhmacherversammlung. * Leipzig, 10. Juli. Gegen 200 Personen hatten sich zu der sür gestern Abend im Saale des Restaurant» „Bellevue" eioberuseaeu Bersammluug der Schuhmachergehilscu ei»>»<»uden. Den Borsitz führten die Herren Thieme, Bau« »d Narr. „Heber die Loge der Schuhmacher unter den jetzt-»» Verhältnissen", so lautete da» Thema de» ersten Punktes der Tage-ordnung. Die beiden Redner, die hierzu sprachen, schilderten die Loge drr Schuhmacher- schließlich ausgesordert,' da» hei der jüngst -rodeten Loh»-, bewegung Errungene mit alle» Energie feftzuhalle», wozu tze merkt wurde, daß di« letzte L»h»be«eg»»> »»r «l» klet»,« grwesr» sei. «l« hieqt»
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